Seminarfacharbeit Vampire - Wie konnte sich ein solcher Aberglaube an übernatürliche Wesen bis zur heutigen Zeit durchsetzen? - Dr. Mark Benecke

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Seminarfacharbeit Vampire - Wie konnte sich ein solcher Aberglaube an übernatürliche Wesen bis zur heutigen Zeit durchsetzen? - Dr. Mark Benecke
Seminarfacharbeit
 Vampire – Wie konnte sich ein solcher
Aberglaube an übernatürliche Wesen bis
    zur heutigen Zeit durchsetzen?

                   Antonia Krey

       Lyonel-Feininger Gymnasium Mellingen

                   Oktober 2020
Seminarfacharbeit Vampire - Wie konnte sich ein solcher Aberglaube an übernatürliche Wesen bis zur heutigen Zeit durchsetzen? - Dr. Mark Benecke
Inhalt

1.

1. Einleitung .................................................................................................................4

1.Definition des Vampirbegriffs ...................................................................................6

3. Der Ursprung und die Entwicklung des Vampirglaubens .........................................7

3.1 Der Aberglaube allgemein betrachtet .....................................................................7

3.2 Die Entstehung und Herkunft des Glaubens an Vampire.......................................8

3.3 Die Entwicklung des Vampirglaubens bis ins 20. Jahrhundert.............................12

4. Legenden und Theorien im osteuropäischen Raum ..............................................15

4.1 Legenden und Theorien von Vampirgeschehnissen ............................................15

4.1.1 Charakteristika von Legenden ..........................................................................15

4.1.2 Legenden aus dem 19. Jahrhundert und deren medizinischer Hintergrund .....16

4.2 Historische Figuren ..............................................................................................18

4.2.2 Die Legende der blutbadenden Elisabeth Bathory ...........................................20

4.2.3 Nicolae Ceauşescu – der grausame Politiker ...................................................23

5. Der Blutmythos im Zusammenhang mit dem Aberglauben an die Vampire ...........28

6. Das tierische Vorbild des Vampirs: Die Fledermaus ..............................................31

6.1 Merkmale und Besonderheiten der Fledermaus ..................................................31

6.2 Fledermausmythen in verschiedenen Kulturen ....................................................34

6.2.1 Darstellung in Kunst, Religion und (Aber-) Glauben .........................................35

6.2.2 Die Fledermaus als Vorbild des Vampirs ..........................................................37

6.2.3 Die Fledermaus in der heutigen Zeit, ................................................................38

7. Die Entwicklung der Vampirdarstellung in der Filmgeschichte...............................40

7.1 Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens - die klassische Darstellung des Vam-
pirs .............................................................................................................................40

7.2 Tanz der Vampire .................................................................................................44

7.3 Twilight - Die Darstellung von Vampiren in der heutigen Zeit ...............................46

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7.4 Vergleich der verschiedenen Ausführungen mit besonderer Berücksichtigung des
historischen Hintergrundes ........................................................................................50

8. Der Vampirglaube in der heutigen Zeit...................................................................53

9. Fazit .......................................................................................................................55

10. Anhang .................................................................................................................57

10.1 Interview mit Mark Benecke ...............................................................................57

10.2 Literaturverzeichnis ............................................................................................61

10.2.1 Printmedien .....................................................................................................61

10.2.2 Internetadressen .............................................................................................61

10.3 Abbildungsverzeichnis........................................................................................64

10.4 Selbstständigkeitserklärungen ...........................................................................66

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Seminarfacharbeit Vampire - Wie konnte sich ein solcher Aberglaube an übernatürliche Wesen bis zur heutigen Zeit durchsetzen? - Dr. Mark Benecke
1. Einleitung

Bei unserer Recherche für ein Seminarfachthema im Internet stießen wir auf den
Vampirmythos. Zuerst belächelten wir dieses Thema, doch mit weiterem Nachfor-
schen fragten wir uns immer mehr, wie es wohl wäre, ein mythisches Thema in eine
wissenschaftliche Arbeit umzusetzen. Obwohl wir von Anfang an wussten, dass die
Umsetzung schwierig werden würde, wagten wir uns an die Thematik heran. Wir
dachten uns: Vampire kennt jeder und wie schon der Mythenforscher Hans Meurer
sagte: „Vampire sind weit mehr als Dracula.1“ Damit war unser Interesse geweckt.

Im ursprünglichen Volksglauben galt der Vampir als ein blutrünstiges Monster, der
seine Opfer nachts heimsuchte und quälte – heute vermitteln die Medien ein Bild,
welches nicht nur Erwachsenen Gruselmomente schenkt, sondern auch Kinder und
Jugendliche erreicht. Die Faszination für Vampire hat auch den Kriminalbiologen
Mark Benecke gepackt. In unserem Interview gibt er an, dass „mit Twilight die Vampi-
re gezähmt wurden: brave, gesellschaftlich ordentliche Wesen, familienfreundlich
noch dazu, die keinen Sex vor der Ehe haben.“2 Diese Entwicklung des Vampirs in
der Geschichte behandeln wir in unserer Seminarfacharbeit Vampire - Wie konnte
sich der Aberglaube an übernatürlichen Wesen bis zur heutigen Zeit durchsetzen?
Darüber hinaus stellen wir uns die Fragen:

         •    Wie ist der Aberglaube an Vampire entstanden?

         •    Warum ist der Glaube heute so populär?

         •    Wie weit ist der Aberglaube heute noch verbreitet?

In unseren Kapiteln wollen wir diese Fragen beantworten und im Fazit unsere Pro-
blemfrage klären.

Wir beginnen unsere Seminarfacharbeit mit einer Definition des Vampirbegriffs, um
zu erläutern mit welcher Form des Vampires wir uns beschäftigen. Da sich die Wur-
zeln des Vampirglaubens sehr tief in die Vergangenheit graben, befassen wir uns als
nächstes mit dem Ursprung des Aberglaubens und wie er aus psychologischer Sicht
entstehen konnte. Viele Geschichten und bekannte Persönlichkeiten unterstützen

1 siehe Maja Nielsen; „Vampire-Die wahre Geschichte von Graf Dracula“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 2011; S. 55ff

2 siehe Anhang; Interview Mark Benecke; Frage 10

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den Aberglauben der Menschen. In der Legende um Elisabeth Bathory, wird zum
Beispiel gesagt, sie habe im Blut junger Mädchen gebadet, um ihre Jugend zu erhal-
ten und der berühmt berüchtigte Graf Dracula, aus Bram Stokers Roman Dracula,
hat dies sogar getrunken, um unsterblich zu bleiben. Solche Geschichten sorgen da-
für, dass das Blut im Zusammenhang mit dem Aberglauben an Vampire nicht mehr
wegzudenken ist. Auch in der Tierwelt haben die Menschen einen Bezug zu den
Vampiren hergestellt. So können sich die Blutsauger zum Beispiel in Fledermäuse
verwandeln und haben auch einige Merkmale der Tiere in ihrer Lebensweise. Mit den
Anfängen der Filmindustrie ist der Vampirmythos wieder aufgeblüht und hält bis heu-
te an. Wir analysieren die Filme Nosferatu- eine Symphonie des Grauens, Tanz der
Vampire und Twilight-Bis(s) zum Morgengrauen, um sie im Anschluss miteinander zu
vergleichen und zu zeigen, wie sich die Darstellung der Vampire entwickelt hat. Als
letztes Kapitel unserer Arbeit befassen wir uns mit der Verbreitung des Aberglaubens
in der heutigen Zeit.

Der Begriff Vampir ist jedem bekannt und mit unserer Seminarfacharbeit wollen wir
zeigen, dass man aus einem mystischen Thema eine wissenschaftliche Arbeit
schreiben kann. Wir wollen deutlich machen, dass Vampire eine weitgefächerte
Thematik ist und hinter dem Vampirglauben mehr steckt, als man denken würde.

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1. Definition des Vampirbegriffs

Vampire sind dem Aberglauben nach blutsaugende Gestalten, die nachts aus ihren
Gräbern steigen und Angst und Schrecken verbreiten. Sie kommen in vielen Volks-
und Aberglauben vor und prägen sich je nach Region, Land oder geografischer Lage,
sowie der jeweiligen Mythologie entsprechend unterschiedlich aus. Es fällt jedoch
auf, dass es sich im Kern immer um eine menschliche Gestalt handelt, die aus ihrem
Grab aufsteigt und eine lichtscheue Nachtgestalt ist.3

Allen Vampirglauben gemein ist, dass der Vampir menschliches oder tierisches Blut
saugt, um sich zu ernähren und neue Kraft zu schöpfen.4

Vampire werden meist als Untote beschrieben, nicht ganz lebendig und nicht tot.
Auch ging man im alten Volksglauben des osteuropäischen Raumes davon aus, dass
Kinder, die bei Neumond geboren werden, zu Vampiren würden. Genauso ein
Mensch, der ein vom Wolf erwürgtes Lamm aß, setzte sich der Gefahr aus zu einem
Vampir zu werden.5

Der Kriminalbiologe Mark Benecke unterscheidet den Begriff Vampir auch noch in
der Rechtschreibung. So ist ein Vampir ein „Untoter, der nicht ganz leben oder ster-
ben kann und anderen das Blut und die Energie raubt“6. Ein Vampyr andererseits ist
ein „Mensch, der sich für einen Vampir hält und lichtempfindlich ist. Sie sind oft scheu
und haben Neigungen zu Blut- oder Energieraub.“7 Jedoch wird in dieser Arbeit der
Vampyr nur kurz, in Kapitel 8, aufgegriffen.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Vampir eine weder tote noch le-
bende, blutsaugende Gestalt aus dem Aberglauben ist, welche großen Schrecken in
der Menschheit verbreitet.

3 vgl. Dr. Ralf Osterwinter (Projektleitung); „Schülerduden – Rechtschreibung und Wortkunde“; Bibliographisches Institut GmbH;
Berlin 2014; S. 510

4 vgl. Helmut Hiller; „Lexikon des Aberglaubens“; Süddeutscher Verlag GmbH; München 1986; S. 242

5 vgl. ebd. S. 67, 131ff

6 siehe Anhang; Interview Mark Benecke; Frage 2

7 siehe ebd.

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Seminarfacharbeit Vampire - Wie konnte sich ein solcher Aberglaube an übernatürliche Wesen bis zur heutigen Zeit durchsetzen? - Dr. Mark Benecke
3. Der Ursprung und die Entwicklung des Vampirglaubens

Der Ursprung des Aberglaubens liegt in der Psyche der Menschen und dient als Vor-
aussetzung für den Glauben an Vampire. Als Grundlage für die weiteren Kapitel der
Seminarfacharbeit, soll in Kapitel 3.1 der Aberglaube im Allgemeinen betrachtet wer-
den, bevor sich die nächsten Kapitel auf die genaue Entstehung des Vampirglaubens
spezialisieren. In diesen werden die ersten Vampirvorfälle beschrieben und der wei-
tere Verlauf der Vampirgeschichte erläutert.

3.1 Der Aberglaube allgemein betrachtet

Der Aberglauben ist in allen Kulturen und Zeiten vertreten.8 Dieser ist jedoch nicht
immer gleich definierbar, sondern wandelt sich mit Zeiten und Kulturen und hängt mit
dem Denken dieser beiden Bereiche zusammen.9 Auch den Aberglauben an Vampire
gibt es in nahezu allen Kulturen.10 Dieser Glaube findet seinen Ursprung in den ost-
europäischen Ländern und hat dort, bis heute, am stärksten angehalten. Immer wie-
der kam es zu verschiedenen Vampirvorfällen – dazu aber mehr in späteren Kapiteln.
In diesem Kapitel soll der Aberglaube erst einmal im Allgemeinen betrachtet werden,
bevor der Glaube an Vampire genauer untersucht wird.

Im Internet findet man zu dem Aberglauben folgende Definition: „Der Aberglaube ist
ein als irrig11 angesehener Glaube an die Wirksamkeit übernatürlicher Kräfte in be-
stimmten Menschen und Dingen.“12

Der Aberglaube ist auf viele verschiedene psychologische Erklärungen zurückzufüh-
ren. Befasst man sich mit dem Thema Vampire jedoch genauer, so stößt man meist
darauf, dass die Angst der Menschen für die Entstehung des Vampirglaubens ver-
antwortlich gewesen ist.

8 vgl. https://www.wissen.de/lexikon/aberglaube

9 vgl. Hansjörg Hemminger; „Was ist Aberglaube: Bedeutung – Erscheinungsformen – Beratungshilfen“; Gütersloher Vertrags-
haus; Gütersloh 2000; S. 10

10 vgl. https://www.massivkreativ.de/archaeologie-und-vampirglaube-im-wendland/

11 auf einem Irrtum beruhend und daher falsch

12 siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Aberglaube

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Seminarfacharbeit Vampire - Wie konnte sich ein solcher Aberglaube an übernatürliche Wesen bis zur heutigen Zeit durchsetzen? - Dr. Mark Benecke
Der deutsche Autor Otmar Schnurr beschreibt in seinem Buch Aberglaube: Faszina-
tion u. Versuchung fünf psychologische Wurzeln des Aberglaubens. Eine dieser fünf
bezeichnet er als „Die falsche Teufelsangst“13 und beschreibt die Entstehung des
Vampirglaubens am naheliegendsten: Die Menschen der früheren Jahrtausende
wussten nichts über die Ursachen der verschiedensten Krankheiten, Missernten und
Naturphänomenen, denn es fehlte ihnen an genügend Aufklärung. Der Ursprung der
Krankheiten konnte nicht erkannt werden und so wurde die Schuld auf böse Geister
oder auf Menschen geschoben, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprachen.14

Die fehlende Aufklärung in der damaligen Zeit, war verantwortlich für die Entstehung
des Aberglaubens. Heute weiß man, dass es sich um leicht heilbare Krankheiten
handelt, doch trotz der fortgeschrittenen Wissenschaft ist die Angst vor tückischen
Mächten nicht ausgestorben.15 Die Ängste der Menschen vor nicht erklärbaren, da-
mals übernatürlichen Geschehnissen, bilden die Grundlage dafür, dass der Glaube
an Vampire überhaupt entstehen konnte.

3.2 Die Entstehung und Herkunft des Glaubens an Vampire

Der Glaube an Vampire ist so alt wie der Mensch selbst. Doch seine Herkunft und die
des Begriffs Vampir kann nicht genau nachgewiesen werden.16,17 Eine weitverbreitete
Etymologie18 des Begriffs Vampir ist die Bezeichnung Upir, welche sich aus dem
Ukrainischen und Polnischen ableitet. Die Nachsilbe pir steht für ein geflügeltes oder
gefiedertes Wesen. Daher könnte die in Südamerika beheimatete Vampirfledermaus
nach diesem Wesen benannt wurden sein (siehe Kapitel 6).19

13 siehe Otmar Schnurr; „Aberglaube: Faszination und Versuchung“; Kösel-Verlag GmbH & Co.; München 1988; S. 16

14 vgl. ebd.

15 vgl. ebd.

16 vgl. https://www.grin.com/document/190431

17 vgl. https://www.uni-due.de/imperia/md/content/genderportal/julia_reum__ller_untersuchungen_zum_vampirismus.pdf

18 Wissenschaft von der Herkunft und Geschichte der Wörter und ihrer Bedeutungen

19 vgl. https://www.muensterlandzeitung.de/sonderthemen/zur-geschichte-des-vampirs-1322045.html

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Der Ursprung des Vampirglaubens stammt aus dem südosteuropäischen Volksglau-
ben. Er verbreitete sich von den Karpaten über Rumänien (Transsilvanien), Serbien,
Griechenland und Bulgarien.20

Im 18. Jahrhundert entstehen die wichtigsten Vampirüberlieferungen. Denn Be-
rühmtheit erlangte der Vampir durch einen Fall 1725 in Kisolova und den Fall im Jahr
1732 in dem Dorf Medvega in Serbien.

Peter Plogojowitz (siehe Abb. 3.-1), ein einfacher Bauer aus
Kisolova in Serbien, verstarb im Jahre 1725 im Alter von 62
Jahren und soll als Vampir wiedergekehrt sein. Aufgrund des
angeblichen Vampires sollen neun Menschen ums Leben ge-
kommen sein. Man ist sich einig gewesen, dass der Verstor-
bene seine Opfer kurz vor ihrem Tod im Schlaf heimsuchte. Er
soll sich auf die Menschen gelegt, sie gewürgt und geschla-
gen haben. Um sich von der Heimsuchung zu befreien, ent-
                                                                             Abb. 3.-1: Peter Plogojowitz
schlossen sich die Dorfbewohner den Leichnam zu exhumie-
ren. Ein Gemeindepriester, welcher der Öffnung des Grabes beiwohnte, schrieb fol-
gendes nieder: „Daß erstlich von solchem Cörper und dessen Grabe nicht der min-
deste, sonsten der Todten gemeiner Geruch, verspühret, der Cörper, ausser der Na-
sen, welche abgefallen, gantz frisch, Haar und Barth, ja auch die Nägel, wovon die
alten hinweggefallen, an ihm gewachsen, die alte Haut, welche etwas weißlich war,
hat sich hinweg gescheelet, und eine neue frische darunter hervor gethan, das Ge-
sichte, Hände und Füsse und der gantze Leib waren so beschaffen, daß sie in sei-
nen Lebzeiten nicht hätten vollkommener seyn können: In seinem Munde habe ich
nicht ohne Erstaunen einiges frisches Blut erblicket (siehe Kapitel 5), welches, der
gemeinen Aussage nach, von denen durch ihn Umgebrachten gesogen. In Summa,
es waren alle Indicia vorhanden, welche dergleichen Leute (wie schon oben be-
mercket) an sich haben sollten.”21 Da nun bewiesen wurde, dass es sich um einen
Untoten handelte, wurde der Leichnam gepfählt und verbrannt. Dieser Artikel sorgte
für die erste große Verbreitung des Vampirglaubens.22 Noch im selben Jahr schrieb

20 vgl. https://www.gesund-leben.mobi/gibt-es-vampire-wirklich/

21 siehe https://www.kosmo.at/peter-blagojevic-der-erste-vampir-ein-serbe/

22 vgl. ebd.

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Michael Ranft, einer der ersten deutschen Gelehrten, welche sich mit Vampirismus
befassten, seine Habilitation23 De masticatione mortuorum in tumulis über den Vam-
pir Peter Plogojowitz. Diese wurde anschließend als 28-seitiger Druck verbeitet und
machte den Fall damit auch im deutschsprachigen Raum bekannt.24

Im Dorf Medvega handelte es sich um einen Fall von
Vampirismusverdacht, auf Grund eines unerklärlichen
Massensterbens, welche von österreichischen Chirurgen
und Soldaten genauer untersucht wurde. In einem medi-
zinischen Bericht erläutert der Arzt Johann Flückinger,
der geschickt wurden war, um die Sache zu untersuchen,
genauer von diesem Vampirvorfall aus Serbien: 1727 ließ
sich der Soldat Arnold Paole (siehe Abb. 3.-2) nach dem
Krieg in Medvega nieder. Er wurde Bauer und heiratete.                                Abb. 3.-2: Arnold Paole

Nachdem er nachts oft unter Albträumen gelitten hat, ver-
traute er seiner Frau an, dass er während seiner Zeit als Soldat von einem Vampir
verfolgt wurde. 5 Jahre nachdem Arnold Paole aus dem Krieg zurückgekehrt war,
stürzte er von einem Heuwagen und brach sich das Genick. Doch nachdem man ihn
auf dem Friedhof in Medvega begraben hatte, wurde er von Dorfbewohnern nachts
an verschiedenen Stellen im Ort gesehen. Als es im Dorf nun zu unerklärlichen To-
desfällen kam, erfassten die Menschen einen schlimmen Verdacht und gruben Paole
40 Tage nach seiner Beerdigung wieder aus. Tatsächlich zeigte die Leiche keine An-
zeichen von Verwesung. Die Nägel waren rein und weich und aus Augen, Nase,
Mund und Ohren rinnt Blut. Sein Hemd und das Leichentuch waren ebenfalls von
Blut getränkt. Für die Dorfbewohner war klar, dass Paole zu einem blutsaugenden
Untoten geworden ist.25,26

Die beiden Fälle circa Mitte des 18. Jahrhunderts, trugen dazu bei, dass der Vampir-
glaube einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Doch der Glaube an wiederkeh-
rende Tote geht viel weiter zurück. Schon in der Antike waren wiederkehrende Tote

23 der Erwerb der Lehrberechtigung an Hochschulen (als Professor) durch Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit

24 vgl. https://fhp.incom.org/project/11712

25 vgl. https://vampireaustria.blogspot.com/2010/01/infektionskrankheiten-fuhrten-zum.html

26 vgl. Maja Nielsen; „Vampire-Die wahre Geschichte von Graf Dracula“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 2011; S. 46ff

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                                ­
weit verbreitet. In der griechisch–römischen Kultur suchten sie ihre Hinterbliebenen
im Traum auf. Während es sich hierbei jedoch nur immaterielle ,Abbilder‘ des Ver-
storbenen handelte, waren es in der germanischen Tradition wiederkehrende Tote,
die richtige Körper besitzen und so aussehen als kehrten die Leichname selbst zu-
rück.27 Und auch den ersten ,richtigen‘ Vampir soll es schon im Jahre 1656 in Istrien
im Ort Kringa gegeben haben. Nachdem ein Verstorbener namens Jure Grando be-
graben wurde, begannen die Ortseinwohner Jure zu sehen, der mit einem toten
Schaf auf der einen Schulter und einer toten Katze auf der anderen im Dorf umher-
ging. Er erschien auch dem Pater Giorgio, der am Friedhof die Messe für ihn gehal-
ten hatte, und Grandos Witwe erzählte verängstigt, der Verstorbene besuche sie oft
in der Nacht, um sie zu quälen. Pater Giorgio machte bald darauf eine schreckliche
Entdeckung. Jeder Mensch, an dessen Tür Jure Grando im Laufe der Nacht anklopf-
te, verstarb innerhalb von wenigen Tagen. Erst im Jahre 1672 wollten neun Ortsbe-
wohner der Schreckensherrschaft von Jure ein Ende setzten. Bewaffnet mit vampir-
abwehrenden Werkzeugen öffneten sie das Grab und trauten ihren Augen kaum,
denn Jures Körper war unversehrt und er hatte ein Lächeln auf dem roten Gesicht.
Als es ihnen nicht gelungen war, den Hagedornpflock durch sein Herz und seine Ein-
geweide zu treiben, schlugen sie mit einer Axt Jures Kopf ab.28

Heute gibt es für diese Vampirvorfälle viele Erklärungen, welche Beweisen sollen,
dass die unerklärlichen Todesfälle keine Verbindung zu etwas Übernatürlichen ha-
ben. Die Vampirvorfälle aus Kisolova und Medvega liegen in der Zeit der Kriege zwi-
schen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich. Die Zustände waren sehr
schlimm und die Nahrung sehr knapp. Die Menschen mussten oft auf verendete Tie-
re zurückgreifen, was natürlich eine hohe Ansteckungsgefahr mit sich brachte. Ein
weiterer Faktor ist, dass die Einwohner dieser Regionen eine strenge Fastenzeit
ausübten. Sie war fleischlos und bestand aus sehr viel rohem Gemüse. Die Folge
der daraus entstehenden Mangelernährung waren häufige Krankheiten und Seu-
chen, was zu einer hohen Sterblichkeit bei Jung und Alt führte.29 So lässt sich die
Entstehung des Glaubens an Vampire wieder auf das Kapitel 3.1 zurückführen. Die

27 vgl. https://curiositas-mittelalter.blogspot.com/2019/10/geister-und-wiederkehrende-tote.html

28 vgl. https://croatia.hr/de-DE/erlebnisse/kultur-und-erbe/legenden/jure-grando-der-alteste-vampir-europas-mit-vor-und-nach-
namen

29 vgl. https://fhp.incom.org/project/11712

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Ursachen für damalige Todesfälle und Krankheiten war nicht bekannt und die Men-
schen suchten sich einen Sündenbock, um die Geschehnisse plausibel zu erklären.

Die vielen Geschichten über angebliche Vampirvorfälle, welche durch die Hirnge-
spenste der Bevölkerung entstehen konnten, trugen zur Verbreitung des Glaubens
an Vampire bei. Die Angst vor den wiederkehrenden Toten war sehr groß und ver-
breitete sich über viele Länder bis nach Deutschland. Sie ging so weit, dass sich die
Menschen Begegnungen mit den Toten einbildeten, was den Glauben verstärkte.

3.3 Die Entwicklung des Vampirglaubens bis ins 20. Jahrhundert

Ab den 1750er-Jahren sagt Maria Theresia (siehe
Abb. 3.-3), die Erzherzogin von Österreich, den Vam-
piren den Kampf an. Sie kämpfte seit Jahren gegen
den Aberglauben, Gespensterfurcht, Hexen- und
Zauberwahn. Nach den Vorfällen in Kisolova und
Medvega gab es noch weitere Vampirvorfälle, bis
1755 eine weitere Vampir-Epidemie in Olmütz aus-
brach. Damit wurde es der Kaiserin zu viel, denn auf
dem Friedhof wurden 30 Gräber geöffnet und 20 von
den Leichen als Vampire entlarvt und eingeäschert.
                                                                               Abb. 3.-3: Maria Theresia
Ihr Vorhaben war es, den Aberglauben auszurotten.
Für diese Aufgabe kam nur Gerard van Swieten, Leibarzt und Vertrauter ihrer Majes-
tät, in Frage. Er schickte erfahrene Ärzte, welche den Vorfall nach den Regeln der
Wissenschaft untersuchen sollen. Der Schlussbericht besagt: „Indizien für magia
posthuma“ und "vampirische Infection"30 hat seine Kommission nicht gefunden. Die
Vorfälle sind natürlich erklärbar: „Mortuus non mordet, ein Toter beißt nicht“31. Auf
diesen Bericht wartete die Kaiserin, um am 1. März 1755 einen Erlass zu unterzeich-
nen, welchen den Aberglauben unverzüglich abstellen soll. Alle Vorfälle von Grab-
schändung, Leichenfledderei32 und Vampirexekution sind künftig ausnahmslos anzu-

30 siehe https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kalenderblatt/maria-theresia-verkuendet-den-vampir-erlass-100.html

31 siehe ebd.

32 Ausrauben, Ausplündern von Toten

                                                                                                                        12
zeigen und polizeilich zu untersuchen. Daraufhin schwächte die Vampirhysterie all-
mählich ab.33

Ab dem 19. Jahrhundert verloren die Wissenschaftler jegliches Interesse an Vampi-
ren. Durch medizinische Erkenntnisse befasste sich kaum noch ein Mediziner mit
den übernatürlichen Wesen. Doch die Wissenschaft entzauberte die Welt und die
Sehnsucht nach Spiritismus und Übernatürlichen wird stärker. Ab dieser Zeit wurde
der Schauerroman mit Begeisterung aufgenommen. Zu diesen Romanen zählt der
Klassiker Frankenstein und ab 1897 auch Bram Stokers Roman Dracula. Nun treten
die Vampire in der Literatur auf.34,35 Dies geht ebenfalls mit dem Aufkommen der
Frühromantik einher. Die Romantik befasst sich mit den düsteren Elementen der Na-
tur, des Volksglaubens und der Menschen und ist daher wie geschaffen für die The-
matik Vampir. Als erster deutscher Dichter nahm Heinrich August Ossenfelder den
Vampir in die Literatur auf. In der Zeitschrift Der Naturforscher, veröffentlichte er sein
Gedicht Der Vampir im Jahre 1748. Das Gedicht enthält keine romantischen Elemen-
te und orientiert sich stark am ursprünglichen Volksglauben. Der erste Erfolg mit der
Thematik eines romantischen Vampirs, war The Vampyre von John Polidori. Die
Kurzgeschichte wurde 1819 veröffentlicht und handelt von dem Vampir Lord Ruth-
ven, ein toter Edelmann mit guten Sitten, der sich in feinen Kreisen bewegt und
Frauen verführt, um ihr Blut zu trinken.36

In der deutschen Literatur hatte der Vampir keinen Erfolg. Doch in Großbritannien
erlangte der Vampir, durch den im Jahre 1847 veröffentlichten Roman Varney the
Vampire, Berühmtheit. Sir Francis Varney ist ein adliger Vampir, der bevorzugt jun-
gen, hübschen Frauen das Blut auszusaugen. Er ist ein skrupelloser und bösartiger
Vampir und außerdem die erste tragische Gestalt in der Vampirliteratur. Denn Sir
Francis Varney zweifelt an seiner Existenz, was ihn dazu treibt, sich in den Vesuv zu
werfen. Zudem ist der Roman das erste Werk, in welchem der Vampir mit Fangzäh-

33 vgl. ebd.

34 vgl. https://fhp.incom.org/project/11712

35 vgl. https://www.muensterlandzeitung.de/sonderthemen/zur-geschichte-des-vampirs-1322045.html

36 vgl. https://fhp.incom.org/project/11712

                                                                                                  13
nen dargestellt wird. Heute sind diese ein allbekanntes Merkmal der Vampire, doch
im ursprünglichen Volksglauben gab es sie noch nicht.37

1871/ 1872 erschien der Roman Carmilla, welcher für die damaligen Verhältnisse,
aufgrund der erotischen Beziehung zwischen den weiblichen Hauptrollen Laura und
Carmilla, sehr anzüglich gewesen ist. Die Geschichte weist außerdem auf viele Ele-
mente des damaligen Volksglaubens. Nachdem Carmilla als Vampir überführt wurde,
hat man sie gepfählt, enthauptet und anschließend verbrannt. Vor allem diese Vor-
gänge Verweisen auf den ursprünglichen Glauben an die übernatürlichen Wesen.38

Der britische Autor Bram Stoker war sehr beeindruckt von dem Roman und hatte auf
ihn einen starken Einfluss. Stoker war schon seit seiner Kindheit fasziniert von Vam-
piren. Er war auf der Suche nach Berichten über Vampirerscheinungen und findet
Unmengen von Zeitungsartikeln, Schriften und Büchern.39 All diese Geschichten und
das gesammelte historische Material waren eine Inspiration für seinen Roman Dracu-
la aus dem Jahre 1897. Doch zur Erscheinung erlebte das Buch keinen Erfolg. Es
hatte einen schäbigen Einband und die blutroten Buchstaben, in denen der Titel ge-
druckt wurde, machten ebenfalls nicht viel her. Den großen Erfolg von Dracula hat
Stoker nicht mehr erlebt.40

Seit dem 20. Jahrhundert wurden die Vampire auch in Filmen aufgegriffen. 1922 ent-
steht die erste Verfilmung von Dracula in Nosferatu – Eine Sinfonie des Grauens
durch Friedrich Wilhelm Murnau.41

Durch die Aufnahme von Vampiren in die Literatur, stieg die Begeisterung für die We-
sen und der Aberglaube an die Blutsauger wurden nach einer langen Zeit wieder
thematisiert. Den Menschen fehlte die Mystik und das Geheimnisvolle und so erlebte
der Vampir in der Literatur großen Erfolg.

37 vgl. ebd.

38 vgl. ebd.

39 vgl. Maja Nielsen; „Vampire-Die wahre Geschichte von Graf Dracula“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 2011; S. 42

40 vgl. Maja Nielsen; „Vampire-Die wahre Geschichte von Graf Dracula“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 2011; S. 52f

41 vgl. https://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/tid-19148/volksglaube-der-gruselige-peter-plogojowitz-
_aid_530683.html

                                                                                                                     14
Auch im 20. Jahrhundert treten eine Vielzahl von Vampirvorfällen auf, welche aber
kein großes Aufsehen mehr erregen. Dafür verantwortlich war wahrscheinlich der
medizinische Fortschritt, welcher die wahren Todesursachen der angeblichen Vampi-
re feststellen konnte.42 Doch seit der Epoche Romantik ist der Vampir bis heute in
der Literatur und der Filmgeschichte stark vertreten. Im Kapitel 7 wird die Vampirdar-
stellung in Filmen noch genauer analysiert und im Anschluss miteinander verglichen.

4. Legenden und Theorien im osteuropäischen Raum

Dieses Kapitel handelt von Legenden und Theorien aus dem osteuropäischen Raum.
Es wird erläutert, was man unter Legenden versteht und wie diese aufgebaut sind.
Des Weiteren werden die Vampirgeschichten näher beschrieben und erklärt. Im zwei-
ten Teil werden Personen vorgestellt, die in ihrer Zeit mit Vampiren verglichen und als
diese bezeichnet wurden.

4.1 Legenden und Theorien von Vampirgeschehnissen

Legenden und Theorien entstanden nicht nur im 19. Jahrhundert, sondern sie rei-
chen bis ins antike Zeitalter zurück. In dem folgenden Kapitel werden die Legenden
näher erläutert.

4.1.1 Charakteristika von Legenden43

Legenden werden als erzählende Textsorten bezeichnet, die mit dem Märchen, der
Sage, dem Mythos und der Fabel verwandt sind. Das Wort stammt aus dem lateini-
schen legenda und bedeutet lesend. Dies weist demzufolge auf die ursprüngliche
Funktion, nämlich das Vorlesen aus dem Leben und über den Tod eines Heiligen hin.
„Die Legende kreist also stets um das Leben eines Heiligen oder ein religiöses Er-
eignis.“44 Dieses Merkmal unterscheidet die Textsorte von den anderen Genres. Im
Aufbau ähneln die Legenden den Sagen, aber sie können auch nicht-religiöse Inhalte

42 vgl. https://fhp.incom.org/project/11712

43 vgl. https://wortwuchs.net/legende/

44 siehe ebd.

                                                                                    15
zum Kern haben und von Helden oder auch anekdotenhaft45 von einzelnen Persön-
lichkeiten erzählen.

Es gibt zwei Arten von Legenden, zum einen die Heiligenlegenden und zum anderen
die Volkslegenden. Bei den Heiligenlegenden handelt sich es meist um die religiöse
Belehrung und Aufklärung des Volkes. Die Volkslegende ist die einfache Form, die
mit der Volkssage verwand ist. In diesen Legenden geht es nicht um den christlichen
Glauben, sondern um vorbildlich Handelnde. Die meisten Legenden haben einen his-
torischen Kern, da sie besondere Personen, Dinge oder Begebenheiten in den Vor-
dergrund rücken. Da bei der Volkslegende das historische mit Übertreibungen über-
lagert wird, rückt der wahre Kern in den Hintergrund.

4.1.2 Legenden aus dem 19. Jahrhundert und deren medizinischer
Hintergrund

In diesem Teilkapitel werden Legenden von angeblichen Vampiren aus dem 19.
Jahrhundert erläutert und erklärt, wie solche Vermutungen entstehen konnten.

Eine Legende aus dem Jahre 1840 hat ihren Ursprung in Grabau. In Küstennähe bei
Danzig fand ein allgemeines Sterben statt. Besonders junge Frauen waren betroffen,
die geraden in ihrer Blühte standen. Sie hatten an ihrer Brust eine kleine Wunde. Als
die Dorfältesten, dieses Geschehen nicht erklären konnten, entstand der Verdacht,
dass ein Vampir in ihrem Dorf hausen würde. Sie befahlen alle Gräber zu öffnen und
entdeckten dabei einen Mann mit langen Fingernägeln, langen Haaren und Bart. Zu-
dem befand sich auch Blut an seinen Mundwinkeln. So entschlossen sie sich den
Mann mit einem Grabstein zu köpfen und rammten ihn einen Pfahl aus Dornholz in
sein Herz.46

Bei diesem toten Mann handelte es sich nicht um einen Vampir. Die langen Finger-
nägel und die langen Haare waren ganz normale Erscheinungen, die sich die Leute
damals im Jahr 1840 nicht erklären konnten. Heute lässt man sich diese Erscheinun-
gen so erklären: Die Fingernägel wachsen nach dem Tod nicht. Nur die Haut beginnt
langsam auszutrocknen, dadurch erscheinen die Nägel länger. Allerdings könnte sich

45 kurze Erzählung aus dem Leben einer (bekannten) Persönlichkeit

46 vgl. Philip Burne-Jones; „The Vampire“; Ubooks Verlag; Diedorf 2010; S. 114

                                                                                  16
auch der Mann eine Zeitlang nicht gepflegt haben und deswegen waren seine Fin-
gernägel lang.47 Die langen Haare kann man auch damit begründen, dass er sie
nicht geschnitten hatte. Das Austreten des Blutes aus seinem Mundwinkel, ist eine
Erscheinung des Fäulnisprozesses. „Es handelt sich um durch Fäulnisgasen ausge-
triebene Fäulnis-Flüssigkeit, die den einzig möglichen Weg nahm.“48

In einer weiteren Legende aus dem Jahr 1831 verbreitete sich in der Gegend von
Koniz49 eine Choleraepidemie, die das Land verwüstete. Die Dorfbewohner hegten
den Verdacht, dass die Seuche von Vampiren verbreitet wurde. Sie beschlossen,
dass die Erstbetroffenen wieder ausgegraben werden sollten, um diese ihrer gerech-
ten Strafe zuzuführen. Sie dachten, dass sie sich von dem Blut der Dorfbewohner
ernähren würden.50

Die Menschen, die an Cholera gestorben waren, wurden nicht von Vampiren ausge-
beutet, sondern hatten eine sehr ansteckende Krankheit, die über Tröpfcheninfektion
oder mit der Nahrungsaufnahme übertragen wurde. Das Bakterium Vibrio Cholerae
wurde in den 1830er Jahren durch den Handel zwischen Europa und Indien nach Eu-
ropa gebracht. Wenn man sich bei einem Cholerapatienten angesteckt hatte, dauerte
es fünf Tage, bis die Krankheut bei einem selber ausbrach. Die Erkrankten hatten
meist schweren Durchfall und schlimmes Erbrechen. Die Menschen starben an Herz-
oder Nierenversagen aufgrund von Dehydration. 51

Die zuvor aufgeführten Legenden kreisen um ein großes Thema: die Vampire. Da-
mals im 19. Jahrhundert glaubten die Menschen fest an die Existenz von Vampiren.
Durch die Entdeckungen in Gräbern vermuteten die Dorfbewohner, dass diese We-
sen in ihren Dörfern lebten. Heute sind die Menschen viel gebildeter und aufgeklär-
ter. Es gibt wissenschaftliche Belege dafür, dass der Fäulnisprozess bei toten Men-
schen eine ganz normale Erscheinung ist. Heute ist es bewiesen, dass Cholera eine

47 vgl. Mark Benecke; „Vampire unter uns!“; Edition Roter Drache Verlag; Remda-Teichel 2016; S. 129f

48 siehe ebd.

49 das heutige Chojnice im Norden Polens

50 vgl. Philip Burne-Jones; „The Vampire“; Ubooks Verlag; Diedorf 2010; S. 114

51 vgl. https://geschichtsbuch.hamburg.de/epochen/kaiserreich/der-tod-aus-dem-wasser-cholera-1892/

                                                                                                       17
schwere bakterielle Infektionskrankheit ist und nichts mit dem Aberglauben zu tun
hat.

4.2 Historische Figuren

Es gibt sehr viele Legenden und Erzählungen über die Vampire. Selbst Dokumenta-
tionen wurden über diese Fabelwesen gedreht. Es existieren viele literarische Bücher
und Aufzeichnungen dieser mystischen Wesen. Wie zum Beispiel das Buch Dracula,
was auf eine Person zurückzuführen ist die im folgenden Kapitel näher beschrieben
wird.

4.2.1 Die grausame Geschichte von Vlad52,53

Eines der bekanntesten Werke über diese Wesen ist der Roman Dracula des iri-
schen Schriftstellers Bram Stoker. Viele wissen nicht, dass sich der Schriftsteller von
einem realen Menschen für die Figur Dracula inspirieren ließ.

Dieser Mann hieß Vlad (siehe Abb. 4.-1) und wurde 1431 in
Transsylvanien in Bukarest geboren. Vlad war ein besonders
grausamer Mann, der in den Jahren seiner Regentschaft über
die Walachei54 Taten vollbracht hatte die für einen normalen
Menschen kaum vorstellbar waren. „Der Fürst war gefürchtet
wegen seiner Blutgier.“55 Er hatte viele schreckliche Kriege ge-
führt, die man in der heutigen Zeit in der Literatur finden und                                      Abb. 4.-1: Vlad Draculae

nachlesen kann.

Während eines Krieges pflegte Vlad seine Opfer beim lebendigen Leib zu pfählen,
um die nachrückenden Truppen in Angst und Schrecken zu versetzen. Die Überle-
benden wurden entblößt. Auf eine sehr brutale und unschöne Weise wurde ihnen ein
Holzpfahl rektal eingeführt. Dann wurde der Pfahl56 mit dem Gepfählten zur Abschre-

52 vgl. http://www.freizeitrevue.de/kultur-unterhaltung/vampire-ihre-geschichte-von-1431-bis-heute

53 vgl. Maja Nielsen; „Vampire – Die wahre Geschichte von Graf Dracula“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 2011; S. 6

54 die Walachei war eine Region im Süden des heutigen Rumäniens

55 Maja Nielsen; „Vampire – Die wahre Geschichte von Graf Dracula“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 2011; S. 6

56 ein an einem Ende zugespitzter Holzbalken

                                                                                                                                18
ckung aufgestellt. Auf diese Weise wurde zu Vlads Lebzeit 10.000 Menschen hinge-
richtet.

So ging Vlad auch während des Krieges gegen die osmanischen Türken vor. Durch
diese Methode gewann er den Krieg und bekam den Beinamen Tepes, was so viel
heißt wie der Pfähler. Viele Menschen der damaligen Zeit, nannten ihn auch „Volk
Draculae “57 (Sohn des Teufels).

Eine alte Legende besagt, dass der Fürst (Vlad) sehr viel Geld benötigte um sich ge-
gen den Krieg mit den Türken aufzurüsten. Er fragte in seinem Land nach, ob die
Bewohner ihm Geld geben würden um seine Streitmacht kampfbereit zu machen.
Die Bevölkerung verneinte sein Anliegen. Er soll die Menschen umgebracht haben,
die ihm kein Geld zur Verfügung gestellt hatten. Arme Leute, die auf der Straße leb-
ten, lud er freundlicherweise in sein Schloss zu einem Festessen ein. Aber es war ein
hinterlistiger Trick. Während sich die Menschen auf das Essen stürzten, schloss Vlad
die schweren Türen und setzte den ganzen Raum in Brand. Die Eingeschlossenen
verbrannten qualvoll, da es keinen weiteren Ausgang gab. Somit wollte er die Armut
in seinem Land ausrotten.58

Eine weitere Legende überliefert, dass er immer nach einem Sieg sein Mahl auf dem
Schlachtfeld zu sich nahm. Hierbei soll er sein Brot in das Blut der Gefallenen einge-
taucht und gegessen haben.59

Durch dieses Handeln glaubten viele Menschen, dass Vlad ein Vampir sei.                                               So
wuchs sein Name Vlad Draculae (Sohn des Drachens) immer weiter zu einem My-
thos heran, den man in der damaligen Zeit mit einem Vampir verglich.

Im Jahr 1477 wurde Vlad Draculae/ Tepes hinterrücks ermordet und enthauptet. Aber
unterschiedlichen Berichten zufolge wird gesagt, dass er tapfer kämpfend in der
Schlacht gefallen sei. Belegt ist nur, dass sein Kopf konserviert, öffentlich aufge-
spießt und zur Schau gestellt wurde. Angeblich wurden seine sterblichen Überreste
in einem Kloster in der Nähe von Bukarest beigesetzt.60

57 Maja Nielsen; „Vampire – Die wahre Geschichte von Graf Dracula“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 2011; S. 6

58 vgl. Maja Nielsen; „Vampire – Die wahre Geschichte von Graf Dracula“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 2011; S. 15

59 vgl. http://www.freizeitrevue.de/kultur-unterhaltung/vampire-ihre-geschichte-von1431-bis-heute

60 vgl. https://www.gruft-der-vampire.de/dracula.htm

                                                                                                                      19
Als der Sarg 1931 geöffnet wurde, fand man ihn leer vor.61 Für manche war Vlads
leeres Grab, 450 Jahre nach seinem Tod, einen Beweis dafür, dass Vlad tatsächlich
ein Vampir war.

Vlad ist bis heute noch eine bekannte historische Persönlichkeit, die den Glauben an
Vampiren am stärksten verbreitete. Doch im echten Leben war Vlad kein Vampir zu-
mindest ist dies nicht wissenschaftlich bewiesen. Dennoch ist bewiesen, dass Vlad
Draculae ein grausamer und blutrünstiger Feldherr war, der Angst und Schrecken
verbreitet hatte.

4.2.2 Die Legende der blutbadenden Elisabeth Bathory

Nicht nur Männer galten zur damaligen Zeit als Vampire, sondern auch Frauen. In
diesem Abschnitt wird die Sage der Elisabeth Bathory (siehe Abb. 4.-2) näher erläu-
tert.

In der Sage geht es um eine hübsche Frau, die in ihrem Schloss grausame Dinge
getan haben soll. Elisabeth war eine sehr wohlhabende Fürstin, die viele Schlösser,
Burgen und Dörfer besaß. Aber diese Sage bezieht sich nur
auf einen Ort namens Csejte, oder auch Cachtice genannt.
Diese Burg liegt am Rand der slowakischen kleinen Karpaten62
und war sehr vorteilhaft für ihre Taten aufgebaut. Das Schloss
besaß viele labyrinthische Gänge und Gewölbe. Hier in diesem
Gebäude soll Elisabeth Bathory bis zu ihrem Tod gelebt
haben.63
                                                                                             Abb. 4.-2: Elisabeth Bathory
Sie war die Gattin des Grafen Franz Nadasdy und aus Liebe
zu ihrem Mann verließ sie den katholischen Glauben und trat den lutherischen Glau-
ben bei. Sie liebte ihn so sehr, dass sie sich für ihren Gatten ein gewinnendes Äuße-
res verschaffte und sich mit weiblichen Zierarten64 kleidete. Elisabeth war so beses-

61 vgl. ebd.

62 ist ein ca. 85 km langer, bewaldeter Gebirgszug im Westen der Slowakei

63 vgl. Michael Farin; „Heroine des Grauens – Elisabeth Bathory“; P. Kirchheim Verlag; München 1989; S. 19

64 heißt so viel wie sich hübsch machen oder sich schmücken

                                                                                                                            20
sen danach, ihrem Mann zu gefallen, dass sie Stunden damit verbrachte, sich von
ihren Dienerinnen schmücken zulassen. Eine kämmte ihr die Haare und die Anderen
drehten ihr Locken. Dabei zog einer der Dienerinnen unabsichtlich zu doll an ihren
Haaren. Ohne zu zögern schlug Elisabeth dem Mädchen mit der Faust ins Gesicht.
Dabei spritze Blut auf die Haut der Fürstin. Als sie das Blut mit einem Tuch wegge-
wischt hatte, bemerkte die Gräfin, dass diese Stelle, wo vorher das Blut klebte, die
Haut viel weißer und schöner erschien, als zuvor.65

Dieser kleine Vorfall führte zu einer größeren und schlimmeren Tat. Elisabeth dachte
darüber nach, welche Wirkung es haben könnte, wenn sie im Blut baden würde. Am
Anfang hatte sie Angst, dass dieses schlimme Vorhaben auffliegen und ihren Ruf da-
durch schädigen könnte. „Das eitle Verlangen aber besiegte letztendlich die böse
Ahnung, und die Gedanken führten zur Schandtat.“66

Elisabeth weihte zwei alte Frauen, Helena und Dorothea, in den Plan ein und erzähl-
te ihnen was vorher passiert war. Sie fragte sie, ob sie ihr zu Hand gehen wollen und
versprach ihnen eine Belohnung und ewiges Wohlwollen. Des Weiteren weihte sie
einen Mann namens Johannes, den sie als Knaben erzogen hatte, in das Geschehen
ein, da er groß und stark war, die Mädchen in die Keller der Burg zu schleppen. Eli-
sabeth überließ den beiden Frauen die Entscheidung wen sie als erstes umbringen
wollten. So kam es zu dem ersten Mord. Johannes schleppte das Mädchen in den
Keller. Die beiden alten Frauen stachen auf die junge Frau ein und fingen ihr Blut in
einer Wanne auf. Durch dieses Blutbad fühlte sich Elisabeth wieder schöner. Selbst
als ihr Mann schon lange gestorben und sie eine alte Witwe war, hielt sie nichts da-
von ab damit aufzuhören. Im Gegenteil - als ihr Mann am 4. Januar 1604 gestorben
war, nahmen die Verbrechen immer mehr zu, um neue Liebhaber zugewinnen.67

Alle Mädchen, die umgebracht wurden, waren von vornehmer Herkunft. Es war je-
doch Brauch, dass die Söhne und Töchter der Vornehmen inmitten der Kinder des
Hofadels zusammen aufwuchsen und unterrichtet wurden. Als die vornehmen Leute
ihre Kinder aus der Obhut Elisabeths zurück forderten sagte man ihnen, dass die
Mädchen gestorben seien und begraben wurden. Am Anfang glaubten die Menschen

65 vgl. Michael Farin; „Heroine des Grauens – Elisabeth Bathory“; P. Kirchheim Verlag; München 1989; S. 24

66 siehe Michael Farin; „Heroine des Grauens – Elisabeth Bathory“; P. Kirchheim Verlag; München 1989; S. 24

67 vgl. Michael Farin; „Heroine des Grauens – Elisabeth Bathory“; P. Kirchheim Verlag; München 1989; S. 25ff

                                                                                                               21
daran. Nachdem aber vermehrt Begräbnisse stattfanden, begannen die Leute Ge-
rüchte zu verbreiten, von dunklen Vorkommnissen oder einer Krankheit. Als die An-
zahl der Begräbnisse immer weiter zu nahm hinterfragten die Leute, welche Krank-
heiten die Mädchen hatten, oder wie lange sie schon bettlägerig waren. Die Angehö-
rigen erkundigten sich nach dem Begräbnisort, wurden aber abgewiesen. So fingen
die Menschen an sich Gedanken darüber zu machen, ob ein Verbrechen verborgen
werden sollte. Bei den Hofbediensteten68 erkundigten sie sich über die näheren Um-
stände. Von einem Diener, der nicht in die Geschehnisse eingeweiht war, erfuhren
sie, dass die Mädchen gesund in den Keller geführt und nie wiedergesehen
wurden.69

Die Menschen gingen mit ihren Erkenntnissen zum Vizekönig. Dieser brachte die
Angelegenheiten dem König vor. „Darauf wurde Ende 1610 Georg Thurzo von Preu-
ßen nach Csejte geschickt, mit dem Auftrag, selbst diesen Keller zu untersuchen und
mit eigenen Augen zu besichtigen.“70 Er sah ein Mädchen, das durch Peitschenhiebe
und Verbrennungen gestorben war. Georg ließ die dafür Verantwortlichen in Fesseln
legen. Elisabeth wurde in einem abgelegeneren Teil der Burg festgehalten und in
Verwahrung genommen. Die Drei, die sie dabei unterstützt hatten, wurden nach
Bicske71 gebracht und vor ein Gericht gestellt. Sie wurden als Mörder überführt und
am 7. Januar 1611 auf dem Scheiterhaufen verbrannt.72

Elisabeth Bathory hatte durch ihr ungestilltes Verlangen über 600 junge Mädchen
umgebracht. Sie starb am 21. August 1614 eingeschlossen in ihrem eigenen
Kerker.73

Bathory war eine sehr strenge Frau, die ihre Bedienteten grausam ermordet hatte.
Dies wurde auch in mehreren Briefen festgehalten. Der Blutmythos (siehe Kapitel 5)
wurde erst von den Dorfbewohnern verbreitet, aber als der Vizekönig Ungarns das

68 das sind Männer oder Frauen die am Hofe arbeiten

69 vgl. Michael Farin; „Heroine des Grauens – Elisabeth Bathory“; P. Kirchheim Verlag; München 1989; S. 26

70 siehe Michael Farin; „Heroine des Grauens – Elisabeth Bathory“; P. Kirchheim Verlag; München 1989; S. 27

71 ist eine Stadt und liegt im nördlichen Teil Komitates (Verwaltungsbezirk) Fejer in Ungarn

72 vgl. Michael Farin; „Heroine des Grauens – Elisabeth Bathory“; P. Kirchheim Verlag; München 1989; S. 27

73 vgl. ebd.

                                                                                                              22
Schloss betrat, fand das schreckliche Gerücht ihre Bestätigung. Sie fanden tote
Mädchen in den Eingängen liegen. „Im Laufe der Jahrhunderte bekam Bathory viele
Namen, alle im Versuch, das Unsagbare zu benennen, das Unerklärliche zu Begrei-
fen.“74 In einigen Studien, Romanen und Filmen wird sie zur Blutgräfin.75

Selbst heute in der Schönheitstherapie wird Eigenblut zur Hautverjüngung und Fal-
tenbehandlung verwendet. Diese Methode heißt Vampirlifting. Hierbei wird Blut vom
Patienten entnommen, speziell aufbereitet und anschließend in die gewünschte
Hautpartien gespritzt. Nach der Eigenbluttherapie (PRP-Therapie) zeigt sich die Haut
bereits nach wenigen Tagen sichtlich elastischer, dicker, frischer und glatter als vor
der Behandlung. Dieser Effekt über Monate an.76

Nach der heutigen Erkenntnis ist davon auszugehen, dass die Blutgräfin, der Legen-
de nach über die Wirksamkeit des Blutes Wissen hatte.

Einige Wissenschaftler spekulieren, ob Elisabeth den Ursprung des Vampir-Aber-
glaubens sei und nicht Vlad. Im Interview mit dem Kriminalbiologen Mark Benecke
wurde diese Frage gestellt. Er meinte, dass es schon seit Menschendenken Figuren
gibt, die vielleicht vampirische Eigenschaften aufweisen.77 Da
es keine wissenschaftlichen Belege dazu gibt, kann man nicht
genau sagen, welche Person den Ursprung des Vampirglau-
bens angeregt hat.

4.2.3 Nicolae Ceauşescu – der grausame Politi-
ker78

Jeder kennt ihn oder hat schon einmal von dem berühmten
Politiker Nicolae Ceauşescu (siehe Abb. 4.-3) gehört. In die-
sem Teilkapitel wird sein Leben und sein Wirken auf die                                       Abb. 4.-3: Nicolae Ceauşescu

74 vgl. https://www.watson.ch/wissen/frauen%20der%20geschichte/943620886-blutgraefin-b-thory-die-ungarische-serienmoer-
derin

75 vgl. ebd.

76 vgl. https://www.infomedizien.de/themenwelt/faltenbehandlung/behandlungen/vamir-lifting/

77 siehe Anhang; Interview Mark Benecke; Frage 4

78 vgl. Thomas Kunze; „Nicolae Cheausescu - Eine Biographie“; Ch. Links Verlag; Berlin 2000; S. 19f

                                                                                                                         23
Menschheit näher erläutert.

Nicolae wurde am 26. Januar 1918 gegen Ende des ersten Weltkrieges geboren. Er
war das dritte von zehn Kindern und wohnte als kleines Kind in Scorniceşti, einer
Gemeinde in Oltenien, in der sogenannten Kleinen Walachei in Rumänien. In diesem
Dorf lebten ca. 2000 Bewohner unter armseligsten Verhältnissen. Seine Eltern waren
einfache Bauern. Zusätzlich verdiente sich der Vater etwas Geld mit ein paar
Schneiderarbeiten. Der Vater fühlte sich zum Alkohol hingezogen und gab das meis-
te Geld nur für die Kneipe aus. Außerdem hatte er gestohlen und sich die meiste Zeit
mit Anderen geprügelt. Die Mutter dagegen wurde, trotz dass sie Analphabetin war,
als gute, arbeitssame, herzensgute Frau bezeichnet. Nicolaes Eltern veränderten
sich beide mit der Entwicklung ihres Sohnes. Zum Beispiel wurde die Mutter durch
Boshaftigkeit ausgezeichnet. „Nichts spaßte ihr, nichts überzeugte sie, gegen alles
hatte sie etwas einzuwenden.“79 Der Vater dagegen soll weiter ständig betrunken
gewesen sein, war aber weniger arrogant.80

Nicolae besuchte, wie es für einen Bauernsohn typisch war, nur vier Jahre die Dorf-
schule von Scorniceşti. Er soll durchschnittlich in der der Schule gewesen sein und
gute Noten geschrieben haben. Doch das entsprach nicht der Wahrheit, da sei
Grundschullehrer nach der Revolution 1989 in Rumänien zugab, seinem Grund-
schulschüler die Zensuren verbessert zu haben.

Ceauşescu war in seiner Kindheit ein Einzelgänger und wurde von seinem Onkel als
extrem nervös und unberechenbar beschrieben. „Ideelle Dinge oder warme mensch-
liche Züge waren dem Jungen fremd.“81 Sein Horoskop besagte „Ehrgeiziger Füh-
rungsanspruch…, der sich mit expansivem Besitz - und Machtstreben verbindet…,
materiell verhaftetes Denken…, rücksichtslose Durchsetzungssucht…“.82 Und sein
Horoskop behielt recht.83

79 vgl. ebd.

80 vgl. ebd.

81 siehe Thomas Kunze; „Nicolae Cheausescu - Eine Biographie“; Ch. Links Verlag; Berlin 2000; S. 21

82 siehe Thomas Kunze; „Nicolae Cheausescu - Eine Biographie“; Ch. Links Verlag; Berlin 2000; 21

83 vgl. ebd.

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Mit elf Jahren zog er in die Hauptstadt Bukarest, da seine Eltern die vielen Kindern
nicht ernähren konnten. Dort erlernte er den Beruf des Schuhmachers und lebte bei
seiner älteren Schwester und ihrem Mann. 1932 trat er der Rumänischen Kommunis-
tischen Partei bei, die zu der Zeit noch illegal war.84 Von 1933 bis 1938 wurde Ce-
auşescu wegen Streikhetze, Verteilung von Flugschriften und politischen Aktivitäten
mehrere Male verhaftet, saß von 1936 bis 1938 im Gefängnis, wurde aus Bukarest
ausgewiesen und kehrte in sein Heimatdorf zurück.85

„Er war ein rumänischer Politiker, Generalsekretär der Rumänischen Kommunisti-
schen Partei, Staatspräsident und Vorsitzender des Staatsrates (1965-1989) der So-
zialistischen Republik Rumäniens.“86

Vor seiner Amtszeit als Staatspräsident, kam er mit dem Personenkult87 durch eine
Reise nach China und Nordkorea in Kontakt. Sein Ziel war es nun diese Art von Ver-
ehrung in seinem Land umzusetzen. Ihm gefiel es, wie die Menschen ihm zu jubel-
ten. Dies entsprach seinem Gefühl, wie ein Volk seinen geliebten Conducǎtor‘ (Füh-
rer) zu verehren hat. Ab 1974 wurde aus Ceauşescu ein Idol gemacht. Dichter
schrieben seinen Namen nur noch in Großbuchstaben, Huldigungsgedichte wurden
verfasst. Die Dichter gaben ihm Titel wie: Titan der Titanen, gloriose Eiche aus Scor-
niceşti, Sohn der Sonne, großer Kommandant. Er ließ sich nennen als der Auser-
wählte, unser irdischer Gott oder Genie der Karpaten. Eine weitere extreme Form
des Personenkultes, war die Zeichnung von Ceuaşescu und seiner Frau in Form von
Heiligenbildnissen. Alle Schichten der Gesellschaft beteiligten sich am Personenkult.
Schon die kleinsten Kinder im Kindergarten lernten, dass man den Conducǎtor zu
lieben und zu verehren hatte.88

Nicolae besetzte wichtige politische Ämter mit Familienmitgliedern, um keine Gegner
und Kritiker im näheren Umfeld zu haben.89

84 https://de.m.wikipedei.org/wiki/Nicolae/Cheauşescu

85 vgl. ebd.

86 vgl. ebd.

87 übermäßige Verehrung einer noch lebenden Person

88 https://de.m.wikipedei.org/wiki/Nicolae/Cheauşescu

89 siehe Thomas Kunze; „Nicolae Cheausescu - Eine Biographie“; Ch. Links Verlag; Berlin 2000; S. 195

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In seiner politischen Karriere setzte er viele grausame Ziele durch, die das Volk sehr
belasteten. Zum einen führte Nicolae die Familienpolitik ein. Er wollte die Einwohner-
zahl von 19 mio. Menschen auf 30 mio. Menschen innerhalb von 34 Jahren
(1966-2000) erhöhen. Um sein Ziel zu erreichen, führte er die Fünf-Kinder-Familie
ein. Ceauşescu verbot das Verkaufen und die schulische Aufklärung von Verhü-
tungsmittel. Zudem hatte er die Abtreibungen für Frauen verboten, die ungewollt
Schwanger wurden. Trieben sie ab, durften die Ärzte die Frauen im Falle einer Infek-
tion nicht behandeln. Im schlimmeren Fall drohten ihnen 25 Jahre Gefängnis. Die
Regierungsagenten, die über die Einhaltung des Abtreibungsverbotes wachten, wur-
den in der Bevölkerung auch Menstruationspolizisten bezeichnet.90 Während seiner
Amtszeit starben über 10.000 Frauen. Es kam zu hohen Geburtenraten, die die Fa-
milien überlasteten, da es schon wenig Nahrungsmittel gab. Ungewollte Kinder wur-
den verstoßen und kamen in überfüllten Kinderheimen (ca. 140.000 Kinder um 1990)
unter. Die Zahl der Straßenkinder (geschätzt > 100.000) nahm zu. Sie genossen kei-
ne Schulausbildung und hatten dadurch schlechte Zukunftschancen.91

Zum andern verschlechterte sich die Wirtschaft. Das führte auch zum Niedergang
der Landwirtschaft. Dadurch erhielten die Arbeiter keine Löhne mehr, elektrischer
Strom wurde rationiert und die Lebensmittelversorgung brach zusammen. Die Le-
bensmittel wurden in den Export umgeleitet, um Staatsschulden abzubauen.92

Besonders rücksichtslos war auch das sogenannte Dorfzerstörungsprogram bei dem
die Dörfer zwangsweise zusammengelegt werden sollten. Wären diese Pläne durch-
geführt worden, wären ca. 8000 Dörfer zerstört worden.93

Viele rumänische Unternehmen waren 1989 wirtschaftlich am Ende. Dadurch machte
sich in der verarmten Bevölkerung Unmut breit. „Selbst die Staatspolizei und hohen
Mitgliedern der KP kritisierten zunehmend die Führung Ceauşescu.“94 Besonders
regte das umstrittene Dorfzerstörungsprogram Unruhe an. Nach 1990 wurden be-

90 https://www.sueddeutsche.de/wissen/zehn-ding-ueber-verbrechen-1.153631

91 https://de.m.wikipedei.org/wiki/Nicolae/Cheauşescu

92 vgl. ebd.

93 https://de.m.wikipedei.org/wiki/Nicolae/Cheauşescu

94 siehe https://de.m.wikipedei.org/wiki/nicolae/ceauşescu

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