Patentverletzungsverfahren - Bardehle Pagenberg
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Patentverletzungsverfahren www.bardehle.com
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Inhalt 5 1. Schutzgegenstand 6 2. Rechte aus dem Patent 6 2.1 Rechte bei Patentverletzung 7 2.2 Erstbegehungsgefahr 7 3. Ermittlung des Sachverhalts – Beweis der Patentverletzung 7 3.1 Darlegungs- und Beweislast 8 3.2 Beweisgewinnung 8 4. Vorgehensweise im Falle einer Patentverletzung 8 4.1 Abmahnung 9 4.2 Einstweilige Verfügung 9 4.3 Hauptsacheverfahren 10 5. Prozessuale Aspekte 10 5.1 Gerichtsstand 10 5.2 Aktivlegitimation 10 5.3 Zustellung der Klageschrift 10 5.4 Instanzen/Verfahrensdauer 12 6. Kosten 13 7. Vollstreckung der Entscheidung des Gerichts 14 8. Zusammenfassung 3
Einführung Deutsche Patente und Gebrauchsmuster sowie europäische Patente mit Wirkung in Deutschland vermitteln ihrem Inhaber das Recht, ein Erzeugnis, welches Gegen- stand des Patents oder Gebrauchsmusters ist, alleine, also unter Ausschluss Dritter, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den ge- nannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen (Erzeugnisschutz). Sofern es sich beim Schutzgegenstand des Patents um ein Verfahren handelt, ist es jedem Dritten verboten, dieses Verfahren anzuwenden oder zur Anwendung in Deutschland anzubieten, sofern er im letztgenannten Fall weiß oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass die Anwendung des Verfahrens verboten ist (Verfahrensschutz). 4
Jedem Dritten ist es verboten, Erzeug 1. Schutzgegenstand nisse anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genann Im Falle eines geschützten Erzeugnisses fällt Schutzgegenstand ten Zwecken entweder einzuführen oder nicht nur die Benutzung des Erzeugnisses als zu besitzen, die unmittelbar durch ein ge Ganzes unter den Patentschutz, sondern auch schütztes Verfahren hergestellt wurden das in Deutschland erfolgende Angebot oder die (Schutz des Verfahrenserzeugnisses). Lieferung von Mitteln, die sich auf ein wesent liches Element der Erfindung beziehen, wenn Diese Broschüre soll einen kurzen der Dritte weiß oder es aufgrund der Umstände Überblick über den Gang der wichtig offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeig- sten gerichtlichen Verfahren sowie net und bestimmt sind, für die Benutzung der über die jeweiligen Voraussetzungen Erfindung in Deutschland verwendet zu werden unter Berücksichtigung strategischer (mittelbare Patentverletzung). Ferner kann Aspekte geben. Die folgende Darstel auch die Benutzung eines von den konkreten lung bezieht sich auf Patente, gilt jedoch Merkmalen des Patentanspruchs abweichen- für Gebrauchsmuster im Wesentlichen den Erzeugnisses unter dem Gesichtspunkt der entsprechend. äquivalenten Benutzung eine Patentverletzung darstellen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn das Erzeugnis trotz seiner abweichen- den Merkmale die erfindungsgemäße Wirkung erzielt und diese abweichende Merkmalskom- bination für den Fachmann am Prioritätstag ohne erfinderisches Bemühen als gleichwirkend auffindbar war. Patentanmeldungen geben hingegen noch keine Ausschlussrechte. Eine Patentanmeldung kann jedoch, die spätere Erteilung eines Patents vorausgesetzt, ab ihrer Veröffentlichung bereits Entschädigungsansprüche auslösen, sofern Dritte den Gegenstand der Patentanmeldung zu diesem Zeitpunkt benutzen. 5
Rechte aus dem Patent 2. Rechte aus dem Patent Für die Berechnung des Schadensersatzan- spruchs hat der Patentinhaber bzw. der ex- klusive Lizenznehmer die Wahl zwischen drei 2.1 Rechte bei Patentverletzung verschiedenen Schadensersatzberechnungsme- thoden: Berechnung des Schadens- Liegt eine Verletzung eines Patentrechts vor, ersatzanspruchs hat der Patentinhaber bzw. der exklusive Li- – Entgangener eigener Gewinn zenznehmer gegen den Verletzer grundsätzlich – Herausgabe des Verletzergewinns oder folgende Ansprüche: – angemessene Lizenzgebühr –U nterlassung der Benutzung des ge- schützten Patentgegenstands Obwohl die Lizenzgebühr die einfachste Art –E rsatz aller durch die Benutzung des der Berechnung des Schadensersatzes ist, wird geschützten Patentgegenstands einge- mehr und mehr die Berechnung nach dem tretenen und noch eintretenden Schäden Verletzergewinn gewählt, seitdem es dem Ver- (Schadensersatz) letzer nicht mehr gestattet ist, Gemeinkosten, –A uskunft unter anderem über die Her- welche dem Verletzerprodukt nicht unmittelbar kunft und den Vertriebsweg geschützter zugeordnet werden können, von der Gewinn Erzeugnisse, sowie über die Namen und berechnung abzuziehen, mit der Folge, dass Anschriften der Hersteller, Lieferanten der Patentverletzer seinen Gewinn mit den oder anderer Vorbesitzer, als auch über Verletzungshandlungen nicht mehr beliebig die gewerblichen Abnehmer sowie über herunter rechnen kann. Schwierig bleibt bei die Menge der hergestellten oder ausge- dieser Berechnungsmethode der Nachweis lieferten Erzeugnisse der Kausalität zwischen Patentverletzung und – Rechnungslegung über die Einnahmen (einem Teil der) Gewinnerzielung, also der und Ausgaben im Zusammenhang mit Nachweis, den der Kläger zu erbringen hat, dass den Verletzungshandlungen, einschließ- die Benutzung des Patents der entscheidende lich einer detaillierten Gewinnrechnung Grund für die bzw. einen Teil der Gewinner – Rückruf geschützter Erzeugnisse oder zielung war. Regelmäßig wird ein erheblicher deren endgültige Entfernung aus den Ver- Anteil der Gewinnerzielung auf andere Gründe triebswegen zurückzuführen sein, wie etwa gute Geschäfts- – Vernichtung der im Eigentum oder im beziehungen des Verletzers zu seinen Kunden, Besitz des Verletzers befindlichen ge besondere Werbe- und Vertriebsbemühungen schützten Erzeugnisse oder besondere Servicedienstleistungen. Ein – öffentliche Bekanntmachung des Urteils entsprechendes Problem stellt sich auch im 6 Rahmen der Berechnungsmethode des
entgangenen Gewinns. Beibringungsgrundsatz, d.h. das Gericht entscheidet ausschließlich über die von den Par- Im Rahmen der Geltendmachung der konkreten teien vorgetragenen Tatsachen und stellt keine Schadensersatzsumme im sogenannten Höhe eigenen Ermittlungen an. Deshalb müssen alle prozess, das sich als separates Verfahren an das die Patentverletzung begründenden Tatsachen Feststellungsverfahren anschließt, kann der durch den Kläger rechtzeitig, am besten bereits Kläger lange Zeit die Art der Berechnungsme- bei Klageerhebung dem Gericht vorgetragen thode wählen und zwischen den Berechnungs- werden. Der Parteivortrag muss dabei so detail- methoden wechseln, indem er diese hilfsweise liert sein, dass das Gericht ohne weitere Ermitt- gestaffelt geltend macht. lungen über die Verletzungsfrage entscheiden kann, falls der klägerische Tatsachenvortrag unbestritten bleibt bzw. als wahr unterstellt 2.2 Erstbegehungsgefahr wird (Schlüssigkeit). Fehlt es an einer bereits begangenen Patentver- Notwendig ist insbesondere die konkrete Be- Erstbegehungsgefahr letzung, kann dennoch ein Unterlassungsan- zeichnung des angegriffenen Produkts oder Ver- spruch gegen einen Dritten gegeben sein, wenn fahrens, Zeit und Ort der Verletzungshandlung konkrete Tatsachen vorliegen, aus denen sich sowie Name und Anschrift des Verletzers. Die ergibt, dass eine Verletzung des Patents durch Verletzungshandlung muss dabei einen Bezug den Dritten unmittelbar bevorsteht (sog. Erstbe- zur Bundesrepublik Deutschland aufweisen. Im gehungsgefahr), wie Vorbereitungshandlungen Regelfall muss sie dort begangen worden sein. oder die Berühmung des Dritten, zur Benutzung des Patents berechtigt zu sein. Zu Beginn des Verfahrens genügt es, wenn der Kläger die die Patentverletzung begründenden Tatsachen vorträgt. Nur falls und soweit diese 3. Ermittlung des Sachverhalts – Beweis Tatsachen vom Beklagten detailliert bestritten der Patentverletzung werden, muss der Kläger die Tatsachen be- weisen, wobei in prozessualer Hinsicht aus- schließlich die Beweismittel Urkunden, Sach- 3.1 Darlegungs- und Beweislast verständige, Zeugen, Inaugenscheinnahme und Parteivernehmung zur Verfügung stehen. Daher Für ein erfolgreiches gerichtliches Vorgehen ist es empfehlenswert, die Nachweise der Ver- Ermittlung und Aufbereitung gegen Patentverletzer ist eine sorgfältige letzungshandlung bereits zu Prozessbeginn im des Verletzungssachverhalts Ermittlung und Aufbereitung des Verletzungs- Einzelnen zu dokumentieren. Bei Zeugen bietet sachverhalts durch den Schutzrechtsinhaber es sich an, Gedächtnisprotokolle anfertigen zu notwendig. Im Verletzungsprozess gilt der lassen, um abgesichert zu sein, falls der Zeuge 7
später nicht mehr zur Verfügung steht. Bei In- „Beweissicherung durch Besichtigung in Patent- formationen aus dem Internet empfiehlt es sich sachen“. insbesondere, diese sofort zu speichern oder auszudrucken, da Internetseiten ohne Weiteres gelöscht oder verändert werden können und 4. Vorgehensweise im Falle einer Patent somit das Risiko besteht, dass diese zu einem verletzung späteren Zeitpunkt für eine Beweisführung Möglichkeiten der Rechts- nicht mehr zur Verfügung stehen. Bei Vorliegen einer Patentverletzung hat der durchsetzung Patentinhaber bzw. der exklusive Lizenznehmer Sollten nicht genügend Informationen über folgende Möglichkeiten sein Recht durchzusetzen: die Verletzung verfügbar sein und sollten diese mit zumutbarem Aufwand auch nicht beschafft werden können, besteht die Mög- 4.1 Abmahnung lichkeit der Beweisgewinnung in einem sepa Abmahnung raten Verfahren oder auch im Rahmen des Eine Abmahnung ist ein außergerichtliches, Verletzungsprozesses. regelmäßig durch einen Rechts- oder Patentan- walt übersandtes Schreiben, durch welches der Gegner aufgefordert wird, die Patentverletzun- 3.2 Beweisgewinnung gen in Zukunft zu unterlassen und hierüber eine rechtsverbindliche Erklärung („Unterlassungs- Besichtigung Sofern Anhaltspunkte vorliegen, die eine und Verpflichtungserklärung“) abzugeben. Die Verletzung des Schutzrechts als hinreichend Erklärung, Verletzungshandlungen in Zukunft wahrscheinlich erscheinen lassen, kann vom zu unterlassen, muss dabei ernsthaft sein. Dies Verletzer die Vorlage von Urkunden und die ist regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn sich Besichtigung der Sache verlangt werden. der Gegner in dieser Erklärung verpflichtet, im Dieser Besichtigungsanspruch kann gerichtlich Falle der weiteren Benutzung des Patents eine an- durchgesetzt werden. Dies ist auch im Wege gemessene Vertragsstrafe an den Patentinhaber einer einstweiligen Verfügung möglich, die von bzw. den exklusiven Lizenznehmer zu bezahlen. den Gerichten bei Begründetheit regelmäßig innerhalb weniger Arbeitstage ohne vorherige Sollte der Abgemahnte auf die Abmahnung Anhörung bzw. Information des Verletzers nicht reagieren oder sich weigern, eine Unter- erlassen wird. lassungs- und Verpflichtungserklärung abzu- geben, hat der Rechtsinhaber die Möglichkeit, Nähere Informationen zum Thema Besichti- nicht aber die Pflicht der gerichtlichen Geltend- gungsanspruch finden Sie in unserer Broschüre machung seiner Rechte. Umgekehrt kann der 8
Abgemahnte gegen den Schutzrechtsinhaber 4.3 Hauptsacheverfahren Klage auf Feststellung der Nichtverletzung erhe- ben (sog. negative Feststellungsklage), um seine Der Patentinhaber bzw. der exklusive Lizenz- Hauptsacheverfahren Rechtsposition bestätigen zu lassen. nehmer kann allerdings auch sofort – also ohne eine Abmahnung auszusprechen oder eine Um das Risiko einer negativen Feststellungs- einstweilige Verfügung zu beantragen – Haupt- klage zu vermeiden, kann der Rechtsinhaber sacheklage erheben, wenn seine Rechte aus dem statt der Abmahnung eine Berechtigungs- Patent durchsetzbar sind. anfrage versenden (lassen), die sich von der Abmahnung dadurch unterscheidet, dass sie Die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents wird kein Unterlassungsverlangen enthält. Sie fragt im Verletzungsverfahren übrigens nicht beur- also gewissermaßen lediglich an, warum der teilt. Hierfür sind ausschließlich das Deutsche Gegner sich berechtigt fühlt, die angesproche- Patent- und Markenamt bzw. das Europäische nen Handlungen zu begehen, woraus sich ihr Patentamt in Einspruchsverfahren und das Name ergibt. Bundespatentgericht (in erster Instanz) und der Bundesgerichtshof (in zweiter Instanz) in Nichtigkeitsverfahren zuständig. Das Ein- 4.2 Einstweilige Verfügung spruchs- bzw. Nichtigkeitsverfahren ist vom Verletzungsverfahren unabhängig. Daher ist es In dringenden Fällen besteht die Möglichkeit, möglich, dass das Verletzungsverfahren zeitlich Einstweilige Verfügung dem Verletzer im Wege einer einstweiligen Ver- vor dem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren fügung die Benutzung des Patents zu untersagen. und umgekehrt entschieden wird. Die deutschen Gerichte entscheiden regelmäßig innerhalb weniger Werktage über den Antrag auf Das Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren Erlass einer einstweiligen Verfügung, ggf. auch kann das Verletzungsverfahren jedoch be ohne Anhörung bzw. Information des Verletzers. einflussen. Sollte das Verletzungsgericht eine Die einstweilige Verfügung ist jedoch nur eine Verletzung des Patents annehmen und gleich- vorläufige Entscheidung und kann ein Hauptsa- zeitig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit cheverfahren nur ausnahmsweise ersetzen. von der mangelnden Rechtsbeständigkeit des Klagepatents ausgehen, kann es das Verletz Nähere Informationen zum Thema einstweili- ungsverfahren bis zum erstinstanzlichen oder ge Verfügung finden Sie in unserer Broschüre auch rechtskräftigen Abschluss des Einspruchs- „Einstweilige Verfügung“. oder Nichtigkeitsverfahrens aussetzen. Nähere Informationen zur Prüfung der Rechts- 9
beständigkeit von Patenten finden sich in den 5.3 Zustellung der Klageschrift Broschüren „Validitätsverfahren in Deutsch- Zustellung land“ und „Europäisches Einspruchsverfahren“. Die Klageschrift wird dem Beklagten vom Gericht zugestellt. Sofern der Beklagte seinen Sitz bzw. Wohnsitz im Ausland hat und für ihn 5. Prozessuale Aspekte noch kein deutscher Prozessvertreter bestellt ist, muss die Zustellung der Klageschrift im Aus- land erfolgen. Etwaige notwendige Übersetzun- 5.1 Gerichtsstand gen müssen zunächst auf Kosten des Klägers angefertigt werden. Es existieren verschiede- Patentstreitgerichte Für Patentverletzungsverfahren, sowohl Hauptsa- ne internationale Vereinbarungen über die che- als auch einstweilige Verfügungsverfahren, sind Durchführung von Zustellungen im Ausland. 12 Landgerichte in Deutschland zuständig, bei denen In Abhängigkeit vom Zustellungsland kann die spezielle Kammern für Patentstreitsachen bestehen. Zustellung zwischen 2 und 12 Monaten dauern. Um diese Zeit verzögert sich ein Patentverlet- Die Klage muss entweder am Sitz bzw. am zungsprozess gegenüber dessen üblichem Lauf. Wohnsitz des Beklagten oder am Ort der Verlet- zungshandlung erhoben werden. Letzterer liegt Mit der Zustellung der Klageschrift an den Be- überall dort, wo ein Angebotsempfänger seinen klagten wird dieser aufgefordert, sich zur Klage Firmen- bzw. Wohnsitz hat. Bei Angeboten im zu erklären. Da jegliche Erklärungen nur durch Internet hat der Kläger im Regelfall die Wahl einen in Deutschland zugelassenen Rechtsan- zwischen allen 12 Patentstreitgerichten. walt erfolgen können, muss der Beklagte hierfür einen Rechtsanwalt beauftragen. Diese Beauf- tragung hat zur Folge, dass weitere Dokumente 5.2 Aktivlegitimation direkt an den beauftragten Rechtsanwalt zuge- stellt werden können, ohne dass Übersetzungen Rechtliches Interesse Die Rechte aus dem Patent können vom Patent- hierfür durch das Gericht bzw. den Kläger inhaber oder dem exklusiven Lizenznehmer im anzufertigen sind. eigenen Namen geltend gemacht werden. Ein einfacher Lizenznehmer kann die Rechte aus dem Patent nur dann Dritten gegenüber geltend 5.4 Instanzen/Verfahrensdauer machen, wenn er hierzu vom Patentinhaber Instanzen/Verfahrensdauer oder vom exklusiven Lizenznehmer ermächtigt Hauptsacheklagen in Patentverletzungssachen wurde und ein eigenes rechtliches Interesse an werden erstinstanzlich vor spezialisierten der gerichtlichen Geltendmachung hat. Patentstreitkammern der 12 spezialisierten 10
Landgerichte verhandelt. Diese sind mit jeweils Die Verfahrensdauer der ersten Instanz vor den drei Richtern besetzt, die juristisch ausgebildet Landgerichten ist unterschiedlich und variiert und regelmäßig seit mehreren Jahren mit Pa- über die Zeit. Üblicherweise läuft das Verfahren tentverletzungsverfahren befasst sind. Lediglich zwischen 8 und 14 Monaten. Die Beauftragung in Ausnahmefällen haben die Richter auch ein eines Sachverständigengutachtens verzögert das technisches Studium absolviert. Falls das Ge- Verfahren meist um 9 bis 12 Monate. richt nicht in der Lage ist, relevante technische Fragen selbst zu beurteilen, wird ein technischer Sachverständiger beauftragt. Die Neigung zur Das erstinstanzliche Verfahren läuft Beauftragung eines Sachverständigengutachtens regelmäßig in folgenden sieben variiert dabei von Landgericht zu Landgericht. Schritten ab: Im Einzelfall kann die Vorlage eines Privat- gutachtens durch den Kläger hilfreich sein, – Einreichen der Klageschrift um das technische Verständnis des Gerichts – Zustellung der Klageschrift an den zu unterstützen und so die Beauftragung eines Beklagten durch das Gericht Sachverständigen durch das Gericht möglichst – Erwiderung des Beklagten auf die Klage zu vermeiden. – Replik des Klägers auf die Erwiderung des Beklagten Im Rahmen der ersten Instanz müssen grund- – Duplik des Beklagten auf die Replik sätzlich alle relevanten Tatsachen und Verteidi- des Klägers gungsmittel vorgetragen werden, da der Vortrag – Mündliche Verhandlung (Dauer neuer Tatsachen in der Berufungsinstanz nur der mündlichen Verhandlung: unter strengen Voraussetzungen möglich ist. etwa 1–2 Stunden) und Lediglich Tatsachen, die während der ersten In- – Erlass einer Entscheidung durch das stanz noch nicht bekannt waren und auch nicht Gericht hätten bekannt sein müssen, können unpro- blematisch erstmalig in der Berufungsinstanz vorgetragen werden. Falls die Einholung eines Sachverständigengut- achtens angeordnet wird, haben beide Parteien Die Akte des Gerichts ist nicht öffentlich ein im Übrigen die Gelegenheit, schriftlich zum sehbar. Lediglich die mündliche Verhandlung schriftlichen Gutachten des Sachverständigen ist öffentlich. Sofern im Rahmen der mündli- Stellung zu nehmen. Der Sachverständige wird chen Verhandlung Geschäftsgeheimnisse der dann in einer mündlichen Verhandlung vom Parteien zu diskutieren sind, kann die betrof- Gericht als auch von den Parteien zu seinem fene Partei den Ausschluss der Öffentlichkeit Gutachten befragt. beantragen. 11
Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils durch zu entrichten. Ohne Zahlung der Gerichtskosten das Landgericht hat die unterlegene Partei die wird das Gericht dem Beklagten die Klage nicht Möglichkeit, innerhalb eines Monats Berufung zustellen. Sofern der Beklagte seinen Sitz bzw. zum Oberlandesgericht einzulegen, die dann Wohnsitz im nicht-deutschsprachigen Ausland innerhalb von zwei Monaten zu begründen ist. hat und auch keinen deutschen Prozessvertreter Die ebenfalls spezialisierten Senate der Ober- benannt hat, muss die Klage übersetzt am Sitz landesgerichte sind mit drei Richtern besetzt, bzw. Wohnsitz des Beklagten im Ausland zuge- die juristisch ausgebildet sind und regelmäßig stellt werden. Die Kosten für die Übersetzung kein technisches Studium absolviert haben. der Klageschrift sind ebenfalls bei Klageeinrei- Das Berufungsverfahren ist keine neue Tatsa- chung vom Kläger zu entrichten. cheninstanz. Das Berufungsgericht entscheidet lediglich über die im landgerichtlichen Verfah- Kläger, die ihren Sitz bzw. Wohnsitz nicht in ren bereits vorgetragenen Tatsachen und über einem Land der Europäischen Union oder in solche neuen Tatsachen, deren Vortrag in der einem Land der Europäischen Wirtschafts- Berufungsinstanz zulässig ist. gemeinschaft haben, können auf Antrag des Beklagten ferner verpflichtet werden, für den Das Berufungsverfahren vor den Oberlandes- diesem im Falle des Obsiegens zustehenden gerichten dauert regelmäßig zwischen 15 und Anspruch auf Ersatz von Verfahrenskosten 24 Monaten. Sollte die Einholung eines Sach- Sicherheit durch Hinterlegung von Bargeld oder verständigengutachtens notwendig werden, Stellung einer Bankbürgschaft zu leisten. verlängert sich das Verfahren um bis zu 12 Monate. Der Verfahrensablauf entspricht im Die unterliegende Partei hat der obsiegenden Wesentlichen demjenigen des erstinstanzlichen Partei deren gesetzliche Rechts- und Patent- Verfahrens. anwaltsgebühren, die von ihr verauslagten Ge- richtskosten sowie deren notwendige Ausla-gen Das Berufungsurteil kann nur noch unter sehr wie etwa Reise- und Übersetzungskosten zu er- engen Voraussetzungen vor dem Bundesge- statten. Die Höhe der gesetzlichen Ge-richts- und richtshof mit der Revision angegriffen werden. Anwaltsgebühren wird nach einem gesetzlich Das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof festgelegten Schlüssel berechnet, welcher sich am dauert meist 2 bis 3 Jahre. Streitwert des Verfahrens, d.h. am wirtschaftli- chen Wert des Streits orientiert. Der Streitwert wird vom Gericht festgesetzt. Das Gesamtkosten- 6. Kosten risiko setzt sich damit aus den Gerichtskosten, den gegnerischen gesetzlichen Anwaltskosten Kostenrisiko Der Kläger ist verpflichtet, die Gerichtskosten und notwendigen Auslagen sowie den eigenen 12 der ersten Instanz bereits bei Klageeinreichung Anwaltskosten und Auslagen zusammen.
Der Streitwert typischer Patentverletzungs- ten). Sofern die gerichtliche Entscheidung noch verfahren beträgt zwischen EUR 500.000 und nicht rechtskräftig ist – dies ist immer dann der EUR 5.000.000,00. Das Kostenrisiko eines Fall, wenn gegen das Urteil ein Rechtsmittel erstinstanzlichen Verfahrens beträgt somit (Berufung, Revision) eingelegt wurde oder noch etwa zwischen EUR 75.000 und EUR 230.000. eingelegt werden kann –, können die Urteile In seltenen Fällen kann der Streitwert bis zu regelmäßig gegen Sicherheitsleistung vorläufig EUR 30.000.000 (gesetzlicher Höchstwert bis vollstreckt werden. Die Höhe der Sicherheits- zu dem die Gebühren steigen) betragen, womit leistung wird vom Gericht festgesetzt und auch das gesamte Kostenrisiko steigt. orientiert sich – in Ermangelung detaillierter Angaben zum Vollstreckungsschaden durch Die Kosten des Berufungsverfahrens liegen etwa den Beklagten – regelmäßig an der Höhe des 30 % über den Kosten der ersten Instanz. Die Streitwerts. Sicherheitsleistung kann durch Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bun- Hinterlegung in Bar oder durch Übergabe einer desgerichtshof liegen etwa doppelt so hoch wie Bankbürgschaft, welche die obsiegende Partei zu diejenigen des erstinstanzlichen Verfahrens. beschaffen hat, an den Gegner erbracht werden. Die dem Gegner zu erstattenden Kosten werden Sollte ein vorläufig vollstrecktes, nicht rechts- vom Gericht im sog. Kostenfestsetzungs- kräftiges Urteil vom Berufungs- oder Revisions- verfahren festgesetzt. Das Kostenfestsetzungs- gericht rechtskräftig aufgehoben werden, hat verfahren wird im Anschluss an die jeweilige der Kläger dem Beklagten die durch die Voll- Instanz durchgeführt, ist ein rein schriftliches streckung entstandenen Schäden zu ersetzen. Verfahren und schließt mit dem sog. Kosten- Aus diesem Grunde sollte vor der vorläufigen festsetzungsbeschluss ab, welcher gegen den Vollstreckung eines Urteils das Risiko der Gegner vollstreckt werden kann. späteren Urteilsaufhebung sowie die möglichen Schäden durch die Vollstreckung abgeschätzt und dem Nutzen einer vorläufigen Vollstre- 7. Vollstreckung der Entscheidung des ckung gegenübergestellt werden. Gerichts Die obsiegende Partei ist nicht verpflichtet, ein Rechtskräftige Entscheidungen des Gerichts Urteil vorläufig zu vollstrecken. Ferner muss das können von der obsiegenden Partei vollstreckt Urteil auch nicht in seinem gesamten Umfang werden, d.h. der Gegner kann aufgefordert vollstreckt werden. Es ist auch möglich, ledig- Vollstreckung werden, den Tenor des Urteils mit sofortiger lich einzelne Bestandteile des Urteils zu vollstre- Wirkung zu beachten und etwaige im Urteil cken (z.B. nur den Auskunftsanspruch). festgestellte Handlungen vorzunehmen (bspw. In Einzelfällen kann das Gericht, auf Antrag der Auskünfte zu erteilen oder Waren zu vernich- unterliegenden Partei, die vorläufige 13
Vollstreckung des Urteils untersagen. Dies und Patentanwälten zur Verfügung. kommt etwa dann in Betracht, wenn durch die vorläufige Vollstreckung irreparable Schäden Die Anwälte unserer Sozietät verfügen über um- drohen, die im Falle der Aufhebung des Urteils fangreiche Erfahrung in Patentverletzungsver- nicht wieder gutgemacht werden könnten. Ein fahren und können Sie bei der Wahrnehmung solcher Vollstreckungsschutz ist während des Ihrer Interessen sowohl durch die außerge- Verfahrens geltend zu machen und wird, wenn richtliche Vertretung oder der Vertretung vor dieser begründet ist, im Urteil angeordnet. Gericht als auch bei Einigungsgesprächen mit dem Gegner unterstützen. Eine gut organi- sierte Büroverwaltung und die routinemäßig 8. Zusammenfassung geübte besondere Sorgfalt unserer Mitarbeiter garantieren einen zuverlässigen Umgang mit Das deutsche Recht stellt schnelle und effek- Betriebsgeheimnissen und sonstigen sensiblen tive Mittel zur Durchsetzung der Rechte aus Informationen. Darüber hinaus bieten wir über Patenten zur Verfügung. Im internationalen unsere Büros in Paris, Mailand und Barcelona Vergleich kann man vor deutschen Gerichten auch die Möglichkeit an, länderübergreifende sehr schnell zu einem vollstreckbaren Unterlas- Maßnahmen „aus einer Hand“ durchzuführen. sungsurteil gelangen. Durch die hohe Kompe- Für Verfahren in anderen Staaten arbeiten wir tenz und Erfahrung der deutschen Gerichte, die mit einem in vielen Jahren der Zusammenarbeit jährlich mehr als 1.000 Patentstreitverfahren etablierten Netzwerk ausländischer Kollegen bearbeiten, genießen diese auch weltweit einen zusammen. sehr guten Ruf und dienen nicht selten aus- ländischen Gerichten als Anhaltspunkt für ihre eigene Rechtsfindung. Entscheidend für den Erfolg ist eine gründliche strategische Vorbereitung und Planung durch in Patentverletzungsverfahren erfahrene Rechts- und Patentanwälte. BARDEHLE PAGENBERG vereint beide Professionen seit Jahrzehnten in einer Sozietät und stellt damit eine Beratung durch langjährig eingespielte Teams von recht- lich und technisch hochqualifizierten Rechts- 14
© 2014 BARDEHLE PAGENBERG Partnerschaft mbB BARDEHLE PAGENBERG Partnerschaft mbB, Patentanwälte Rechts- anwälte ist eine Partnerschaft mit Sitz in München, eingetragen im Partnerschaftsregister des Amtsgerichts München unter der Nummer 1152. Unsere Büros sind im jeweiligen Land als rechtlich unabhängig von den anderen Länderbüros haftende Gesellschaften tätig. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks, der Wieder- gabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen ohne vorherige Genehmigung von BARDEHLE PAGENBERG. Der Inhalt dieser Publikation stellt keine Rechtsberatung dar. BARDEHLE PAGENBERG übernimmt keine Haftung für die in dieser Publikation oder in der Website www.bardehle.com enthaltenen Informationen. 04/2014 15
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