Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren
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Conference Paper, Published Version Schwiersch, Niklas; Dumke, Bennet; Stamm, Jürgen Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen Zur Verfügung gestellt in Kooperation mit/Provided in Cooperation with: Technische Universität Dresden, Institut für Wasserbau und technische Hydromechanik Verfügbar unter/Available at: https://hdl.handle.net/20.500.11970/107529 Vorgeschlagene Zitierweise/Suggested citation: Schwiersch, Niklas; Dumke, Bennet; Stamm, Jürgen (2021): Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren. In: Technische Universität Dresden, Institut für Wasserbau und technische Hydromechanik (Hg.): Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel. Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen 65. Dresden: Technische Universität Dresden, Institut für Wasserbau und technische Hydromechanik. S. 21-30. Standardnutzungsbedingungen/Terms of Use: Die Dokumente in HENRY stehen unter der Creative Commons Lizenz CC BY 4.0, sofern keine abweichenden Nutzungsbedingungen getroffen wurden. Damit ist sowohl die kommerzielle Nutzung als auch das Teilen, die Weiterbearbeitung und Speicherung erlaubt. Das Verwenden und das Bearbeiten stehen unter der Bedingung der Namensnennung. Im Einzelfall kann eine restriktivere Lizenz gelten; dann gelten abweichend von den obigen Nutzungsbedingungen die in der dort genannten Lizenz gewährten Nutzungsrechte. Documents in HENRY are made available under the Creative Commons License CC BY 4.0, if no other license is applicable. Under CC BY 4.0 commercial use and sharing, remixing, transforming, and building upon the material of the work is permitted. In some cases a different, more restrictive license may apply; if applicable the terms of the restrictive license will be binding.
B1 B1 Technische Universität Dresden – Fakultät Bauingenieurwesen Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik 44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“ B2 Probabilistische Verortung der B3 stationären Sickerlinie in Fluss- deichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren B4 Niklas Schwiersch B5a Bennet Dumke Jürgen Stamm Bei der Analyse der Standsicherheit von Flussdeichen ist deren B5b Durchsickerung ein Teilprozess von hoher Relevanz. Schließlich trennt die Sickerlinie die Querschnittsfläche in den wassergesättigten (unter Auftrieb stehenden) und den ungesättigten Querschnittsanteil. Im stationären Fall ist die Lage der Sickerlinie bei homogenen Deichen von der äußeren Kubatur in das System eingeprägt. Im instationären B6a Fall und bei der Analyse gegliederter Bauweisen ist ihre Lage von der gesättigten Durchlässigkeit der Deichbaumaterialien abhängig. Die gesättigte Durchlässigkeit ist jedoch eine räumlich streuende und somit ungewisse Größe, die als solche berücksichtigt werden sollte. B6b Mit diesem Beitrag wird eine Methodik zur probabilistischen Veror- tung der Sickerlinie in Flussdeichquerschnitten präsentiert und bei- spielhaft an Regelbauweisen (homogener Deich, Zwei- und Drei- Zonen-Deich) angewandt. Unter Verwendung von Eingangsverteilun- B7a gen der gesättigten Durchlässigkeit wird die Lage der Sickerlinie ana- lytisch als ungewisse Größe bestimmt. Durch eine Monte-Carlo- Simulation wird sie anschließend in Form von Verteilungen ausgewer- tet. Von den Untersuchungsergebnissen lassen sich schließlich Aus- sagen hinsichtlich der Unterschreitungswahrscheinlichkeiten diskre- B7b ter Sickerlinien ableiten. Anschließend wird der Effekt von ungewissen Sickerlinien auf die Standsicherheit von Deichen anhand der Ergeb- nisse einer Zuverlässigkeitsanalyse veranschaulicht. Die Ergebnisse zeigen, dass die probabilistische Analyse der Durchsickerung einen Einfluss auf die Lage der Sickerlinie und die Standsicherheit von Flussdeichen hat. Dieser Einfluss lässt sich im Weiteren durch die Veränderung der Versagenswahrscheinlichkeit quantifizieren. 21
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren Für die Ergebnisqualität sind letztlich nicht allein die Eingangsvertei- lungen der gesättigten Durchlässigkeit maßgebend, sondern glei- chermaßen die Verteilungen weiterer bodenmechanischer Parameter (z. B. Bodenwichte, Scherfestigkeit). Daher wird empfohlen, Erfahrun- gen zu bodenmechanischen Parametern in einer (inter-)nationalen Datenbank zusammenzufassen und einer probabilistischen Parame- terstudie zuzuführen. Stichworte: Probabilistische Methoden, Hochwasserrisiko, Si- ckerlinienberechnung 1 Motivation und Zielsetzung Bei der Analyse der Standsicherheit von Flussdeichen ist deren Durchsicke- rung ein Teilprozess von hoher Relevanz [Lanzafame et al. (2017)]. Schließ- lich trennt die Sickerlinie die Querschnittsfläche in den wassergesättigten (unter Auftrieb stehenden) und den ungesättigten Querschnittsanteil. Im stationären Fall ist die Lage der Sickerlinie bei homogenen Deichen von der äußeren Kubatur in das System eingeprägt (Davidenkoff 1957). Im instatio- nären Fall und bei der Analyse gegliederter Bauweisen ist ihre Lage von der gesättigten Durchlässigkeit verwendeter Deichbaumaterialien abhängig [Haselsteiner (2007)]. Die gesättigte Durchlässigkeit ist jedoch eine räumlich streuende und somit ungewisse Größe, die als solche berücksichtigt wer- den sollte [Lendering et al. (2018)]. Wird die gesättigte Durchlässigkeit als Zufallsvariable modelliert, ist die Lage der Sickerlinie im Ergebnis ebenfalls ungewiss [Pohl (2000)]. In diesem Beitrag wird eine Methodik [Dumke (2020)] vorgestellt, mit deren Hilfe die Lage der Sickerlinie unter Verwendung analytischer Berechnungs- ansätze probabilistisch bestimmt und über ihre Unterschreitungswahr- scheinlichkeiten ausgewertet werden kann. Anhand eines synthetischen Beispiels wird die Methodik auf einen Deich konstanter Kubatur, jedoch unterschiedlicher Querschnittsgliederung, angewandt. In einer sich an- schließenden Zuverlässigkeitsanalyse wird der Einfluss einzelner Quer- schnittselemente auf die Standsicherheit, im Speziellen der Versagens- wahrscheinlichkeit, unter Verwendung der ungewissen Sickerlinien quanti- fiziert. Eingangs wird hierfür die Methodik (Kapitel 2) vorgestellt und werden an- schließend die Ergebnisse (Kapitel 3) präsentiert. Daran schließt sich die Diskussion (Kapitel 4) um deren Limitierungen und Nutzen an. Abschlie- 22
B1 B1 Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 65 44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 - „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“ B2 ßend wird ein Fazit (Kapitel 5) gezogen sowie ein Ausblick für die Fortfüh- rung des Forschungsthemas gegeben. B3 2 Methodik Für die in diesem Beitrag vorgestellte Methodik zur probabilistischen Veror- tung von Sickerlinien in Flussdeichen [Dumke (2020)] sind zunächst dafür B4 nötige Berechnungsverfahren (vgl. 2.1) und anzusetzende Eingangsvertei- lungen der gesättigten Durchlässigkeit (vgl. 2.2) vorzustellen. Für einen ausgewählten Versagensmechanismus (vgl. 2.3) kann so die Versagens- wahrscheinlichkeit bestimmt und an einem Untersuchungsmodell, unter- B5a schiedlicher Querschnittsgestaltung (vgl. 2.4) ausgewertet werden. 2.1 Analytische Verfahren zur Verortung der Sickerlinie Mit Blick auf die Standsicherheit eines Deichquerschnitts stellt der stationä- B5b re Durchsickerungszustand den ungünstigsten Fall dar [Weißmann (2014)]. Für diesen Fall wird die Durchsickerung vielfach als zweidimensionales, von der Zeit unabhängiges Problem vereinfacht. Nach Casagrande (1937) kann die Sickerlinie für einen homogenen Deichquerschnitt analytisch bestimmt B6a werden. Gleichermaßen bieten Pavlowsky / Dachler [aus Davidenkoff (1957)] einen analytischen Ansatz zur Bestimmung der Sickerlinie. Die vorgenann- ten Autoren entwickelten aus dem Filtergesetz von Darcy einen Berech- nungsansatz unter Verwendung einer quadratischen Parabel. Beide besit- B6b zen für die Anwendung an homogenen Deichen Gültigkeit. Für gegliederte Deichquerschnitte werden zur Bestimmung der Sickerlinie Anpassungen vorgenommen. Bei Drainagekörpern wird das lokale Koordinatensystem verschoben und bei dichtenden Querschnittselementen deren Breite über B7a das Verhältnis der gesättigten Durchlässigkeiten zu einer effektiven, rech- nerischen Breite transformiert. 2.2 Stochastische Modellierung der gesättigten Durchlässigkeit B7b Die stochastische Modellierung der gesättigten Durchlässigkeit erfolgt auf Grundlage eines großräumlichen Datensatzes zu den Ergebnissen aus Klas- sifikationsversuchen. Mittels empirischer Korrelationsbeziehungen zwi- schen der Kornverteilung und der gesättigten Durchlässigkeit wurde der Eingangsdatensatz transformiert [Drews (2019)]. Im Rahmen dieser aktuel- len Forschungsarbeit wurden so die Eingangsverteilungen für das Untersu- chungsmodell entsprechend Tabelle 1 bestimmt. 23
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren Tabelle 1: Statistische Eigenschaften der gesättigten Durchlässigkeit k Querschnittselement Boden- Verteilung EW (k) VarK (k) gruppe in m/s in % Stützkörper SW, SI Weibull 3,3·10-4 70 Dränkörper GW, GI Lognormal 1,0·10-3 3 Dichtung TL Lognormal 1,5·10-7 2 Bei Betrachtung der Erwartungswerte ergeben sich zwischen der gesättig- ten Durchlässigkeit von Dichtung und Stützkörper ein Verhältnisfaktor von 2.200 und zwischen der von Drän- und Stützkörper ein Verhältnisfaktor von 3. 2.3 Mechanismus und Wahrscheinlichkeit des Versagens Im Rahmen der hier vorgestellten Untersuchung wurde der landseitige Böschungsbruch über die Gleitkreismethode nach Bishop, A. W. (1955) be- rechnet. Nach dieser wird das Gleichgewicht zwischen stabilisierenden und destabilisierenden Momenten eines Bruchkörpers über vertikale Lamellen ermittelt. Bei der Kräftebestimmung in den einzelnen Lamellen finden die Anteile gesättigten und ungesättigten Bodens sowie der Porenwasserdruck in der Bruchfuge Berücksichtigung. Im Gegensatz zur gesättigten Durchläs- sigkeit werden weitere, für die Standsicherheit relevante Parameter wie die Bodenwichte oder der effektive Reibungswinkel als deterministische Erfah- rungswerte nach DIN 1055:2010-11 angesetzt. Im Rahmen der Standsicherheitsanalyse wird eine Monte-Carlo- Simulation (MCS) mit n Realisierungen durchgeführt. Für jede Realisierung wird das System hinsichtlich eines Versagens binär ausgewertet („System versagt“ oder „System versagt nicht“) und die Anzahl der Versagensfälle nf in einer Zählvariablen erfasst. Die Versagenswahrscheinlichkeit Pf ergibt sich schließlich aus dem Verhältnis der Versagensfälle nf zur Anzahl der Realisierungen n. 24
B1 B1 Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 65 44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 - „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“ B2 2.4 Untersuchungsmodell Für die Studie werden vier Deichsysteme untersucht, welche dieselbe äuße- re Kubatur (vgl. Abbildung 1) aufweisen. Die untersuchten Deichsysteme B3 sind (1) ein homogener Deich, (2) ein Zwei-Zonen-Deich mit Sickerprisma, (3) ein Drei-Zonen-Deich mit Oberflächendichtung sowie (4) ein Drei-Zonen- Deich mit Kerndichtung. Die jeweiligen Querschnittskomponenten werden in die Ausgangskubatur integriert und sind durch gestrichelte Linien ge- B4 kennzeichnet. B5a B5b Abbildung 1: Geometrische Randbedingungen der untersuchten Deichsysteme 3 Ergebnisse B6a Zu den untersuchten Deichsystemen werden probabilistische Sickerli- nien (vgl. 3.1) und Versagenswahrscheinlichkeiten (vgl. 3.2) bestimmt. Von B6b den Untersuchungsergebnissen lassen sich schließlich Aussagen hinsicht- lich der Unterschreitungswahrscheinlichkeiten diskreter Sickerlinien ablei- ten. Zusätzlich wird der Einfluss einzelner Querschnittselemente auf die Standsicherheit im Sinne der Versagenswahrscheinlichkeit offensichtlich. B7a 3.1 Probabilistische Sickerlinien In Anbetracht der in einen homogenen Deichquerschnitt durch die Kubatur eingeprägten Sickerlinie dient die in Abbildung 2 dargestellte Sickerlinie der Plausibilisierung der Methodik. Für den stationären Fall im homogenen B7b Deich (System 1) bleibt die Lage der Sickerlinie auch unter Berücksichtigung der gesättigten Durchlässigkeit als Zufallsvariable deterministisch. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Sickerraten eine gleichgesinnte Variabilität aufweisen wie die gesättigte Durchlässigkeit des Stützkörpers. 25
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren Abbildung 2: Stationäre Sickerlinienverortung im homogenen Deich Wie stark der drainierende Effekt eines Drainkörpers ist, hängt von dem Verhältnis der Durchlässigkeitsbeiwerte zwischen Stütz- und Drainkörper ab. Infolge dessen ergibt sich bei einer probabilistischen Beurteilung des Zwei-Zonen-Deiches (System 2) eine Verteilung der Sickerlinien wie in Ab- bildung 3 dargestellt. Es zeigt sich, dass für einen großen Verhältniswert (Kombinationtion: kDrän groß und kStützkörper klein) eine starke und für einen kleinen Verhältniswert eine schwache Drainwirkung erzielt wird. Die Medi- an-Sickerlinie (Unterschreitungswahrscheinlichkeit: 50 Prozent) liegt nahe der stationären Sickerlinie und tritt an der landseitigen Böschung aus dem Deich aus. Abbildung 3: Unterschreitungswahrscheinlichkeit der Sickerlinien in einem Deich- querschnitt mit Drainageprisma Im Fall des Drei-Zonen-Deichs mit Oberflächendichtung (System 3) ist die dichtende Wirkung ganz wesentlich von dem Verhältnis der gesättigten Durchlässigkeit des Stützkörpers und der der Tondichtung abhängig. Ent- sprechend korrelieren kleine Verhältniswerte mit hoch liegenden Sickerli- nien (Kombination: kDichtung groß und kStützkörper klein) während große Ver- hältniswerte im Gegenzug mit niedrigen Sickerlinien einhergehen. Wie in Abbildung 4 zu sehen ist, liegt der Verlauf der Median-Sickerlinie deutlich niedriger als die höchste Sickerlinie, sodass mit einer hohen Wahrschein- lichkeit eine große Dichtwirkung erzielt wird. 26
B1 B1 Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 65 44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 - „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“ B2 B3 Abbildung 4: Unterschreitungswahrscheinlichkeit der Sickerlinien in einem Deich- querschnitt mit Oberflächendichtung und Drainageprisma; Verlauf der Sickerlinie innerhalb der Dichtung nicht abgebildet B4 Ähnlich verhält es sich bei einem Drei-Zonen-Deich mit Kerndichtung (Sys- tem 4). Ergänzend zum vorangegangenen Drei-Zonen-System wird hier auch der Sickerlinienverlauf vor und in dem Dichtkörper dargestellt B5a (vgl. Abbildung 5). Bei einem Verhältniswert kStützkörper / kDichtung > 1 kommt es auf der Wasserseite der Dichtung zur Retention, sodass hier mit einer vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit hochliegende Sickerlinien zu erwarten sind. Letztlich liegt die Median-Sickerlinie wasserseitig der Dich- B5b tung auf Niveau der Wasserspiegellage, fällt innerhalb der Kerndichtung stark ab und liegt luftseitig der Dichtung vergleichsweise niedrig. B6a B6b Abbildung 5: Unterschreitungswahrscheinlichkeit der Sickerlinien in einem Deich- querschnitt mit Kerndichtung und Drainageprisma Zusammenfassend zeigt sich, dass Sickerlinien in gegliederten Querschnit- ten von der Streuung der gesättigten Durchlässigkeit abhängig sind. Dies B7a bestätigt die Ergebnisse von Pohl (2000). 3.2 Versagenswahrscheinlichkeiten Im Rahmen der Böschungsbruchanalyse der betrachteten Systeme ergaben B7b sich nach 10.000.000 Realisierungen der MCS die Versagenswahrscheinlich- keiten nach Tabelle 2. 27
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren Tabelle 2: Versagenswahrscheinlichkeiten der untersuchten Deichquerschnitte Beobachtete Versagenswahr- Deichsystem Versagensfälle nf scheinlichkeit Pf Homogener Deich 10.000.000 1,0·10-0 2-Zonen-Deich mit Drainage 6.195.375 6,2·10-1 3-Zonen-Deich mit Oberflächen- -4 1.509 1,51·10 dichtung und Drainage 3-Zonen-Deich mit Kerndichtung -4 1.438 1,44·10 und Drainage Für den homogenen Deich ergibt sich bei allen Realisierungen der Versagensfall. Dies hat seine Ursache in der deterministischen Sickerlinie sowie den deterministischen Eingangswerten für den effektiven Reibungs- winkel sowie die Bodenwichte. Gleichsam weist dieses System auch bei einer herkömmlichen Betrachtung einen Ausnutzungsgrad größer Eins und somit den Versagensfall auf. Bei allen anderen Systemen zeigt sich eine Reduzierung der Versagenswahrscheinlichkeit. Somit trägt die Integration von Drainkörpern zur Senkung der Versagenswahrscheinlichkeit (hier: ȫ 38 %) eines Deichquerschnitts bei. Gleiches gilt für die Konstruktion von Abdichtungen (hier: ȫ99,9999 %). 4 Diskussion Während für Filter ein Verhältniswert von kDrän / kStützkörper Ȳ 100 gefordert wird, liegt dem System 2 bei Vergleich der Erwartungswerte ein Verhältnis- wert von drei zugrunde. Somit ist die Bedingung der hydraulischen Filterwirk- samkeit nicht eingehalten. Entsprechend ist für einen nach Regelwerk ge- planten Zwei-Zonen-Deich von einer stärkeren Drainwirkung auszugehen. Infolgedessen wird die Median-Sickerlinie dann deutlich niedriger liegen und der ungesättigte Querschnittsanteil größer ausfallen. Somit ist von einer geringeren Versagenswahrscheinlichkeit auszugehen. Daraus folgt, dass sich Unsicherheiten der Eingangsgrößen in die Ergebnisse fortpflanzen. 28
B1 B1 Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 65 44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 - „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“ B2 Weiterhin ist die hier vorgestellte Methodik durch die analytische Verortung der Sickerlinie auf einfache Querschnitte sowie stationäre Sickerverhältnis- se beschränkt. B3 5 Fazit & Ausblick Dass die gesättigte Durchlässigkeit von Böden eine streuende Größe ist, ist B4 allgemeiner Konsens. Wie diese als Zufallsvariable in Untersuchungen der Sickerströmung einfließen kann, wird mit der vorgestellten Methodik ge- zeigt. Anhand von vier Deichsystemen wird vorgeführt, dass eine Streuung der gesättigten Durchlässigkeit mit einer Streuung der Lage der Sickerlinie B5a einhergeht. Anschließend lässt sich die Standsicherheit der Querschnitte unter Berücksichtigung der ungewissen Sickerlinien anhand der Versagenswahrscheinlichkeit auswerten. B5b Die Erkenntnisse dieser Studie ermöglichen eine Erweiterung probabilisti- scher Analysen von (Fluss-)Deichen um die Berücksichtigung ungewisser Sickerlinien. Dies trägt zur Verbesserung der Bestimmung von System- versagenswahrscheinlichkeiten bei. Zur weiteren Verbesserung der Metho- B6a dik ist anzustreben, eine probabilistische Verortung der Sickerlinie mittels FEM vorzunehmen und so auf komplexere Querschnitte als die hier gezeig- ten zu übertragen. Weiterhin sollten die Eingangsverteilungen der boden- mechanischen Parameter auf Grundlage einer (inter-)nationalen Datenbank B6b zu den Ergebnissen bodenmechanischer Laborversuche validiert werden. Für eine methodische Weiterentwicklung sind die hier vorgestellten Er- kenntnisse in eine ganzheitliche Betrachtung des Hochwasserrisikos zu integrieren. B7a Die Autoren bedanken sich bei der Bundesanstalt für Wasserbau und der Hoch- schule für Technik und Wirtschaft Dresden für die Bereitstellung von Datensät- zen der Bodenklassifikation, auf deren Basis diese Studie durchgeführt wurde. B7b Literatur Bishop, A. W. (1955): The use of the slip circle in the stability analysis of slopes. In: Géotechnique 5 (1), S. 7–17 Casagrande, A. (1937): Seepage through earth dams. In: Journal of New England Water Works Association LI (2), S. 295–336 Davidenkoff, R. (1957): Durchsickerung durch Deiche und Erddämme (I). In: Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau (8), S. 70–84 29
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren Deutsche Norm DIN 1055, 2010: DIN 1055-2 Einwirkungen auf Tragwerke Drews, Niklas (2019): Vergleichende Untersuchung des Sicherheitsniveaus von Flussdeichen bei unsicheren geotechnischen Parametern. 21. Treffen der JuWi. Bundesanstalt für Wasserbau. Karlsruhe, 14.08.2019 Dumke, Bennet (2020): Probabilistische Verortung der Sickerlinie in Deichregelquerschnitten unter Verwendung analytischer Ansätze bei stationären Randbedingungen. Masterarbeit. Technische Universität Dresden, Dresden. Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik Haselsteiner, R. (2007): Hochwasserschutzdeiche an Fließgewässern und ihre Durchsickerung. Dissertation. Technische Universität München, München. Institut für Wasserwesen. Lanzafame, Robert; Teng, Henry; Sitar, Nicholas (2017): Stochastic Analysis of Levee Stability Subject to Variable Seepage Conditions. In: Jinsong Huang, Limin Zhang und D. V. Griffiths (Hg.): Geo-Risk 2017. Reliability- Based Design and Code Developments. Geo-Risk 2017. Denver, Colorado, June 4–7, 2017. Reston: American Society of Civil Engineers (Geotechnical Special Publications, v.283), S. 554–563 Lendering, Kasper; Schweckendiek, Timo; Kok, Matthijs (2018): Quantifying the failure probability of a canal levee. In: Georisk: Assessment and Management of Risk for Engineered Systems and Geohazards, S. 15. DOI: 10.1080/17499518.2018.1426865. Pohl, Reinhard (2000): Aspekte der Standsicherheit von Deichen mit inhomogenem Aufbau. In: Wasser und Abfall 2 (11), S. 52–57 Weißmann, Rainer (2014): Probabilistische Bewertung der Zuverlässigkeit von Flussdeichen unter hydraulischen und geotechnischen Gesichtspunkten. Dissertation. Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe. Institut für Wasser und Gewässerentwicklung Dipl.-Ing. Niklas Schwiersch MSc. Bennet Dumke Prof. Dr.-Ing. Jürgen Stamm B.O.R.I.S. Baubetreuung GmbH Institut für Wasserbau und Techni- Am Rossauer Wald 1a sche Hydromechanik 09661 Rossau Technische Universität Dresden August-Bebel-Straße 30 01219 Dresden Tel.: +49 351 463 34725 Tel.: +49 37207 65260 Fax: +49 351 463 37120 Fax: +49 37207 652626 E-Mail: E-Mail: niklas.schwiersch@tu-dresden.de b.dumke@boris-baubetreuung.de juergen.stamm@tu-dresden.de 30
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