Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie - Positionspapier

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Freiwilliges Engagement in der
 bayerischen Diakonie

 Positionspapier

Herausgegeben vom     März 2008
Diakonischen Werk
Bayern
Pirckheimerstraße 6
90408 Nürnberg
Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Zur Einführung

Mehrere zehntausend Menschen engagieren sich im Raum der bayerischen Diakonie
unentgeltlich und freiwillig für andere. Die Gründe dafür sind ebenso vielfältig wie die
Menschen, die sich einbringen. Der Gewinn durch die Begegnung mit anderen spielt
ebenso eine Rolle wie die Dankbarkeit für selbst Erlebtes.
Aber längst reicht der klassische Begriff „Ehrenamt“ nicht mehr aus, um die vielfältigen
Formen dieses unentgeltlichen Engagements für andere zu fassen. „Bürgerschaftliches
Engagement“, „Freiwilligendienste“, „Zivilgesellschaft“ – Schlagworte, die die Diskussion
um die freiwillige, unentgeltliche Arbeit mit und für andere seit einigen Jahren prägen.
Verbunden damit ist nicht selten der Versuch, dem Ehrenamt Aufgaben zuzuschreiben,
aus denen sich die öffentliche Hand zunehmend zurückzieht. Gegen eine derartige
Instrumentalisierung des Ehrenamtes hat sich die Diakonie in Bayern stets gewehrt.
Ehrenamtliche, so unsere Auffassung, sollen und dürfen nicht als „Lückenbüßer“
dienen. Das hieße, den Begriff der „Bürgergesellschaft“ nicht nur zu verengen, sondern
komplett falsch zu verstehen.
Umso wichtiger ist es darum für die Diakonie in Bayern, die bisherigen Vorstellungen
des Ehrenamtes zu überprüfen, neue Impulse der Diskussion aufzunehmen und damit
auf veränderte Rahmenbedingungen, Motivationslagen und Möglichkeiten zu reagieren.
Im vorliegenden Papier wird darum über Beispiele und Begrifflichkeiten versucht, der
Vielfalt des Engagements, aber auch den gesellschaftlichen Bedingungen gerecht zu
werden, unter denen es geschieht. Gerade die Diakonie in Bayern kann auf diesem
Felde stolz auf sich und all diejenigen sein, die in und mit ihr sich freiwillig engagieren.
Sie ist sich bewusst, welchen wertvollen Beitrag ehrenamtlich Mitarbeitende für das
gelingende Miteinander von Menschen leisten. Sie ist sich aber auch bewusst, dass
gerade das Verhältnis zwischen Ehrenamtlichen einerseits und Hauptamtlichen
andererseits besonderer Aufmerksamkeit bedarf, und die beiden nicht gegeneinander
ausgespielt werden dürfen. Beide, Ehrenamtliche wie Hauptamtliche, widmen sich ihrer
Zeit und gehören damit auch den späteren Zeiten an.

Ich wünsche uns allen eine fruchtbare und fortführende Diskussion für das Heute und
das Morgen.

Dr. Ludwig Markert
Präsident des Diakonischen Werkes Bayern

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

                                          Freiwilliges Engagement
                       Freiwilligendienste und Ehrenamt in der bayerischen Diakonie

Inhalt
1. Freiwilliges Engagement: Aktualität und Motive
2. Beispiele Freiwilligen Engagements in Kirche und Diakonie
3. Welche Bezeichnung ist für das gesamte Arbeitsfeld angemessen?
4. Position und Strategie

Das vorliegende Papier greift das Themen- und Arbeitsfeld Freiwilliges Engagement, Freiwilligendienste
und Ehrenamt auf. Es stellt eine grundlegende Position der Diakonie dar und gibt strategische Hinweise
für die Entwicklung des Arbeitsfeldes.
Es vergegenwärtigt die Aktualität des Themas und seine unterschiedlichen Interessenzugänge (1) und
stellt Beispiele dar, aus der die Vielfalt freiwilligen Engagements in Kirche und Diakonie deutlich wird (2).
Derzeit besteht keine einheitliche sprachliche Regelung für die Gesamtheit der unterschiedlichen
Arbeitsfelder. In Kirche ist überwiegend von „Ehrenamt“ die Rede, mit „Freiwilligendiensten“ werden in der
Diakonie spezielle gesetzlich geregelte Dienst bezeichnet und neuerdings gewinnt die Bezeichnung
„Freiwilliges Engagement“ an Bedeutung. Diese Begriffs-Diskussion wird aufgegriffen und ein
verbindender Vorschlag dazu gemacht (3). Unter „Position und Strategie“ (4) werden Eckpunkte einer
zielführenden strategischen Ausrichtung formuliert, Grundhaltungen erläutert, auf mögliche Hindernisse
hingewiesen und das diakonische Profil in diesem Arbeitsfeld dargelegt.

Im Juni 2006 erschien das Positionspapier des Diakonischen Werkes der EKD „Freiwilliges Engagement
in Kirche und Diakonie – Aktuelle Formen und Herausforderungen“1. Es enthält insbesondere im
Freiwilligenmanagement weiterführende konkrete Handlungsempfehlungen. Der vorliegende Text hat die
Diakonie in Bayern im Blick und schließt sich an das Positionspapier des Diakonischen Werkes der EKD
an.

1. Freiwilliges Engagement: Aktualität und Motive
Die Diskussion über Freiwilligendienste und Ehrenamt hat Konjunktur. Dazu haben nicht zuletzt die
Ergebnisse des zweiten Freiwilligensurveys2 beigetragen. Danach übernehmen 37% der Bevölkerung
Bayerns, die 14 Jahre oder älter sind, freiwillige oder ehrenamtliche Aufgaben und Arbeiten. Die Quote
hält sich damit auf hohem Niveau. Und die Zahl derjenigen, die sich bisher noch nicht freiwillig engagiert
haben, aber bereit sind, dies zu tun, ist um 7 Prozentpunkte auf 30% gestiegen.

Dem großen Interesse an dem Thema liegen ganz unterschiedliche Motivationen zugrunde. Während die
einen in Freiwilligendiensten und Ehrenamt vor allem eine ökonomische Entlastungsfunktion via
Personalmix sehen (wirtschaftliches Motiv), unterstreichen andere die Möglichkeit für Menschen, einer
sinnvollen Beschäftigung nachzugehen oder darüber die Voraussetzungen zum Einstieg in ein
Arbeitsverhältnis zu verbessern (beschäftigungspolitisches Motiv). Zahlreiche Menschen in allen

1
 Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hrsg.): Freiwilliges Engagement in Kirche und
Diakonie. Aktuelle Formen und Herausforderungen. Juni 2006. Im Internet unter: www.diakonie.de/downloads/Texte-
2006-11-Engagement.pdf

2 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Freiwilliges Engagement in Deutschland
1999-2004. Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichem
Engagement. Wiesbaden 2006. Im Internet unter:
www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Altersgruppen wollen einfach anderen Menschen ihre Hilfe anbieten (diakonisch-caritatives Motiv) oder als
Mitglied der Gesellschaft das Leben in der Gemeinschaft mitgestalten (bürgerschaftliches Motiv).

Gleichzeitig haben sich durch veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen (Arbeitslosigkeit,
demographischer Wandel, EU Erweiterung u.a.) die Voraussetzungen für Freiwilligendienste und
Ehrenamt verändert.

Auch in Kirche und Diakonie spielt das Freiwillige Engagement eine zentrale Rolle. Es trägt wesentlich zur
Ausstrahlungskraft von Kirche und Diakonie bei und ist prägend für das Profil. Seiner Förderung wird ein
hoher Stellenwert zugewiesen. Die Unterstützung ehrenamtlicher Tätigkeit und damit auch die Stärkung
der Dienstgemeinschaft von ehren-, haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird
durch das Ehrenamtsgesetz abgesichert. Dabei steht die Gleichwertigkeit aller Dienste im Vordergrund:
„Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr.
Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allem.“  1. Kor. 12,4–6. Das
Zusammenwirken Ehrenamtlicher mit hauptamtlich Tätigen ist auf Gegenseitigkeit und auf ein
vertrauensvolles Miteinander angelegt. Zur Begleitung und Unterstützung des Ehrenamtes hat der
Diakonische Rat 2002 die „Leitlinien über den Dienst, die Begleitung und die Fortbildung von
Ehrenamtlichen im Bereich des Diakonischen Werkes Bayern“ beschlossen. Die Leitlinien beruhen auf
dem Ehrenamtsgesetz der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern von 2000. Sie regeln
unterschiedliche Bereiche und geben Anregungen für beispielsweise Mitarbeit und Beauftragung,
Begleitung und Fortbildung, und bieten einen Rahmen zur Rechtssicherheit für Träger und Ehrenamtliche.

2. Beispiele Freiwilligen Engagements in Kirche und Diakonie
Seit es Diakonie und Kirche gibt, engagieren sich darin freiwillig Menschen für andere Menschen.
An einigen typischen Beispielen aus unterschiedlichen aktuellen Arbeitsfeldern soll dies vergegenwärtigt
werden.

Beispiel Vereinsvorstand
Zahlreiche Mitglieder des Diakonischen Werkes Bayern e.V. sind eingetragene Vereine. Diese werden, je
nach Satzung, teils- oder überwiegend in ehrenamtlicher Vorstandsarbeit geleitet. Weit über 1000
Menschen leisten in diesen komplexen Strukturen ehrenamtliche Führungsarbeit. Dieses historisch
gewachsene Grundmuster der organisierten Wohlfahrt ist auch für die heutige Verbandsarbeit
unabdingbar.

Beispiel Telefonseelsorge
Das Beratungs- und Seelsorgeangebot der Telefonseelsorge ist für alle Menschen in schwierigen
Lebenssituationen da  kostenfrei und 24 Stunden rund um die Uhr. 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
in Bayern leisten diese verantwortungsvolle Aufgabe in 12 evangelischen und ökumenischen
Telefonseelsorgestellen. Die Ehrenamtlichen der Telefonseelsorgestellen sprechen mit etwa 300.000
Anruferinnen und Anrufern pro Jahr.
Sie werden für diesen Dienst ausgewählt und erhalten eine fundierte, mindestens 120-stündige
Ausbildung. Die regelmäßige Supervision ist verpflichtend.
Die Kosten für Fortbildung, Supervision, Fahrtkosten und notwendige Verpflegung werden von den
Trägern der Telefonseelsorgestellen übernommen.
Die ehrenamtlich Mitarbeitenden wenden im Durchschnitt 20 Stunden im Monat (einschließlich
Supervision, Fortbildung und Fahrzeiten) für ihren Dienst auf. Gemeinsame Feste und Aufmerksamkeiten
zu besonderen Anlässen gehören als Selbstverständlichkeit zur gelebten Anerkennungskultur.
Die eigenen Interessen vertreten die Ehrenamtlichen durch Sprecherräte und in Vollversammlungen.

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Beispiel Elternbeirat
Zur Förderung der besseren Zusammenarbeit von Eltern, pädagogischem Personal und Träger wird in
jeder Kindertageseinrichtung ein Elternbeirat gebildet. Auf der Grundlage des Bayerischen Kinder-
bildungs- und -betreuungsgesetzes wählen die Eltern der ca. 1180 evangelischen Kindertageseinrichtung
jeweils für ein Jahr Vertreterinnen und Vertreter. Die Väter und Mütter, die ehrenamtlich das Amt des
Elternbeirats ausüben, sind bei der Gestaltung des Lebens und der Rahmenbedingungen der Einrichtung
maßgeblich beteiligt. So berät der Elternbeirat insbesondere über die Jahresplanung, den Umfang der
Personalausstattung, die Planung und Gestaltung von regelmäßigen Informations- und
Bildungsveranstaltungen für die Eltern, die Öffnungs- und Schließzeiten und die Festlegung der Höhe der
Elternbeiträge. Der Elternbeirat wird von der Leitung der Kindertageseinrichtung und dem Träger
informiert und angehört, bevor wichtige Entscheidungen getroffen werden. Er hat einen jährlichen
Rechenschaftsbericht gegenüber den Eltern und dem Träger abzugeben.
Fortbildungsveranstaltungen werden vom „Bayerischen Landesverband evangelischer Tagesein-
richtungen für Kinder und Tagespflege e.V.“ angeboten, die meist vom Träger ganz oder anteilsmäßig
erstattet werden. Beiratssitzungen finden in der Regel monatlich statt. Grundlage und Ziel der
Zusammenarbeit ist eine Erziehungspartnerschaft von Eltern bzw. ehrenamtlichem Elternbeirat und
pädagogischer Fachkräfte.

Beispiel Eltern-Kind-Gruppen
In nahezu allen evangelischen Kirchengemeinden gibt es Eltern-Kind-Gruppen, in den größten
Gemeinden bis zu 20 Gruppen. Eltern-Kind- bzw. Mutter-Kind-Gruppen sind ein verlässliches Angebot
für junge Familien in Kirchengemeinden. Vor- oder nachmittags treffen sich Mütter mit ihren Kindern, im
Alter von einigen Monaten bis zu drei Jahren, in der Regel wöchentlich. Meist sind es Frauen, die ihre
Berufstätigkeit bei der Geburt des Kindes unterbrochen haben und nach den ersten beiden Jahren in
zunehmendem Maße wieder in Teilzeit einsteigen. Für die Kinder bieten die Gruppen die Möglichkeit,
Erfahrungen mit anderen Kindern und Erwachsenen zu machen. Sie erfahren ihre Stärken und Grenzen,
lernen beim gemeinsamen Spielen und Tun, erleben Gemeinschaft.
Die Gruppen organisieren sich in der Regel selbst, Frauen übernehmen ehrenamtlich die Verantwortung
für Organisation und Gestaltung, alleine oder im Team.
In vielen Orten gibt es für die ehrenamtliche Leitung und die Teams spezielle Fortbildungsangebote in den
evangelischen Bildungswerken. Neben den Fortbildungen in allen Fragen rund um die Eltern-Kind-
Gruppenarbeit wird auch individuelle Beratung (für einzelne oder Gruppen) von eigens dafür fortgebildeten
pädagogischen Mitarbeitenden durchgeführt. Das Beratungsangebot ist kostenlos, die
Teilnahmegebühren für die Fortbildungsangebote werden in der Regel von der Kirchengemeinde
erstattet.

Beispiel Suchtkrankenhilfe
Freiwillige Suchtkrankenhelfer/innen in der Diakonie wirken mit u.a. in Beratungs- und Behandlungs-
stellen, in stationären und teilstationären Einrichtungen, in Abstinenz- und Selbsthilfegruppen Sucht-
kranker. Sie ergänzen und unterstützen die Arbeit der Beratungsstellen, sie unterstützen Suchtgefähr-
dete, Suchtkranke und deren Angehörige, sie begleiten Suchtkranke und deren Angehörige während der
ambulanten und stationären Behandlung.
Über die „Ausbildung zur ehrenamtlichen-freiwilligen Mitarbeit in der Suchtkrankenhilfe“ werden die
Freiwilligen befähigt, ehrenamtlich Aufgaben in der Suchtkrankenhilfe zu übernehmen.
Die Ausbildung umfasst mindestens 140 Unterrichtseinheiten an acht Wochenenden. Am Ende erhalten
die Teilnehmer/innen eine Ausbildungsbestätigung.
Zur Erweiterung und Vertiefung der erworbenen Kenntnisse, zur Reflexion und zum Austausch von
Praxiserfahrungen werden darüber hinaus Fortbildungsmaßnahmen angeboten.

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Zielgruppen der Aus- und Fortbildung sind Suchtkranke mit mindestens zweijähriger Abstinenz,
Mitbetroffene bzw. Angehörige und Interessierte. Als persönliche Voraussetzung wird u.a. erwartet:
Offenheit und Lernbereitschaft, Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation,
ausreichend Zeit, sowie körperliche, seelische und soziale Belastbarkeit, Bereitschaft zu regelmäßiger
Fortbildung und ausreichend deutsche Sprachkenntnisse. Die Kosten der Ausbildung belaufen sich
derzeit auf 1100 Euro, davon ist ein Beitrag von 296 Euro von den Teilnehmenden selbst zu übernehmen.
Der Rest wird aus staatlichen und landeskirchlichen Mitteln und Spenden abgedeckt.

Beispiel Alleinerziehende
Die Teilnehmerinnen der Treffpunktarbeit Alleinerziehende, die hauptsächlich in Kirchengemeinden
stattfindet, verstehen sich selbst als Selbsthilfegruppen. Zwei bis drei Frauen organisieren und leiten eine
Treffpunktgruppe ehrenamtlich.
Es gibt eine Aufwandsentschädigung (pauschaliert) von ca. 10 Euro pro Treffpunkt-Termin (für max. 15
Treffen pro Jahr). Gleichzeitig können die Ehrenamtlichen für ihre Arbeit pro Jahr 120 Euro (3 x 40 Euro)
für externe Referentenhonorare abrechnen.
Fortbildung: Zweimal pro Jahr wird eine kostenlose Fortbildung am Wochenende zur Schulung der
Ehrenamtlichen angeboten. Darüber hinaus steht die Fachreferentin des Diakonischen Werkes Bayern als
Ansprechpartnerin den Ehrenamtlichen zur Verfügung.
Jede Ehrenamtliche kann Mitglied werden in der Konferenz der Ehrenamtlichen (zur Zeit mehr als 50
Teilnehmerinnen). Drei Vertreterinnen der Konferenz der Ehrenamtlichen werden in den
geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft der Alleinerziehenden gesandt.

Eine zweite Gruppe der Ehrenamtlichen sind die Kinderbetreuer/innen, die zum einen die Kinder in den
Treffpunkten betreuen, zum anderen auch auf den Fortbildungs- bzw. Wochenendseminaren. Auch ihnen
steht zweimal pro Jahr eine Fortbildung zur Verfügung, bei der auch die Fahrtkosten übernommen
werden. Pro Einsatz als Kinderbetreuer/innen auf den Wochenendseminaren werden 70 Euro
Aufwandsentschädigung bezahlt. Alle Ehrenamtlichen sind über die kirchliche Versicherung für
Ehrenamtliche (Unfall und Haftpflicht) versichert.

Beispiel Besuchsdienste in Altenheimen und Krankenhäusern
In einer Umfrage des Diakonischen Werkes im Jahr 2001 wurden seitens der Mitglieder über 1500
Menschen benannt die ehrenamtlich in Besuchsdiensten mitwirken. Neben den bekannten „grünen
Damen“ für den Krankenhausbereich sind in zahlreichen Einrichtungen im Altenhilfebereich
Besuchsdienste, Treffpunkte etc. nur durch ehrenamtliches Engagement überhaupt aufrecht zu erhalten.
So vielfältig wie die besuchten Einrichtungen sind auch die konkreten Arbeitsbedingungen für die
Ehrenamtlichen. Mit 30% aller in der Umfrage genannten Ehrenamtlichen ist der Bereich der „stationären,
ambulanten und offenen Altenarbeit“ der größte Hilfebereich ehrenamtlichen Engagements.

Beispiel Bürgerhelfer/innen
Bürgerhelfer/innen arbeiten ehrenamtlich in Einrichtungen der Sozialpsychiatrie. Rund 110 Bürger-
helferinnen und Bürgerhelfer engagieren sich zum Beispiel derzeit allein im Bereich Sozialpsychiatrie des
Diakonischen Werkes Augsburg und leisten mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Integration
psychisch kranker Menschen.
Interessierte können einen dreitätigen kostenlosen Bürgerhelfer/innen-Qualifizierungskurs absolvieren. Der
Kurs informiert die Teilnehmer/innen über psychische Erkrankungen, die sozialpsychiatrischen
Einrichtungen und bereitet auf die Möglichkeiten ehrenamtlicher Mitarbeit in den jeweiligen Einrichtungen
vor Ort vor. Am Ende des Kurses wird ein Abschluss-Zertifikat ausgehändigt.
Bürgerhelfer/innen sind eine Ergänzung zur professionellen Arbeit in der Sozialpsychiatrie und leisten
einen wichtigen Beitrag, psychisch Kranken aus ihrer sozialen Isolation zu helfen. Denn mit einer
psychischen Erkrankung verlieren die Betroffenen häufig ihren früheren Freundes- und Bekanntenkreis
und leiden unter sozialer Ausgrenzung.

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Die freiwilligen Helfer/innen können – wie es in Unterfranken im Betreuten Wohnen für psychisch kranke
Menschen vorgesehen ist – für ihren Dienst eine Aufwandsentschädigung bis zu 150 Euro im Monat
(inklusive Fahrtkosten) erhalten.
Die Rolle der ehrenamtlichen Bürgerhelfer/innen geht zurück in die Zeit der Psychiatrie-Enquete von
1975, die u.a. eine gemeindenahe Versorgung von Menschen mit psychischer Behinderung forderte. Die
Sozialpsychiatrischen Dienste sind beispielsweise aus dieser Bewegung entstanden, die die Arbeit der
Beratungsstellen bis heute prägen. Die Ehrenamtlichen übernehmen eine wichtige Brückenfunktion
zwischen Betroffenen, Institution und Gesellschaft.

Beispiel Freiwilliges soziales Jahr
Das Freiwillige Soziale Jahr wendet sich an Jugendliche im Altern von 16 bis 27 Jahren. Der Einsatz
dauert in der Regel 12 Monate. Es wird vom Träger eine individuelle pädagogische Begleitung und die
Teilnahme an 25 Bildungstagen (Seminarwochen) gewährleistet, bei deren Gestaltung die Freiwilligen
aktiv mitwirken. Der konzeptionelle und finanzielle Rahmen ist gesetzlich geregelt. Die Freiwilligen
bekommen ein Taschengeld von ca. 200 Euro pro Monat, freie Verpflegung, z. T. Fahrtkostenzuschuss
und kostenfreie Wohnmöglichkeit, sie sind sozial- und unfallversichert. Anerkannte
Kriegsdienstverweigerer können ein Freiwilliges Soziales Jahr alternativ zum Zivildienst absolvieren. Die
Motive sind unterschiedlich. Die Teilnehmer möchten sich beispielsweise in einem sozialen Arbeitsfeld
orientieren, prüfen, ob ein sozialer Beruf das richtige wäre, anderen Menschen helfen, Praxiserfahrungen
sammeln oder Zeiten der Arbeitslosigkeit überbrücken.
Einsatzfelder gibt es, um nur einige zu nennen, im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe bzw.
Jugendarbeit, der Alten- und Behindertenhilfe, bei familienentlastenden Diensten, in Freizeit- und
Tagungsstätten, in Sozialstationen und in der Wohnungslosenhilfe.
Das Freiwillige Soziale Jahr geht ursprünglich auf eine diakonische Idee zurück.1954 hat der damalige
Leiter der Diakonie Neuendettelsau und spätere Landesbischof Herrmann Dietzfelbinger junge Frauen
dazu aufgerufen, „ein Jahr ihres Lebens für die Diakonie zu wagen“. Hintergrund war der enorme Mangel
an Arbeitskräften. Die Idee wurde bald auch von anderen aufgegriffen, so dass 1964 eine gesetzliche
Struktur geschaffen wurde, nicht zuletzt um zu verhindern, dass junge Menschen als billige Arbeitskräfte
missbraucht werden. Das Freiwillige Soziale Jahr als Bildungs- und Orientierungsjahr hat sich über
Jahrzehnte bewährt. Nun ist 2007 von der Bundesregierung der Entwurf eines neuen
Jugendfreiwilligendienstgesetz vorgelegt worden, der vorsieht, im Bereich des Freiwilligen Sozialen Jahres
zusätzliche zeitliche Flexibilisierungsmöglichkeiten einzuführen. So soll es zukünftig möglich sein,
verschiedene Abschnitte (Blöcke) bei verschiedenen Trägern bis zu insgesamt maximal 24 Monaten
abzuleisten. Dies kann dann sowohl im Inland wie auch im Ausland geschehen . Weiterhin soll der -
ähnlich strukturierte -Entwicklungspolitische Freiwilligendienst „Weltwärts“ in Bezug auf eine Erstattung
des Kindesgeldes aufgewertet werden. Die eingeführten Begrifflichkeit „Freiwilliges Soziales“ bzw.
„Ökologisches Jahr“ bleiben unverändert. Trotz oder gerade wegen des Rufes nach Flexibilität muss der
kontinuierliche Bildungscharakter für den Jugendlichen erhalten bleiben. Die kritische Diskussion über
diese Entwurf ist noch nicht beendet.

3. Welche Bezeichnung ist für das gesamte Arbeitsfeld angemessen?

Wie die Beispiele zeigen, entfalten die unterschiedlichen Engagements eine breite Vielfalt. Sie unter-
scheiden sich dabei zum Teil erheblich. Verdeutlichen lässt sich dies, indem man verschiedene Unter-
scheidungskriterien anlegt: Selbstverständnis, Motiv, Erwartung, Grad der Einbindung in die Organisation,
Grad der Freiwilligkeit, materielle und immaterielle Gratifikation (Vergütung), persönliches
Anforderungsprofil, Bereitschaft zur Fortbildung.

Will man die unterschiedlichen Tätigkeiten und Dienste mit einem Begriff zusammenfassen, so gerät man
in Schwierigkeiten. Dies wird offensichtlich, wenn man ein, wenn auch zentrales, Merkmal der Tätigkeiten

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

herausgreift, um daraus einen Überbegriff zu bilden, z.B. Ehrenamt, Selbsthilfe, Bürgerschaftliches
Engagement oder Freiwilligendienst. Schnell muss man zugestehen, dass man den unterschiedlichen
Feldern und Selbstverständnissen damit nicht gerecht wird.
„Den einheitsstiftenden, alle überzeugenden und alle Sachverhalte angemessen repräsentierenden Begriff
zu dem hier anstehenden Themengebiet gibt es nicht“, resümiert Thomas Rauschenbach
nachvollziehbar.3
Jeder Begriff steht in einem spezifischen Kontext: Ehrenamt, Selbsthilfe, Bürgerschaftliches Engagement,
Freiwilligenarbeit, Freiwilligendienste. Jede Bezeichnung transportiert oder unterstreicht einen Aspekt als
den für sie wesentlichen. Als Leitbegriff verwendet, strukturiert die Bezeichnung das gesamte Feld und
färbt die darunter gefassten Phänomene entsprechend ein. Hinter den Begriffen stehen Positionen und
Haltungen, Erwartungen und Hoffnungen. Damit erfährt die Auseinandersetzung mit den
unterschiedlichen Begriffen eine politische bzw. strategische Bedeutung.

Der Freiwilligensurvey 2004 weist auf einen weiteren Aspekt hin, nämlich auf das Selbstverständnis der
Freiwilligen selbst. Wie sehen sie sich? Etwa 30% identifizieren sich mit dem Begriff „Ehrenamt“, 6 %
favorisieren „Bürgerschaftliches Engagement“ und fast die Hälfte (48%) zieht „Freiwilliges Soziales
Engagement“ als zutreffende Selbstbeschreibung vor.

Bei der Entscheidung für einen angemessenen Begriff ist zunächst zu fragen, welche Aufgabe dieser
leisten muss: Als Überbegriff .hat er zusammenfassende Funktion, er soll
hilfreich sein für die Verständigung über das gesamte Themenfeld und Missverständnisse reduzieren, er
soll zukunftsoffen wirken und für möglichst viele Menschen Identifikationskraft entfalten.

Der Begriff „Freiwilliges Engagement“ erfüllt u. E. diese Anforderungen. Er ist einerseits normativ nicht
hoch aufgeladen und eher deskriptiv, und ihm kann andererseits eine relativ hohe Akzeptanz bei den
Akteurinnen und Akteuren zugetraut werden, wenn man die Zustimmung von 48% für den recht
ähnlichen Begriff des „Freiwilligen Sozialen Engagements“ als Maßstab nimmt.

Schließlich sollte in möglichst allen Landesverbänden der Diakonie und auf Bundesebene mit der gleichen
Bezeichnung gearbeitet und geworben werden. Diesem Umstand kommt entgegen, dass das
Positionspapier des Diakonischen Werkes der EKD auf dem Hintergrund des Freiwilligensuryes 2004
ebenfalls den Überbegriff „Freiwilliges Engagement“ vorsieht.

Gleichwohl schlagen wir für die bayerische Diakonie die Verwendung des Begriffes in einem gestuften
Dreiklang vor: „Freiwilliges Engagement: Freiwilligendienste und Ehrenamt in der Diakonie in Bayern“.
Damit wollen wir zur einheitlichen Kommunikation und gleichzeitig zu einem möglichst hohen Maß an
Identifikation der Akteure beitragen.

4. Position und Strategie

Zielführende Strategie entwickeln
Um Freiwilliges Engagement in Kirche und Diakonie zu fördern und zu stärken ist eine zielführende
strategische Ausrichtung notwendig. Der Ausgangsgedanke dabei ist die Überzeugung, dass alle
Menschen willkommen sind. Dazu braucht es dann auf Seiten der Einsatzstellen ein entsprechend
differenziertes Angebot. Schwerpunktmäßig stehen dabei die Interessen der Freiwilligen im Vordergrund,
nur so kann das große Engagementpotential hinreichend berücksichtigt werden.

3
 Thomas Rauschenbach: Artikel „Ehrenamt“, in: Otto, Hans-Uwe / Thiersch, Hans (Hrsg.): Handbuch der Sozialarbeit
 Sozialpädagogik. 2., völlig überarbeitete Auflage. Neuwied 2001, S. 344 ff

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Um den örtlichen und regionalen Bedarf zu koordinieren und die jeweils eigenen Möglichkeiten dabei
einzubringen, müssen sich die diakonischen Einsatzstellen mit anderen Akteurinnen und Akteuren im
Gemeinwesen vernetzen und Angebote abstimmen. Das Freiwillige Engagement muss zur Chefsache
gemacht werden, es ist eine Herausforderung an die Leitung. Mit Blick auf die Zukunft und den
gesellschaftlichen Wandel gilt es die vorhandenen Formen des Freiwilligen Engagements
weiterzuentwickeln und für weitere Zielgruppen zu öffnen.
Schließlich: Die Förderung und Stärkung von Freiwilligendiensten und Ehrenamt wird nur gelingen, wenn
ausreichend Ressourcen und Kompetenzen zur Verfügung gestellt werden, die dann koordiniert über ein
entsprechendes Freiwilligenmanagement zur Geltung gebracht werden.4

Leitbild und Realität in Übereinstimmung bringen
Der Vorschlag, als zentralen Begriff Freiwilliges Engagement einzuführen, soll zur Orientierung und Klarheit
beitragen. Dazu ist es immer auch notwendig, sich in der Kommunikation zu versichern, ob man von
Freiwilligem Engagement als Leitbild oder Realität spricht: Mit einem Leitbild bzw. Idealbild ist ein
Wunsch- oder Sollzustand angesprochen, im anderen Fall geht es um die empirische Realität, also um
den Ist-Zustand. Beide Begriffe haben ihre Berechtigung und sind notwendig. Der eine orientiert,
während der andere Hinweise gibt für eine nachführende Justierung und Kurskorrektur im Praxisalltag.
Eine Vermischung soll ebenso vermieden werden wie eine eklatante Inkongruenz zwischen Leitbild und
Realität. Vom richtigen Verhältnis zueinander hängt die Glaubwürdigkeit ab, mit der für Freiwilliges
Engagement geworben und eingetreten wird.

Bei der Konzeption Motive der freiwillig Engagierten berücksichtigen
Beim Versuch, die freiwilligen Akteur/innen bzw. entsprechende Engagementformen zusammenfassend
zu beschreiben, wird in der Fachdiskussion unterschieden zwischen einem Engagement, das gleichsam
lebensstilprägend ist, sich also eher unbefristet und als integraler Bestandteil des eigenen
Lebensentwurfes darstellt (als Beispiel seien die Freiwilligen der Suchtkrankenhilfe genannt), und seinem
Pendant, dem eher temporären Engagement mit lebensstilergänzendem Charakter (z. B. Elternbeirat in
Kindertageseinrichtungen). Des Weiteren wird unterschieden zwischen Freiwilligen, die ihr Engagement
stärker gemeinwohlorientiert ausrichten, und denjenigen, bei denen das Motiv der individuellen
Selbstverwirklichung eher im Vordergrund steht.
Gleichzeitig wird  vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Wertewandels von Pflichtwerten zu
Selbstentfaltungs- und Selbstverwirklichungswerten , seit geraumer Zeit empfohlen, die Mitarbeit in
Freiwilligem Engagement in temporären, kurzfristig überschaubaren Projekten zu entwickeln und dabei
dem Motiv der Selbstverwirklichung hinreichend Rechnung zu tragen.
Wir sind der Auffassung, dass die vorgenommenen Unterscheidungen grundsätzlich zutreffend sind und
beim Überdenken vorhandener und der Konzeption neuer Angebote berücksichtigt werden sollen.
Insgesamt ist darauf zu achten, dass die Weiterentwicklung der Angebote zu keiner grundsätzlichen
Ausgrenzung führt.
Die Öffentlichkeitsarbeit muss die Motive und das Selbstimage der Freiwilligen aufgreifen und ggf. das
traditionelle „Hausimage“ an diese heranführen.

Die Qualität der Arbeit sichern
Zunächst also gilt es die Perspektive der Engagierten, ihre Motivation vor dem Hintergrund ihrer
Lebenswelt und Lebenslage wahrzunehmen, zu verstehen und soweit wie möglich zu berücksichtigen.
Ob ein/e freiwillig Engagierte/r die Tätigkeit eher gemeinwohlorientiert oder eher nach Motiven der
Selbstverwirklichung ausrichtet, steht für uns jedoch nicht im Vordergrund und stellt keinen grundsätz-
lichen Widerspruch dar. Entscheidend ist, dass es eine hinreichende Übereinstimmung mit den

4
 siehe dazu Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hrsg.): Freiwilliges Engagement in Kirche
und Diakonie. Aktuelle Formen und Herausforderungen. Juni 2006

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Bedürfnissen der Menschen gibt, auf die sich die Tätigkeit des Freiwilligen Engagements in der Diakonie
richtet. Fehlt die Übereinstimmung, so ist zu prüfen, ob das Freiwillige Engagement beendet bzw.
abgelehnt werden muss. Der Einsatz von Freiwilligem Engagement darf auf keinen Fall zu einer
Qualitätsminderung der bestehenden Arbeit führen.
Über allem steht schließlich das Selbstverständnis des Trägers, die evangelisch-lutherische Position. Sie
ist als unverzichtbare Forderung an die Praxis zu stellen und mit ihr zu teilen.

Diakonie als zivilgesellschaftlichen Akteur verstehen
Kirche und Diakonie sind Partner des Staates bei der Gestaltung einer gerechten Gesellschaft und der
konkreten Ausgestaltung des Sozialstaates. Sie reden und handeln auf der Basis einer verantwor-
tungsvollen, kritischen Partnerschaft. Grundlage dafür ist das Evangelium und der Auftrag, Gottes Heil in
Jesus Christus in der Welt in Wort und Tat zu bezeugen. Die Diakonie versteht sich „als verlängerter Arm
der Kirche in die Gesellschaft hinein“. Damit verbunden ist auch ihre Rolle als zivilgesellschaftlicher Akteur
und Förderer zivilgesellschaftlicher Werte, Haltungen und Potentiale. Die Förderung eines lebendigen
demokratischen Gemeinwesens gilt uns als Grundlage gegen Machtmissbrauch und autoritäre
Strukturen. Die evangelische Sozialethik findet darin ihren gesellschaftspolitischen Rahmen. Tätige
Nächstenliebe, die sich in konkreter Mitmenschlichkeit und Unterstützung humaner Strukturen zeigt,
schöpft aus den Potentialen der Solidarität und speist gleichzeitig ihre Quellen. In
gesellschaftstheoretischen Begriffen formuliert ist Solidarität das Steuerungsmedium der Zivilgesellschaft,
während der Staat über das Medium der Macht und die Wirtschaft über Geld gesteuert werden.
Unser Gemeinwesen ist auf dem direkten Weg in eine rein marktorientierte Gesellschaft. Als zentraler
Wert wird dabei „Freiheit“ in Anspruch genommen. Das bedeutet in dieser Perspektive Freiheit von
staatlicher Einschränkung und Regulierung mit dem Ziel der Entfaltung des Bürgers als Wirtschafts-
subjekt. Um diese Art von Freiheit („Freiheit von etwas“  negative Freiheit) überhaupt in Anspruch
nehmen zu können, sind jedoch zuerst positive Freiheitsrechte („Freiheit zu etwas“) zu gewährleisten. Die
derzeitige Ausrichtung an einer einseitigen wirtschafts- und neoliberalen Orientierung führen eher zur
Erodierung und Zerschlagung sozialer Strukturen unseres Gemeinwesens.
Kirche und Diakonie setzen sich demgegenüber vor allem für die Stärkung sozialer Gemeinschaften ein,
in der auch die einzelnen Menschen ermutigt und unterstützt werden, sich an der Gestaltung des
Gemeinwesen zu beteiligen und mitzuhelfen. Ziel dabei ist nicht, sich in erster Linie armutsverwaltend zu
betätigen, sondern sich für soziale Problemlösungen im weiten Sinne einzubringen. Vor diesem
Hintergrund geht es uns darum, im Rahmen des breiten Tätigkeitsfeldes der Diakonie Menschen allen
Alters (Jugendliche, Erwachsene, Seniorinnen und Senioren) die Möglichkeit zu geben sich zu
engagieren.
„Willkommen in der Nachbarschaft“  unter diesem Motto hat die bayerische Diakonie 2006 und 2007
eine Kampagne durchgeführt und dabei der „Ich-AG“ die „Wir-AG“ entgegengesetzt. Von der Kampagne
ging ein deutliches zivilgesellschaftliches Signal aus, sich eingeladen zu fühlen, vor Ort im Gemeinwesen
mitzuwirken. Nachbarschaft wird hier verstanden als Zusammenwirken von Trägern und Akteurinnen und
Akteuren über die eigenen Verbandstrukturen hinaus – dies gilt insbesondere auch für Träger und
Akteurinnen und Akteure ehrenamtlichen/freiwilligen Engagements.
Die Förderung und der Ausbau ehrenamtlicher, zivilgesellschaftlicher bzw. gemeinwesenbezogener
Strukturen lässt sich insgesamt als gesellschaftspolitische Entwicklung beobachten. Als Beispiel sei das
Quartiersmanagement des Programms „Soziale Stadt“ genannt, das sich ausdrücklich konzeptionell auf
die Kooperation von Haupt- und Ehrenamtlichen gründet.

Dreieck „Träger – Klient – Freiwillige/r“ ausbalancieren
Freiwilliges Engagement wird aus Sicht der Träger vornehmlich aus zwei Perspektiven in den Blick
genommen: Ökonomisch und qualitätsorientiert. Zum einen werden Freiwillig Engagierte als Einspa-
rungspotential betrachtet, zum anderen als personelle Ressource, durch welche die Qualität der
vorgehaltenen Leistung ergänzt und verbessert werden kann. Dazu gibt es Arbeitsbereiche, die ihre

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Existenz zu einem erheblichen Teil über Freiwilliges Engagement sichern. Freiwillig Engagierte gestalten
das Gesicht der Diakonie.

Wenn die ökonomische Entlastungsfunktion zu sehr im Vordergrund steht, besteht die Gefahr, dass der
besondere Status des Freiwilligen Engagements aufs Spiel gesetzt wird und es zu einem folgenreichen
Gegeneinander zwischen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden kommt.
Freiwilliges Engagement ist im Dreieck „Träger – Klient – Freiwillige/r“ auszubalancieren. Ein Übergewicht
auf dem ökonomischen Interesse der Träger und damit eine Instrumentalisierung der Ehrenamtlichen sind
mit evangelisch-sozialethischen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Der Einsatz von Freiwilligen soll für die
Klienten in erster Linie ein Surplus, sein.

Darüber hinaus ist es für die Diakonie selbst eine Bereicherung, wenn freiwillig Engagierte sich will-
kommen fühlen in der Diakonie und als Diakonie mitdenken und mitwirken. Damit dies auch tatsächlich
geschehen kann, sind entsprechenden Strukturen zu schaffen.

Klare, konstruktive Verhältnisse zwischen Freiwillig Engagierten und Hauptamtlichen unterstützen
Das Binnenverhältnis von Ehrenamtlichen bzw. freiwillig Engagierten und Hauptamtlichen in einer
Einrichtung ist ein komplexes Gebilde. Wenn das Ehrenamt in Form einer Satzung, einer
Geschäftsordnung, eines „Rechts“ verdeutlicht und konkretisiert ist, wie z. B. auf der
Vereinsvorstandsebene, ist das Zusammenspiel zwischen den Akteurinnen und Akteuren zumindest in
Verfahrens- und Verantwortungsfragen geregelt. Steht das Ehrenamt bzw. freiwillige Engagement in einer
Tradition, wie z.B. die „Telefonseelsorge“, so ist das grundsätzliche Zusammenspiel bereits eingeführt.
Die Freiwilligendienste (FSJ, FSJ nach §14c ZDG, Generationsübergreifende Freiwilligendienste)
kennzeichnet ein genaues Austarieren von gesetzlichen und bürokratischen Verpflichtungen sowohl des
oder der Freiwilligen als auch der Einsatzstelle bzw. des Trägers.
Schwierig ist dem gegenüber die „Neuinstallation“ oder „Wiederbelebung“ ehrenamtlichen bzw.
freiwilligen Tuns innerhalb einer Einrichtung bzw. eines Dienstes. Denn heute findet sich das
ehrenamtliche oder freiwillige Engagement in einem zusätzlichen Spannungsverhältnis, nicht nur im
Hinblick auf Hauptamtlichkeit, sondern auch gegenüber den so genannten „prekären
Arbeitsverhältnissen“. Ähnlich wie freiwilliges Engagement steht für letztere nicht die dauerhafte und
ausreichende Lohnentgeltabsicherung im Vordergrund, sondern vielmehr die grundsätzliche
Beschäftigung - hier im sinnvollem Tun, plus „Aufwandsentschädigung“ und (möglichst) zeitlicher
Befristung.

Den qualifizierten ehrenamtlich bzw. freiwillig engagierten Menschen gegenüber entwickelt sich nicht
seltendas ambivalente Gefühl zwischen „gesucht“ und „abgelehnt“ entwickelt. Hier hilft nur eine klare
Aufzählung bzw. Trennung von Zuständigkeiten, Aufgaben und Verantwortungsebenen. Es darf nicht zu
einem Ersetzen oder schleichenden Auswechseln von Hauptamtlichkeit durch Ehrenamtlichkeit kommen.
Nur verbindliches Offenlegen der jeweiligen Rollen und Interessen kann Handlungssicherheit und die
Bereitschaft zur Kooperation herstellen.

Grundsätzlich ist in einer Mangelsituation von ausreichend bezahlter Arbeit (gerade) auch im Dienst-
leistungssektor davon auszugehen, dass jede/r neue Teilnehmer/in an sinnvollem Tun auch unter dem
finanziellen Aspekt von anderen Teilnehmer/innen gesehen, gemustert und bewertet wird. Das ehren-
amtliche Engagement erscheint unvergleichlich günstig. Und es hat die Gunst der Aktualität. Diese
doppelten Vorzüge erzeugen Ängste, Vorbehalte und Ablehnung. Dies ist in einer doppelt paradoxen
Mangelsituation  das Geld und dessen Verteilung einerseits und größer werdende gesellschaftliche
Betätigungsfelder andererseits  nicht verwunderlich, sondern muss benannt werden. Entscheidend für
ein gedeihliches Kooperieren ist das wechselseitige Bewusstsein des zusätzlichen Kompetenzgewinns
durch den jeweilig Anderen. Unterstützung und Begleitung, Ergänzung und Reflexion seien hierfür die
Stichworte.

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Freiwilliges Engagement versicherungsrechtlich einbeziehen und absichern
Die gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen sind in den letzten Jahren für das freiwillige
Engagement bzw. Ehrenamt verbessert worden.
Neben der in den bayerischen Landesgrenzen nunmehr auch eingeführten Ehrenamtsversicherung seien
hier speziell die in und ab 2007 in Kraft getretenen höheren steuerfreien Aufwandspauschalen genannt,
die unter dem Namen „Übungsleiterpauschale“ besser bekannt sind. Die maximale jährliche Summe zur
Erstattung des Aufwandes für Ehrenamtliche bzw. Freiwillig Engagierte beträgt nunmehr 2.100 Euro.
Viele diakonische Einrichtungen haben auch aufgrund der Nachfragen freiwillig Engagierter vor Ort die
konkrete versicherungsrechtliche Einbeziehung Ehrenamtlicher, Stichwort „Betriebshaftpflicht“, geklärt
und so für zusätzliche Sicherheit und damit Attraktivität gesorgt. Dass die gesetzliche Unfallversicherung
auch bei freiwillig engagierten Menschen eintritt ist bekannt. Darüber hinaus sei die Praxis vieler
Kirchengemeinden, einen eigenen Haushaltstitel unter der Überschrift „Ehrenamt  Fortbildung und
Aufwandsentschädigung“ zu bilden, auch diakonischen Einrichtungen empfohlen.

Vorteile des Freiwilligen Engagements in der Diakonie verdeutlichen.
Jeder Träger, der Freiwilliges Engagement, Freiwilligendienste bzw. Ehrenamt anbietet, hat sein eigenes
Profil. Darin werden Engagierte attraktive und vielleicht auch weniger attraktive Merkmale für sich
erkennen. Um die Vorteile einer Mitarbeit in der Diakonie bewusst zu machen, müssen sie erkannt und
benannt werden.

Diakonie bedeutet für Freiwillig Engagierte bzw. Ehrenamtliche,
• einen starken Partner zu haben
• die Möglichkeit, sich als Quereinsteiger in eine sich den Mitmenschen und Mitbürgern öffnende
    Organisation einzubringen
• gegenseitige Verlässlichkeit einzugehen
• einen Rahmen und eigene Gestaltungsfreiheit und Einflussmöglichkeiten vorzufinden
• Spaß und das praktische Umsetzen von persönlichen religiösen und gesellschaftlichen Vorstellungen
    für sich und Andere
• Sicherheit und Ergänzung
• nicht als Druckmittel gegenüber Hauptamtlichen eingesetzt zu werden
• faire und angemessene Kooperation außerhalb von tradierten Arbeitsverhältnissen zwischen
    „Ungleichen mit gleichen Zielen“
• in abgeklärtem Rahmen eine Zusammenarbeit mit Professionellen einzugehen. Anleitung, Reflexion
    und Mitarbeit inklusive
• ein Lern- und Erlebensfeld sozialen Handelns
• Diakonie bedeutet das Wissen und den Schutz von Haupt- und Ehrenamt
• Diakonie weiß, warum sie ehrenamtliches Engagement fördern will

Ausblick: Dem Wunsch entgegenkommen, in der Gemeinschaft und für die Gemeinschaft mit zu
gestalten
Das Potential zivilgesellschaftlichen Engagements wird wohl in Zukunft eher noch zunehmen. Viele junge
und alte Menschen erkennen den fundamentalen Wert der Solidarität für die Gemeinschaft und sind
bereit, in der Gemeinschaft für die Gemeinschaft mit zu gestalten. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit bzw.
prekärer Arbeitsverhältnisse besteht jedoch die Gefahr, den Wert des vorhandenen Engagements zu
verkennen und einseitig zu binden. „Verwechseln Sie das bürgerschaftliche Engagement, die
Zivilgesellschaft, die Ehrenamtlichen, nicht mit der Daseinsvorsorge und -fürsorge der öffentlichen Hand.
„Ehrenamtliche sind keine Lückenbüßer, wenn die Mittel knapp zu werden scheinen.“, konstatierte

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Freiwilliges Engagement in der bayerischen Diakonie

Diakoniepräsident Dr. Ludwig Markert 2007 auf dem Jahresempfang der bayerischen Diakonie und
forderte mehr Anerkennung und Würdigung für freiwillig Engagierte.
Viele gesellschaftliche Gruppen werden sich auch in Zukunft um die freiwillig Engagierten bemühen. Die
Diakonie in Bayern sollte dabei ihre Chance nutzen: Als sozialstaatlich orientierter, zivilgesellschaftlich
engagierter Akteur ist sie ein kongenialer Partner und Unterstützer. Gerade die Diakonie kann mit ihrem
breiten Spektrum an Einsatz- und Gestaltungsangeboten dem besonderen Anspruch und damit Wunsch
freiwillig Engagierter entgegen kommen. Gemeinsam und sich durch die jeweiligen spezifischen Stärken
ergänzend ist das freiwillige Engagement, das Ehrenamt, der Freiwilligendienst eine erfahrene, bewährte
und doch immer wieder faszinierend neue Möglichkeit die Lebensbedingungen der Menschen in unserer
Gesellschaft mit zu gestalten.

Nürnberg, den 15.01.2008
Zuständige Referenten: Harald Keiser, Helmut Neuberger

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