Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren

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Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren
Conference Paper, Published Version

Schwiersch, Niklas; Dumke, Bennet; Stamm, Jürgen
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in
Flussdeichen unter Verwendung analytischer
Berechnungsverfahren
Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen
Zur Verfügung gestellt in Kooperation mit/Provided in Cooperation with:
Technische Universität Dresden, Institut für Wasserbau und technische
Hydromechanik

Verfügbar unter/Available at: https://hdl.handle.net/20.500.11970/107529

Vorgeschlagene Zitierweise/Suggested citation:
Schwiersch, Niklas; Dumke, Bennet; Stamm, Jürgen (2021): Probabilistische Verortung der
stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer
Berechnungsverfahren. In: Technische Universität Dresden, Institut für Wasserbau und
technische Hydromechanik (Hg.): Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel.
Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen 65. Dresden: Technische Universität Dresden, Institut
für Wasserbau und technische Hydromechanik. S. 21-30.

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Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung analytischer Berechnungsverfahren
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Technische Universität Dresden – Fakultät Bauingenieurwesen
Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik
44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021
„Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“

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           Probabilistische Verortung der

                                                                                       B3
           stationären Sickerlinie in Fluss-
             deichen unter Verwendung
         analytischer Berechnungsverfahren

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                                        Niklas Schwiersch

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                                         Bennet Dumke
                                         Jürgen Stamm

         Bei der Analyse der Standsicherheit von Flussdeichen ist deren

                                                                                       B5b
         Durchsickerung ein Teilprozess von hoher Relevanz. Schließlich trennt
         die Sickerlinie die Querschnittsfläche in den wassergesättigten (unter
         Auftrieb stehenden) und den ungesättigten Querschnittsanteil. Im
         stationären Fall ist die Lage der Sickerlinie bei homogenen Deichen
         von der äußeren Kubatur in das System eingeprägt. Im instationären

                                                                                       B6a
         Fall und bei der Analyse gegliederter Bauweisen ist ihre Lage von der
         gesättigten Durchlässigkeit der Deichbaumaterialien abhängig. Die
         gesättigte Durchlässigkeit ist jedoch eine räumlich streuende und
         somit ungewisse Größe, die als solche berücksichtigt werden sollte.

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         Mit diesem Beitrag wird eine Methodik zur probabilistischen Veror-
         tung der Sickerlinie in Flussdeichquerschnitten präsentiert und bei-
         spielhaft an Regelbauweisen (homogener Deich, Zwei- und Drei-
         Zonen-Deich) angewandt. Unter Verwendung von Eingangsverteilun-               B7a
         gen der gesättigten Durchlässigkeit wird die Lage der Sickerlinie ana-
         lytisch als ungewisse Größe bestimmt. Durch eine Monte-Carlo-
         Simulation wird sie anschließend in Form von Verteilungen ausgewer-
         tet. Von den Untersuchungsergebnissen lassen sich schließlich Aus-
         sagen hinsichtlich der Unterschreitungswahrscheinlichkeiten diskre-
                                                                                       B7b

         ter Sickerlinien ableiten. Anschließend wird der Effekt von ungewissen
         Sickerlinien auf die Standsicherheit von Deichen anhand der Ergeb-
         nisse einer Zuverlässigkeitsanalyse veranschaulicht. Die Ergebnisse
         zeigen, dass die probabilistische Analyse der Durchsickerung einen
         Einfluss auf die Lage der Sickerlinie und die Standsicherheit von
         Flussdeichen hat. Dieser Einfluss lässt sich im Weiteren durch die
         Veränderung der Versagenswahrscheinlichkeit quantifizieren.

                                                                                  21
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung
analytischer Berechnungsverfahren

         Für die Ergebnisqualität sind letztlich nicht allein die Eingangsvertei-
         lungen der gesättigten Durchlässigkeit maßgebend, sondern glei-
         chermaßen die Verteilungen weiterer bodenmechanischer Parameter
         (z. B. Bodenwichte, Scherfestigkeit). Daher wird empfohlen, Erfahrun-
         gen zu bodenmechanischen Parametern in einer (inter-)nationalen
         Datenbank zusammenzufassen und einer probabilistischen Parame-
         terstudie zuzuführen.

         Stichworte:            Probabilistische Methoden, Hochwasserrisiko, Si-
                                ckerlinienberechnung

1      Motivation und Zielsetzung

Bei der Analyse der Standsicherheit von Flussdeichen ist deren Durchsicke-
rung ein Teilprozess von hoher Relevanz [Lanzafame et al. (2017)]. Schließ-
lich trennt die Sickerlinie die Querschnittsfläche in den wassergesättigten
(unter Auftrieb stehenden) und den ungesättigten Querschnittsanteil. Im
stationären Fall ist die Lage der Sickerlinie bei homogenen Deichen von der
äußeren Kubatur in das System eingeprägt (Davidenkoff 1957). Im instatio-
nären Fall und bei der Analyse gegliederter Bauweisen ist ihre Lage von der
gesättigten Durchlässigkeit verwendeter Deichbaumaterialien abhängig
[Haselsteiner (2007)]. Die gesättigte Durchlässigkeit ist jedoch eine räumlich
streuende und somit ungewisse Größe, die als solche berücksichtigt wer-
den sollte [Lendering et al. (2018)]. Wird die gesättigte Durchlässigkeit als
Zufallsvariable modelliert, ist die Lage der Sickerlinie im Ergebnis ebenfalls
ungewiss [Pohl (2000)].
In diesem Beitrag wird eine Methodik [Dumke (2020)] vorgestellt, mit deren
Hilfe die Lage der Sickerlinie unter Verwendung analytischer Berechnungs-
ansätze probabilistisch bestimmt und über ihre Unterschreitungswahr-
scheinlichkeiten ausgewertet werden kann. Anhand eines synthetischen
Beispiels wird die Methodik auf einen Deich konstanter Kubatur, jedoch
unterschiedlicher Querschnittsgliederung, angewandt. In einer sich an-
schließenden Zuverlässigkeitsanalyse wird der Einfluss einzelner Quer-
schnittselemente auf die Standsicherheit, im Speziellen der Versagens-
wahrscheinlichkeit, unter Verwendung der ungewissen Sickerlinien quanti-
fiziert.
Eingangs wird hierfür die Methodik (Kapitel 2) vorgestellt und werden an-
schließend die Ergebnisse (Kapitel 3) präsentiert. Daran schließt sich die
Diskussion (Kapitel 4) um deren Limitierungen und Nutzen an. Abschlie-

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                                                         Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 65
          44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 - „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“

                                                                                                         B2
ßend wird ein Fazit (Kapitel 5) gezogen sowie ein Ausblick für die Fortfüh-
rung des Forschungsthemas gegeben.

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2     Methodik

Für die in diesem Beitrag vorgestellte Methodik zur probabilistischen Veror-
tung von Sickerlinien in Flussdeichen [Dumke (2020)] sind zunächst dafür

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nötige Berechnungsverfahren (vgl. 2.1) und anzusetzende Eingangsvertei-
lungen der gesättigten Durchlässigkeit (vgl. 2.2) vorzustellen. Für einen
ausgewählten Versagensmechanismus (vgl. 2.3) kann so die Versagens-
wahrscheinlichkeit bestimmt und an einem Untersuchungsmodell, unter-

                                                                                                         B5a
schiedlicher Querschnittsgestaltung (vgl. 2.4) ausgewertet werden.
2.1 Analytische Verfahren zur Verortung der Sickerlinie
Mit Blick auf die Standsicherheit eines Deichquerschnitts stellt der stationä-

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re Durchsickerungszustand den ungünstigsten Fall dar [Weißmann (2014)].
Für diesen Fall wird die Durchsickerung vielfach als zweidimensionales, von
der Zeit unabhängiges Problem vereinfacht. Nach Casagrande (1937) kann
die Sickerlinie für einen homogenen Deichquerschnitt analytisch bestimmt

                                                                                                         B6a
werden. Gleichermaßen bieten Pavlowsky / Dachler [aus Davidenkoff (1957)]
einen analytischen Ansatz zur Bestimmung der Sickerlinie. Die vorgenann-
ten Autoren entwickelten aus dem Filtergesetz von Darcy einen Berech-
nungsansatz unter Verwendung einer quadratischen Parabel. Beide besit-

                                                                                                         B6b
zen für die Anwendung an homogenen Deichen Gültigkeit. Für gegliederte
Deichquerschnitte werden zur Bestimmung der Sickerlinie Anpassungen
vorgenommen. Bei Drainagekörpern wird das lokale Koordinatensystem
verschoben und bei dichtenden Querschnittselementen deren Breite über
                                                                                                         B7a

das Verhältnis der gesättigten Durchlässigkeiten zu einer effektiven, rech-
nerischen Breite transformiert.
2.2    Stochastische Modellierung der gesättigten Durchlässigkeit
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Die stochastische Modellierung der gesättigten Durchlässigkeit erfolgt auf
Grundlage eines großräumlichen Datensatzes zu den Ergebnissen aus Klas-
sifikationsversuchen. Mittels empirischer Korrelationsbeziehungen zwi-
schen der Kornverteilung und der gesättigten Durchlässigkeit wurde der
Eingangsdatensatz transformiert [Drews (2019)]. Im Rahmen dieser aktuel-
len Forschungsarbeit wurden so die Eingangsverteilungen für das Untersu-
chungsmodell entsprechend Tabelle 1 bestimmt.

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Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung
analytischer Berechnungsverfahren

Tabelle 1:         Statistische Eigenschaften der gesättigten Durchlässigkeit k

Querschnittselement                    Boden-            Verteilung            EW (k)       VarK (k)
                                       gruppe                                  in m/s       in %

 Stützkörper                             SW, SI            Weibull               3,3·10-4    70

 Dränkörper                              GW, GI            Lognormal             1,0·10-3    3

 Dichtung                                TL                Lognormal             1,5·10-7    2

Bei Betrachtung der Erwartungswerte ergeben sich zwischen der gesättig-
ten Durchlässigkeit von Dichtung und Stützkörper ein Verhältnisfaktor
von 2.200 und zwischen der von Drän- und Stützkörper ein Verhältnisfaktor
von 3.
2.3       Mechanismus und Wahrscheinlichkeit des Versagens
Im Rahmen der hier vorgestellten Untersuchung wurde der landseitige
Böschungsbruch über die Gleitkreismethode nach Bishop, A. W. (1955) be-
rechnet. Nach dieser wird das Gleichgewicht zwischen stabilisierenden und
destabilisierenden Momenten eines Bruchkörpers über vertikale Lamellen
ermittelt. Bei der Kräftebestimmung in den einzelnen Lamellen finden die
Anteile gesättigten und ungesättigten Bodens sowie der Porenwasserdruck
in der Bruchfuge Berücksichtigung. Im Gegensatz zur gesättigten Durchläs-
sigkeit werden weitere, für die Standsicherheit relevante Parameter wie die
Bodenwichte oder der effektive Reibungswinkel als deterministische Erfah-
rungswerte nach DIN 1055:2010-11 angesetzt.
Im Rahmen der Standsicherheitsanalyse wird eine Monte-Carlo-
Simulation (MCS) mit n Realisierungen durchgeführt. Für jede Realisierung
wird das System hinsichtlich eines Versagens binär ausgewertet („System
versagt“ oder „System versagt nicht“) und die Anzahl der Versagensfälle nf
in einer Zählvariablen erfasst. Die Versagenswahrscheinlichkeit Pf ergibt
sich schließlich aus dem Verhältnis der Versagensfälle nf zur Anzahl der
Realisierungen n.

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                                                         Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 65
          44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 - „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“

                                                                                                         B2
2.4    Untersuchungsmodell
Für die Studie werden vier Deichsysteme untersucht, welche dieselbe äuße-
re Kubatur (vgl. Abbildung 1) aufweisen. Die untersuchten Deichsysteme

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sind (1) ein homogener Deich, (2) ein Zwei-Zonen-Deich mit Sickerprisma,
(3) ein Drei-Zonen-Deich mit Oberflächendichtung sowie (4) ein Drei-Zonen-
Deich mit Kerndichtung. Die jeweiligen Querschnittskomponenten werden
in die Ausgangskubatur integriert und sind durch gestrichelte Linien ge-

                                                                                                         B4
kennzeichnet.

                                                                                                         B5a
                                                                                                         B5b
Abbildung 1: Geometrische Randbedingungen der untersuchten Deichsysteme

3     Ergebnisse

                                                                                                         B6a
Zu den untersuchten Deichsystemen werden probabilistische Sickerli-
nien (vgl. 3.1) und Versagenswahrscheinlichkeiten (vgl. 3.2) bestimmt. Von

                                                                                                         B6b
den Untersuchungsergebnissen lassen sich schließlich Aussagen hinsicht-
lich der Unterschreitungswahrscheinlichkeiten diskreter Sickerlinien ablei-
ten. Zusätzlich wird der Einfluss einzelner Querschnittselemente auf die
Standsicherheit im Sinne der Versagenswahrscheinlichkeit offensichtlich.                                 B7a

3.1    Probabilistische Sickerlinien
In Anbetracht der in einen homogenen Deichquerschnitt durch die Kubatur
eingeprägten Sickerlinie dient die in Abbildung 2 dargestellte Sickerlinie der
Plausibilisierung der Methodik. Für den stationären Fall im homogenen
                                                                                                         B7b

Deich (System 1) bleibt die Lage der Sickerlinie auch unter Berücksichtigung
der gesättigten Durchlässigkeit als Zufallsvariable deterministisch. Jedoch
ist davon auszugehen, dass die Sickerraten eine gleichgesinnte Variabilität
aufweisen wie die gesättigte Durchlässigkeit des Stützkörpers.

                                                                                                  25
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung
analytischer Berechnungsverfahren

Abbildung 2: Stationäre Sickerlinienverortung im homogenen Deich

Wie stark der drainierende Effekt eines Drainkörpers ist, hängt von dem
Verhältnis der Durchlässigkeitsbeiwerte zwischen Stütz- und Drainkörper
ab. Infolge dessen ergibt sich bei einer probabilistischen Beurteilung des
Zwei-Zonen-Deiches (System 2) eine Verteilung der Sickerlinien wie in Ab-
bildung 3 dargestellt. Es zeigt sich, dass für einen großen Verhältniswert
(Kombinationtion: kDrän groß und kStützkörper klein) eine starke und für einen
kleinen Verhältniswert eine schwache Drainwirkung erzielt wird. Die Medi-
an-Sickerlinie (Unterschreitungswahrscheinlichkeit: 50 Prozent) liegt nahe
der stationären Sickerlinie und tritt an der landseitigen Böschung aus dem
Deich aus.

Abbildung 3: Unterschreitungswahrscheinlichkeit der Sickerlinien in einem Deich-
             querschnitt mit Drainageprisma

Im Fall des Drei-Zonen-Deichs mit Oberflächendichtung (System 3) ist die
dichtende Wirkung ganz wesentlich von dem Verhältnis der gesättigten
Durchlässigkeit des Stützkörpers und der der Tondichtung abhängig. Ent-
sprechend korrelieren kleine Verhältniswerte mit hoch liegenden Sickerli-
nien (Kombination: kDichtung groß und kStützkörper klein) während große Ver-
hältniswerte im Gegenzug mit niedrigen Sickerlinien einhergehen. Wie in
Abbildung 4 zu sehen ist, liegt der Verlauf der Median-Sickerlinie deutlich
niedriger als die höchste Sickerlinie, sodass mit einer hohen Wahrschein-
lichkeit eine große Dichtwirkung erzielt wird.

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                                                                                                         B1
                                                         Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 65
          44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 - „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“

                                                                                                         B2
                                                                                                         B3
Abbildung 4: Unterschreitungswahrscheinlichkeit der Sickerlinien in einem Deich-
             querschnitt mit Oberflächendichtung und Drainageprisma; Verlauf der
             Sickerlinie innerhalb der Dichtung nicht abgebildet

                                                                                                         B4
Ähnlich verhält es sich bei einem Drei-Zonen-Deich mit Kerndichtung (Sys-
tem 4). Ergänzend zum vorangegangenen Drei-Zonen-System wird hier
auch der Sickerlinienverlauf vor und in dem Dichtkörper dargestellt

                                                                                                         B5a
(vgl. Abbildung 5). Bei einem Verhältniswert kStützkörper / kDichtung > 1 kommt
es auf der Wasserseite der Dichtung zur Retention, sodass hier mit einer
vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit hochliegende Sickerlinien zu
erwarten sind. Letztlich liegt die Median-Sickerlinie wasserseitig der Dich-

                                                                                                         B5b
tung auf Niveau der Wasserspiegellage, fällt innerhalb der Kerndichtung
stark ab und liegt luftseitig der Dichtung vergleichsweise niedrig.

                                                                                                         B6a
                                                                                                         B6b
Abbildung 5: Unterschreitungswahrscheinlichkeit der Sickerlinien in einem Deich-
             querschnitt mit Kerndichtung und Drainageprisma

Zusammenfassend zeigt sich, dass Sickerlinien in gegliederten Querschnit-
ten von der Streuung der gesättigten Durchlässigkeit abhängig sind. Dies
                                                                                                         B7a

bestätigt die Ergebnisse von Pohl (2000).
3.2    Versagenswahrscheinlichkeiten
Im Rahmen der Böschungsbruchanalyse der betrachteten Systeme ergaben
                                                                                                         B7b

sich nach 10.000.000 Realisierungen der MCS die Versagenswahrscheinlich-
keiten nach Tabelle 2.

                                                                                                  27
Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung
analytischer Berechnungsverfahren

Tabelle 2:         Versagenswahrscheinlichkeiten der untersuchten Deichquerschnitte

                                                        Beobachtete                  Versagenswahr-
 Deichsystem                                          Versagensfälle nf              scheinlichkeit Pf

 Homogener Deich                                           10.000.000                     1,0·10-0

 2-Zonen-Deich mit Drainage                                 6.195.375                     6,2·10-1

 3-Zonen-Deich mit Oberflächen-                                                                  -4
                                                               1.509                      1,51·10
 dichtung und Drainage

 3-Zonen-Deich mit Kerndichtung                                                                  -4
                                                               1.438                      1,44·10
 und Drainage

Für den homogenen Deich ergibt sich bei allen Realisierungen der
Versagensfall. Dies hat seine Ursache in der deterministischen Sickerlinie
sowie den deterministischen Eingangswerten für den effektiven Reibungs-
winkel sowie die Bodenwichte. Gleichsam weist dieses System auch bei
einer herkömmlichen Betrachtung einen Ausnutzungsgrad größer Eins und
somit den Versagensfall auf. Bei allen anderen Systemen zeigt sich eine
Reduzierung der Versagenswahrscheinlichkeit. Somit trägt die Integration
von Drainkörpern zur Senkung der Versagenswahrscheinlichkeit
(hier: ȫ 38 %) eines Deichquerschnitts bei. Gleiches gilt für die Konstruktion
von Abdichtungen (hier: ȫ99,9999 %).

4      Diskussion

Während für Filter ein Verhältniswert von kDrän / kStützkörper Ȳ 100 gefordert
wird, liegt dem System 2 bei Vergleich der Erwartungswerte ein Verhältnis-
wert von drei zugrunde. Somit ist die Bedingung der hydraulischen Filterwirk-
samkeit nicht eingehalten. Entsprechend ist für einen nach Regelwerk ge-
planten Zwei-Zonen-Deich von einer stärkeren Drainwirkung auszugehen.
Infolgedessen wird die Median-Sickerlinie dann deutlich niedriger liegen und
der ungesättigte Querschnittsanteil größer ausfallen. Somit ist von einer
geringeren Versagenswahrscheinlichkeit auszugehen. Daraus folgt, dass sich
Unsicherheiten der Eingangsgrößen in die Ergebnisse fortpflanzen.

28
B1
                                                                                                          B1
                                                          Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 65
           44. Dresdner Wasserbaukolloquium 2021 - „Wasserbau zwischen Hochwasser und Wassermangel“

                                                                                                          B2
Weiterhin ist die hier vorgestellte Methodik durch die analytische Verortung
der Sickerlinie auf einfache Querschnitte sowie stationäre Sickerverhältnis-
se beschränkt.

                                                                                                          B3
5    Fazit & Ausblick

Dass die gesättigte Durchlässigkeit von Böden eine streuende Größe ist, ist

                                                                                                          B4
allgemeiner Konsens. Wie diese als Zufallsvariable in Untersuchungen der
Sickerströmung einfließen kann, wird mit der vorgestellten Methodik ge-
zeigt. Anhand von vier Deichsystemen wird vorgeführt, dass eine Streuung
der gesättigten Durchlässigkeit mit einer Streuung der Lage der Sickerlinie

                                                                                                          B5a
einhergeht. Anschließend lässt sich die Standsicherheit der Querschnitte
unter Berücksichtigung der ungewissen Sickerlinien anhand der
Versagenswahrscheinlichkeit auswerten.

                                                                                                          B5b
Die Erkenntnisse dieser Studie ermöglichen eine Erweiterung probabilisti-
scher Analysen von (Fluss-)Deichen um die Berücksichtigung ungewisser
Sickerlinien. Dies trägt zur Verbesserung der Bestimmung von System-
versagenswahrscheinlichkeiten bei. Zur weiteren Verbesserung der Metho-

                                                                                                          B6a
dik ist anzustreben, eine probabilistische Verortung der Sickerlinie mittels
FEM vorzunehmen und so auf komplexere Querschnitte als die hier gezeig-
ten zu übertragen. Weiterhin sollten die Eingangsverteilungen der boden-
mechanischen Parameter auf Grundlage einer (inter-)nationalen Datenbank

                                                                                                          B6b
zu den Ergebnissen bodenmechanischer Laborversuche validiert werden.
Für eine methodische Weiterentwicklung sind die hier vorgestellten Er-
kenntnisse in eine ganzheitliche Betrachtung des Hochwasserrisikos zu
integrieren.                                                                                              B7a

Die Autoren bedanken sich bei der Bundesanstalt für Wasserbau und der Hoch-
schule für Technik und Wirtschaft Dresden für die Bereitstellung von Datensät-
zen der Bodenklassifikation, auf deren Basis diese Studie durchgeführt wurde.
                                                                                                          B7b

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Probabilistische Verortung der stationären Sickerlinie in Flussdeichen unter Verwendung
analytischer Berechnungsverfahren

Deutsche Norm DIN 1055, 2010: DIN 1055-2 Einwirkungen auf Tragwerke
Drews, Niklas (2019): Vergleichende Untersuchung des Sicherheitsniveaus von
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Weißmann, Rainer (2014): Probabilistische Bewertung der Zuverlässigkeit von
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       Dissertation. Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe. Institut für
       Wasser und Gewässerentwicklung

Dipl.-Ing. Niklas Schwiersch                             MSc. Bennet Dumke
Prof. Dr.-Ing. Jürgen Stamm                              B.O.R.I.S. Baubetreuung GmbH
Institut für Wasserbau und Techni-                       Am Rossauer Wald 1a
sche Hydromechanik                                       09661 Rossau
Technische Universität Dresden
August-Bebel-Straße 30
01219 Dresden

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