FORUM PUBLIC MANAGEMENT - KDZ

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FORUM
PUBLIC
MANAGEMENT
                                                                www.kdz.or.at

         Risikomanagement:
   Nützt dem öffentlichen Sektor!

#1     Risiken des Verwaltungshandelns: Muss, soll oder kann man diese steuern? Seite 4
       Risikomanagement im Magistrat der Stadt Graz: Ein Erfahrungsbericht Seite 7
2014   CAF 2013: Schnittstelle von Qualitäts- und Risikomanagement Seite 10
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                                                                                                                      INHALT

#1
                                                   		 EDITORIAL
                                                    3 Risikomanagement

                                                   		   GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG
                                                    4   Risiken des Verwaltungshandelns
                                                    7   Risikomanagement im Magistrat der Stadt Graz

2014
                                                   10   CAF 2013
                                                   12   Strategische Personalentwicklung III
                                                   15   Strukturen und Aufgaben anpassen
                                                   18   „Schau auf Linz“
                                                   20   Neue Karten – altes Spiel
                                                   23   Das LIFE-Programm

                                                   		   LITERATURAUSWAHL BÜCHER
                                                   26   Public Management/Governance
                                                   29   Finanzwirtschaft
                                                   31   Stadtwirtschaft
                                   IMPRESSUM:
Eigentümer, Herausgeber und Verleger: KDZ          		   LITERATURAUSWAHL ZEITSCHRIFTEN
           Redaktion: Mag. Thomas Prorok,          33   Public Management/Governance
                   Mag. Michaela Bareis MA,
                      Mag. Dr. Andrea Steffek
                                                   39   Finanzwirtschaft
    Postanschrift: 1110 Wien, Guglgasse 13         41   Stadtwirtschaft
                   Telefon: +43 1 8923492-0
                      Fax: +43 1 8923492-20
                    E-Mail: institut@kdz.or.at
                      Internet: www.kdz.or.at
        Angaben gemäß § 25 Mediengesetz
                                vom 12.6.1981:
   KDZ Managementberatungs- und Weiter­
  bildungsGmbH, 1110 Wien, Guglgasse 13
        Geschäftsführer: Mag. Peter Biwald,
                                                        CAF-Online
                  Mag. Thomas Prorok (Stv.)
               Vorstand: Mag. Wolfgang Figl,            Der CAF (Common Assessment
                     SC Mag. Angelika Flatz,
                                                        Framework) ist ein europaweit
                       Bgm. Bernhard Müller,
                 SR Mag. Martin Pospischill,            angewandtes Qualitätsmana­
                     SC Dr. Matthias Tschirf,           gementsystem der öffentlichen
           Gen. Sekr. Dr. Thomas Weninger
    Aufgabe des Forum Public Management
                                                        Verwaltung. Es kann in allen Bereichen des öffent­
          ist die praxis­­nahe In­for­mation von        lichen Sektors auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene eingesetzt
  MandatarInnen, öffentlichen ­Bediensteten
                                                        ­werden und wird in Österreich vom KDZ vertreten und weiterentwickelt.
             und anderen Interessierten aus
                 Wirtschaft und Gesellschaft.            NEU IST, dass die CAF-Anwendung ab sofort online erfolgen kann.
                   Preis: Jahresabbonement               So wird das Einsetzen des umfangreichen Selbstbewertungssystems
                           (4 Ausgaben) E 18,-
         StudentInnen-Abo E 9,- + 10% USt.
                                                         wesentlich erleichtert. Die CAF-BewerterInnen werden von CAF-Online
                           zzgl. ­Versandspesen          Schritt für Schritt durch den Bewertungsprozess geführt. Abschließend
    Kündigung nur zum Jahresende möglich
                                                         werden die Ergebnisse der Bewertungen automatisch zusammenfasst
                       Grafische Gestaltung:
                  Martin Renner, www.rgd.at              und übersichtlich für die weiteren Workshops aufbereitet.
                               DTP-Produktion:
               Karin Hruschka, www.grafic.at
                        Druck: facultas, Wien
                                                        Nähere Informationen: www.caf-zentrum.at
                          Titelbild: iStockphoto        Zur Testumfrage: http://www.caf-zentrum.at/caf-online
                         BESTELLUNGEN:
                        bestellung@kdz.or.at

2   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
FORUM PUBLIC MANAGEMENT - KDZ
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    EDITORIAL

    Risikomanagement
                „Wie konnte das passieren?“ Diese Frage             Wolfgang ­Neuhauser einen Verwandten des
                steht oft nach Skandalen auf der Tagesord-          Risiko­managements: ein außergewöhnlich
                nung des politischen und medialen Diskur-           um­fassendes Beschwerdemanagement­
                ses. Dabei geht es nicht nur um die riesigen        system.
                Dimensionen wie bei der Hypo Alpe Adria.
                Auch im Kleineren stellen sich Fragen wie           Weitere Beiträge befassen sich mit EU-För-
                „Warum hat Jahrzehnte lang niemand die              derungen für Städte (Alexandra Schantl und
                Handkassa kontrolliert?“, „Warum konnte             Margaretha Stubenrauch) und als KDZ
                ­eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter eine       ­eferenzprojekt stellen wir unsere Vorgehens-
                 kritische Nebenbeschäftigung für eine Firma         weise in der Stadt Ansfelden vor.
                 ausüben, die Aufträge von ihnen bekommt?“
                 „Warum konnte ein Bauprojekt finanziell            Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre
                 ­völlig aus dem Ruder laufen?“ Die Antwort         und lade Sie ein, uns Kommentare zu
                  auf diese Fragen ist auf den ersten Blick         ­schicken. In der Online-Version des FPM
                  ­relativ einfach: Es fehlte das Risikomanage-      und auf der KDZ-Website können Sie jeweils
                   ment! Der systematischen Analyse und              am Ende der Artikel Kommentare senden.
                   ­Bewertung der Risiken sowie der Definition
                    und Umsetzung von Maßnahmen gegen                                         Kommentar senden
                    ­Risiken wurde keine Priorität beigemessen.
                     Nun zeigt schon der vorherige Satz, dass die
                     Sache doch nicht so einfach ist. Neben dem
                     notwendigen Kulturwandel (Stichwort: Um-
                     gang mit Fehlern) betrifft Risikomanagement
                     die gesamte Organisation und somit alle
                     Führungskräfte und viele Beschäftigte in ­
                     unterschiedlichem Ausmaß. Aber für Organi-
                     sationen des öffentlichen Sektors sollte im                                    Thomas Prorok
                     Europa des 21. Jahrhunderts das systema­                               stv. Geschäftsführer KDZ
                     tische Management der Risiken eine Selbst-
                     verständlichkeit sein.

                Deshalb haben wir diese Ausgabe des FPM             PS: Die KDZ-Wissensbilanz 2013 ist online!
                dem Risikomanagemt gewidmet und zeigen              www.kdz.eu/Leitbild#Wissensbilanz
                unterschiedliche Wege dorthin. Dies beginnt
                mit einer Einführung in das Risikomanage-
                ment durch Alexander Maimer und Wolfgang            Besuchen Sie uns auf:
                Oberascher und einem Praxisbeispiel aus
                der Stadt Graz. Die Beiträge von Thomas
                Prorok und Philip Parzer zeigen die Zu­
                sammenhänge von Qualitäts- und Personal-
                management mit dem Umgang mit Risiken.
                Mit dem Artikel „Schau auf Linz“ präsentiert

                                                                              #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT   3
FORUM PUBLIC MANAGEMENT - KDZ
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

      Risiken des Verwaltungshandelns
       Muss, soll oder kann man diese überhaupt steuern?
       von Alexander Maimer und Wolfgang Oberascher

                     E    rrare humanum est – irren ist mensch-
                          lich, besagt eine bekannte lateinische
                     Redewendung. Fehler passieren – jedem
                                                                          Weise, wie dies in strukturierter Form erfolgt,
                                                                          haben sich aus dem unternehmerischen
                                                                          Umfeld Modelle entwickelt, die zunehmend
                     Menschen, im Privaten, wie auch im Beruf,            für die öffentliche Verwaltung angepasst und
                     sei die Arbeitsweise auch noch so korrekt und        übernommen werden. Beispielsweise wird in
                     strukturiert. Manchmal sind zudem nicht              der Schweiz die Einführung eines Risiko­
                     erkennbare, externe Umstände dafür verant-           managements bereits durch einzelne Kan-
                     wortlich, dass etwas nicht so läuft wie              tone verpflichtend für Kommunen vorge­
                     ge­plant, manchmal sind es auch bewusste             sehen, in Holland ist dies seit rund zehn
                     Umgehungshandlungen Einzelner.                       Jahren in Teilbereichen der öffentlichen
  Alexander Maimer                                                        ­Verwaltung gelebte Praxis und auch in Öster-
                     Für die Organisation entstehen daraus                 reich zeigen sich erste Vorreiter, die ihre
                     un­erwartete Risiken, die mitunter erhebliche         Risiken bewusst s­ teuern. Zunehmend
                     ­Konsequenzen mit sich bringen. Risiken in            er­kennen auch die Rechnungshöfe bei ihren
                      finanzieller Hinsicht, rechtliche Haftungs­          Prüfungen das ­Fehlen eines institutionalisier-
                     risiken oder das Risiko, dass mit Antreten des        ten Risikomanagements. Spezialisierte
                     Ruhestands einer langgedienten Mitarbeiterin          ­Einrichtungen, wie die Österreichische
                     oder eines Mitarbeiters eine Wissenslücke in           Bundesfinanzierungs­agentur, veröffentlichen
                     der Organisation entsteht.                             „Grundsätze des öffentlichen Finanzmanage-
                                                                            ments“, die Risikosteuerungsmaßnahmen für
                     Das sind Risiken, die gerade in der heutigen           die Finanzver­waltung beinhalten.
                     Zeit nicht ignoriert werden können. Zuneh-
Wolgang Oberascher   mende Komplexität von Rechtsmaterien                 Risikomanagement in der
                     ­verlangt dem Personal und Führungskräften           öffentlichen Verwaltung?
                      immer mehr vernetztes Wissen ab, Bürger­            Ein Risikomanagementsystem kann grob als
                      innen und Bürger werden immer kritischer –          die Gesamtheit aller organisatorischen Rege-
                      die Fehlertoleranz sinkt – und die Verwaltung       lungen und Mechanismen zur Risikoerken-
                      sieht sich dazu noch einem zunehmenden              nung und zum Umgang mit den Risiken des
                      Effizienzdruck ausgesetzt. Mit gleichen             Verwaltungshandelns und von Entschei-
                      ­Mitteln soll immer mehr erledigt werden,           dungen definiert werden. Es umfasst den Auf-
                       wodurch der Druck auf die Handelnden               bau geeigneter Instrumente an der richtigen
                       zunimmt, die Fehler­wahrscheinlichkeit steigt      Stelle.
                       und somit auch wieder das Risiko für die
                       Organisation. In diesem Zusammenhang               Den ersten Schritt stellt in der Regel die
                       ­entsteht auch ein verstärkter Druck zur Doku-     Risiko­inventur und -analyse dar. Hierbei gilt
                        mentation von ­Vorgehensweisen und Tätig-         es, die für eine Abteilung, für ein Referat oder
                        keiten.                                           eine Organisation, möglichen Risiken
                                                                          gesamthaft in strukturierter Form zu identifi-
                     Wie kann gegengesteuert werden?                      zieren. Weiß man welche grundsätzlichen
                     Kurzum: Die möglichen Risiken identifizieren         Risiken möglich sind, erfolgt die Bewertung,
                     und Mechanismen aufbauen, dass der Ein-              d.h. die Bewertung des Risikos hinsichtlich
                     trittsfall der Risiken reduziert wird. Zur Art und   Schadens­ausmaß und Eintrittswahrschein-

       4   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
FORUM PUBLIC MANAGEMENT - KDZ
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

                                                                               Abb. 1:
                                                                               Zukunftsfaktor
                                                                               Risikomanagement in
                                                                               Stadt und Gemeinde

                                                                               Quelle: Controller Institut/CMC, 2006

lichkeit. Daraus lässt sich eine Matrix erstel-       einen bestimmten Wert sinkt, wird Mitar­beiter
len, die aufzeigt, wie „brisant“ ein spezifischer     A verständigt, wenn ein zweiter Schwellwert
Risikofall ist. Abbildung 1 illustriert eine derar-   erreicht wird, wird automatisiert Mitarbeiter A
tige Matrix, die die entsprechend gewichteten         verständigt und zusätzlich die ­Vorgesetzte B.
Risiken für eine fiktive Organisationseinheit
aufzeigt.                                              Demgegenüber sind interne Kontroll­systeme
                                                       tendenziell auf Ebene der Fachprozesse
Die Risikoakzeptanzlinie legt fest, ab wann            angesiedelt. Sie dienen der Einhaltung von
tatsächliche Steuerungsmaßnahmen gesetzt               organisatorischen und gesetzlichen Vorschrif-
werden sollen. Diese unterscheidet sich je             ten und weisen häufig auch Merkmale einer
nach Organisation beziehungsweise Organi-             Qualitätssicherung auf. Das Vier-Augen-Prin-
sationseinheit und kann individuell auch wei-         zip bei Bestellungen über einen Schwellen-
ter links (geringere Risikoakzeptanz) oder            wert wäre etwa eine organisatorische, in
weiter rechts (höhere Risikotoleranz) liegen.         ­Leistungsprozesse integrierte Sicherungs-
                                                       maßnahme. Ein ­weiteres Beispiel wäre die
Diese Darstellung bildet die Basis für den Auf-        Funktionstrennung zwischen Bestellung,
bau des tatsächlichen Risikomanagementsy-              Buchhaltung und Z ­ ahlungsfreigabe.
stems. Nun sind die passenden Instrumente
und Maßnahmen zu selektieren, mit welchen
                                                                   „Risikofrüherkennungssysteme
jedem einzelnen Risiko am besten begegnet
werden kann. Hier unterscheidet man in                               sind in der Regel an externen
Risiko­früherkennungssysteme und internen                                  Faktoren ausgerichtet.“
Kontrollsysteme.
                                                      Ein wesentlicher Bereich, in dem die Funk­
Risikofrüherkennungssysteme sind in der               tionstrennung maßgeblich von Bedeutung ist,
Regel an externen Faktoren ausgerichtet und           ist der Prozess der Darlehensausschreibung,
funktionieren „auslöserorientiert“. Wenn bei-         -auswahl und -genehmigung inklusive mög-
spielsweise die Liquidität am Konto unter             licher Maßnahmen zur Zinsabsicherung       >

                                                                             #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT       5
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GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

              sowie Prozesse zur Veranlagung von                der Bauverwaltung oder des Beschaffungs-
              Gemeinde­vermögen.                                wesens derartige Systeme bereits erfolgreich
                                                                im Einsatz. Gleichzeitig bieten sich auch
               Vorteilhaft sind derartige Systeme zumeist       Bereiche wie der Winterdienst oder die
               auch im Kontext der Qualitätssicherung.          Baumpflege für entsprechende Systeme an,
               Für den Aufbau interner Kontrollsysteme sind     da diese Gebiete intensiv mit Haftungsfragen
               in der Regel die relevanten Prozesse zu          verknüpft sind.
               er­fassen. Diese werden einheitlich dokumen-
              tiert und häufig mit Checklisten und einheit-     Zum Aufbau eines qualifizierten Systems ist
              lichen Standards hinterlegt, sodass ein           vor allem ein Bewusstsein über die Bedeu-
              ­Prozess durch unterschiedliche Mitarbeiter­      tung eines Risikomanagements wichtig.
               innen und Mitarbeiter gleich abgewickelt wird.   Zudem sollte das Prozesswissen der Sachbe-
               D.h. eine Bürgerin oder ein Bürger kann sich     arbeiterinnen und Sachbearbeiter d.h. jener
               sicher sein, dass sämtliche relevanten Fak­      Kolleginnen und Kollegen genutzt werden,
               toren berücksichtigt wurden. Zusätzlich ist      die täglich die entsprechenden, risikorele-
               man nicht auf den Wissensstand einzelner         vanten Abläufe bearbeiten. Erfahrungsgemäß
               Personen angewiesen, sondern nutzt das           ist hier eine starke Zusammenarbeit zwischen
               Know-how der gesamten Organisation im            Fachbereich und jener Stelle erforderlich, die
               Sinne eines Qualtitätsmanagement-Gedan-          das Risikomanagement-System aufbaut.
               kens.
                                                                Zuletzt ist es auch entscheidend, ein Risiko-
              Eine dokumentierte, einheitliche Vorgehens-       managementsystem pointiert dort zu etablie-
              weise mit festgelegten Qualitätsstandards         ren, wo es einen tatsächlichen Nutzen stiftet,
              hilft in jedem Fall bei allfälligen Problemen     um unnötigen Administrationsaufwand zu ver-
              und Streitigkeiten bis hin zu Gerichtsver­        meiden. Ein wichtiger Leitsatz soll bei der
              fahren.                                           Erstellung immer sein: „Nicht die Anzahl der
                                                                Kontrollen, sondern die Qualität der Kontrol-
                                                                len stehen im Vordergrund.“                   <
     „Das Bewusstsein über die Bedeutung
    des Risikomanagements ist essentiell.“
                                                                                          Kommentar senden

              Wann braucht es ein
              Risikomanagementsystem und
              wie baut man dieses auf?
              Grundsätzliches Kredo sollte sein: „Dort wo
              es Sinn macht“. Aus der Praxis gesprochen
              empfehlen sich finanzwirksame Prozesse.
              Nichtsdestoweniger sind auch in Prozessen

MEHR INFORMATION

Mehr zum Thema Risikomanagement und IKS erfahren Sie
im KDZ-Seminar „Zukunftsfaktor Risikomanagement und
interne Kontrollsysteme in Stadt und Gemeinde“ am
8.5.2014 in Linz (siehe Seite 14).

6   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
FORUM PUBLIC MANAGEMENT - KDZ
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Risikomanagement im
Magistrat der Stadt Graz
Wie die Implementierung im Rahmen des Internen Kontrollsystems gelungen
ist – ein Erfahrungsbericht. von Josef Robert Zeiler

         E    s besteht derzeit keine gesetzliche Ver-
              pflichtung in Österreich Risikomanage-
         ment in öffentlichen Verwaltungen einzufüh-
                                                               Praktische Umsetzung
                                                               Die Einführung von RM/IKS in den Fachbe-
                                                               reichen erfolgt innerhalb einzelner Projekte
         ren. Und dennoch hat sich die Stadt Graz              mit einer durchschnittlichen Dauer von zirka
         2012 entschlossen, die Risiken in ihren 27            6 Monaten. Den Fachbereichen werden zur
         Fachabteilungen und 2 Eigenbetrieben struk-           Durchführung der Risikoanalysen Vorlagen
         turiert zu erfassen und gezielt zu managen.           auf der Basis von Microsoft-Excel und ent-
                                                               sprechende Anleitungen zur Verfügung
                     AD PERSONAM
                     DI Josef Robert Zeiler ist als            gestellt. Ein Einführungsprojekt beginnt mit
                     Diplomierter Interner Revisor und         einer umfangreichen Kick-Off-Veranstaltung,
                     Informationssicherheitsmanager in         in welcher die theoretischen Grundlagen und
                     der Innenrevision der Stadt Graz tätig.
                                                               auch die praktische Durchführung anhand
                     Zu seinen Aufgaben zählen neben der
                     Durchführung von Audits im Rahmen         von Beispielen erläutert werden. Die Fachbe-
                     der Revision, die Einführung von IKS      reiche analysieren daraufhin selbstständig die
                     und Risikomanagement sowie die            Prozessrisiken.
                     Einführung eines Informationssicher-
                     heitsmanagementsystems in der
                     Grazer Stadtverwaltung.                   Die Innenrevision nimmt während des Pro-
                                                               jektes eine beratende Rolle ein und diskutiert
                                                               mit den Fachbereichen periodisch deren
         Normative Grundlagen                                  ­Einschätzungen. Die Verantwortung für die
         Die INTOSAI-Richtlinien für die Internen               Einführung und Weiterführung des Risiko­
         ­Kontrollnormen im öffentlichen Sektor stellen         managements/IKS liegt aber eindeutig bei der
          die Grundlage für den risikoorientierten Auf-         Fachabteilungsleitung.
          bau des internen Kontrollsystems (IKS) des
          Magistrats Graz dar. Basierend auf dem               Die Schritte der Risikoanalyse sind im
          COSO-Modell fokussieren die INTOSAI-                 Einzelnen:
          Richtlinien u.a. auf die ethischen Aspekte der       • Scoping: Schnelleinstufung der Fachbe-
          Geschäftsabläufe in der öffentlichen Verwal-           reichsprozesse in 6 Gefahrenklassen
          tung. Ein IKS besteht laut Norm aus fol-               (Abb. 1) zur Extraktion der „riskanten“
          genden Komponenten:                                    Prozesse.
          • Kontrollumfeld                                     • Risikoanalyse: Durchführung einer detail-
          • Risikobeurteilung                                    lierten Analyse der Risiken anhand der gro-
          • Kontrolltätigkeiten                                  ben Prozessschritte; es erfolgt eine qualita-
          • Information und Kommunikation                        tive Bewertung jedes Risikos hinsichtlich
          • Überwachung                                          der Eintrittswahrscheinlichkeit und der
                                                                 maximalen Schadenshöhe auf einer Skala
                                                                 von 1 bis 5.
       „Zu Risiken und Nebenwirkungen                          • Maßnahmendokumentation und Restrisiko:
           fragen Sie Ihren Risk Owner.“                         Dokumentation der derzeit im                >

                                                                         #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT   7
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GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

                 Abb. 1:            Prozessauswahl für die                                                                Abteilung XY
         Risiko-Schnell-            Risk‐Analyse (Scoping)
                                                                                                      Änderungsstand:
                                                                                                           ErstellerIn:
                                                                                                                          13.02.2014
                                                                                                                          Max Mustermann
                                                                                                                                                                      -3                -2             -2             -2             -3              -2

          einstufung zur                                                                                                                                       Gefahr von
                                                                                                                                                               Amtsmiss-
                                                                                                                                                                                  Gefahr von
                                                                                                                                                                                  Amtshaf-
                                                                                                                                                                                                 Gefahr eines
                                                                                                                                                                                                 finanziellen
                                                                                                                                                                                                                 Gefahr eines Gefahr für
                                                                                                                                                                                                                 finanziellen Leib und
                                                                                                                                                                                                                                              Gefährdung max. Risiko
                                                                                                                                                                                                                                              der          vor Kontrollen
                                                                                                                                                                                                                                                                            max. Risiko
                                                                                                                                                                                                                                                                            nach

         Vorauswahl der
                                                                                                                                                               brauch, Untreue,   tungsfällen,   Schadens für    Interesses   Leben           Datensicherh                  Kontrollen
                                                                                                                                           Relevanz für        Bestechlichkeit,   finanz. oder   unbet. Dritte   des "Kunden"                 eit                           (IST)
                                     P-Nr.                   Prozess                                                        Verantw.
                                                                                                                                           Risikoanalyse       Vorteilsan-        Image-

               Prozesse                                                                                                                                        nahme etc.         Schaden

                                                             Führungsprozesse

                                         1                   Steuerung / Organisation (Controlling)                        AL                    -2                 nein               ja            nein           nein            nein            nein           3/3          1,5/3
                      Quelle:            2                   Arbeitszuteilung / Vertretungsregelungen                      AL                    -5                   ja               ja            nein           nein            nein            nein           4/4          1/4
     Magistrat der Stadt Graz
                                         3                   Dienstaufsicht                                                AL                    -2                 nein               ja            nein           nein            nein            nein           3/4          1/4

                                         4                   Compliance (interne und externe Vorschriften)                 AL                    -7                   ja               ja             ja            nein            nein            nein           4/5          2/5

                                         5                   Wissensmanagement / Personalentwicklung                       AL                    -2                 nein               ja            nein           nein            nein            nein           3/3          1/3

                                                             Unterstützungsprozesse

                                         7                   Auftragsvergaben / Beschaffung                                Einkauf              -11                   ja               ja             ja              ja            nein             ja            4/4          1/4

                                         8                   Budgeterstellung/-verwaltung                                  Budget                -2                 nein               ja            nein           nein            nein            nein           3/2          1/2

                                         9                   Kassengebarung                                                Budget                -8                   ja               ja            nein           nein             ja             nein           3/3          1/1

                                       10                    Öffentlichkeitsarbeit                                         ÖA                    -2                 nein               ja            nein           nein            nein            nein           2/3          1/3

                                       11                    Vermögensverwaltung                                           Budget                -5                   ja               ja            nein           nein            nein            nein           4/2          1,5/1

                                       12                    Aktenverwaltung                                               Kanzlei               -7                   ja              nein           nein             ja            nein             ja            3/3          2/3
                Abb. 2:
                                 RisikoͲKontrollͲMaƚƌŝdž
                                  13   Postein- / Postausgang                                 AbteilungXY                 Kanzlei               -7                   ja              nein           nein             ja            nein             ja            3/3          2/3
     Dokumentation der                                       Kernprozesse                     ReferatXY                                                                                                                                                     derzeitiges Restrisiko

        durchgeführten
                                inhärentes
                                    Risiko

                                                       Nummer
                                                       Prozess-

                                       14                    Vertragswesen (geschäftsführende Stelle)                      AL                    -7                   ja                ja Kontrollen
                                                                                                                                                                                  derzeitige     nein / Maßnahmen
                                                                                                                                                                                                              nein zur              nein             ja            3/4 max. 1/4
                                                                                                                                                                                                                                                           Eintritts-

                                                                                                                                                                                                                                                                                              Rest-Risiko
                                                                                                                                                                                                                                                                                      Priorität
                                                                                     potentielle Risiken                                                                                                                              eindeutige
    Maßnahmen und des                  15
                                                                  Produkt/Prozess
                                                             Beschwerdemanagement
                                                                                     (inhärente Risiken)
                                                                                                                           AL
                                                                                                                                              Kontroll-Ziele
                                                                                                                                                 -7                 nein
                                                                                                                                                                                  Risikobewältigung
                                                                                                                                                                                        ja ALLERnein
                                                                                                                                                                                  (Auflistung     Kontrollen) nein
                                                                                                                                                                                                                                      Kontroll-Nr.
                                                                                                                                                                                                                                     ja              ja
                                                                                                                                                                                                                                                           möglich- Schadens-
                                                                                                                                                                                                                                                           keit 3/4 höhe    3/4

            Restrisikos                1&                    Bescheiderstellung nach § XY
                                                                  Beurkundung der
                                                                                                                           ReferentIn           -11                   ja               ja             ja              ja            nein             ja            3/5          2/5
                                             1/1

                                                         2                           Anzeige kann verschwinden - wird nicht protokolliert                                     keine
                                                                                                                                                            Gefährdung der Gefährdung Gefährdung
                                                                                                                                                                                                                                                               1            1
                                                                  Geburt
                                                                                                                                                            Unternehmens- der            des Daten-
                                                             IT-Fachapplikationen                                                              Beurkundungsicherheit
                                                                                                                                                            ohne           Vermögens- schutzes
                                                                                                                                                                              Stichprobenkontrolle der Sammelakten durch
                                                                                                                                                                           sicherheit
                                             4/4

                                                                                     Dokument nicht vorgelegt und trotzdem beurkundet          Dokumentvorlage soll nicht                                                                  K 2-01              1            4
                                                                                                                                                                              Aufsichtsbehörde
                      Quelle:                                                                                                                  möglich sein
                                         1                   Fileserver                                                    Ref 1                 -5                   ja              nein            ja
     Magistrat der Stadt Graz                                                                                                                  falsche Beurteilung soll nicht       Stichprobenkontrolle der Sammelakten durch
                                             3,5 / 4

                                                                                     wissentliche oder versehentliche falsche Beurteilung                                                                                                  K 2-01             1,1           4
                                                                                                                                               möglich sein                         Aufsichtsbehörde
                                         2                   Fachanwendung XY                                              Ref 2                 -2                 nein              nein            ja
                                                                                                                                               Schreibfehler (bei Namen)
                                                                                                                                                                                    Stichprobenkontrolle der Akten durch die
                                             5/1

                                                                                     Schreibfehler                                             sollen möglichst vermieden                                                                  K 2-02             3,5           1
                                                                                                                                                                                    Referatsleitung
                                                                                                                                               werden

                                                                                                                                               ungerechtfertigtes Kassieren
                                             3,5 / 4

                                                                                     Kassieren von Gebühren trotz Gebührenfreiheit             von Gebühren muss                    keine                                                                     3,5           4
                                                                                                                                               verhindert werden
                                             2/1

                                                                                     Mitteilung nicht ausgegeben                                                                    keine                                                                      2            1

                                                                                                                                               ordnungsgemäße1/9                                                                                                                                            _Zeiler_Abbildung 1_4.xlsm
                                                                                                                                               Handkassenführung -
                                             4/2

                                                        20        Kassaführung       Kassenfehlstände in Kassen                                                                     Prüfung der Führung der Kassen                         K 20-01             2            2
                                                                                                                                               Vermeidung von
                                                                                                                                               Kassenfehlbeständen

                  Fachbereich implementierten Maßnahmen                                                                                          Laufende „Pflege“ der Risiken
                  zur Minimierung des konkreten Risikos;                                                                                         Risikomanagement kann nur wirksam sein,
                  jeg­liche Maßnahmen zur Risikominimie-                                                                                         wenn Risiken ernst genommen und laufend
                  rung werden angeführt (Abb. 2). Dabei                                                                                          beobachtet werden. Dazu wurde im Magistrat
                  kann es ­sich um manuelle oder                                                                                                 Graz ein jährlicher Überarbeitungszyklus ein-
                  ­automatische (IT-System-immanente)                                                                                            geführt. Sogenannte Risk Owner haben die
                   ­Kontrollen oder andere Ab­sicherungs­                                                                                        Aufgabe, die Risikoanalysen mind. jährlich zu
                    maßnahmen handeln. Auf Grundlage                                                                                             überarbeiten, d.h. beispielsweise bei Prozess-
                    ­dieser laufenden Maß­nahmen/Kontrollen                                                                                      veränderungen Risiken neu zu bewerten und
                     erfolgt anschließend die Einstufung des                                                                                     entsprechende Maßnahmen zu planen. Die
                     derzeitigen Restrisikos (Abb. 3).                                                                                           Fertigstellung der Überarbeitung in den Fach-
                • Maßnahmenplanung: Ergeben sich aus                                                                                             bereichen ist an die Innenrevision zu melden.
                     der bisherigen Analyse mittlere oder hohe
                     Restrisiken, so planen die Fachbereiche                                                                                     Lessons learned und Ausblick
                     zusätzliche Maßnahmen zur weiteren                                                                                          Zurzeit haben etwa 2/3 der Fachbereiche des
                     Verminderung des Restrisikos.                                                                                               Magistrats Graz die Einführung des Risiko-
                                                                                                                                                 managements/IKS abgeschlossen. Bereits                                      8/95

                                                                                                                                                 jetzt kann man sagen, dass der Zugang zum
                                                                                                                                                 Thema von Abteilung zu Abteilung sehr unter-
                                                                                                                                                 schiedlich ist. Einerseits wird das System
                                                                                                                                                 sehr gut angenommen und selbständig wei-
                       „Risikomanagement hilft,                                                                                                  terentwickelt, auf der anderen Seite gibt es
                 Schlafstörungen zu vermeiden.“                                                                                                  aber auch kritische Stimmen aufgrund des

8   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
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nicht unerheblichen Zeitauf-
wandes während der Einführung.
Erfolgskritisch für eine sinnvolle
und wirksame Umsetzung im
Fachbereich ist, während der
Einführungsphase allen Füh-
rungskräften den Nutzen zu
­verdeutlichen und v.a. das
 Bewusstsein zu schaffen, dass
 sie selbst es sind, die für die
 Risiken verantwortlich sind.

Das IKS der Fachbereiche bildet
im Magistrat Graz künftig die
Grundlage für Prüfungen der
Innenrevision. Dabei verfolgen wir
einen risiko­orientierten Prüfungs-
ansatz, über w­ elchen die risiko-
reichsten Prozesse prioritär durch
die Innenrevision auditiert wer-
den. ­Tiefergehende Prüfungen
finden in weiterer Folge erst dann
statt, wenn das geprüfte IKS nicht
funktionsfähig oder wirksam sein
sollte.

Durch das Design der Risiko­
management­prozesse und das
Zusammenspiel zwischen Fach-
abteilungen und Innenrevision
stellen wir im Magistrat Graz
sicher, dass allen Komponenten
des COSO-Modells entspre-
chend Rechnung getragen wird.
                                 <    Abb. 3: Risikomatrix   Quelle: Magistrat der Stadt Graz

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                                                             #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT   9
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CAF 2013
Schnittstelle von Qualitäts- und Risikomanagement                von Thomas Prorok

             C     AF (Common Assessment Framework)
                   ist das Qualitätsmanagementsystem für
             den öffentlichen Sektor in Europa. In die
                                                              vernünftiges und praktikables Maß (ALARP:
                                                              As Low As Reasonably Practicable). Für den
                                                              CAF ist Risikomanagement ein wichtiger Teil
             ­Neuauflage „CAF 2013“ wurden die aktuellen      des umfassenden Qualitätsmanagements und
              Herausforderungen des öffentlichen Sektors      wird deshalb als Zielvorgabe einer „guten
              sowie von Public Management und Gover-          europäischen öffentlichen Verwaltung“ defi-
              nance eingearbeitet. Dabei spielt das Thema     niert.
              Risikomanagement eine besondere Rolle.
              Dies spiegelt auch die Bedeutung wider, die
                                                                  „CAF und Risikomanagement
              das Risikomanagement in vielen Städten und
              Dienststellen von Bund und Ländern derzeit                  greifen ineinander.“
              spielt.
                                                              Konkret fordert der CAF im Themenfeld „Füh-
             Als österreichisches CAF-Zentrum war das         rung“ von den Führungskräften und dem
             KDZ in die Weiterentwicklung des CAF 2013        ­Führungssystem, dass diese
             eingebunden. In fast allen EU-Ländern sind        • einen Werterahmen schaffen, der für alle
             Programme zur Weiterentwicklung des                 Beschäftigten handlungsleitend ist,
             Risiko­managements inklusive der Korrup­          • ein Managementsystem entwickeln, das
             tionsprävention festzustellen. Dementspre-          unethischem Verhalten vorbeugt,
             chend haben diese auch in den neuen CAF           • Korruptionsprävention betreiben und
             Eingang gefunden. Vereinfacht gesagt, ist der     • ein Management-Informationssystem
             CAF ein Fragebogen für die Dienststellen des        ­entwickeln, das Informationen aus dem
             öffentlichen Sektors (Abteilung, Referat, Sek-       Risikomanagement und dem internen
             tion, Ministerium, Amt der Landesregierung,          ­Kontrollsystem sowie Informationen über
             Bezirkshauptmannschaft oder Stadt). Stellt            die Zielerreichung enthält.
             sich bei der Beantwortung des Fragebogens
             heraus, dass die Dienststelle in den gefor-      Beispiele hierfür sind das Nutzen von Leit­
             derten Bereichen noch nicht (ausreichend)        bildern zur Förderung einer offenen Kultur und
             tätig ist, finden sich im CAF Handlungsan­       von Werten in der Organisation. Risiko­
             leitungen – auch für die Weiterentwicklung       management- und interne Kontrollsysteme
             des Risiko­managements.                          ­kommen zum Einsatz. Vier-Augen-Prinzip,
                                                               Rotationsprinzip und Funktionstrennungen
              CAF und Risikomanagement greifen ineinan-        sind umgesetzt, Vorkehrungen zur Daten­
             der: Beiden geht es um die dauerhafte Ein-        sicherheit und zum Datenschutz getroffen
             führung von Prozessen zur Verbesserung der        sowie potenzielle Risiken definiert. Verhaltens-
             Organisation. Dabei lassen sich die folgende      kodizes erläutern die Bedeutung der Werte der
             Unterschiede herausarbeiten.                      Organisation für die einzelnen Tätigkeitsfelder
             Der CAF ist umfassender, da er die Weiterent-     und beschreiben verständlich das korrekte
             wicklung der Gesamtorganisation zum Ziel          Verhalten bei Interessenkonflikten, wie
             hat. Risikomanagement fokussiert auf die         Geschenkannahme, Neben­beschäftigungen,
             ­Prozesse zur Reduktion der Risiken auf ein      Unvereinbarkeiten und dem „Anfüttern“.

10   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
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Themenfeld „Strategie und Planung“ legt fest,                           Im Finanzmanagement und hier vor allem
dass eine Organisation im europäischen                                  im Budgetvollzug spielt Risikomanagement
öffentlichen Sektor systematisch interne                                eine manchmal unterschätzte Rolle. Kassa-
­Stärken und Schwächen zu analysieren hat                               prüfungen, diverse Auswertungen, das Vier-
 und hierzu auch die Gefahren und Chancen                               Augen-Prinzip, die Budgetüberwachung und
 bedacht werden. Beispiele hierfür sind Total                           Kompetenzabgrenzungen sind ausgewählte
 Quality Management mit dem CAF oder                                    Beispiele für Verbesserungsmaßnahmen.
 EFQM (European Foundation for Quality
 Management), die SWOT-Methode (strength,
                                                                                     „Der CAF kann genutzt werden,
 weakness, opportunities, threads) sowie
 implementiertes Risikomanagement und                                                     um die Sensibilität für das
 interne Kontrollsysteme.                                                           Risikomanagement zu erhöhen.“

Themenfeld „Personalmanagement“ fordert,                                Qualitätsmanagement und der CAF legen
dass Weiterbildungen und Kommunikations-                                besonderen Wert darauf, dass alle genannten
maßnahmen für den Umgang mit Risiken und                                Maßnahmen zu objektiven Ergebnissen und
Interessenkonflikten sowie Integrität und                               Wirkungen führen. Im Themenfeld „Leistungs-
Ethik angeboten und genutzt werden. Die                                 ergebnisse“ ist daher festgelegt, dass Reak­
Beschäftigten müssen die Möglichkeit haben,                             tionen der Führungskräfte auf Ergebnisse
Schulungen zu den Themen zu absolvieren.                                und Erkenntnisse des Risikomanagements
Die Führungskräfte haben sich darum zu                                  vorliegen müssen. Dies setzt voraus, dass
kümmern, dass diese Schulungen in                                       Ergebnisse aus dem Controlling, dem Risiko-
                     Risiko-Selbsttest
Anspruch genommen werden.                                               management, den internen Kontrollen und
                                                                        dem internen Kontrollsystem, von Audits und
Systembezogenes Risiko
                                                                        Stichprobenkontrollen vorliegen.
  Aufgabenkonzentration auf einzelne Bedienstete
  Außenkontakte (Wirtschaft, Bürger/innen) zahlreich

                                                                        Schlussfolgerung
  Bedeutung der Position des Organs für die Entscheidung hoch
  Budget/Haushaltsmittel für Auftragsvergaben hoch
  Dauer der Entscheidungsprozesse lang
  Einfluss auf Vorgänge durch andere (interne) Stellen
                                                                        Der CAF fordert die Nutzung von Risiko­
  Entscheidungs- und Ermessensspielraum groß
  Fachliche Mängel oder/und Führungsschwäche
                                                                        management und internen Kontrollsystemen
  Genehmigung und Kontrolle/Revision in einer Hand                      in der Verwaltung. Dabei gibt er Hinweise für
  Interesse für Antragsteller/innen von vitaler Bedeutung
  Kontrollsystem (z.B. Vier-Augen-Prinzip, Dienstaufsicht) fehlt        die qualitätsvolle, umfassende Einführung
  Kosten der Genehmigung für Antragsteller/innen hoch
  Öffentliches und privates Interesse werden nicht unterschieden        und Weiterentwicklung dieser Instrumente.
  Rechtsvorschriften komplex und unübersichtlich
  Transparenz des Verfahrens fehlt
                                                                        Es zeigt sich, dass der CAF genutzt werden
  Ungewollte Verselbstständigung einzelner Referate/Bediensteter
                                                                        kann, um die Sensibilität für die Notwendig-
Aufgabenspezifisches Risiko                                             keit des Risikomanagements zu erhöhen und
  Abfallwirtschaft, Be-/Entwässerungsprojekte (Umweltauflagen)
  Auftragsvergaben
                                                                        die ersten Schritte in diese Richtung zu
  Bauangelegenheiten (Hochbau, Tiefbau, Haustechnik)
  Beschaffungswesen (Einkauf)
                                                                        gehen.                                        <
  Bewilligungen/Genehmigungen
  Dienstleistungsvergabe (z.B. Wartung, Reinigung)
  Flächenwidmungs- und Planungsangelegenheiten                                                      Kommentar senden
  Förderungen/Subventionen
  Forschungsaufträge
  Fremdenrecht
  Führerscheinwesen
  Großprojekte (Gewerbe und Umwelt)
  Grundstücksangelegenheiten (Kauf, Pacht, Miete)
  Gutachten (Amtssachverständige, Externe)
  Kontrollen (Revisionstätigkeit)
                                                                         WEITERFÜHRENDE LITERATUR
  Kulturförderung
  Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen (Fleischverwertung)
Risikoselbsttest                  „Korruptionsrisiko“ Wien –             Stadt Wien, MA53 – Presse und Informationsdienst (Hrsg.):
                                                                         Eine Frage der Ethik. Handbuch zur Korruptionsprävention.
 Märkte und Messen

aus    der Bewertung der system- und aufgaben-
 Personaleinstellungen

spezifischen
 Steuerprüfung
                         Risiken mit dem Ampelsystem                     2. Aufl. Wien 2009, 49 S., http://www.wien.gv.at/verwaltung/
 Straßenverkehrsüberwachung
ergibt     sich das
 Vergnügungsgewerbe,          Risiko für die Dienststelle
                       Veranstaltungen
                                                                         internerevision/ethik.html [Download: 03.02.2014].
Quelle:   http://www.wien.gv.at/verwaltung/internerevision/ethik.html
 Wirtschaftsförderung - Gewerbeansiedlung
  Wohnwesen, Wohnbau-, Sanierungsförderung
  Zulassungsverfahren (z.B. Arzneimittel)
                                                                          29

                                                                                              #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT   11
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Strategische Personalentwicklung III
Management von Personalrisiken                            von Philip Parzer

             D    as Management von Personalrisiken ist
                  ein auch im öffentlichen Sektor bisher
             noch vernachlässigtes Themenfeld. Während
                                                                                    menhang zwischen Organisationserfolg,
                                                                                    ­kompetenter Führung, Engagement der
                                                                                     Beschäftigten sowie einer professionellen
             zumindest in den Bereichen des Finanz-,                                 Personalentwicklung besteht.3 In diesem
             Investitions- und Liquiditätsmanagements                                ­Beitrag soll gezeigt werden, wie der Personal-
             Maßnahmen der Risikobewertung und                                        entwicklungsbedarf unter risikoorientierten
             -steuerung ansatzweise vorliegen, ist der                                Gesichtspunkten bestimmt und somit ein
             wichtige Bereich des Personals noch weit­                                wichtiger Schritt in Richtung Sicherung der
             gehend „unterbelichtet“.                                                 Leistungsfähigkeit einer Organisation gesetzt
                                                                                      werden kann.
             Management von Personalrisiken –
             Warum?                                                                 Risikofelder
              Diese Frage verwundert, zumal die Kosten für                          Für den Personalbereich können grob fol-
              Rekrutierung von Mitarbeiterinnen und Mitar-                          gende Risikofelder unterschieden werden4:
              beitern1 erfahrungsgemäß in einer Bandbreite                          • Strategierisiko: Es fehlen wichtige Orientie-
              zwischen 0,5 Jahresgehältern bei Geringqua-                             rungsrahmen in Form von Strategien und
              lifizierten und 1,5 Jahresgehältern bei Hoch-                           Leitlinien, ein gemeinsames Verständnis zu
             qualifizierten liegen.2 Negative Auswirkungen                            Leistung, KundInnenorientierung etc.
             einer Fehlbesetzung und/oder einer Vernach-                            • Engpassrisiko: Es fehlen Leistungsträger­
             lässigung der Ressource Personal in Form                                 innen und Leistungsträger.
             einer Verschlechterung des Arbeitsklimas,                              • Anpassungsrisiko: Es fehlen den Anforde-
             Demotivation und innerer ­Kündigung, erhöhte                             rungen entsprechend qualifizierte
             Krankenstandstage, das Sinken der Produk­                                Mitarbeiter­innen und Mitarbeiter.
             tivität und Leistungsqualität etc. sind dabei                          • Austrittsrisiko: Die Leistungsträgerinnen
             noch nicht berücksichtigt. Wenn man darüber                              und Leistungsträger verlassen die Arbeit-
             hinaus noch das Verhältnis der Personalaus-                              geberinnen und Arbeitgeber freiwillig.
             gaben an den Gesamtausgaben einer Orga-                                • Motivationsrisiko: Es wird nur soviel getan,
             nisation betrachtet, drängt sich folgende                                damit man zumindest nicht negativ auffällt
             ­Frage auf: Wie stellen wir sicher, dass wir                             („Dienst-nach-Vorschrift-Mentalität“).
              unser Personal richtig beschaffen, einsetzen,                         • Loyalitätsrisiko: Die Beschäftigten schädi-
              fördern und weiter­entwickeln?                                          gen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
                                                                                      vorsätzlich.
             Demgegenüber verdeutlichen sowohl viele                                • Führungsrisiko: Hierzu zählen u.a. ein un­­
             Umfragen, als auch Erfahrungen aus unserer                               flexibler Führungsstil, intransparente Ent-
             Beratungspraxis, dass ein direkter Zusam-                                scheidungen, fehlende Führungsskills etc.

             1 z.B. Kosten der unbesetzten Stelle, Anwerbungskosten, Kosten des Auswahlprozesses, Aus- und Fortbildungskosten, Einarbeitungs­
               kosten, Fehlerquoten in der Einarbeitungsphase etc.
             2 vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Betriebswirtschaftliche Effekte familienfreundlicher Maßnahmen.
               Kosten-Nutzen-Analyse. Berlin 2006, S 16.
             3 vgl. dazu z.B.: Gallup Engagement Index 2012. Accenture High Performance Workforce Studie 2010. Innovators Club: Umfrage
               Personalmanagement der Kommunen im demographischen Wandel 2011.
             4 vgl. dazu: Zdrowomyslaw, Norbert (2007): Personalcontrolling: Der Mensch im Mittelpunkt. Erfahrungsberichte, Funktionen und
               Instrumente. Gernsbach 2007; Althuber, Thomas (2013): Management von Personalrisiken – Ein Baustein für den nachhaltigen
               Unternehmenserfolg, in CFO Aktuell 2013, Nr. 6.

12   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Diese Risiken wirken direkt auf die Produktivi-   sonellen Parameter – wie Altersstruktur,
tät und Leistungsfähigkeit einer Organisation     ­Qualifikationsstruktur, Fluktuation, Kranken-
ein. Denn letztendlich sind es die Mitarbeiter­    standstage, Weiterbildungstage, Personalein-
innen und Mitarbeiter, die die Art und Weise       satz, Anzahl und Qualität der Bewerbungen
der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen       etc. – differenziert nach Abteilungen,
entscheidend beeinflussen.                         Funktions­gruppen etc. über einen Beobach-
                                                   tungszeitraum von 3-5 Jahren erhoben und
Risikoidentifikation und Bewertung                 dargestellt. Diese Informationen können weit-
Um diese Personalrisiken in den Griff zu           gehend aus den internen Personalstatistiken
bekommen und die richtigen Maßnahmen zu            gewonnen werden. Sinnvoll ergänzt werden
setzen, bedarf es zunächst einer qualifi-          kann dieser Bereich durch eine Mitarbeiter­
zierten Einschätzung der aktuellen Personal-       Innenbefragung und/oder Interviews mit
situation. Dabei hat sich die nachfolgende         Schlüsselpersonen. Ergebnis ist ein differen-
Vorgehensweise bewährt.                            ziertes und aussagekräftiges Bild zur gegen-
                                                   wärtigen Personalsituation.
Kommunikation sicherstellen: Personalent-
wicklungsthemen unter dem Vorzeichen
„Risiko­management“ sind meist mit gewissen
                                                  „Eine bewusste Steuerung der Personal-
Vorbehalten verbunden. Um Gerüchten vor-            risiken sichert die Leistungsfähigkeit.“
zubeugen, bedarf es einer frühzeitigen Infor-
mation aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,    Risiken identifizieren und bewerten: Die
in der die Notwendigkeit, der Nutzen und das      un­mittelbaren Vorgesetzten sind jene
Projektkonzept vorgestellt und diskutiert wer-    „Seismo­graphen“, die das Personalrisiko für
den. Im Vorfeld dazu ist auf Ebene der Füh-       ihren Bereich am zutreffendsten einschätzen
rungskräfte ein gemeinsames Verständnis zu        können. In diesem Kreis werden die Ergeb-
Dringlichkeit, Zielsetzung und dem Nutzen         nisse zum „Quick-Check“ vorgestellt, diskutiert
dieser Maßnahme herzustellen.                     und um weitere wichtige Aspekte ergänzt. Auf
                                                  dieser Grundlage werden die einzelnen
Quick-Check zur Personalstruktur durch­           Risiko­faktoren benannt und deren Eintritts-
führen: Hier werden die wesentlichen per­         wahrscheinlichkeit bewertet.                 >

Personalrisikoportfolio (Beispiel)                                                                  Quelle: KDZ

                                                                       #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT   13
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

             Maßnahmen zur Risikovermeidung –                       ­ ntwicklungsprozesses sichert die Ergebnis-
                                                                    E
             Personalentwicklungsbedarf                             qualität und kann fachliche Sichtweisen und
             Wie aus der vorgelagerten Analyse konkrete             Vorschläge einbringen. Durch die enge
             Maßnahmen für die Personalentwicklung                  Zusammenarbeit im Führungsteam sind
             gewonnen werden können, verdeutlicht die               rasche Umsetzungsentscheidungen möglich,
             Abbildung anhand eines typischen Personal-             die auch auf breiter Ebene akzeptiert werden.
             risikoportfolios (Auszug).
                                                                    Fazit
             Die von den Führungskräften vorgebrachten              Der Fokus auf Risiken ist auch im Personal-
             Risikofaktoren werden priorisiert und gemein-          management des öffentlichen Sektors von
             sam der konkrete Personalentwicklungsbe-               steigender Bedeutung. Risikomanagement
             darf je Risikofeld (Ziele – Maßnahmen –                ermöglicht es, frühzeitig den Personalent-
             Instrumente) definiert. So kann am Beispiel            wicklungsbedarf zu erkennen, Maßnahmen
             des Engpassrisikos in Form von fehlenden               zu realisieren, die die Personalarbeit messbar
             Nachwuchsführungskräften bewusst in den                macht und nachhaltig weiterbringt und somit
             Aufbau ebendieser Zielgruppe durch maß­                die Leistungsfähigkeit der gesamten Organi-
             geschneiderte Entwicklungsprogramme,                   sation jetzt und in Zukunft sicherstellt.    <
             Potenzialgespräche etc. investiert werden.
             Eine neutrale externe Moderation dieses                                              Kommentar senden

 VORANKÜNDIGUNG KDZ SEMINAR

                            Zukunftsfaktor Risikomanagement und interne
                            Kontrollsysteme in Stadt und Gemeinde
                            08.05.2014, Linz: Arcotel Nike GmbH

                            Ein geringeres Ertragsanteilaufkommen oder eine Fehleinschätzung im Verwaltungsverfah-
                            ren sind nur zwei mögliche Risiken für Österreichs Städte und Gemeinden. Erstes ist für die
                            Verwaltung nicht steuerbar, zweites kann aus nachvollziehbaren Gründen geschehen. Die
                            Konsequenzen sind sehr unterschiedlich. Wie damit professionell umgegangen werde kann,
                            ist Thema dieses Seminars.

  Schwerpunkte: •             Grundsätze des Risikomanagement – Was kann es (nicht),
 			                          wie sieht „Risikomanagement“ aus?
 		 •                         Welche internen und externen Risikoarten gibt es?
 		 •                         Welche Instrumente gibt es zur Erkennung und Bewertung möglicher Risiken?
 		 •                         Welche Handlungsoptionen gibt es im Umgang mit den verschiedenen Risikoarten?
 		 •                         Wie wird ein Risikomanagement in der eigenen Organisation verankert?
 		 •                         Themenfokus internes Kontrollsystem: Wie sieht ein IKS aus, für welche Bereiche ist
 			                          es geeignet und was gilt es im Aufbau zu berücksichtigen?
 		 •                         Gruppenarbeit: Gemeinsam entwickeln wir eine Risiko-Klassifikations-Matrix für eine
 			                          Organisationseinheit, bewerten die Risiken und leiten Maßnahmen ab.

  Vortragende: • Mag. Alexander Maimer (KDZ)
 		 • Mag. Wolfgang Oberascher (KDZ)

 Information/Anmeldung: Detaillierte Informationen erhalten Sie unter http://www.kdz.or.at/seminare

14   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

    Strukturen und Aufgaben anpassen
    Verwaltungsreform in Ansfelden – Nachahmung wird empfohlen
    von Wilhelm Wilfinger und Peter Biwald

                    D       ie Verwaltungsreform in Ansfelden ­wurde
                            mit der Prüfung des Landesrechnungs-
                    hofs Oberösterreich im Jahr 2004/2005
                                                                       Reformen im Stadtamt
                                                                       Die Reformerfordernisse wurden in den
                                                                       ­Folgejahren konsequent umgesetzt. Die
                    ­eingeleitet. Für das Stadtamt wurden damals        Strukturen im Stadtamt wurden in Richtung
                     folgende Reformerfordernisse festgehalten:         Geschäftsgruppen weiterentwickelt. Vier
                     • Straffen der Aufbauorganisation mit einer        Geschäftsgruppen –Bürgerservice inkl.
                        stärkeren Bündelung der Aufgaben nach           Soziales und Standesamt, Finanzen inkl.
                        Geschäftsgruppen;                               Kinderbetreuung und Schulen, Bauen und
                     • Ausbau der Personalentwicklung mit               Planen sowie Betriebe – bilden gemeinsam
Wilhelm Wilfinger       zeitgemäßen Stellenprofilen, einer Quali­       mit der Präsidialabteilung die zentralen
                        fizierung der Führungskräfte sowie einer        Lebensbereiche der Ansfeldener Bürgerinnen
                        kontinuierlichen Weiterbildungsplanung;         und Bürger ab. Innerhalb der Geschäftsgrup-
                     • Optimierte Prozesse und angepasste               pen wurde größere Einheiten – und damit
                        Leistungen;                                     weniger Referate – geschaffen. Mit dem
                     • Ausbau der Bürgerservicestelle im Stadt-         ­Ausbau des Bürgerservices wurden sowohl
                        amt und errichten einer Servicestelle im         im Rathaus (Stadtteil Haid) wie auch im
                        Kulturzentrum.                                   Anton-Bruckner-Centrum (Stadtteil Ans­
                                                                         felden) jeweils eine Bürgerservicestelle
                    Ausgehend davon wurde ein mehrjähriger               geschaffen.
                    intensiver Prozess in allen Bereichen der
                    Stadtverwaltung eingeleitet, der vom KDZ           Im Bereich der Personalentwicklung stand
    Peter Biwald    fachlich und prozessual begleitet wurde. In        von Beginn an der Ausbau der Weiterbildung
                    diesem dynamischen Prozess wurde die               im Mittelpunkt. Im Bereich der Führungs­
                    Basis geschaffen, die es der Stadtgemeinde         kräfte­entwicklung wie auch Sachbearbeiter­
                    in der Finanz- und Haushaltskrise 2009/2010        Innen-Qualifizierung lagen zentrale Reform-
                    ermöglichte, auf die Ergebnisse der                schwerpunkte. Die Modernisierung der
                    Re­formen zurückzugreifen und auch radikal         Stellenprofile war dabei nützlich.
                    einzusparen. Die Reformen sind auch von
                    Evaluierungsphasen begleitet gewesen. So           Schließlich bildete die Aufgaben- und Lei-
                    wurden zuletzt im Jahr 2013 im Stadtamt die        stungskritik mit der damit verbundenen
                    Personalausstattung und der Leistungs­             ­Weiterentwicklung zentraler Prozesse einen
                    katalog, sowie im Wirtschaftshof die Ergeb-         wichtigen Reformschwerpunkt. Im Rahmen
                    nisse und Wirkungen der bisherigen Reform-          der Aufgaben- und Prozessoptimierung wur-
                    maßnahmen evaluiert.                                den im Reinigungsbereich die Standards
                                                                        ­weiterentwickelt und vereinheitlicht, ein neues
                                                                         Schulwartekonzept umgesetzt (wodurch statt
                                                                         7 nur mehr 5 Schulwarte erforderlich sind)
                                                                         sowie das Facility Management umfassend
                     „Der Ausbau der Weiterbildung                       neu organisiert. Damit wurde die Betreuung
                           und Qualifizierung stand                      sämtlicher Gebäude der Stadt – von der
                                   im Mittelpunkt.“                      Instandhaltung über die Vermietung bis        >

                                                                               #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT   15
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

             zu laufenden Betreuung – in einer Organisa­        unzureichenden Strukturen, die fehlende
             tionseinheit gebündelt und entsprechende           Arbeitsplanung sowie die unreflektierten
             Qualitätsverbesserungen, aber auch Ein­            ­Leistungsstandards kritisch beurteilt. Folglich
             sparungen erzielt.                                  wurden im ersten Schritt im Jahr 2005/2006
                                                                 Teamstrukturen geschaffen, die einen weit-
             Im Jahr 2012 wurde erstmals ein Open Bud-           aus verbesserten Einsatz der Mitarbeiter­
             get erstellt. Der Haushalt von Ansfelden            innen und Mitarbeiter in ihren Aufgaben-
             ­wurde nach Zielgruppen differenziert aufbe-        feldern und einen höheren Effizienzgrad
              reitet und auf politischer Ebene diskutiert und    ermöglichten. Sechs Teams sind in den
              weiterentwickelt. Die Evaluierung der Struk-       Bereichen Straßen, Grünflächen, Müllabfuhr,
              turen, Aufgaben und Personalausstattung im         Gebäudeinstandhaltung, Freibad und Fried-
              Jahr 2013 wird zu einer weiteren Straffung         hof im Einsatz. Mit dieser Neugliederung
              der Strukturen – und damit verbundenen             ­wurde auch das Auftragswesen zwischen
              ­Einsparungen auch im Führungsbereich –             Politik, Verwaltung und Bauhof neu gestaltet.
               sowie Aufgabenoptimierungen führen.
                                                                Im Rahmen der Reform-Evaluierung im Jahr
             Reformen im Bauhof                                 2013 wurde die Teamgliederung als pas-
             Einen wichtigen Reformbereich bildet der           sende Maßnahme bestätigt. Weiterent­
             Bauhof Ansfelden. Hier wurden im Rahmen            wicklungsbedarf zeigte sich jedoch in der
             der Rechnungshof-Prüfung vor allem die             Schärfung des Rollenverständnisses der

Nicht nur das Stadtzentrum von Ansfelden wurde umgebaut.                                        Foto: Stadt Ansfelden

16   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

­ andelnden Führungskräfte – von der
h                                                besetzt werden. Die Umsetzung des
Geschäftsgruppenleitung bis Teamleitung –        Schulwarte­konzepts führte in diesem Zeit-
sowie einer damit einhergehenden Überarbei-      raum dazu, dass zwei Schulwarte reduziert
tung des internen Auftragswesens. Die Wei-       werden konnten. Im Wirtschaftshof mussten
terentwicklung des Auftragswesens geht mit       sieben Dienstposten (das sind rund 15 Pro-
einem neugestalteten Berichtswesen einher.       zent) nicht nachbesetzt werden. In Summe
                                                 konnten rund 650.000 Euro an Personal­
Ab 2006 wurden auch die Aufgaben kritisch        kosten nachhaltig eingespart werden. Die
analysiert und weiterentwickelt. Mit dem         Personalkosten im Jahr 2014 bewegen sich
Anpassen von Standards konnten wesent-           somit auf dem Wert von 2009.
liche Einsparungen bei den Personal- und
Sachressourcen erzielt werden. Ein Beispiel
dafür ist der Grünflächenbereich, in dem die                   „Aufgaben kritisch analysieren
Standards durch Rückbau von Straßenbe-                                und weiterentwickeln.“
gleitgrün wie auch von Kreisverkehren ange-
passt werden konnten. Im Freibad konnte die      Ein kleiner Teil konnte durch bestehende
Arbeitsorganisation und Diensteinteilung         Spielräume bei der Auslastung sowie Arbeits-
soweit optimiert werden, dass hinsichtlich der   und Diensteinteilung gehoben werden. Die
Betriebsführung ein Best-Practice-Niveau         Mehrheit der Optimierungen erforderte jedoch
erreicht werden konnte. Im Winterdienst          eine Anpassung der Leistungsstandards
konnte durch adaptierte Einsatzpläne und         sowie der zentralen Prozesse, wobei dabei
Bereitschaftsdienste das Überstundenaus-         Anpassungen auf ein vertretbares Niveau,
maß wesentlich reduziert werden.                 und keine Schließungen von Einrichtungen
                                                 im Mittelpunkt standen.
Die Reform der Arbeitsorganisation bildete
einen weiteren Schwerpunkt: So wurden die        Mit der kontinuierlichen Verwaltungsreform
Pausenregelungen auf das Erforderliche           konnte auch ein wichtiger Beitrag zur Haus-
angepasst und besser in den Tagesablauf          haltskonsolidierung geleistet werden. Damit
integriert. Die Arbeitsplanung wurde auf Basis   ist es der Stadtgemeinde Ansfelden 2014
des Auftragswesens kontinuierlich weiterent-     gelungen, trotz widriger Rahmenbedin-
wickelt sowie eine Monats- und Wochenpla-        gungen (hohe Transferleistungen für Kran-
nung etabliert.                                  kenanstalten und Sozialhilfe) wieder einen
                                                 ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und
Konsequenzen der Reformen                        damit dem in Oberösterreich strengen
Die Reformen haben Auswirkungen auf den          Regime für Abgangsgemeinden wieder zu
Personaleinsatz. So mussten beispielsweise       entkommen.                                  <
seit 2010 fünf Dienstposten im Stadtamt (das
sind rund zehn Prozent) nicht mehr nach­                                  Kommentar senden

                                                                     #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT   17
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

„Schau auf Linz“
Ein transparentes Beschwerdemanagement der Stadt                           von Wolfgang Neuhauser

             B     ei „Schau auf Linz“ handelt sich um eine
                   moderne Form des Beschwerdemanage-
             ments, mit dem Ziel, eine bürgernahe, effizi-
                                                                    lesen. Auch die Antworten der Stadt und Kom-
                                                                    mentare anderer Benutzerinnen und Benutzer
                                                                    sind auf der Homepage und in der App für alle
             ente und transparente Problemlösung für die            Interessierten einsehbar. Gerade diese Trans-
             Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Damit              parenz kommt offensichtlich bei der Bevölke-
             soll das Wohn- und Lebensumfeld in Linz in             rung sehr gut an: Nach einem Jahr online sind
             einem guten Zustand gehalten werden.                   3.900 Meldungen und ein Vielfaches an Kom-
                                                                    mentaren dazu eingegangen. 198.675 Besu-
                          AD PERSONAM
                          Wolfgang Neuhauser ist Bereichsleiter     cherinnen und Besucher, das sind zirka 545
                          des Teleservice Centers (Call Center)     pro Tag, haben im ersten Jahr auf „Schau auf
                          des Magistrats Linz sowie Initiator und   Linz“ zugegriffen.
                          Projektleiter von „Schau auf Linz“. Er
                          hat auch das Thema Wissensmanage-
                          ment, ausgehend vom Call Center der       Bisher haben sich bereits 1.081 Userinnen und
                          Stadt Linz, in anderen klassischen        User registriert. Der Großteil der Meldungen
                          Bereichen der Stadtverwaltung voran-      wird allerdings ohne Registrierung eingebracht,
                          getrieben. Neuhauser ist nebenberuf-
                                                                    die Angabe einer E-Mail-Adresse ist aber
                          lich als Kommunikationstrainer tätig
                          und dabei auf öffentliche Einrichtungen   ­verpflichtend. Die App wurde 4.348 Mal
                          spezialisiert.                             herunter­geladen (iOS 2.205, Android 2.143
                                                                     Downloads).
             Dazu wurde eine Website und eine mobile
             Variante (APP) für Smartphones geschaffen.             Erfahrungen der Redaktion
             Sowohl auf der Website, als auch von unter-            Betreut wird die Online-Beschwerdeplattform
             wegs – via Smartphone-App – können Scha-               von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
             densfälle ohne viel Aufwand gemeldet wer-              Teleservice Centers, das bereits seit vielen
             den. Die Meldungen landen – öffentlich                 Jahren bestens eingespielt ist. Vom Teleser-
             sichtbar – am Stadtplan der Homepage,                  vice Center ­werden die Anliegen an die Fach-
             meist mit Foto und Koordinaten.                        dienststellen weitergeleitet. Und auch dort
                                                                    lösen sie natürlich einen Aufwand aus, wenn
             Ein neuer Zugangskanal                                 dieser auch nach Art der Anliegen sehr unter-
             oder doch mehr?                                        schiedlich ist.
             Das Besondere ist eigentlich nicht der
             Zu­gangskanal, sondern die Transparenz.                Die Zahl der Meldungen und Kommentare, die
             Die Markierungen am Stadtplan lassen für               wir aus dem Netz entfernen mussten, sind ver-
             alle erkennen, wo und wann etwas gemeldet              nachlässigbar. Bei zu einseitigen, oder aus
             ­wurde. Zusätzlich ist durch die Einfärbung            anderen Gründen etwas „grenzwertigen“
              einer „Ampel“ der Bearbeitungsstatus abzu­            ­Meldungen und Kommentaren „bestraft“ die
                                                                     Community die Verfasserin bzw. den Verfasser
                                                                     meist umgehend und sorgt hier weitgehend für
        „In der Stadt Linz ist das Wissens-                          ein Gleichgewicht der Meinungen. „Schau auf
                 management eng mit dem                              Linz“ trägt auch ein wenig zum Bewusstsein
     Beschwerdemanagement verbunden.“                                bei, dass es in einer Stadt eben verschiedene

18   KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Bedürfnisse gibt, deren Berechtigung man
nicht bewerten muss und um die sich die Stadt-
verwaltung neutral zu kümmern hat. Hunde­
besitzerinnen und -besitzer/Nicht-Hunde­
besitzerinnen und -besitzer, Radfahrer­innen
und -fahrer, Autofahrerinnen und -fahrer etc.,
alle geben ihre Kommentare aus ihrer Sicht ab
und irgendwie scheint sich vieles zu relativie-

                                                                                                                   Foto: © Report Verlag
ren. Nach wie vor hat die überwiegende Zahl
der Anregungen eine hohe Qualität. Die Zufrie-
denheit der Nutzerinnen und Nutzer wird immer
wieder direkt in Kommentaren ausgedrückt:
„Super Stadtverwaltung, tolles Service, danke
liebes Team – macht weiter so…“.                  Am 30.1.2014 hat Linz für die Plattform „Schau auf Linz“ den
                                                  eAward im Bereich „Verwaltung E-Government“ erhalten.
Für die Meldung des Problems stehen ver-
schiedene Kategorien, wie „Verkehrsmaß-           Bürger mit ihrer Stadtverwaltung, aber auch
nahmen“ (das sind Anregungen z.B. zu              untereinander. Wer sich die Einführung einer
Ampel­intervallen, Fahrspuren, Radwegen,          solch transparenten Plattform überlegt, sollte
Begegnungszonen also gestalterische/plane-        nicht mit den technischen Fragen beginnen,
rische Vorschläge), Müllablagerungen, Fahr-       sondern eines nicht außer Acht lassen: die
bahn-/Gehsteigschäden, Beleuchtungskörper         Antwort auf die Frage, ob man diese Transpa-
und Ähnliches zur Auswahl. Von allen Dingen,      renz will, hängt davon ab, was dadurch zum
die man als Defekt bzw. Beschädigung              Vorschein kommt. Etwas salopp ausgedrückt:
bezeichnen kann, wird nahezu 100 Prozent          Man kann sich auch als Verwaltung mit so
erledigt. Bei „Verkehrsmaßnahmen“ also „pla-      einer Plattform blamieren, nämlich dann, wenn
nerischen“ Vorschlägen wird ca. ein Viertel, so   notwendige Prozesse im Hintergrund
wie angeregt, umgesetzt.                          (Be­schwerdemanagement) nicht vorhanden,
                                                  nicht genau ­definiert, oder in der ­Praxis nicht
Voraussetzung für die Einführung                  einge­halten werden. Hier kommt auch das
Die Plattform stößt auch auf Interesse bei        Wissens­management ins Spiel, das bei der
anderen Städten und Gemeinden, es gibt hier       Stadt Linz eng mit dem Beschwerdemanage-
laufend Anfragen und auch bereits Umset-          ment ­ver­flochten ist.
zungen. Die Homepage ist auf Open-Source-
Basis entwickelt und die Source Codes wer-        Der Veranstalter des
den von uns unentgeltlich weitergegeben.1         international renom-
Eine gemeinsame Marke „Schau auf...“ hätte        mierten Medienwett­
den Vorteil, dass sich die gleichartige App       bewerbs „Prix Ars Elec-
auch in anderen Städten unter dem Namen           tronica“, hat „Schau auf
etabliert und dort leichter gefunden werden       Linz“ von sich aus für
kann, Synergien bei Weiterentwicklungen und       den Wettbewerb 2014
                                                                                                                   Foto: © Magistrat der Stadt Linz

Updates sind zu erwarten.                         nominiert. Das unter-
                                                  streicht welche breite
Ein wesentlicher Faktor des Erfolges der Platt-   Aufmerksamkeit die
form liegt in der Transparenz und den Kommu-      Plattform schon er-
nikationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und        reicht hat.            <

1 Dies umfasst allerdings nicht die App.             Kommentar senden

                                                                        #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT   19
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