Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? - Diskussionspapier - BDEW
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Berlin, 9. Dezember 2022 BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. Reinhardtstraße 32 10117 Berlin www.bdew.de Diskussionspapier Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? Analyse des aktuellen Gasverbrauchs von Haushalts- kunden und kleineren bis mittleren Gewerbekunden (SLP-Kunden) Christian Bantle Julian Wiersich Abteilung Volkswirtschaft Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Berlin, und seine Landesorganisationen vertreten über 1.900 Unternehmen. Das Spektrum der Mitglieder reicht von lokalen und kommunalen über regionale bis hin zu überregionalen Un- ternehmen. Sie repräsentieren rund 90 Prozent des Strom- und gut 60 Prozent des Nah- und Fernwärmeabsatzes, 90 Prozent des Erdgasabsatzes, über 90 Prozent der Energienetze sowie 80 Prozent der Trinkwasser-Förderung und rund ein Drittel der Abwasser-Entsorgung in Deutschland. Der BDEW ist im Lobbyregister für die Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung sowie im europäischen Transparenzregister für die Interessenvertretung gegenüber den EU-Institutionen eingetragen. Bei der Interessenvertretung legt er neben dem anerkannten Verhaltenskodex nach § 5 Absatz 3 Satz 1 LobbyRG, dem Verhaltensko- dex nach dem Register der Interessenvertreter (europa.eu) auch zusätzlich die BDEW-interne Compliance Richtlinie im Sinne einer professionellen und transparenten Tätigkeit zugrunde. Registereintrag national: R000888. Registereintrag europäisch: 20457441380-38
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? Inhalt 1 Einleitung .................................................................................................. 3 2 Effektiver Gasverbrauch 2022 und Datengrundlage .................................... 3 3 Einsparverhalten: Referenzverbrauch und tatsächlicher Verbrauch ............ 9 4 Methodisches Vorgehen und Grenzen der Analyse ................................... 11 5 Fazit ........................................................................................................ 15 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Effektiver Gasverbrauch von SLP-Kunden 2022 im Vergleich zum Vorjahr ............ 4 Abbildung 2: Effektiver Gasverbrauch von SLP-Kunden 2022 im Vergleich zum Jahresmittel 2017-2021 ..................................................................................................................................... 4 Abbildung 3: Gasverbrauch der privaten Haushalte und GHD nach Anwendungsarten ............. 5 Abbildung 4: Effektiver Gasverbrauch von RLM-Kunden 2022 im Vergleich zum Vorjahr .......... 8 Abbildung 5: Effektiver Gasverbrauch von RLM-Kunden 2022 im Vergleich zu 2017-2021 ........ 8 Abbildung 6: Einsparverhalten der SLP-Kunden in der bisherigen Heizperiode .......................... 9 Abbildung 7: Üblicher Gasverbrauch im Verlauf des Winters .................................................... 10 Abbildung 8: Schätzmodell: Polynomische Regression .............................................................. 13 Abbildung 9: Schätzmodell: Lineare Regression ......................................................................... 14 www.bdew.de Seite 2 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? 1 Einleitung Die Gasversorgung in Deutschland steht in diesem und im nächsten Winter mit dem Wegfall der Gaslieferungen aus Russland seit September vor einer ihrer größten Herausforderungen. Zwar ist es gelungen, zum Beginn der Heizperiode 2022/23 die deutschen Gasspeicher maximal zu befüllen, dennoch bleibt die Einsparung von Gas das Gebot der Stunde, um nicht im Frühjahr 2023 mit nur schwach gefüllten Gasspeichern die Einspeicherphase zur Vorbereitung auf den Winter 2023/24 zu beginnen. In der laufenden Heizperiode wurden bislang deutliche effektive Verbrauchsminderungen er- zielt. So haben Haushaltskunden und kleinere bis mittlere Gewerbekunden (i. d. R. bis 1,5 Mio. kWh Jahresverbrauch) seit September 2022 knapp 18 % weniger Erdgas verbraucht als im Vor- jahr, im Vergleich zum Durchschnitt 2017 bis 2021 gut 12 % weniger. Diese Verbrauchsminde- rungen sind aber zu einem großen Teil auf die milden Witterungsbedingungen vor allem im Ok- tober, aber auch bis in den November hinein zurückzuführen, da der Gasverbrauch von Haus- haltskunden und kleineren bis mittleren Gewerbekunden, die Gas überwiegend zum Heizen verwenden, stark temperaturabhängig ist. Die alleinige Beurteilung des Heizverhaltens anhand der absoluten Entwicklung bzw. der Veränderung des tatsächlichen Verbrauchs und damit ein- hergehende Aussagen, dass mehr oder weniger geheizt werde, greift zu kurz. Die ungeklärte Frage ist daher, wie viel dieser bisher erzielten Verbrauchsminderungen auf tat- sächliche Verhaltensänderungen der Verbraucher, also dem sparsameren und bewussterem Umgang mit Gas, zurückzuführen sind. Für die vorliegende Analyse wurde dafür auf Basis der Verbrauchsdaten der Jahre 2017-2021 ein Schätzmodell entwickelt, womit sich ein Gasreferenz- verbrauch ermitteln lässt, der bei gegebener Temperatur angibt, wie die Verbraucher sonst üb- licherweise auf Basis der historischen Daten geheizt hätten. Stellt man diesem Referenzver- brauch den tatsächlichen Verbrauch gegenüber, lässt sich die Einsparung ermitteln, welche sich durch Verhaltensänderungen ergibt oder anders ausgedrückt, die Verbrauchsminderung berei- nigt um Temperatureffekte. Die Analyse zeigt, dass in der laufenden Heizperiode bislang rund 8 % Gas allein durch sparsameren Umgang mit Energie eingespart wurden. 2 Effektiver Gasverbrauch 2022 und Datengrundlage Der effektive Gasverbrauch von Haushaltskunden und kleineren bis mittleren Gewerbekunden lag im bisherigen Jahresverlauf 2022 um 17 % niedriger als im Vorjahr und seit September um knapp 18 % niedriger (Abb. 1). Im Vergleich zum durchschnittlichen Verbrauch der Jahre 2017 bis 2021 betrug die effektive Einsparung 7 % für das Gesamtjahr und gut 12 % für den Zeitraum ab September (Abb. 2). Grund dafür ist nicht nur die im Vergleich zum Vorjahr deutlich mildere Witterung im 1. Halbjahr 2022, da das 1. Halbjahr 2021 von kühlen Temperaturen bis Ende April www.bdew.de Seite 3 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? geprägt war, sondern auch die relativ warmen Temperaturen zu Beginn der Heizperiode 2022/23. Dennoch gibt es deutliche Indikationen, dass in der laufenden Heizperiode 2022/23 die Minderungen nicht nur witterungsbedingt, sondern auch durch Verhaltensänderungen der 09.12.2022 Folie 2 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" Verbraucher bedingt sind. SLP-Kunden*: Gasverbrauch 2022 und Witterung Täglicher Verbrauch von SLP-Kunden 2022 im Vergleich zu 2021 und Witterung Effektive Verbrauchsveränderung 2022 gegenüber 2021: 4.000 20 Abweichung Gradtatgzahl zum Vorjahr Gesamtjahr -16,8 %, seit September -17,7% Täglicher Gasverbrauch in GWh 3.500 15 wärmer als letztes Jahr 3.000 10 2.500 5 2.000 0 1.500 -5 kälter als letztes Jahr 1.000 -10 500 -15 0 -20 01.01. 11.01. 21.01. 31.01. 10.02. 20.02. 02.03. 12.03. 22.03. 01.04. 11.04. 21.04. 01.05. 11.05. 21.05. 31.05. 10.06. 20.06. 30.06. 10.07. 20.07. 30.07. 09.08. 19.08. 29.08. 08.09. 18.09. 28.09. 08.10. 18.10. 28.10. 07.11. 17.11. 27.11. 07.12. 17.12. 27.12. Gradttag-Abweichung (neg.) Gradttag-Abweichung (pos.) Verbrauch 2021 Verbrauch 2022 (bis einschl. 06.12.2022) * Standardlastprofil (SLP)-gemessene Kunden: überwiegend private Haushalte, Quellen: THE, BDEW (eigene Berechnung) aber auch Kleingewerbe und öffentliche Einrichtungen 09.12.2022 Folie 3 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" Abbildung 1: Effektiver Gasverbrauch von SLP-Kunden 2022 im Vergleich zum Vorjahr SLP-Kunden*: Gasverbrauch 2022 und Witterung Täglicher Verbrauch von SLP-Kunden 2022 und Gradtage im Vergleich zum Jahresmittel 2017-2021 Effektive Verbrauchsveränderung 2022 gegenüber Durchschnitt 2017-2021: 4.000 20 Abweichung Gradtatgzahl zum Gesamtjahr -7,1 %, seit September -12,4% Täglicher Gasverbrauch in GWh Durchschnitt 2017-2021 3.500 15 wärmer als im Durchschnitt 2017-2022 3.000 10 2.500 5 2.000 0 1.500 -5 1.000 kälter als im Durchschnitt 2017-2022 -10 500 -15 0 -20 01.01. 11.01. 21.01. 31.01. 10.02. 20.02. 02.03. 12.03. 22.03. 01.04. 11.04. 21.04. 01.05. 11.05. 21.05. 31.05. 10.06. 20.06. 30.06. 10.07. 20.07. 30.07. 09.08. 19.08. 29.08. 08.09. 18.09. 28.09. 08.10. 18.10. 28.10. 07.11. 17.11. 27.11. 07.12. 17.12. 27.12. Gradttag-Abweichung (neg.) Gradttag-Abweichung (pos.) Durchschnittlicher Verbrauch 2017-2021 Verbrauch 2022 (bis einschl. 06.12.2022) * Standardlastprofil (SLP)-gemessene Kunden: überwiegend private Haushalte, Quellen: THE, BDEW (eigene Berechnung) aber auch Kleingewerbe und öffentliche Einrichtungen Abbildung 2: Effektiver Gasverbrauch von SLP-Kunden 2022 im Vergleich zum Jahresmittel 2017- 2021 www.bdew.de Seite 4 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? Exakt abgegrenzte und gemessene Daten für den Gasverbrauch der privaten Haushalte liegen leider nicht vor. Daher wird für die Analyse auf die Daten sogenannter Standardlastprofil-Kun- den – kurz SLP-Kunden – zurückgegriffen. Diese werden von Trading Hub Europe (THE) regel- mäßig veröffentlicht und in der vorliegenden Analyse verwendet. Diese Daten beinhalten über- wiegend den Gasverbrauch privater Haushalte, aber auch den Verbrauch kleinerer bis mittlerer Gewerbekunden. Bezogen auf Gebäude umfassen diese daher u. a. auch Einzelhandel, Büroge- bäude oder öffentliche Einrichtungen, wie Schulen, Kindergärten oder Behörden. Zudem zählen auch Handwerksbetriebe oder auch kleinere Bäckereien zu den SLP-Kunden, wenn sie keine re- gistrierende Leistungsmessung haben. Auch wenn diese Kunden Gas für Produktionsprozesse einsetzen, sind diese Mengen jedoch vernachlässigbar. Der weitaus größte Teil des Gasver- brauchs von SLP-Kunden wird für Heizung und Warmwasserbereitung verwendet und bildet da- mit eine gute Grundlage für die Analyse des Heizverhaltens im täglichen Leben ab. Im Bereich privater Haushalte wurde 2020 nahezu der gesamte Gasverbrauch für Raumwärme (78,3 %) und Warmwasserbereitung (21,2 %) eingesetzt (Abb. 3). Im Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen wurden rund 95% des Gasverbrauchs für Raumwärme (90,5 %) und Warm- wasserbereitung (4,6 %) verwendet, d. h. andere Anwendungsarten wie sonstige Prozess- wärme, Kälteproduktion und Erzeugung mechanischer Energie haben in den SLP-Daten einen vernachlässigbar geringen Anteil. 09.12.2022 Folie 4 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" Gas: Endenergieverbrauch nach Anwendungsarten in privaten Haushalten und im GHD-Bereich 2020 Private Haushalte Endenergie- verbrauch in 2020: 732,9 198,6 4,4 PJ und Anteil 935,6 PJ in % Raumwärme: 78,3% Warmwasser: 21,2% Sonst. Prozesswärme: 0,5% Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 1,21,3 Endenergie- verbrauch in 2020: 17,1 15,3 333,8 PJ und Anteil 367,6 PJ in % Raumwärme: 90,5% Warmwasser: 4,6% Sonst. Prozesswärme: 4,1% Kälte: 0,3% Mech. Energie: 0,4% Quelle: AGEB Abbildung 3: Gasverbrauch der privaten Haushalte und GHD nach Anwendungsarten www.bdew.de Seite 5 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? Auch aufgrund der Nutzungsgegebenheiten von Gebäuden ist eine exakte Abgrenzung des SLP- Verbrauchs nach privaten Haushalten und gewerblicher Nutzung nicht möglich. Es gibt zahlrei- che Mischgebäude mit privater und gewerblicher Nutzung, z. B. ein Wohnhaus mit Einzelhan- delsgeschäft im Erdgeschoß und einer Arztpraxis oder Rechtsanwaltskanzlei in einem der Stock- werke, die einen Gasanschluss bzw. eine zentrale Heizungsanlage gemeinsam für das gesamte Gebäude nutzen. Merkmal von SLP-Kunden ist, dass keine regelmäßige Erfassung des Verbrauchs erfolgt, sondern im Prinzip der Zähler nur jährlich abgelesen wird. Für die Gasbeschaffung seitens der Gasliefe- ranten werden für diese Kunden daher sogenannten Standardlastprofile verwendet, die das Verbrauchsverhalten anhand der Jahreszeit, aktuellen Temperatur, des Wochentags sowie his- torischer Erfahrungswerte standardisiert bestimmt. Es handelt sich zwar nicht um exakt gemes- sene Verbrauchswerte und einzelne Verbraucher können vom Standardlastprofil situativ deut- lich abweichen, aber aufgrund der großen Zahl von Haushalten oder anderen in sich ähnlichen Verbrauchern bildet der SLP-Verbrauch insgesamt gut den tatsächlichen Verbrauch ab. Dabei muss beachtet werden, dass es sich bei den von THE zur Verfügung gestellten SLP-Ver- brauchsdaten um Allokationsdaten der Netzbetreiber handelt, die auf einem Prognoseverfah- ren beruhen. Der Netzbetreiber meldet diese Prognosedaten für den Folgetag. Eine nachträgli- che Korrektur der Daten ist dabei möglich, sodass die belastbarste Datengrundlage rund zwei Monate später zur Verfügung steht. Substanzielle Korrekturen kamen in der Vergangenheit aber eher selten vor. Größtenteils erfolgt die Prognose auf Basis einer Temperaturprognose für den Folgetag. Der tatsächliche Verbrauch von SLP-Kunden kann somit von den Prognosewerten abweichen. Für die Ermittlung der Prognosewerte werden üblicherweise zwei Verfahren ver- wendet. Erstens das sogenannte synthetische Standardlastprofilverfahren (SLPsyn) und das analytische Standardlastprofilverfahren (SLPana). Beim synthetischen Standardlastprofilverfah- ren wird vor allem die Temperaturprognose für den Folgetag für jeden SLP-Kunden auf dessen durchschnittlichen Verbrauch angewendet und für das Netzgebiet aufsummiert. Beim analyti- schen Standardlastprofilverfahren basiert der SLP-Verbrauch auf der gemessenen Restlast. Hierbei wird der Saldo aller gemessenen Ein- und Ausspeisungen gebildet. Dieser Saldo bildet dann den nicht-gemessenen SLP-Verbrauch in Summe ab. Die Prognose für den Folgetag erfolgt dann anhand der gemessenen Restlast des Vortages und wird gegebenenfalls nachträglich noch korrigiert. Damit bilden die SLP-Verbrauchsdaten nur teilweise und mittelbar gemessene Werte ab. Dennoch sind die verwendeten SLP-Verbrauchsdaten die beste verfügbare Datengrundlage für die näherungsweise Bestimmung des Verbrauchs von Haushaltskunden und kleineren bis mittleren Gewerbekunden, da davon auszugehen ist, dass die Netzbetreiber im Rahmen des synthetischen Standardlastprofilverfahrens am besten das Verbrauchsverhalten der ange- schlossenen Kunden einschätzen können und durch sich ändernde Netz- und Versorgungs- www.bdew.de Seite 6 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? situationen ihre Prognosen entsprechend anpassen. Grundsätzlich besteht hier die Möglichkeit, dass die SLP-Daten in diesem Bereich den aktuellen tatsächlichen Verbrauch systematisch über- schätzen, sofern die Prognosen auf Basis des synthetischen Standardlastprofilverfahrens das Einsparverhalten der Verbraucher nicht adäquat berücksichtigen. Das bedeutet, dass die Aus- sagekraft des berechneten Referenzverbrauchs gewissen Einschränkungen unterliegt. Im Rah- men des analytischen Standardlastprofilverfahrens berücksichtigen die Prognosewerte auf- grund der rechnerischen Bestimmung der Restlast auf Basis gemessener Werte Verbrauchsver- änderungen der SLP-Kunden am aktuellen Rand und können zudem zusätzlich nachträglich kor- rigiert werden kann. Daher sollte in diesem Fall das Einsparverhalten der SLP-Kunden in den Daten umfänglich enthalten sein. Die zweite Verbrauchergruppe bilden größere und große Gasverbraucher mit registrierender Leistungsmessung ab – kurz RLM-Kunden. Diese sind mit Messstellen ausgestattet, die regel- mäßig den Verbrauch messen und an den Gaslieferanten übermitteln. Es handelt sich also um gemessene Verbrauchswerte. Zu den RLM-Kunden zählen vor allem Industriekunden, mittlere und größere Gewerbebetriebe, große Büro- und Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser aber auch Gaskraftwerke oder Gasheizwerke. In der Regel erfolgt eine registrierende Leistungsmes- sung ab einem Jahresverbrauch von 1,5 Mio. kWh. Da RLM-Kunden Erdgas zum überwiegenden Teil für Erzeugung von Prozesswärme verwenden, ist der RLM-Verbrauch deutlich weniger tem- peraturabhängig als der SLP-Verbrauch. Auch große Wohnquartiere können mit einer registrie- renden Leistungsmessung ausgestattet sein, sodass ein kleiner Teil des Gasverbrauchs privater Haushalte im RLM-Verbrauch enthalten ist, d. h. der SLP-Verbrauch enthält nicht den vollstän- digen Verbrauch der privaten Haushalte. Der Gasverbrauch von RLM-Kunden liegt im Jahr 2022 bislang um knapp 17 % niedriger als im Vorjahr und um knapp 15 % niedriger als im Durchschnitt der Jahre 2017-2022. Gründe für den nahezu durchgängig geringeren Gasverbrauch der RLM-Kunden seit Frühjahr 2022 sind vor allem: • preisbedingte Nachfragerückgänge in Gewerbe und Industrie • der geringere Einsatz von Gas zur Strom- und Wärmeerzeugung in Kraftwerken • die allgemein konjunkturell schwächere Entwicklung • Produktionsrückgänge in energieintensiven Produktionsprozessen • die Nutzung von Fuel-Switch-Optionen, also die Nutzung anderer Energieträger statt Erdgas, sofern möglich www.bdew.de Seite 7 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? 09.12.2022 Folie 5 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" RLM-Kunden*: Gasverbrauch 2022 und Witterung Wöchentlicher Verbrauch** von RLM-Kunden (Industrie, Gewerbe und Kraftwerke) im Vergleich zu 2021 Effektive Verbrauchsveränderung 2022 gegenüber 2021: 20.000 100 Abweichung Gradtatge zum Vorjahr wärmer als letztes Jahr Gesamtjahr -16,5 %, seit September -22,2% Wöchentlicher** Gasverbrauch in GWh 18.000 16.000 50 14.000 12.000 0 10.000 8.000 -50 6.000 4.000 -100 kälter als letztes Jahr 2.000 0 -150 Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 Gradttag-Abweichung (neg.) Gradttag-Abweichung (pos.) Verbrauch 2021 Verbrauch 2022 * Kunden mit registrierender Lastgangmkessung (RLM): Industrie und Gewerbekunden, aber auch Kraftwerke und Quellen: THE, BDEW (eigene Berechnung) große öff. Einrichtungen ** Woche jeweils 7 Tage ab 01.01. (keine Kalenderwochen) Abbildung 4: Effektiver Gasverbrauch von RLM-Kunden 2022 im Vergleich zum Vorjahr 09.12.2022 Folie 6 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" RLM-Kunden*: Gasverbrauch 2022 und Witterung Wöchentlicher Verbrauch** von RLM-Kunden 2022 im Vergleich zum Jahresmittel 2017-2021 Effektive Verbrauchsveränderung 2022 gegenüber Durchschnitt 2017-2021: 20.000 100 Abweichung Gradtatge zum Vorjahr Gesamtjahr -14,6%, seit September -25,2% Wöchentlicher** Gasverbrauch in GWh wärmer als im 18.000 Durchschnitt 2017-2022 16.000 50 14.000 12.000 0 10.000 8.000 -50 6.000 4.000 -100 kälter als 2.000 im Durchschnitt 2017-2022 0 -150 Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo Wo 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 Gradttag-Abweichung (neg.) Gradttag-Abweichung (pos.) Durchschnittlicher Verbrauch 2017-2021 Verbrauch 2022 * Kunden mit registrierender Lastgangmkessung (RLM): Industrie und Gewerbekunden, aber auch Kraftwerke und Quellen: THE, BDEW (eigene Berechnung) große öff. Einrichtungen ** Woche jeweils 7 Tage ab 01.01. (keine Kalenderwochen) Abbildung 5: Effektiver Gasverbrauch von RLM-Kunden 2022 im Vergleich zu 2017-2021 www.bdew.de Seite 8 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? 3 Einsparverhalten: Referenzverbrauch und tatsächlicher Verbrauch Die deskriptive Betrachtung des bisherigen tatsächlichen Verbrauchs von SLP-Kunden lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob private Haushalte und kleinere bis mittlere Gewerbekunden ihr Verhalten bezüglich der Nutzung von Raumwärme und Warmwasser geändert haben und sparsamer mit Gas umgehen. Mit Hilfe einer statistischen Analyse der täglichen Verbrauchsda- ten der Jahre 2017 bis 2021 im Zusammenhang mit den Tagesmitteltemperaturen in Deutsch- land kann man für gegebene Temperaturen einen geschätzten Referenzverbrauch berechnen, der angibt, wie viel Gas SLP-Kunden bei gegebenen Temperaturverhältnissen verbraucht hät- ten, wenn sie sich so wie in den vergangenen 5 Jahren verhalten hätten – also ohne die Auswir- kungen der aktuellen Preis- und Versorgungssituation (zur Methodik siehe Kapitel 4). Vergleicht man den so ermittelten Referenzverbrauch mit dem tatsächlichen täglichen Gasverbrauch, wird die Verbrauchsminderung durch geändertes Verhalten sichtbar. 09.12.2022 Folie 7 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" SLP-Kunden*: Gas-Einsparung durch Verhaltensänderung Tatsächlicher Gasverbrauch im Vergleich zum sonst üblichen Heizungsverhalten 2017-2021 bei gleichem Temperaturverlauf (Referenzverbrauch) ab 01. September 2022 2.500 01. Sep.-04. Dez. 2022: 25 Täglicher Gasverbrauch in GWh Tatsächlicher Gasverbrauch um 8 % Tagesmitteltemperatur in C 2.000 niedriger als der Referenzverbrauch 20 1.500 15 1.000 10 500 5 0 0 -500 -5 -1.000 -10 08.12.22 01.09.22 08.09.22 15.09.22 22.09.22 29.09.22 06.10.22 13.10.22 20.10.22 27.10.22 03.11.22 10.11.22 17.11.22 24.11.22 01.12.22 15.12.22 22.12.22 29.12.22 Tagesmitteltemperatur Referenzverbrauch tatsächlicher Verbrauch * Standardlastprofil (SLP)-gemessene Kunden: überwiegend private Haushalte, Quellen: BDEW, THE aber auch Kleingewerbe und öffentliche Einrichtungen Abbildung 6: Einsparverhalten der SLP-Kunden in der bisherigen Heizperiode Dabei zeigt sich, dass SLP-Kunden seit September 2022 insgesamt 8 % weniger Gas verbraucht haben als sie bei sonst gleichem Temperaturverlauf verbraucht hätten (Abb. 5). Der bisherige tatsächliche Verbrauch in kühleren bzw. kälteren Phasen (grüne Kurve) zeigt gut, dass mit sin- kenden Temperaturen der Gasverbrauch bzw. die Heizungsnutzung zwar mit ähnlichem Gradi- enten ansteigt, aber nicht dasselbe maximale Verbrauchsniveau des Referenzverbrauchs (rote Kurve) erreicht wird. In der Darstellung ist der Referenzverbrauch als gleitendes 3-Tagesmittel www.bdew.de Seite 9 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? dargestellt. Der Temperaturverlauf als gewichtete Tagesmitteltemperaturen (zur Methodik siehe Kapitel 4) ist durch die hellblauen Balken dargestellt. Die privaten Haushalte und kleinere bis mittlere Gewerbekunden heizen zwar bei kälteren Temperaturen, aber eben gemäßigter und in geringerem Umfang. Geringfügige kurzzeitige Überschreitungen des tatsächlichen Ver- brauchs gegenüber dem Referenzverbrauch – insbesondere bei kurzen wärmeren Phasen – be- wegen sich innerhalb der üblichen Schwankungsbreiten bzw. der Fehlertoleranzen, die sich trotz des hohen Erklärungsgehalts der Modellierung aus der Schätzung des Referenzverbrauchs ergeben können (siehe dazu Kapitel 4). Die bisherigen verhaltensbedingten Einsparungen lassen allerdings noch keine Rückschlüsse auf zukünftiges Verhalten in diesem Winter zu. Wie sich die Verbraucher in längeren Kälteperioden oder bei extremer Kälte im Vergleich zu früheren Jahren verhalten oder ob sich das Verhalten in der Übergangszeit zum Frühjahr hin unterschiedlich zum Verhalten im Herbst sein wird, wird erst im Nachhinein feststellbar sein. Abbildung 7 zeigt den sonst üblichen Verlauf des Gasver- brauchs im Winter als Korridor (graue Fläche). Dieser bildet als Unter- und Obergrenze die ge- glätteten Minimal- und Maximalwerte für den Zeitraum 2017-2021 ab. Demnach ist je nach Temperaturentwicklung vor allem im Januar und Februar durchaus noch mit höheren Gasver- bräuchen als im Herbst zu rechnen. Andererseits bewegt sich der aktuelle Gasverbrauch auf- grund der relativ kalten Temperaturen am oberen Rand des Verbrauchskorridors. Vor allem im Oktober und November 2022 lag der Gasverbrauch aufgrund der sehr milden Temperaturen 09.12.2022 Folie 8 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" sogar deutlich unter den Minimalverbräuchen der letzten fünf Jahre. SLP-Kunden*: Üblicher Verlauf des Gasverbrauchs im Winter 3.000 Täglicher Gasverbrauch in GWh 2.500 2.000 1.500 1.000 üblicher Verbrauchskorridor des Gasverbrauchs von SLP-Kunden 500 während der Heizperiode 0 01.09.22 08.09.22 15.09.22 22.09.22 29.09.22 06.10.22 13.10.22 20.10.22 27.10.22 03.11.22 10.11.22 17.11.22 24.11.22 01.12.22 08.12.22 15.12.22 22.12.22 29.12.22 05.01.23 12.01.23 19.01.23 26.01.23 02.02.23 09.02.23 16.02.23 23.02.23 02.03.23 09.03.23 16.03.23 23.03.23 30.03.23 06.04.23 13.04.23 20.04.23 27.04.23 Referenzverbrauch tatsächlicher Verbrauch * Standardlastprofil (SLP)-gemessene Kunden: überwiegend private Haushalte, Quellen: BDEW, THE aber auch Kleingewerbe und öffentliche Einrichtungen Abbildung 7: Üblicher Gasverbrauch im Verlauf des Winters www.bdew.de Seite 10 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? 4 Methodisches Vorgehen und Grenzen der Analyse Für die Ermittlung der temperaturabhängigen Einsparung der SLP-Kunden, wurde ein mathe- matisches Modell verwendet, welches den SLP-Verbrauch abhängig von einer gewichteten Ta- gesmitteltemperatur schätzt. Wie bereits oben angemerkt wurden für die Modellierung des Re- ferenzverbrauchs die „Aggregierten Verbrauchsdaten“ von Trading Hub Europe (THE) von 2017- 2021 verwendet1. Die gewichtete Tagesmitteltemperatur wird unter Verwendung von Daten des Deutschen Wet- terdienstes zu repräsentativ ausgewählten Wetterstationen berechnet2. Die Temperaturen werden im ersten Schritt für alle Bundesländer gemittelt. Im zweiten Schritt wird ein gewichte- tes deutschlandweites Tagesmittel errechnet, wobei die Gewichtung anhand des Gasver- brauchs der Bundesländer erfolgt. Dabei wird der Gasverbrauch der Bundesländer für die je- weiligen Jahre verwendet, d. h. die Gewichtungsfaktoren passen sich über die Jahre entspre- chend an, um witterungsbedingten oder strukturellen Veränderungen Rechnung zu tragen. Durch die Berechnung eines gewichteten Tagesmittels werden regionale bzw. strukturelle Un- terschiede im Gasverbrauch bzw. der Verbreitung von Gasinfrastruktur berücksichtigt, wie z. B. unterschiedliche Beheizungsstrukturen oder Bevölkerungsdichten in den einzelnen Bundeslän- dern. Um den temperaturabhängigen Referenzverbrauch zu ermitteln, hat sich eine polynomische Regression als am geeignetsten erwiesen. Der SLP-Gasverbrauch wird abhängig von der gewich- teten Tagesmitteltemperatur geschätzt. Im Gegensatz zu einer linearen Regression, bietet das polynomische Modell den Vorteil, nicht-lineare Zusammenhänge zu berücksichtigen. Wie aus Abbildung 7 ersichtlich wird, folgt das Heizverhalten der Temperatur mit eher sigmoid-artigem Verlauf. Damit bildet die polynomische Regression vor allem die Verbrauchsveränderung in den Übergangszeiten bzw. im Temperaturbereich von gut 10 °C bis etwa 20 °C sehr gut ab. In diesem Temperaturbereich wird mit steigenden Temperaturen zunehmend weniger geheizt, es ver- bleibt aber ein relativ stabiler Restverbrauch, der zunehmend durch die stärker 1 www.tradinghub.eu --> Veröffentlichungen --> Transparenz --> Aggregierte Verbrauchsdaten bzw. historische Daten bis Sept. 2021 für GASPOOL und NetConnect Germany im Downloadbereich. 2 CDC – Climate Data Center des Deutschen Wetterdienstes (DWD) https://cdc.dwd.de/portal/ www.bdew.de Seite 11 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? temperaturunabhängige Warmwasserbereitung bestimmt wird. Diesen Effekt bildet eine line- are Regression nur unzureichend ab und der Referenzverbrauch würde bei niedrigen Tempera- turen unterschätzt bzw. bei höheren Temperaturen überschätzt (Abb. 8). Das Regressionsmo- dell ist folgend dargestellt. Die polynomische Regression hat fünf Terme, um adäquat auf die Nicht-Linearität reagieren zu können. Gasslp = β0 + β1x5 + β2x4 + β3x3 + β4x2 + β5x + e wobei Gasslp Gasverbrauch SLP Kunden x gewichtete Tagesmitteltemperatur β0…5 Schätzer e Residuen Der Effekt der gewichteten Tagesmitteltemperatur auf den SLP-Verbrauch ist hochsignifikant und negativ. Der Anteil der vom Modell erklärten Varianz beträgt 96,3 % und weist damit einen hohen Erklärungsgehalt auf. Der Einfluss von Wochentag/Wochenende auf den SLP-Verbrauch wurde mittels einer linearen Regression und entsprechenden Dummies kontrolliert. Der sich daraus ergebende Effekt ist al- lerdings relativ klein und nur eingeschränkt signifikant (signifikant zum 5 % Niveau) und zeigt schwach höhere Tagesverbräuche an Werktagen im Vergleich zum Wochenende. Der Erklä- rungsgehalt für die Modellierung war allerdings gering. Aufgrund des sehr kleinen Effekts und des geringen Erklärungsgehalts wird der Einfluss des Wochentags in der Schätzung vernachläs- sigt. Da die Datengrundlage zum Verbrauch mehrere Jahre umfasst, wurde ebenso mittels eines Dummies auf einen Zeittrend kontrolliert. Damit wird überprüft, ob es signifikante Effekte gibt, die auf strukturelle Veränderungen über den verwendeten Datenzeitraum 2017-2021 hinweg, zurückzuführen sind. Gründe für einen Trend können hier zum Beispiel sich verändernde Behei- zungsstrukturen, die Bevölkerungsentwicklung oder Effizienzfortschritte sein. Aufgrund des auch hier kleinen Effekts wurde dies ebenfalls nicht weiter berücksichtigt. www.bdew.de Seite 12 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? Es ist stark zu vermuten, dass ein Effekt von wirtschaftlicher Aktivität auf den SLP-Verbrauch eher vernachlässigbar ist, da der weitaus größte Teil sowohl bei privaten Haushalten als auch bei Gewerbe, Handel und Dienstleistungen für Raumwärme genutzt wird und die Warmwasser- bereitung im GHD-Bereich nur eine untergeordnete Rolle spielt. Folgende Abbildungen zeigen die Datengrundlage zu den Tagesmitteltemperaturen und Gas- verbrauch, sowie die Schätzergebnisse einer linearen Regression im Vergleich zur verwendeten 09.12.2022 Folie 9 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" polynomischen Regression. Ergebnis der polynomischen Regression Quellen: BDEW Abbildung 8: Schätzmodell: Polynomische Regression Wie in Abbildung 7 ersichtlich, kommt es an den extremen Rändern des Modells mit dem poly- nomischen Schätzer zu fehlerhaften Werten, beziehungsweise einer sehr unrealistischen Prog- nose (rote Linien an den Rändern). Die Daten von 2017-2021 enthalten hier nur noch sehr wenig Werte. Aus diesem Grund verwenden wir an den extremen Rändern eine Trendfortschreibung, die auf den dafür geeigneten Temperaturbereichen basiert. So können wir einen realistischen Gasverbrauch für den extrem kalten Bereich bei Durchschnittstemperaturen bis - 15 °C und den extrem warmen Bereich bis 35 °C prognostizieren. Ein nahezu seitwärts laufender Verbrauch im sehr warmen Bereich, wird durch den weitgehend temperaturunabhängigen Verbrauch für die Warmwasserbereitung bedingt. Hierbei ist anzumerken, dass entsprechend hohe deutschland- weite Tagesmitteltemperaturen nur sehr selten vorkommen. Insbesondere für den Temperaturbereich von -5 °C bis 15 °C Durchschnittstemperatur erlaubt das Modell eine valide Einschätzung, da hier hinreichend viele Datenpunkte verfügbar sind und www.bdew.de Seite 13 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? das Modell gut auf den nicht-linearen Verlauf reagiert. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass es teilweise eine deutliche Schwankungsbreite zwischen minimalem und maximalem Verbrauch von über 1.000 GWh pro Tag gibt (siehe Abbildung 7). Dies muss bei einem Abgleich von tat- sächlichem Verbrauch und Referenzverbrauch in diesem Temperaturbereichen berücksichtigt werden. 09.12.2022 Folie 10 Foliensatz "Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst?" Ergebnis der linearen Regression Quellen: BDEW Abbildung 9: Schätzmodell: Lineare Regression Einschränkend ist anzumerken, dass das Modell keine Unterscheidung zwischen kurzeitigen Phasen von kalten Temperaturen, sehr wechselhaften Phasen oder dauerhaft kalten Perioden macht, da die Kombination aus SLP-Verbrauch und Temperatur immer nur tagesweise isoliert betrachtet wird. Es könnte sein, dass das Heizverhalten in wechselhaften Perioden oder bei nur kurzzeitigen Kältephasen anders ist als bei länger anhaltenden Kälteperioden. Zudem unter- scheidet das Modell auch nicht zwischen der Übergangszeit im Herbst und der Übergangszeit im Frühjahr, in denen das Heizverhalten ebenfalls unterschiedlich sein könnte. Hierfür wären tiefergehende Analysen mit umfangreicheren Daten erforderlich, die zusätzlich die Information zum Temperaturübergang Warm-Kalt bzw. Kalt-Warm, aber auch saisonale Unterscheidungen berücksichtigen. Die Ausgangsgröße (Gasverbrauch) hängt also nicht allein von der Eingangs- größe (Temperatur) ab, sondern auch vom Anfangszustand, also zum Beispiel der Temperatur am Vortag (Hysterese-Effekt). Für eine solche Analyse wären allerdings längere Zeiträume für die Datengrundlage notwendig, um alle Situationen hinreichend vorliegen zu haben. www.bdew.de Seite 14 von 15
Gasverbrauch: Heizen wir weniger als sonst? 5 Fazit Die Ergebnisse der Analyse zeigen auf Basis einer belastbaren statistischen Analyse gut, dass Haushaltkunden und kleinere bis mittlere Gewerbekunden ihr Heizungsverhalten an die aktu- elle Situation angepasst haben und weniger Gas für Heizung und Warmwasserbereitung ver- brauchen als sie sonst üblich verbraucht hätten. Alleine aufgrund der Verhaltensanpassung ver- brauchten sie in der bisherigen Heizperiode seit September 8 % weniger Gas als sonst bei glei- chen Temperaturen. Aufgrund der günstigen Witterungsbedingungen bis in den November hin- ein beträgt die effektive Verbrauchsminderung im Vergleich zum Vorjahr sogar knapp 18 % und im Vergleich zum durchschnittlichen Verbrauch der Jahre 2017-2021 gut 12 %. Dennoch liefern die Ergebnisse lediglich eine sehr gute Indikation für beobachtete Einsparungen. Die verwende- ten SLP-Daten sind zwar die beste verfügbare Datenbasis, sind aber dennoch mit gewissen Un- sicherheiten bezüglich des tatsächlichen Gasverbrauchs behaftet. Inwieweit die Verhaltensanpassungen preisbedingt sind oder aus anderen Motivationen heraus erfolgen, kann die rein quantitative Analyse nicht beantworten. Offen bleibt auch, ob die bislang erzielten Einsparungen aufgrund der Verhaltensänderungen im Hinblick auf die Gasversorgung im Winter und das kommende Jahr ausreichend sind. Klar ist jedenfalls, dass jede eingesparte Kilowattstunde die Situation für das kommende Jahr verbessert, da die Befüllung der Gasspei- cher für den Winter 2023/24 im Gegensatz zu diesem Jahr ohne Gaslieferungen aus Russland erfolgen muss. Offen bleibt allerdings, wie sich die Verbraucher während längerer Kälteperio- den, bei kurzfristig extremer Kälte oder in der Übergangszeit zum Frühjahr hin verhalten wer- den. Und noch unbeantwortet bleibt auch, inwieweit sich die vorgesehene Gaspreisbremse und Energiesparkampagnen auf den Gasverbrauch der Haushaltskunden und kleineren bis mittleren Gewerbekunden auswirken wird. Hierfür ist es notwendig die vorhandenen Daten weiterhin genau zu analysieren und in der Rückschau des Winters 2022/23 die richtigen Schlussfolgerun- gen für den Winter 2023/24 zu ziehen. Ansprechpartner Julian Wiersich Christian Bantle Abteilung Volkswirtschaft Abteilung Volkswirtschaft im Geschäftsbereich Strategie und Politik im Geschäftsbereich Strategie und Politik +49 30 300199-1606 +49 30 300199-1611 julian.wiersich@bdew.de christian.bantle@bdew.de www.bdew.de Seite 15 von 15
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