INTERDISZIPLINARITÄT BEI SELTENEN KRANKHEITEN DISKUTIERT ANHAND DES KYPHOSKOLIOTISCHEN EHLERS-DANLOS-SYNDROMS
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Fortbildung INTERDISZIPLINARITÄT BEI SELTENEN KRANKHEITEN DISKUTIERT ANHAND DES KYPHOSKOLIOTISCHEN EHLERS-DANLOS-SYNDROMS Bianca Link, Thomas Dreher, Mazda Farshad, Georg Henze Oxenius, Alexander Möller, Angela Oxenius, Beth Padden, Anna-Barbara Schlüer, Kevin Schmid, Markus Schmugge Liner, Martin Schubert, Matthias Baumgartner, Marianne Rohrbach Vorspann Rahmenstruktur aufgebaut und es erfolgt keine Erar- Eine interdisziplinäre Arbeitsweise bedeutet das Zu- beitung gemeinsamer Lösungsstrategien. Jede Diszi- sammenführen der Befunde und Beurteilungen meh- plin definiert und bearbeitet ihre Problemstellung weit- rerer unabhängiger Fachbereiche betreffend einer Fra- gehend isoliert. Eine Synthese erfolgt lediglich durch gestellung, bei welcher Methoden und Ergebnisse zu- Zusammenführung der jeweils getrennt erzielten Er- sammengetragen werden. gebnisse. Dementsprechend stellt Multidisziplinarität die schwächere, aber zeiteffizienteste Form der inhalt- In die Patientenversorgung und Wissenschaft sel- lichen Kooperation bei fachübergreifender Arbeit dar. tener Stoffwechselkrankheiten sind regelmässig ver- Bianca Link schiedene Disziplinen involviert, sodass Fragestellun- Bei interdisziplinärer Zusammenarbeit werden gen in der Regel nicht aus der Sicht eines einzelnen Sichtweisen, Methoden und Ergebnisse zwischen ver- Faches beurteilt werden und eine interdisziplinäre Zu- schiedenen Disziplinen vermittelt und es ergeben sich sammenarbeit notwendig ist. daraus neue Lösungsstrategien, um ein optimales Er- gebnis zu erzielen. Wesentlich ist dabei, dass über Einführung Fachgrenzen hinweg ein Verständigungsprozess statt- Bindegewebskrankheiten oder klassische Stoffwech- findet, d.h. gemeinsam Probleme beschrieben und Lö- selkrankheiten gehören zu den seltenen Krankheiten sungen gefunden werden, sowie die Bewertung der und sind in der Regel Multisystemerkrankungen. Beide Qualität geteilt wird 3). Krankheitsgruppen werden am Kinderspital Zürich in- ter- und multidisziplinär betreut. Im Folgenden wird Ob der multidisziplinäre oder interdisziplinäre An- anhand konkreter Problemstellungen des kyphosko- satz zu bevorzugen ist, hängt von der jeweiligen Pro- liotischen Ehlers-Danlos-Syndroms (kEDS) die inter- blemstellung ab. Können Teilaspekte der Problemstel- disziplinäre Zusammenarbeit am Kinderspital Zürich lung klar abgegrenzt und den beteiligten Disziplinen und an der Universitätsklinik Balgrist beschrieben und zugeordnet werden, ohne dass sich Interaktionen bei diskutiert. deren Behandlung ergeben, profitiert man von der Ex- pertise der Spezialisten und ihrer Fokussierung auf Das kEDS ist eine seltene, autosomal rezessiv ver- den entsprechenden Teilbereich. Lässt sich eine sol- erbte Bindegewebskrankheit. Es ist durch eine kon- che Abgrenzung nur unzureichend definieren, ist eine genitale, muskuläre Hypotonie, frühe und rasch pro- Kooperation, die einen konzeptionellen und methodi- grediente Skoliose, Hypermobilität und Instabilität von schen Austausch beinhaltet, sinnvoll. grossen und kleinen Gelenken, Hyperelastizität der Haut, Gefässfragilität besonders der mittelkalibrigen Eine Krankheit wird als selten bezeichnet, wenn Arterien und der Aorta, die blauen Skleren, einen mar- sie mit einer maximalen Prävalenz von 5-7:10’000 Per- fanoiden Habitus und verschiedene Fussdeformitäten sonen auftritt, wobei Variationen des Grenzwertes (Pes planovalgus, Pes equinovarus) bei normaler In- zwischen Ländern bestehen 4). Die Anzahl der an ei- telligenz gekennzeichnet. Zugrunde liegen biallelische ner einzelnen dieser Krankheiten leidenden Menschen pathogene Mutationen in PLOD1 oder FKBP14, welche ist damit zwar sehr gering, da aber ca. 6000-8000 die Diagnose bestätigen 1,2). seltene Krankheiten bekannt sind, sind ca. 6-8% der Weltbevölkerung von diesen betroffen. Ein grosser An- Die Interdisziplinarität ist von der Multidisziplina- teil seltener Krankheiten haben eine genetische rität klar zu unterscheiden. Grundlage, bei anderen handelt es sich um seltene In- fektionen, Autoimmunstörungen, etc. Seltene Krank- Unter Multidisziplinarität versteht man die neben- heiten können frühzeitig letal verlaufen oder zu einer läufige Bearbeitung durch voneinander unabhängige dauerhaften Invalidität führen. Viele dieser Krankhei- Fachbereiche, wobei zwischen den Disziplinen kein ten weisen Symptome bereits postpartal oder im frü- nennenswerterer methodischer, terminologischer oder hen Kindesalter auf. Die Seltenheit jeder einzelnen Korrespondenz: konzeptioneller Austausch stattfindet. Im Unterschied dieser Krankheiten erschwert dabei die Diagnosestel- bianca.link zur Interdisziplinarität wird dabei keine konzeptionelle lung und medizinische Versorgung. Kausale Therapien @kispi.uzh.ch Vol. 32 | 1-2021 13
Fortbildung sind nur für einen Bruchteil der Krankheiten bekannt die Abklärung mittels Aminosäuren-Profil in Urin und und zugelassen. Häufig ist nur eine symptomatische Plasma, organischen Säuren im Urin und die CDG Therapie möglich5). (Congenital Disorders of Glycosylation)-Abklärung blieben wie Röntgen Thorax/Abdomen und Muskel- Wir stellen die interdisziplinäre Zusammenarbeit Sonographie unauffällig. mit Zielsetzung der optimalen Versorgung der Skoliose und instabilen Fusssituation bei kEDS vor. Eine kau- Von 3,5 Monaten bis 13 Jahre wurde der Patient sale Therapie für kEDS ist aktuell nicht verfügbar. multidisziplinär in der Neurologie, Rehabilitation, dem Stoffwechsel, der Kardiologie etc. des Kinderspitals Fallbeschreibung Zürich betreut (Abbildung 2). Die Konsultationen der Der im Jahr 2020, 12 ¾ jährige männliche Patient mit Rehabilitation und des Stoffwechsels erfolgten seit kEDS wurde erstmalig im Alter von 3,5 Mo. mit Trink- Diagnosestellung 12/2008 interdisziplinär. schwäche und muskulärer Hypotonie (floppy infant) und Kontrakturen von Ellenbogen, Handgelenken, Hüf- Mit Diagnosestellung im Alter von 9 Mo. wurde ten und Sprunggelenken im Kinderspital Zürich vor- eine jährliche multidisziplinär geführte kardiologische gestellt. Im Rahmen dieser Konsultation fielen neben Mitbeurteilung inklusive Echokardiographie und EKG unspezifischen Dysmorphiezeichen (Epikanthus, fla- zur Früherfassung allfälliger Klappenveränderungen cher Nasenrücken, tiefliegende Ohren, Retrognathie), oder Aortenmanifestationen durchgeführt, welche ein Pectus excavatum, der schmale Schultergürtel, stets unauffällig blieb (Abbildung 2). Hackenfüsse mit einer maximalen Plantarflexion von 30°, fixierte eingeschlagene Daumen und eine Kyphose Multidisziplinär wurde zudem im Alter von 3,2 J. des thorakolumbalen Übergangs ohne Keilwirbelbil- die Urologie bei Kryptorchismus mit Orchidopexie bds. dung auf. (Abbildung 1) und im Alter von 3,3 J. die plastische Chirurgie bei El- lenbogenverletzung mit hypertropher Narbenbildung Schon postpartal war der termingerecht per Sec- aufgrund eines Velosturzes sowie tibialer Schnittver- tio geborene Knabe durch eine insuffiziente Spontan- letzung bei Anpralltrauma involviert (Abbildung 2). atmung und schlechtes Saug- und Trinkverhalten auf- gefallen, sodass initial die Ernährung über Magen- 1. Interdisziplinäre Problemstellung: Skoliose sonde und ein 2-tägiger Neonatologieaufenthalt Im Alter von 2,6 J. wurde erstmalige eine lumbale notwendig wurden. Das Neugeborenenscreening und rechtskonvexe Skoliose von 15° festgestellt. Diese Abbildung 1: Klinischer Habitus bei kEDS mit unspezifischen Dysmorphiezeichen und Röntgen der Wirbelsäule seitlich im Liegen mit erhaltenem Alignement ohne spezifische Zeichen für eine Skelettdysplasie im Alter von 3,5 Mo. 14 Vol. 32 | 1-2021
Fortbildung Orthopädie Neurologie plastische Chirurgie Urologie Kardiologie Rehabilitation Neuropädiatrie Stoffwechsel 02 46 8 10 12 14 16 Jahre Abbildung 2: In die Patientenversorgung involvierte Disziplinen in Abhängigkeit vom Patientenalter in Jahren bei männlichem Patient kEDS. blieb 8 Jahre stabil und wurde seitens der Rehabilita- sikos bei Multisystemerkrankung übernimmt (s. Ab- tion und des Stoffwechsels interdisziplinär klinisch bildung 6 «Festlegen fallführender Disziplin bezogen und radiologisch jährlich kontrolliert. Der Knabe zeigte auf die jeweilige Problemstellung»). die gesamte Kindheit einen Grosswuchs mit einem Wachstum jenseits der 97ten Perzentile. Bei einer Die verschiedenen involvierten Disziplinen (Or- Grösse von 167cm im Alter von 10,6 J. zeigte die Sko- thopädie, Kardiologie, Pneumologie, Anästhesie, In- liose eine rasche Progredienz auf lumbal rechtskon- tensivmedizin) wurden dementsprechend per Mail vex 35° und thorakal linkskonvex 31°, weswegen inter- kontaktiert und über Art und Zeitpunkt des anste- disziplinäre Konsultationen Stoffwechsel/Orthopädie henden Eingriffs, sowie die möglichen Probleme der etabliert wurden (s. Abbildung 6 «Inter- und multi- Grunderkrankung informiert (s. Abbildung 6 «Mul- disziplinäres follow-up der Patientin/des Patienten»); tidisziplinäres Sammeln fachspezifischer Teilaspekte ebenso wurde eine Korsett Versorgung sowie die Fo- der Problemstellung …»). Gleichzeitig wurde eine in- kussierung der jahrelangen Physiotherapie auf die Wir- terdisziplinäre Gesprächsrunde initiiert (s. Abbildung belsäulenstabilisierung etabliert. Das Korsett wurde 6 «Interdisziplinäre Gesprächsrunde ….»). konsequent 23h tgl. getragen und ein physiotherapeu- tisches Eigenprogramm regelmässig durchgeführt. Folgende mögliche Manifestationen wurden in die- Besondere Schwierigkeiten bereiteten bei den typi- sem interdisziplinären Gespräch ohne Patient oder El- schen fragilen Hautverhältnissen des kEDS die rasch tern (Stoffwechsel, Intensivmedizin, Anästhesie, Haut- auftretenden Druckstellen durch das Korsett, welche pflege) diskutiert und entsprechende Massnahmen auch durch mehrfache Anpassung nicht ganz vermie- festgelegt (s. Abbildung 6 «Festlegung des weiteren den werden konnten. Aufgrund dieser Problematik ei- Procederes»). Dabei wurden auch zur Risikominimie- nigte man sich im Rahmen der interdisziplinären Kon- rung Manifestationen, welche bei anderen EDS-For- sultationen mit Orthopädie und Stoffwechsel auf eine men beschrieben sind, antizipiert und einbezogen, da stabilisierende Korsettversorgung statt der standard- kEDS mit weltweit weniger als 100 Fällen sehr selten mässigen korrigierenden Korsettversorgung und be- ist und wenig Erfahrung zu perioperativen Komplika- zog die Hautpflege des Kinderspitals frühzeitig in die tionen vorliegt. (Tabelle 1) interdisziplinären Konsultationen ein. Diese führte ein Hautpflege- und Wundregime ein, so dass offene Haut- Die daraus resultierenden Schritte zur optimalen läsionen abheilten und weitere vermieden werden Operationsvorbereitung, sowie die Kontaktaufnahme konnten. Bei weiterer Progression der Skoliose inner- mit weiteren Disziplinen (Neurologie, Hämatologie, halb von 4 Monaten wurde im Rahmen der interdiszi- Ophthalmologie, Gefässchirurgie) wurden von Stoff- plinären Konsultation (Stoffwechsel/Orthopädie/ wechsel, Wirbelsäulenchirurgie, Orthopädie und Haut- Hautpflege) die Indikation zur operativen Stabilisie- pflege teils inter- teils multidisziplinär mit dem jewei- rung im Februar 2020 gestellt (s. Abbildung 6 «Pro- ligen Spezialisten koordiniert (s. Abbildung 6: «Um- blemstellung»). Im Rahmen dieser Konsultation wurde setzung unter der Fallführung der festgelegten auch festgelegt, dass die Orthopädie des Kinderspi- Fachdisziplin») und in einem interdisziplinären Ge- tals die OP-Planung mit der Wirbelsäulenchirurgie der spräch dem Patienten und seinen Eltern kommuni- orthopädischen Universitätsklinik Balgrist übernimmt, ziert. Alle eintreffenden Ergebnisse, Fragen, etc. wur- die Hautpflege die Organisation des perioperativen den durch den Stoffwechsel an alle involvierten Dis- hautprotektiven Settings und der Stoffwechsel das in- ziplinen kommuniziert. Bei Eintritt des Patienten stand terdisziplinäre Einbeziehen der notwendigen Diszipli- dementsprechend ein klares Konzept für Aufenthalt, nen zur Sicherstellen eines minimalen operativen Ri- perioperatives Management (Lagerung, fiberoptische Vol. 32 | 1-2021 15
Fortbildung Mögliche Manifestationen Problemstellung Massnahme des kEDS 1. Fragilität der Haut • Risiko für Wundheilungs- • Information an Operateur und des sonstigen störungen • Intra-, peri- und postoperatives, hautpro- Bindegewebes • Risiko für Druckstellen / tektives Setting Dekubiti • Anpassung Op- und Naht-Technik • Schlechte Verankerung • Verlängertes Belassen des Nahtmaterials, von Instrumentarien kein Verwenden intrakutaner Nahttech- • Erhöhtes Risiko für Rezidive, niken Anschluss-instabilitäten • Fiberoptische Intubation oder -komplikationen • Vorstellung Ophtalmologie präop • Intraoperativer Druck auf Augen in Bauchlage 2. Fragilität der Gefäße • Arterielle Rupturen • Information an Operateur ohne vorangehende • Information an Anästhesie und Intensiv- Dilatation auch fern medizin für optimales peri- und vom Operationssitus postoperatives Management zur Ver- meidung von Blutdruckspitzen • Präop Echo/EKG/Kardiologie • Information Gefässchirurgie über Art und Zeitpunkt des Eingriffs für stand by • Atraumatische sonographische Punktio- nen / Verzicht auf zentralvenöse Punktion • Optimale intra- und postoperative Analgesie • Postoperative Intensivüberwachung 3. Pathologien • Risiko einer Tetraparese • Information an Operateur des craniocervicalen im Fall einer signifikanten • MRI der spinalen Achse präoperativ Übergangs craniocervicalen Stenose • SSEP präoperativ und / oder bei der Skoliose- • Intraoperatives Neuro-Monitoring korrektur (MEP und SSEP) • Fiberoptische Intubation 4. Gerinnungsabnorma- • Blutungsrisiko, perio- • Einbeziehen Hämatologie lität / Thrombozyten- peratives Management • Präoperativ: wiederholte Abklärung funktionsstörung Gerinnung / Thrombozytenfunktion • Perioperativ: Tranexamsäure / DDAVP / Fibrinogen Tabelle 1: Ergebnisse des präoperativen, interdisziplinären Gesprächs (Stoffwechsel, Intensivmedizin, Anästhesie, Hautpflege) mit möglichen Manifestationen der Grunderkrankung, sich daraus ergebender Problemstellung und zu treffende Massnahmen. 6,7,8,9) Intubation, atraumatische sonographische Punktio- versorgt. Bereits im Rahmen der ersten interdiszipli- nen/Verzicht auf zentralvenöse Punktion, intraopera- nären Skoliosebeurteilung wurde die Operationsindi- tives Neuro-Monitoring, Gerinnungsmanagement/ kation für beide Deformitäten diskutiert, welche De- Transfusion, optimale intra- und postoperative Anal- formität prioritär behandelt werden muss und ob der gesie, postoperative Intensivüberwachung, gefässchi- Eingriff an der unteren Extremität mit dem der Wir- rurgisches standby) und Nachsorge für alle beteilig- belsäule kombinierbar wäre. Aufgrund des erhöhten ten Disziplinen, sowie eine schriftliche Zusammenfas- Risikos wurde von einem einzeitigen operativen Vor- sung möglicher Notfälle und den Kontaktdaten der gehen mit entsprechend langer Operationszeit abge- zuständigen Personen zur Verfügung. So konnte ein sehen. Bei rascher Progression war zudem der Wir- komplikationsloser Operationsverlauf und Intensiv- belsäuleneingriff prioritär zu behandeln. Im Anschluss aufenthalt im April 2020 erzielt werden. (Abbildung 3) an die Rekonvaleszenz nach dorsaler Spondylodese wurde daher im Alter von 12,4 J. entsprechend dem 2. Interdisziplinäre Problemstellung: Ablauf in Abbildung 6 in einer interdisziplinären Kon- Deformitäten der unteren Extremität sultation (Orthopädie, Stoffwechsel, Hautpflege) die Neben der Skoliose bestand ein torsional Malaligne- Indikation zur distalen aussenrotierenden, flektieren- ment mit erhöhter femoraler Antetorsion, erhöhter den und varisierenden Femurosteotomie bds., dista- tibialer Aussenrotation und ausgeprägtem Pes plano- len, innenrotierenden Tibiaosteotomie bds. in Kombi- valgus bds. Die Füsse des Patienten waren seit dem nation mit einer korrigierenden, talonavicularen Ar- Kleinkindesalter mit knöchelübergreifenden Orthesen throdese bds. gestellt. (Abbildung 4) 16 Vol. 32 | 1-2021
Fortbildung Abbildung 3: Röntgen der Wirbelsäule a.p.: Ausgangsbefund (08/2017), Progress der Skoliose (11/2018), mit Korsett (12/2018), präoperative (2/2020) und postoperativ nach dorsaler Spondylodese (11/2020). Vol. 32 | 1-2021 17
Fortbildung Abbildung 4: EOS-Orthoradiogramm vor Mehretagenkorrektur mit Torsional-Mala- lignment sichtbar anhand der Innenrotati- onsstellung im Oberschenkel (beachte: Patella ist deutlich einwärts rotiert) bei vermehrter Aussentorsion im Unterschen- kel (beachte: Sprunggelenk ist trotz der Innentorsionstellung a.p. getroffen) bei deutlich varischer Beinachse. Abbildung 5: Auffällige Wundverhältnisse am Malleolus medialis links 5 Wo postoperativ mit Schwellung, livider Verfärbung und minimaler Dehiszenz und 6 Wo postoperativ mit reizlosen Wundverhältnissen. Wie bereits beim ersten Eingriff wurden alle invol- klärungen entsprechend der Rückmeldungen (Anäs- vierten Disziplinen seitens des Stoffwechsels und der thesie, Intensivmedizin, Hämatologie, Kardiologie, Orthopädie kontaktiert und die fachspezifischen Ab- Pneumologie, Gefässchirurgie) initiiert. Aufgrund der Inter- und multidisziplinäres follow up der Patientin / des Patienten Problemstellung Festlegen fallführender Disziplin bezogen auf die jeweilige Problemstellung Multidisziplinäres Sammeln fachspezifischer Teilaspekte der Problemstellung durch fallführende Disziplin per Mail oder persönlicher Kommunikation Interdisziplinäre Gesprächsrunde ohne Patient mit beteiligten Fachdisziplinen Festlegen des weiteren Procederes Umsetzung unter der Fallführung der festgelegten Fachdisziplin Abbildung 6: Ablauf des interdisziplinären Vorgehens des Kinderspitals Zürich. 18 Vol. 32 | 1-2021
Fortbildung zeitlichen Nähe zum vorangegangenen Eingriff war ein mieren und generiert fächerübergreifende Einsicht erneutes interdisziplinäres Gespräch nicht notwendig. und Expertise. Interdisziplinäre und multidisziplinäre Der Eingriff verlief im September 2020 peri- und Arbeitsweisen können dabei je nach Problemstellung postoperativ komplikationslos. Im Rahmen der Reha- kombiniert werden. Entscheidend ist die Festlegung bilitation fiel 5 Wo. postoperativ bei Belastungsauf- der Führung durch eine Fachdisziplin anhand der Pro- nahme eine Rötung, Schwellung und livide Verfärbung blemstellung, die sich für den Informationsfluss und im Bereich des Malleolus medialis bds., sowie eine die Organisation verantwortlich zeigt. Je nach Pro- kleine, distale Nahtdehiszenz am Malleolus medialis blemstellung kann diese wechseln. links auf (Abbildung 5). Es erfolgte eine interdiszipli- näre Beurteilung (Rehabilitation, Hautpflege, Ortho- Literatur: pädie, Stoffwechsel) mit Festlegung des angepassten 1) Hyland J, Ala-Kokko L, Royce P, Steinmann B, Kivirikko K. I, Myllylä R. Homozygous stop codon in the lysylhydroxylase gene Wundregimes und einer adaptierten Belastungsauf- in two siblings with EhlersíÄêDanlos syndrome type VI. Nat nahme, was innerhalb einer Woche zu blanden Wund- Genet 1992/2(3): 228-31. verhältnissen führte. 2) Baumann M, Giunta C, Krabichler B, Rüschendorf F, Zoppi N, Colombi M, et al. Mutations in FKBP14 cause a variant of Ehlers-Danlos syndrome with progressive kyphoscoliosis, Der weitere Verlauf blieb komplikationslos und der myopathy, and hearing loss; Am J Hum Genet. 2012/ 90(2):201-16 Patient konnte 12,5 Wo. postoperativ beschwerdefrei 3) Defila R, Di Giulio A, Scheuermann M. und mit guten Stellungsverhältnissen der Wirbelsäule Forschungsverbundmanagement – Handbuch für die Gestaltung und Füsse mobil nach Hause entlassen werden. Bis inter- und transdisziplinärer Projekte, vdf Hochschulverlag an der ETH Zürich, 2006 auf weiteres erfolgen follow up Untersuchungen inter- 4) Auvin S, Irwin J, Abi-Aad P, Battersby A. The Problem of Rarity: disziplinär (Stoffwechsel, Orthopädie) und multidiszi- Estimation of Prevalence in Rare Disease, Value in Health 21, plinär (Kardiologie, Wirbelsäulenchirurgie, Hautpflege, 2018: 501-507 etc.). 5) Nationales Konzept seltene Krankheiten: https://www.bag. admin.ch/bag/de/home/krankheiten/krankheiten-im- ueberblick/viele-seltene-krankheiten.html, letzte Änderung Das beschriebene Vorgehen ist eine typische Ver- 13.02.2020 knüpfung inter- und multidisziplinären Vorgehens bei 6) Henneton P, Legrand A, Giunta C, Frank M. Arterial fragility in kyphoscoliotic Ehlers-Danlos syndrome, BMJ Case Rep. 2018 Bindegewebe-/Stoffwechselkrankheiten im Kinderspi- 7) Jesudas R, Chaudhury A, Laukaitis C.M. An update on the new tal Zürich und folgt der in Abbildung 6 illustrierten classification of Ehlers-Danlos syndrome and review of the Vorgehensweise. causes of bleeding in this population, Haemophilia, 2019 / 25(4):558-566. 8) Henderson F.C, Austin C, Benzel E, Bolognese P, Ellenbogen R, Schlussfolgerung Francomano C.A, et al. Neurological and spinal manifestations of Eine interdisziplinäre Arbeitsweise in der Medizin kann the Ehlers-Danlos syndromes, Am J Med Genet C Semin Med bei seltenen Multisystemkrankheiten, wie angebore- Genet. 2017 / 175(1):195-211 9) De Paepe A, Malfait F. Bleeding and bruising in patients with nen Bindegewebe-/Stoffwechselkrankheiten, für Pa- Ehlers-Danlos syndrome and other collagen vascular disorders. tienten die Versorgung optimieren, das Risiko mini- B. J. Haematol 2004; 127: 491-500. Autoren Dr. med. Bianca Link, Stoffwechselabteilung und Forschungszentrum für das Kind des Universitäts- Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung, Zürich Prof. Dr. med. Thomas Dreher, Orthopädieabteilung des Universitäts- Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung, Zürich Prof. Dr. med. Mazda Farshad, Wirbelsäulenchirurgie der Orthopädischen Universitätsklinik Balgrist, Zürich Dr. med. Georg Henze Oxenius, Anästhesieabteilung des Universitäts- Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung, Zürich Alexander Möller, Fachbereich Peumologie, Universitäts- Kinderspital Zürich Dr. med. Angela Oxenius, Kardiologieabteilung des Universitäts- Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung, Zürich Dr. med. Beth Padden, Rehablilitation des Universitäts- Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung, Zürich Dr. med. Anna-Barbara Schlüer, Abteilung Pädiatrische Dermatologie, Universitäts- Kinderspital Zürich Dr. med. Kevin Schmid, Intensivmedizin des Universitäts- Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung, Zürich Dr. med. Markus Schmugge Liner, Hämatologie, Universitäts- Kinderspital Zürich PD Dr. med. Martin Schubert, Neurologieabteilung der Orthopädischen Universitätsklinik Balgrist, Zürich Prof Dr med. Matthias Baumgartner, Stoffwechselabteilung und Forschungszentrum für das Kind Universitäts- Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung PD Dr. med. Marianne Rohrbach, Stoffwechselabteilung und Forschungszentrum für das Kind des Universitäts- Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung, Zürich Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert. Vol. 32 | 1-2021 19
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