Ungewohnt kalt und gegen Ende nass: Der agrarmeteorologische Frühling 2021 (Stand: 08.06.2021) - DWD
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Ungewohnt kalt und gegen Ende nass: Der agrarmeteorologische Frühling 2021 (Stand: 08.06.2021) Der Frühling 2021 gestaltete sich bis Anfang April von den Temperaturen und der phänologischen Entwicklung her insgesamt ausgeglichen. Bei unterdurchschnittlichen Niederschlägen lag die Bodenfeuchte bis zu diesem Zeitpunkt etwas unter dem vieljährigen Mittel. Von Ostern (Ostersonntag: 4. April) bis Ende Mai herrschte jedoch fast durchgehend sehr kühle Witterung, eine ähnlich lange kalte Phase im Frühjahr gab es seit 1991 nicht mehr! Die Pflanzenentwicklung verlief folglich wie in Zeitlupe, bis Ende Mai wuchs der Entwicklungsrückstand auf 10 bis 14 Tage an. Der Mai gestaltete sich in weiten Landesteilen zudem recht nass, so dass auch das Monatsmittel der Bodenfeuchte überdurchschnittliche Werte erreichte – seit 2017 war es der erste Monat in der Vegetationsperiode mit überdurchschnittlicher Bodenfeuchte. Die landwirtschaftlichen Kulturen waren meist ausreichend mit Wasser versorgt. Abbildung 1: Kumulative Niederschlagssumme (mm, entspricht l/m²) in Deutschland von Januar bis Mai für 2020, 2021 und das Mittel 1991 bis 2020 1 © Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Frankfurter Str. 135, 63067 Offenbach am Main E-Mail: landwirtschaft@dwd.de, Homepage: Agrarwetter, Twitter: dwd_klima
Im Frühling 2021 wechselten sich Phasen mit positiver und negativer Klimatischer Wasserbilanz ab (Abbildung 2), wobei im Verlauf der Jahreszeit kein eindeutiger Trend erkennbar war. Dies ist ungewöhnlich, da die Klimatische Wasserbilanz im Frühling zunächst üblicherweise positiv ausfällt und ab April aufgrund stark steigender Verdunstung zunehmend negativ wird. Diese Mal war die Klimatische Wasserbilanz vor allem im Mai aufgrund der nasskühlen Witterung ungewöhnlich häufig positiv. Abbildung 2: Klimatische Wasserbilanz (Niederschlag minus Verdunstung) für Deutschland im Frühling 2021 Wie aus den Tabellen 1 bis 3 ersichtlich, nahm die Bodenfeuchte (hier bezogen auf einen schweren Boden unter Winterweizen) im Laufe des Frühjahrs ab. Im März entzog der nur langsam wachsende Winterweizen dem Boden nur wenig Wasser, die nutzbare Feldkapazität (nFK) lag über Deutschland gemittelt noch bei 103 %. Im April sank die Bodenfeuchte bei relativ geringen Niederschlägen auf 91 % nFK. Im Mai ging sie trotz überdurchschnittlicher Niederschläge weiter auf 83 % nFK zurück, da die Klimatische Wasserbilanz bei zunehmender Verdunstung auf den Gesamtmonat bezogen meist negativ war und der Wasserbedarf des Winterweizens weiter anstieg. 2 © Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Frankfurter Str. 135, 63067 Offenbach am Main E-Mail: landwirtschaft@dwd.de, Homepage: Agrarwetter, Twitter: dwd_klima
Schleswig-Holstein u. Hamburg Rheinland-Pfalz u. Saarland Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen u. Bremen Brandenburg u. Berlin Nordrhein-Westfalen Baden-Württemberg Sachsen-Anhalt Deutschland Thüringen Sachsen Hessen Bayern Element Niederschlag (mm) 56 52 41 35 31 39 57 46 30 30 41 49 45 Prozent vom Mittel 112 98 103 88 58 76 92 78 68 73 67 77 82 1981-2010 (%) Klimatische +3 -7 -15 -26 -30 -26 -10 -27 -33 -35 -25 -24 -20 Wasserbilanz (mm) Bodenfeuchte 107 107 106 102 99 103 107 102 99 100 102 102 103 (% nFK) Tabelle 1: Niederschlag, Klimatische Wasserbilanz (Niederschlag minus Verdunstung über Gras nach Penman) und Bodenfeuchte (schwerer Boden unter Winterweizen in 0 bis 60 cm Tiefe) im März 2021 Schleswig-Holstein u. Hamburg Rheinland-Pfalz u. Saarland Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen u. Bremen Brandenburg u. Berlin Nordrhein-Westfalen Baden-Württemberg Sachsen-Anhalt Deutschland Thüringen Sachsen Hessen Bayern Element Niederschlag (mm) 29 40 30 29 31 45 41 34 31 32 29 33 34 Prozent vom Mittel 76 98 88 100 84 105 84 74 89 91 59 58 76 1981-2010 (%) Klimatische -71 -52 -62 -64 -57 -48 -47 -72 -55 -57 -69 -73 -62 Wasserbilanz (mm) Bodenfeuchte 94 95 92 88 88 95 98 89 89 90 88 87 91 (% nFK) Tabelle 2: Niederschlag, Klimatische Wasserbilanz (Niederschlag minus Verdunstung über Gras nach Penman) und Bodenfeuchte (schwerer Boden unter Winterweizen in 0 bis 60 cm Tiefe) im April 2021 3 © Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Frankfurter Str. 135, 63067 Offenbach am Main E-Mail: landwirtschaft@dwd.de, Homepage: Agrarwetter, Twitter: dwd_klima
Schleswig-Holstein u. Hamburg Rheinland-Pfalz u. Saarland Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen u. Bremen Brandenburg u. Berlin Nordrhein-Westfalen Baden-Württemberg Sachsen-Anhalt Deutschland Thüringen Sachsen Hessen Bayern Element Niederschlag (mm) 104 80 67 58 65 76 85 91 96 70 119 120 94 Prozent vom Mittel 208 140 140 109 108 113 133 136 160 113 142 130 136 1981-2010 (%) Klimatische +5 -33 -48 -76 -62 -43 -34 -31 -36 -63 +2 -2 -25 Wasserbilanz (mm) Bodenfeuchte 92 82 78 67 68 79 76 72 83 73 93 92 83 (% nFK) Tabelle 3: Niederschlag, Klimatische Wasserbilanz (Niederschlag minus Verdunstung über Gras nach Penman) und Bodenfeuchte (schwerer Boden unter Winterweizen in 0 bis 60 cm Tiefe) im Mai 2021 Im März setzte sich in der ersten Dekade das überwiegend trockene Wetter fort. Die Oberböden waren für die frühe Jahreszeit ungewöhnlich stark abgetrocknet und damit meist gut befahrbar, in einigen milden Regionen erfolgte die Aussaat von Sommergetreide. Zu Monatsanfang war es tagsüber mit 10 bis 15 °C noch mild, als Folge davon fand in einigen Rapsflächen ein weiterer starker Zuflug von Rapsstängel- und vor allem Kohltriebrüsslern statt. Entlang des Rheins erfolgte mit dem Beginn der Forsythienblüte der Start in den Erstfrühling. Um den 5. März floss deutlich kältere Luft ein, in den Folgenächten herrschte gebietsweise mäßiger Frost unter -5 °C. Die Vegetationsentwicklung kam nahezu zum Stillstand, der Zuflug von Schadinsekten in den Raps wurde unterbrochen. Zu Beginn der zweiten Dekade brachten die Sturmtiefs „Klaus“ und „Luis“ neben Sturmböen und vorübergehender Milderung auch verbreitet Regen, landwirtschaftliche Arbeiten mussten meist pausieren. Die Oberböden wurden angefeuchtet, im Norden, Nordwesten und in den Mittelgebirgen meist durchnässt. In der dritten Märzwoche floss erneut kalte Luft ein, die moderaten Niederschläge fielen teils als Schnee, im höheren Bergland war es tief winterlich. Nachts kam es wieder zunehmend zu leichtem, mitunter zu mäßigem Frost. Erst im Laufe der Folgewoche stellte sich sonniges und mildes, gegen Monatsende mit Höchstwerten über 20 °C sogar ungewöhnlich warmes Wetter ein. Die Oberböden trockneten rasch ab. Die Aussaat von Sommergetreide wurde fortgesetzt, besonders in den typischerweise milden Regionen erfolgte die Aussaat der Zuckerrübe. Nach langem Stillstand machte die Vegetationsentwicklung einen Sprung nach vorne: Nun begann auch im Norden, im Osten und in den Höhenlagen mit der Forsythienblüte der Erstfrühling, am Rhein öffneten sich schon die Blüten der Süßkirsche. Insgesamt bewegte sich die phänologische Entwicklung im März großteils im Bereich des Mittels der letzten Jahrzehnte. 4 © Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Frankfurter Str. 135, 63067 Offenbach am Main E-Mail: landwirtschaft@dwd.de, Homepage: Agrarwetter, Twitter: dwd_klima
Abbildung 3: Beginn der Forsythienblüte im Frühling 2021 und Abweichung vom vieljährigen Mittel Im April lagen die Temperaturen anfangs nur leicht unter dem Durchschnitt. In höheren Lagen wurde die Bestellung von Sommergetreide abgeschlossen, in milden Lagen erfolgte die Aussaat von Zuckerrüben. Ab Ostermontag, 5. April stellte sich mit nördlicher Strömung sehr kühles Wetter ein, welches sich mit kurzen Unterbrechungen bis über das Monatsende hinaus – und damit ungewöhnlich lange – hielt. Dabei fielen aber nur gelegentlich Niederschläge, zunächst schneite es teils bis in die Niederungen! In vielen Nächten kam es fast flächendeckend zu leichtem Frost, in ungünstigen Lagen traten bis zur Monatsmitte mehrfach mäßige Nachtfröste von unter -5 °C auf! Vor allem in milden Gebieten des Westens und Südwestens kam es unter anderem an blühenden Kirschen, Zwetschgen und Birnen, aber auch an austreibenden Weinreben und gerade aufgelaufenen Zuckerrüben zu erheblichen Frostschäden. In späteren Lagen befanden sich die Pflanzen meist noch in frostunempfindlicheren Entwicklungsstadien, somit traten dort weniger Schäden auf. In den beiden Wochen nach Ostern kam die Pflanzenentwicklung fast zum Stillstand. Pflanzenschutz- und Wachstumsreglermaßnahmen konnten kaum durchgeführt werden. In der letzten Monatsdekade kam das Pflanzenwachstum allmählich wieder in Gang, je nach Auftreten weiterer Fröste konnten Pflanzenschutzmaßnahmen nachgeholt werden. Die Maisaussaat erfolgte verbreitet, nun liefen – mehrere Wochen nach der Bestellung – allmählich viele Zuckerrüben auf. Zum Monatsende war die Pflanzenentwicklung etwa eine Woche im Rückstand. In Süddeutschland präsentierte sich der Oberboden trotz der niedrigen Temperaturen vielerorts ungewöhnlich trocken. 5 © Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Frankfurter Str. 135, 63067 Offenbach am Main E-Mail: landwirtschaft@dwd.de, Homepage: Agrarwetter, Twitter: dwd_klima
Abbildung 4: Abweichung der mittleren Bodenfeuchte (0 bis 60 cm unter Gras, sandiger Lehm) im April 2021 vom Mittel 1991 bis 2020 Der Mai begann im Süden mit ergiebigen Niederschlägen, welche die dortige Trockenheit der obersten Bodenschichten beendeten. Im weiteren Monatsverlauf verbesserten auch in den anderen Landesteilen wiederholte Niederschläge die Wasserversorgung der Pflanzen. Die Tagesmitteltemperaturen und die Verdunstung lagen bis auf den Zeitraum 9. bis 11.5. meist unter dem vieljährigen Mittel. Der Rückstand der phänologischen Entwicklung vergrößerte sich im Laufe des Monats auf 10 bis 14 Tage. Die niedrigen Temperaturen hemmten die Entwicklung der Zuckerrübenbestände stark. Für optimale Unkrautbekämpfung blieben nur wenige kurze Zeitfenster. Mais und Soja wurden in späteren Lagen erst Anfang Mai gesät, bis zum Auflaufen vergingen aufgrund der kalten Böden oft mehrere Wochen. Auch danach war es für eine optimale Entwicklung dieser Kulturen zu kalt. Regional drohte der Mais von den sich schneller entwickelnden Beikräutern und -gräsern überwachsen zu werden. Die Rapsblüte zog sich vielerorts über den ganzen Mai und örtlich sogar bis in den Juni hinein. Getreide entwickelte sich zwar langsam, aber gut weiter, für die Anlage von Blüten blieb mehr Zeit als in heißen Jahren. Der Krankheitsdruck durch Pilzinfektionen war aufgrund der niedrigen Temperaturen, trotz oft langer Blattnässedauer, gering. Grünland entwickelte sich bis zur Monatsmitte sehr verhalten, bei größeren Unterschieden zwischen den Höhenlagen als üblich. Die Silierreife und damit der erste Schnitt fanden vielfach erst in der zweiten Maihälfte, im Bergland teils sogar erst Anfang Juni statt. Der Wald profitierte von den feuchtkühlen Bedingungen. Die Bäume waren in vielen Regionen weniger dürregestresst als in den vergangenen Jahren und damit widerstandsfähiger gegenüber Schädlingen, außerdem war auch im Wald der Schädlingsdruck, z. B. durch Borkenkäfer, eher gering. 6 © Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Frankfurter Str. 135, 63067 Offenbach am Main E-Mail: landwirtschaft@dwd.de, Homepage: Agrarwetter, Twitter: dwd_klima
Abbildung 5: Abweichung der mittleren Bodenfeuchte (0 bis 60 cm unter Gras, sandiger Lehm) im Mai 2021 vom Mittel 1991 bis 2020 Abbildung 6: Abweichung des Blühbeginns des Schwarzen Holunders (Beginn des phänologischen Frühsommers) im Deutschlandmittel für alle Jahre seit 1992. 7 © Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Frankfurter Str. 135, 63067 Offenbach am Main E-Mail: landwirtschaft@dwd.de, Homepage: Agrarwetter, Twitter: dwd_klima
Abbildung 7: Perzentildarstellung der mittleren Bodenfeuchte in Deutschland (0 bis 60 cm unter Gras, sandiger Lehm) in % nFK von Juni 2020 bis Mai 2021 für den Vergleichszeitraum 1991 bis 2020 Abbildung 8: Zeitspannen phänologischer Jahreszeiten im Deutschlandmittel 2021 (innerer Kreis) im Vergleich zum vieljährigen Mittel seit 1992 (äußerer Kreis). Stand: 07.06.2021 Ausführliche (Agrar-) Klimaberichte zu den einzelnen Monaten finden Sie unter Monatlicher Klimastatus Deutschland. 8 © Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Frankfurter Str. 135, 63067 Offenbach am Main E-Mail: landwirtschaft@dwd.de, Homepage: Agrarwetter, Twitter: dwd_klima
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