Antwort der Bundesregierung - Deutscher Bundestag

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Deutscher Bundestag                                                                          Drucksache 20/5144
20. Wahlperiode                                                                                         06.01.2023

Antwort
der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jan Wenzel Schmidt und der
Fraktion der AfD
– Drucksache 20/4807 –

Mögliche Kryptospenden an die Ukraine

         Vorbemerkung der Fragesteller
         Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ruft die Kiewer
         Regierung von Präsident Wolodymir Selenskij zu Spenden in Form von
         Kryptowährungen auf. Offiziellen Angaben zufolge betrug das Spendenvolu-
         men umgerechnet bislang 229 216 787 US-Dollar (vgl. https://u24.gov.ua/,
         Stand: 23. November 2022). Die ukrainische Regierung initiierte die Sammel-
         aktion gemeinsam mit der auf den Bahamas ansässigen Kryptobörse FTX des
         US-Amerikaners und selbsternannten Philanthropen Sam Bankman-Fried, der
         in den Jahren 2021 und 2022 mit Gesamtspenden in Höhe von 39,8 Mio. Euro
         zudem der zweitgrößte Einzelspender der Demokratischen Partei in seinem
         Heimatland war (vgl. https://exxpress.at/kritik-an-selenskyj-hilfgelder-bei-ban
         krott-der-krypto-boerse-ftx-vernichtet/). Die Spenden sollten bei FTX als
         Spekulationsobjekt dienen und – nach erhoffter Aufwertung – in Fiatgeld an
         die Ukrainische Nationalbank fließen, die sie wiederum für humanitäre Hilfe
         sowie die Streitkräfte der Ukraine freigeben sollte. Medienberichten zufolge
         könnten auch Regierungen, darunter die US-Administration, von der anony-
         men Spendenmöglichkeit Gebrauch gemacht haben, um inoffizielle Militär-
         hilfen an die Ukraine zu leiten (ebd.). Im November 2022 jedoch wurden fun-
         damentale Missstände bei FTX bekannt, die zum Kollaps und der Insolvenz
         der Kryptobörse sowie ihrer Schwestergesellschaft führten (vgl. https://www.n
         zz.ch/finanzen/ftx-was-bedeutet-das-aus-der-bitcoin-boerse-fuer-den-krypto-
         markt-ld.1712941). FTX-Gründer Sam Bankman Fried wurde als mutmaß-
         licher Betrüger enttarnt, der mindestens 300 Mio. US-Dollar Spendengelder
         veruntreut haben soll (vgl. https://www.nzz.ch/finanzen/ftx-was-bedeutet-das-
         aus-der-bitcoin-boerse-fuer-den-krypto-markt-ld.1712941). Auch die Krypto-
         spenden für die Ukraine, mit denen der ukrainische Präsident Wolodymir
         Selenskij bei FTX spekuliert haben soll, dürften damit unwiederbringlich ver-
         loren sein (vgl. https://exxpress.at/kritik-an-selenskyj-hilfgelder-bei-bankrott-
         der-krypto-boerse-ftx-vernichtet/). In der Bundesrepublik Deutschland ver-
         fügen mindestens Staatsanwaltschaften über beschlagnahmte Kryptover-
         mögenswerte (vgl. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/kryptogeld-
         staatsanwaltschaft-101.html). Die Fragesteller beabsichtigen daher, den mög-
         lichen Besitz und die Verwendung von Kryptowährungen seitens des Bundes
         zu erfragen.

Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen
vom 5. Januar 2023 übermittelt.
Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.
Drucksache 20/5144                                    –2–               Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode

        1. Sind aktuell Kryptovermögenswerte im Besitz des Bundes, und wenn ja,
           wie lange werden diese gehalten (bitte nach Wert bzw. Coin, Anzahl und
           bisherige Haltedauer aufschlüsseln)?

        2. Wenn Frage 1 bejaht wurde, wie viele Kryptovermögenswerte befanden
           sich seit der Bitcoin-Einführung 2009 im Besitz des Bundes, und wie
           lange wurden diese gehalten (bitte nach Jahresscheiben, Wert bzw. Coin,
           Anzahl und Haltedauer aufschlüsseln)?

Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet.
Aktuell besitzen ausgewählte Bundesbehörden Kryptowerte in Höhe von
31,41954211 Bitcoins (BTC). Erstmals wurden BTC im Jahr 2015 erworben.
Der letzte Ankauf erfolgte im Jahr 2021. Die Kryptowerte werden nicht für
Investitionszwecke genutzt.
Der Bund hält im Zuge von Strafverfahren beschlagnahmte Kryptowerte (siehe
Tabelle). Aus ermittlungstaktischen Gründen und zur Vermeidung möglicher
Rückschlüsse auf einzelne Ermittlungsverfahren erfolgt die Angabe der vor-
liegenden Werte für den Zeitraum 2015 bis 2022 gebündelt.

Krypto-Wert                                                    Anzahl
Bitcoin                                                           38,66446619
Ethereum                                                          14,70944557
ETC                                                                7,84650810
Monero                                                           269,20730907
Zcash                                                             21,31483070
BAT                                                            3.934,85963610
DOT                                                              439,10425300
Giga IOTA                                                         23,37800000
EOS                                                            1.810,99410000
VET                                                           17.862,89580000
MANA                                                           1.108,07005000
BNB                                                                2,97955290
Sand                                                               961,021790
Doge                                                                 6.856,280
Matic                                                                  290,000
AXS                                                                     25,400
CHZ                                                                    775,040
Gala                                                                 1.905,000
ILV                                                                      0,960

Für den Bundesnachrichtendienst (BND) betrifft die Beantwortung der Fragen
solche Informationen, die in besonders hohem Maße das Staatswohl berühren
und daher selbst in eingestufter Form nicht beantwortet werden können. Der
BND ist nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen zu der
Auffassung gelangt, dass eine Beantwortung der Frage für seinen Bereich nicht
erfolgen kann. Das verfassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informations-
recht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung findet seine
Grenzen in den gleichfalls Verfassungsrang genießenden schutzwürdigen Inte-
ressen des Staatswohls. Eine Offenlegung der angefragten Informationen birgt
die Gefahr, dass Einzelheiten zur konkreten Methodik und zu in hohem Maße
schutzwürdigen spezifischen Fähigkeiten des BND bekannt würden. Infolge-
dessen könnten sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure Rück-
schlüsse auf spezifische Vorgehensweisen und Fähigkeiten des BND ziehen.
Dies könnte folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung und
Analysefähigkeit zur Folge haben, womit letztlich der gesetzliche Auftrag des
Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode                –3–                            Drucksache 20/5144

BND – die Sammlung und Auswertung von Informationen über das Ausland,
die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik
Deutschland sind (§ 1 Absatz 2 BNDG) – nicht mehr sachgerecht erfüllt wer-
den könnte. Die Gewinnung von auslandsbezogenen Informationen ist für die
Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und für die Aufgabenerfüllung des
BND jedoch unerlässlich. Sofern solche Informationen entfallen oder wesent-
lich zurückgehen sollten, würden empfindliche Informationslücken auch im
Hinblick auf die Sicherheitslage der Bundesrepublik Deutschland drohen.
Selbst eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in
der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen
Bedeutung für die Aufgabenerfüllung des BND nicht ausreichend Rechnung
tragen. Die angefragten Inhalte beschreiben die Fähigkeiten und Arbeitsweisen
des BND so detailliert, dass eine Bekanntgabe auch gegenüber einem begrenz-
ten Kreis von Empfängern ihrem Schutzbedürfnis nicht Rechnung tragen kann.
Hierunter fällt insbesondere auch die Frage, ob etwaiger Kontakt zu einer Han-
delsbörse, einem Kreditinstitut oder sonstigen Entität, die von nachrichten-
dienstlicher Bedeutung sein können, stattgefunden hat oder stattfindet. Dies gilt
umso mehr für den Erwerb oder die Nutzung von Kryptowerten. Bei einem Be-
kanntwerden der schutzbedürftigen Information wäre kein Ersatz durch andere
Instrumente der Informationsgewinnung möglich.
Darüber hinaus kann die Beantwortung der Fragen aus Staatswohlgründen
nicht erfolgen, weil die Kooperation des BND mit Unternehmen besonders
schützenswert ist. Die einzelnen Kooperationspartner arbeiten mit dem BND
nur unter der Voraussetzung zusammen, dass die konkrete Kooperation mit
ihnen – auch nicht mittelbar – preisgegeben, sondern absolut vertraulich be-
handelt wird. Dies bedeutet, dass die geheimhaltungsbedürftigen Informationen
zu und aus der Kooperation nicht außerhalb des BND weitergegeben werden
dürfen. Eine Offenlegung der Kooperationspartner würde das Ansehen von
deutschen Nachrichtendiensten und das Vertrauen in diese daher weltweit er-
heblich schädigen. Dementsprechend bestünde die ernstzunehmende Gefahr
eines weitreichenden Wegfalls von Kooperationsmöglichkeiten nicht nur bei
zivilen Firmen. Würde die Bundesregierung die Informationen freigeben, so
wäre zudem zu befürchten, dass Kooperationspartner ihrerseits die Vertraulich-
keit nicht oder nur noch eingeschränkt wahren würden. In der Konsequenz
könnte es künftig zu einem Rückgang oder zum Wegfall zukünftiger Vertrags-
partner und in der Folge zu einem Wegfall der Erkenntnisgewinnung der deut-
schen Nachrichtendienste kommen. Zudem würde das Offenlegen der angef-
ragten Inhalte durch den Bundesnachrichtendienst staatlichen und nichtstaat-
lichen Akteuren eine belastbare Grundlage und einen erheblichen Mehrwert mit
Blick auf deren Bestreben zur Informationsgewinnung bieten. Dies alles würde
dem deutschen Staatswohl zuwiderlaufen. Dies hätte signifikante Informations-
lücken und negative Folgewirkungen für die Abbildung der Sicherheitslage in
der Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher
Interessen im Ausland zur Folge.
Hieraus ergibt sich, dass die erbetenen Informationen in ihrer Detailtiefe derart
schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl ge-
genüber dem parlamentarischen Informationsrecht in diesem besonderen Ein-
zelfall wesentlich überwiegt. Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der
Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung
zurückstehen. Dabei ist der Umstand, dass die Antwort verweigert wird, weder
als Bestätigung noch als Verneinung des angefragten Sachverhalts zu werten.
Drucksache 20/5144                                     –4–                 Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode

        3. Was geschieht nach Kenntnis der Bundesregierung mit von Staatsanwalt-
           schaften oder dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof im Zuge
           von Strafverfahren beschlagnahmten Kryptovermögenswerten, insofern
           diese der Staatskasse zukommen (bitte erläutern)?

Durch den Generalbundesanwalt wurden bislang keine Kryptowerte gesichert.
Zur Vorgehensweise der Landesjustizbehörden im Einzelnen hat die Bundes-
regierung mangels Zuständigkeit keine eigenen Erkenntnisse.

        4. Hat der Bund in der Vergangenheit selbst Kryptovermögenswerte erwor-
           ben, und wenn ja, in welcher Höhe, und bei welcher Institution (bitte nach
           Wert bzw. Coin, Anzahl, Handelsbörse bzw. Kreditinstitut und Haltedauer
           aufschlüsseln)?

        5. Gibt es Handelsbörsen oder Kreditinstitute, mit denen die Bundesrepublik
           Deutschland bei Angelegenheiten im Umgang mit Kryptowährungen Ge-
           schäftsbeziehungen unterhält oder in der Vergangenheit unterhalten hat,
           und wenn ja, welche?

Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet.
Der Erwerb und die Verwaltung finden z. B. über die Handelsplattform
„Bitcoin.de“ statt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 ver-
wiesen.

        6. Hat sich die Bundesrepublik Deutschland seit Beginn des russischen An-
           griffskrieges gegen die Ukraine an Kryptospenden an die Ukraine be-
           teiligt, und wenn ja, in welcher Höhe (bitte erläutern sowie nach Datum,
           Spendendestination, Wert bzw. Coin und Transaktionsplattform aufschlüs-
           seln)?

Die Bundesregierung hat sich zu keinem Zeitpunkt seit Beginn des russischen
Angriffskriegs gegen die Ukraine an Krypto-Spenden an die Ukraine beteiligt.

        7. Hat die Bundesregierung seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen
           die Ukraine zu Kryptospenden an die Ukraine aufgerufen, und wenn ja in
           welchem Rahmen (bitte erläutern sowie nach Datum, Spendendestination,
           Wert bzw. Coin und Transaktionsplattform aufschlüsseln)?

Die Bundesregierung hat nicht zu Krypto-Spenden an die Ukraine aufgerufen.
Hingegen ruft die Bundesregierung die Bevölkerung auf, die Menschen in der
Ukraine mit Geldspenden oder Sachspenden wie warmer Kleidung, Decken
und Schlafsäcken zu unterstützen. Eine Übersicht von Möglichkeiten zur Un-
terstützung wird auf folgender Website der Bundesregierung aufgeführt: https://
www.bundesregierung.de/breg-de/themen/krieg-in-der-ukraine/unterstuetzung-
ukraine-2009338.

        8. Hat sich die Bundesrepublik Deutschland seit Beginn des russischen An-
           griffskrieges gegen die Ukraine an Kryptospenden an Drittstaaten oder
           nichtstaatliche Empfänger beteiligt, und wenn ja, in welcher Höhe (bitte
           erläutern sowie nach Datum, Spendendestination und Spendenzweck,
           Wert bzw. Coin und Transaktionsplattform aufschlüsseln)?

Die Bundesregierung hat sich zu keinem Zeitpunkt seit Beginn des russischen
Angriffskriegs gegen die Ukraine an Krypto-Spenden an Drittstaaten oder
nichtstaatliche Empfänger beteiligt.
Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode                 –5–                             Drucksache 20/5144

        9. Hat die Bundesregierung seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen
           die Ukraine zu Kryptospenden an Drittstaaten oder nichtstaatliche Emp-
           fänger aufgerufen, und wenn ja, in welchem Rahmen (bitte erläutern sowie
           nach Datum, Spendendestination und Spendenzweck, Wert bzw. Coin und
           Transaktionsplattform aufschlüsseln)?

Die Bundesregierung hat nicht zu Krypto-Spenden an Drittstaaten oder nicht-
staatliche Empfänger aufgerufen.
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
                                                               ISSN 0722-8333
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