Entscheid vom 16. Juni 2021 - Entscheidsuche.ch

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Kantonsgericht von Graubünden
             Dretgira chantunala dal Grischun
             Tribunale cantonale dei Grigioni

Entscheid vom 16. Juni 2021

Referenz          KSK 21 21

Instanz           Schuldbetreibungs- und Konkurskammer als Aufsichtsbehörde
                  über Schuldbetreibung und Konkurs

Besetzung         Cavegn, Vorsitzender
                  Guetg, Aktuar

Parteien          A.________
                  Beschwerdeführerin

                  gegen

                  Betreibungs- und Konkursamt der Region Engiadina
                  Bassa/Val Müstair
                  Chasa du Parc, Via dals Bogns 161, 7550 Scuol
                  Beschwerdegegner

Gegenstand        Rechtsverzögerung

Mitteilung        17. Juni 2021
Sachverhalt

A.     In insgesamt sieben Betreibungsverfahren gegen die J.________ mit Sitz in
K.________ hat die A._____ beim Betreibungs- und Konkursamt Engiadina
Bassa/Val Müstair das Fortsetzungsbegehren gestellt, nämlich in der Betreibung
Nr. C._____ über CHF 8'920.00 am 26.2.2016, in der Betreibung Nr. D._____ über
CHF 24'720.00 am 18.4.2017, in der Betreibung Nr. E._____ über CHF 11'803.00
am 31.8.2017, in der Betreibung Nr. F._____ über CHF 27'569.00 am 16.5.2018,
in der Betreibung Nr. G._____ über CHF 8'525.00 am 3.9.2018, in der Betreibung
Nr. H._____ über CHF 30'146.00 am 2.5.2019 und in der Betreibung Nr. I._____
über CHF 25'886.00 am 30.8.2020.

B.     Mit Eingabe vom 20. April 2021 gelangte die A._____ (nachfolgend
Beschwerdeführerin)   an   das     Kantonsgericht   von    Graubünden     als
Aufsichtsbehörde in SchKG-Sachen und erhob Beschwerde wegen
Rechtsverzögerung nach Art. 17 Abs. 3 SchKG. Die vorgeschriebenen
Amtshandlungen seien nicht rechtzeitig vorgenommen worden und es sei der
Pfändungsvollzug nach den Fortsetzungsbegehren ausgeblieben. Jedenfalls habe
sie keine Pfändungsurkunden erhalten. Auf Anfrage vom 10. Dezember 2019 hin
sei eine grössere Zahlung per Ende Januar 2020 zugesichert worden. Eine
Zahlung sei jedoch ausgeblieben und die letzte Sachstandsanfrage vom 28.
Dezember 2020 sei unbeantwortet geblieben. Das Betreibungs- und Konkursamt
Engiadina Bassa/Val Müstair sei daher anzuweisen, den Pfändungsvollzug
vorzunehmen.

C.     Das Betreibungs- und Konkursamt Engiadina Bassa/Val Müstair beantragte
in seiner Stellungnahme vom 29. April 2021 die kostenfällige Abweisung der
Beschwerde. Der Geschäftsführer der J.________ habe sich bis Ende März 2021
nicht in der Schweiz aufgehalten. Am 14. April 2021 habe dieser einvernommen
werden können. Indessen hätten sich Probleme mit der EDV-Firma ergeben.
Schliesslich seien die Dokumente per 26. April 2021 an die Gläubigerin versandt
worden.

D.    Auf die weiteren Ausführungen in den Rechtsschriften sowie in den
Verfahrensakten wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen
eingegangen.

Erwägungen

1.1. Gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes kann
nach Art. 17 Abs. 1 SchKG bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung

                                                                             2/6
oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden. Im Kontext einer Pfändung
kann sich der Beschwerdeführer somit auf jede Verletzung der Bestimmungen
über deren Vollzug berufen. Im Kanton Graubünden amtet das Kantonsgericht
nach Art. 13 SchKG i.V.m. Art. 13 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz
über Schuldbetreibung und Konkurs (EGzSchKG; BR 220.000) als einzige
Aufsichtsbehörde über die Betreibungs- und Konkursämter. Die interne
Zuständigkeit fällt dabei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zu (Art. 8
Abs. 1 der Verordnung über die Organisation des Kantonsgerichts [KGV; BR
173.100]). Im Übrigen richtet sich das Verfahren gemäss Art. 10 EGzSchKG,
soweit das SchKG und das EGzSchKG keine Vorschriften enthalten, nach der
Schweizerischen Zivilprozessordnung und dem Einführungsgesetz zur
Schweizerischen Zivilprozessordnung (EGzZPO; BR 320.100).

1.2. Vorliegend wird eine Rechtsverzögerung geltend gemacht, weil das
Betreibungs- und Konkursamt Engiadina Bassa/Val Müstair auf die
Fortsetzungsbegehren nicht reagiert und keine Amtshandlungen vorgenommen
habe. Eine Rechtsverzögerung im Sinne von Art. 17 Abs. 3 SchKG liegt vor, wenn
eine Vollstreckungsbehörde eine gebotene Amtshandlung nicht innerhalb der vom
Gesetz vorgesehenen oder unter den Umständen gebotenen Frist vornimmt. Ob
eine Rechtsverzögerung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der gesamten
Umstände des Einzelfalles zu prüfen (Philipp Maier/Ivan Vagnato, in Jolanta Kren
Kostkiewcz/Dominik Vock [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Auflage, Zürich 2017, N 25 zu Art. 17 SchKG).

1.3. Die Kantone regeln – unter Beachtung der bundesrechtlichen
Minimalvorschriften (Art. 20a Abs. 2 SchKG) – im Weiteren das Verfahren vor der
kantonalen Aufsichtsbehörde (Art. 20a Abs. 3 SchKG). Gemäss Art. 20a Abs. 2
Ziff. 2 SchKG hat die Aufsichtsbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen
festzustellen (vgl. auch Art. 17 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs [EGzSchKG; BR 220.000]).

2.     Aus den vom Betreibungs- und Konkursamt Engiadina Bassa/Val Müstair
eingereichten Akten ist ersichtlich, dass die von der Beschwerdeführerin in ihrer
Eingabe verlangten Handlungen, nämlich der Pfändungsvollzug, am 14. April 2021
erfolgt ist, die Pfändungsurkunde gleichentags angefertigt wurde und sämtliche
Forderungen der Beschwerdeführerin in die Pfändungsurkunde aufgenommen
worden sind.

3.     Die Beschwerdelegitimation setzt in der Regel ein aktuelles und praktisches
Interesse an der Aufhebung, Änderung oder dem Erlass einer bestimmten

                                                                               3/6
Verfügung voraus (BGer 5A_920/2017 v. 4.4.2018, E. 3.1). Das Interesse muss im
Zeitpunkt der Entscheidfällung noch vorhanden sein. Ist das schutzwürdige
Interesse schon bei Einreichung einer Beschwerde nicht gegeben, so wird auf die
Beschwerde nicht eingetreten. Liegt das praktische Interesse im Zeitpunkt der
Beschwerdeerhebung hingegen vor, fällt es aber nachträglich weg, ist der
Rechtsstreit   als   gegenstandslos     geworden    am    Geschäftsverzeichnis
abzuschreiben.

4.1. Vorliegend hat die Beschwerdeführerin diverse Fortsetzungsbegehren
gestellt, weshalb der Schuldnerin grundsätzlich unverzüglich der Konkurs
anzudrohen ist (Art. 159 SchKG). Hinsichtlich Prämien der obligatorischen
Unfallversicherung ist die Konkursbetreibung indessen ausgeschlossen (Art. 43
Ziff. 1bis SchKG), weshalb die Betreibung auf Pfändung folgt.

4.2. Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, hat das
Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die
Pfändung zu vollziehen (Art. 89 SchKG), wobei der Schuldner oder sein Vertreter
beim Vollzug persönlich zu befragen sind. Der Schuldner ist bei Straffolge
verpflichtet, beim Vollzug persönlich anwesend zu sein oder sich vertreten zu
lassen (Art. 91 Abs. 1 SchKG). Ist der Schuldner abwesend (z.B. im Ausland) und
lässt er sich nicht vertreten, ist die Pfändung in seiner Abwesenheit vorzunehmen.

4.3. Vorliegend erfolgte die Pfändung offensichtlich nicht unverzüglich, zumal
aufgrund der von der Beschwerdeführerin eingereichten Akten erstellt ist, dass
das Betreibungsamt mit der Schuldnerin Kontakt über Zahlungen pflegte (vgl. act.
B.2). Somit wäre die Beschwerde der Beschwerdeführerin grundsätzlich
berechtigt. Gleichwohl ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Das Betreibungs-
und Konkursamt Engiadina Bassa/Val Müstair hat gemäss den mit der
Vernehmlassung eingereichten Akten die Pfändung am 14. April 2021 vollzogen
und eine Pfändungsurkunde ausgestellt (act. E.1.1). Somit erfolgte die mit der
Beschwerde anbegehrte Betreibungshandlung bereits vor Einreichung der
Beschwerde vom 20. April 2021, weshalb auf die Beschwerde mangels
Rechtsschutzinteresse nicht einzutreten ist. Dabei ist nicht von Belang, dass die
Beschwerdeführerin erst nach Einreichung der Beschwerdeschrift Kenntnis vom
Pfändungsvollzug und der Erstellung der Pfändungsurkunde erlangte.

4.4. Nicht zu prüfen ist, ob die Pfändung vollständig erfolgt ist, insbesondere ob
genügend Sachen und Forderungen gepfändet worden sind, nachdem die
Pfändung nicht angefochten wurde und sich bei der Konkursbetreibung

                                                                               4/6
unterliegenden juristischen Personen durchaus Schwierigkeiten ergeben können
(vgl. PKG 2006 Nr. 23).

5.     Gemäss Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 Satz 1 SchKG und Art. 61 Abs. 2 lit. a GebV
ist das Beschwerdeverfahren vor der kantonalen Aufsichtsbehörde kostenlos. Die
– rein intern zu verbuchenden – Verfahrenskosten von CHF 800.00 verbleiben
demnach beim Kanton.

6.    Der vorliegende Entscheid ergeht, da die Beschwerde offensichtlich
unbegründet ist, in einzelrichterlicher Kompetenz (Art. 18 Abs. 3 GOG).

                                                                              5/6
Demnach wird erkannt:

1.   Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.   Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 800.00 verbleiben beim
     Kanton Graubünden und werden zu Lasten der Gerichtskasse verbucht.

3.   Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG
     Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische Bundesgericht, 1000
     Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht
     schriftlich, innert 10 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der
     Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise
     einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren
     Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff.,
     72 ff. und Art. 90 ff. BGG.

4.   Mitteilung an:

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