KINDERBONUS UND UMSATZSTEUER-SENKUNG: WAS HAT'S GEBRACHT? - BEIDE MASSNAHMEN SOLLTEN IN DER CORONA-KRISE DIE KONJUNKTUR STÜTZEN. NUN LIEGEN ...
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WIRTSCHAFTSPOLITIK KINDERBONUS UND UMSATZSTEUER- SENKUNG: WAS HAT’S GEBR ACHT? BEIDE MASSNAHMEN SOLLTEN IN DER CORONA- KRISE DIE KONJUNKTUR STÜTZEN. NUN LIEGEN ERSTE STUDIEN ZUR WIRKUNG DER MASSNAHMEN VOR 44 S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021
WIRTSCHAFTSPOLITIK I m Juni 2020 hat die Bundesregierung ein Kon- junkturprogramm historischer Dimension be- schlossen, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für Unternehmen und Haushal- te abzumildern. Neben Wirtschaftshilfen zur un- mittelbaren Stabilisierung von Unternehmen und wachstumsfördernden Zukunftsinvestitionen lag ein Schwerpunkt des Programms auf kurzfristigen Kon- junkturimpulsen. Von den insgesamt 140 Mrd. Euro, die in den Jahren 2020 und 2021 im Rahmen des Konjunkturpakets bereitgestellt wurden, entfielen 25 Mrd. Euro auf Maßnahmen zur Stimulierung des privaten Konsums. Die größten fiskalischen Im- pulse gingen dabei von der zeitweisen Senkung des Umsatzsteuersatzes sowie dem Kinderbonus aus. TABELLE 1: VERÄNDERUNG DES V ERF ÜGBAREN HAUS- Im Folgenden soll diskutiert werden, ob bzw. in- HALTSEINKOMMENS AUFGRUND DES KINDERBONUS wiefern die inzwischen abgeschlossenen Maßnah- men ihre beabsichtigte Wirkung entfaltet haben. Änderung zum Ausgangsszenario in € in % AUSGESTALTUNG DER INSTRUMENTE UND IHRE WIRKUNG AUF HAUSHALTS- GESAMT (ALLE HALTEHALTE) 89,73 0,24 45 EINKOMMEN UND PREISE Nach Haushaltstyp Alleinerziehend 434,40 1,44 Um Haushalte in der Krise zu entlasten und gleich- Paar mit Kindern 414,11 0,75 S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021 zeitig die Konjunktur durch vorgezogene Anschaf- Nach Anzahl der Kinder fungen zu stabilisieren, hat die Bundesregierung ein Kind 256,41 0,54 vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 den Regelsatz der zwei Kinder 485,26 0,89 Umsatzsteuer von 19 auf 16 % bzw. den ermäßigten drei Kinder 769,03 1,49 Umsatzsteuersatz von 7 auf 5 % gesenkt. Hierfür Nach Einkommensdezil (äquivalenzgewichtet) wurden 20 Mrd. Euro bereitgestellt. Die Einkommen 1. Dezil 156,55 1,21 von Haushalten mit Kindern wurden zusätzlich 2. Dezil 178,27 0,86 durch einen Kinderbonus in Höhe von 300 Euro pro 3. Dezil 146,24 0,61 Kind gestärkt, der als einmalige Transferleistung 4. Dezil 123,19 0,45 gemeinsam mit dem Kindergeld im September und 5. Dezil 89,56 0,30 Oktober 2020 ausgezahlt wurde. Für diese Maß- 6. Dezil 72,18 0,21 nahme wurden 4,3 Mrd. Euro aufgewendet. 7. Dezil 65,82 0,18 Laut einer vom ifo Institut im Auftrag des 8. Dezil 50,34 0,12 Bundesministeriums der Finanzen (BMF) verfassten 9. Dezil 22,43 0,04 Kurzexpertise erhöhte der Kinderbonus das verfüg- 10. Dezil 11,11 0,01 bare Haushaltseinkommen um durchschnittlich Quelle: Berechnungen des ifo Instituts im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen knapp 90 Euro (Blömer et al., 2020). Dies entspricht (Blömer et al. 2020). einer Erhöhung des verfügbaren Nettoeinkommens um etwa 0,2 % im Durchschnitt aller Haushalte (auch der ohne Kinder; siehe Tabelle 1). Bei Haus- halten mit einem Kind stieg das verfügbare Haus- haltseinkommen im Durchschnitt um etwa 0,5 %, bei Haushalten mit drei Kindern hingegen um etwa 1,5 % (Tabelle 1).
WIRTSCHAFTSPOLITIK So könnten beispielsweise auch der Rückgang von IN KÜRZE Einkommen oder Einkommensunsicherheit eben- 1,3 % UM so wie die Schließung insbesondere von stationärem Preissenkungen können auch an- Einzelhandel und Gastronomie im sogenannten dere Ursachen Lockdown zu einer Anpassung der Nachfrage und gehabt haben als einer entsprechenden Preisreaktion geführt haben. die niedrigere Ein Rückgang der Preise kann damit nicht ohne Umsatzsteuer. weiteres ursächlich auf die Umsatzsteuersenkung durchschnittlich sanken zurückgeführt werden. die Preise im deutschen Um Effekte einzelner wirtschaftspolitischer Einzelhandel. Maßnahmen zu identifizieren, wird unter anderem auf kontrafaktische Szenarien zurückgegriffen. Dies bedeutet, dass ein Vergleich zwischen der Situation mit der entsprechenden Maßnahme und einer hy- Um die Wirkung der Senkung des Umsatzsteuer- pothetischen Situation ohne staatliche Maßnahmen satzes beurteilen zu können, stellt sich zunächst stattfindet. Dafür werden beispielsweise Beobach- die Frage, ob die reduzierten Umsatzsteuersätze tungen aus Regionen oder Zeiträumen herangezo- auch tatsächlich in Form von niedrigeren Preisen gen, die nicht von der Maßnahme betroffen waren. an die Konsumenten weitergegeben wurden. Nur Fuest et al. (2020) versuchen die Preiseffekte dann ist ein Effekt auf die Nachfrage plausibel. der Umsatzsteuersenkung zu identifizieren, indem Während die Entwicklung des Verbraucherpreis- sie tägliche Preise aus den Onlineshops je einer gro- index in Deutschland einen generellen Zusammen- ßen deutschen und einer österreichischen Super- hang des Preisniveaus mit der Umsatzsteuersen- marktkette zum Zeitpunkt der Umsatzsteuersen- kung nahelegt (Abbildung 1), ist die Quantifizierung kung in Deutschland vergleichen. In Österreich gab eines entsprechenden kausalen Effekts dadurch erschwert, dass in der Krise mehrere Veränderun- gen und Anpassungsprozesse parallel stattfanden. 46 S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021 ABBILDUNG 1: ENTWICKLUNG DER VERBRAUCHERPREISE Verbraucherpreisindex ingesamt in Deutschland; Veränderung gegenüber Vorjahr in % Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2021
WIRTSCHAFTSPOLITIK übertragen werden, sie liefern jedoch erste wichti- ge Hinweise darauf, dass die Reduktion der Umsatz- steuer tatsächlich zu einer finanziellen Entlastung der privaten Haushalte in Deutschland geführt hat. IMPULSE FÜR DEN PRIVATEN KONSUM Zur Frage, ob sich aus den Maßnahmen ein spür- barer konjunktureller Impuls entwickelt hat, gibt es bisher noch keine abschließenden Evaluationen, da viele volkswirtschaftliche Daten erst zeitverzö- gert vorliegen. Erste, wenn auch vorläufige wissen- schaftliche Ergebnisse zur kurzfristigen konjunk- turellen Wirkung der Maßnahmen liegen jedoch bereits vor. So deuten Umfragen des Instituts für Makro- ökonomie und Konjunkturforschung (IMK) darauf hin, dass der konsumsteigernde Effekt der Reduk- tion des Umsatzsteuersatzes eher begrenzt gewe- sen sein dürfte, da knapp drei Viertel der Befragten keine Änderung ihres Konsumverhaltens aufgrund der Preissenkung planten (vgl. Behringer und Dul- lien 2020). Weniger als jeder fünfte Befragte gab an, aufgrund des reduzierten Umsatzsteuersatzes neue Anschaffungen zu planen oder geplante Anschaf- es in diesem Zeitraum keine vergleichbare steuer- fungen vorzuziehen. Die geplanten Konsumaus- liche Maßnahme. Die Ergebnisse der Studie legen gaben konzentrieren sich dabei insbesondere auf 47 nahe, dass eine im Zeitablauf asymmetrische Über- langlebige Konsumgüter (Innenausstattung, Haus- wälzung der Umsatzsteuerbelastung auf die Konsu- haltsgegenstände, Bekleidung und Verkehr, einschl. menten stattfand: Während die Reduktion der Um- Autos), was wahrscheinlich auch mit den pandemie- S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021 satzsteuersätze im Einzelhandel zu einer Senkung bedingten Betriebsschließungen in einzelnen Wirt- der Preise um durchschnittlich 1,3 % geführt hat, schaftszweigen zusammenhängt. Dabei war der liegen die Preise auch drei Monate nach Wiederan- Vorzieheffekt stärker ausgeprägt, wenn die Befrag- IN KÜRZE hebung der Steuersätze noch deutlich unter den ur- ten erwarten, dass die Reduktion des Umsatzsteuer- sprünglichen Preisen. Die Umsatzsteuersenkung satzes an die Konsumenten weitergegeben wird. Die Steuersen- wurde demnach lediglich zu 70 % an die Konsumen- Der Kinderbonus dürfte laut den Umfragen des IMK kung wurde zwar ten weitergegeben. Allerdings wurden die vollzoge- hingegen stärkere Verhaltensänderungen bewirkt nicht komplett an nen Preissenkungen nach dem Ende der Maßnah- haben: Fast 80 % der Befragten gaben an, die Verbraucher me auch nur zum Teil wieder zurückgenommen. weitergegeben, Erwartungsgemäß hing die Überwälzung der Um- hat aber zu einer deutlichen Ent- satzsteuersenkung maßgeblich von der Wettbe- 5. lastung geführt. werbsintensität in der jeweiligen Produktgruppe WENIGER ALS JEDER ab (vgl. hierzu auch Montag et al., 2020). Auch ein vom ZEW im Auftrag des Bundes- ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) angefertigtes Gutachten kommt zu dem Zwischenergebnis, dass die Konsumgüterpreise BEFRAGTE in Deutschland unmittelbar infolge der Senkung des gab an, aufgrund des gesenkten Umsatzsteuersatzes substantiell gesunken sind. Umsatzsteuersatzes neue Anscha- (Beck et al., 2021). Hierfür vergleichen die Autoren ffungen zu planen oder geplante Scannerdaten der Gesellschaft für Konsumfor- Anschaffungen vorzuziehen. schung (GfK) aus Deutschland mit den nicht von der Umsatzsteuersatzsenkung betroffenen Niederlan- den. Zwar können diese Forschungsergebnisse für den Einzelhandel nicht auf die Gesamtwirtschaft
WIRTSCHAFTSPOLITIK bei einer Einmalzahlung ihren Konsum kurzfristig zu erhöhen. Die Studie kommt daher zu dem Er- gebnis, dass eine stärkere Gewichtung des Kinder- bonus im Konjunkturpaket zu einem größeren konjunkturellen Impuls hätte führen können. Ergänzend hierzu führte das Ifo Institut im November 2020 im Auftrag des BMF Mikrosimu- lationen durch, die eine Ex-Ante-Abschätzung der Auswirkungen der Maßnahmen erlauben (vgl. TABELLE 2: VERÄNDERUNG DES KONSUMS AUFGRUND Blömer et al., 2020). Demnach führen der Kinder- DES KINDERBONUS UND DER UMSATZSTEUERSENKUNG bonus und die Senkung des Umsatzsteuersatzes Änderung zum Ausgangsszenario in % gemeinsam zu einer deutlichen Steigerung des Kinderbonus Hälftige und hälftige Kinderbonus Weitergabe der Weitergabe der MwSt.-Senkung MwSt.-Senkung VERTEILUNGSEFFEKTE DER MASSNAHMEN GESAMT 0,20 0,44 0,64 Eine ebenfalls zentrale Frage ist, wie sich die Ausgestal- Nach Haushaltstyp tung der Maßnahmen auf Haushalte mit unterschiedli- Alleinstehend 0,00 0,46 0,46 chem Einkommen ausgewirkt hat. Die Simulationsstudien Alleinerziehend 1,15 0,44 1,60 von Blömer et al. (2020) zeigen, dass der Kinderbonus ein- kommensschwache Haushalte, insbesondere Alleinerzie- Paar ohne Kinder 0,00 0,42 0,42 hende sowie Haushalte mit mehreren Kindern, deutlich Paar mit Kindern 0,64 0,42 1,06 stärker entlastet hat (Tabelle 1). Dies liegt daran, dass Nach Anzahl der Kinder der Kinderbonus im Rahmen der Jahressteuererklärung ohne Kinder 0,00 0,44 0,44 mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird. Somit erhöht ein Kind 0,47 0,43 0,90 der Bonus nur die Nettoeinkommen derjenigen Haus- halte, die ihren Kinderfreibetrag bisher nicht ausschöp- zwei Kinder 0,76 0,42 1,18 fen. Daher führt diese Art der Transferleistung bei drei Kinder 1,26 0,41 1,67 48 Haushalten in den unteren Einkommensdezilen auch Nach Einkommensdezil zu einem deutlich ausgeprägteren Konsumzuwachs als (äquivalenzgewichtet) in den höheren Einkommensdezilen, während sich die 1. Dezil 0,93 0,45 1,38 erwarteten Effekte bei der Umsatzsteuersenkung für ein- 2. Dezil 0,63 0,47 1,10 S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021 zelne Einkommensgruppen kaum unterscheiden. 3. Dezil 0,44 0,47 0,91 4. Dezil 0,32 0,46 0,78 Aufgrund der überproportionalen Stärkung der Kaufkraft durch die Auszahlung des Kinderbonus bei Haushalten 5. Dezil 0,21 0,46 0,66 mit geringem Einkommen, hätte eine stärkere Gewich- 6. Dezil 0,15 0,45 0,60 tung des Kinderbonus im Konjunkturpaket einkommens- 7. Dezil 0,12 0,44 0,56 schwache Haushalte im Vergleich zu reicheren Haus- 8. Dezil 0,08 0,44 0,52 halten vermutlich noch stärker entlastet. Auf Basis der 9. Dezil 0,03 0,42 0,45 vorliegenden Daten lässt sich jedoch nicht abschließend 10. Dezil 0,01 0,39 0,40 bewerten, ob dies auch zu einem größeren Konjunkturim- Quelle: Berechnungen des ifo Instituts im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen puls geführt hätte. Da Haushalte am unteren Ende der (Blömer et al. 2020). Einkommensverteilung in der Regel eine höhere Konsum- neigung aufweisen als einkommensstarke Haushalte, ist dies grundsätzlich plausibel. Allerdings ist auch zu beden- ken, dass z. B. unter 30-Jährige zu den einkommens- schwächsten Haushalten gehören, da sie sich zumeist Konsums um insgesamt 0,6 % im Vergleich zum noch in der Ausbildung oder am Beginn ihrer beruflichen Ausgangsszenario (Tabelle 2). Mit einer Änderung Laufbahn befinden. Diese oft kinderlosen jungen Erwach- des Konsumverhaltens um 0,4 % war die Wirkung senen mit geringem Einkommen hätten von einer stärke- der Umsatzsteuersenkung unter Annahme einer ren Gewichtung des Kinderbonus deutlich weniger hälftigen Weitergabe an die Konsumenten laut die- profitiert. Zudem bleibt abzuwarten, ob wohlhabendere ser Studie doppelt so hoch wie die Wirkung des Haushalte die einkommensneutrale Wirkung des Kinder- Kinderbonus, der eine Zunahme des Konsums um bonus tatsächlich berücksichtigt haben oder es hier ggf. doch zu einem gesteigerten Konsum kam. 0,2 % mit sich brachte (vgl. Blömer et al. (2020). Al- lerdings war der Anteil der Umsatzsteuersatzsen- kung an den Gesamtkosten des Konjunkturpakets auch etwa viermal höher als der des Kinderbonus (Tabelle 2).
WIRTSCHAFTSPOLITIK WIRKUNGEN AUF DIE KONJUNKTUR INSGESAMT Abschließend bleibt die Frage nach der Gesamt- wirkung der Maßnahmen auf die konjunkturelle Entwicklung zu beantworten. Ein kürzlich veröf- fentlichter Artikel des DIW Berlin untersucht hier- für den Effekt der temporären Umsatzsteuersatz- herigen Forschungsergebnisse scheint dieses Ziel senkung auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und erreicht worden zu sein. Für ein abschließendes kommt zu dem Ergebnis, dass diese einen wichtigen Urteil darüber, wie sich diese und weitere Maßnah- Beitrag zur Stützung der deutschen Konjunktur im men des Konjunkturpakets langfristig auswirken, Krisenjahr 2020 geleistet hat (vgl. Clemens et al., bedarf es weiterer Untersuchungen. 2021). Auf Basis von Modellsimulationen zeigt sich, dass trotz des Lockdowns im Herbst das BIP-Wachs- tum 2020 um 0,5 Prozentpunkte höher lag als in ei- MEHR ZUM THEMA nem Szenario ohne Senkung des Umsatzsteuer- REFERENZEN: satzes. Der Effekt auf die Wirtschaftsleistung hätte Beck, G. W., Dijs, A., Jaravel, X., Kessing, S., Siegloch, S. sogar bei einem Prozent liegen können, wenn eine (2021): „Analyse der Verbraucherpreisentwicklung nach komplette Überwälzung an die Verbraucherinnen Senkung der Mehrwertsteuer“, Zwischenbericht im Auf- und Verbraucher stattgefunden hätte. trag des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucher- schutz (BMJV), ZEW München. Hierin liegt auch ein häufiger Kritikpunkt gegenüber Konjunkturprogrammen, die auf vorü- Behringer, J. und Dullien, S. (2020): „Wie effektiv sind bergehende Umsatzsteuersatzsenkungen setzen. Mehrwertsteuersenkung und Kinderbonus im Konjunk- Erfolgt keine vollständige Weitergabe an die Kon- 49 turpaket?“, IMK Policy Brief Nr. 79, August 2020. sumenten in Form von Preissenkungen, fließt ein Teil der staatlichen Hilfen auch den Unternehmen Blömer, M. J., Brandt, P., Mosler, M., Peichl, A. (2020): zu. Dies entspricht zwar strenggenommen nicht der „Verteilungswirkungen des Kinderbonus und der tempo- rären Mehrwertsteuersenkung im Jahr 2020“, ifo Institut, S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021 ursprünglichen Intention dieser Maßnahme; vor München, in: ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 02, 45-50. dem Hintergrund der großen wirtschaftlichen Schä- den, die infolge der Corona-Pandemie in einigen Clemens, M., Dany-Knedlik, G., Junker, S., Michelsen, C., Branchen entstanden sind, war die Umsatzsteuer- Röger, W. (2021): „Mehrwertsteuersenkung hat deutsche satzreduktion allerdings vermutlich für einige Un- Wirtschaft im Corona-Jahr 2020 gestützt“, DIW Berlin, ternehmen eine zusätzliche Entlastung in der Krise. in: DIW aktuell; 62, 6 S. Auch ohne vollständige Weitergabe an die Verbrau- Fuest, C., Neumeier, F., Stöhlker, D. (2020): „The pass- cherinnen und Verbraucher hat die Senkung somit through of temporary VAT rate cuts in German super- zur Stabilisierung der Wirtschaft beigetragen. market retail“, ifo institute, München, ifo Working Paper Ein weiterer Kritikpunkt an einer temporären No. 341. Umsatzsteuersatzsenkung ist, dass sie vor allem einen Vorzieheffekt bewirkt und meist keine zu- Montag, F., Sagimuldina A., Schnitzer, M. (2020). sätzlichen Käufe hervorruft. Dies trifft laut Clemens „Are temporary value-added tax reductions passed on et al. (2021) auch auf die Sekung im Zuge der Coro- to consumers? Evidence from Germany's stimulus.“ No. 15189, CEPR Discussion Papers. na-Pandemie in Deutschland zu. Aber auch wenn sich der positive Effekt auf das Bruttoinlandspro- KONTAKT dukt im Laufe der Jahre entsprechend ausgleichen JULIANE STOLLE würde, spricht dieses Argument der temporären Referat: Wirtschaftspolitische Analyse Umsatzsteuersenkung nicht ihren generellen Nut- zen ab. Vielmehr bestand das Ziel der Maßnahme SABRINA HAHM gerade darin, den Konsum in einer außergewöhn- Referat: Finanzpolitik; konjunkturpolitische Koordinierung lichen Krise zu stabilisieren. Mit Blick auf die bis- schlaglichter@bmwi.bund.de
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