JOCHEN RINDT Der erste Popstar der Formel 1 - Delius Klasing Verlag

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JOCHEN RINDT Der erste Popstar der Formel 1 - Delius Klasing Verlag
Ferdi Kräling

    JOCHEN RINDT
       Der erste Popstar der Formel 1

                            Mit Texten von Herbert Völker und den
                            außergewöhnlichen Fotobeiträgen
                            von McKlein und Milan Schijatschky

               Delius Klasing Verlag
2
In freundschaftlicher Erinnerung
an unseren Kollegen Dieter Stappert,                                                        Vorwort Jackie Stewart ..... 006
dessen Zitate zu zwei Schlüsselszenen
dieses Buch bereichern.
                                                                                            Essay ..................................... 022
                                                                                            Le Mans ................................ 052
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
                                                                                            Ecclestone ............................ 064
3., erweiterte Auflage
ISBN 978-3-667-11845-5
                                                                                            Lebensstil ............................. 074
© by Delius, Klasing & Co. KG, Bielefeld

Konzeption und Bildredaktion: Ferdi Kräling
Text: Herbert Völker
                                                                                            Fahrkunst ............................. 100
Fotos: Ferdi Kräling bis auf:
Attualfoto-Bologna: Seiten 118 und 119
Jutta Fausel: Seiten 102, 103, 106 und 107
Artur Fenzlau: Seiten 37 Mitte und 38 oben rechts
                                                                                            Colin Chapman ..................... 118
Rolf Hayo: Seiten 72/73
McKlein: Seiten 10/11, 28, 48, 52/53, 54/55, 59 rechts, 67, 68, 70/71, 74/75, 78/79,
82/83, 88 oben, 89, 96, 97 und Schutzumschlagrückseite unten links
Fred Mayer: Seiten 46/47
                                                                                            Monza 1970 .......................... 134
Kurt Pinter: Seite 152
Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG: Seiten 18 und 19
Milan Schijatschky: Seiten 12/13, 19, 26/27, 31, 84, 85, 112 (2), 113, 123 und 150/151
Herbert Sündhofer: Seite 37 unten
                                                                                            Alle Rennen .......................... 155
Archiv Zwickl: Seiten 76 und 80
Die Abbildungen auf den Seiten 111, 116, 120, 121, 124 und 125 wurden dem Buch
»Hinrichtung eines Champions« von Helmut Zwickl entnommen.
Autor und Verlag haben sich bemüht, die Rechte an den verwendeten Bildern zu klären.
                                                                                            Foto-Finish ........................... 160
Eventuell nicht aufgeführte Urheber werden gebeten, sich mit dem Verlag oder dem
Autor in Verbindung zu setzen.

Layout: design hoch drei, Stuttgart
Lithografie: scanlitho.teams, Bielefeld
Druck: Kunst- und Werbedruck, Bad Oeynhausen
Printed in Germany 2020

Alle Rechte vorbehalten! Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Verlages darf das Werk, auch
nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden, wie z. B. manuell
oder mithilfe elektronischer und mechanischer Systeme inklusive Fotokopieren, Bandauf-
zeichnung und Datenspeicherung.

Delius Klasing Verlag, Siekerwall 21, D-33602 Bielefeld
T 0521 559-0        info@delius-klasing.de
F 0521 559-115      www.delius-klasing.de
»Ich kenne Ferdi Kräling, seit ich im internationalen Motorsport aktiv                       amals war die Kamerad-         barn in der Schweiz lebten. Jetzt, wo die     Als Piers Courage, der ein sehr guter

  bin. Er ist ein exzellenter Fotograf, und er genießt in der Welt des            D           schaft, die zwischen uns
                                                                                               Fahrern herrschte, die ge-
                                                                                               geneinander die Rennen
                                                                                                                              Kinder erwachsen sind, sehen wir in bei-
                                                                                                                              den Familien immer noch ganz deutlich
                                                                                                                              die Charakterzüge der jeweils anderen
                                                                                                                                                                            Freund sowohl von Jochen als auch von
                                                                                                                                                                            mir war, in Zandvoort während des nieder-
                                                                                                                                                                            ländischen Grand Prix ums Leben kam,
  Motorsports einen sehr guten Ruf. Jochen Rindt war einer meiner             bestritten, sicherlich etwas anderes als       Familie. Unser zweiter Sohn Mark ist der      trauerten unsere Familien. Jochen spritzte
                                                                               heute die Beziehung zwischen den Fahrern.      Taufpate der kleinen Tochter von Jochens      nicht mit Champagner um sich und stand
  besten Freunde. Seit 1964 fuhren wir zusammen Rennen. «                     Teilweise ist das darauf zurückzuführen,       Tochter Natascha, und ich bin ganz sicher,    mit geneigtem Haupt auf dem Podium.
                                                                               dass ein Formel-1-Fahrer damals auch           dass unsere Familien aufgrund der sehr        Piers und Sally standen Nina und Jochen
                                                              Jackie Stewart   ­Formel-2-Rennen, Sportwagen-GT- oder          engen Freundschaft, die zwischen Jochen,      sehr nahe.
                                                                                Tourenwagenrennen fuhr und wir uns aus        Nina, Helen und mir entstanden ist, im-
                                                                                diesem Grunde häufiger sahen.                 mer verbunden sein werden.                    Jochen war der erste österreichische Fahrer,
                                                                                                                                                                            der die Welt der Formel 1 erstaunte;
                                                                               Freundschaften entstanden zum Beispiel         Ich glaube, dass Jochen als Formel-2-Fahrer   seinem Beispiel folgten Helmut Marko,
                                                                               mit Jochen, Jim Clark, Graham Hill, Chris      unübertroffen war, und zusammen mit           Niki Lauda, Gerhard Berger, Alex Wurz
                                                                               Amon, Jack Brabham, Denny Hulme,               seinem Teamkollegen Alan Rees im Win-         u. a., aber er wird für immer und ewig
                                                                               François Cevert, Piers Courage, Bruce          kelmann-Formel-2-Team war er fast un-         nicht nur in Österreich, sondern in der
                                                                               McLaren, Johnny Servoz-Gavin, Jean-            möglich zu schlagen – egal ob von Jim         ganzen Welt in den Herzen der Menschen
                                                                               Pierre Beltoise und John Surtees, und wir      Clark, von mir, von Graham Hill oder von      seinen Platz behalten, weil sein Fahrstil
                                                                               wurden zu einer untereinander sehr ver-        irgendeinem anderen Fahrer der Welt, der      und seine Entschlossenheit hinter dem
                                                                               trauten Reisegesellschaft. Die Ehefrauen       zu dieser Zeit aktiv war. In der Formel 1     Lenkrad unvergleichbar waren. Die Jochen
                                                                               oder Freundinnen machten die Runden-           erreichte Jochen den Höhepunkt seiner         Rindt-Show in Wien wurde ein großer
                                                                               aufzeichnungen und die Zeitmessung für         Karriere, als er begann, den Lotus 49 für     ­Erfolg und wurde danach für viele Jahre
                                                                               die Teams, für die der Mann oder Freund        das Team Lotus zu fahren. Er modifizierte      nach Essen verlegt.
                                                                               fuhr.                                          seine Fahrtechnik und driftete nicht mehr
                                                                                                                              so stark. Jochen ging behutsamer mit dem      Jochen wäre sehr stolz auf dieses Buch
                                                                               Möglichkeiten für interessante Fotos waren     Fahrzeug um und wurde dadurch nur             und auf die wundervollen Fotos, die Ferdi
                                                                               daher reichlich vorhanden und brachten         noch schneller. Wir lieferten uns wirklich    zusammengestellt hat. Ihm würden auch
                                                                               Farbe und Glamour, der heute im moder-         denkwürdige Duelle; das beste davon war       die Texte gefallen, die nicht nur einen
                                                                               nen Grand-Prix-Zirkus schlichtweg nicht        wahrscheinlich der Grand Prix von Groß-       Formel-1-Weltmeister würdigen, sondern
                                                                               mehr existiert. Zahlreiche solche Bilder       britannien im Jahre 1969, als wir uns         auch eine großartige, österreichische
                                                                               sind in diesem Buch zu sehen.                  gegenseitig über 30-mal innerhalb eines       Persönlichkeit, der die wunderbarste und
                                                                                                                              Rennens überholten, bevor er Mechanik-        gefährlichste Zeit des Formel-1-Grand-
                                                                               Jochen war einer der interessantesten Fah-     probleme bekam und ich das Glück hatte,       Prix-Zirkus erlebt hat. Die Erinnerung an
                                                                               rer der Welt. Die Art zu fahren, die er zu     weiterfahren zu können. So gewann ich         Jochen Rindt wird niemals verblassen, aber
                                                                               Beginn seiner Karriere pflegte, bot zahllose   nicht nur diesen Grand Prix in Silverstone,   dieses Buch ist eine wunderbare Gelegen-
                                                                               Möglichkeiten für faszinierende Aufnah-        sondern auch zum ersten Mal die Welt­         heit nicht nur für diejenigen, die das Glück
                                                                               men eines Rennwagens am absoluten              meisterschaft.                                hatten, Jochen fahren zu sehen, sondern
                                                                               Limit: Er fuhr immer ein bisschen über-                                                      auch für die jüngere Generation, die das
                                                                               steuernd, was nicht nur für die Zuschauer      Die Saison 1970 wurde hingegen von            Buch sehr spannend finden wird. Diese
                                                                               spektakulär war, sondern auch den Blut-        Jochen absolut beherrscht. Ich hatte          jungen Leser werden es bedauern, nicht
                                                                               druck der Fahrer in die Höhe trieb, die        ­meinen Matra Ford verloren, weil Matra       das Glück gehabt zu haben, dabei gewesen
                                                                               hinter Jochen fuhren. Die Fotografen am         entschieden hatte, dass sie nur ein Auto     zu sein, um diesen Mann in Aktion zu
                                                                               Rande der Strecke gerieten ebenfalls regel-     mit dem französischen V12-Matra-Motor        erleben.
                                                                               mäßig in Verzückung.                            einsetzen wollten, und Ken Tyrrell und ich
                                                                                                                               beschlossen, lieber beim Ford Cosworth-      Gut gemacht, Ferdi
                                                                               Nina und meine Frau Helen wurden sehr           Motor zu bleiben. Jochen fuhr erneut für
                                                                               enge Freundinnen. Helen ist die Taufpatin       Colin Chapman. Obwohl er sensibler wurde
                                                                               von Ninas zweitem Kind Tamar. Meine             und sich mehr Sorgen über die Z ­ uver­-
                                                                               Söhne Paul und Mark waren ebenso Mit-           lässigkeit des Autos und seine anfällige
                                                                               glieder der Familie Rindt wie jene zu den       Kons­truktion machte, war er ohne Zweifel
                                                                               Stewarts gehörten, während wir als Nach-        der große Champion der Saison 1970.

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Chapman
Ein Vertrag mit Lotus war sicher kein Pakt mit dem Teufel, aber es war nicht ganz
leicht, ein paar düstere Gedanken zu verscheuchen, wenn man sich darauf einließ.

                                                                  RISIKO UND SIEG

                    Nach dem Einschnitt,       Dahinter verbarg sich ein begnadeter          scheuchen, wenn man sich mit Chapman
                    den Jim Clarks Tod zu      Techniker. Sein größter Streich war 1961      einließ.
                    Ostern 1968 für den        die Erfindung des Monocoques für Renn-        Nach langem Zögern unterschrieb Rindt
                    Grand-Prix-Sport bedeu-    wagen, was zur Ablösung der Rohrrahmen-       im Herbst 1968, immer beraten durch
tete, wurde Jochen Rindt allgemein als         bauweise und einer neuen Epoche des           Bernie Ecclestone, für Lotus. Ein sehr
schnellster Mann im ganzen Zirkus ge­          Motorsports führte. Das war zwar ein          ernsthafter Unfall mit den lächerlichen
handelt (im Umfeld von Jackie Stewart,         enormes Sicherheits-Feature, ansonsten        Heckflügeln im Barcelona-Grand-Prix von
Bruce McLaren und Graham Hill), was            war Chapmans Interesse in dieser              1969 belastete das Verhältnis zwischen
nichts daran änderte, dass er noch längst      Richtung nicht so sehr ausgeprägt.            Teamchef und Fahrer, änderte aber nichts
keinen WM-Lauf gewonnen hatte. Und             Neben Bau-Ingenieur hatte Chapman auch        an der Faszination füreinander. Die bekam
so, wie sich diese vierte Formel-1-Saison      Flugzeugtechnik studiert. Von da kam          sogar immer mehr Drive, je besser der
anließ (nun bei Brabham, nach drei             seine Liebe zum Leichtbau und zur Aero­       Lotus 49 wurde. Ein großes Saisonfinale
Cooper-­Jahren), deutete schon alles auf den   dynamik, dies erklärt auch, neben seinem      mit, endlich, dem Sieg in Watkins Glen
großen Frust hin, der da kommen würde:         Genius, den Vorsprung gegenüber allen         (höchstes Preisgeld der Formel 1, typisch
technikbedingte Ausfälle in acht von elf       Rennwagentechnikern seiner Zeit.              für Jochen, wurde gegrinst) machte Rindt-
Rennen.                                        Nachdem Chapman seinen Freund und             Chapman-Lotus zum WM-Favoriten für
Das weitaus schnellste und erfolgreichste      Lieblingspiloten Jim Clark verloren hatte     1970.
Team jener Tage war Lotus, mit drei            (alles deutete auf einen Reifendefekt im      Tatsächlich begann im Frühjahr der fabel-
WM-Titeln und über 30 gewonnenen               Hockenheim-F2-Unfall hin), war Jochen         hafte Siegeslauf, Monaco, Holland, Frank-
Läufen.                                        Rindt seine logische Wahl als gleichberech-   reich, England, Deutschland.
Lotus-Prinzipal Colin Chapman war ein          tigter Fahrer neben Graham Hill.              Jochen wollte Weltmeister werden und
junger Mann von 40 Jahren, den man auch                                                      dann aufhören, er wettete mit Nina um
deshalb mochte, weil er gern seine Kappe       Gerade in diesem Jahr 1968, mit unglaub-      10 000 Pfund, dass er es schaffen würde.
ins Publikum schleuderte. Damals war das       lichen vier Todesstürzen von Grand-Prix-      Anderseits waren da die himmelstür-
noch keine Banalität, sondern eine mäch-       Fahrern (Clark, Schlesser, Spence,            menden Visionen, was ein Paar wie Colin
tige Geste des Sieges. Der charismatische      Scarfiotti), machte sich jeder Rennfahrer     und Jochen alles erreichen könnte – mit
»Mister Lotus« war ein traumtänzerischer       ein paar mehr Gedanken zum Überleben.         allen Innovationen, die in Chapmans Hirn
Unternehmer und kultmäßiger Brite mit          Ein Vertrag mit Lotus war sicher kein Pakt    abrufbar waren: Turbine, Allrad, neue
feinen Marotten, in seiner Gesamtwirkung       mit dem Teufel, aber es war nicht ganz        Flügel, und Rindts Meisterschaft, sie zum
a character at his best.                       leicht, ein paar düstere Gedanken zu ver-     Strahlen zu bringen.

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Colin Chapman war der überragende Konstruk-
teur seiner Zeit und ein harter Arbeiter, hatte auch
viel Charme und ein Talent zur Entspanntheit.

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1970, Fittipaldi, Chapman, Rindt. Der Brasilianer
      wuchs in dieser Saison als dritter Fahrer (neben
      John Miles) ins Lotus-Team.

      >
      Teamgefährten 1969, Graham Hill, Jochen Rindt.

122                                                       123
Monocoque aus Alu, parat für die tragende Rolle
      des Motors, sieht filigraner aus, als es ist.

      <
      Diskussionen zwischen Chapman und Rindt
      waren häufig. Jochen konnte den Höhenflügen des
      Technikers nur seine Intuition entgegensetzen –
      und immer mehr Erfahrungen aus Warnschüssen.
      Alles in allem sah er in Colin Chapman aber einen
      faszinierenden Partner.

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126   127
128   129
Auftaktsieg in seiner stärksten Saison:
Monaco 1970.

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Sieg in Brands Hatch 1970.

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