Patient*innenperspektive Wünsche, Hoffnungen und Ängste von Betroffenen - Eva Luise und Horst Köhler Stiftung

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Patient*innenperspektive Wünsche, Hoffnungen und Ängste von Betroffenen - Eva Luise und Horst Köhler Stiftung
Patient*innenperspektive
Wünsche, Hoffnungen und Ängste von Betroffenen

5. Symposium zum RD-Day 2020
Eva Luise und Horst Köhler Stiftung
KARL STORZ Besucher- und Schulungszentrum Berlin
27. + 28. Februar 2020
Jörg Richstein (Interessengemeinschaft Fragiles-X e.V.)
Patient*innenperspektive Wünsche, Hoffnungen und Ängste von Betroffenen - Eva Luise und Horst Köhler Stiftung
Die Art der Information
Patient*innenperspektive Wünsche, Hoffnungen und Ängste von Betroffenen - Eva Luise und Horst Köhler Stiftung
»Fragiles-X Syndrom. Das können Sie vergessen.
 Die lernen ohnehin nichts mehr.«
Patient*innenperspektive Wünsche, Hoffnungen und Ängste von Betroffenen - Eva Luise und Horst Köhler Stiftung
0000 0111 1110 0000 0001 1111 1111 1000 …
0000 0111 1110 0000 0001 1111 1111 1000 …
 0 7 E 0 1 F F 8 …
= 07e01ff8381c60066006c663c663c003c003d81bcc3367e663c6381c1ff807e0@16x16
Diagnosesuche:
Wenn man doch nur den Namen hätte…
 Oder wenigstens einige.
Was Patienten/Angehörige haben

Ziemlich gute Kenntnisse der Symptome.

Aufgrund der Priorität des Problems: Zeit.

Aufgrund der Erkrankung: Keine Zeit.

Angst.
Was die Ärztin/der Arzt hat

Berichte und eigene Beobachtungen zu den Symptomen.

Sonstige Befunde, Laborwerte, MRT, Erfahrung, Kollegen, …

Nicht genug Zeit.

Kein ausreichendes Wissen über 8000 Seltene Erkrankungen.
Den Heuhaufen verkleinern,
bis die Nadel sichtbar wird.
KI

Vermutung: Nicht überall, wo KI draufsteht, ist KI drin

Aber was ist KI?
Alan Turing (1912 — 1954)

 13. Intelligenz als emotionaler Begriff
 Das Ausmaß, in welchem wir etwas als intelligent
 handelnd ansehen, hängt genauso von unserem eigenen
 Geisteszustand und unserer Bildung ab, wie von den
 Eigenschaften des betrachteten Objekts. Falls wir in der
 Lage sind, sein Verhalten zu erklären und vorauszusagen,
 oder falls es anscheinend wenig zugrundeliegende
 Konzepte gibt, sind wir kaum geneigt, an Intelligenz zu
 denken.

Übersetzung aus: Intelligent machinery (ca. 1949) Siehe auch: Turing-Test für KI (»The Imitation Game«):
Unpublished manuscripts and drafts, Computing Machinery and Intelligence
The Turing Digital Archive Mind 49: 433—460, 1950
Situation 2020

Geschwindigkeit+Speicher: Mensch/Computer »etwa gleich«
Völlig unterschiedliche Arbeitsweisen
Wer ist »besser«?
Es kommt auf die Aufgabe an…

 Bild: Ilja Klemencov
Diagnoseunterstützung

Hoffnung auf schlaue Verfahren
(Vielleicht sogar mal KI…)

Schrittweise:

➞ Diagnoseunterstützung ➞ … … … ➞ Diagnosefindung (?)

Universelle Diagnose eines »intelligenten Objekts« erfordert
eines, das noch intelligenter ist (oder?)
Medizin-Apps: Chancen

Diagnoseunterstützung

Krankheitsmanagement

Therapieunterstützung

Früherkennung

Kommunikation/Kontakte

Vorsorge

Alltagsbewältigung, Unterstützung Angehöriger, …
Medizin-Apps: Probleme

Erste Frage: Womit verdient der Anbieter sein Geld?

Datenschutz und Datensicherheit
Richtige Diagnose verpasst
Fragwürdige/Falsche Behandlungsempfehlungen
Falsche/Fehlende Informationen
Funktionieren nicht oder nicht gut
Verlust des Menschlichen
§
Aktuelle Entwicklungen
Gesetze und -Entwürfe

Terminservice- u. Versorgungsgesetz (TSVG)
 Mai 2019, →ePA

Digitale Versorgung Gesetz (DVG)
 Dezember 2019

Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV)
 Referentenentwurf v. 15. Januar 2020

Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG)
 Referentenentwurf v. 30. Januar 2020
Digitale-Gesundheitsanwendungen-
Verordnung
 
SE bisher noch nicht gut berücksichtigt:
 - Geringe Anzahl Lizenzen lohnt Aufwand für Entwicklung
 und Bürokratie zur Zulassung nicht
 - Nachweis der Verbesserung der Versorgung schwierig
 ‣»Orphan App« ?

Allgemein: Kosten/Nutzen-Verhältnis noch offen
Elektronische Patientenakte (ePA)

Um (Himmels | der Patienten) Willen: Ja (, aber:)

Fragen zu Daten-
 -strukturen: Wie Informationen in ePA speichern? (→KBV)
 -schutz: Wer darf was mit Daten tun?
 -sicherheit: Wo liegen Daten? Verschlüsselung/Kommun.?
 -konsistenz: Problem bei Löschung (+ Änderungen?)

(Einige Details soll PDSG regeln…)
»Datenspende« (§363 PDSG)

Patienten sollen ePA-Daten für Forschung
»spenden« dürfen
Pseudonymisierung analog Kassen-Patientendaten DVG
Wichtig: Patienten gut über Bedeutung informieren
Ach ja: Wollen alle Autoren der ePA spenden?
Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG)

Gute Ansätze/Ideen:

 Vereinfachung von Videosprechstunden
 Bessere Vernetzung der Leistungserbringer
 E-Rezept
 Verbesserung Datensicherheit in Praxen
 Patienten-Schulung zu ePA, …

(Tlw. in PDSG präzisiert)
Ein Problem im DVG

Weitergabe von pseudonymisierten Patientendaten (§303):

Ausgewählte Organisationen dürfen pseudonymisierte Daten
beantragen

Keine Ablehnung durch Patient möglich

Datensicherheits/-schutz-Probleme stecken in vielen Details
Beispiel 1

Zwei Einzeldatensätze:
sha-3(K123456789)= Proteus-
 5835085655da884a ♂ 8 Jahre
 Syndrom
 Berlin …

sha-3(H987654321)= Fragiles-X
 5d5d49c1083421fe ♀ 17 Jahre
 Syndrom
 Bonn …

§303d (1) (Das Forschungsdatenzentrum hat die Aufgabe…)
5. das spezifische Reidentifikationsrisiko in Bezug auf die durch
Nutzungsberechtigte nach § 303e beantragten Daten zu bewerten und
unter angemessener Wahrung des angestrebten wissenschaftlichen
Nutzens durch geeignete Maßnahmen zu minimieren
Beispiel 2

§303e (4) Das Forschungsdatenzentrum stellt einem
Nutzungsberechtigten die pseudonymisierten Einzeldatensätze ohne
Sichtbarmachung der Pseudonyme für die Verarbeitung unter Kontrolle
des Forschungsdatenzentrums bereit, soweit
1. gewährleistet ist, dass diese Daten nur solchen Personen
 bereitgestellt werden, die einer Geheimhaltungspflicht nach § 203 des
 Strafgesetzbuches unterliegen, und
2. durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen
 sichergestellt wird, dass die Verarbeitung durch den
 Nutzungsberechtigten auf das erforderliche Maß beschränkt und
 insbesondere ein Kopieren der Daten verhindert werden kann.
Eine große Sorge von Patienten

Daten gelangen in falsche Hände:

 Versicherung, Arbeitgeber, Bank, …
 Familie, Nachbarn, Bekannte, …
 Das ganze Internet…
Sorglos?

 Hallo, hier ist Michael aus Ulm
 mit dem Paul mit fraX-Syndrom,
 der in die ABC-Schule geht…

 Ich hätte mal eine Frage an euch
 wegen der Probleme in der
 Schule
Sorgen, die Patienten haben sollten

Missbrauch ihrer Daten

Aus ihren Daten werden falsche Schlüsse gezogen

Gesellschaft entwickelt sich falsch, menschliche Vielfalt wird
»wegoptimiert«

Datenverwendung fördert Kommerzialisierung

»Gemeinwohl« beschneidet individuelle Freiheit zu sehr
Zum Wohle der Gemeinschaft?

Patient K123456789 nimmt nur die halbe Dosis der Pillen, die
nach einer Datenerhebung zu seiner Erkrankung im
Durchschnitt besser wäre. Ab jetzt doppelte Zuzahlung.

Nach Analyse aller 200 Datensätze zu Fragiles-X Syndrom
sollte Medikament Z sehr entspannend wirken. Die Eltern von
Patient H987654321 geben ihm Z aber nicht. Die Anzahl der
Stunden der Teilhabeassistenz in der Schule wird halbiert.

Die Knie-OP hilft 75% aller Patienten mit XY-Erkrankung.
Patient P314159265 weigert sich. Minus 25% beim SBA.
Der Informationsfluss
Welche Information wird gesucht?

Symptome zur Diagnosefindung
Informationen zur Erkrankung (insb. Prognose)
Informationen zu Therapien
Kontakt zu Spezialisten
Kontakt zu anderen Betroffenen
Öffentlich-/Soziales/Lebensabschnitt-Spezifisches
Beispiel

https://www.fraX.de

Fast 90% der Zugriffe:
Seite »Symptome«

Fast 100% der Zugriffe:
Über Google
Wo entsteht Information zu SE?

Patient/in

Praxen und Krankenhäuser

Aktivitäten von Vereinen/-Verbänden der Selbsthilfe (SH)

Wissenschaftliche Projekte/Forschung, Klinische Studien
Wo ist die Information?

Patient(inn)en (z.B. auch mal: ePA)
SH (Infomaterial/Webauftritte/Aktive Mitglieder/Mitarbeiter)
Wiss. Journals/Studienprotokolle/Publikationen Fachges.
Spezielle Plattformen wie Orphanet, …
Bei (wenigen) Ärzten
Krankenkassen
Verteilt im Internet (»Big Data«)
Bücher
Wie gelangen Pat. an Information?

Dr. Google
Facebook etc
Kontakt SH über Tel./Internet/Email/soz. Medien/Seminare/
Kongresse, …
Wissenschaftliche Fachjournale: Quasi gar nicht
Krankenkassen: bei SE spärlich/gar nicht
Spezialisierte Ärzte (oft überlastet oder nicht vorhanden)
Bücher
Finden guter Informationen

Oft Suche und Austausch über soziale Medien
Problem: Keinerlei Prüfung der Information
Bsp.: Erbgang Fragiles-X Syndrom
(Teil-)Lösungen:
 Fachkräfte in einschlägige Gruppen/Foren einbeziehen
 Woanders bessere Informationen anbieten

Informationen interdisziplinär und gemeinsam prüfen und
bereitstellen
»Datenversorgungsforschung«

Welche Informationen benötigen Patienten?
Wo entstehen diese, wo landen sie?
Wie Informationen für Patienten optimiert aufbereiten?
Wo Information für Patienten bereitstellen?
…
Nichtmedizinische Information

Nicht selten viel wichtiger als Medizinisches
Kindergarten, Schule
Ausbildung+Beruf, Leben, Wohnen, Absicherung im Alter
Staatliche Unterstützung/Nachteilsausgleiche, Pflege,
Schwerbehindertenausweis, Steuer,…
Wunsch nach besserer Information (nicht nur digital)
Vereinfachung von Anträgen, mehr Fairness von Behörden
…
Ein paar Gedanken zum Schluss
Nachsätze

Digitalisierung keine Wunderwaffe, eher zeitgemäßes
Werkzeug
Sich trauen, Chancen nutzen, aber vorsichtig sein
Förderung der Digitalisierung als Investition für Versorgung,
nicht auf ihre Kosten (Überweisung in 1ns, Termin in 1 Jahr)
Digitale Kompetenz von Patienten stärken, aber »analog
lebende Menschen« dabei nicht vergessen
Ziele nicht aus den Augen verlieren
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