Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion

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Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
Die Daseinsgewerkschaft.
                             SOMMER   | 2021
  Mitgliedermagazin

       Leben nach Corona
Wer zahlt und
 wer draufzahlt
Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
SERVICE

                R EC H T S B E R AT U N G                                                         I N F O C E N T E R
              Für die Mitglieder der Landesgruppe Wien bietet                                                 Infocenter Zentrale
            younion _ Die Daseinsgewerkschaft Rechtsberatung                                           1090 Wien, Maria-Theresien-Straße 11
             in allen dienst- und besoldungsrechtlichen Fragen
                                                                                                           Infocenter Aussenstelle
                                 wie folgt an.                                                           1030 Wien, Rosa-Fischer-Gasse 2
                 Jeden Montag, Dienstag und Mittwoch
                        von 16.30 bis 18.00 Uhr                                                               Öffnungszeiten

      !!                                                                     !!
            Aufgrund der Corona-Krise bis auf Weiteres nur                            Montag, Mittwoch und Donnerstag                     von 8.00–16.00 Uhr
  		           gegen Voranmeldung (bitte bis 16.00 Uhr)                               Dienstag                                            von 8.00–17.00 Uhr
  		                   unter +43 1 313 16-83650                                       Freitag                                             von 8.00–14.00 Uhr
          (in den Sommerferien jeden Montag und Mittwoch,                             Schulferien
                  nicht in den sonstigen Schulferien)                                 Montag bis Donnerstag                               von 8.00–16.00 Uhr
    in der Zentrale, 1090 Wien, Maria-Theresien-Straße 11, 3. Stock.                  Freitag                                             von 8.00–14.00 Uhr

       Für die Mitglieder der Hauptgruppe VIII (ehem. KMSfB) bietet                                                 Kontakt
      younion _ Die Daseinsgewerkschaft in allen arbeitsrechtlichen                   Tel.:     +43 1 313 16-83720 bis 83724 und 83728
           Fragen Rechtsberatung zu bestimmten Terminen an.                           Fax:      +43 1 313 16-99-83720
    Bitte um Terminvereinbarung unter der Tel.-Nr. +43 1 31316-83861.                 E-Mail:   infocenter@younion.at
                                                                                      Web:      www.younion.at
                            Lohnsteuerberatung
                          in der Zentrale der younion                                                            Service/Leistungen
            (1090 Wien, Maria-Theresien-Straße 11, 3. Stock):                         Hier ein kleiner Überblick über die Tätigkeiten im Infocenter der
    Jeden Montag (in den Sommerferien jeder zweite Montag) von 16.30 bis 18.00 Uhr,   younion für unsere Mitglieder:
   !!  gegen Voranmeldung unter der Tel.-Nr. +43 1 31316-83650.
                                                                                 !!   • Wir nehmen gerne Ihre Mitgliedsanmeldung entgegen
                                                                                      • Erhalten Sie Informationen zu Urlaubsangeboten von
                              Pensionsberatung                                           Hotel Grimmingblick, Vitalhotel Styria,
                         in der Zentrale der younion                                     Appartements Bad Kleinkirchheim, „Grand Tours“ und „Sowegeno“
             (1090 Wien, Maria-Theresien-Straße 11, 3. Stock),                        • Im Infocenter erhalten Sie Ihre neue Mitgliedskarte
                 sowie in der Außenstelle des Infocenters                             • Bei uns können Sie für die Solidaritäts-Unterstützungen einreichen
                   (1030 Wien, Rosa-Fischer-Gasse 2):                                 • Holen Sie sich im Infocenter die Karten für diverse Kultur-Vorstellungen
      Jeden Donnerstag (in den Sommerferien jeden 2. Mittwoch nur in der Zentrale)    • Sie können bei uns Ihren Mitgliedsbeitrag einzahlen
                             von 16.00 bis 18.00 Uhr,                                 • Sie erhalten bei uns vergünstigte Parkkarten für den Parkplatz C
        gegen Voranmeldung unter der Tel.-Nr. +43 1 31316-83650.                         und die Parkhäuser 3 + 4 am Flughafen Wien-Schwechat
                                                                                      • Bei uns können Sie Ihr Passwort für das Log-In auf der
        Die Mitglieder der übrigen Bundesländer ersuchen wir um                          younion-Homepage zurücksetzen lassen
         Kontaktaufnahme mit der zuständigen Landesgruppe.                                                               u.v.m.

IMPRESSUM
Herausgeber: younion _ Die Daseinsgewerkschaft; 1090 Wien, Maria-Theresien-Straße 11
Medieninhaber:	Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96, Fax 01/662 32 96 - 39793,
                E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, Web: www.oegbverlag.at, UID: ATU 55591005, FN 226769i
Hersteller:     Walstead Leykam Druck GmbH & Co KG, Bickfordstraße 21, 7201 Neudörfl; Verlagsort: 1020 Wien, Herstellungsort: 7201 Neudörfl
Redaktion:	    1090 Wien, Maria-Theresien-Straße 11; Chefredakteur: Ronald Pötzl; Redaktion: Christian Meidlinger, Michael Novak, Marcus Eibensteiner;
                Layout/Grafik: Rainer Müllauer
Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. Nachdrucke, auch auszugsweise,
nur mit Zustimmung der Redaktion und mit Quellenangabe. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.
DVR-Nr. 0046655 | ZVR 576 439 352                                            Offenlegung nach § 25 Mediengesetz unter: www.younion.at/offenlegung
Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
Das ist ungerecht ...

                                                                                     foto: Michael Liebert
   … unter diesem Motto steht die aktuelle Ausgabe unseres Mitglieder-
   magazins. Diese Pandemie hat tatsächlich die Gesellschaft gespalten
            und Ungerechtigkeiten geschaffen bzw. verstärkt.                                                                   Christian Meidlinger
                                                                                                                               Vorsitzender

W      ährend Hunderttausende Be-
       schäftigte in Kurzarbeit waren
oder sind –, und damit monatelang
                                            Ungerecht den ArbeitnehmerInnen
                                            gegenüber ist der Versuch der Regie-
                                            rung einer Coronaprämie. Der verant-
                                                                                                                               der younion

von einem deutlich geringeren Ein-          wortliche Kanzler und der Gesund-                                dienstete in den Rathäusern zwischen
kommen leben müssen – gibt es in            heitsminister glänzen durch hohe                                 Informationsfreiheit versus Daten-
der Wirtschaft Überförderungen im           Ahnungslosigkeit von betrieblichen                               schutz entscheiden müssen, ist inak-
großen Stil. Viele Unternehmer haben        Abläufen. Ein Spital funktioniert                                zeptabel. Wir haben diesen Entwurf
ihre MitarbeiterInnen gekündigt und         durch die tolle Mitarbeit und den un-                            deutlich und umfassend abgelehnt.
gleichzeitig hohe sechsstellige Beträ-      glaublichen Einsatz aller Mitarbei-                              Viele Themen, die derzeit zu bearbei-
ge kassiert. Diese Förderungen müs-         terInnen. Alle MitarbeiterInnen im                               ten sind. Und noch haben wir über
sen geprüft und bei Überförderung           Gesundheits- und Sozialbereich ver-                              die „Zahler“ der Krise nichts gehört.
jedenfalls zurückgefordert werden.          dienen eine Prämie. Darüber hinaus                               Reiche wurden während dieser Krise
Viele Beschäftigte im Kunst- und Kul-       fordern wir weiterhin für alle Arbeit-                           nachweislich reicher, Vermögende
turbereich waren in den letzten 15          nehmerInnen in Österreich einen Co-                              müssen sich an der Finanzierung be-
Monaten ohne Einkommen, mussten             rona-Tausender.                                                  teiligen. Aufkeimende Vorschläge, öf-
Familie und/oder Freunde um Geld            Ein für Gemeindebedienstete we-                                  fentliches Eigentum zu privatisieren,
bitten oder Besitz verkaufen, um sich       sentlicher Gesetzesentwurf wurde                                 im Gesundheitswesen einzusparen
das Leben zu gestalten.                     mit dem Informationsfreiheits- und                               oder Personalkosten zu senken wer-
Arbeitslose werden wieder einmal in         Transparenzgesetz in Begutachtung                                den von uns abgelehnt.
die Ecke „ihr seid faul und unwillig“ ge-   geschickt. Hier sollen von Gemeinde-                             Ich wünsche Ihnen nach vielen Mona-
drängt. 409.639 (1. Juni) gemeldeten Ar-    mitarbeitern ohne genaue rechtliche                              ten intensiver Arbeit und persönlicher
beitslosen stehen 62.833 offene Stellen     Definition alle Vergaben bzw. Ver-                               Entbehrungen einen schönen Som-
gegenüber. Dass sich diese Rechnung         tragswerke über 100.000 € offensiv                               mer, bleiben Sie gesund
nicht ausgeht, lässt sich mit einfachen     offengelegt und laufend aktualisiert                             Ihr
Kenntnissen der Mathematik lösen. Die       werden. Jeder Bürger kann jedwede
Wortmeldungen der konservativen Po-         Information von jeder Gemeinde er-
litik und Wirtschaft haben nur ein Ziel –   fragen. Innerhalb von vier Wochen
Lohndumping. Wir fordern eine aktive        ist Auskunft zu geben. Privatfirmen
Arbeitsmarktpolitik, Qualifizierungs-       in gleichwertigen Branchen brauchen
möglichkeiten und eine Anhebung des         das nicht zu tun. Hier entsteht eine                                         Christian Meidlinger
Arbeitslosengeldes.                         Ungleichheit, und dass Gemeindebe-

              Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag
             unseren verdienten Funktionärinnen und Funktionären
      Gernot Baumgartner                                                                                                Silvia Joch
      40. Geburtstag, 9.6.1981                     Franz Brachinger                                               70. Geburtstag, 20.6.1951
          Dietmar Ferstl                         70. Geburtstag, 27.4.1951                                           Günter Friedrich
      50. Geburtstag, 29.4.1971                       Helene Roth                                                 60. Geburtstag, 25.6.1961
        Christa Hörmann                          70. Geburtstag, 11.5.1951                                            Norbert Pelzer
      60. Geburtstag, 14.5.1961                     Johann Wagner                                                 60. Geburtstag, 27.6.1961
          Gerhard Wirtl                          75. Geburtstag, 27.5.1946                                          Prof. Peter Gallaun
      60. Geburtstag, 10.6.1961                     Dr. Roman Merth                                                60. Geburtstag, 1.7.1961
        Erika Edelbacher                         80. Geburtstag, 28.5.1941                                           Dr. Franz Leitner
      65. Geburtstag, 20.4.1956                                                                                   90. Geburtstag, 30.4.1931
                                                                                                                                                      3
Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
I N H A L T                                        Das Problem Corona
    Jugend auf wackeligen Beinen                     Seiten 5-8
    Zukunftsängste, Lehrstellenmangel, Arbeitslosigkeit: Corona
                                                                         hat sehr viel verdeckt
    hat die Jugend hart erwischt. Ein Maßnahmenpaket muss her!

                                                                       N    atürlich kann immer noch etwas

                                                                                                                                            Foto: Harri Mannsberger
    Titelstory                                                              passieren. Aber da liegt was in der
    Wer soll das bezahlen?                         Seiten 9—13        Luft. Nicht nur 30 Grad und Sommer.
    Die Bewältigung der Pandemie kostet den Staat 50 Milliarden        Da ist Aufbruchstimmung.
    Euro. Die Gewerkschaft zeigt die entscheidenden Strategien auf,    Pläne werden geschmiedet, Urlaube
    um eine Schuldenkrise zu vermeiden.                                sind gebucht. Theatervorstellungen
                                                                       melden sich teilweise ausverkauft.
                                                                       Auch die Gastronomie atmet wieder          Ronald Pötzl
    „Depro bis zum Sterben wollen“                Seiten 14—15        tief durch (besonders, wo sie Gastgär-     Chefredakteur
    Die Kunstszene spielt den Schuldenblues. Ein Drittel der Kultur­
                                                                       ten anbieten kann).
    schaffenden hat mehr als 10.000 Euro verloren.                                                                An einigen Stellen
                                                                       Die Jugendlichen erobern ihre Räume
                                                                                                                  dieser Ausgabe
                                                                       zurück. Manchmal etwas ungestüm            zitieren wir Interview­
    Unsichtbar, trotzdem da                       Seiten 17—19        und in größerer Zahl als es Politik, Ge-   partnerInnen, die ano­
    Den BetreuerInnen von Kindern in schwierigen Situationen           sundheitsexpertInnen und die Exeku-        nym bleiben wollen.
    fehlen Ressourcen und Personal. Das muss sich ändern.              tive freut. Aber ganz ehrlich und mit      Wir akzeptieren das
                                                                       der nötigen Dosis von anarchistischer      bei nachvollziehbaren
    Urheberrecht neu                              Seiten 20-21                                                   Gründen. Ihre Mei­
                                                                       Partystimmung im Blut: Ist es nicht        nung dazu interessiert
    Das Urheberrecht wird novelliert. Wir kämpfen um bessere           trotzdem meist eine Freude, ihnen zu-      uns. Bitte ein Mail an:
    Rahmenbedingungen.                                                 zusehen?                                   younited@younion.at

    Frauen am Wort                               Seiten 22—23                   „Das Lebensgefühl heißt
    Sie ist einfach großartig? Nominiere eine besondere Frau.
                                                                       ‚Aufbruchstimmung‘. Also alles paletti? Nein,
    Schwerer Job, kein Beruf                     Seiten 24—25               so einfach ist es natürlich nicht.“
    SozialarbeiterInnen verdienen mehr Anerkennung. Wir fordern
    ein Berufsgesetz.
                                                                       Also alles paletti? Nein, so einfach ist
    Brennpunkt Kindergarten                      Seiten 26—27         das natürlich nicht. Und genau dar-
    Wir werden keine Ruhe geben.Und haben Bildungsminister             um geht es in diesem Heft. Das Prob-
                                                                       lem Corona hat sehr viel verdeckt und      Zur wieder erwachten
    Heinz Faßmann die Anliegen des Kindergarten- und Hortperso­                                                   Kunst und Kultur:
    nals diesmal musikalisch präsentiert.                              auch sehr viel verursacht. Zusätzlich      Leider springen
                                                                       zu den Wunden, die diese Pandemie          viele Veranstaltungs­
    International                                Seiten 29—31         unserer Gesellschaft geschlagen hat,       termine noch immer
                                                                       droht die nächste Welle, diesmal von       ziemlich unbere­
    Die EU-Kommission prüft die Pläne der österreichischen                                                        chenbar hin und her.
    Regierung zur Bewältigung der Corona-Krise. Leider sucht man       der finanziellen Seite: 50 Milliarden
                                                                                                                  Deshalb sind wir
    vergeblich nach neuen Ideen, die Geld flott machen könnten.        Kosten - wer zahlt?                        nicht so unverfroren,
                                                                       Was braucht die Jugend, um den Aus-        unseren Mitgliedern
                                                                       nahmezustand zu verdauen? Wie              in diesem Magazin
    Koch mit starkem Zug auf‘s Tor                      Seite 33      kommen die KünstlerInnen über die          ein Theaterprogramm
    Unser neuer Bundessportreferent Günter Koch stammt aus dem                                                    anzubieten, auf das
                                                                       Runden? Warum sind für manche Be-
    Fußball. Herzlich willkommen auf dem Platz!                                                                   man sich nicht wirk­
                                                                       reiche so wenig Mittel im Budget? Wer      lich verlassen könnte.
                                                                       hilft den strauchelnden Gemeinden?         Vorerst behalten Sie
    Bundesländer                                        Seite 37      Keine Sorge - wir stellen hier nicht die   bitte unsere Karten­
    Wahlergebnisse und ein großer Durchbruch aus Tirol und             Fragen. Wir liefern die Antworten.         angebote auf www.
    Kärnten.                                                           Und für die Umsetzung dieser Lösun-        younion.at im Auge.
                                                                                                                  Sie werden laufend
                                                                       gen werden wir gemeinsam kämpfen.          auf den aktuellen
    Das ist doch Stermann!!                             Seite 42      Während und auch nach Corona.              Stand gebracht.
    Unser Kolumnist grübelt beim Geschirrspühlen über die Anpas­
    sung von politischer Überzeugung angesichts übermächtiger          Zwischenbilanz: Hart war‘s, aber es
    Politik. Glauben wir zumindest. Lesen Sie selbst!                  wird besser. Schönen Sommer!

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Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
fotos:
                                                                                                    Robert Ru

           Jugend –
                                                                                                             bak

 auf wackeligen Beinen

  Jugendliche sind in der Quarantäne-Phase häufiger psychisch                     waren geschlossen. An Weggehen und
                                                                                  Partys war über viele Monate gar nicht
erkrankt als Erwachsene, sie stehen mit ihren Ängsten und Nöten                   zu denken. Aber die Jugendlichen soll-
     oft allein da, freie Lehrplätze sind Mangelware und die                      ten nach vorne schauen. Nur, wenn
     Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Damit sich das ändert,                      es vorne keine Aussichten gibt wird
                                                                                  es schwer. „Die Bundespolitik sollte
               wird ein Maßnahmenpaket gefordert.                                 sich um diese Gruppe rasch kümmern
                                                                                  und Lösungswege vorlegen. Denn wir

I n der Corona-Phase hat man eine
  Gruppe fast völlig vergessen: die
Jugendlichen. Sie wurden ins Home-
                                        ordnen. Denn ihr altes ist aus den Fu-
                                        gen geraten. Diese Entwicklungspha-
                                        se, die vor allem im Knüpfen und Pfle-
                                                                                  haben gerade ganz viele Jugendliche,
                                                                                  denen es gar nicht gutgeht“, sagt Da-
                                                                                  niel Waidinger, Bundes- und Wiener
schooling geschickt und aus. Für die    gen sozialer Kontakte besteht, ist eine   Landesjugendreferent der younion _
politisch Verantwortlichen war damit    der wichtigsten in ihrem Leben. Doch      Die Daseinsgewerkschaft.
das Problem erledigt, für die Jugend-   Lockdown-Bestimmungen haben das           Eine von ihnen, denen es gar nicht
lichen begann das Problem erst. Sie     für lange Zeit unterbunden. Schulen,      gutgeht, heißt Rebekka Huber – ihr
mussten fortan ihr Leben völlig neu     Sportplätze und andere Freizeitstätten    Name wurde von der Redaktion ge-

                                                                                                                      5
Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
„Den Jugendlichen geht
es schlecht – arbeitstech-
      nisch und auch psy-
  chisch. Sie waren mehr
     als ein Jahr zu Hause
   eingesperrt. Sie haben
    lange nicht weggehen
     können und auch das
  gehört zu ihrer Kultur“:
   Daniel Waidinger und
     Richard Tiefenbacher
von der Jugendabteilung
  der younion fordern ein
 Maßnahmenpaket und
  mehr Lehrstellen in der
          Privatwirtschaft.

ändert. Die 16-jährige Niederösterrei-      zogen ihre Ausbildungsplätze zurück              Corona, woran er noch immer leidet.
cherin hat 2020 die erste Klasse der        – wegen Corona. Der Herbst lief ohne             Ein Jahr hat sie verloren. Ein Jahr, das
Handelsakademie erfolgreich abge-           die gewünschte Ausbildung als Hotel-             ihr niemand zurückgibt. Ein Jahr aber,
schlossen und wollte ab September           kauffrau an ihr vorbei, daher ist sie auf        das für einen Jugendlichen eine ewig
mit der Lehre und Berufsschule be-          ihrer alten Schule geblieben. Die Mut-           lange Zeit ist und enorm am Selbst-
ginnen. Vergeblich. Sie bewarb sich         ter verlor zwischenzeitlich den Job, der         bewusstsein und Selbstverständnis
bei drei Firmen. Eine lehnte ab, zwei       Lieblingsonkel erkrankte schwer an               nagt. „Ich war schon knapp am Aufge-
                                                                                             ben, aber dann hat sich doch noch ein
                                                                                             Fenster geöffnet. Im August kann ich
    Veränderung der Zahl der Lehrlinge                                                       endlich meine Lehrausbildung star-
                                                                                             ten“, sagt Rebekka Huber.
    1. Lehrjahr 2020 im Vergleich zu 2019
                                            Wien                             +7,7 %          Katastrophale Lehrstellen-Situation
                                                                                             Für viele Tausende von Jugendlichen
                                  –5,2 %           Kärnten                                   öffnet sich so ein Fenster zur Lehrstel-
                                –5,6 %             Österreich                                le im Herbst nicht. Denn am Lehrstel-
                             –6,4 %                Oberösterreich                            lenmarkt ist die Lage diese: Auf eine
                                                                                             freie Lehrstelle in Wien (wo es derzeit
                        –7,6 %                     Niederösterreich                          besonders schlimm ist) kommen acht
                   –8,8 %                          Steiermark                                bis zehn Lehrstellensuchende. Die Si-
               –9,8 %                              Tirol                                     tuation war schon schlimmer. Denn
                                                                                             vor ein paar Monaten lag das Verhält-
          –10,8 %                                  Vorarlberg                                nis Suchende pro Lehrstelle bei etwa
        –11,1 %                                    Salzburg                                  14 zu 1. Die Stadt Wien hat zwar schon
     –11,8 %                                       Burgenland                                drei Corona-Hilfspakete für Jugendli-
                                                                        Quelle: Stadt Wien
                                                                                             che geschnürt, wo sehr viel Geld in die

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Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
klar hervor, dass die psychischen Be-
                                                                                     lastungen bei den 15- bis 25-Jährigen
                                                                                     am deutlichsten imponieren. Das ist
                                                                                     ein durchgängiges Bild, das sich welt-
                                                                                     weit – und auch in Österreich – zeich-
                                                                                     nen lässt. Die Belastungen sind über
  Die psychichen Folgen                                                              die Altersgruppen hinweg insgesamt
 der Pandemie, die hohe                                                              gestiegen, vor allem in den Bereichen
 Jugendarbeitslosigkeit,
                                                                                     Depression und Angsterkrankungen.
    fehlende Lehrstellen:
Besonders bei den 15- bis                                                            Aber den deutlichsten Effekt haben
     25-Jährigen sind die                                                            wir im Bereich der 15- bis 25-Jährigen.
 Belastungen gestiegen.                                                              Dort sind Depressionen, Angststörun-
ExpertInnen verzeichnen                                                              gen, Essstörungen, aber auch Schlaf-
 eine steigende Zahl von
                                                                                     störungen sehr präsent.“
  Depressionen, Angst –
 und Schlafstörungen in                                                              Die Angebote der psychischen Be-
       der Altersgruppe.                                                             treuung sollten daher wahrgenom-
                                                                                     men werden.

                                                                                     Höherer psychischer Druck –
                                                                                     schlechtere Leistungen
                                                                                     Ein Problem liegt auch daran, dass
                                                                                     sich der psychische Druck nicht ge-

Hand genommen worden ist und die
Zahl der Lehrstellen verdoppelt wur-
de. „Es zeigt sich aber, dass die Zah-
len nicht signifikant besser werden,
wenn nicht auch die Privatwirtschaft
ihren Teil dazu leistet“, sagt Richard
Tiefenbacher, Vorsitzender der Ju-
                                                                                                        Die Probleme türmen
gendabteilung in der younion _ Die                                                                      sich auch bei der Aus-
Daseinsgewerkschaft seit 2018. Und                                                                      bildung auf. Der Druck
er ergänzt: „Unser Gefühl ist, wenn die                                                                 sorgt nicht gerade für
Aufträge in den Firmen zurückgehen,                                                                     bessere Noten.
                                                                                                        Bei den Jugendvertretern
dann gibt es auch keine Ausbildung.
                                                                                                        häufen sich außerdem
Denn es geht nur um die Zahlen und                                                                      Anfragen zu Problemen
nicht um Verantwortung: maximale                                                                        am Arbeitsplatz.
Einnahmen, minimale Ausgaben ist                                                                        Oft gefragt: „Der Chef
gleich maximaler Gewinn. Daher ist                                                                      will wissen, warum die
                                                                                                        Leistungen schlechter
es schlimm zu sehen, dass die Unter-
                                                                                                        geworden sind.“
nehmen nicht den maximalen Ge-
winn einer Lehrausbildung sehen.
Den Jugendlichen geht es schlecht –
arbeitstechnisch und auch psychisch.
Sie waren mehr als ein Jahr zu Hause
eingesperrt. Sie haben lange nicht
weggehen können und auch das ge-
hört zur Kultur der Jugendlichen. Sie
werden zurückgehalten und nicht           zent Männer), so notiert die der 15- bis   rade positiv auf die Noten auswirkt.
gehört. Daher ist Jugendarbeit heute      24-Jährigen bei 9,5 Prozent. Die Pan-      Wer aber schlechte Noten aufweist –
wichtiger denn je.“                       demie verlangt einer traumatisierten       oder nicht die besten – der wird vom
Hinzu kommt, dass die Jugendar-           Generation alles ab. Bis sich die Fol-     Arbeitsmarkt ausgegrenzt. Und die
beitslosigkeit immens hoch ist. Liegt     gen zeigen. Paul Plener, Psychiater        Belastung hat sich bei einigen auch
die allgemeine Arbeitslosenquote          am AKH Wien und Universitätspro-           in der Arbeit widergespiegelt. „Wir
laut AMS bei durchschnittlich 7,7         fessor an der Medizinischen Univer-        hören das tagtäglich, wenn uns Lehr-
Prozent (7,8 Prozent Frauen, 7,5 Pro-     sität Wien: „Aus unseren Daten geht        linge anrufen und sagen, dass sie

                                                                                                                              7
Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
die die Jugend hat. Tiefenbacher und
                                                                                                       Waidinger wünschen sich, dass der
                                                                                                       Bund für die Kosten der Lehrlingsaus-
Gerade die sozial Schwa-                                                                               bildung in den rund 2.000 Gemein-
 chen, die vielleicht nicht
      Deutsch als Mutter-                                                                              den aufkommen soll. Corona hat den
  sprache haben, hängen                                                                                Kommunen tiefe Löcher ins Budget
komplett in der Luft und                                                                               geschlagen, und so haben sie oft gar
   bekommen aber auch                                                                                  nicht die Möglichkeit Lehrlinge aus-
     keine Unterstützung.                                                                              zubilden. Förderungen und Boni zur
Auch ein Thema, das die
    JugendvertreterInnen                                                                               Ausbildung gibt es für private Firmen,
 gerne mit den Bildungs-                                                                               für Kommunen aber nicht. Das solle
     verantwortlichen des                                                                              sich eben rasch ändern.
      Bundes besprechen                                                                                Ebenso wird von der Gewerkschafts-
    würden. Leider findet                                                                              jugend ein Ausbildungsfonds präfe-
man dort keinen Termin
      für die Anliegen der                                                                             riert. Das Modell sieht so aus: Unter-
                   Jugend.                                                                             nehmen, die nicht ausbilden, zahlen
                                                                                                       ein Prozent von ihrem Bruttoumsatz
                                                                                                       in einen Topf hinein. Unternehmen,
                                                                                                       die gut und qualitativ ausbilden, kön-
                                                                                                       nen auf diesen Topf zugreifen, um
eine Vorladung vom Firmenchef be-         Forderungen für bessere                                      ihre Ausbildung zu verbessern. Das
kommen haben, weil ihre Leistungen        Rahmenbedingungen                                            AMS würde entlastet, das ja vom Bund
nachgelassen haben. In so einer Phase     Seit mehreren Monaten versuchen                              finanziert wird. So hätten alle was
brauchen die Berufsanfänger Unter-        Tiefenbacher und Waidinger einen                             davon. Zu guter Letzt werben beide
stützung und keine Drohungen“, sagt       Termin mit den Bildungsverantwort-                           dafür, dass sich die jungen Berufsein-
Richard Tiefenbacher.                     lichen des Bundes zu bekommen,                               steigerInnen früh engagieren und
Am Rand der Verzweiflung waren auch       um ihre Expertise bei längst fälligen                        gewerkschaftlich aktiv werden: „Nur
die vielen Jugendlichen, die keine        Jugend-Runden einfließen lassen zu                           so können wir für jede/n Einzelne/n
Endgeräte fürs Homeschooling hatten       können. „Wir hätten ein paar gute                            etwas erreichen und so profitiert auch
– oder sich etwa den Familienlaptop       Vorschläge, sie müssten uns nur fra-                         jeder davon. Je mehr mitmachen, des-
mit anderen teilen mussten. Wochen-       gen. Aber sie schaffen es nicht, mit                         to lauter sind wir. Dann kann uns beim
lang gaben zig Schüler einfach keine      uns zu reden“, sagt Daniel Waidinger.                        nächsten Mal niemand überhören“,
Hausarbeiten ab oder konnten nicht        Zudem gibt es eine große Forderung,                          sagen Tiefenbacher und Waidinger.
am Unterricht teilnehmen. Abgefe-
dert werden konnte ein Teil: Gemein-
sam mit der Arbeiterkammer wurde
ein Weg gefunden, wie Kinder mit
Laptops oder Computern ausgestattet
werden konnten. „Schade, dass wir
das machen mussten, und dass nicht
die Bundesregierung solche Mittel zur
Verfügung gestellt hat“, sagt Tiefen-
bacher. Sein Kollege Daniel Waidin-
ger ergänzt: „Die Jugendlichen, die in
guten Verhältnissen aufwachsen oder
eine Privatschule besuchen, die be-
kommen zumeist eh die Lehrstellen
oder machen die Matura. Aber gerade
die sozial Schwachen, die vielleicht
nicht Deutsch als Muttersprache ha-
ben, die hängen halt komplett in der
Luft und bekommen aber auch keine
Unterstützung. Sie sind ja nicht sozi-
al schwach. Sozial schwach sind nur
die in der Regierung, weil sie es nicht   Auch mit Impfung hinterlässt Corona bei der Jugend deutliche Spuren. Aber die Zukunft darf nicht zum Scherbenhaufen
schaffen, die Leute zu unterstützen.“     werden. In dieser Phase brauchen die Berufsanfänger Unterstützung und keine Drohungen.

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Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
Wer soll das
                                                  bezahlen?
                foto: shutterstock.com/yoshi.ta

Die Bewältigung
der Corona-Pande-                                                                                            sollte rasch angegan-
                                                                                                           gen werden. Andern-
mie kostet den Staat 50                                                                                falls sind unvorhersehba-
Milliarden Euro. Die Gewerk-                                                                       re Verwerfungen innerhalb
schaft zeigt die entscheidenden Strate-                                                        unserer Gesellschaft zu erwarten.
                                                                                           ÖGB-Volkswirt Ernst Tüchler: „Wir
gien auf, um die Schuldenkrise nach der Pandemie zu vermeiden.                             befinden uns in einem gewaltigen
                                                                                           historischen Umbruch. Technologie,

D   ie Corona-Pandemie prägt unser
    Leben seit mehr als einem Jahr. Die
Auswirkungen waren und sind für alle
                                                   benötigt sowie die Budgets für Wei-
                                                   terbildung, Umschulung und andere
                                                   Angebote des Arbeitsmarktservice
                                                                                           künstliche Intelligenz, Digitalisierung
                                                                                           – das führt zu ganz anderen Arbeits-
                                                                                           abläufen und zu Verlagerungen. Wo
spürbar: Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit,             (AMS) erhöht. Insgesamt werden für      wird der höherwertige Teil der Arbeit
geschlossene Geschäfte – kaum je-                  die Corona-bedingten Maßnahmen          in Zukunft stattfinden? Das hat seit
mand kam ohne Unterstützung durch                  rund 50 Milliarden Euro veranschlagt.   den 80ern lange gedauert, aber jetzt
die Krise. Um die Menschen vor einem               Aber was kommt nach der Krise? Wer      geht es irrsinnig schnell. Genauso wie
finanziellen und sozialen Totalabsturz             füllt die Staatskassen?                 der Klimawandel. In schweren Krisen,
zu bewahren, hat der Staat sehr viel               Der ÖGB fordert: Die Arbeitnehmer       wie auch 2009/2010, passieren tech-
Geld in Unterstützungsmaßnahmen                    und Arbeitnehmerinnen dürfen das        nologisch-strukturelle Veränderun-
wie Kurzarbeit, Ausfallsbonus oder                 nicht allein stemmen. Auch jene mit     gen viel massiver und viel schneller.
Fixkostenzuschuss investiert. Er hat               großem Vermögen sowie die Konzer-       Bei den Kapitalisten und Unterneh-
auch mehr Geld für Arbeitslosengeld,               ne müssen einen gerechten Beitrag       men gibt es dabei große Verlierer. Der
Familien und das Gesundheitssystem                 leisten. Das Problem ist virulent und   Umbruch ist wie zu der Zeit, als der

                                                                                                                                9
Wer zahlt und Leben nach Corona - wer draufzahlt - younion
Adel im aufkeimenden Kapitalismus

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seine Macht verloren hat.“

Perspektiven schaffen
Zwei entscheidende Strategien können
dazu beitragen, dass dem Staat wieder
mehr Geld zufließt. Erstens: Jobs schaf-
fen. Je mehr Menschen in Beschäfti-
gung sind, desto mehr Geld nimmt
der Staat an Steuern ein. Wer Jobs
schafft, gibt Arbeitslosen nicht nur
eine Perspektive und ihre Selbststän-
digkeit zurück, der generiert dadurch
auch höhere Steuereinnahmen. Denn
die Mehrheit der Steuereinnahmen
stammt aus dem Bereich der Arbeit.

Spitals- und Pflegepersonal                   Die steigende Anzahl von Coronaimpfungen und die Lockdowns haben Wirkung gezeigt. Für die Corona-Prämie hat die
aufwerten                                     Gewerkschaft hart gekämpft. Jetzt muss der Kreis der EmpfängerInnen ausgeweitet werden.
Für die Corona-Prämie wurde vonsei-
ten der Gewerkschaft hart gekämpft.           ignorieren. Dazu Edgar Martin, Vorsit-                       Spitäler und Pflegeeinrichtungen sind
Dass einzelne Berufsgruppen der Ge-           zender der Hauptgruppe II – Wiener                           eine Einheit, sämtliche Beschäftigten
sundheitsberufe ihre 500 Euro jetzt           Gesundheitsverbund: „Die Willkür bei                         haben zur Bewältigung der Pandemie
endlich bekommen, ist ein großer Er-          der Auszahlung der Corona-Prämie ist                         beigetragen und haben sich Anerken-
folg. Aber viel mehr Arbeitnehmer und         atemberaubend. Auf einer Spitalssta-                         nung verdient.“ Die Prämie ist nicht
Arbeitnehmerinnen haben Anspruch              tion sind die 500 Euro genehmigt, die                        nur ein respektvolles Dankeschön für
darauf. Die Regierung darf diese her-         KollegInnen nebenan sollen leer ausge-                       einen engagierten Einsatz, den unser
vorragenden Leistungen nicht einfach          hen. Das werden wir nicht hinnehmen.                         Spitals- und Pflegepersonal geleistet

                                                                                                                                                                  foto: ©Khunatorn - stock.adobe.com
 Gemeinden entlasten
 Wichtig ist auch, dass die vielen Gemeinden nicht im Regen
 stehen gelassen werden. Immerhin haben schon vor der Coro-
 na-Krise viele Kommunen leere Kassen gehabt. Die Situation ist
 seither klarerweise nicht besser geworden. Einiges Herumrech-
 nen und komplizierte Abläufe beim Ausgleich von Aufwendun-
 gen durch Impf- und Testkosten sind für die Gemeinden auch
 angefallen: So werden Kostenersätze an Länder und Gemeinden
 durch das Gesundheits- und Sozialministerium erstattet, und
 zwar nach den tatsächlich angefallenen Kosten. Das sieht dann
 so aus: Die Auszahlung vom Gesundheitsministerium erfolgt
 nach Rechnungslegung. Die Kommunen erhalten das über ihre
 Landesregierungen. Der Bund kommt für Aufwendungen der
 räumlichen Infrastruktur für Test- und Impfstraßen auf. Ausge-
 nommen sind die Räumlichkeiten, die sowieso schon im Eigen-                „Die Willkür bei der Auszahlung ist atemberaubend. Spitäler und Pflegeeinrichtungen
                                                                            sind eine Einheit, sämtliche Beschäftigten haben beigetragen.“ Edgar Martin, HG II
 tum der Gebietskörperschaft stehen (etwa vorhandene Hallen
 im Gemeindebesitz). Dann kommt noch ein weiterer administ-
                                                                                                           hat, sondern auch ein direktes Steue-
 rativer Aufwand hinzu: Sind Landes- oder Gemeindebedienstete
                                                                                                           rungsmittel für die Fahrt aus der Krise.
 bei den Tests und Corona-Impfungen im Einsatz, dann zahlt der
                                                                                                           Der Finanzminister muss ausreichend
 Bund nur für die Überstunden. Letztlich wird alles davon abhän-
                                                                                                           Geld zur Verfügung stellen, um allen
 gen, wie nun Bund und Länder den Gemeinden unter die Arme
                                                                                                           ArbeitnehmerInnen, die ihren Beitrag
 greifen. Sie brauchen ausreichend Kapital und müssen dafür sor-
                                                                                                           geleistet haben, Wertschätzung zu zei-
 gen können, dass entsprechende Investitionen getätigt werden:
                                                                                                           gen. In den allermeisten Fällen fließt
 Kindergärten, Schulen, Straßen usw. Werden Gemeinden zu Tode
                                                                                                           das Geld über den Konsum sofort in
 gespart, sterben sie aus. Und das will ja wohl niemand.
                                                                                                           den Wirtschaftskreislauf zurück und

10
fördert den heimischen Handel. Es
geht nicht nur um Gerechtigkeit, son-                                                    Vermögen – unfair verteilt
dern ebenso um kräftige Impulse für
die heimische Wirtschaft.
                                                                                         Laut AK-Studie zählt man ab einem Vermögen von 2,2 Millionen Euro als „Superreicher“
Genauso verhält es sich mit der For-
                                                                                         und zum reichsten Prozent der Österreicherinnen und Österreicher. Dieses reichste Pro-
derung nach einem steuerfreien
                                                                                         zent der Österreicher (= 88.590 Personen) besitzt insgesamt einen Anteil von 39 Prozent
Wirtschaftsgutschein in der Höhe
                                                                                         am gesamten Vermögen (1.249 Milliarden Euro) der Österreicher. Fünf Prozent der Ös-
von 1.000 Euro für diese Bedienste-
                                                                                         terreicher kommen auf 55 Prozent des Gesamtvermögens und zehn Prozent der Ös-
ten – von Wien bis Vorarlberg. Diese
                                                                                         terreicher besitzen 66 Prozent. Die Hälfte aller Haushalte in Österreich verfügt nur über
Form eines Bonus würde als Teil des
                                                                                         2,8 Prozent des ganzen Vermögens. Und die verbleibenden 40 Prozent der Menschen in
„Comeback-Plans für Österreich“ der
                                                                                         Österreich besitzen dann 31,2 Prozent am Gesamtvermögen.
Regierung sofort eine Steigerung des
Konsums ermöglichen: Unseren Kol-
                                                                                         Umgerechnet bedeutet das:

                                                                                         100 %                                        1.249 Mrd. Euro
legInnen ist bewusst, dass wir alle                                                                        der Österreicher besitzen
Teil eines großen Systems sind. Es ist                                                                     ein Gesamtvermögen von
wichtig, dass das Geld direkt bei den
Menschen ankommt – ob beim loka-
len Gemischtwarenhändler, der klei-
nen Boutique, dem Gasthaus ums Eck
                                                                                           1%              Das reichste Prozent der
                                                                                                          Österreicher (88.590) besitzt487,11 Mrd. Euro
oder der Familienpension im nächs-
ten Österreichurlaub.
                                                                                           5%              Die reichsten 5 % der Öster-
                                                                                                          reicher (442.950) kommen auf  687 Mrd. Euro
Spitäler:
Anerkennung als Schwerarbeiter
Die einmaligen Zuwendungen können
aber nicht darüber hinwegtäuschen,
                                                                                          10 %            Die reichsten 10 Prozent
                                                                                                           (885.900) kommen auf       824,34 Mrd. Euro
dass unsere Spitals- und Pflegeberei-
che Tag für Tag nahezu Unmenschli-
ches leisten müssen. Daher fordert die
                                                                                          50 %            der Österreicher
                                                                                                           (4,429.500) besitzen        34,97 Mrd. Euro
                                                                                                                               Quelle: ICAE (im Auftrag der Arbeiterkammer Wien und NÖ), OeNB
Gewerkschaft, dass der unumstrittene
Zugang dieser Berufe zur Schwerar-
beitspension ermöglicht wird. Denn                                                      Das führt nicht nur zu Einkommens-               zusätzlich Jobs geschaffen und Frauen
die Rolle als Bittsteller bei der Pensi-                                                verlusten und niedrigen Pensionen                entlastet werden und zurück ins Ar-
onsversicherung nach einer schweren                                                     für Frauen, es ist auch wenig intelli-           beitsleben gehen.
Berufslaufbahn muss ein Ende haben.                                                     gent, auf ihren wertvollen Beitrag zu
Gerade jetzt wird sich zeigen, ob die                                                   verzichten. Unzählige Studien bewei-             In gute Arbeit investieren
Anerkennung der systemrelevanten                                                        sen, dass gemischte Teams besser ar-             Die Gewerkschaft hat schon vergan-
Arbeit vonseiten der Regierung nur                                                      beiten und Frauen in Führungsposi-               genen Sommer ein Arbeitsmarktpro-
ein Lippenbekenntnis oder ernst ge-                                                     tionen die Gleichberechtigung sowie              gramm entwickelt, mit dem inner-
meint war. Und es braucht weitere                                                       die Vereinbarkeit von Familie und Be-            halb eines Jahres mindestens 150.000
Maßnahmen, damit auch in Zukunft                                                        ruf vorantreiben. Durch den Ausbau               Menschen wieder in Beschäftigung
dieser wichtige Bereich funktioniert                                                    von Kinderbetreuungsplätzen können               gebracht werden können.
und nicht kaputtgespart wird. Insbe-
sondere ist eine Ausbildungsoffensive
                                            foto: ©Piman Khrutmuang - stock.adobe.com

in allen Gesundheitsberufen von ent-
scheidender Relevanz.
                                                                                                                                                                    Investitionen in gute
Frauen fördern                                                                                                                                                      Arbeit helfen bei der
Aufgrund tradierter Rollenklischees,                                                                                                                                Bewältigung der Krise.
                                                                                                                                                                    Auch auf der Liste
Kinderbetreuungspflichten oder der                                                                                                                                  von geforderten
Pflege von Angehörigen arbeitet fast                                                                                                                                Sofortmaßnahmen:
die Hälfte der erwerbstätigen Frauen                                                                                                                                der Bau von 30.000
in Teilzeit; und viele weitere gar nicht.                                                                                                                           neuen Wohnungen.
Von den Männern betrifft das nur zehn
Prozent. In der Krise hat sich dieser
Zustand noch einmal verschlimmert.

                                                                                                                                                                                                11
Dazu notwendig sind effektive Sofort-                                              Konzerne zur Kasse bitten                  70 Milliarden Euro, was zu weniger
maßnahmen:                                                                         Neben einer Vermögenssteuer ist die        gut bezahlten Arbeitsplätzen, geringe-
• Investitionen in gute Arbeit – etwa                                             längst überfällige faire Besteuerung       rem Sozialschutz und heruntergewirt-
   durch den Bau von 30.000 Woh-                                                   großer Konzerne ein ganz wesentli-         schafteten öffentlichen Dienstleistun-
   nungen, die Schaffung von echten                                                cher Punkt. Kaffeegigant Starbucks         gen führt.“ Dieser Umstand ist gerade
   Arbeitsstiftungen oder eine bessere                                             zahlte 2019 in Österreich knapp un-        in einer Zeit, in der Europa an einem
   Verteilung der Arbeitszeit.                                                     ter 3.000 Euro Steuern, hatte aber         Strang zieht, um die wirtschaftlichen
• Verbesserungen bei der Altersteil-                                              allein im November 2020 Anspruch           und sozialen Folgen der COVID-Krise
   zeit.                                                                           auf 800.000 Euro Umsatzersatz. Und         zu bewältigen, absolut selbstzerstöre-
• Ein Überbrückungsgeld bis zur Pen-
   sion für ältere Arbeitslose, die kei-
                                               foto: ©photobc1 - stock.adobe.com
   nen Job mehr finden oder auch die
   Weiterentwicklung der Kurzarbeit
   in ein dauerhaftes Modell.
Außerdem können vor allem dort Jobs
geschaffen werden, wo jetzt schon
dringend Arbeitskräfte gebraucht                                                                                                                Ein Prozent der
werden; beispielsweise in Zukunfts-                                                                                                             Bevölkerung besitzt 40
branchen wie der Pflege, der Digitali-                                                                                                          Prozent des Vermögens.
sierung oder dem Klimaschutz. Wer                                                                                                               Die ärmere Hälfte der
                                                                                                                                                Bevölkerung teilt sich
Jobs schafft, erhöht die Steuereinnah-                                                                                                          nicht einmal drei
men und schlägt damit zwei Fliegen                                                                                                              Prozent (siehe
mit einer Klappe.                                                                                                                               Infokasten links).
                                                                                                                                                Die Einführung einer
                                                                                                                                                Millionärs- bzw.
 Die Reichsten besteuern                                                                                                                        Vermögenssteuer
                                                                                                                                                ist gerecht.
 Ein ordentlicher Teil der Krisenkosten soll
 auch von den Reichsten unserer Gesell-
 schaft abgegolten werden. Die Einfüh-
 rung einer Millionärs- bzw. Vermögens-
 steuer ist gerecht. Das reichste Prozent
 der österreichischen Bevölkerung vereint
 fast 40 Prozent des Vermögens. Die är-
 mere Hälfte der Bevölkerung teilt sich
                                                                                   dieses Verhältnis ist kein Einzelfall.     risch. Und die Steuervermeidung ist
 nicht einmal drei Prozent.
                                                                                   Multinationale Konzerne verschieben        nur die logische Konsequenz des zwi-
 Eine Studie der Wirtschaftsuniversität
                                                                                   ihre Gewinne trickreich in alle Herren     schen den Mitgliedsstaaten stattfin-
 Wien (WU) hat im Vorjahr belegt, dass
                                                                                   Länder; Österreich entsteht dadurch        denden Wettlaufs bei den nach unten
 mehr oder weniger leistungslose Kapital-
                                                                                   ein jährlicher Schaden von rund ei-        gedrückten Steuersätzen. Damit muss
 einkommen beim reichsten Prozent der
                                                                                   ner Milliarde Euro. Die Unternehmen        jedenfalls Schluss sein. Daher braucht
 Menschen in Österreich rund 60 Prozent
                                                                                   tragen aber selbst ohne Tricks nicht       es gemeinsame Regeln für die Unter-
 des Gesamteinkommens ausmachen.
                                                                                   die Steuerlast im Land. „Die effektive     nehmensbesteuerung in ganz Euro-
 Dafür stehen rund 60 Prozent des ge-
                                                                                   Belastung ist für sie bei rund zehn Pro-   pa, einschließlich solcher, die dem
 samten Steueraufkommens in direktem
                                                                                   zent. Da braucht man sich nicht auf-       Missbrauch von Briefkastenfirmen
 Zusammenhang mit Arbeitsverträgen,
                                                                                   regen”, sagt Ernst Tüchler, Leiter der     für Steuerzwecke ein Ende setzen. Das
 weitere rund 20 Prozent aus dem Kon-
                                                                                   ÖGB-Volkswirtschaft über die tatsäch-      wird letztlich auch entscheidend sein,
 sum – insgesamt zahlen Arbeitnehmer
                                                                                   liche Steuerbelastung der Unterneh-        um die öffentlichen Investitionen, die
 und Arbeitnehmerinnen also rund 80
                                                                                   men. Das betrifft nicht nur Österreich,    für eine echte und faire Erholung von
 Prozent der Staatseinnahmen.
                                                                                   sondern ganz Europa. Die Mitteilung        der COVID-Krise erforderlich sind, ge-
 Die gebetsmühlenartig wiederholten
                                                                                   der Europäischen Kommission über           recht zu bezahlen. Die Gewerkschaf-
 Argumente vom angeblich drohenden
                                                                                   die Unternehmensbesteuerung kom-           ten begrüßen daher die Tatsache, dass
 Schaden für den Wirtschaftsstandort
                                                                                   mentierte die politische Sekretärin des    die Kommission mit diesen Vorschlä-
 sind genauso falsch wie vorhersehbar.
                                                                                   Europäischen Gewerkschaftsbundes           gen den Fortschritt bei der Unterneh-
 Im Gegenteil: Eine Verschiebung der
                                                                                   (EGB) Liina Carr so: „Die EU verliert      mensbesteuerung wieder auf den Weg
 Steuerlast vom Faktor Arbeit hin zu Ver-
                                                                                   durch die Steuervermeidung von Un-         gebracht hat, auch wenn klar ist, dass
 mögen täte der Wirtschaft sogar gut.
                                                                                   ternehmen jedes Jahr zwischen 35 und       die konkrete Gesetzgebung vom Er-

12
gebnis der Verhandlungen abhängen

                                                                                                                                                                   foto: Sergey Nivens
wird, die im Rahmen der OECD und
der G20 stattfinden.

Schluss mit Sparpolitik auf Kosten
wichtiger Bereiche
Auch von internationaler Seite wird
auf ein Handeln gedrängt. Der EGÖD
(Europäischer Gewerkschaftsdach-
verband der Öffentlichen Dienste)
stellt klare Forderungen für den Wie-
deraufbau und die Krisenbewältigung
auf. Gemeinsam mit ver.di (Verein-
te Dienstleistungsgewerkschaft –
Deutschland), VPOD (Gewerkschaft
im Service public – Schweiz) und un-
terstützt durch die younion wird auf
ein breites Umdenken gepocht. Tho-
mas Kattnig, Mitglied des Bundes-
präsidiums und EGÖD-Vizepräsident:
„Vor der Pandemie herrschte eine eu-
ropäische Sparpolitik mit Ideen aus
der neoliberalen Mottenkiste. Ange-       Das digitale Zeitalter hat längst begonnen. Die Regierung muss massiv in Bildung, Ausbildung und Weiterbildung
trieben von Konzernen wurde ver-          investieren. Denn die ArbeitnehmerInnen müssen mit den Arbeitsmitteln der Zukunft umgehen können.
sucht, öffentliche Dienstleistungen
so weit wie möglich zu privatisieren.     sches öffentliches Gesundheitssystem                                         Gefordert werden daher bessere Ar-
Das führte zu Personalmangel, Un-         sowie eine funktionierende, qualitativ                                       beitsbedingungen, höhere öffentliche
terfinanzierung und unzureichenden        hochwertige öffentliche Grundversor-                                         Investitionen und Steuergerechtig-
Ressourcen. Wenn wir nicht so mas-        gung grundlegende Voraussetzungen                                            keit. Thomas Kattnig: „Wir müssen
siv Widerstand geleistet hätten, wäre     sind, um den sozialen, gesellschaft-                                         beim Wiederaufbau neue und bessere
die Lage noch katastrophaler ausge-       lichen und wirtschaftlichen Zusam-                                           Wege gehen. Stellen wir die Weichen
fallen.“                                  menhalt – gerade in Krisenzeiten – zu                                        für eine Zukunft, in der alle ein besse-
                                                                                                                       res Leben haben! Die Mittel dafür sind
                                                                                                                       auf jeden Fall vorhanden.“
                                                                                                  foto: Robert Rubak

                                                                                                                       Modernisierung jetzt vorantreiben
         „Bessere Arbeits-                                                                                             In Umbruchsphasen ist es ganz wich-
     bedingungen, höhere                                                                                               tig, dass man sich gleich nach vorne
öffentliche Investitionen                                                                                              wendet und nicht zurückblickt. Gera-
 und Steuergerechtigkeit
sind das Gebot der Stun-
                                                                                                                       de jetzt ist eine offensive Fiskalpolitik
     de. Wir müssen beim                                                                                               zu betreiben.
Wiederaufbau neue und                                                                                                  Denn Geld kostet derzeit sehr wenig
      bessere Wege gehen.                                                                                              und es ist ausreichend vorhanden.
  Stellen wir die Weichen                                                                                              Man muss bei den wichtigsten He-
   für eine Zukunft, in der
   alle ein besseres Leben
                                                                                                                       beln expansiv und nicht restriktiv
haben.“ Thomas Kattnig,                                                                                                sein. Große Teile der Produktion und
    Mitglied des younion-                                                                                              des Verkehrssystems wären klima-
       Bundespräsidiums                                                                                                neutral auszurichten. Das wird frei-
                                                                                                                       lich ohne öffentliche Mittel nicht ge-
                                                                                                                       hen. Und die Regierung muss massiv
                                                                                                                       in Bildung, Ausbildung und Weiterbil-
                                                                                                                       dung investieren. Vor allem vor dem
Kattnig ergänzt: „Spätestens seit die-    garantieren. Diese Leistungen sind                                           Hintergrund der Digitalisierung. Die
ser Pandemie wurde offensichtlich,        das Rückgrat der Gesellschaft, wird                                          ArbeitnehmerInnen müssen mit den
dass ein gut funktionierender Sozi-       der Sparstift angesetzt, kostet das                                          Arbeitsmitteln der Zukunft umgehen
alstaat, ein universelles und solidari-   Leben!“                                                                      können.

                                                                                                                                                              13
Langsam
foto: W24/David Bohmann

                                                            spielt die Musi wieder

                          Awarakadawara, wo san meine Hawara? Auch Ausnahmekünstler Ernst Molden darf
                          endlich wieder an die frische Luft (auf dem Foto am 8. Juni 2021 mit seinen Mitmusikern
                          Walther Soyka und Karl Stirner beim Wiener Heurigen Hengl Haselbrunner).

                          Das Kulturleben läuft wieder an, die leeren Sessel füllen sich. Die                                    sätzliche Gründe für das bröckelnde
                                                                                                                                 finanzielle Fundament hinzu.
                          leeren Kassen weniger: Die erste Bilanz der Coronakrise ist blutig.
                              Die Kulturschaffenden haben hohe Verluste zu verkraften.                                           Freischaffende am
                          Ein Drittel verlor mehr als 10.000 Euro. Das zeigt eine Studie der                                     härtesten betroffen
                              Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw).                                           Am schlimmsten hat Corona die Frei-
                                                                                                                                 schaffenden erwischt. Sie haben den
                                                                                                                                 Löwenanteil der Verluste zu schul-

                          1  .777 Kunstschaffende haben an der
                             Online-Befragung des mdw teilge-
                          nommen. Die Zahlen sind ernüch-
                                                                                         im vergangenen Jahr mehr als 10.000
                                                                                         Euro eingebüßt.
                                                                                                                                 tern: 45 Prozent in diesem Segment
                                                                                                                                 haben mehr als 10.000 Euro verloren.
                                                                                                                                 MusikerInnen mit einem kombinier-
                          ternd. 86 Prozent der Befragten ha-                            Der größte Schaden:                     ten Beschäftigungsverhältnis waren
                          ben finanzielle Einbußen erlitten. Die                         Absage von Auftritten                   nur geringfügig besser dran.
                          Hilfsgelder waren nur für 21 Prozent                           Am härtesten hat die KünstlerInnen
                          ausreichend.                                                   die Absage von Auftritten getroffen     Männer haben mehr verloren
                          Knapp ein Drittel (31 Prozent) der be-                         (91 Prozent im Inland, 59 Prozent im    Auf den ersten Blick zeigt die Studie
                          fragten Kunst- und Kulturschaffenden                           Ausland). Bei 22 Prozent der Teilneh-   deutliche Unterschiede zwischen
                          haben seit Beginn der Corona-Krise                             merInnen kamen zwei oder mehr zu-       den Geschlechtern. In absoluten

                          14
Zahlen haben Männer deutlich hö-
here Verluste erlitten. Für Studi-                                                    Stünde hier ihr Name,
enleiter Peter Tschmuck sind diese                                                    würden zumindest
Zahlen allerdings auch anders zu                                                      an Musik interessierte
interpretieren: „Die Männer haben                                                     Leser­Innen unsere
                                                                                      Interview­partnerin
vor der Pandemie besser verdient als                                                  wahrscheinlich kennen.
die Frauen, damit war die Fallhöhe                                                    Genau das möchte sie
größer.“ Teilgenommen haben zu 65                                                     vermeiden. Sie befürch-
Prozent Männer, 35 Prozent der Be-                                                    tet negative Auswirkun-
fragten sind weiblich.                                                                gen, wenn sie ehrliche
                                                                                      Antworten zur Lage der
                                                                                      Kunstschaffenden gibt.
Wenig Nachfrage                                                                       Also spricht sie Klartext.
nach Unterstützung                                                                    Aber anonym.
Ein überraschendes Detail: Nur 46
Prozent der Betroffenen haben um
                                          INTERVIEW
Unterstützungen angesucht. Das be-
deutet, dass beinahe die Hälfte der Be-   Leere Bühnen, leere Kassen: „Depro bis zum Sterben wollen“
fragten auf die Corona-Hilfsmaßnah-
men verzichtet hat. Besonders gering      Auch wenn sie gesund geblieben sind – für viele freischaffende KünstlerInnen hat Corona
war der Anteil bei den Angestellten       eine Art Todesurteil bedeutet. Betroffene wünschen sich eine öffentliche Stimme. Nur
(91 Prozent haben hier auf einen Hil-     ungern wollen die meisten aber selbst vor den Vorhang treten.
feantrag verzichtet).
                                          Gegen Zusicherung absoluter Anonymität haben wir eine Berufsmusikerin zum Interview
Der Grund dafür dürfte freilich auch
                                          getroffen. Sie hat rund 30 Jahre von ihren Engagements und Tourneen gut und glücklich
in der Dotierung der Hilfsfonds gele-
                                          gelebt. Dann kam die Pandemie, und die Kunst ging von der Bühne ab.
gen haben: 41 Prozent gaben an, mit
den finanziellen Hilfen kaum oder
                                          Wie geht es Ihnen?
nicht ausgekommen zu sein. Offen-
                                          Es ist schon schön, dass mich das einmal jemand fragt. Nicht so besonders gut. Man
bar glich die Auszahlung in manchen
Bereichen außerdem einem Lotterie-
                                          versucht, sich jeden Tag neu zu motivieren. Aber leicht ist es nicht.
spiel: Die Zufriedenheit bei den Punk-
ten Information zu Berechtigung und       Wie haben Sie das vergangene Jahr erlebt?
Antrag, Arbeitsaufwand, Dauer bis         Als Vernichtung. Musik ist mein Leben, ich habe seit meiner Kindheit alles darauf aufge-
zur ersten Überweisung und Höhe der       baut. Schon als Teenager habe ich acht Stunden am Tag geübt. Ich bin mit wechselnden
Auszahlung schwankt teilweise stark.      Orchestern und Musikgruppen aufgetreten, war auf Tourneen vor allem in Europa. Finan-
Am schlechtesten bewertet wurden          ziell ist sich das immer gut ausgegangen. Seit Corona ist alles weggebrochen, ich hatte
die Minderung und Stundung laufen-        kein einziges Engagement mehr. Schon Mitte März 2020 habe ich erkannt, dass das alles
der Fixkosten.                            zusammenbrechen wird und habe sofort geschaut, dass ich einen Job außerhalb des
                                          Musikbetriebs kriege. Derzeit stehe ich in einem Laden hinter der Theke und verkaufe den
The Show must go on                       Kunden Lebensmittel.
Ein wesentlicher Punkt der Befra-
gung: Die Show muss wieder anlauf-        Haben Sie staatliche Hilfe bekommen?
en. Ohne die Möglichkeit zu touren,       Unterstützung habe ich kaum bekommen. Ich habe kein Geld ausgegeben und nur zwei-
wird sich der Kulturbereich nicht er-     mal am Tag gegessen. Meine Miete zahle ich von meinen Ersparnissen. Mir hat es den
holen. Die Prognose für das wieder        Boden unter den Füßen weggezogen, und ich bin nicht die Einzige.
anlaufende Livegeschäft ist allerdings
durchwachsen.                             Was wünschen Sie sich?
                                          Geld ist nicht alles. Der finanzielle Aspekt ist hart. Aber der psychische ist genauso
Eine Kernfrage dabei wird sein, ob ge-    schlimm. Wir Künstler befinden uns in einer tiefen Sinnkrise. Bei einigen gab es da De-
nügend Veranstalter die Krise überle-     pressionen bis hin zum Sterben wollen. Hoffentlich geht es jetzt wieder aufwärts, ich will
ben. Ein entscheidender Punkt bei der     zurück in mein Leben.
Überlebensfrage der Kunst- und Kul-
turschaffenden im Land ist außerdem       Name und Identität sind der Redaktion selbstverständlich bekannt. Reaktionen zum
die künftige Abgeltung ihrer Leistun-     Interview nehmen wir gerne unter younited@younion.at engegen und leiten sie auf
gen (dazu mehr in der Analyse zum         Wunsch auch weiter.
Urheberrecht neu ab Seite 20).

                                                                                                                                   15
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                                                                 Jetzt                                                                                                    Schon
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   Wir beraten gerne über alle Details. Diese Marketingmitteilung wurde von der UniCredit Bank Austria AG, 1020 Wien, Rothschildplatz 1, erstellt.
Unsichtbar
                                                                   und trotzdem da
foto: Prostock-studio - stock.adobe.com

                                           Die Bundeshauptstadt ist beliebt. Die Bundesländer lassen ihre          rund 60.000 ArbeitnehmerInnen aus
                                                                                                                   Wien über die Wiener Landesgrenzen
                                          BewohnerInnen nach Wien pendeln, nutzen die Infrastruktur wie
                                                                                                                   aus. Aber dass sich einige Bundeslän-
                                               Spitäler und Universitäten mit, sparen Kosten. Soll sein.           der riesige Summen sparen, weil sie
                                          Allerdings schlägt das aufs Budget. Das spüren nicht zuletzt die         die gesamte Infrastruktur mitbenut-
                                           SozialpädagogInnen, die dringend mehr Ressourcen brauchen.              zen, geht in der Diskussion über das
                                                                                                                   Wiener Budget praktisch immer un-
                                                                                                                   ter. Die Wiener Beschäftigten erbrin-

                              A     uf dem öffentlichen Dienst her-
                                    umzuhacken, hat Tradition. Be-
                               sonders für AnhängerInnen des un-
                                                                           ert. Und im Zentrum steht mit Vorlie-
                                                                           be die Bundeshauptstadt Wien.
                                                                                                                   gen viele Aufgaben für die Bundes-
                                                                                                                   länder. Gedankt wird es ihnen nicht“,
                                                                                                                   sagt Manfred Obermüller, Vorsitzen-
                               kontrollierten „freien“ Marktes“ ist        60.000 PendlerInnen mit der Bahn,       der der Hauptgruppe I – Magistrat der
                               es immer wieder ein Hauptspaß, die          120.00 mit dem Auto – täglich.          Stadt Wien in der younion.
                               Leistungen der Beschäftigten kleinzu-       Täglich kommen etwa 60.000 Pendle-      Wer jemals den fünften Autofahrer
                               reden und über Verschwendungssucht          r­Innen mit der Bahn und rund 120.000   mit NÖ-Kennzeichen bei der Entsor-
                               und explodierende Kosten zu wettern.        mit dem Pkw nach Wien zur Arbeit.       gung seines Hausmülls gleich nach
                               Zahlen, die diese Fantasien belegen,        „Natürlich sind diese Menschen will-    Überquerung der Wiener Stadtgren-
                               werden in der Regel nicht beigesteu-        kommen, gleichzeitig pendeln ja auch    ze beobachtet hat, weiß, wovon er

                                                                                                                                                      17
spricht. Auf dem Weg zur Arbeit in

                                                                             foto: Petra Spiola
     „Die Kinder und Jugend-                                                                            der Bundeshauptstadt lässt sich für
         lichen, die uns anver-                                                                         listige BewohnerInnen des Wiener
          traut sind, brauchen                                                                          Umlandes täglich bares Geld sparen
        dringend individuelle
             Betreuung, Unter-                                                                          (die Mülltonne zu Hause kostet je
           stützung und Hilfe.                                                                          nach Größe Geld, die Tonne in Wien
       Aber ohne zusätzliche                                                                            lässt sich gratis nutzen).
      Ressourcen verkommen
        unsere Einrichtungen                                                                            Beschwerden gibt es erst, wenn
          zu Aufbewahrungs-
             stätten.“ Andreas                                                                          etwas nicht mehr funktioniert
      Walter, Vorsitzender des                                                                          younion-Vorsitzender Christian Meid-
      Dienststellenausschus-                                                                            linger: „Unsere Mitglieder sorgen für
        ses in der Wiener MA                                                                            medizinische Versorgung, für Pflege-
     11 – Sozialpädagogische                                                                            bedürftige, die Versorgung mit Was-
                Einrichtungen
                                                                                                        ser, Strom, Gas, auch für reibungslose
                                                                                                        Müllentsorgung. Sie erbringen Leis-
      INTERVIEW                                                                                         tungen in mehr als 220 Berufen, die
      „SozialpädagogInnen sind über der Grenze der Belastbarkeit!“                                      meisten davon in der Dienstleistung
                                                                                                        für die Bürgerinnen und Bürger. Die
                                                                                                        meisten dieser Leistungen sind im
      Wer sind eigentlich die Kinder und Jugendlichen, die ihr betreut?
                                                                                                        normalen Alltag unsichtbar, werden
      Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort. Praktisch allen gemeinsam sind Verunsi-
                                                                                                        aber trotzdem täglich erbracht. Auf-
      cherung und emotionale Belastung. Sie kommen ja zu uns nicht auf Urlaub, sie kommen
                                                                                                        fällig werden sie erst, wenn einmal
      aus einer schweren Krisensituation, die den weiteren Verbleib in der Familie unmöglich
                                                                                                        etwas nicht funktioniert – wenn in der
      macht.
                                                                                                        Straße die Beleuchtung flackert, wird
                                                                                                        das wahrgenommen. Wenn jeden Tag
         Wie findet ihr einen Zugang zu diesen Kindern?
                                                                                                        in der Früh pünktlich der Bus kommt,
         Das braucht hohe professionelle Kompetenzen, Flexibilität, Belastbarkeit. Aber auch Er-
                                                                                                        ist das selbstverständlich.“
         fahrung im Umgang mit schwierigen Situationen und KlientInnen. Unsere Kolleginnen
Dings undund
          so undKollegen
                 überhaupt haben die nötige Ausbildung. Aber sie stehen zu sehr unter Druck. Das Min-
                                                                                                        Unsichtbare HeldInnen:
         destmaß an Personal wären zwei BetreuerInnen pro Dienst. Wenn du allein für acht Kin-
                                                                                                        SozialpädagogInnen versorgen mehr
         der für 24 Stunden verantwortlich bist, keine Unterstützung bekommst – und vielleicht
                                                                                                        als 1.000 Kinder
         noch ein Kind einen positiven Coronatest hat – hilft keine Ausbildung mehr.
                                                                                                        Das Zusammenleben zwischen den
                                                                                                        benachbarten Bundesländern verläuft
      Was sind die Konsequenzen?
                                                                                                        die meiste Zeit harmonisch. Unsicht-
      An sich sind unsere KollegInnen Profis und hart im Nehmen. Aber im Vorjahr 2020 sind
                                                                                                        bar hat allerdings eine Berufsgruppe
      rund 25.000 Überstunden angefallen. Es fehlt Personal, wir müssen ständig um Entlas-
                                                                                                        der Bundeshauptstadt zunehmend
      tung für die Beschäftigten kämpfen. Es ist wirklich das Bohren harter Bretter. Dazu kom-
                                                                                                        zu kämpfen. Schon länger fehlt es
      men lange Wartezeiten auf Folgeplätze von schwer traumatisierten Kindern, die Corona-
                                                                                                        den MitarbeiterInnen der Sozialpä-
      krise, die Belastung durch Rückstellungen aus prviaten Einrichtungen. Das Ergebnis ist
                                                                                                        dagogischen Einrichtungen in der
      eine starke Fluktuation der angestellten Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Das
                                                                                                        Magistratsabteilung 11 an Ressourcen
      verschärft die Situation. Ohne zusätzliche Ressourcen verkommen unsere Einrichtungen
                                                                                                        und Personal. Die Lage war schwie-
      zu einer Art Aufbewahrungsstätte, weil individuelle Förderung und Betreuung nicht mehr
                                                                                                        rig. Mittlerweile ist sie aus dem Ruder
      möglich sind.
                                                                                                        gelaufen. Gewerkschafter Andreas
                                                                                                        Walter, Vorsitzender des zuständigen
      Hat sich die Zusammensetzung eures Klientels eigentlich in den vergangenen Jahren
                                                                                                        Dienststellenausschusses: „Die aktu-
      geändert?
                                                                                                        elle Situation in den Krisenzentren
      Ja, das ist tatsächlich festzustellen. Kinder mit Behinderungen, Pflegestufen und psy-
                                                                                                        entspricht nicht mehr den Standards,
      chiatrischen Diagnosen finden sich mittlerweile in fast allen Einrichtungen. Aufgrund der
                                                                                                        zu denen unsere MitarbeiterInnen ei-
      gleichgebliebenen Rahmenbedingungen sind individuelle Angebote aber kaum möglich.
                                                                                                        gentlich verpflichtet sind. Kinder und
      Es tut manchmal weh, unseren Leuten zuzuschauen, wie sie gegen Windmühlen kämp-
                                                                                                        Jugendliche, die sich in einer Ausnah-
      fen – und manchmal auch den Mut verlieren. Deshalb lassen wir nicht locker. Wir haben
                                                                                                        mesituation befinden, können nicht
      einen Termin mit dem zuständigen Stadtrat Wiederkehr, er scheint an Verbesserungen in-
                                                                                                        betreut werden, wie es notwendig
      teressiert zu sein und unsere Forderungen sind klar: mehr Personal, mehr Personal, mehr
                                                                                                        wäre. Sie werden bei der Aufnahme
      Personal! Mit guten Ratschlägen der hohen Politik, die an den Bedürfnissen unseres täg-
                                                                                                        oft nicht entsprechend begutachtet,
      lich gelebten Alltags meilenweit vorbeigehen, sind unsere Leute ausreichend versehen.
                                                                                                        bekommen nicht die notwendige

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