Branchenbericht: Einzelhandel und Handelslogistik - BMAS
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Branchenbericht: Einzelhandel und Handelslogistik QuaTOQ – Qualität der Arbeit, Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit im Wechselspiel von Technologie, Organisation und Qualifikation Gina Glock, Kerstin Goluchowicz, Kai Priesack, Wenke Apt, Heike Strach, Marc Bovenschulte Steinplatz 1 10623 Berlin
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................................3 Tabellenverzeichnis ...............................................................................................................................5 1 Zusammenfassung ..........................................................................................................................6 2 Ziele und Herangehensweise .........................................................................................................8 2.1 Zielsetzung ..............................................................................................................................8 2.2 Projektdesign ..........................................................................................................................8 2.3 Methodische Ansätze ..............................................................................................................9 2.3.1 Empirische Analysen ..................................................................................................9 2.3.2 Delphi-Verfahren ..................................................................................................... 10 2.3.3 Fallstudien ............................................................................................................... 11 2.3.4 Synthetisierte Roadmap .......................................................................................... 11 3 Branchenübersicht ....................................................................................................................... 12 3.1 Wirtschaftliche Kennzahlen .................................................................................................. 12 3.2 Beschäftigungsentwicklung .................................................................................................. 20 3.3 Ausgewählte globale Trends ................................................................................................ 23 4 Wechselspiel von Technologie, Organisation und Qualifikation ............................................ 27 4.1 Übersicht .............................................................................................................................. 27 4.2 Technologie .......................................................................................................................... 35 4.2.1 Technologietrends ................................................................................................... 35 4.2.2 Anwendung digitaler Arbeitsmittel ........................................................................... 39 4.2.3 Gestaltungsoptionen ............................................................................................... 42 4.3 Organisation ......................................................................................................................... 44 4.3.1 Digitalisierung und Qualität der Arbeit..................................................................... 44 4.3.2 Flexibilisierungspotenziale in der Arbeitsorganisation ............................................ 53 4.3.3 Lernförderliche Arbeitsorganisation ........................................................................ 57 4.3.4 Gestaltungsoptionen ............................................................................................... 62 4.4 Qualifikation ......................................................................................................................... 63 4.4.1 Beschäftigungsperspektiven und Berufs- und Qualifikationsstruktur...................... 63 4.4.2 Kernkompetenzen und Berufsbilder der Zukunft .................................................... 68 4.4.3 Ausrichtung der beruflichen Ausbildung ................................................................. 72 4.4.4 Berufliche Weiterbildung ......................................................................................... 77 4.4.5 Gestaltungsoptionen ............................................................................................... 81 5 Fallstudien..................................................................................................................................... 82 5.1 Kleine Unternehmen und ländlicher Raum .......................................................................... 82 5.2 Perspektiven hochschulischer und beruflicher Ausbildungen.............................................. 84 6 Szenario: Einzelhandel und Handelslogistik 2030 .................................................................... 86 7 Anhang .......................................................................................................................................... 88 Literaturverzeichnis ............................................................................................................................ 90 2
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: QuaTOQ-Projektdesign 8 Abbildung 2: Expertiseneinschätzung der Delphi-Teilnehmenden 11 Abbildung 3: Entwicklung des Umsatzvolumens im Einzelhandel, Onlineanteil, Anzahl der Sendungen von Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen, 2000 – 2017 13 Abbildung 4: Umsatz führender Unternehmen im Einzelhandel, 2014 14 Abbildung 5: Anteil des Onlinehandels am Gesamtumsatz der Branche in 2030 15 Abbildung 6: Umsatz von KMU in Deutschland nach Wirtschaftszweigen, 2016 16 Abbildung 7: Anzahl der Unternehmen im Einzelhandel nach Beschäftigtengrößenklassen, 2016 16 Abbildung 8: Umsatz der gesamten Logistikbranche, 1995 – 2017 16 Abbildung 9: Volumen einzelner Geschäftsfelder der Logistik, 2015 17 Abbildung 10: Die 10 größten Logistikunternehmen nach Umsatz, 2017 17 Abbildung 11: Herausforderungen für erfolgreiche Neueinstellungen der Branche 22 Abbildung 12: Handlungsfelder der Branche 27 Abbildung 13: Vorbereitung auf zukünftige Herausforderungen 28 Abbildung 14: Gründe für den Strukturwandel 29 Abbildung 15: Konsumszenarien der Zukunft 30 Abbildung 16: Synthetisierte Roadmap 31 Abbildung 17: Priorisierung von Technologietrends 36 Abbildung 18: Zukünftiger Technologieeinsatz 37 Abbildung 19: Betroffenheit von der Digitalisierung, 2016 40 Abbildung 20: Verbreitung und Formen der Arbeit mit digitalen Mitteln, 2016 41 Abbildung 21: Einflussmöglichkeiten auf die Art und Weise des Technikeinsatzes, 2016 41 Abbildung 22: Stufen der Arbeitsqualität des DGB-Index Gute Arbeit, 2017 44 Abbildung 23: DGB-Index Gute Arbeit und Kriterien der Guten Arbeit, 2017 45 Abbildung 24: Zukünftiger Anteil von prekärer Beschäftigung 46 Abbildung 25: Physische und psychische Belastung, 2012 47 Abbildung 26: Zukünftige psychische und physische Belastung 48 Abbildung 27: Einflussfaktoren auf psychische Belastung 49 Abbildung 28: Folgen der Arbeit mit digitalen Mitteln aus Sicht der Beschäftigten, 2016 50 Abbildung 29: Arbeitszeitliche Belastung, 2012 53 Abbildung 30: Anteil mobiler Arbeit, 2016 54 Abbildung 31: Arbeit und Erreichbarkeit außerhalb der Normalarbeitszeit, 2016 55 Abbildung 32: Zukünftige arbeitszeitliche Flexibilität 55 Abbildung 33: Zukünftige betriebsorganisatorische Flexibilisierung 56 Abbildung 34: Kontrolle und Überwachung der Arbeitsleistung, 2016 56 Abbildung 35: Formen des Lernens im Prozess der Arbeit 57 Abbildung 36: Branchentypen nach indexbasiertem Ansatz, 2012 58 Abbildung 37: Lernförderlichkeit des Arbeitsumfelds, 2012 59 Abbildung 38: Lernförderlichkeit des Arbeitsumfelds nach Qualifikation, 2012 60 3
Abbildung 39: Zukünftige Bedeutung von Lernförderlichkeit des Arbeitsumfelds 60 Abbildung 40: Kriterien zur Schaffung von Lernförderlichkeit 61 Abbildung 41: Beschäftigungsanteile, 2018, und brancheninterne Anteilsverschiebungen nach ausgewählten Berufsgruppen, 2013 – 2018 63 Abbildung 42: Zukünftige Entwicklung der Qualifikationsstruktur 64 Abbildung 43: Begründung des Akademisierungstrends 65 Abbildung 44: Zukünftige Beschäftigungsentwicklungen 66 Abbildung 45: Zukünftige (Qualifikations-)Anforderungen 67 Abbildung 46: Heutige und zukünftige Bedeutung ausgewählter Kompetenzen 69 Abbildung 47: Zukünftige IT-bezogene Kompetenzen 70 Abbildung 48: Zukünftige Entwicklung neuer Berufsbilder 70 Abbildung 49: Berufsbilder der Zukunft 71 Abbildung 50: Zukünftige Gestaltung von Ausbildungscurricula 74 Abbildung 51: Berufliche Ausbildungen im Wandel 74 Abbildung 52: Formen betrieblicher Weiterbildung 77 Abbildung 53: Zukünftige Umschulungs- und Weiterbildungsbedarfe 78 Abbildung 54: Trajektorien der formalen Aus- und Weiterbildung für Verkaufs- und Logistikberufe 79 Abbildung 55: Notwendigkeit der Zertifizierung informeller Kompetenzen 80 Bildnachweis Titel: Adobe Stock/ supparsorn 4
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Teilnehmendenübersicht des 1. Zyklus der Delphi-Befragung 10 Tabelle 2: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Branche und ausgewählter Berufsgruppen, 2013 – 2017 20 Tabelle 3: Beschäftigungsentwicklung von Verkaufsberufen, 2013 – 2017 21 Tabelle 4: Tätigkeitsprofile und Substituierbarkeitspotenziale, 2013 39 Tabelle 5: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach Qualifikation, 2018 64 Tabelle 6: Begründung steigender Qualifikationsanforderungen 67 Tabelle 7: Vertragsneuabschlüsse und -lösungen ausgewählter Berufsausbildungen, Altersdurchschnitt und Anteil der Auszubildenden mit Studienberechtigung, 2008 – 2017 73 Tabelle 8: Themenfelder formalisierter Weiterbildung 78 Tabelle 9: Definition der Branchen nach Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 88 Tabelle 10: Indikatorenauswahl und -gewichtung für Branchentypisierung 89 Tabelle 11: Typen der Lernförderlichkeit 89 5
1 Zusammenfassung „You don't get a full picture of your consumer if you're only online or offline." Alibaba-Sprecher Brion Tingler1 Die Zukunft der Einzelhandels- und Handelslogistikbranche ist geprägt von einer zunehmenden Ver netzung von Online- und Offlineaktivitäten sowie der Verzahnung von Verkaufs- und Serviceprozes sen. Als primäre Treiber des strukturellen Wandels der Branche gelten sowohl die hohe Dynamik der Digitalisierung als auch anspruchsvollere Kundenbedürfnisse und Konsummuster. Stationäre Einzel händler geraten aufgrund des weiterhin wachsenden Volumens des Onlinehandels, der Expertenein schätzungen zufolge bis 2030 einen brancheninternen Umsatzanteil von über 30 % erreichen kann, unter erhöhten Wettbewerbsdruck. Diese Verlagerung des Handels vom physischen zum virtuellen Verkaufsraum stellt Unternehmen der Handelslogistik gleichermaßen vor kapazitative Herausforde rungen. In Anbetracht der beschäftigungsseitigen Bedeutung des Einzelhandels und der Handelslogistik – aktuell zählt die Branche über 2 Millionen Erwerbstätige – rücken zudem qualitative Aspekte der Be schäftigung in den Vordergrund. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse schwächen die Position von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rahmen der technologiegetriebenen Neuausrichtung der Branche und der damit einhergehenden arbeitsorganisatorischen und qualifikatorischen Anpassungs bedarfe. Eine wirtschaftliche und politische Weichenstellung für die zukünftige Etablierung guter (Teil zeit-)Arbeit darf an dieser Stelle nicht versäumt werden. Innerhalb dieses Berichts wird das wechselseitige Zusammenspiel von Technologie, Organisation und Qualifikation in der Einzelhandels- und Handelslogistikbranche betrachtet. Ziel ist es, die Auswirkun gen des Einsatzes von digitalen Technologien auf den strukturellen Wandel der Branchen- und Ar beitsorganisation sowie zukünftige Qualifikations- und Kompetenzbedarfe von Beschäftigten zu unter suchen. Auf der Technologieebene zeigt sich, dass branchenspezifische Technologietrends innerhalb des Einzelhandels und der Handelslogistik eine erhebliche Dynamik entwickelt haben. Diese äußert sich insbesondere darin, dass die klassische Trennung von Online- und stationärem Einzelhandel zuneh mend aufgehoben wird und ein Umstrukturierungsprozess etablierter Vertriebswege stattfindet. Mobile Anwendungen, virtuelle Marktplätze, Omnichannel-Commerce und automatisierte Warenwirtschafts systeme werden bereits von vielen Unternehmen genutzt. Dagegen werden die Umsetzungshorizonte von digitalisierten Verkaufsräumen und der flexiblen „Last Mile“ erst bis 2030 und darüber hinaus er wartet. KI-Anwendungen sind als branchenübergreifender Trend auch für den Einzelhandel und die Handelslogistik von höchster strategischer Bedeutung. Die Anwendungspotenziale neuer, digitaler Technologien sind vielfältig für die Branche. Aus Beschäf tigtenperspektive besteht jedoch hinsichtlich der tatsächlichen Anwendung digitaler Arbeitsmittel noch eine Diskrepanz zum gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt. Dies ist auch zurückzuführen auf die geringeren Einflussmöglichkeiten auf die Art und Weise des Technikeinsatzes für Erwerbstätige in Einzelhandels- und Handelslogistikunternehmen. Die Betrachtung der Organisationsebene ermöglicht einen Einblick in das Wechselspiel von Digitali sierung und Qualität der Arbeit. Die Arbeitsqualität von Beschäftigten der Branche liegt insgesamt deutlich unter dem Durchschnitt des produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors. We sentliche Gründe hierfür sind die hohe psychische Belastung und Unzufriedenheit mit der finanziellen Entlohnung der Arbeit. Während niedrige Einkommen und betriebliche Sozialleistungen auch auf die geringe tarifliche Anbindung der Branche zurückzuführen sind, ist hinsichtlich der Einflussfaktoren auf 1Vgl. https://www.axios.com/newsletters/axios-future-44c940cb-8141-4feb-82f4-81d0a6b032e6.html, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 6
die psychische Belastung von Beschäftigten stärker nach den Bereichen des stationären Einzelhan dels, des Onlinehandels und der Handelslogistik zu differenzieren. Flexibilisierungspotenziale in der Arbeitsorganisation beziehen sich zunächst auf arbeitszeitliche Rahmenbedingungen. Die Möglichkeit, Arbeitszeiten flexibel zu gestalten, wird für die Beschäftigten der gesamten Branche zukünftig anwachsen. Auch die Bedeutung von dezentralen, agilen Entschei dungs- und Arbeitsstrukturen nimmt zu. Diese arbeitszeitlichen und betriebsorganisatorischen Flexibi lisierungstendenzen bergen jedoch die Gefahr der technologiebedingten Überwachung und Kontrolle von Arbeitsleistungen. Agile Arbeitsorganisationsstrukturen gehen mit der Ermöglichung von Lernen im Prozess der Arbeit einher. Eine lernförderliche Arbeitsorganisation bildet die Basis für kontinuierlichen Kompetenzer werb. Die Lernförderlichkeit des Arbeitsumfelds des Einzelhandels und der Handelslogistik ist im branchenübergreifenden Vergleich unterdurchschnittlich ausgeprägt. Dies ist insbesondere auf gerin ge Gestaltungsoptionen und Handlungsspielräume für Beschäftigte zurückzuführen. Zukünftig wirkt sich die Förderung einer kooperativen Unternehmenskultur, des Einsatzes neuer Technologien und der Aufgabenvielfalt und -komplexität positiv auf das Lernen im Prozess der Arbeit in der Branche aus. Aufbauend auf den Erkenntnissen hinsichtlich des strukturellen Wandels von Technologie und Ar beitsorganisation werden auf der Qualifikationsebene potenzielle Anpassungsbedarfe bei der berufli chen Aus- und Weiterbildung identifiziert, um konkrete Handlungsempfehlungen und langfristige Be schäftigungsperspektiven für Berufe des Einzelhandels und der Handelslogistik zu ermitteln. Die Be schäftigungsperspektiven und die Berufs- und Qualifikationsstruktur werden von beruflichen Ausbildungsberufen – allen voran klassischen Verkaufs- und Logistikberufen – geprägt. Perspektivisch wird die Beschäftigung im stationären Einzelhandel sinken – qualifiziertes Verkaufspersonal bleibt jedoch gefragt. Der Anteil der Beschäftigten mit Hochschulabschluss wird dagegen innerhalb der ge samten Branche steigen. Handlungsbedarfe ergeben sich für Unternehmen auf qualifikatorischer Sei te. Die Qualifikationsanforderungen steigen zukünftig für Beschäftigte aller Bereiche: im stationären Einzelhandel, im Onlinehandel und in der Handelslogistik. Die Kernkompetenzen und Berufsbilder der Zukunft sind sowohl kundenorientiert als auch techno logiegetrieben. Die Bedeutung von Kommunikations- und Innovationsfähigkeit sowie von IT- Anwenderkenntnissen wird entsprechend steigen. Die Entwicklung neuer Berufsbilder wird vor allem für den Onlinehandel und die Handelslogistik erwartet und umfasst beispielsweise KI-Programmierer und –Interpreter, Data-Mining-Experten und Echtzeitlogistiker. Insbesondere für den Onlinehandel wird eine ausgeprägte, digital-bedingte Dynamik der Beschäfti gungsperspektiven bestätigt. Diese Dynamik spiegelt sich branchenweit innerhalb des Wandels von Tätigkeitsprofilen und somit der Ausrichtung der beruflichen Ausbildungsberufe wider. Innovative Technologien erfordern die Aneignung von neuen Kompetenzen, die auch die Entwicklung neuer Be rufsbilder ermöglichen (z. B. Kaufmann/-frau im E-Commerce). Für Beschäftigte des stationären Ein zelhandels und der Handelslogistik scheint dagegen vordergründig der Wandel bestehender Ausbil dungsberufe entscheidend für die zukünftige Beschäftigungsfähigkeit innerhalb der Branche zu sein. Zukunftsbezogene Themen wie Verkaufspsychologie oder fach- und warenbezogene Kundenberatung werden somit auch innerhalb der beruflichen Weiterbildung einen größeren Raum einnehmen. In formelle und formelle Weiterbildungsbedarfe werden innerhalb der Einzelhandels- und Handelslo gistikbranche gleichermaßen zunehmen. Auch die Zertifizierung informell erworbener Kompetenzen für angelernte und beruflich qualifizierte Beschäftigte gewinnt an Bedeutung. 7
2 Ziele und Herangehensweise 2.1 Zielsetzung Der Wandel von Tätigkeiten, Arbeitsinhalten und -abläufen unter dem Einfluss der Digitalisierung und unterschiedlicher Modelle der Arbeitsorganisation wie auch die damit verbundenen Qualifikations- und Kompetenzbedarfe wurden in Fachveröffentlichungen in der jüngeren Vergangenheit zwar behandelt, aber kaum aufeinander bezogen. Aus diesem Grund zielt das Forschungsvorhaben QuaTOQ darauf ab, zukünftige Arbeitsformen und -inhalte vor dem Hintergrund einer weiterhin zunehmenden Techni sierung, vor allem aber Digitalisierung der Leistungserbringung und Wertschöpfung, branchenbezogen zu betrachten und diese mit Fragen der Beschäftigungs- und Innovationsfähigkeit quantitativ wie quali tativ zu verbinden. Mit dem Forschungsprojekt sollen das komplexe Zusammenspiel und die wechselseitigen Abhängig keiten von Technologie, Organisation und Qualifikation betrachtet werden. Die Untersuchungen be ziehen sich einerseits auf die Arbeitswelt und somit die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im wei testen Sinne. Andererseits werden Fragen des Arbeitsmarktes thematisiert, und somit Aspekte der aktuellen Beschäftigungsverhältnisse und relevanter Trends im Hinblick auf Branchen oder entspre chende Digitalisierungsgrade von Tätigkeiten. Der vorliegende Bericht zur Einzelhandels- und Handelslogistikbranche ist Teil einer Serie von insge samt sechs Branchenberichten, die im Rahmen des Forschungsprojektes QuaTOQ erstellt werden. 2.2 Projektdesign Um ein umfassendes Bild der vergangenen Entwicklungen und zukünftigen Trends beim komplexen Zusammenspiel zwischen den Ebenen Technologie, Organisation und Qualifikation im Einzelhandel und der angrenzenden Logistikbranche zu erhalten, integriert das Projektdesign qualitative und quanti tative Methoden in einem iterativen Prozess (Abbildung 1). Abbildung 1: QuaTOQ-Projektdesign Quelle: Eigene Darstellung. 8
In einem ersten Schritt werden auf Grundlage eines Horizon-Scannings und empirischen Analysen (vgl. Abschnitt 2.3.1) branchenspezifische Trends und Szenarien abgeleitet.2 In einem zweiten Schritt werden diese Szenarien auf Basis einer Delphi-Befragung validiert und angepasst (vgl. Abschnitt 2.3.2) und in praxisbezogenen Fallstudien weiter vertieft (vgl. Abschnitt 2.3.3). Die Kernszenarien und Themen werden schließlich in einer synthetisierten Roadmap visualisiert und vertiefend diskutiert (vgl. Abschnitt 2.3.4). Dieser mehrstufige Ansatz integriert somit das Wissen aus der Literatur und daten basierten Analysen mit Wissen aus der Praxis. 2.3 Methodische Ansätze 2.3.1 Empirische Analysen Die primäre Datengrundlage der statistischen Analysen bildet die BIBB/BAuA - Erwerbstätigenbe fragung (ETB) 2012, eine repräsentative Erhebung von Kernerwerbstätigen in Deutschland (vgl. Rohrbach-Schmidt, 2009, Rohrbach-Schmidt & Hall, 2013).3 Die Befragung umfasst pro Welle ca. 20.000 Erwerbstätige und adressiert die Kernthemen „Arbeit und Beruf im Wandel“ und „Erwerb und Verwertung von beruflichen Qualifikation“. Die analysierte Stichprobe beinhaltet alle befragten Er werbspersonen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren, die mindestens zehn Stunden wöchentlich arbei ten und nicht in Ausbildung sind. Zur Wahrung der Bevölkerungsrepräsentativität erfolgt die Auswer tung der Stichprobe unter Berücksichtigung der Stichprobendesign- und Ausfallgewichtung (Gensicke, Tschersich & Hartmann, 2012). Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass die Ant worten die subjektive Einschätzung der Befragten abbilden. Für eine branchenbezogene Analyse der Daten wurden 34 Branchen als Kombinationen von (aggregierten) Wirtschaftszweigen (Klassifikation , WZ2008) und Berufen (Klassifikation KldB2010) definiert (Tabelle 9 im Anhang).4 5 Branchen werden weitergehend als wertschöpfender Kern definiert, indem Erwerbstätige aus nachgeordneten Service- Berufen aus der Stichprobe entfernt werden (vgl. Anmerkungen zu Tabelle 9). Die Branche „Einzel handel und Handelslogistik“ ist in den Datenanalysen durch die Beschäftigung in Einkaufs-, Vertriebs- und Handelsberufen sowie Verkehrs- und Logistikberufen definiert. Die Unterscheidung nach den Vergleichsgruppen „produzierendes Gewerbe“ und „Dienstleistungen“ erfolgt nach Wirtschaftszweigen auf Basis der Definition des Statistischen Bundeamtes (2017).6 Als ergänzende Datenbasis wird der DGB-Index Gute Arbeit 2012 – 2017 herangezogen. Dieser Index ist eine seit 2007 jährlich durchgeführte repräsentative Erwerbstätigenbefragung zu Arbeitsbe dingungen sowie physischer und psychischer Belastung von Beschäftigten in Deutschland. Mit dem DGB-Index Gute Arbeit wird basierend auf 11 Kriterien eine Messung von der Arbeitsqualität ange strebt. Seit der Weiterentwicklung des DGB-Index in der Erhebungsperiode 2011/2012 (Holler, 2013) umfasst die Befragung insgesamt mehr als 40.000 Erwerbstätige. Die Befragungswelle von 2016 um fasst 9.737 abhängig Beschäftigte und beinhaltet eine Sonderauswertung zum Thema „Die Digitalisie rung der Arbeitswelt“ (Institut DGB-Index Gute Arbeit, 2016). In Anlehnung an die BIBB/BAuA-ETB 2012-Analyse umfasst die Stichprobe alle befragten Erwerbspersonen bis zum Alter von 65 Jahren, die nicht in Ausbildung sind. Die Auswertung erfolgt unter Berücksichtigung von verfügbaren Gewich 2Das Horizon-Scanning beinhaltete eine umfangreiche Auswertung von verschiedenen Quellen wie renommierte Fachzeit schriften, graue Literatur, Strategiepapiere und Forschungsberichte von relevanten Akteuren aus Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft, Forschungsnachrichten von großen Förderorganisationen, etablierte Tagespresse und populärwissenschaftliche Zeitschriften und Experten-Abfragen. 3Aktuell erfolgt die Neuauflage der Erwerbstätigenbefragung (BIBB/BAuA-ETB 2018). Diese steht jedoch erst ab dem ersten Quartal 2020 für die allgemeine Forschung zur Verfügung und kann daher in diesem Bericht nicht verwendet werden. Vgl. https://www.bibb.de/de/65740.php, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 4Vgl. https://www.destatis.de/DE/Methoden/Klassifikationen/GueterWirtschaftklassifikationen/Content75/KlassifikationWZ08. html, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 5Vgl. https://www.destatis.de/DE/Methoden/Klassifikationen/Berufe/KlassifikationKldb2010.html, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 6 Eine Ausnahme bildet die Branche „Pflege und Versorgung“, die in Anlehnung an Roth (2017) der Vergleichsgruppe „Dienst leistungen“ zugeordnet wird. 9
tungsfaktoren. Wie bei der BIBB/BAuA-ETB 2012 ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu beach ten, dass die Antworten die subjektive Einschätzung der Befragten abbilden. Darüber hinaus erfolgt die Branchendefinition in den Daten des DGB-Index Gute Arbeit ausschließlich über den Wirtschafts zweig. 2.3.2 Delphi-Verfahren Mit der Delphi-Befragung werden branchenspezifische Trends zu Technologie, Organisation und Qua lifikation durch Experten der Einzelhandels- und Handelslogistikbranche konkretisiert und validiert.7 Die Befragung erfolgte anonym als softwaregestützte Online-Befragung in zwei Zyklen im Zeitraum von Mai bis Juni 2018. In der ersten Runde der Delphi-Befragung wurden die Expertinnen und Exper ten gebeten geschlossene und offene Fragen bzw. Frageblöcke zu beantworten. In der zweiten Run de hatten die Expertinnen und Experten die Möglichkeit, auf Grundlage der Kollektivmeinung aus der ersten Runde, ihre Aussagen mit den Meinungen der anderen Expertinnen und Experten zu ausge wählten Thesen zu reflektieren, vertiefende Thesen zu bewerten und in offenen Fragen weitere Bei spiele zu nennen. Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich die Expertenangaben auf die Ein schätzung von Veränderungen der Handels- und Logistikbranche innerhalb der kommenden 10 Jahre. An dem ersten Zyklus der Delphi-Befragung in der Einzelhandels- und Handelslogistikbranche nah men insgesamt 44 Expertinnen und Experten teil (Tabelle 1). Hierbei konnten hauptsächlich Akteure aus Unternehmen, Wissenschaft und Forschung sowie dem öffentlichen Sektor gewonnen werden. 20 dieser Expertinnen und Experten nahmen ebenso am zweiten Zyklus des Delphi-Verfahrens teil. Tabelle 1: Teilnehmendenübersicht des 1. Zyklus der Delphi-Befragung Kriterium Häufigkeit Anteil Zugehörigkeit Experte/in aus Einzelhandelsunternehmen 16 36 % Experte/in aus Dienstleistungsunternehmen (im Bereich Einzelhandel und Handelslogistik) 3 7% Experte/in aus Wissenschaft und Forschung 9 20 % Experte/in aus öffentlicher Verwaltung, Gewerkschaft, Verband, Netzwerk oder Politik 13 30 % Experte/in aus Berufsschule, Berufsbildungszentrum oder anderem Bildungsträger 3 7% Insgesamt 44 100 % Unternehmensgröße Kleines oder mittleres Unternehmen (bis 249 Beschäftigte) 7 16 % Großunternehmen (mehr als 249 Beschäftigte) 11 25 % Nicht zutreffend 26 59 % Insgesamt 44 100 % Quelle: Delphi-Befragung (1. Zyklus). Entsprechend der Selbsteinschätzung der Expertinnen und Experten verteilt sich deren Expertise zu 53 % auf den stationären Einzelhandel, zu 26 % auf den Onlinehandel und zu 21 % auf die Han delslogistik (Abbildung 2). 7 Details zur Delphi-Methode sind Vorgrimler und Wübben (2003) zu entnehmen. 10
Abbildung 2: Expertiseneinschätzung der Delphi-Teilnehmenden 21% 53% 26% Stationärer Handel Onlinehandel Handelslogistik Quelle: Delphi-Befragung (1. Zyklus). 2.3.3 Fallstudien Ausgangspunkt der Fallstudien sind leitfadengestützte Einzelinterviews mit Expertinnen und Experten der Einzelhandel- und Handelslogistikbranche. Die Fallstudien sollen insbesondere identifizierte Trends der vorhergehenden Untersuchungen validieren und konkretisieren. Vorgehensseitig wurden die Interviews zunächst transkribiert und in Texte überführt und – nach schriftlicher Klärung offener Fragen – abschließend von der Gesprächspartnerin bzw. vom Gesprächspartner freigegeben. Außer der Branche und ggf. Geschäftsbereich enthalten die Fallstudien keine weiteren Angaben zur Einrich tung und zur Interviewpartnerin bzw. zum Interviewpartner. 2.3.4 Synthetisierte Roadmap In Anlehnung an die Visual-Roadmapping-Methodik von Kind, Hartmann und Bovenschulte (2011) erfolgt eine Trendanalyse zur Identifizierung von Zeithorizonten neuartiger technologischer Entwick lungen sowie deren Auswirkungen auf Arbeitsorganisation wie auch Qualifikations- und Kompetenzan forderungen in Form einer synthetisierten Roadmap. Die Vorgehensweise eignet sich besonders für die Vorausschau und Bestimmung von Meilensteinen auf dem Weg vom „Jetzt“ hin zu möglichen Zu kunftsszenarien in der Arbeitswelt. Die synthetisierte Roadmap ist das Ergebnis eines iterativen Aus wertungsprozesses: Ausgehend von einer Analyse bestehender Technologie-Roadmaps und Strate giepapieren in Kombination mit einer umfassenden Literaturauswertung wurde eine vorläufige Version der synthetisierten Roadmap erstellt. Von dieser Roadmap wurden Kernthesen abgeleitet und im Rahmen einer Delphi-Befragung verifiziert und ergänzt. Abschließend wurden die Ergebnisse der Delphi-Befragung in eine finale Version der synthetisierten Roadmap eingearbeitet. Die Visualisierung der synthetisierten Roadmap spiegelt die drei zentralen Betrachtungsebenen von QuaTOQ wider: Technologie, Organisation und Qualifikation. Diese Analyse wird sowohl von bran chenspezifischen als auch branchenübergreifenden „Kontextfaktoren“ umrahmt, die potenzielle Ein flussfaktoren für Entwicklungen in den drei Ebenen darstellen und in Anlehnung an eine PEST-Analyse den vier thematischen Gruppen „gesellschaftlich“, „politisch/ökonomisch“, „technolo gisch“ und „ökologisch“ zugeordnet werden (Paul & Wollny, 2014). Mittels eines Horizon-Scannings werden zudem Trendhypothesen für die Zeiträume bis 2020, 2025, 2030 und darüber hinaus ermittelt. Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist die Ebene Technologie, die durch eine Auswertung beste hender Technologie-Roadmaps und Strategiepapiere umfassend dargestellt wird. Insbesondere wird die Technologie als Initiator des Wandlungsprozesses von Organisationsstrukturen sowie Qualifikati ons- und Kompetenzanforderungen verstanden. Die synthetisierte Roadmap hat nicht das Ziel, alle denkbaren Szenarien zukünftiger Entwicklungen in den drei Dimensionen Technologie, Organisation und Qualifikation aufzuzeigen, sondern soll vielmehr wichtige Herausforderungen hervorheben und potenzielle Entwicklungspfade darstellen. 11
3 Branchenübersicht 3.1 Wirtschaftliche Kennzahlen Für die in diesem Bericht gewählte inhaltliche Fokussierung auf die Handelsbereiche Einzelhandel, Onlinehandel und zugehörige Handelslogistik, d. h. angebundenen Paket- und Lieferdienstleistungen, gibt der folgende Abschnitt einen Überblick über die Ausdifferenzierung der Branche, den aktuellen Umsatz- und Beschäftigungsentwicklungen der letzten Jahre, die wichtigsten nationalen agierenden Unternehmen und eine allgemeine Beschreibung des Strukturwandels und der globalen Trends der Branche. Der Einzelhandel beinhaltet alle Handelsbetriebe, die an den Endverbraucher (Konsumenten) verkau fen. Dabei erhalten die Einzelhandelsbetriebe ihre Waren beispielsweise von Großhändlern oder di rekt von den Herstellern der jeweiligen Produkte. Weiterhin wird zwischen dem stationären Einzelhan del mit festen Verkaufsräumen (z. B. Fachgeschäfte, Waren- und Kaufhäuser, Discounter, Supermärk te sowie Einkaufszentren), dem ambulanten Einzelhandel (z. B. Verkaufsstände auf Wochenmärkten oder Haustürgeschäfte) und dem Versandhandel, darunter auch E-Commerce und Tele-Shopping, unterschieden. Grundsätzlich stellt der hier betrachtete Bereich des Handels eine sehr heterogene Branche mit außerordentlicher Varianz bezüglich ihrer Vertriebsformen, Eigentümerstrukturen, Unter nehmensgrößen, Produktportfolios etc. dar (Buss, 2018). Die große Sortimentsvielfalt ist charakteris tisch für die Branche und beinhaltet als gängigste Unterteilung eine Auflistung der Warengruppen in: Fashion und Accessoires, Consumer Electronics und Elektrogeräte, Heimwerken und Garten, Ge sundheit und Wellness, Schmuck und Uhren, Wohnen und Einrichten, Freizeit und Hobby, FMCG (Fast Moving Consumer Goods wie z. B. Nahrungsmittel, Körperpflegeprodukte und Reinigungsmittel), Büro und Schreibwaren sowie unter Sonstiges gelistete Produkte.8 Als wichtigste Treiber des strukturellen Wandels der Branche haben sich einerseits der branchen übergreifende Trend der Digitalisierung sowie andererseits der Wandel des Kundenverhaltens entwi ckelt. Letzteres äußert sich beispielsweise in einem deutlich gesteigerten Anspruchsdenken, das so fortige Verfügbarkeit und Rundumservice voraussetzt. Neue Erwartungshaltungen seitens der Kunden umfassen nach Huber, Steinle, Steinle und Armellini (2013) folgende Kriterien: Recyclebarkeit, Er gänzbarkeit, Wiederverkaufbarkeit, Updatebarkeit, Individualisierbarkeit, Reparierbarkeit, Wartbarkeit und Kombinierbarkeit. Spürbar ist allen voran ein deutlich verändertes Informationsverhalten der Kunden, ausgelöst durch die hohe Verfügbarkeit mobiler Endgeräte (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie [BMWi], 2017; Buss, 2018; KPMG AG, 2016). Vor allem der kaufvorbereitende Informationsprozess spielt sich hierbei immer häufiger im Internet und in Onlineshops ab. Dies führt dazu, dass Kunden mit einem höheren Wissensstand zur Produktpalette und -spezifika in den Handel kommen und hier spezielle, tiefergehende Beratung erwarten. Aber auch Phänomene wie das geplante „Showrooming“, bei dem sich Verbraucher im Ladengeschäft kostenlos informieren, obwohl sie wissen, dass sie beim konkur rierenden Online-Anbietern kaufen werden, setzten dem stationären Handel ebenfalls zu.9 Anderer seits wird der seit längerem beobachtbare Digitalisierungstrend in der Branche oft als umfassende, gewaltige Umwälzung sämtlicher Handelsprozesse und somit auch als digitale Transformation be schrieben. Diese Transformation betrifft neben neuen Technologien für den Verkaufsraum (z. B. zur Unterstützung der Produktrecherche, Präsentation, Bestellen, mobiles Bezahlen etc.), auch Technolo gien für das Back-Office (wie der Warenwirtschaft, Einkauf, Lagerhaltung, Logistik und Buchhaltung), den Online-Shop, den Einsatz von Cross-Channel-Konzepten, eine verstärkte Internetpräsenz und elaborierte Konzepte für das Social Media Marketing (Buss, 2018). Doch verschiedene Branchenbe 8 Vgl. auch Handelsverband Deutschland [HDE] (2018b). 9Vgl. https://idw-online.de/de/news707302 und Ergebnisse der Studien unter https://www.wiwi.uni- augsburg.de/en/bwl/paul/Downloads/Press_Downloads/2018-12-03_Showrooming_Retouren_Handel_Dezember_2018.pdf, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 12
richte zeigen, dass der Handel nur zaghaft auf die veränderten Kundenbedürfnisse reagiert und selbst deutlich Nachholbedarfe in Bezug auf die Digitalisierung formuliert (BMWi, 2017; Bundesverband In formationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. [BITKOM], 2017). Die Herausforde rungen in Bezug auf die notwendige Finanzierung und der Gestaltung der digitalen Transformation – besonders bei kleinen und mittelständigen Unternehmen – steigern den ohnehin hohen Wettbewerbs druck unter den Unternehmen, vor allem im stationären Handel, zunehmend (Buss, 2018). Zwar ver zeichnete die Branche in den vergangenen Jahren weiterhin moderate Umsatzsteigerungen, jedoch zeigt sich, wie in Abbildung 3 dargestellt, mit stetig steigenden Umsatzzahlen im Onlinehandel eine zunehmende Verlagerung der Verkaufszahlen zu Lasten des stationären Einzelhandels. Der seit 2005 stetig steigende Anteil an Onlinebestellungen erreichte zuletzt im Jahr 2017 ein Umsatzvolumen von gut 48 Milliarden Euro. Diese Entwicklung spiegelt sich ebenso in einem deutlichen Anstieg bei den Post- und Kurierdienstleistungen wieder. Im Vergleich zum Jahr 2000 wurden in 2017 fast doppelt so viel Paket- und Kurier-Sendungen verschickt. Dies resultiert darin, dass sich vor allem stationäre Han delsunternehmen aufgrund von Niedrigpreisanbietern und stark zunehmendem Onlinegeschäft einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt fühlen. Vor diesem Hintergrund wird vor allem aus dem Berei chen Fashion und Accessoires immer wieder von Krisen berichtet, die auch bislang umsatzsichere Textilhändler betreffen und Kräfteverhältnisse in der Branche umstürzen.10 Abbildung 3: Entwicklung des Umsatzvolumens im Einzelhandel, Onlineanteil, Anzahl der Sendungen von Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen, 2000 – 2017 Quelle: Eigene Darstellung. Statista GmbH (2018a) und HDE (2018b). Die derzeitige Struktur der nachgefragten Warengruppen im Onlinehandel unterscheidet sich jedoch noch grundlegend von der des stationären Handels. Während stationär die Fast Moving Consumer Goods (FMCG) mit 43 % den größten Anteil am Einzelhandel ausmachen, weisen Olinewaren der Gruppen Fashion und Accessoires (25 %) und CE/Elektro (25 %) gefolgt von Freizeit und Hobby (15 %) die größten Anteile auf.11 Mit zunehmenden Umsatzzahlen im Onlinehandel findet jedoch in fast allen Warengruppen außer bei FMCG eine mehr oder weniger starke „Kannibalisierung“ des Offline handels durch den Onlinehandel statt (HDE, 2018b). 10Vgl. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/modebranche-niedrigpreise-und-online-konkurrenz- deutsche-modekonzerne-kaempfen-ums-ueberleben/23840196.html?ticket=ST-3346406-BnGlcA0qVHkqHcIURpJt-ap5, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 11 Handelswaren mit hoher Warenrotationszahl, d.h. Waren des täglichen Bedarfs die im Verkaufsregal schnell entnommen und wieder aus dem Warenlager ersetzt werden wie bspw. Nahrungsmittel, Körperpflegeprodukte oder Reinigungsmittel. 13
Insgesamt werden die größten Umsatzvolumina im Lebensmittelhandel erzielt. Dies zeigt auch eine ältere Liste der zehn führenden deutschen Unternehmen im Einzel- und Onlinehandel (darunter die Edeka-Gruppe, Rewe-Gruppe, Aldi-Gruppe, Schwarz-Gruppe und Metro-Gruppe). Wie Abbildung 4 verdeutlicht, erzielten sie im Jahr 2014 einen Gesamtumsatz von über 172 Milliarden Euro in Deutsch land. Ein aktuellerer Vergleich der umsatzstärksten Onlinehändler in 2017 macht die Verschiebung hin zum verstärkten Onlinegeschäft in einzelnen Sparten deutlich. Nach Amazon folgen die Otto Group, Mediamarkt, Zalando und Saturn.de mit einem Wachstum von über 13 %. Allein auf Amazon inklusive des angebundenen Marketplace entfallen hierbei bereits 46 % des Onlineumsatzes in Deutschland (HDE, 2018b).12 Dies spiegelt sich auch im aktuellen Mediendiskurs wider. Entsprechend eines Onli neartikels der Welt gerät der deutsche Einzelhandel in eine zunehmend existenzielle Abhängigkeit vom Versandriesen Amazon, da viele Händler aus Mangel an Alternativen auf die vorhandene Platt formlösung setzen.13 Abbildung 4: Umsatz führender Unternehmen im Einzelhandel, 2014 Edeka-Gruppe 47.200 Rewe-Gruppe 25.881 Aldi-Gruppe 24.949 Lidl (Schwarz-Gruppe) 20.460 Kaufland (Schwarz-Gruppe) 13.600 Media-Saturn (Metro-Gruppe) 9.795 Amazon 8.981 Real (Metro-Gruppe) 7.939 Otto Group 7.140 dm Drogeriemarkt 6.400 Anmerkungen: Angaben in Millionen Euro. Quelle: Eigene Darstellung. Statista GmbH (2018e). Zudem setzten aber auch eine Vielzahl stationärer Einzelhändler zunehmend eigene Cross- und Multi- Channel-Strategien ein, um Vertrieb und Marketing über mehrere Kanäle miteinander zu verknüpfen (Acar, Spaan & Hampe, 2017; BMWi, 2017). Die hier verbreitetsten Varianten, neben der reinen Be stellung im Internet und Lieferung nach Hause, sind:14 ▪ die Bestellung im Internet und Abholung im Ladengeschäft (insbesondere verbreitet im Be kleidung- und Lebensmittelhandel) und ▪ die Bestellung im Laden („out of stock“) und Lieferung nach Hause. Laut HDE (2018b) lag 2017 das Onlinewachstum der Onlinehändler mit stationärer Basis erstmals über dem der reinen Onlinehändler. Der Einzelhandel selbst schätzt verstärkte Aktivitäten solcher Art als notwendig ein und bewertet dies sogar als Wettbewerbsvorteil, denn eine Konjunkturumfrage des 12 Amazon und Amazon-Marketplace (Amazon-Plattform für außenstehende Händler) 13Vgl. https://www.welt.de/wirtschaft/article181602892/Deutscher-Handel-Kein-Ueberleben-ohne-Amazon.html, zuletzt aufgeru fen am 27.02.2019. 14Vgl. https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/arbeit_iput_podium_6_walker.pdf, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 14
HDE aus dem Frühjahr 2018 zeigt hierzu eine deutlich unterschiedliche Einschätzung der geschätzten Umsatzentwicklung bei Vertretern des Multi-Chanel-Handels als bei Vertretern des reinen stationären Einzelhandels.15 Im Einzelhandel erwarten insgesamt 40 % der Betriebe eine Steigerung des Umsat zes zum Vorjahr, 31 % eine Stagnation und 29 % einen Rückgang des Umsatzes im Vergleich zum Vorjahr. Dagegen sehen Betriebe im Multi-Channel-Handel die Entwicklung deutlich optimistischer: 57 % der Betriebe gehen hier von einer Steigerung, 36 % von einer Stagnation und nur 7 % der Be triebe von einem Rückgang des Online-Umsatzes aus. Auch die befragten Experten der Delphi- Umfrage rechen bis zum Jahr 2030 mehrheitlich mit einem weiteren Anstieg des Online-Umsatzes bis auf 25 % bis 30 % (Prognosedurchschnitt: 33,4 %) (Abbildung 5). Abbildung 5: Anteil des Onlinehandels am Gesamtumsatz der Branche in 2030 12 12 Absolute Anzahl der Antworten 10 8 6 7 4 4 4 4 2 3 3 2 1 1 1 1 1 0 kA 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% 55% 60% 70% 80% Quelle: Delphi-Befragung (1. Zyklus). Eine weitere Besonderheit der Einzelhandelsbranche ist die sehr große Anzahl an Kleinst- und Klein unternehmen im Vergleich zum Durchschnitt aller Branchen. Abbildung 6 verdeutlicht dies durch den Vergleich der Umsatzzahlen der verschiedenen Wirtschaftszweige. Dementsprechend lag der von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erzielte Umsatz in Jahr 2016 im Wirtschaftszweig „Handel, Instandhaltungsdienstleistern und KFZ-Reparaturen“ bei 740.832 Millionen Euro – gegenüber durch schnittlich nur 120.257 Millionen Euro in anderen Wirtschaftszweigen. Fokussiert auf den Handel be inhaltet dies 345.000 deutsche Händler mit gut drei Millionen Beschäftigten, die vor allem in Klein- und Kleinst-Unternehmen arbeiten.16 Dies umfasst insgesamt 311.091 Unternehmen in der Gruppe der Unternehmen mit 1 bis 19 Beschäftigten (Abbildung 7). Doch wie kaum eine andere Branche profitieren Kurier-, Express- und Paketdienste vom E- Commerce-Boom der letzten Jahre und bilden ein wichtiges Bindeglied bzw. Kooperationspartner zwischen dem Handel und den Abnehmern. Eine aktuelle Branchenstudie zur Logistik der Hans- Böckler-Stiftung (Zanker, 2018) verdeutlicht die starke Segmentierung der Logistikbranche in unter schiedlichste Teilsegmente: Im Post-, Transport- und Logistiksektor sorgen rund 60.000 Unternehmen in Deutschland für den Transport von Rohstoffen, Vorprodukten und Halbfertigwaren und verteilen in Distributionsnetzwerken Industrie- und Konsumgüter an Handel und Endverbraucher. Das Umsatzvo lumen des gesamten Logistiksektors verzeichnete in den vergangenen Jahren einen stetigen Zu wachs und umfasste 2016 bereits mehr als 258 Milliarden Euro (Abbildung 8) und rund 1,34 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 15Vgl. https://www.einzelhandel.de/presse/pressekonferenzen/11143-hde-fruehjahrspressekonferenz-2018, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 16Klassifikation der Europäischen Kommission, vgl. https://www.foerderinfo.bund.de/de/kmu-definition-der-europaeischen- kommission-972.php und https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32003H0361&from=EN, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 15
Abbildung 6: Umsatz von KMU in Deutschland nach Wirtschaftszweigen, 2016 Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz 740.832 Verarbeitendes Gewerbe 414.046 Baugewerbe 210.147 Freiberufliche, wissenschaftliche und technische 199.255 Dienstleistungen Verkehr und Lagerei 110.882 Andere Wirtschaftszweige 419.001 Anmerkungen: Angaben in Millionen Euro. Quelle: Eigene Darstellung. Statista GmbH (2018f). Abbildung 7: Anzahl der Unternehmen im Einzelhandel nach Beschäftigtengrößenklassen, 2016 20 und mehr Beschäftigte 22.203 6 bis 19 Beschäftigte 84.321 3 bis 5 Beschäftigte 87.696 1 bis 2 Beschäftigte 139.074 Quelle: Eigene Darstellung. Statista GmbH (2018b). Abbildung 8: Umsatz der gesamten Logistikbranche, 1995 – 2017 300 250 263 258 253 235 230 228 223 218 200 210 206 200 189 174 170 150 161 160 156 154 149 133 124 123 121 100 50 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017* Anmerkungen: * Vorläufiger Wert. Angaben in Milliarden Euro. Quelle: Eigene Darstellung. Statista GmbH (2018g). 16
Neben der industriellen Kontraktlogistik gehört der Handel (Konsumgüterdistribution- und Konsumgü terkontraktlogistik) zu den größten Nachfragern nach Logistikdienstleistungen, gefolgt vom allgemei nen Ladungsverkehr, Terminaldiensten sowie Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEP) (Abbildung 9). Im Jahr 2015 umfassten die Geschäftsfelder Handelslogistik und KEP-Dienste zusammen ein Vo lumen von etwa 45,5 Milliarden Euro in Deutschland. Somit bilden Distributionsnetzwerke die logisti sche Basis für den Online-Handel. Abbildung 9: Volumen einzelner Geschäftsfelder der Logistik, 2015 Stückgut-Netzwerktransporte Tank- und Silotransporte Schwerlastlogistik Ladungsverkehre mit spez. Equipment Stückgut- und Teilladungsverkehr Seefracht Luftfracht 11,5 11 Konsumgüterdistribution 14,5 10 und -kontraktlogistik Massengutlogistik inkl. 9 Binnenschifffahrt 16,4 7,8 1,2 Terminaldienste 28 25 45,5 27,1 17,5 Allg. Ladungsverkehre 74 Kurier-, Express- und Paketdienste Industrielle Kontraktlogistik Anmerkungen: Angaben in Milliarden Euro. Quelle: Eigene Darstellung. Statista GmbH (2018h) Zu den beiden umsatzstärksten Logistikunternehmen in Deutschland im Jahr 2017 gehörte neben der Deutschen Post DHL auch die Deutsche Bahn (Abbildung 10). Mit insgesamt 17.150 Millionen Euro setzten sie sich deutlich von den Plätzen 3–6, Dachser, Kühne + Nagel, Rhenus sowie Volkswagen Konzernlogistik ab. Abbildung 10: Die 10 größten Logistikunternehmen nach Umsatz, 2017 Deutsche Post DHL 9.640 Deutsche Bahn* 7.510 Dachser 2.989 Kühne + Nagel 2.775 Rhenus 2.295 Volkswagen Konzernlogistik 2.176 UPS Deutschland 1.900 Hermes Europe 1.850 DPD Dynamic Parcel Distribution 1.800 Panalpina Welttransport 1.380 Anmerkungen: * Davon DB Cargo: 4.160 Millionen Euro; DB Schenker: 3.350 Millionen Euro. Angaben in Millionen Euro. Quelle: Eigene Darstellung. Statista GmbH (2018d). 17
Laut des Logistikmonitors 2018 schätzen Logistikunternehmen die aktuelle wirtschaftliche Situation in Deutschland deutlich positiver ein als der Einzelhandel: Über drei Viertel der Befragten bewerten diese als sehr oder eher positiv. Ebenfalls positiv ist die Bewertung der wirtschaftlichen Rahmenbedingun gen, während die politischen und infrastrukturellen Kontextfaktoren deutlich schlechter abschneiden (Kohl & Pfretzschner, 2018). Die größte Herausforderung für Unternehmen der Logistikbranche stellen jedoch derzeit Kapazitätsengpässe dar. Dies betrifft zum einen die Bewältigung des stark gestiegenen Sendungsvolumens, aber auch die gestiegenen Qualitätsanforderungen und die Geschwindigkeit der Auslieferung (Zanker, 2018) – technologiegetriebene Trends wie digitale Echtzeitlogistik unterstützen dabei diesen Anspruch. Das Sendungsvolumen ist zwischen 2005 und 2014, nach einer Untersu chung des Branchenverbandes der Kurier-, Express- und Paketdienstleister (BIEK), infolge des E- Commerce-Booms von 1,95 Milliarden auf 2,78 Milliarden Sendungen und somit um 42 % gestiegen (Zanker, 2018). Daher investieren viele Unternehmen verstärkt in den Ausbau und die Modernisierung der Paketnetze. Die Hans Böckler Stiftung fasst diese Entwicklung in ihrem Branchenbericht wie folgt zusammen: „Bei DHL als Marktführer im Bereich Business-to-Consumer (B2C) ist aufgrund des star ken E-Commerce-Wachstums das Paketvolumen binnen 10 Jahre von 749 Millionen auf 1.123 Millio nen Sendungen um rund die Hälfte gestiegen. Um diesen enormen Mengenzuwachs zu bewältigen, hat die Deutsche Post zwischen 2011 und 2015 750 Millionen Euro in die Modernisierung und die Erweiterung ihres Paketnetzes investiert. […] Hermes, die Nummer zwei im deutschen Paketgeschäft, investiert für den Ausbau seiner Infrastruktur bis 2019 rund 600 Millionen Euro in neue Paketzentren, um die steigenden Paketsendungsmengen aus dem Online-Handel bewältigen zu können. […] Auch die bislang primär im B2B-Segmente tätigen Paket- und Expressdienstleister UPS und DPD streben in das Geschäft mit E-Commerce-Sendungen und wollen ihren Marktanteil im Bereich B2C deutlich er höhen“ (Zanker, 2018). Nach Einschätzung der Logistikunternehmen im Logistikmonitor 2018 und im Branchenreport der Hans Böckler Stiftung sind vor allem eine reibungslose, schnelle Lieferung und Retourenabwicklung, eine hohe Dichte an Abgabestellen und Packstationen sowie einfache und sichere Bezahlsysteme ausschlaggebende Erfolgsfaktoren für den Onlinehandel und bedingen den weiterführenden Ge schäftsverlauf. Die gegenseitige Begünstigung beider Branchen steigt mit wachsender Leistungsfä higkeit sowie neuen Dienstleistungen der Logistikbranche. Im Logistikbereich werden vor allem End kunden als treibende Kraft hinter der Digitalisierung gesehen. Auf diesen langanhaltenden Trend sieht sich die Logistikbranche, nach eigener Einschätzung, gut eingestellt und begreift branchenübergrei fende Logistikkooperationen als Digitalisierungschance (Kohl & Pfretzschner, 2018). Diese Richtung wird auch von den großen Unternehmen der Branche aufgegriffen und beispielsweise in Trendanalysen öffentlichkeitswirksam aufbereitet, darunter auch die 4. Auflage des DHL Logistik Trend Radars. So wird nach Aussage von DHL durch die Digitalisierung die gesamte Branche in den kommenden Jahren grundlegend transformiert und Auswirkungen vor allem in den Bereichen Kun denorientierung, Nachhaltigkeit, Technologie und Kundenbeziehung haben.17 Gerade Themen wie schnellere und komfortablere Logistik, zeigen den Bedarf an Omnichannel-Logistiklösungen. Laut DHL liegt ein wichtiges Feld für Innovationen auf der letzten Meile, welches auch Lösungsansätze zur Integration von Logistikdienstleistungen in Smart-Home-Umgebungen bietet. Mit dem anhaltenden Boom im Online-Versandhandel muss perspektivisch aber noch mehr im Kontext der Nachhaltigkeit in der Logistik getan werden. Ein erster Schritt wurde mit Neuregelung der Verpackungsverordnung und dem am 01.01.2019 in Kraft getretene Verpackungsgesetz angestoßen.18 Da Onlinehändler und Ver käufer den Endverbraucher in Deutschland bisher lediglich darüber belehren mussten, dass Verkäufer 17Vgl. https://www.dpdhl.com/de/presse/pressemitteilungen/2018/zukunft-der-logistik-haengt-von-vier-schluesselfaktoren- ab.html, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 18 Verpackungsgesetz vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2234): Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwer tige Verwertung von Verpackungen, vgl. https://www.gesetze-im-internet.de/verpackg/index.html, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 18
diejenigen Packungen, die nicht bei einem dualen Entsorgungssystems registriert sind, zurücknehmen oder vom Kunden selbst sachgerecht entsorgen werden müssen, soll mit dieser Regelung nun dafür gesorgt werden, dass nur noch Packungen in den Verkehr gelangen, die bei einem System der dualen Entsorgung, z. B. dem „Grünen Punkt“, registriert sind. Die Händler müssen sich hierzu bei der eigens eingerichteten Stiftung „Zentrale Stelle Verpackungsregister" registrieren.19 Doch DHL geht weiter davon aus, dass eine verpflichtende Senkung von CO2-Emissionen und Abfällen in naher Zukunft eine Grundvoraussetzung für die weiteren Entwicklungen sein werden und will nach eigenen Angaben seine logistikbezogenen Emissionen bis 2050 netto auf null reduzieren. Weiter heißt es: Hierbei bietet Green-Energy-Logistik – die Elektrifizierung von Logistikflotten und -einrichtungen – ein gewaltiges Potenzial für die umweltfreundlichere Gestaltung von Logistikprozessen. 19 Vgl. https://www.it-recht-kanzlei.de/verpackungsgesetz.html, zuletzt aufgerufen am 27.02.2019. 19
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