PUNKT - Sind Sie sicher? Cybersicherheit, IT-Sicherheit und Datenschutz
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AUF DEN PUNKT. Das Servicemagazin für unsere Mitglieder Nr. 3 / Juni 2021 Sind Sie sicher? Cybersicherheit, IT-Sicherheit und Datenschutz Seite 12 Online statt per Schneckenpost Seite 38 info.service Offizielle Bekanntmachungen Seite 24
INHALT STANDPUNKT Safety first – gerade für die Praxis-IT 3 AKTUELLES Mobile Testteams sichern Schulbetrieb 4 Wochenlang unterwegs auf dem Standstreifen 6 Weshalb es auf die Praxen ankommt 8 Gründe ausschließen, die gegen eine Impfung sprechen 10 TITELTHEMA Sind Sie sicher? Cybersicherheit, IT-Sicherheit und Datenschutz im Blick 12 Gestalten oder gestaltet werden? Die elektronische Patientenakte kommt ... 14 Update DSGVO – was gilt und was nicht (mehr)? 16 Sechsmal 15 Minuten gut investiert 18 Social Media: Alles easy oder doch nicht? 22 Cyberversicherung – sinnvoll oder nicht? 26 Cyberschutz – die Notfallübung 28 Fahrplan für die Niedergelassenen 30 GUT INFORMIERT Wer vor Ort ist, kann zum Patienten kommen 34 Zweitmeinung vor Operationen 36 Online statt per Schneckenpost 38 Wichtig beim Stempel der Vertragspsychotherapeuten 40 Seit zehn Jahren als lernendes System etabliert 41 Assistenz für die Praxis 42 PRAXISTIPPS Wie war das? Fragen aus der Praxis 46 SERVICE Ihr Kontakt zu uns/Impressum 47 2 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
STANDPUNKT Safety first – gerade für die Praxis-IT Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, wirklich, es gibt sie noch – die Editorials, in de- nen es fast gar nicht um die Coronapandemie geht. Wir haben an dieser und anderer Stelle eigentlich al- les formuliert, was es politisch dazu zu sagen gibt. Die Bekämpfung der Pandemie war – man muss es lei- der so sagen – fast ein einziges erratisches Gestolper und Missmanagement, für das es in unseren Augen keine Entschuldigung gibt. Und die Verantwortlichen sind sich in vielem auf deutsche Art leider sehr treu geblieben. Bürokratismus, Rechtsverordnungsorgien und täglich neue Anweisungen ersetzten Schnellig- sem Titelthema nachlesen. „Nehmen Sie es ernst, keit, Kreativität und beherztes Zupacken. Die Vermu- es ist ernst“, hat Frau Merkel im Frühjahr 2020 den tung, dass es dafür bei der Bundestagswahl im Sep- Deutschen zugerufen. Auch wenn wir uns ungern an tember für viele die Quittung geben wird, liegt nahe. Frau Merkel orientieren: Dieser Satz gilt aber unein- geschränkt auch für das Thema Cybersicherheit. Wer Ihr Augenmerk wollen wir in diesem Editorial aber auf es nicht ernst nimmt, läuft Gefahr, mit seiner Praxis unser Titelthema zur Cybersicherheit richten, das eine auf der Cyberintensivstation zu landen. Und das kann Serie zugehöriger Artikel in den letzten Ausgaben erst tödlich enden. einmal beendet. Die Parallelen zur Pandemie sind ver- blüffend: Wieder geht es um Viren und sicher handelt Wir hoffen sehr, dass sich bis zum Erscheinungstermin es sich auch um ein globales Problem mit enormem dieses Heftes der positive Trend durch die Coronaimp- wirtschaftlichem Schadenspotenzial. Aber es ist eben fungen so fortgesetzt hat, wie er sich bei Drucklegung auch ein Thema, das uns alle in den Praxen betrifft, dieses Heftes im Mai andeutet. Wie normal und er- individuell und persönlich. Sicher, man kann es wie holsam dieser vor uns liegende Sommer dann wirklich mancher Coronaleugner machen und die Gefahr ne- werden kann, steht trotzdem noch in den Sternen. gieren oder für sich ausschließen, ernsthaft zu erkran- Wir wünschen Ihnen in jedem Fall einen solchen Som- ken. Das geht so lange gut, bis es einen erwischt und mer – mit Zeit zum Erholen, zum Durchatmen und man im schlimmsten Fall sogar auf der Intensivsta vielleicht ja sogar zum Verreisen. tion landet. Bei den Viren, mit denen Kriminelle un- sere Praxen attackieren, ausspähen und erpressen, ist Wir danken Ihnen noch einmal herzlich und ausdrück- es aber kaum anders. Sie sind Realität und sie sind lich für Ihr großes Engagement bei der Pandemiebe- brandgefährlich – im schlimmsten Fall sogar lebens- kämpfung. Sie haben sich Erholung mehr als verdient! gefährlich für unsere Praxen. Mit herzlichen kollegialen Grüßen, Ihre Wie gut, dass es wirksamen Schutz dagegen gibt. Was die Impfung gegen Corona ist, sind hier Maß- nahmen gegen Cyberkriminelle. Und das geht natür- lich weit über Virenprogramme hinaus. Was Sie dazu dringend wissen und beachten sollten, konnten Sie Frank Dastych Dr. Eckhard Starke in den verschiedenen Teilen unserer Serie sowie die- Vorstandsvorsitzender stv. Vorstandsvorsitzender AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 3
AKTUELLES Mobile Testteams sichern Schulbetrieb Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz und die KVH-Vorstände Frank Dastych und Dr. Eckhard Starke haben im März ein Testmobil für hessische Schulen vorge- stellt. Es wird eingesetzt, wenn es in Schulen zu einer Häufung von Corona-Infek- tionen kommt. Frank Dastych erklärt den Medienvertretern das Testmobil der KVH. Ein solches Aufgebot an Journalisten aus Funk, Fern- sehen und Tagespresse hat es am Taunusgymnasium in Königstein im Taunus wohl noch nicht gegeben. Anlass für das große Interesse war die Vorstellung des neuen mobilen Corona-Testcenters der KVH, das auf Wunsch des Hessischen Kultusministeriums ent- standen ist und dazu beitragen soll, den Unterrichts- betrieb auch im Fall möglicher COVID-19-Infektio- nen an Schulen fortzuführen. Es ist das zweite von der KVH betriebene Fahrzeug dieser Art. Entschei- dend, so Lorz und die Vorstände der KVH, sei bei ei- nem Ausbruchsgeschehen vor allem die Geschwin- über das Ausmaß der Infektionen zu haben. So sei es digkeit. Es gelte demnach, möglichst schnell Klarheit möglich, kurzfristig wichtige Maßnahmen wie eine 4 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
AKTUELLES Simulierte Testung: Zehn Schüler und Lehrer des Taunusgymnasiums räumliche Trennung vorzunehmen. An dieser Stelle erklärte Dastych. Das Testmobil sei dazu mit mo- erhielten einen spiele das Testmobil seine Stärke aus. „Wir sind in dernster Technik ausgestattet; möglich seien sowohl PoC-Schnelltest. der Regel innerhalb von 24 Stunden beziehungswei- PoC- als auch PCR-Schnelltestungen. Die Schulen se am nächsten Werktag vor Ort und haben die Ka- können das mobile Testcenter über das jeweils zu- pazitäten, innerhalb eines Tages etwa 400 Schülerin- ständige Gesundheitsamt anfordern. nen und Schüler sowie das Lehrpersonal und weitere Mitarbeitende einer Schule zu testen und die Tes- Der Hessische Kultusminister Lorz dankte der KVH tungen innerhalb weniger Minuten auszuwerten“, für ihre Unterstützung und die gute Zusammenar- beit: „Wir sind froh, dass uns die Kassenärztliche Vereinigung in dieser herausfordernden Zeit als Part- ner begleitet und mit dem neuen Testmobil einen 25 weiteren wichtigen Baustein zu unserer Teststrate- gie für die Schulen beisteuert.“ Mit dem fahrenden Testcenter setzen die KVH und das Ministerium ihre Kooperation in der Coronapandemie fort: Bereits bei den Covid-19-Testungen des hessischen Schulperso- E insätze nals in den Arztpraxen hatten beide Seiten erfolg- reich zusammengearbeitet. n Alexander Kowalski Die beiden Testmobile der KVH hatten vom 22. Februar bis zum 30. April 2021 über 25 Einsätze. Sie waren in acht Landkreisen un terwegs und haben über 1.200 Per sonen getestet. AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 5
AKTUELLES Wochenlang unterwegs auf dem Standstreifen Der bürokratische Weg zu den Coronaschutzimpfungen in den Praxen Wer mal ein Projekt geleitet hat, der weiß, dass er Verantwortung der hessischen Ministerien liegt – für überflüssige Schleifen drehen muss, wenn er ver- Systemkenner und die Mitglieder der KVH eine nicht sucht, gleich vom Grobkonzept in die operative Um- nachvollziehbare Fehlentscheidung. Sehen Sie, wie setzung zu gehen. Dies ist nun auch bei den Corona man wochenlang nur den Standstreifen befahren hat, schutzimpfungen passiert, als entschieden wurde, unabhängig von dem bekannten Mangel an Impf dass die Projektverantwortung und -steuerung für die dosen, dem Hindernis schlechthin. n Impfungen in den Haus- und Facharztpraxen in der Petra Bendrich Rundschreiben der KVH vom KVH meldet dem HMSI 22.02.2021 am 10.03.2021 mit der Info, dass sich Praxisteams die Kontaktdaten für das Pilot bestimmter Fachgruppen bevorzugt Die KVH meldet dem HMSI projekt „50 Praxen verimpfen gegen Corona impfen lassen können am 02.03.2021 10.000 Impfdosen“ Dies hat die KVH erwirkt, damit Praxisteams impfberechtigte Praxen Die KVH meldet dem HMSI nach für die Behandlung ihrer Covid-Patienten ge- Dem HMSI liegt eine Liste aller kurzer Zeit bereits 350 Praxen. schützt sind. Praxen vor, deren Mitarbeitende be- Insgesamt werden sich über 800 Das organisatorische Management für diese rechtigt sind, sich in den Impfzent- Praxen anbieten. Impfungen verantworten die regionalen Impf- ren der Landkreise impfen zu lassen. zentren. Die KVH kann ihre Mitglieder bei der Terminvereinbarung nicht unterstützen. FEB MÄRZ Rundschreiben der KVH vom 26.02.2021 Rundschreiben der KVH Ankündigung, dass ab dem 5. März 2021 vom 08.03.2021, Gemeinsame Pressemeldung Impftermine für Personen der Priogruppe sich bei Interesse als Pilotpraxen vom 11.03.2021 2 ausgemacht werden und damit auch zu melden des Gesundheitsministers Kai für die Psychologischen Psychotherapeu- Klose, des Innenministers Peter ten, die tatsächlich im direkten Patienten- Die KVH sucht für das HMSI 50 Pilot- praxen für die Coronaschutzimpfun- Beuth und der KV Hessen zu kontakt stehen. den geplanten Impfungen in gen in den Hausarztpraxen. Es stehen Das organisatorische Management für dafür 10.000 Impfdosen von Astra- den Arztpraxen diese Impfungen verantworten die regi- Zeneca zur Verfügung (pro Praxis 200 Gesundheitsminister Kai Klose und onalen Impfzentren. Die KVH kann ihre Impfdosen). Innenminister Peter Beuth: Mitglieder bei der Terminvereinbarung „Wichtiger Beitrag zur Eindäm- nicht unterstützen. Berechtigte Mitglie- mung der Pandemie“: HMSI, HMdIS der der KVH sollen sich an das Impfzent- und KVH bringen Impfungen in die rum ihres Landkreises wenden. Praxen. 6 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
AKTUELLES Informationspaket vom Bekanntgabe der Entschei 24.03.2021 der KBV an dung des Gesundheitsminis alle KVen ters Jens Spahn am 15. März 2021, dass Impfungen mit Ankündigung, dass ab dem 07.04.2021 die COVID-19-Schutz dem Impfstoff von Astra impfungen in den Arztpraxen starten Zeneca ausgesetzt werden sollen. Da anfangs nur eine Liefer- Grundlage dafür ist eine Empfehlung menge von etwa einer Million Do- des Paul-Ehrlich-Instituts, vorüberge- sen pro Woche an Impfstoffen zur hend die Impfungen mit dem CO- Verfügung steht, sollen zunächst die VID-19-Impfstoff von AstraZeneca Hausärztinnen und Hausärzte imp- auszusetzen. Dies bezieht sich auf fen. In einem nächsten Schritt sol- Erst- und auch Folgeimpfungen. len – sofern genügend Impfstoff Hintergrund dazu sind Meldungen bereitgestellt werden kann – alle von Thrombosen der Hirnvenen im Vertragsärztinnen und Vertragsärz- zeitlichen Zusammenhang mit der te einbezogen werden. Die Praxen Pressemitteilung der KBV Impfung. Diese Fälle (sieben von 1,7 sollen einmal wöchentlich durch die vom 11.03.21 Apotheken über den Großhandel mit mit dem Appell, auf föderale Millionen Impfungen) müssten vor- sichtshalber untersucht werden. Impfstoffen beliefert werden. Ge- Sonderwege zu verzichten startet wird mit 20 Dosen pro Wo- Klare Botschaft an den Gesetzge- che pro Praxis. ber, dass das Impfen jetzt und sofort in die Arztpraxen gehört. Es würde sonst wertvolle Zeit verloren gehen. Die Europäische Arznei mittelbehörde trifft am 18. März 2021 eine Entschei dung zum Coronaimpfstoff von AstraZeneca Ab Freitag, 19. März 2021 soll in Deutschland wieder mit dem Vakzin von AstraZeneca geimpft werden. APRIL 07.04.2021: bundesweiter Rundschreiben der KVH Start der Coronaimpfungen Pressemitteilung des am 11.03.2021 an die in den Hausarztpraxen Virchowbunds vom 800 Praxen, Zum Start der Impfkampagne in den 11.03.2021 die sich für das Pilotprojekt „50 Arztpraxen haben die Praxen am Mitt- Die Botschaft lautet: Der Kraftakt für Praxen verimpfen 10.000 Impf woch (07.04.2021) 306.000 Impfungen Arztpraxen, innerhalb weniger Wo- dosen“ gemeldet haben gegen das COVID-19-Virus dokumen- chen 20 Millionen Impfungen durch- Allgemeines Update zum weiteren tiert, am Donnerstag (08.04.2021) sogar zuführen, ist zu schaffen und zu Prozedere verbunden mit dem Hin- knapp 326.000. Damit liegen die Arzt- realisieren. Damit würden die nieder- weis, dass es sich bei dem Pilotpro- praxen bereits auf dem Niveau der 433 gelassenen Ärzte zum „Game Chan jekt „50 Praxen verimpfen 10.000 Impfzentren in Deutschland. Bis Ende ger“ in der Pandemiebewältigung Impfdosen“ um ein staatsmedizi- der Woche wurden insgesamt rund eine werden. nisch organisiertes Versorgungspro- Million Dosen in den Praxen verimpft. jekt handelt, bei dem die KV Kon- taktdaten zur Verfügung stellt und keinen Einfluss auf die Auswahl der 50 Praxen hat. AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 7
AKTUELLES Gastbeitrag von Daniel Wosnitzka vom Zi Weshalb es auf die Praxen ankommt Hochrechnungen zur Relevanz des Impfens in den Praxen gen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fühlt bei der KBV vor, ob das Zi eine Modellierung auf die Bei- ne stellen kann. Das Zi sagt zu und erhält notwendige Daten aus dem BMG. Am 24. Februar 2021 stellen die KBV und das Zi dann die Modellierung öffentlich vor. Die Kernbotschaft der Modellierung: Bis Anfang/Mitte August 2021 kann die erwachsene Bevölkerung (ab 18 Jahren) in Deutsch- land vollständig geimpft sein. Voraussetzung: Nicht nur die Impfzentren impfen, sondern auch die Ver- tragsarztpraxen werden möglichst frühzeitig einbezo- Der 6. April 2021 markierte den formalen CO- gen. Es ist eine einfache Rechnung: Wenn 50.000 der VID-19-Impfstart in den Arztpraxen. Schon am 7. Ap- bundesweit rund 75.000 Arztpraxen täglich jeweils ril twitterte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn 20 Impfstoffdosen verabreichen, könnte die Impfleis- eine Rekordzahl von rund 656.000 Impfungen an ei- tung der Zentren durch die Praxen wöchentlich um nem Tag. Davon entfielen 306.000 auf die Praxen. rund fünf Millionen Impfungen zusätzlich verstärkt Nach Wochen einer schleppenden Impfkampagne werden. In den 433 Impfzentren wurden laut Melde- wurde endlich der viel beschworene „Impfturbo“ ge- daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) anfänglich um zündet, allerdings zunächst mit angezogener Hand- die 140.000, später auch bis zu 350.000 Impfungen bremse, denn der Impfstoff für die Praxen ist noch ra- pro Tag vorgenommen. Die Bestleistung der Zentren tioniert – zunächst auf rund eine Million Dosen pro könnte durch die Vertragsarztpraxen also mehr als ver- Woche. Erst ab Mai, so die offiziellen Zahlen des Bun- dreifacht werden. Die Modellierung des Zi zeigte auch, desgesundheitsministers, erlauben die Lieferzusagen dass spätestens ab Ostern 2021 genug Impfstoff vor- der Hersteller dann wöchentlich laufend steigende handen wäre, um die Praxen systematisch einzubezie- Bestellmengen für die Praxen. Diese sollen ab KW 17 hen. Hier waren am 24. Februar aber noch jede Men- bereits vier Millionen erreichen können. ge Voraussetzungen zu schaffen: Der Distributionsweg und die Bestellung durch Praxen mussten geregelt und Rückblende: Berlin, Anfang Februar 2021. In einer Vi- eine vereinfachte Impfdokumentation musste definiert deokonferenz der Ministerpräsidenten mit dem Kanz- werden, damit diese aus der Praxissoftware heraus zu leramt verlangt die Kanzlerin nach einer Modellierung. bedienen ist. Last, but not least musste die Vergütung Sie hat der deutschen Bevölkerung ein Versprechen festgelegt werden. All dies musste in die Impfverord- gegeben und will eine klare Perspektive, wann die nung aufgenommen werden; zudem mussten Bund Hochrisikogruppen geimpft sein können – und wann und Länder sich verständigen, welche Impfstoffmen- die gesamte Bevölkerung in Deutschland. Wann gen die Impfzentren erhalten sollten. Hier definierte kommt wie viel Impfstoff? Was leisten die Impfzen- die Gesundheitsministerkonferenz am 19. März einen tren? Ein Datenmodell soll her, anhand dessen jeder Zielwert von 2,25 Millionen Impfdosen wöchentlich verfolgen kann, wie es um die Impfkampagne steht für die Zentren. Die Praxen würden erhalten, was an und was getan werden muss, um sie zu beschleuni- Impfstoff darüber hinaus verfügbar wäre. 8 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
AKTUELLES Was anfänglich vielen Multiplikatoren in der Politik te die Risikogruppe 1 nach STIKO (13 Prozent der Be- und den Medien nicht bewusst war: Tatsächlich imp- völkerung ab 18 Jahren) bis Anfang Mai vollständig fen regulär rund 55.100 Praxen mit 87.000 Ärztin- durchgeimpft sein, die Risikogruppen 2 bis 4 (weite- nen und Ärzten regelmäßig. Dies sind überwiegend re 29 Prozent der Bevölkerung ab 18 Jahren) könnten Hausarztpraxen, aber auch Facharztpraxen zählen bis Ende Juni vollständig geimpft sein. dazu. Berücksichtigt man alle Praxen, die mindestens eine Impfung pro Jahr durchführen, kommt man auf Diese Ziele können aber nur erreicht werden, wenn 47.700 Praxen, die Teil der Impfkampagne sein könn- auch weiterhin Impfstoffe in die Praxen gelangen. ten. Wenn ab Mai die Impfstofflieferungen wöchent- Ohne die Praxen und nur mit der aktuellen Kapazi- lich größer werden, kann es sinnvoll sein, in einer ge- tät der Impfzentren wären diese Meilensteine nicht meinsamen Kraftanstrengung gegen Ende Mai und zu schaffen. Bis Ende Juni wären dann nur die Risi- Juni möglichst breit zu impfen, damit wirklich der ge- kogruppen 1 bis 3 zu impfen, zudem würden schät- samte verfügbare Impfstoff zur Pandemiebekämp- zungsweise 40 Millionen Impfdosen ungenutzt im La- fung genutzt wird. ger der Impfzentren liegen. Eine Durchimpfung der Bevölkerung wäre dann frühestens zum Weihnachts- Anhand der Modellierung konnte gezeigt werden, fest möglich. welche Effekte das Zurücklegen der Zweitdosis bezie- hungsweise die Verlängerung des Impfintervalls auf Wie wichtig die Praxen für die Impfkampagne sind, den Impffortschritt haben würde. Da mittlerweile be- zeigt ein Blick in die Liefererwartungen. Aktuell ge- kannt war, dass die Erstdosis bereits einen wirksamen hen wir davon aus, dass die Praxen ab Mai jede Wo- Schutz vor schweren Verläufen bietet, wurden die che etwa 600.000 Impfdosen mehr als in der Vorwo- Empfehlungen des BMG so angepasst, dass schnell che erreichen werden. Ihren erwarteten Höhepunkt ein großer Teil der Bevölkerung einen solchen Erst- erreichen die Lieferungen Anfang Juli. Dann wer- schutz erhalten könnte. Von elementarer Bedeutung den mehr als neun Millionen gelieferte Dosen in ei- ist das für Personen mit erhöhten Risiken, deren Zahl ner Woche erwartet. Auf diesem Niveau werden die mit steigenden Inzidenzzahlen ebenfalls steigt. Zu- Lieferungen dann bis Ende September verbleiben. Die dem konnte anhand der Modellierung durchgespielt Impfzentren schaffen in ihrer aktuellen Ausgestaltung werden, welche Effekte durch einen Ausfall von Ast- etwa 2,25 Millionen Dosen pro Woche. Die Praxen raZeneca zu erwarten gewesen wären. müssen darum ab Juli die übrigen 6,75 Millionen Do- sen verimpfen. Dies bedeutet mit Blick auf die 55.100 An der entscheidenden Aussage der Modellierung regelmäßig impfenden Praxen, dass sie jede Woche hat sich nichts geändert. Wer maximale Geschwin- 120 Impfungen durchführen müssen. Dies wird auch digkeit zur Verimpfung der zugesagten Liefermengen die Praxen an den Rand ihrer Impfkapazitäten brin- erreichen will, kommt ohne Arztpraxen nicht aus. Die gen. Aktuell nehmen die meisten Praxen bereits an Impfdokumentation der KBV zeigt, dass die impfen- der Impfkampagne teil und erhalten durchschnittlich den Praxen im Schnitt zwischen 60 und 120 Impfun- 20 bis 30 Impfdosen; in naher Zukunft wird sich die- gen täglich umsetzen können. se Menge vervierfachen. Darauf sollten sich die Pra- xen schon heute einstellen. Es wäre wünschenswert, Aktuell haben bereits rund 55.000 Praxen Impfstoff wenn für die Praxen diesbezüglich seitens des Bun- bestellt. In unserer Projektion des weiteren Impffort- des bald Klarheit hergestellt werden könnte, sodass in schritts rechnen wir mit etwas konservativeren Wer- den Praxen verlässlich geplant werden kann. n ten zur Kapazität der Praxen. Wir gehen davon aus, Daniel Wosnitzka dass regelhaft 30 Impfungen an drei Wochentagen in 50.000 Praxen möglich sind. Unter diesen Annah- men stellt sich der weitere Impffortschritt wie folgt Das Online-Tool des Zentralinstituts für die dar: Alle Erwachsenen könnten Stand heute (19. Ap- kassenärztliche Versorgung (Zi) kann hier ril 2021) eine erste Impfdosis bis Ende Juli erhalten, eingesehen werden: bis Ende August könnten sie vollständig geimpft sein. www.zidatasciencelab.de/cov19vaccsim/ Epidemiologische Daten zur Durchimpfungsquote der Der täglich aktualisierte Corona-Impfindex hier: einzelnen Risikogruppen liegen uns nicht vor. Auf Ba- www.zidatasciencelab.de/covidimpfindex/ sis der Anzahl der durchgeführten Impfungen könn- AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 9
AKTUELLES Gründe ausschließen, die gegen eine Impfung sprechen Dr. med. Detlef von Meien-Vogeler, der seit über 25 Jahren in der Gesundheits- kommunikation tätig ist, schildert seine Tätigkeit als Impfarzt im Impfzentrum Offenbach und außerdem, warum es ein tolles Gefühl ist, Menschen gesund- heitlich zu beraten. In Hessen gibt es 28 Impfzentren. Was war Ihre Motivation, sich als Impfarzt zu Woche. Meine Dienste sind berufsbedingt meist ab bewerben? Freitagnachmittag, am Samstag oder Sonntag. Eine Dr. med. Detlef von Meien-Vogeler: Ich hat- Schicht dauert offiziell von 8:00 bis 16:30 Uhr oder te schon im letzten Jahr die Idee, irgendwie unter- von 14:00 bis 22:30 Uhr. stützen zu wollen, als deutschlandweit mit so viel Engagement Impfzentren in ungenutzten Sport- Wie erleben Sie den Patientenkontakt? hallen und Veranstaltungsstätten eingerichtet wur- von Meien-Vogeler: Bei den Beratungsgesprächen den. Und spätestens seitdem die ersten Impfstoffe und den Impfungen erinnere ich mich oft, warum ich in Deutschland zugelassen wurden, wollte ich mit- eigentlich einmal Medizin studiert habe. Es ist ein tol- helfen, etwas gegen die rasante Ausbreitung der les Gefühl, Menschen gesundheitlich zu beraten und Coronapandemie zu tun. Anfänglich hatte ich et- gemeinsam mögliche Gründe auszuschließen, die ge- was Hemmungen, mich als Impfarzt zu bewerben, gen eine Impfung sprechen könnten. Bisher war das besonders weil ich so lange nicht mehr direkt mit niemals der Fall und in den Gesprächen, die ich ge- Patienten gearbeitet hatte. Aber dann dachte ich: führt habe, haben sich am Ende alle für die Impfung wann, wenn nicht jetzt? entschieden. Auch wenn man pro Gespräch durch- schnittlich nur drei bis sieben Minuten Zeit hat und In welchem Impfzentrum sind Sie tätig und wie sich auf jeden Impfinteressierten und seine Anamnese häufig? neu einstellen muss, war die Resonanz der Menschen von Meien-Vogeler: Seit zwei Monaten bin ich im gegenüber dem ganzen Impfteam – soweit ich es er- Impfzentrum Offenbach tätig – bisher einmal pro fahren habe – immer sehr positiv. 10 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
AKTUELLES Gibt es vonseiten der Patienten viele Vorbehal spielte Koordination und Zusammenarbeit. Entschei- te gegenüber den Impfungen? Wie gehen Sie dend ist dabei die Motivation aller Beteiligten, das ge- damit um? meinsame Ziel zu erreichen – und der Blick über den von Meien-Vogeler: Die Zuteilung der Impfstof- „Tellerrand“ der eigenen Aufgabe hinaus. Denn jeder fe für die jeweiligen Impfkandidaten erfolgt über das trägt seinen Teil dazu bei. zuständige Gesundheitsamt. Darauf verweisen wir in den Aufklärungsgesprächen. Diese betreffen momen- Wie schätzen Sie die Zukunft der Impfzentren tan besonders Informationen über die Vor- und Nach- ein? teile des Impfstoffs Vaxzevria von AstraZeneca. Ich von Meien-Vogeler: Ich denke, dass viele Impf- wurde selbst damit geimpft und bin, bei geeigneter zentren geschlossen werden können, wenn die Pri- Anamnese, von der Impfung weiter überzeugt, denn orisierungsgruppen abgearbeitet sind oder wegfal- laut Studien ist auch Vaxzevria hochwirksam. Außer- len und die niedergelassenen Praxen weitestgehend dem gibt es aus meiner Sicht zurzeit keine Alterna- die Impfungen übernehmen können. Voraussetzung tiven gegen Covid-19, zumindest solange RNA-Impf- scheint mir aber, dass die Lieferlogistik der Impfstof- stoffe knapp sind. Diese Argumente haben alle fe funktioniert. Außerdem wird es sicher in Zukunft Patienten, die ich beraten habe, überzeugt. Bei Kol- immer wichtiger, frühzeitig und dezentral auf erneu- legen war das teilweise anders: Es gab immer wieder te Ausbrüche von Infektionsherden reagieren zu kön- einige Menschen, die das Risiko, an Covid-19 zu er- nen. Schließt das Impfzentrum in Offenbach, werde kranken, auf sich nehmen und auf eine Impfung mit ich mich wieder auf meine journalistischen Aufgaben Comirnaty (Biontech/Pfizer) warten wollten. fokussieren. Ich stehe aber jederzeit gerne für einen „klinischen Einsatz“ zur Verfügung. n Wie hat man sich die Bürokratie rund um die Die Fragen stellte Impfungen vorzustellen? Gab es während der Petra Bendrich Beratung störende Digitalisierungsrückstände? von Meien-Vogeler: Sicher ließen sich einige büro- kratische Schritte optimieren; da wird doch sehr viel Aufwand betrieben. So würde vielleicht eine einzi- ge Unterschrift des Impfwilligen ausreichen statt ei- Zur Person Interviewpartner ner auf dem Aufklärungsbogen und einer unter der Einwilligungserklärung. Ähnliches gilt möglicherweise Dr. med. Detlef von Meien- auch für die digitale Vernetzung und den Austausch Vogeler ist nach seiner ärzt- zwischen den Impfzentren und Gesundheitsämtern. lichen Tätigkeit am Landes- Stichwort „Nachrücker“: Es ist selten vorgekommen, institut für Tropenmedizin aber wenn ein eigentlich vorgesehener Impfkandidat des Landes Berlin und As- ausfällt, muss für den bereits verarbeiteten Impfstoff sistenzarzt in einer Ber- (aufgezogen in Spritzen) sehr schnell ein Ersatzimpf- liner HIV-Schwerpunktpra- xis seit den 1990er-Jahren kandidat informiert werden. Und das funktioniert lei- in der Gesundheitskommunikation tätig. Dazu gehör- der nicht immer. ten Stationen in der klinischen Forschung an der Cha- rité, als Referent der Unternehmenskommunikation der Welche Unterschiede gibt es zwischen der Schering-AG und als PR-Berater in Healthcare-Agentu- Teamarbeit als Arzt im Impfzentrum und der ren. Seit 2005 ist er als medizinischer Fachredakteur Teamarbeit als Medizinredakteur im Verlag? für die wdv Mediengesellschaft tätig. Schon seit Be- von Meien-Vogeler: So wie ich es erlebt habe, ginn seiner Karriere, der mitten in die HIV-Pandemie gibt es tatsächlich eher Parallelen als Unterschiede. der 1990er-Jahre fiel, fühlte er sich eher zur Vermitt- Sowohl im Impfzentrum als auch im Medienbetrieb lung medizinischer Inhalte an eine breite Öffentlichkeit kommt es darauf an, dass alle gut zusammenarbeiten. als zu einer klassischen klinischen T ätigkeit hingezogen. Das gilt besonders in „Stoßzeiten“. Wenn es zum Bei- Seit 2015 ist er verantwortlicher Redaktionskoordinator von KVH aktuell Pharmakotherapie und unterstützt zu- spiel im Impfzentrum darauf ankommt, gemeinsam dem das AHH-Team des KVH-Informationsportals. viele Menschen zügig zu beraten, weil der Impfstoff aufgezogen nur relativ kurz haltbar ist und verimpft werden muss, dann bewährt sich eine gute, einge- AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 11
TITELTHEMA 12 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
TITELTHEMA Sind Sie sicher? Cybersicherheit, IT-Sicherheit und Datenschutz im Blick Die Digitalisierung in Deutschland hat das Tempo In diesem Heft stellt die Cybersicherheit sogar das einer Schnecke. Sogar vom Entwicklungsland in Sa- Titelthema dar. Wir geben Ihnen ganz praktische chen Digitalisierung spricht Prof. Dr. med. Ferdinand Tipps, wie Sie den Ernstfall proben und damit gut M. Gerlach, Vorsitzender des Sachverständigenrats vorbereitet sein können, beleuchten die Frage, zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheits- ob und wann eine Cyberschutzversicherung Sinn wesen, in seinem Gastbeitrag (Seiten 14–15). macht, und zeigen Ihnen auf, was Sie beim Umgang in und mit den sozialen Medien beachten sollten. Wer allerdings alles andere als im Schneckentempo unterwegs ist, sind Cyberkriminelle. Mit Vollspeed Ganz entscheidend für den Schutz vor Angriffen ist erobern sie „neue Märkte“, erstellen zum Beispiel natürlich eine gute und sichere IT-Infrastruktur in gut gefakte Bestellplattformen für PSA oder ha- den Praxen. Dazu gilt seit Kurzem die IT-Sicherheits- cken sich direkt in die Systeme ein und legen al- richtlinie nach § 75 b Abs. 1 SGB V. Was Sie hier les lahm. In unserer Serie zur Cybersicherheit ha- beachten und in Ihrer Praxis umsetzen müssen, le- ben wir uns in den letzten Ausgaben von Auf den sen Sie auf Seite 30. Und last, but not least verlie- PUNKT. mit der Vorgehensweise der Täter beschäf- ren wir dabei nicht den Datenschutz aus dem Blick. tigt, haben erklärt, wie man sich schützen kann Wussten Sie, dass sich bei den Vorgaben der DSG- und unter anderem über ein von einem Hacker- VO seit ihrer Einführung 2018 ein für Sie wichtiges angriff betroffenes MVZ berichtet. Alle Artikel die- Detail geändert hat? Welches das ist, lesen Sie auf ser Serie finden Sie auch auf www.kvhessen.de/ Seite 16 f. n cybersicherheit. Cornelia Kur AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 13
TITELTHEMA Gastbeitrag von Prof. Dr. med. Ferdinand M. Gerlach, MPH Gestalten oder gestaltet werden? Die elektronische Patientenakte kommt ... Woran denken Sie, wenn Sie „Digitalisierung des Gesundheitswesens“ hören? An teure, veraltete Konnektoren und Lesegeräte, Kosten für IT-Dienstleister, den Absturz der Praxis-EDV? Oder an Arbeitserleichterung, nahtlosen Informa- tionsaustausch sowie eine besser abgestimmte Diagnostik und Therapie? Viele Praxen erleben leider eher die Tücken der Technik und zu selten einen konkre- ten Nutzen durch Digitalisierung. braunen Tüte voller Röntgenbilder und einzelnen Arztbriefen in die Praxis, die ein Arzt dann in weni- gen Minuten durchdringen soll. Zum 1. Juli 2021 wird es richtig kompliziert: Alle nie- dergelassenen Ärzte sind dann gesetzlich verpflich- tet, ihre Praxen an die ePA anzubinden. Das Problem sind dabei weniger elektronische Heilberufsauswei- se oder Updates von Konnektoren und Praxisverwal- tungssystemen: Die ePA wird nur dann Doppelun- tersuchungen vermeiden und die Zusammenarbeit sowie die Behandlungsqualität verbessern, wenn Ärztinnen und Ärzte von der ePA überzeugt sind. Nur dann werden sie ihren Patientinnen und Patien- ten die Nutzung der ePA empfehlen. Die ePA sollte per Geburt mit Aber wir machen es – typisch deutsch – mal wie- Opt-out-Funktion Die Hightechnation Deutschland wirkt mit Blick auf der viel zu kompliziert. Der Versicherte muss die ePA angelegt werden. die Digitalisierung im Gesundheitswesen wie ein persönlich, zum Teil in der Geschäftsstelle der Kran- Entwicklungsland. In Estland zum Beispiel werden kenkasse, umständlich beantragen. Bei jedem Arzt- schon lange 99,9 Prozent aller Rezepte elektronisch kontakt, im Krankenhaus, in der Apotheke, beim Phy- ausgestellt, in Dänemark sind 98 Prozent der Haus siotherapeuten muss er zukünftig zustimmen, damit ärztinnen und Hausärzte vom Nutzen einer elektro- ein Leistungserbringer die Akte einsehen und dort nischen Patientenakte (ePA) überzeugt und weniger Daten speichern darf. Er soll „feingranular“ bis hin- als ein Prozent der Bevölkerung verzichtet freiwillig unter auf die Ebene des einzelnen Dokuments ent- darauf. Bei uns ist nicht selten der Patient der Über- scheiden. Und da jede Entscheidung zeitlich limitiert bringer von Daten. Im Bestfall kommt er mit einer ist, muss er die Zustimmung häufig wiederholen. Sie 14 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
TITELTHEMA wissen: Nicht nur ältere, pflegebe- zugreifen können. Der Patient kann dürftige, vergessliche oder unserer der Einrichtung widersprechen und Sprache nicht mächtige Patienten hat alternativ die Möglichkeit, werden an diesen Hürden schei- ausgewählte Bereiche zu ver- tern. Auch wenn die neudeutsch als schatten, sodass gegebenen- „Killerapplikationen“ oder „Game Changer“ falls nicht jeder Leistungser- bezeichneten Anwendungen wie eAU und bringer alle Inhalte sehen E-Rezept kommen, ist eine Routineanwendung im kann. Alltag weit entfernt. Vor allem die mehrfache akti- ve Opt-in-Entscheidung wird dazu führen, dass die Um die grundsätzlich sinnvolle Akte im Alltag nicht fliegt. Ärzte werden zu Recht sa- (und letztlich unaufhaltsame) Digitalisierung (mit-) gen, dass sie sich auf die Inhalte der ePA nicht verlas- zugestalten und nicht etwa nur gestaltet zu wer- sen können, wenn diese unvollständig, löchrig und den, sollten Ärztinnen und Ärzte stärker als bisher nicht aktuell ist. Im Nachbarland Frankreich hat man ihre Stimme erheben und nachdrücklich auf praxis- 2006 die ePA auf ähnlich komplizierte Weise einge- gerechte Lösungen drängen. Die Chance, dass sie führt. Trotz zunehmend intensiver Bemühungen hat- gehört werden, ist gut: Ohne Ärztinnen und Ärzte ten 2019 erst 20 Prozent der Franzosen eine ePA. geht es nämlich nicht. Sie sind die wichtigsten „Nut- Jetzt will man ab 2022 jedem Versicherten die Akte zer“ und wissen am besten, was in der Praxis ge- automatisch zuordnen. braucht wird, was für ihre Patienten wichtig ist, was im Alltag funktioniert – und was nicht. n Der Sachverständigenrat empfiehlt daher eine dras Prof. Dr. med. Ferdinand M. Gerlach tische, technisch intelligent abgesicherte und mit der Datenschutzgrundverordnung konforme Ver- einfachung – wie in Dänemark und Estland sowie demnächst in Frankreich per „Opt-out“ statt mehr- Das aktuelle Gutachten „Digitalisierung für fachem „Opt-in“: Jeder Bürger bekommt bei Geburt Gesundheit“ ist abrufbar unter: oder Zuzug automatisch eine elektronische Patien- www.svr-gesundheit.de tenakte, auf die nur behandelnde Leistungserbringer Zur Person Prof. Dr. med. Ferdinand M. Gerlach, MPH, ist Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Frankfurter Goethe-Universität und Vorsitzender des Sachverständi- genrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund- heitswesen. AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 15
TITELTHEMA Update DSGVO – was gilt und was nicht (mehr)? Im Mai 2018 trat die Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, in Kraft. Gab es am Anfang viel Unruhe und Unsicherheit in vielen Praxen, so hat sich dies inzwischen größtenteils gelegt. Auf den PUNKT. hat für Sie gecheckt, welche Vorgaben aktuell gelten. Der Datenschutz hat in den Praxen schon immer ei- der korrekte Umgang mit Patientendaten und -un- nen hohen Stellenwert. Aufgrund der persönlichen terlagen eine wichtige Rolle. Patienten müssen da- und zum Teil sehr sensiblen Informationen spielt rauf vertrauen können, dass alles geschützt bleibt, CHECKLISTE – WAS MÜSSEN SIE IN IHRER PRAXIS NUN TUN? Alle Praxen und Medizinischen Versorgungszentren ✔ Erstellen eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten (personenbezogener Daten), die in der Praxis anfallen ✔ Zusammenstellung der technischen und organisatorischen Maßnahmen, die die Praxis zum Schutz personenbezogener Daten ergreift ✔ Bereitstellung einer Patienteninformation zum Datenschutz in der Praxis, zum Beispiel als Aushang in den Praxisräumen und auf der Praxis-Website ✔ Verträge zur Auftragsverarbeitung mit Software-Anbietern und anderen Dienstleistern anpassen oder neu abschließen. Solche Verträge sind notwendig, wenn Auftragnehmer auf Patienten- oder Mitarbeiterdaten zugreifen können. Große Praxen und Medizinische Versorgungszentren ✔ Beauftragen eines Datenschutzbeauftragten, wenn in der Praxis mindestens 20 Personen regelmäßig personenbezo- gene Daten automatisiert verarbeiten, zum Beispiel am Empfang oder bei der Abrechnung. Übernimmt ein Mitarbeiter diese Aufgabe, benötigt er eventuell eine Schulung. ✔ Melden der Kontaktdaten der Praxis an die zuständige Aufsichtsbehörde Das kann außerdem erforderlich sein ✔ In seltenen Fällen kann eine Datenschutz-Folgenabschätzung nötig sein, zum Beispiel wenn große Mengen an perso- nenbezogenen Daten verarbeitet oder die Praxisräume systematisch videoüberwacht werden. Diese Praxen benötigen unabhängig von ihrer Größe ebenfalls einen Datenschutzbeauftragten. Der hessische Datenschützer hat besonders dar- auf hingewiesen, dass unter Umständen Datenschutz-Folgenabschätzungen notwendig sind. Beachten Sie hierzu unbe- dingt Veröffentlichungen unter www.datenschutz.hessen.de. ✔ Praxen, die mit Einwilligungserklärungen des Patienten arbeiten, zum Beispiel zur Weitergabe von Daten an eine pri- vatärztliche Verrechnungsstelle, müssen die Erklärung um einen Hinweis auf Widerrufbarkeit ergänzen. ✔ Praxen, die eine Internet- oder Facebook-Seite anbieten, sollten die Datenschutzerklärung prüfen und ggf. anpassen; dies gilt ebenso, wenn personenbezogene Daten zum Beispiel über Kontaktformulare oder für einen Praxis-Newsletter erfasst und gespeichert werden. 16 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
TITELTHEMA was Ärzten oder Psychotherapeuten im Zuge ihrer Konkret bedeutet das: Eine Praxis muss einen Daten- Behandlung bekannt wird. Mit der Einführung der schutzbeauftragten benennen, wenn mindestens 20 DSGVO wurden die Regeln zur Verarbeitung perso- Personen regelmäßig personenbezogene Daten auto- nenbezogener Daten vereinheitlicht. Für Praxen ent- matisiert verarbeiten, zum Beispiel am Empfang oder standen sowohl neue Nachweis- als auch Informa bei der Abrechnung. Bei Einführung der DSGVO 2018 tionspflichten. galt diese Regelung schon ab zehn Personen! Vergleicht man die Veröffentlichungen zu den Auf den PUNKT. hat daher die Checkliste der KVH DSGVO-Vorgaben von 2018 mit denen von heute, von damals aktualisiert. so fällt eines ganz deutlich ins Auge: Bei der Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten wur- Die KBV bietet zum Thema Datenschutz und Informa- de der Mindestpersonenzahl, die regelmäßig perso- tionssicherheit einen sogenannten „PraxisCheck“ an. nenbezogene Daten automatisiert verarbeitet, deut- Lesen Sie dazu ausführlich den Artikel ab Seite 18 f. lich angehoben, ja, quasi verdoppelt. TERMINE IM JAHR 2021 Seit 2018 bietet die KVH Seminare zum The Neu ist das Angebot zur Ausbildung zum ma „Datenschutz und DSGVO“ an. Über 200 Datenschutzbeauftragten. 2020 musste das Personen haben dieses Angebot schon ge Seminar coronabedingt leider ausfallen. nutzt. Referent: Daniel Schaupp, Datenschutzexperte, Prokurist bei DeltaMed Süd 3079 3118 Sa. 19.06.21 Espenau 09:00 –16:00 Uhr Di. 07.09.21 KVH Frankfurt 11:00 –17:00 Uhr 3153 Mi. 08.09.21 KVH Frankfurt 09:00 –17:00 Uhr Sa. 25.09.21 KVH Frankfurt 09:00 –16:00 Uhr Do. 09.09.21 KVH Frankfurt 09:00 –17:00 Uhr 3202 Fr. 10.09.21 KVH Frankfurt 09:00 –14:00 Uhr Sa. 13.11.21 KVH Frankfurt 09:00 –16:00 Uhr Gebühr: 180,00 € Gebühr: 650,00 € 9 Fortbildungspunkte sind genehmigt Anmelden können Sie sich unter www.kvhessen.de/fortbildungsprogramm n KBV, Cornelia Kur Weitere Informationen rund um den Datenschutz in den Praxen finden Sie unter www.datenschutz.hessen.de www.kbv.de/html/datensicherheit.php AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 17
TITELTHEMA Sechsmal 15 Minuten QM gut investiert Wie steht es um den Datenschutz und die Informationssicherheit, das Impf management oder das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement in der eige- nen Praxis? Der kostenlose Selbsttest „Mein PraxisCheck“ der KBV hilft, dies zu überprüfen und wertvolle Tipps zu erhalten. „Mein PraxisCheck“ (MPC) ist ein tungsinstrument, um Anregungen zur etablierter kostenloser, anonymer Verbesserung der Praxisabläufe zu er- Online-Selbsttest der KBV für nie- halten. Die Fragen, Bewertungen und dergelassene ÄrztInnen und Psycho- Tipps beruhen auf gesetzlichen Vor- therapeutInnen und deren Praxis- schriften, Empfehlungen der Ständi- teams. Der „MPC“ steht unter https://praxischeck. gen Impfkommission beim Robert Koch-Institut und kbv.de frei zur Verfügung. Es gibt ihn zu sechs The- des Bundesamtes für Sicherheit und Informations- men: Datenschutz und Informationssicherheit, Imp- technik sowie Qualitätszielen aus QEP – Qualität fen, Patientensicherheit, Qualitätsmanagement und und Entwicklung in Praxen®, dem Qualitätsmanage- den in Überarbeitung befindlichen Themen Hygiene ment-System der Kassenärztlichen Vereinigungen und Prävention Wundinfektionen. Jeder Teilnehmen- und der KBV. Ebenso gibt der „MPC“ eine Über- de erhält durch den „MPC“ einen Überblick, wie gut sicht, wie die eigene Praxis im Vergleich zu ande- die gesetzlichen Anforderungen in einem bestimm- ren Teilnehmenden abschneidet. Die Durchführung ten Bereich in der eigenen Praxis umgesetzt werden, des „MPC“ nimmt pro Thema etwa 15 Minuten in sowie eine Auswertung im PDF-Format mit hilfrei- Anspruch. Die Selbstbewertung kann jederzeit abge- chen (Praxis-)Tipps, weiterführenden Informationen brochen und der eigene Ergebnisbericht herunterge- und Links. Der „MPC“ ist somit ein Selbstbewer- laden werden. Mein PraxisCheck – auf einen Blick Infobox • Kostenloser Online-Selbsttest zum Umsetzungsstand der gesetzlichen Anforderungen • Sechs Themenbereiche: Impfen, Datenschutz und Informationssicherheit, Patientensicherheit, Qualitätsmanagement, Hygiene, Prävention Wundinfektion • Individueller Auswertungsbericht zeigt mögliche Verbesserungspotenziale mit weiterführenden Umsetzungshilfen auf • Keine Speicherung personenbezogener und/oder praxisbezogener Daten • Einfacher Internetzugang via PC, Tablet und Smartphone genügt 18 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
TITELTHEMA Mein PraxisCheck – Themenbereiche • Impfen • Patientensicherheit Der PraxisCheck zum Thema Impfen richtet sich Der Selbsttest umfasst fünf Fragen vom Risikoma- an alle Ärzte, die Impfungen durchführen. Die elf nagement über den Umgang mit Fehlern bis hin Fragen reichen von der Information und Aufklä- zum Schadensfall. Im Fokus stehen somit Gefah- rung der Patienten über die Beschaffung und La- renquellen, Risiken und Fehler im Hinblick auf die gerung von Impfstoffen bis zum Risiko- und Feh- Sicherheit der Patienten. lermanagement. • Qualitätsmanagement • Datenschutz und Informationssicherheit Dieser PraxisCheck bietet die Möglichkeit einer Dieser PraxisCheck umfasst 14 Fragen rund um (jährlichen) Selbstbewertung des praxisinternen das Thema Schutz von Patientendaten in der Pra- Qualitätsmanagements nach den Anforderungen xis. Die Fragen beziehen sich unter anderem auf der Qualitätsmanagement-Richtlinie des Gemein- Aufbewahrungsfristen der Patientenunterlagen samen Bundesausschusses. Die Themen der 16 sowie auf den Umgang mit IT-Systemen. Fragen reichen vom Notfallmanagement über die Regelung von Verantwortlichkeiten und Abläufen in der Praxis bis hin zum Umgang mit Fehlern. AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 19
TITELTHEMA • Hygiene Der PraxisCheck Hygiene umfasst alle wichtigen As- pekte des Hygienemanagements in der Praxis, zum Beispiel den Hygieneplan, den Hautschutz, melde- pflichtige Krankheiten oder den Infektionsschutz. Aktuell befindet sich der „Mein PraxisCheck“ zu dem Themenbereich Hygiene in Überarbeitung und steht daher derzeit nicht zur Verfügung. • Prävention Wundinfektion Der PraxisCheck zu diesem Themenbereich richtet sich insbesondere an ambulant operierende ÄrztIn- nen und befasst sich mit den Fragen, wie Patien- ten vor postoperativen Wundinfektionen geschützt werden. Die Themen reichen von Antibiotikapro- Erste Frage des phylaxe über Wundversorgung und Verbandswech- „Mein PraxisCheck“ – sel bis hin zu Medizinprodukteaufbereitung. Aktuell Datenschutz und Informationssicherheit wird der Themenbereich Prävention Wundinfektion überarbeitet und steht somit nicht zur Verfügung. PRAKTISCHE ANWENDUNG – THEMA DATEN- SCHUTZ UND INFORMATIONSSICHERHEIT Ärzte und Psychotherapeuten, die die Datensicher- heit in der eigenen Praxis einschätzen möchten, kön- nen dies mit dem „Mein PraxisCheck“ zum Thema Datenschutz und Informationssicherheit tun. Zu- nächst beginnt der Selbsttest mit Hinweisen zur Durchführung, wie dem Prinzip der drei Antwortka- tegorien, die alle gleich aufgebaut sind: gut umge- setzt – zu verbessern – risikoreich. Anschließend wird die erste Frage gestellt: „Wie stellen Sie bei der Er- hebung der Patientendaten eine angemessene akus- tische Abschirmung sicher?“ Bei der Beantwortung ist die Antwort wahrheitsgemäß auszuwählen. Trifft keine Antwort auf die Praxis zu, sollte die jeweilige Frage mit Klick auf den Button „Weiter“ oder den Vorwärtspfeil, übersprungen werden. Zu jeder Frage Hinweise, Tipps und stehen weitere Informationen zur Verfügung. Eben- Links im Auswertungs- so besteht die Möglichkeit, den PraxisCheck abzu- bericht zu Frage 1 „Mein PraxisCheck“ – brechen und sich den Ergebnisbericht mit Tipps an- Datenschutz und zeigen zu lassen. Eine Rückkehr zur Fortführung des Informationssicherheit Tests ist jedoch nach Abbruch nicht mehr möglich. 20 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
TITELTHEMA Nach Testabschluss kann der individuelle, knapp 20-seitige Auswertungsbericht, der die Ergebnis- se zusammenfasst und weitere Tipps und Hinweise bietet, im PDF-Format heruntergeladen werden. Sie können diesen Bericht als jährliche Selbstbewertung für Ihre QM-Dokumentation verwenden und bei- spielsweise im Rahmen eines Teammeetings die Er- gebnisse besprechen. Sinnvoll kann zudem sein, das alle Mitarbeiter den Test durchführen, da jeder Din- ge anders wahrnimmt. Der Bericht enthält zu Beginn eine Übersicht über den Umsetzungsstand der einzelnen Fragenthemen des Datenschutzes und der Informationssicherheit in der eigenen Praxis, gestaffelt nach „gut umgesetzt“, „zu verbessern“ und „risikoreich“. Auf Seite 2 des Er- Zweite Frage des gebnisberichts findet sich eine Grafik, wie die eigene „Mein PraxisCheck“ – Praxis im Vergleich zu den anderen Teilnehmern ab- Datenschutz und Informationssicherheit geschnitten hat. Anschließend folgt der Hauptteil des Auswertungs- berichts mit umfassenden praktischen Tipps, Links und weiterführenden Informationen zu den jeweili- gen Fragen des PraxisChecks. n Livia Krauß KONTAKT Das Team Qualitäts- und Veranstaltungsmanage- ment hilft Ihnen gern weiter. T. 069 24741-7551 F. 069 24741-68841 E. qm-info@kvhessen.de H. www.kvhessen.de/qm Im Auswertungs bericht gibt es praktische Tipps Weitere Informationen und Dokumente zu und Informationen. „Mein PraxisCheck“ finden sich unter www.kbv.de/html/9149.php AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 21
TITELTHEMA Social Media: Alles easy oder doch nicht? Facebook, Instagram, Twitter, YouTube: Marketing in sozialen Netzwerken liegt auch bei Ärzten im Trend und es bieten sich hier Möglichkeiten der Patientenge- winnung oder -bindung. Schnell ist der Praxisaccount erstellt. Die ersten Likes, Follower und Kommentare folgen. Doch was ist dabei zu beachten? Lesen Sie dazu den Fachbeitrag von Dr. Christine Trutt-Ibing. Impressum und Datenschutzerklärung Was viele Betreiber einer nicht ausschließlich pri- Lesen Sie dazu den Beitrag von Rechtsanwalt vat genutzten Social-Media-Präsenz nicht wissen: Dr. Thomas Schwenke: Nach Abmahnungen – Auch hier ist, wie auf der Praxishomepage, das Vor- Impressum bei Facebook, Instagram, YouTube, halten von Impressum und Datenschutzerklärung Twitter, Xing und LinkedIn umsetzen Pflicht und beide Angaben müssen mit maximal zwei Mausklicks erreichbar sein. Leider machen es uns die www.drschwenke.de/impressum-facebook- überwiegend im außereuropäischen Ausland ansäs- instagram-google-plus-twitter-youtube-xing- sigen Firmen häufig nicht leicht, diese Vorgaben zu linkedin/ erfüllen. 22 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
TITELTHEMA Urheber- und Nutzungsrechte dieses ist aber im Internet oft sehr schwierig bis gar nicht umzusetzen. Soziale Medien leben von Bildern und Videoclips. Bitte achten Sie darauf, dass für Bilder oder Videos, Datenschutz und Vertraulichkeit die Sie auf Social-Media-Plattformen hochladen, die Urheber- und Nutzungsrechte geklärt sind. Am ein- Wer für seine Praxis auf Facebook eine Seite ein- fachsten ist das natürlich, wenn Sie die Fotos selbst richten möchte, braucht zunächst ein privates Face- geschossen haben. Haben Sie die Bilder gekauft book-Profil. Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie oder anderweitig legal erworben, sollten Sie vor beides strikt voneinander trennen und erlauben Sie dem Hochladen checken, ob das Nutzungsrecht die Facebook keinen Zugriff auf Ihr Adressbuch. Schauen Verwendung des Bildes in Sozialen Medien abdeckt. Sie sich die Privatsphäre-Einstellungen Ihres privaten Manchmal ist es auch erforderlich, direkt auf dem Profils genau an und kontrollieren Sie diese regelmä- Bild einen Copyright-Hinweis anzubringen. ßig. Bitte haben Sie auch im Hinterkopf, dass Whats- App und Instagram ebenfalls zum Facebook-Konzern Wenn Sie ein Bild oder Video bei Facebook online gehören und dass Daten zwischen diesen Diensten stellen, räumen Sie Facebook weitreichende Nut- ausgetauscht werden, um damit Geld zu verdienen. zungsrechte ein. Das ist natürlich zum einen ge- wollt, denn schließlich soll Ihr Post ja von möglichst Dass auch im Internet die ärztliche Schweigepflicht vielen Personen gesehen und geteilt und damit in- gilt, ist eigentlich klar. Obwohl in den sozialen Me- nerhalb von Facebook verbreitet werden. Es bedeu- dien der Ton lockerer ist, sollten die Grenzen des tet aber auch, dass Sie keinen Einfluss darauf haben, Arzt-Patient-Verhältnisses auch dort nicht überschrit- wo Ihr Bild auf Facebook auftaucht und wer was da- ten werden. mit macht. Die Bundesärztekammer hat im Februar 2014 einen Und wie verhält es sich mit dem Urheberrecht, wenn Leitfaden mit Erklärungen und Beispielen herausge- Sie selbst ein Bild oder Video teilen? Hier sieht die bracht, der Ärzte im Umgang mit sozialen Medien rechtliche Lage so aus, dass dies innerhalb des ent- unterstützen soll. sprechenden Netzwerks und seiner App unproble- matisch ist, außerhalb davon jedoch nicht. Ärzte in sozialen Medien – Worauf Ärzte und Fotos von Mitarbeitenden Medizinstudenten bei der Nutzung sozialer Medien achten sollten: Veröffentlichen Sie Bilder oder Videos von Mitarbei- ter*innen, so sind Sie verpflichtet, vorher die Einwilli- www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/ gung der abgebildeten Person einzuholen. Das geht user_upload/downloads/Aerzte_in_sozialen_ mündlich, aber gerade im Streitfall sollte die Einwilli- Medien.pdf gung schriftlich vorliegen und genau benennen, wo- für das Bild oder das Video verwendet wird. Ach- tung: Eine erteilte Einwilligung zur Verwendung von Fotos auf der Praxishomepage gilt nicht automatisch Der Umgang mit Kommentaren auch für soziale Medien! Social Media lebt vom Austausch und somit auch Scheidet ein*e Mitarbeiter*in aus der Praxis aus, so von den Kommentaren der Besucher. Es liegt jedoch kann er*sie die Löschung des Fotos oder Videos ver- in der Natur der Sache, dass manchmal auch ein langen. Was auf der eigenen Praxishomepage ein- Kommentar dabei ist, den Sie unter Ihrem Beitrag fach ist, gestaltet sich in den sozialen Medien deut- eigentlich nicht haben möchten. Kann so ein Kom- lich schwieriger. Denn selbst wenn das Bild in Ihrem mentar gelöscht werden? Die Antwort ist Ja, aber es eigenen Account gelöscht ist, wissen Sie nicht, wer ist nicht immer sinnvoll. Wenn Sie Kritik sofort lö- es geteilt oder weitergeleitet hat und ob es dort schen, gelten Sie schnell als nicht kritikfähig oder auch tatsächlich gelöscht wurde. Es gibt inzwischen vermitteln den Eindruck, dass Sie an Ihren Followern zwar ein Recht auf Löschung und Vergessenwerden, und deren Meinung nicht interessiert sind. AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021 23
TITELTHEMA INTERNET-LÖSUNGE INTERNET-LÖSUNGE INTERNET-LÖSUNGE N NN INTERNET-LÖSUNGE N INTERNET-LÖSUNGE N FÜRFÜR FÜR ÄRZTE ÄRZTE FÜR ÄRZTE ÄRZTE FÜR ÄRZTE CHECKLISTE: CHECKLISTE: CHECKLISTE: CHECKLISTE: Macht Macht Macht Macht Facebook Facebook Facebook Facebook für für Ihre Ihre Ihre Ihre CHECKLISTE: fürfür Sinn? Macht Arztpraxis Arztpraxis Arztpraxis Arztpraxis Facebook für Ihre Arztpraxis Sinn? Sinn? Sinn? Sinn? Marketing Marketing Marketing Marketing in in sozialen ininsozialen sozialen Netzwerken Netzwerken sozialen Netzwerken Netzwerken auch liegt liegtliegt liegt bei Ärzten beiÄrzten bei bei auch auch auch Ärzten im im Marketing Ärzten in Trend. im Trend. imTrend. Trend. Doch sozialen DochDoch Doch ist ist das ist das auch das ist auch dasauch auch Netzwerken etwas etwas liegt etwas etwas für Ihre fürIhre auch für für beiPraxis? Praxis? Ihre Ihre Ärzten im Trend. Doch ist das auch etwas für Praxis? Praxis? Meine Meine Meine Meine Checkliste Checkliste soll Ihnen Ihnen sollIhnen sollsoll Checkliste Checkliste Ihnen diese helfen, helfen, helfen, helfen, Frage diese diese diese Frage Frage Fragezuzu zu beantworten. zubeantworten. beantworten. Los soll geht’s! Losgeht’s! LosLos Meine Checkliste beantworten. Ihnen helfen, diese Frage zu beantworten. Los geht’s! geht’s! geht’s! Ja Ja Ja Nein JaNein Nein Nein ALLGEMEIN ALLGEMEIN ALLGEMEIN ALLGEMEIN 1. 1. 1. Haben Haben 1. Haben Haben Sie privat bereits bereits privat Sieprivat Sie Sie privatbereits bereits Erfahrungen Erfahrungen Erfahrungen Erfahrungen auf Facebook Facebook aufFacebook auf auf ALLGEMEIN Facebook Haben Sie privat bereits Erfahrungen auf Facebook gesammelt? gesammelt? 1.gesammelt? gesammelt? gesammelt? 2. Sind 2. Sind 2. 2. Sind Sie Sieaufgeschlossen Sie Sie Sind aufgeschlossen für eine für für aufgeschlossen aufgeschlossen eine füreine eine 2. tion Patientenkommunika über tion Sind Patientenkommunika Patientenkommunika Patientenkommunika tion über über das dasdas das aufgeschlossen Sieüber tion für eine Patientenkommunikation über das Internet? Internet? Internet? Internet? Internet? 3. Passt Passt 3. Passt 3. 3. Passt Facebook Facebook Facebook Facebook zu zu Ihrer zu Ihrer zuIhrer Ihrer Praxiskultur? Praxiskultur? Praxiskultur? Praxiskultur? 3. Passt Facebook zu Ihrer Praxiskultur? ZIELE ZIELE ZIELE ZIELE 4. Haben 4. 4. Sie ein Sie Sie Haben 4. Haben Haben ein Ziel ZielZiel konkretes konkretes einkonkretes Sieein konkretes formuliert, ZielZIELE formuliert, formuliert, formuliert, Sie mit Sie4.Sie welches welches welches welches Sie mit Ihrem Haben mit Sie ein konkretes Ziel formuliert, welches Sie mit Ihrem Ihrem mitIhrem Ihrem Facebook-Auftritt Facebook-Auftritt Facebook-Auftritt Facebook-Auftritt erreichen erreichen erreichen erreichen wollen? wollen? wollen? wollen? Facebook-Auftritt erreichen wollen? 5. Sind 5. Sind 5. 5. Sind Sie sich sich darüber Siesich Sie Sie Sind sich im im Klaren, darüber darüber darüberimimKlaren, Klaren, welche welche Klaren, welche welche Patientengruppe Patientengruppe Patientengruppe Patientengruppe an- SieSie 5. Sind Sie an-darüber im Klaren, welche Patientengruppe Sie an- an- Siesich Sie an- sprechen sprechen sprechen sprechen wollen? wollen? wollen? wollen? sprechen wollen? 6. Sind diese Sind 6. Sind 6. 6. Sind Patienten diese diese diese auch Patienten Patienten Patientenauch auch auf Facebook Facebook aufFacebook auf auf auch Facebook unterwegs unterwegs unterwegs unterwegs Sind 6.sind? sind?diese Patienten auch auf Facebook unterwegs sind? sind? sind? RECHT RECHT RECHT RECHT 7. Sind 7. 7. Sie Sie Sind 7. Sind Sind Sie mit mit den den mitden Siemit den RECHT berufsspezifischen berufsspezifischen berufsspezifischen berufsspezifischen rechtlichen rechtlichen rechtlichen rechtlichen7. Sind Sie Grundlagen Grundlagen Grundlagen Grundlagen zurden berufsspezifischen rechtlichen Grundlagen zur zur zur mit zur Arztwerbung Arztwerbung Arztwerbung Arztwerbung vertraut? vertraut? vertraut? vertraut? Arztwerbung vertraut? 8. Sind 8. Sind 8. 8. Sind Sie über Sieüber Sie Sie Sind über die rechtlichen rechtlichen dierechtlichen die die über rechtlichen Gegebenheiten Gegebenheiten Gegebenheiten Gegebenheiten auf 8.Facebook Facebook auf auf auf Facebook infor-die rechtlichen Gegebenheiten auf Facebook infor- infor- über Sindinfor- Sieinfor- Facebook miert? miert? miert? miert? Impressum, Impressum, (Stichworte: (Stichworte: (Stichworte: (Stichworte: Impressum, Impressum, Bildrechte) Datenschutz, Datenschutz, Datenschutz, Datenschutz, miert? (Stichworte: Impressum, Datenschutz, Bildrechte) Bildrechte) Bildrechte) Bildrechte) 9. Kennen Kennen 9. Kennen 9. 9. Kennen die 10 Siedie Sie die Sie Sie 10 dieRegeln 10Regeln 10 Regeln für Ärzte fürÄrzte für für Regeln Ärzte in in sozialen Ärzte in Medien, sozialen insozialen sozialenMedien, Medien, die welche welche welche welche 9. Kennen Medien, die10 Regeln für Ärzte in sozialen Medien, welche die die die Siedie Bundesärztekammer Bundesärztekammer Bundesärztekammer Bundesärztekammer veröffentlicht veröffentlicht veröffentlicht veröffentlicht hat? hat?hat? hat? Bundesärztekammer veröffentlicht hat? RESSOURCEN RESSOURCEN RESSOURCEN Haben 10. RESSOURCEN10. 10. 10. Haben Haben Sie die die Siedie Sie Sie Haben zeitlichen zeitlichen diezeitlichen zeitlichen Ressourcen, Ressourcen, Ressourcen, Ressourcen, 1-2 mindestens mindestens mindestens mindestens RESSOURCEN 1-2 Mal 10. 1-2 1-2 Mal Haben Mal Mal im imim die zeitlichen Ressourcen, mindestens 1-2 Mal im Monat Monat SieMonat im MonatMonat etwas auf Facebook Facebook aufFacebook auf auf etwas etwas etwas Facebook zu posten? zu posten? zuposten? zu posten? etwas auf Facebook zu posten? 11. 11. 11. 11. Sie Sie Sie Können Können Können Können gewährleisten, gewährleisten, Siegewährleisten, gewährleisten, dass dassdass dassinnerhalb innerhalb kürzester kürzester innerhalb innerhalb kürzester kürzester Zeit auf aufSie auf Posts, Zeitauf 11.ZeitKönnen Zeit gewährleisten, dass innerhalb kürzester Zeit auf Posts, Posts, Posts, Posts, Kommentare Kommentare Kommentare Kommentare und Anfragen undund und über Anfragen Anfragen Anfragen über über über Facebook Facebook Facebook Facebook reagiert reagiert reagiert reagiert werdenkann? werden Kommentare werdenwerden kann? kann? kann?und Anfragen über Facebook reagiert werden kann? Gibt GibtGibt 12. 12. 12. 12. Gibt es jemanden es jemanden esjemanden es jemanden aus dem Praxisteam, dem ausdem ausaus dem Praxisteam, Praxisteam, der sich dersich derder Praxisteam, 12. sich mit sich mit mit es aus- Facebook mitGibt Facebook Facebook Facebook aus- aus dem Praxisteam, der sich mit Facebook aus- aus- aus- jemanden kenntkennt kennt kennt und undund Sie Sie Sie und kann? unterstützen unterstützen Sieunterstützen unterstützen kann? kann? kann? kennt und Sie unterstützen kann? Wie oft oftoft Wie Wie Wie oft haben haben haben haben Sie Sie mit mitmit SieSie mit Ja Ja geantwortet? Wie oft haben Sie mit Ja geantwortet? geantwortet? Ja geantwortet? Jageantwortet? 1-4 MAL MAL 1-4MAL 1-4 1-4 MAL Ein Facebook-Auftritt macht Facebook-Auftritt EinFacebook-Auftritt Ein Ein Facebook-Auftritt macht macht macht für Ihre fürIhre 1-4 für für Ihre momentan Praxis Praxis MALPraxis Ihre Praxis Ein momentan momentan momentan keinen Sinn. Sinn. Sinn. Sinn. Facebook-Auftritt keinen keinen keinen macht für Ihre Praxis momentan keinen Sinn. 5-7 MAL MAL MAL 5-7MAL 5-7 5-7 Sie Sie Sie sich sichsich sollten sollten Siesollten sollten sich nochmal nochmal nochmal nochmal Gedanken Gedanken Gedanken Gedanken dazu MAL 5-7dazu dazu dazu machen. Sie sollten sich nochmal Gedanken dazu machen. machen. machen. machen. 8-12 8-128-12 MAL MALMAL 8-12 MAL Worauf Worauf Worauf Worauf warten warten warten warten Sie noch?noch? 8-12 MAL noch? Sienoch? Sie Sie Worauf warten Sie noch? | ||| | ||| | | ||| | | ||| | | | | ||| Deshalb ist es wichtig, den Kommentar zunächst ein- Häufig ist es hilfreich, eine zweite Person um eine Ein- zuschätzen. Ist er: schätzung zu bitten, denn sie sieht das Ganze wo- • kritisch? möglich aus einem anderen Blickwinkel. Wie Sie • unsachlich? reagieren, liegt letztlich in Ihrem persönlichen Ermes- • unhöflich? sen. Sie haben die Möglichkeit, auf den Kommentar • beleidigend? zu antworten. Lassen Sie sich dabei auf keinen Fall • verleumderisch? von Ihrem Ärger leiten. Bleiben Sie immer höflich und • hetzerisch? sachlich, auch wenn es schwerfällt. Denn Ihre Reakti- • drohend? on wird nicht nur vom Kommentator selbst, sondern 24 AUF DEN PUNKT NR. 3 / JUNI 2021
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