Bereit für die Zukunft - Themenschwerpunkt: Mitelstand und Innovaion - BVMW

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Bereit für die Zukunft - Themenschwerpunkt: Mitelstand und Innovaion - BVMW
1/2019 | Februar / März 2019 | 4,90 Euro

Themenschwerpunkt: Mitelstand und Innovaion

             Bereit für die Zukunft
Neue Unternehmer   Umfrage:            Wie es mit Patenten
braucht das Land   Droht Deutschland   und Marken nach dem
                   die Rezession?      Brexit weitergeht
S. 8               S. 14               S. 58
Bereit für die Zukunft - Themenschwerpunkt: Mitelstand und Innovaion - BVMW
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     USMCA: Was NAFTA 2.0 für die
     deutsche Wirtschaft bedeutet
                                     NAFTA, das vor 24 Jahren abgeschlossene nordamerikanische
                                     Freihandelsabkommen, hat ein Facelift erhalten. Am 30. November 2018
                                     unterzeichneten die Präsidenten Donald Trump, Justin Trudeau und
                                     Enrique Peña Nieto ein neues nordamerikanisches Handelsabkommen,
                                     das von den nationalen Parlamenten der Vereinigten Staaten, Kanadas
                                     und Mexikos ratiiziert werden muss. Der neue Deal, bekannt als
     „US-Mexiko-Kanada-Abkommen“ oder kurz „USMCA“, wird voraussichtlich bis zum 1. Januar 2020
     ratiiziert und in Kraft treten. Welche Auswirkungen werden auf deutsche Unternehmen zukommen?

                          Auf der einen Seite wird das neue Abkommen                  beschafften Teilen von 62,5 Prozent (der der-
                          nur wenig dazu beitragen, die Zölle in Nordame-             zeitige NAFTA-Betrag) auf 75 Prozent steigen.
                          rika zu verändern. Bereits vor fast einem Viertel-          Darüber hinaus müssen sieben Kernbestandtei-
                          jahrhundert hatte NAFTA mit Zöllen auf Indust-              le der Fahrzeuge (Motor, Getriebe, Karosserie
                          riegüter innerhalb der Drei-Länder-Zone Schluss             und Chassis, Achse, Federungssystem, Lenksys-
                          gemacht, genau wie die Europäische Union in ih-             tem und fortschrittliche Batterie) die 75-Pro-
                          rem gemeinsamen Binnenmarkt. Auf der anderen                zent-Anforderung selbst erfüllen. Zudem sind die
                          Seite wird USMCA bestimmten Waren neue Be-                  Fahrzeughersteller gehalten, 70 Prozent des im
                          schränkungen auferlegen, um eine zollfreie Ein-             Fertigungsprozess verwendeten Stahls und Alu-
                          fuhr innerhalb der Zone zu ermöglichen.                     miniums von nordamerikanischen Zulieferern zu
                                                                                      kaufen – eine neue Einschränkung, die es unter
                                                                                      NAFTA nicht gab.
     „      Deutsche Unternehmen können
            von ihren nordamerikanischen                                              Zweitens zwingt USMCA die Fahrzeughersteller,
                                                                                      mehr Beschäftigte im Hochlohnbereich einzu-
            Kunden neue bürokratische                                                 setzen. Um den bevorzugten Marktzugang zu er-

            Anforderungen erwarten.                                                   halten, müssen mindestens 40 Prozent des Wer-
                                                                                      tes eines Kraftfahrzeugs (oder 45 Prozent eines
                                                                                      Lastkraftwagens) von Beschäftigten hergestellt
                          Neue Regeln, neue Kosten                                    werden, die pro Stunde einen Mindestlohn von
                          Was für die deutsche Wirtschaft besonders wich-             16 US-Dollar erhalten. Für diese neue Reglemen-
                          tig ist: USMCA ändert die Regeln für die Auto-              tierung ist ein Einführungszeitraum von drei Jah-
                          mobilindustrie erheblich. Dies wird höchstwahr-             ren vorgesehen.
                          scheinlich zu einer Neukoniguration mancher
                          Kfz-Lieferketten führen. Damit drohen die Ge-               Im Grunde genommen läuft der Nachfolgevertrag
                                                                                                                                          Foto: © smartape von www.fotolia.com

                          samtkosten für die Herstellung von Fahrzeugen in            von NAFTA auf eine Manifestation der „America
                          Nordamerika zu steigen.                                     First“-Politik von Donald Trump heraus. Seine An-
                                                                                      hänger jedenfalls werden die Erfüllung eines der
                          Erstens verplichtet USMCA die Fahrzeugher-                  wichtigsten Wahlkampfversprechen von Trump
                          steller dazu, mehr Teile nordamerikanischen Ur-             begeistert aufnehmen.
                          sprungs in den Fahrzeugen zu verbauen, um sie
                          innerhalb Nordamerikas zollfrei verkaufen zu                Deutsche Zulieferer unter Druck
                          können. Über einen Zeitraum von drei Jahren                 Lieferanten, die von Deutschland aus produ-
                          wird der erforderliche Mindestanteil an „lokal“             zieren und über den Atlantik versenden, sollten

                                                    1|19 DER Mittelstand. | Politik
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                                                                   NAFTA-BETRAG
                                                                   Bsp.: Automobilindustrie

                                                                   75 %
                                                                   der Teile „lokal“ beschafft, davon
                                                                   7 Kernbestandteile des Fahrzeuges Plicht
                                                                   (Motor, Getriebe, Karosserie und Chassis,
                                                                   Achse, Federungssystem, Lenksystem und
                                                                   fortschrittliche Batterie).

                                                                      70 %
                                                                      des verwendeten Stahls und Aluminiums
                                                                      im Fertigungsprozess genutzten Materials
                                                                      von nordamerikanischen Zulieferern gekauft.

                                                                            40 %
                                                                            des Wertes eines Kraftfahrzeugs
                                                                            hergestellt von Beschäftigten mit einem
                                                                            Mindestlohn von 16 US-Dollar pro Stunde.

                                                                   sich auf die Möglichkeit vorbereiten, dass ihre       verlagern oder eine Kombination aus beidem. Al-
                                                                   Kunden – insbesondere in Mexiko – unter dem           ternativ können einige Hersteller ermitteln, ob es
                                                                   Druck stehen werden, in der Nähe Alternativen         efizienter ist, an ihren bestehenden Fertigungs-
                                                                   zu ihrem Produkt zu inden. Deutsche Zuliefe-          prozessen festzuhalten und den 2,5-Prozent-Auf-
                                                                   rer mit Produktionsstandorten in Nordamerika          schlag für nicht-konforme Fahrzeuge zu zahlen.
                                                                   haben hier einen erheblichen Wettbewerbsvor-          Deutsche Lieferanten können sich schon jetzt da-
                                                                   teil. Deutsche Unternehmen können von ihren           rauf einstellen, dass ihre Kunden in Nordamerika
                                                                   nordamerikanischen Kunden neue bürokratische          Möglichkeiten zur Kostensenkung in der gesam-
                                                                   Anforderungen erwarten. So benötigen die Fahr-        ten Lieferkette prüfen werden.
                                                                   zeughersteller umfangreiche Arbeitswertdaten
                                                                   um zu ermitteln, ob 40 bzw. 45 Prozent eines Kfz      Die USA werden eine langwierige Debatte dar-
                                                                   bzw. Lkw zum Mindestlohn von 16 US-Dollar pro         über führen, ob USMCA ratiiziert werden soll.
                                                                   Stunde produziert wurden.                             Zusätzliche Änderungen könnten sich durch
                                                                                                                         Nebenabkommen und durch Rechtsvorschrif-
                                                                   Schließlich wird USMCA den Kostendruck für Au-        ten ergeben, mit denen das Abkommen in der
Foto Völz: © PhilippWehrend; Foto: © LaCozza von www.fotolia.com

                                                                                                                                                                              Dr. Hans-Jürgen Völz
                                                                   tomobilhersteller verstärken, die in Nordamerika      Praxis umgesetzt wird. Deutsche Automobilzu-
                                                                                                                                                                              BVMW Chefvolkswirt
                                                                   fertigen. Hersteller mit Werken in Mexiko haben       lieferer sollten diese Entwicklungen genau be-
                                                                   die Wahl, die Löhne für mexikanische Arbeiter zu      obachten und sich gegebenenfalls professionell       mittelstand@bvmw.de

                                                                   erhöhen, Arbeitsplätze von Mexiko in die USA zu       beraten lassen.                                  

                                                                     ƒ Die USA, Mexiko und Kanada haben ein neues Handelsabkommen als Nachfolger für NAFTA
                                                                       unterzeichnet.
                                                                     ƒ Das neue Abkommen (USMCA) wird voraussichtlich Ende 2019 in Kraft treten und zuvorderst in
                                                                       der Automobilbranche Auswirkungen haben. Neue Regeln sollen Fahrzeughersteller dazu bewe-
                                                                       gen, ihre Lieferketten und letztlich mehr Arbeitsplätze in der Fertigung in die USA zu verlegen.
                                                                     ƒ Automobilzulieferer in Deutschland werden möglicherweise spüren, dass ihre nordamerikani-              Andrew C. Adair, J.D.
                                                                                                                                                                              Founder and CEO DC
                                                                       schen Kunden – insbesondere die mit Produktionsstätten in Mexiko – unter Druck stehen, bei             Berlin LLC
                                                                       US-Zulieferern zu bestellen.
                                                                                                                                                                              www.dc-berlin.com

                                                                                                                              1|19 DER Mittelstand. | Politik
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