Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...

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Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
Versicherungsbarometer 2014
Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen
über die Herausforderungen im Schweizer
Versicherungsmarkt

                     Institut für Accounting, Controlling
                     und Auditing
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
Inhalt
1 Editorial                                                    3
2 Einleitung                                                   4
     Aufbau der Studie                                         6
     Der Schweizer Versicherungsmarkt                          8
3 Die grössten Herausforderungen bis 2020                      10
     Herausforderung 1: Regulierung – kein Ende in Sicht!      13
     Herausforderung 2: Niedrigzins- und Kapitalmarktumfeld
     oder: Wie sieht eine Versicherung ohne Rendite aus?       17
     Herausforderung 3: Demographie – Chance oder Bedrohung?   22
     Herausforderung 4: Technologie – Gefahr oder
     aktive Gestaltungsmöglichkeit?                            25
     Herausforderung 5: Kundenverhalten: Wie erreiche
     ich in Zukunft meine Kunden?                              30
4 Zentrale Handlungsfelder                                     34
     Geschäftsstrategie                                        36
     Geschäftsprozesse                                         39
     Neue Geschäftsmodelle                                     40
5 Fazit                                                        44
6 Appendix                                                     48
     Befragte Versicherer                                      50
     Endnoten                                                  51
     Autoren                                                   53

 2    | EY Versicherungsbarometer 2014
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
1 Editorial
Das Versicherungsgeschäft gilt für den heimischen Markt           Was sind die wesentlichen Erkenntnisse? Das makroökonomi-
als stabil. Wir alle benötigen in unterschiedlichen Lebenslagen   sche, gesellschaftliche und technologische Umfeld bleibt labil
Versicherungen, von der Motorfahrzeug- über Haftpflicht-          und wird die Geschäftsmodelle der Versicherer massiv
und Kranken- bis hin zur Lebensversicherung. Doch die             beeinflussen. Die Unternehmen sehen aber von weitreichenden
Welt bewegt sich, durch technologische Neuerungen,                Massnahmen ab, zumal sich die Folgen nicht zuverlässig
verschärfte Regulierung, verändertes Kundenverhalten und          vorhersagen lassen. Die weitere Regulierung führt zu
erhöhte Preistransparenz. Zusammen mit den anhaltend              steigenden Fixkosten, womit die kritische Grösse wichtiger
tiefen Zinsen wächst der Handlungsbedarf. Dies wirft              wird. Die Versicherungen konzentrieren sich auf den gesättig-
Fragen nach der Zukunft des Schweizer Versicherungsge-            ten Schweizer Markt, in dem jedoch Prämienerhöhungen
schäfts auf, die wir in den Mittelpunkt dieser Studie stellen.    schwierig durchzusetzen sind. Deshalb fokussieren sie sich
                                                                  alle auf Prozess- und Kostenoptimierung. Den Markt mit
Um die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsge-
                                                                  neuartigen Dienstleistungen aufzumischen ist derzeit kein
schäft aus möglichst vielen Blickwinkeln zu beleuchten, hat
                                                                  Thema. Investitionen in neue Geschäftsfelder sind eher
sich ein Team des Instituts für Accounting, Controlling und
                                                                  gering. Versicherungsgesellschaften haben alle eine ähnliche
Auditing der Universität St. Gallen mit Versicherungsberatern
                                                                  Ausgangslage und halten sich gegenseitig in Schach. Eine
und -prüfern von EY zusammengetan und einen Fragebogen
                                                                  Revolution der Geschäftsmodelle ist dadurch ausgeschlossen.
entwickelt. Dieser soll im regelmässigen Turnus der jeweiligen
                                                                  Der Veränderungsdruck ist derzeit zu gering. Trotzdem
Geschäftsleitung von Schweizer Versicherern vorgelegt
                                                                  müssen die Unternehmen den technologischen Wandel
werden, um so ein Stimmungsbild, sprich Barometer, der
                                                                  vorantreiben, denn die IT-Systemlandschaft ist teilweise
Schweizer Versicherungswirtschaft zu ermitteln. Da die
                                                                  veraltet: Die Eigenkapitalsituation wie auch die Margen sind
Befragung dieses Jahr zum ersten Mal durchgeführt wurde,
                                                                  gegenwärtig noch komfortabel, womit die Schweizer Versiche-
haben wir uns entschlossen, die Startbasis mit den Ge-
                                                                  rungsgesellschaften jetzt noch aus einer Position der Stärke
schäftsleitungsmitgliedern der wichtigsten Versicherer zu
                                                                  agieren und die Geschäftsmodelle auf die Zukunft 2020 und
verifizieren und in einer umfangreichen Studie zu präsentie-
                                                                  danach ausrichten können.
ren.
                                                                  Diese Studie will Denkanstösse geben und aufzeigen, wie sich
In angeregten Diskussionen wurden die Antworten und
                                                                  Versicherungsunternehmen auf die neue Realität einstellen
Aussagen hinterfragt. Deshalb möchten wir uns bereits an
                                                                  können. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine spannende
dieser Stelle für die Offenheit bedanken, die wir in den
                                                                  Lektüre und freuen uns auf angeregte Diskussionen. Vorher-
Gesprächen erleben durften. Und auch dafür, dass sich so
                                                                  sagen können wir die Zukunft nicht – wohl aber mitgestalten.
viele hochrangige Vertreter der Versicherungswirtschaft
unserer Diskussion gestellt haben. Die befragten Unternehmen
decken im Bereich Leben prämienmässig mehr als 90 % und
im Bereich Schaden knapp 70 % des Schweizer Marktes ab.

     Prof. Dr. Hans-Jürgen Wolter                  Prof. Dr. Andreas Blumer                        Thomas Brotzer
       Ernst & Young AG, Partner                    Lehrbeauftragter an der                   Ernst & Young AG, Partner
        Leiter Aktuariat Schweiz                      Universität St.Gallen                 Leiter Versicherungen Schweiz

                                                                                               EY Versicherungsbarometer 2014 |   3
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
2 Einleitung

Das Versicherungsgeschäft galt lange Zeit als planbares        Einnahmequellen, was den Druck auf die Steuerquote und
Geschäft. Heute sind Wirtschaft und Gesellschaft aber von      Steuertransparenz steigen lässt. Regulatorische Vorschriften
nachhaltigen Veränderungen geprägt. Dies ändert die            machen die in früheren Jahren erfolgte Deregulierung
Rahmenbedingungen für die Versicherungsunternehmen             rückgängig und schränken den Handlungsspielraum der
fundamental:                                                   Versicherungen ein. Zudem hat die Tiefzinspolitik ein-
                                                               schneidende Auswirkungen auf die Anlagemöglichkeiten
Eine der stärksten Veränderungen dieses Jahrhunderts geht
                                                               von Versicherern und die Attraktivität von Versicherungs-
vom demographischen Wandel aus. Menschen werden älter,
                                                               produkten, gerade mit Blick auf das Niveau von möglichen
viele wichtige Industriestaaten, aber auch einige Schwellen-
                                                               Zinsgarantien. Dadurch steigt der Anteil des Kostenblocks.
länder verzeichnen einen Geburtenrückgang, zudem beginnt
die Generation der Babyboomer das Rentenalter zu erreichen.    Internet und soziale Medien bringen Menschen zusammen.
Rentensysteme stossen an die Grenze ihrer Finanzierbarkeit     Deutlich mehr Informationen sind rascher verfügbar, die
und Diskussionen über die Solidarität zwischen Generationen    Transparenz wächst, physische Kontakte werden durch
gewinnen an Bedeutung. Zunehmende private Vorsorge, auch       virtuelle ersetzt. Dies beeinflusst das Konsumverhalten. Die
über Pflegeversicherungen und andere neue Lösungen, wird       Preissensibilität wächst, der Druck auf die Margen steigt.
unumgänglich sein.                                             Kunden informieren sich vermehrt online, auch wenn Versi-
                                                               cherungsgeschäfte mehrheitlich noch immer offline über die
Wie lange die Folgen der Finanz- und Staatsschuldenkrise zu
                                                               traditionellen Vertriebskanäle abgeschlossen werden.
spüren sind und ob diese schon vollends ausgestanden ist,
                                                               Dadurch werden die Beziehungen zwischen Versicherungen
bleibt ungewiss. Zentralbanken halten derzeit an ihrer
                                                               und ihren Kunden neu gestaltet.
Tiefzinspolitik fest, Staaten suchen nach zusätzlichen

   4   | EY Versicherungsbarometer 2014
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
Die Veränderungen sind Teil eines generellen Wertewandels.          Komplexität. Unsicherheiten gepaart mit der erwähnten
Der makro- und sozioökonomische Rahmen verändert sich.              Volatilität erhöhen die Komplexität der versicherungstechni-
Dabei verläuft der Übergang nicht geordnet; vielmehr handelt        schen Modelle wie auch der gesamten Prozesskette. Die
es sich um einen durch Instabilität gekennzeichneten Um-            Komplexität erhöht sich auch durch die Notwendigkeit einer
bruch. Diese Periode – die neue Realität – ist durch Volatilität,   Multi-Channel-Vertriebsstrategie und massgeschneiderten
Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUKA1) gekenn-            Produkten. Die Regulierung verlangt zusätzliche Sicherheiten
zeichnet:                                                           und Validierungen von Annahmen und fordert mehr Transpa-
                                                                    renz. Auch die produkt- und vertriebsseitigen Anpassungen
Volatilität. Vordergründig ist das Versicherungsgeschäft
                                                                    an die neue Realität erhöhen die Komplexität der Geschäfts-
stabil. Das Prämienvolumen entwickelt sich über die
                                                                    prozesse wie auch das immer grösser werdende Anlageuni-
Zeit – mit einigen Ausnahmen, beispielsweise im Lebens-
                                                                    versum.
versicherungsgeschäft – relativ stetig. Eine hohe Volatilität
weisen hingegen das Finanzergebnis und die ökonomischen             Ambiguität. Die Trends, die den Versicherungsmarkt in den
Bilanzen auf, vor allem im Lebensversicherungsgeschäft.             vergangenen Jahren in hoher Folge erfasst haben, wirken in
Ursache dafür sind die Entwicklungen an den Kapital-                unterschiedliche Richtungen. Eine eindeutige Projektion der
märkten. Ein rascher Zinsanstieg oder eine weitere                  Zukunft ist unmöglich. Der Mehrdeutigkeit der neuen Realität
Reduktion der aktuellen Zinsen (allenfalls sogar Negativ-           begegnet die Versicherungswirtschaft mit Szenarien zur
zinsen) haben einen erheblichen Einfluss auf die finanzielle        finanziellen, strategischen und politischen Dimension.
Situation der Versicherer. Auch Bewegungen an den
Aktien- und Immobilienmärkten erhöhen die Volatilität
der Ergebnisse der Versicherungsunternehmen.

Unsicherheit. Die Versicherer übernehmen Risiken
der gesamten Volkswirtschaft. In diesem Sinn gehören
Unsicherheiten zum Kerngeschäft der Versicherungs-
wirtschaft. Die aktuariellen Modelle zur Bewertung dieser
Risiken basieren auf vielen Annahmen zu versicherungs-
technischen Unsicherheiten. Zudem ist die Lebensversiche-
rungswirtschaft mit zusätzlichen politischen Unsicherheiten
konfrontiert. Entscheide zur steuerlichen Förderung von
Einzellebensversicherungspolicen oder ein Umbau der
1. und 2. Säule hätten einschneidende Konsequenzen.
Weiter beschäftigt sich die Versicherungswirtschaft mit
Unsicherheiten, die in neuen Technologien und dem
veränderten Kundenverhalten begründet sind.

                                                                                                EY Versicherungsbarometer 2014 |   5
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
Aufbau der Studie                                                 Am Anfang der Studie stehen die Herausforderungen, mit
                                                                  welchen Versicherer bis 2020 rechnen. Diese werden in
Ausgangspunkt der Studie bildet ein von EY und dem Institut       Kapitel 3 diskutiert. Der Handlungsbedarf, der sich daraus auf
für Accounting, Controlling und Auditing der Universität          Unternehmensstufe ergibt, wird in Kapitel 4 erörtert. Im Fazit
St.Gallen entwickelter Fragebogen. Repräsentanten von             in Kapitel 5 werden die Aussagen der Versicherer überprüft.
11 verschiedenen Schweizer Versicherern haben an der
Studie teilgenommen (siehe Kapitel 6). Mit Einbezug von
                                                                                           Befragte Unternehmen
                                                                                              Befragte Unternehmen
Konzern- und Ländergesellschaften wurden 14 Gesellschaften
befragt. Der Schwerpunkt dieser Unternehmen (Nicht-Leben
                                                                                 10 %
oder Leben) ist relativ ausgewogen; Rückversicherer wurden
in die Studie nicht mit einbezogen. Neun der zehn grössten
                                                                                                                                Leben
                                                                                                                                 leben
Versicherungsunternehmen konnten für die Studie gewonnen
                                                                                                                                Überwiegend
                                                                                                                                überwiegend Leben
                                                                                                                                            leben
werden. Die befragten Unternehmen decken im Bereich                   30 %                              50 %
                                                                                                                                Nicht-Leben
Leben mehr als 90 %, im Bereich Schaden knapp 70 % des                                                                          nicht-leben
Marktes (ohne Krankenversicherer) ab. Dies zeigt auch die                                                                       Überwiegend
                                                                                                                                überwiegend Nicht-Leben
                                                                                                                                            nicht-leben
hohe Konzentration, die der Schweizer Versicherungsmarkt
aufweist. Die Studienergebnisse spiegeln damit die massge-                       10 %
benden Kräfte des Marktes sehr genau.

Die Studie ist dieses Jahr zum ersten Mal durchgeführt
                                                                                                                    Schaden- und Lebenprämien (in CHF Mrd.)
worden; die Befragung fand im Frühling und Sommer 2014
statt. Deshalb wurden im Anschluss an die Auswertung des 40
schriftlichen Fragebogens persönliche Gespräche mit den     35
CEOs und anderen Mitgliedern der Geschäftsleitung durchge- 30
führt, um Themen zu vertiefen und die Zukunft der Versiche-
rungswirtschaft zu erörtern. Der eher nahe Zeitpunkt 2020 25
wurde bewusst gewählt, um möglichst konkrete und realitäts- 20
nahe Entwicklungen im Versicherungsgeschäft aufzuspüren. 15
Die zahlreichen qualitativen Erkenntnisse aus den Gesprächen
                                                            10
begründen und ergänzen die quantitativen Ergebnisse.
                                                              5

                                                              0
                                                                   1996

                                                                          1997

                                                                                 1998

                                                                                        1999

                                                                                               2000

                                                                                                      2001

                                                                                                             2002

                                                                                                                      2003

                                                                                                                              2004

                                                                                                                                      2005

                                                                                                                                              2006

                                                                                                                                                      2007

                                                                                                                                                              2008

                                                                                                                                                                      2009

                                                                                                                                                                              2010

                                                                                                                                                                                      2011

                                                                                                         Einzel- und Kollektivprämien (in CHF Mrd.)

                                                           30

                                                           25

                                                           20

                                                           15

                                                           10

                                                              5

                                                              0
                                                                   1996

                                                                          1997

                                                                                 1998

                                                                                        1999

                                                                                               2000

                                                                                                      2001

                                                                                                             2002

                                                                                                                     2003

                                                                                                                             2004

                                                                                                                                     2005

                                                                                                                                             2006

                                                                                                                                                     2007

                                                                                                                                                             2008

                                                                                                                                                                     2009

                                                                                                                                                                             2010

                                                                                                                                                                                     2011

                                                                                                                                                                                             2012

   6   | EY Versicherungsbarometer 2014
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
EY Versicherungsbarometer 2014 |   7
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
Der Schweizer Versicherungsmarkt
Für die Schweizer Volkswirtschaft ist die Versicherungs-                                       gestiegen.5 Die Nicht-Lebenversicherungen erfahren
branche von grosser Bedeutung. Die Bruttowertschöpfung                                         typischerweise weniger Prämienschwankungen. Die Palette
lag 2013 bei CHF 28,3 Mrd., rund 4,7 % des Bruttoinland-                                       der offerierten Produkte im Retailgeschäft ist konstanter als
produkts.2 Die Lebens- und Schadenversicherer nahmen                                           im vergleichbaren (Einzel-)Lebengeschäft und unterliegt
im letzten Jahr in der Schweiz CHF 79,7 Mrd. Prämien ein,                                      weniger ökonomischen Schwankungen. Ausschläge auf der
im Ausland erzielten die Unternehmen zusätzlich                                                Schadenseite etwa durch Elementarschäden beeinflussen
CHF 77,7 Mrd. Gemessen am Schweizer Prämienvolumen                                             zwar das Ergebnis, haben aber kaum einen Einfluss auf die
ist die AXA mit CHF 12,1 Mrd. das grösste Schweizer                                            Prämien. Diese wachsen in etwa mit den versicherten Werten.
Versicherungsunternehmen.Befragte
                              3       Unternehmen
                                Der Schweizer Versiche-                                        Ebenso ist der Preiswettbewerb derzeit noch weniger stark
rungsmarkt zeichnet sich durch die höchste Versicherungs-                                      ausgeprägt.
dichte weltweit aus: Im10Jahr
                          %   2013 beliefen sich die Prämien
                                                                 Anders das Lebengeschäft: Hier übertrafen die Prämien 2013
pro Einwohner auf rund CHF 7‘330, vor den Niederlanden
                                                                 mit CHF 32,7 Mrd. gerade das Niveau vom Jahr 2000. Die
und Dänemark mit weniger als CHF 6‘000.4           leben
                                                                 Gesamtergebnisse in diesem Bereich sind in den vergangenen
                                                  überwiegend leben
Der Schweizer Versicherungsmarkt
               30 %                gilt
                                    50 %grösstenteils als        Jahren zum grossen Teil durch das gute Kollektivlebengeschäft
                                                  nicht-leben
gesättigt und wird daher als anspruchsvoll bezeichnet.           getrieben, das allein im Jahr 2013 um 7,9 % wuchs, vor allem
In der Nicht-Lebenversicherung sind die insgesamtüberwiegend
                                                    verein- nicht-leben
                                                                 aufgrund von Vollversicherungslösungen. In der Schweiz
nahmten Prämien über die letzten 15 Jahre kontinuierlich         entscheidet sich nach wie vor jeder zweite Arbeitgeber für die
                              10 %

                                                            Nicht-Leben- und Lebenprämien (in CHF Mrd.)
                                                             Schaden- und Lebenprämien (in CHF Mrd.)
         40

         35

         30

         25

         20                                                                                                                                             Nicht-Lebenprämien
                                                                                                                                               schadenprämie
         15                                                                                                                                             Lebenprämien
                                                                                                                                               lebenprämien

         10

          5

          0
                1996

                       1997

                              1998

                                     1999

                                            2000

                                                   2001

                                                          2002

                                                                 2003

                                                                        2004

                                                                               2005

                                                                                      2006

                                                                                             2007

                                                                                                    2008

                                                                                                           2009

                                                                                                                  2010

                                                                                                                         2011

                                                                                                                                2012

                                                                                                                                       2013

Quelle: FINMA                                         Einzel- und Kollektivprämien (in CHF Mrd.)

         30

         25

   8     20 Versicherungsbarometer 2014
       | EY

         15                                                                                                                                   einzelleben
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
Befragte Unternehmen

                              10 %

                                                                               leben
                                                                               überwiegend leben
                   30 %                              50 %
                                                                               nicht-leben
                                                                               überwiegend nicht-leben
Sicherheiten des Vollversicherungsmodells. Allerdings              angesichts herrschender Unsicherheiten und tiefer Zinsen
handelt es sich hierbei 10
                        weniger
                           %    um eigentliches Wachstum,          gefragt, was allerdings aus Sicht der Versicherungsgesell-
sondern vielmehr um eine Umschichtung von den autonomen            schaften sehr kapitalintensiv ist. Bei den Einzellebensver-
Pensionskassen der 2. Säule zum Versicherungssektor.               sicherungen wächst das Geschäft im Moment nur noch im
Die Entwicklung im Kollektivlebengeschäft     kompensiert
                                           Schaden-                Bereich
                                                    und Lebenprämien         der traditionellen Kapitalversicherungen. Alle
                                                                     (in CHF Mrd.)
das eher40schwache Einzellebengeschäft, das von den                anderen Bereiche sind rückläufig – obwohl die Versiche-
tiefen Zinsen und einer geringeren Sparquote der jünge-            rungswirtschaft innovative hybride Produkte offeriert.
         35
ren Generation betroffen ist. Einmalprämien bei Einzelle-          Diese bestehen aus einer Kombination von traditionellen
bensversicherungen
         30           gingen im Vergleich zum Vorjahr um           und fondsgebundenen Produkten und verlangen weniger
7,5 % zurück.
         25    Zwar herrschen in der Schweiz noch keine            Eigenkapitalunterlegung.
Verhältnisse wie in Deutschland, wo 7 von 90 Lebensversi-
         20                                                                                          schadenprämie
cherern das Neugeschäft einstellen oder stark einschrän-
         15 6                                                                                        lebenprämien
ken wollen. Die Einzellebensversicherung ist mit rund
CHF 5,49 10 Mrd. Bruttoprämieneinnahmen im Jahr 2013
jedoch auf 5 dem tiefsten Stand seit über 15 Jahren.
Allgemein ist die Lage im Lebensversicherungsgeschäft
           0
kritisch: Implizite und explizite Garantien sind von Kunden
                1996

                       1997

                              1998

                                     1999

                                            2000

                                                   2001

                                                          2002

                                                                 2003

                                                                         2004

                                                                                  2005

                                                                                          2006

                                                                                                  2007

                                                                                                          2008

                                                                                                                  2009

                                                                                                                          2010

                                                                                                                                  2011

                                                                                                                                           2012

                                                                                                                                                    2013

                                                      Einzel- undund
                                                          Einzel- Kollektivprämien  (in CHF(in
                                                                     Kollektivlebenprämien  Mrd.)
                                                                                               CHF Mrd.)

        30

        25

        20

        15                                                                                                                                                              Einzellebenprämien
                                                                                                                                                               einzelleben
                                                                                                                                                                         Kollektivlebenprämien
                                                                                                                                                               kollektivleben
        10

          5

          0
                1996

                       1997

                              1998

                                     1999

                                            2000

                                                   2001

                                                          2002

                                                                 2003

                                                                        2004

                                                                                 2005

                                                                                         2006

                                                                                                 2007

                                                                                                         2008

                                                                                                                 2009

                                                                                                                         2010

                                                                                                                                 2011

                                                                                                                                         2012

                                                                                                                                                  2013

Quelle: FINMA

                                                                                                                                                           1

                                                                                                                                                           EY Versicherungsbarometer 2014 |      9
Versicherungsbarometer 2014 - Eine Studie von EY und der Universität St.Gallen über die Herausforderungen im Schweizer Versicherungsmarkt - EY ...
10   | EY Versicherungsbarometer 2014
3 Die grössten Heraus-
  forderungen bis 2020

                    EY Versicherungsbarometer 2014 |   11
Auf die Frage nach den grössten Herausforderungen aufgrund               DieDie
                                                                             grössten   Herausforderungen bis 2020
                                                                                grössten Herausforderungen bis 2020
externer Veränderungen bis 2020 nennen alle Befragten das
Thema Regulierung. Auch das Zinsumfeld und die demogra-
phische Entwicklung werden jeweils von mindestens der Hälfte                       Regulierung
                                                                                   regulierung                       100 %
der Befragten als massgebend betrachtet. Deutlich weniger
dringend werden Technologie und Kundenverhalten einge-
                                                                              Niedrigzinsumfeld
                                                                              niedrigzinsumfeld              64 %
stuft, was aufgrund der zunehmenden Digitalisierung
erstaunt.

Das Leben- und Nicht-Lebengeschäft wird von den Verände-            demographische Entwicklung
                                                                    Demographische entwicklung             50 %
rungen unterschiedlich beeinflusst. Die drei grössten
Herausforderungen betreffen vor allem Lebensversicherer.
Technologie und Kundenverhalten stehen im Nicht-Leben                              technologie
                                                                                   Technologie      21 %
im Vordergrund. Dies schlägt sich in der Diskussion nieder.
Werden einzelne Herausforderungen nicht explizit für das
                                                                              kundenverhalten
                                                                              Kundenverhalten      14 %
Leben- oder Nicht-Lebengeschäft genannt, heisst dies
allerdings nicht, dass sie in diesem Bereich keine Rolle spielen.

                                                                                  Die Finanz- und Staatsschuldenkrise wird noch mehr
                                                                                Regulierung zur Folge haben und die Handlungsfreiheit
                                                                                             Versicherungen einschränken

                                                                                            29 %

                                                                                                                  71 %

   12   | EY Versicherungsbarometer 2014
«Man hat sich in der Schweiz schon
                                                         sehr früh mit der Regulierung
                                                auseinandergesetzt. Das hat der ganzen
                                                                    Branche geholfen.»

Herausforderung 1: Regulierung – kein Ende in Sicht!

HINTERGRUND                                                       «Altersvorsorge 2020». Die garantierten Vorsorgeleistungen
                                                                  zu finanzieren stellt die Vorsorgewerke und die Lebensversi-
Als Teil des Finanzsektors sind auch die Versicherer nach der
                                                                  cherer vor grosse Herausforderungen. Die Mindestzinsen für
Finanz- und Staatsschuldenkrise von einer beispiellosen
                                                                  die Verzinsung der Altersguthaben und der Umwandlungssatz
Regulierungswelle erfasst worden. Aus regulatorischer Sicht
                                                                  im obligatorischen Bereich sind stark politisch getrieben und
stehen dabei die Stärkung der Eigenmittel, die Verbesserung
                                                                  vollumfänglich von der steigenden Lebenserwartung und dem
des Konsumentenschutzes sowie die Sicherung der Altersvor-
                                                                  aktuellen Tiefzinsumfeld entkoppelt. In der Konsequenz
sorge im Fokus.
                                                                  werden heute insbesondere die Rentenleistungen durch
Eigenmittel. Was die Verbesserung der Eigenkapitalfinanzie-       überhöhte Risikobeiträge der aktiven Generation quersubven-
rung betrifft, so sind im Versicherungssektor wesentliche         tioniert. Die Umverteilung wirft bis jetzt keine hohen Wellen,
Gesetzesänderungen und Regulierungen bereits Jahre vor            gemäss einer aktuellen EY-Studie zur beruflichen Vorsorge in
der letzten Finanzkrise im Jahr 2008 in Angriff genommen          der Schweiz äussern die Mitarbeitenden kaum Kritik an dieser
worden. In der Schweiz unter anderem mit der Revision des         Quersubventionierung.7 Mit der grossen Rentenreform will der
Versicherungsaufsichtsgesetzes, das per 1. Januar 2006 in         Bund die Finanzierung der Altersvorsorge in der Schweiz lang-
Kraft getreten ist, in Europa mit EU Solvency II. Der Schweizer   fristig sichern. Die Vernehmlassung des Entwurfs ist abge-
Solvenztest (SST) ist seit 2011 in Kraft, das europäische         schlossen, bis Ende 2014 will der Bundesrat dem Parlament
System EU Solvency II wird als risikobasierte Versicherungs-      die Botschaft vorlegen. Einige der vorgeschlagenen Massnah-
aufsicht nach wiederholten Verschiebungen voraussichtlich         men, unter anderem die Anpassung des Mindestumwand-
zum 1. Januar 2016 eingeführt. Seit 2011 ist die Berechnung       lungssatzes in der obligatorischen beruflichen Vorsorge oder
der Eigenmittelanforderungen gemäss dem SST für die               die Erhöhung der Überschussquote, beeinflussen unmittelbar
Schweizer Versicherer verbindlich. Die FINMA überwacht            das Geschäftsmodell der Versicherer. Dies kann die Rendite
diese Berechnung, bis heute werden aber nur Informationen         auf dem unterlegten Eigenkapital so weit schmälern, dass der
auf Markt- und nicht auf Unternehmensstufe publiziert. Die        eine oder andere Anbieter aus diesem Geschäft aussteigen
einzigen Angaben auf der Stufe einzelner Unternehmen              könnte.
stammen von den Versicherern selbst.

Konsumentenschutz. Die Regulierung fokussiert zunehmend
auf den Konsumentenschutz. Mit der EU-Gesetzgebung zur
Finanzmarktrichtlinie MiFID II stärkt die Europäische Union
dieses Anliegen; wesentlich sind zudem die Neufassung der
Richtlinie über die Versicherungsvermittlung (IMD II) sowie die
neue Verordnung über Basisinformationsblätter für Anlage-
produkte (Packaged Retail Investment Products – PRIPs). Die
Schweiz geht mit dem geplanten Finanzdienstleistungsgesetz
(FIDLEG), das in die Vernehmlassung geschickt wurde, in eine
ähnliche Richtung. Zudem ist damit zu rechnen, dass das
Versicherungsvertragsgesetz angepasst wird; es stammt aus
dem Jahr 1908 und entspricht nicht den heutigen Bedürfnis-
sen. Diese Revision wurde 2012 an den Bundesrat zurückge-
wiesen, der nun an einer (weiteren) Teilrevision arbeitet.

                                                                                               EY Versicherungsbarometer 2014 |   13
«Das ideale Kapital gibt es nicht.»

Die grössten Herausforderungen bis 2020

          regulierung                        100 %

    niedrigzinsumfeld                 64 %

raphische entwicklung              50 %

           MARKTEINSCHÄTZUNG                                                    Eigenmittel. Für rund die Hälfte der Versicherer ist der
                                                                                Prozess des Eigenmittelaufbaus noch nicht abgeschlossen.
         technologie
          Alle Befragten sehen
                           21 % in der Regulierung die grösste Heraus-
                                                                                Nur 21 % der Befragten sehen definitiv keinen Bedarf mehr.
          forderung. Die Diskussion zeigt, dass es sich dabei weniger
                                                                                Diese Aussage hat Gewicht, zumal die Ergebnisse des
          um ein Zukunftsthema handelt als um eine aus der Vergan-
     kundenverhalten      14 % Aufgabe. Im Vordergrund stehen dabei             Solvenztests bis dato nicht pro Versicherer veröffentlicht
          genheit resultierende
                                                                                werden. Darüber, wie die betroffenen Unternehmen ihre
          bestehende und geplante Vorschriften hinsichtlich Eigenmittel,
                                                                                eigenen Mittel aufstocken wollen, legen sich die Befragten
          Konsumentenschutz und Altersvorsorge, weiter die Relevanz
                                                                                nicht fest. Grundsätzlich kommt eine Kapitalerhöhung durch
          von Systemrisiken im Versicherungsmarkt sowie der Umgang
                                                                                Einbehaltung von Gewinnen oder durch Kapitalzufluss von
          der Versicherer mit den wachsenden Regulierungskosten.
                                                                                aussen infrage; die Unternehmen bauen auch das Geschäfts-
                                                                                modell um und reduzieren die Bilanzrisiken, oder sie kaufen
       Die Finanz-   und Staatsschuldenkrise
               Die Finanz- und Staatsschuldenkrisewird
                                                   wird noch  mehr
                                                        noch mehr               eine zusätzliche Rückversicherungsdeckung ein. Bereits
     Regulierung  zur Folge
            Regulierung      haben
                        zur Folge    undund
                                  haben   diedie
                                               Handlungsfreiheit     für
                                                 Handlungsfreiheit für          2011 hatte eine EY-Umfrage gezeigt, dass die Einführung
                    Versicherungen     einschränken
                          Versicherungen einschränken.                          des Solvenztests  zu einer zusätzlichen Nachfrage  nach
                                                                                Unser  Unternehmen    ist aufgrund  der neuen Regulierung  zu einem
                                                                                Rückversicherungskapazität    führen wird.8
                                                                                                   Eigenmittelaufbau gezwungen

                                                       Stimme voll zu               Unser Unternehmen ist aufgrund der neuen Regulierung zu
                   29 %                                Stimme eher zu
                                                                                       einem zusätzlichen Eigenmittelaufbau gezwungen.

                                                                        stimme voll zu
                                                                        stimme eher zu
                                                                                          21 %
                                                                                                                            Stimme voll zu
                                                                                                              36 %          Stimme eher zu    stimme voll zu
                                          71 %
                                                                                                                            Stimme eher nicht zu
                                                                                                                                              stimme eher zu
                                                                                                                            Stimme überhaupt stimme eher nicht z
                                                                                                                            nicht zu
                                                                                                                                              stimme überhaupt n
                                                                                         29 %

                                                                                                       14 %
           Die Experten sind sich einig, dass die Regulierungswelle
           weiter rollt und zusätzliche Vorschriften erlassen werden. Vor
           allem wegen des sich verschärfenden Niedrigzinsumfelds, der
           Zunahme des Konsumentenschutzes und der Konsequenzen
           aus der Reform der «Altersvorsorge 2020» befürchten sie              Konsumentenschutz. Die Befragten sind sich einig, dass die
           weitere Vorschriften. Auf längere Sicht erachten sie aber auch       Regulierung hinsichtlich des Konsumentenschutzes im
           eine Deregulierung als möglich – sie hoffen, dass sich das           Finanzsektor in den kommenden Jahren verschärft wird. Die
           Pendel der Regulierung irgendwann wieder zurückbewegt.               Europäische Union hat die neuen Vorschriften zum Konsu-
           Ist das realistisch oder basiert dies auf dem Prinzip Hoffnung?      mentenschutz im Finanzsektor mit der Richtlinie über Märkte
           Obwohl die Regulierung die meistgenannte Herausforderung             für Finanzinstrumente (MiFID II) bereits verabschiedet. Die
           ist, wird die Umsetzung der immer neuen Regulierungen                Experten stehen einer ausufernden Dokumentationspflicht
           bereits als «business as usual» wahrgenommen.                        (z.B. einem verpflichtenden Beratungsprotokoll MiFID II) und
                                                                                einer Informationspflicht (dem Erstellen eines Key Investor
                                                                                Documents wie in der PRIPs-Verordnung) kritisch gegenüber.
                                                                                                 2

              14   | EY Versicherungsbarometer 2014
Sie begründen dies damit, dass sich Versicherungsprodukte    «Altersvorsorge 2020». Die Experten sehen das grundlegende
grundlegend von anderen Anlageprodukten unterscheiden.       Problem im Bereich der Vorsorgeleistungen weniger im
Die Europäische Union trägt dieser Tatsache Rechnung und     Geschäft selbst, als vielmehr im politischen Umfeld und in den
nimmt die Versicherungsprodukte von MiFID II aus; der        Erwartungen der Kunden. Politik wie auch Kunden müssen
Konsumentenschutz wird durch eine Anpassung der              sich den Realitäten des Finanzmarktes stellen. Als Beispiel
EU-Richtlinie über die Versicherungsvermittlung (IMD)        wird häufig der BVG-Umwandlungssatz genannt. Dieser liegt
verbessert.                                                  «ökonomisch grundlegend falsch». Der Bevölkerung muss
                                                             klargemacht werden, dass eine Senkung unumgänglich ist.
Der Bundesrat hat im Frühsommer das Pendant – das
                                                             Eine umfassende Reform der Altersvorsorge halten die
Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) – in die Vernehm-
                                                             Befragten für richtig. Die Aussagen decken sich mit jenen des
lassung geschickt. Im Unterschied zum EU-Konzept sind
                                                             SVV, der es als notwendig und dringend erachtet, die ökono-
gemäss dem Vernehmlassungsentwurf die rückkaufsfähigen
                                                             mischen Rahmenbedingungen anzupassen. Auch die Garantie
Versicherungen ebenfalls dem FIDLEG unterstellt. Diese
                                                             der Versicherer im Vollversicherungsmodell ist entsprechend
Unterstellung wird durch die Experten kritisch betrachtet.
                                                             zu entschädigen. Eine Erhöhung der Legal Quote (Anteil der
Diese Kritik am FIDLEG deckt sich mit der Haltung des
                                                             in der beruflichen Vorsorge erwirtschafteten Überschüsse,
Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV). Dieser
                                                             die den Versicherten gutgeschrieben werden müssen) von
sieht keinen Bedarf, die Versicherungsbranche (Versi-
                                                             heute 90 auf bspw. 92 % wäre in diesem Sinne falsch.10
cherer und Versicherungsvermittler) dem FIDLEG zu
                                                             Dadurch werden die Versicherer noch stärker belastet, indem
unterstellen.9 Allfällige Anpassungen müssten mittels
                                                             die Verzinsung des Eigenkapitals übermässig reduziert wird.
einer Revision des über 100 Jahre alten Versicherungs-
                                                             Einige Unternehmen gehen noch weiter und sagen, dass sie
vertragsgesetzes (VVG) erfolgen. Durch das Versiche-
                                                             bei einer Änderung der Legal Quote aus dem BVG-Geschäft
rungsaufsichtsgesetz (VAG) mit dazugehöriger Verord-
                                                             aussteigen müssten.
nung und das VVG bestehe bereits heute ein hoher
Kundenschutz, sowohl seitens der Produktgestaltung als       Bei anhaltend tiefen Zinsen könnten die Versicherer ihre
auch im Vertrieb, weshalb grundsätzlich kein hoher           Anlagestrategie überdenken und sich überlegen, zusätzliche
Anpassungsdruck vorhanden sei.                               Risiken einzugehen. Wegen der zusätzlichen Solvenzan-
                                                             forderungen, die damit verbunden wären, sind die ökono-
                                                             mischen Anreize für die Versicherer allerdings begrenzt.
                                                             Zudem bestehen bei gewissen Anlagekategorien wesentliche
                                                             Einschränkungen. So sind etwa Anlagen in langfristige
                                                             Infrastrukturprojekte geradezu ideal für Versicherungsge-
                                                             sellschaften, sie werden aber u.a. durch die Anforderun-
                                                             gen an das gebundene Vermögen stark eingeschränkt.

                                                                                          EY Versicherungsbarometer 2014 |   15
Im klassischen Versicherungsgeschäft kann ich kein syste
                                                                                              Risiko erkennen, das mit dem des Bankgeschäfts vergle
                                                                                                                          wäre
          «Korrelationen kommen meistens nie so,
          wie man gemeint hat.»                                                                              14 %

                                                                                                                                                            st
                                                                                                                                43 %
                                                                                                                                                            st
          Systemische Risiken. Im Juli 2013 haben das Financial               Regulierungskosten. Die Regulierung stellt nicht nur inhaltlich,
                                                                                                                                                            st
          Stability Board (FSB) und die International Association of          sondern auch aus Kostensicht weiterhin eine Herausforderung
          Insurance Supervisors (IAIS) eine Liste von neun Global             dar. Die Befragten bestätigen
                                                                                                         43 % einen Mehraufwand, allerdings
          Systemically Important Insurers (G-SII) veröffentlicht.             ist dieser nicht exorbitant. Wie reagieren die Versicherer
          Zwei der weltweit grössten Versicherungsunternehmen,                darauf? Werden die Kosten etwa durch Prämienerhöhungen
          die zudem potenziell als systemrelevant eingestuft werden,          auf die Kunden abgewälzt?
          haben ihren Sitz in der Schweiz.11 Diese Einstufung erach-
          ten die meisten Experten als ungerechtfertigt. 86 %
                                                                                              Die Verschärfung der Regulierung
                                                                                 Die Verschärfung der Regulierung
                                                                                         verursacht               verursacht
                                                                                                      höhere Kosten.    Wie höhere Kosten.
                                                                                                                             reagieren
          sehen auch im klassischen Versicherungsgeschäft keine                                      Wie reagieren Sie?
                                                                                                              Sie?
          mit dem Bankgeschäft vergleichbaren systemischen
          Risiken. Die Ansteckungsgefahr (contagion risk) ist
                                                                                     Prozessoptimierung
                                                                                   prozessoptimierungen                             86 %
          zwischen Versicherungsunternehmen deutlich geringer,
          anders als bei Banken, die durch das Interbankgeschäft
                                                                                    Personalreduzierung
                                                                                  personalreduzierungen                  57 %
          viel stärker vernetzt sind. Ausserdem verfügt die Versiche-
          rungsbranche über deutlich mehr Liquidität und eine höhere                  Volumenwachstum
                                                                                      volumenwachstum             36 %
          Diversifikation. Allenfalls könnten Grossereignisse wie
          Naturkatastrophen einen makroökonomischen Schock                                   Outsourcing
                                                                                             outsourcing       29 %
          auslösen und zu Solvenzproblemen für einzelne Versiche-
                                                                                        Eröffnung neuer
                                                                                        eröffnung neuer
          rer führen. Die Risikostreuung mittels Rückversicherungs-                     geschäftsfelder
                                                                                         Geschäftsfelder
                                                                                                               29 %
          netzwerk reduziert eine systemische Konzentration.
          Selbstverständlich hätte der Ausfall eines grossen                        prämienerhöhungen
                                                                                    Prämienerhöhungen      14 %
          Versicherers erhebliche Folgen für die Schweizer Volks-
          wirtschaft, allein schon im BVG-Geschäft. Dies wird
          jedoch nicht unter Systemrisiko im engeren Sinne                                     Ein langfristiges
                                                                               Prämienerhöhungen      sind im UrteilNiedrigzinsumfeld   wäre
                                                                                                                     der Befragten so gut wie für unser
          verstanden.                                                                                           Geschäft    bedrohlich
                                                                               ausgeschlossen. Gerade im Lebengeschäft sind diese am
    Im klassischen Versicherungsgeschäft kann ich kein systemisches            Markt nicht durchsetzbar. Stattdessen versuchen die Versi-
      RisikoIm
             erkennen,
               klassischendas  mit dem des Bankgeschäfts
                           Versicherungsgeschäft                vergleichbar cherer mit Prozessanpassungen und Personalreduktionen die
                                                  kann ich kein systemi-
                                       wäre
               sches Risiko erkennen, das mit dem des Bankgeschäfts
                                 vergleichbar wäre.
                                                                               Kosten zu senken. Potenzial besteht, weil in diesem Bereich
                                                                               der Handlungsdruck über 14 %Jahre verhältnismässig gering war:
                                                                                                                      22 %
                                                                               Hinsichtlich Industrialisierung hinken die Versicherer anderen
                      14 %                                                     Branchen hinterher (siehe Kapitel 4: Zentrale Handlungsfel-
                                                                                                                                                stimme voll zu
                                                                               der). Die Verbesserungen möchten die Unternehmen aber
                                                                               möglichst
                                                       Stimme voll zu stimme voll zu      selbst in die Hand nehmen. Outsourcing wird eher stimme eher zu
                                         43 %
                                                                               kritisch
                                                       Stimme eher zu stimme eher  zu betrachtet. Die Geschäftsmodelle werden nicht
                                                                                                                                                stimme eher nic
                                                       Stimme eher nicht zu    grundlegend neu überdacht.
                                                                     stimme eher nicht zu
                                                                                                      64 %
                                                                              Trotz der allgemeinen Sättigung des Schweizer Marktes sehen
                    43 %
                                                                              einige Teilnehmer auch Möglichkeiten des Volumenwachs-
                                                                              tums. Dies insbesondere im Lebensversicherungsbereich, wo
                                                                              einerseits Vermögenswerte vom Bankensektor in den
                                                                              Versicherungssektor umgeschichtet werden können und
        DieRisiken
            Verschärfung    der aufgrund
                                Regulierung                                   andererseits der Versicherungssektor weiterhin von Um-
                   werden auch           einer Kanalisierung im Anlage-
   verursacht    höhere   Kosten. Wie reagieren                               schichtungen im BVG-Geschäft profitieren kann. Klar ist aber
           bereich erkannt: Zusammen mit den Anlagerichtlinien läuft
                        Sie?                                                  auch, dass profitables Wachstum in ansonsten gesättigten
           die Regulierung (v.a. SST) Gefahr, die Anlagestrategien der
                                                                              Märkten nur durch Differenzierung von den Konkurrenten
           einzelnen Unternehmen zu stark zu vereinheitlichen, was die
zessoptimierungen                            86 %                             möglich ist. Zudem besteht Potenzial in versicherungsnahen
           Blasenbildung verstärkt und die Diversifikationsmöglichkeiten
                                                                              Dienstleistungen.
           einschränkt .
                       12
onalreduzierungen                    57 %
           Grundsätzlich wird befürchtet, dass im Zeichen der
volumenwachstum            36 %
           Finanzkrise, insbesondere  in den Bereichen systemische
           Risiken und Konsumentenschutz, die Unterschiede zwischen
      outsourcing        29 %
           Versicherungsbranche    und Bankensektor nicht gebührend
  eröffnungberücksichtigt
             neuer         werden. Zudem droht die Verhältnismässig-
                         29 %
   geschäftsfelder
           keit zwischen Kosten und Nutzen der Regulierung in den
           Hintergrund
rämienerhöhungen     14 %zu rücken.

              16    | EY Versicherungsbarometer 2014

       Ein langfristiges Niedrigzinsumfeld wäre für unser
                       Geschäft bedrohlich
Im klassischen Versicherungsgeschäft kann ich kein systemische
                                                                         Risiko erkennen, das mit dem des Bankgeschäfts vergleichbar
                                                                                                     wäre
                                                                                   «Die Margen in vielen
                                                                           Versicherungsprodukten
                                                                                  14 %              sind
                                                                             noch immer komfortabel.» stimme vol
                                                                                                             43 %
                                                                                                                                             stimme ehe

Herausforderung 2: Niedrigzins- und Kapitalmarktumfeld oder: Wie sieht eine Versicherung                                                     stimme ehe

ohne Rendite aus?                                       43 %

HINTERGRUND                                                           MARKTEINSCHÄTZUNG

Die Nachwirkung der Finanzkrise in Form von Tiefstzinsen              Zwei Drittel der Experten sehen das Zinsumfeld als eine der
stellt für das Lebengeschäft nach wie vor eine Bedrohung dar. grössten          Herausforderungen.
                                                                          Die Verschärfung              In der Diskussion wird die
                                                                                                der Regulierung
Schon vor Jahren wiesen Marktbeobachter darauf hin, dass              Diskrepanz deutlich
                                                                     verursacht    höhere zwischen
                                                                                             Kosten. Wieden reagieren
                                                                                                             veränderten Kundenbe-
anhaltende Zinsen auf rekordtiefem Niveau «das Ende der               dürfnissen und den Sie?
                                                                                            Optionen der Anbieter, auf die tiefen
eingesetzten Geschäftsmodelle in der Lebensversicherung»              Zinsen zu reagieren.
bedeuten könnten.13 Bei anhaltenden Niedrigzinsen besteht    prozessoptimierungen                                 86 %stellen für die
                                                                      Herausforderungen. Die niedrigen Zinsen
die Gefahr für die Lebensversicherer insbesondere darin, dass
                                                                      Versicherer nach wie vor eine Gefahr dar. Keiner der Befrag-
die durchschnittliche Rendite schneller sinkt als die Garantien
                                                            personalreduzierungen                       57 %
                                                                      ten schliesst aus, dass dadurch das bisherige Lebensversi-
im Bestand. Es gilt zu berücksichtigen, dass die Lebensversi-
                                                                      cherungsmodell langfristig      bedroht sein könnte. Noch sind
cherer rund die Hälfte ihres Portfolios (53 %) in festverzinsli- volumenwachstum              36 %
                                                                      die realisierten  Renditen    nicht  unter die zu leistenden
che Anlagen investiert haben.14
                                                                      Garantien   gefallen,
                                                                        outsourcing          weil
                                                                                            29 %  die  Versicherer  von höher verzins-
Das Zinsniveau beeinflusst auch die Attraktivität von                 ten Altanlagen profitieren. Die Gefahr beginnt sich aber
                                                                   eröffnung neuer
Kapitalschutzprodukten. Die Eigenmittelvorschriften des               teilweise zu materialisieren,
                                                                    geschäftsfelder
                                                                                            29 %       wenn die Aktiven wieder und
Schweizer Solvenztests führen dazu, dass der Eigenmittel-             neu angelegt werden müssen. Einige Befragte weisen auch
bedarf bei tiefen Zinsen überproportional zum Garantielevel    prämienerhöhungen
                                                                      darauf hin, dass14   %
                                                                                         Lebensversicherungen       als Finanzprodukt
steigt. Dies kontrastiert mit den Bedürfnissen der Kunden,            angesehen werden und das Sparen in einem Niedrigzinsum-
die nach der Finanzkrise sichere Anlagen bevorzugen.                  feld generell an Attraktivität verliert.
Weiter erschwert das Zinsumfeld, die in der Vergangenheit
                                                                          Ein langfristiges Niedrigzinsumfeld wäre für unser
geweckten Renditeerwartungen der Kunden zu erfüllen. In                                      Geschäft    bedrohlich
                                                                              Ein langfristiges Niedrigzinsumfeld  wäre für unser
den 1990er-Jahren begannen die Versicherer damit, das
                                                                                              Geschäft bedrohlich.
Finanzmarktumfeld für die Lancierung renditegetriebener
Sparprodukte zu nutzen. Diese Angebote haben das Bewusst-
sein verankert, dass Versicherer zu den biometrischen                            14 %
Risiken (u.a. Langlebigkeit, Invalidität und Tod) auch                                            22 %
                                                                                                                     Stimme voll zu
Zinsgarantien übernehmen. Das Tiefzinsumfeld zwingt nun
                                                                                                                     Stimme eher zu
die Versicherer zu einem Spagat, den Versicherungsgedan-                                                                      stimme voll zu
                                                                                                                     Stimme eher nicht zu
ken aufrechtzuerhalten und gleichzeitig eine angemessene                                                                      stimme eher zu
Rendite zu erzielen.
                                                                                                                             stimme eher nicht zu
Das Nicht-Lebengeschäft ist von Tiefzinsen und den damit
verbundenen Herausforderungen weniger stark betroffen.                             64 %
Anders als in den 1980er- und 1990er-Jahren hat das
Finanzergebnis an Bedeutung verloren, dies aufgrund der
verbesserten Schaden-Kosten-Quote (combined ratio).
Allerdings sind die Erträge auf das Finanzanlagevermögen
                                                                      Als Ausweg sehen die Experten vor allem die Anpassung
immer noch ein wesentlicher Ertragspfeiler.
                                                                      der Produkte – wobei sowohl die Angebotspalette als auch
                                                                      das Pricing zu überdenken sind. Die Versicherer räumen
                                                                      ein, dass in der Branche über Jahre das sogenannte «cost
                                                                      plus»-Pricing angewendet wurde, wobei die Margen tech-
                                                                      nisch bestimmt wurden. Gerade jüngere und preissensitive
                                                                      Kunden akzeptieren dieses Vorgehen nicht mehr; sie sind
                                                                      besser informiert, stellen vermehrt Vergleiche an. Neu
                                                                      sollten sich der Preis und damit der Kostenzuschlag an der
                                                                      Zahlungsbereitschaft der Kunden orientieren. Falls dies bei
                                                                      Produkten zu einem Verlust führt, müssen diese angepasst
                                                                      werden. Wie gross der Anpassungsbedarf für die Branche
                                                                      ist, zeigt sich etwa darin, dass die Zahlungsbereitschaft der
                                                                      Kunden – in anderen Branchen zentral für die Preisfestset-
                                                                      zung – in vielen Segmenten nur im Ansatz bekannt ist.15

                                                                                                     EY Versicherungsbarometer 2014 |   17
«Ist auch der Kunde volatil?»

                                                         Attraktivität aus Kundensicht

                                                   kapitalschutz                         100 %

                                                     tax benefits          43 %

                                             biometrische risiken       29 %
Was Kunden wollen. Welche Faktoren halten die Versicherer           Teurer Kapitalschutz. Im Niedrigzinsumfeld sind garantierte
aus Kundensicht für besonders attraktiv? Alle Befragten             Leistungen immer schwieriger zu finanzieren. Für neue
                                                mindestrendite          29 %
gehen davon aus, dass die Kunden den Fokus auf den                  Verträge müssen Garantieniveaus im Vergleich zur Vergan-
Kapitalschutz legen. Seit der Finanzkrise wird upside
                                                kundenseitig
                                                      potential
                                                                    genheit
                                                                      21 %
                                                                             niedriger angesetzt oder ganz aufgegeben werden.
grundsätzlich mehr Sicherheit gefordert. Im Gegenzug                Kann der Versicherer anbieten, was der Kunde verlangt? Wo
schwindet das Interesse an Produkten mit Mindestrendite             sehen Versicherer das optimale Level an Kapitalschutz?
oder solchen mit Upside. Die biometrischen Risiken spielen
für den Kunden eine untergeordnete Rolle. Dies zeigt, dassGegeben sind tiefe Zinssätze; welcher Level an Kapitalschutz
                                                                       Gegeben  sind tiefe Zinssätze. Welcher Leveldie
                                                                                                                    anoptimale
                                                                                                                       Kapitalschutz-
Lebensversicherungen primär als Kapitalanlagen mit garantiert aus Sicht       der Versicherungsgesellschaften
                                                                         garantiert aus Sicht der Versicherungsgesellschaften
                                                       Attraktivität eines  Versicherungsprodukts     mit 10-jähriger Laufzeit?die
attraktiver steuerlicher Privilegierung betrachtet werden.                optimale Attraktivität eines Versicherungsprodukts mit
Die Befragten weisen auf erhebliche Vorteile hin: Werden                                    10-jähriger Laufzeit?
zum Beispiel Obligationenportfolios in einer fondsgebunde-
                                                                                   7%
nen Lebensversicherung verpackt, spare der Kunde die
Einkommenssteuern.                                                                            21 %
                                                                                                                 80 %
                                                                                                                                    80%
Die Attraktivität dieser Produkte hängt massgeblich vom                                                          90 %
                                                                                                                                    90%
gesetzlichen Rahmen ab. Einige Befragte betonen, das                                                             100 %
Geschäft würde in kürzester Zeit wegbrechen, falls der                    43 %                                                      100%
                                                                                                                 110 %
Bundesrat die 3. Säule nicht mehr steuerlich privilegiert                                                                           110%
                                                                                                  29 %
behandeln würde. Weltweit halten es Marktbeobachter für
möglich, dass finanziell angeschlagene Staaten die Abschaf-
fung bzw. die Reduktion der steuerlichen Begünstigung von
Lebensversicherungen als einfaches Mittel nutzen könnten,
um Steuereinnahmen zu steigern. Für die Schweiz scheint
                                                                      Aus Angebotsperspektive ist ein möglichst niedriger Kapital-
dies allerdings noch kein Thema zu sein.
                                                                      schutz ideal. Dies deshalb, weil SST bzw. EU Solvency II
                                                                      deutlich mehr Eigenkapital für langfristige Risiken verlan-
                    Attraktivität aus
                    Attraktivität  ausKundensicht
                                        Kundensicht                   gen. So ist zu erklären, weshalb die Hälfte der Befragten
                                                                      ein Kapitalschutzlevel von weniger als 100 % als optimal
            Kapitalschutz
             kapitalschutz                          100 %             betrachtet. Interesse an einem geringen Kapitalschutz
                                                                      wird in erster Linie bei grösseren, vermögenderen Kunden
             Tax benefits
               tax benefits             43 %                          für denkbar gehalten, die über grösseres Fachwissen in
                                                                      Finanzfragen verfügen. Ob dies am Markt letztlich
    Biometrische
       biometrischeRisiken
                    risiken         29 %                              durchsetzbar ist, wird allerdings kritisch beurteilt. Aus
                                                                      psychologischen Gründen dürfe der Kapitalschutz im
          Mindestrendite
            mindestrendite          29 %                              Massenmarkt aus einer Nachfrageperspektive nicht unter
                                                                      100 % liegen, halten einige Interviewpartner fest. Dies
        Upside-Potenzial
           upside potential        21 %                               lässt sich auch aus dem Wort «Versicherung» schliessen –
                                                                      der Kunde geht davon aus, dass er zumindest sein Geld
                                                                      mit Sicherheit zurückerhält. Einige Experten weisen
                        Gegeben sind tiefe Zinssätze; welcher Level andarauf   hin, dass Versicherungen mit klassischen Sparpro-
                                                                        Kapitalschutz                                                      5
                    garantiert aus Sicht der Versicherungsgesellschaften dieim
                                                                      dukten      Wettbewerb stehen und daher eine Mindestren-
                                                                                optimale
                                                                      dite anbieten
                   Attraktivität eines Versicherungsprodukts mit 10-jähriger         müssen –‒ womit nicht nur das Kapital, sondern
                                                                                Laufzeit?
                                                                      auch eine Mindestverzinsung gefordert wird und der von
                                                                      Kunden verlangte Kapitalschutz auf über 100 % steigt.
                                             7%
                                                       21 %

                                                                                                 80%
                                                                                                 90%

                                      43 %                                                       100%
   18   | EY Versicherungsbarometer 2014                                                         110%
                                                         29 %
«Ohne Garantie ist es schwierig, ein
                                                  Versicherungsprodukt zu verkaufen.»

Potenziale von Produktklassen. Was die Wachstums-              In welchen Produktklassen sehen Sie in der Zukunft vor allem
möglichkeiten betrifft, so stehen aus Sicht der Experten                         Wachstumspotenziale?
zwei unterschiedliche Lebensversicherungsprodukte im
Vordergrund: die reine Risikoversicherung, die keinen
Sparanteil enthält, sowie fondsgebundene Produkte mit          Klassische Kapitalversicherung               29 %
Kapitalgarantie. Für beide Produkte sehen jeweils zwei
Drittel der Befragten am meisten Potenzial. Einige                 Fondsgebundene Produkte
                                                                                                                        64 %
weisen darauf hin, dass reine Risikoversicherungen in der                      mit Garantie
Schweiz im Widerspruch zum BVG-Rahmenwerk stehen,
weil dieses für die versicherten Ereignisse Tod und                Fondsgebundene Produkte
                                                                             ohne Garantie           14 %
Invalidität bereits einen guten Schutz bietet. Die gesell-
schaftlichen Veränderungen können das Bedürfnis nach
Risikodeckung aber dennoch erhöhen: Erwähnt werden                  Reine Risikoversicherung                            64 %
beispielsweise die Reduktion des Arbeitspensums (Teil-
zeitarbeitsmodelle reduzieren den BVG-Schutz) und die
Bezüge von Altersguthaben für die Wohneigentumsför-
derung, die ebenfalls einen negativen Effekt auf den         Die Befragten sind sich nicht einig darüber, wie gut die
Versicherungsschutz haben können. Was die Attraktivi-        Kunden über Versicherungsprodukte informiert sind. Mehr-
tät fondsgebundener Produkte mit Garantie betrifft, so       fach geäussert wird die Ansicht, die Mehrheit der Kunden
haben viele der Befragten scheinbar neue Garantiekon-        wisse gar nicht, welche Art von Versicherung und Garantie-
zepte mit Drittgarantieanbietern im Auge; diese waren        stellung sie abgeschlossen hat. Noch schwieriger fällt ihnen
bis 2007 und 2008 stark gefragt. Die Versicherer sind        die Entscheidung darüber, welche Versicherung sie in Zukunft
sich einig, dass zumindest ein Teil des Risikos dem          benötigen. Klar ist, dass in der klassischen Kapitalversicherung
Versicherten übergeben werden muss. Aber lässt sich          als Versicherungsprodukt mit biometrischem Schutz wenig
das im heutigen Marktumfeld wirklich durchsetzen?            Wachstumspotenzial gesehen wird. Nur fondsgebundene
                                                             Produkte ohne Garantie (dem Kunden Upside, aber keine
                                                             Garantie zu bieten) werden noch seltener genannt. Dies deckt
                                                             sich mit den Bedürfnissen der Kunden, die nach einer
                                                             Finanzkrise tendenziell sichere Produkte nachfragen.

                            «Viele Kunden wissen gar nicht genau, welche Art
                                 von Versicherung sie abgeschlossen haben.»

                                                                                            EY Versicherungsbarometer 2014 |   19
Wachstumspotentiale?

                                                                          fondsgebundene produkte mit
                                                                                                                                          64 %
                                                                                   garantie

                                                                                 reine risikoversicherung                                 64 %

                                                                                          klassische
                                                                                                                          29 %
                                                                                     kapitalversicherung

                                                                               fondsgebundene produkte
                                                                                                                   14 %
                                                                                    ohne garantie

 In welchen Produkteklassen sehen Sie in                                                                   Institut, relativ zum Finanzmarkt
          der Zukunft vor allem
         Wachstumspotentiale?

sgebundene produkte mit                                                                                    14 %
                                                        64 %
     garantie

                                                                                                                                                                   gestärkt
 reine risikoversicherung                               64 %
                                                                                                                                   50 %                            eher gestärkt
           Kapitalmarktumfeld. Die Finanzkrise hat bei allen Unterneh-                  Die Risiken auf der Anlageseite setzen sich aus dem Kredit-
          klassische                                                                                                                                    gleich bleibend
           men am Finanzmarkt deutliche
                                    29 % Spuren hinterlassen. Im                        und Marktrisiko, vorwiegend auf den Obligationen-, Darlehen-,
     kapitalversicherung                                                                         36 %
           Vergleich zum gesamten Finanzmarkt sieht die Mehrheit der                    Aktien- und Hypotheken-Portefolios zusammen. Die
           Befragten ihr Unternehmen aber gestärkt. Tatsächlich waren                   Befragten stufen beide Risiken als bedeutend ein. Es zeigt
ondsgebundene produkte
                               14 %
           die Banken deutlich stärker von den Verwerfungen an den                      sich aber, dass das Kreditrisiko trotz der Staatsschuldenkrise
    ohne garantie
           Finanzmärkten betroffen. Die Versicherer haben schon früh                    keine übergeordnete Rolle spielt, vor allem deshalb nicht, weil
           Massnahmen zur Risikoreduktion getroffen.                                    einige Gesellschaften gezielt aus Bonds mit niedrigem Rating
                                                                                        ausgestiegen bzw. ihnen ferngeblieben sind.

                           Institut, relativ zum Finanzmarkt                                                             Marktrisiko
                               Institut, relativ zum Finanzmarkt                            Marktrisiko

                           14 %

                                                               Gestärkt          gestärkt
                                                                                                                                                                     sehr bedeuten
                                                                                                   50 %                           50 %
                                                50 %           Eher gestärkt     eher gestärkt
                                                                                                                                                                     eher bedeuten
                                                               Gleich bleibend   gleich bleibend
                    36 %

                                                                                                                           KreditrisikoSehr bedeutend
                                                                                                                                           Eher bedeutend
                                                                                            Kreditrisiko
                                                                                                                                           Eher nicht bedeutend

                                        Marktrisiko

                                                                                                    36 %                         36 %
                                                                                                                                                                  sehr bedeutend
                                                                                                                                                                  eher bedeutend
                                                                                                                                                                  eher nicht bedeut
                                                                                   sehr bedeutend
                 50 %                          50 %
                                                                                   eher bedeutend
                                                                                                                  28 %

                                                                                              Attraktivität der Versicherungsaktien relativ zu anderen
               20    | EY Versicherungsbarometer 2014                                                     6          Finanztiteln
Kreditrisiko

 Vertrauen in Versicherungstitel. Über zwei Drittel der              Seit 2012 steigen die P/E-Durchschnittswerte der Schweizer
 Experten beurteilen den Ausblick für Versicherungsaktien,           Versicherer wieder an. Einige der Befragten weisen darauf
 verglichen mit anderen Finanztiteln, als positiv. Neue Heraus-      hin, dass das Bewertungsniveau gestiegen sei, ohne dass sich
 forderungen
    36 %      sind bereits in
                            36den
                               % Kursen enthalten, weshalb           die Gewinne merklich erhöht hätten. Den Anstieg dürfte der
 der Versicherungssektor als unterbewertet betrachtetsehr wirdbedeutend
                                                                     Umstand begünstigt haben, dass einige Versicherer Angaben
 (Notierungen unter dem Embedded Value). In Zukunft eher  wirdbedeutend
                                                                     zum Ergebnis des Solvenztests publizieren, was zu einer
 mit einer Bewertungsanpassung beim Price-Earnings Ratio             Stärkung des Vertrauens geführt hat. Eine andere Erklärung
                                                         eher nicht bedeutend
 (P/E) und Kursgewinnen gerechnet. Die Befragten sind der            liegt darin, dass Anleger innerhalb der Finanzbranche vermehrt
 Meinung, die Versicherer seien in der Finanzkrise zu Unrecht        zwischen Banken und Versicherungen unterscheiden, gerade
 abgestraft worden.
               28 %  Die Unternehmen   beweisen    ihre Solidität    was die operationellen und Compliance-Risiken betrifft.
 durch eine stabile und hohe Dividende. Grundsätzlich sind
 Dividendenrendite und Combined Ratio die zwei wichtigsten
 Indikatoren, welche die Kapitalmarktbewertung beeinflussen.
 Einige Befragte räumen allerdings ein, dass sie eine Versiche-                             Price-Earnings Ratio
 rungsaktie mit Fokus Nicht-Leben derjenigen mit Fokus Leben              14
 vorziehen würden.
                                                                               12
Attraktivität der Versicherungsaktien relativ zu anderen
            Attraktivität der Versicherungsaktien relativ
                          Finanztiteln                                         10
                     zu anderen Finanztiteln
                                                                                8
                     7%                                                         6
             13 %
                                                                                 4
                                               Sehr attraktiv      sehr attraktiv
                                               Attraktiv                         2
      20 %                                                         attraktiv
                                               Gleich bleibend
                                                                                 0
                                                                   gleich bleibend
                                               Weniger attraktiv
                                                                                   06    07     08     09     10     11      12        13   14
                                                                   weniger attraktiv
                            60 %                                                        P/E-Durchschnittswerte
                                                                                        P/E Durchschnittswerte dervon    Allianz, Axa,
                                                                                                                     börsenkotierten     Baloise,
                                                                                                                                      Gesellschaften,
                                                                                        Generali,  Helvetia,
                                                                                        die an der Studie      Swisslife und
                                                                                                          teilgenommen   habenVaudoise
                                                                                                                               (Allianz, AXA, Baloise,
                                                                                        Generali, Helvetia, Swiss Life und Vaudoise)

                                                                                              Die Demographie erfordert grundlegende Anpassun
                                                                                                                Geschäftsmodells

                                                                                                                               22 %

                                                                                                     57 %
                                                                                                                                   21 %

                                                                                                              EY Versicherungsbarometer 2014 |       21
«Als Arbeitgeber haben wir sicher
davon profitiert, dass Banken ein
Imageproblem hatten und Stellen
abgebaut haben.»

Herausforderung 3: Demographie – Chance oder Bedrohung?

HINTERGRUND                                                 Bevölkerungsanstieg und Urbanisierung. Der zweite grosse
                                                            Treiber der demographischen Entwicklung liegt im Bevölke-
Die demographische Entwicklung in der Schweiz zeichnet
                                                            rungswachstum. In den letzten 50 Jahren ist die Schweizer
sich durch zwei Bewegungen aus: Die Überalterung der
                                                            Bevölkerung so stark gewachsen wie noch nie: Seit 1960 ist
Gesellschaft nimmt zu, gleichzeitig wächst die Bevölke-
                                                            die Einwohnerzahl um 30 Prozent gestiegen und hat 2012 die
rung, verstärkt in urbanen Gebieten.
                                                            Grenze von 8 Millionen überschritten. Zwei Drittel des
Überalterung der Gesellschaft. Von 1960 bis 2010 ist die    konstant starken Bevölkerungsanstiegs in der Schweiz sind
Lebenserwartung der 65-Jährigen stark gestiegen, bei        eine Folge der Zuwanderung, ein Drittel ist auf den Geburten-
Frauen von 15,2 auf 22,2 Jahre, bei Männern von 12,9        überschuss zurückzuführen.
auf 18,9 Jahre.16 Diese Entwicklung wirkt sich vor allem
                                                            Parallel zum Bevölkerungswachstum ist in der Schweiz
auf das Lebengeschäft aus. Aufgrund der steigenden
                                                            eine vermehrte Urbanisierung zu beobachten. Seit Ende
Lebenserwartung müssen Renten länger ausbezahlt
                                                            der 1990er-Jahre steigt die Einwohnerzahl in städtischen
werden, zudem beginnt nun die Generation der Babyboo-
                                                            Gebieten stärker als in ländlichen.18 Die Stadtflucht, die ab
mer das Rentenalter zu erreichen – beides mit direkten
                                                            1960 zu einer deutlichen Bevölkerungsabnahme in den
Folgen für die Altersvorsorge. Die Überalterung gefährdet
                                                            Zentren geführt hatte, kehrt sich nun wieder um. Dies
die drei Säulen der Altersvorsorge, die berufliche und
                                                            zeigt sich exemplarisch in Zürich, wo die Wohnbevölke-
private Vorsorge wie auch die AHV. In der beruflichen
                                                            rung seit 1997 wieder kontinuierlich zunimmt und Ende
Vorsorge werden die Berufstätigen aufgrund des hohen
                                                            2013 knapp 400‘000 Einwohner erreicht hat, so viele wie
Umwandlungssatzes heute gezwungen, die Rentenleistun-
                                                            seit 1974 nicht mehr.19 Die Urbanisierung führt zu einer
gen mitzufinanzieren. Bei den Einzellebensversicherungen
                                                            erhöhten Konzentration von Vermögenswerten in den
verrechnen Versicherer aufgrund der höheren Lebenser-
                                                            Zentren. Aus einer Risikoperspektive ist dies vor allem bei
wartung zusätzliche Prämien, was die Attraktivität der
                                                            grossen Schadenereignissen relevant; im Vordergrund
Produkte senkt. Die demographischen Verschiebungen
                                                            stehen dabei Naturkatastrophen wie Erdbeben oder
bedrohen auch die AHV. Bereits ab dem Jahr 2020
                                                            Stürme. Angesichts aktueller Klimaszenarien, die eine
werden die Finanzen der AHV voraussichtlich aus dem
                                                            Zunahme extremer Wetterereignisse voraussagen, kann
Gleichgewicht geraten.17 Mit der «Altersvorsorge 2020»
                                                            dies im Schadengeschäft Chancen eröffnen. Veränderun-
versucht der Bundesrat, die in den letzten 15 Jahren
                                                            gen zeichnen sich auch bei Motorfahrzeugversicherungen
blockierte Sanierung von AHV, beruflicher und privater
                                                            ab: Vor allem in den Städten werden in privaten Motor-
Vorsorge voranzubringen (siehe Herausforderung 1:
                                                            fahrzeugen weniger Kilometer zurückgelegt und auch die
Regulierung).
                                                            Zulassungen gehen zurück. Diese Entwicklung, «Peak
                                                            Car» genannt, deuten Fachleute als Beleg, dass der
                                                            Individualverkehr etwa in Deutschland, Österreich und der
                                                            Schweiz seine Wachstumsspitze erreicht hat. Carsharing
                                                            Angebote setzen sich durch, weshalb Versicherer ver-
                                                            mehrt über neue (mobil buchbare) Kurzzeitversicherun-
                                                            gen nachdenken sollten. 20

«Durch die starke Zuwanderung ist der
demographische Wandel momentan
noch kein Problem.»

   22   | EY Versicherungsbarometer 2014
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