INKLUSION IM STÄDTEBAU - Die Rolle von Diversität und Orten der Begegnung

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INKLUSION IM STÄDTEBAU - Die Rolle von Diversität und Orten der Begegnung
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                                                           INKLUSION IM STÄDTEBAU
                                                           Die Rolle von Diversität und Orten der Begegnung

                                                           Im Alltag stellt das Konzept Inklusion viele
                                                           vor große Herausforderungen, auch Plane-
                                                           rinnen und Planer oder Architektinnen und
                                                           Architekten. Damit Stadt wirklich für alle da
                                                           ist, braucht es ein anderes Verständnis von
                                                                                                               Prof. Dr.-Ing. Andrea Benze
                                                           Inklusion: Eins, das auf Diversität und Orte        ist Professorin für Städtebau und Theorie der Stadt an der Fakultät für
                                                           der Begegnung setzt.                                Architektur der Hochschule München und Mitgründerin von offsea, office for
                                                                                                               social engaged architecture. Sie forscht und lehrt zu Alltagspraktiken in der
                                                                                                               Stadt, kooperativer Stadtentwicklung, Kulturhäusern als Orte der Stadtgesell-
                                                                                                               schaft und zur inklusiven Stadt.
                                                                                                               andrea.benze@hm.edu

                                                                                                           BiblioScout
INKLUSION IM STÄDTEBAU - Die Rolle von Diversität und Orten der Begegnung
Die inklusive Stadt ist sicher, gesund, zugänglich, bezahlbar,    städtischen Leben teilhaben, wenn es ihnen möglich ist, in
                                                           widerstandsfähig und nachhaltig. Alle Menschen können             die Stadt zu kommen, sich dort fortzubewegen, Gebäude zu
                                                           hier teilhaben, ohne diskriminiert zu werden (vgl. UN 2017).      betreten und eine passende Wohnung zu finden. In den ver-
                                                           Diesen Zustand zu erreichen, ist ein weltweit anerkanntes         gangenen Jahren wurden dementsprechend wichtige Fort-
                                                           Ziel der Stadtentwicklung. In Deutschland tendiert eine           schritte gemacht. Die DIN 18040 „Barrierefreies Bauen“ ist
                                                           zunehmend differenzierte Gesellschaft jedoch dazu, sich in        systematisierter und umfangreicher als Vorgängernormen
                                                           homogene Gruppen aufzuteilen (vgl. Allmendinger 2017).            und hat damit viele Standards geschaffen, auf deren Einhal-
                                                           Diese Entwicklung lässt sich auch am Stadtraum ablesen            tung sich pochen lässt. In Architektenkammern gibt es Bera-
                                                           – durch segregierte Stadtteile und eine wachsende Zahl            tungsstellen für Barrierefreiheit, in Stadtverwaltungen arbei-
                                                           exklusiver Orte. Umso wichtiger wird das Konzept der In-          ten, allerdings meist ehrenamtlich, Behindertenbeauftragte
                                                           klusion: Es kann helfen, koproduktive Planungspraktiken           und Ideen wie „Universal Design“ – die Gestaltung von Pro-
                                                           wertzuschätzen, sie mit Erkenntnissen aus den „Disability         dukten, Geräten, Umgebungen und Systemen so, dass sie
                                                           Studies“ – eine interdisziplinäre Wissenschaft, die Behinde-      von möglichst vielen Menschen ohne weitere Anpassungen
                                                           rung als historische, soziale und kulturelle Konstruktion be-     genutzt werden können – sind auf dem Vormarsch.
                                                           greift – anzureichern und zu erkennen, wie wichtig Orte der
                                                           Begegnung sind.                                                   Hier ist bisher einiges erreicht worden, doch bisherige Vor-
                                                                                                                             gaben, Projekte und Initiativen stoßen auch an Grenzen, da
                                                           Oberflächlich betrachtet ist es verständlich, dass sich Ar-       unterschiedliche Behinderungen zu unterschiedlichen und
                                                           chitektinnen und Architekten sowie Städtebauerinnen und           teilweise gegenteiligen Bedürfnissen führen. Das zeigt das
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                                                           -bauer auf die Themen barrierefreie Mobilität und bauliche        Beispiel der Bordsteinkante: Sie leitet Sehbeeinträchtigte,
                                                           Barrierefreiheit konzentrieren. Menschen können nur am            behindert aber Mobilitätseingeschränkte.

                                                           In Diversität statt in Normen denken
                                                           Wie inklusiv sind europäische Städte also? Kurz gesagt:           Die Vorgehensweise, sich auf barrierefreie Mobilität und
                                                           Es hat sich viel getan, es bleibt aber weiterhin viel zu tun.     bauliche Barrierefreiheit zu konzentrieren, basiert nach
                                                           Noch immer behindern bauliche Anlagen Menschen – und              Boys auf der funktionalistischen Idee einer passiven „Phan-
                                                           schließen sie damit von der Teilhabe am gesellschaftlichen        tomfigur einer industriegesellschaftlichen Normalexistenz“
                                                           Leben aus. Warum ist das so? Warum verbreiten sich gute           (Eisinger 2005: 108). An den vermeintlichen Bedürfnissen
                                                           Ideen und Lösungen nicht besser? Warum wird Inklusion             dieser Figur orientiert sich die Planung. Behinderung ist
                                                           nicht zum selbstverständlichen Bestandteil von Architektur        eine Abweichung davon, die technische Lösungen korri-
                                                           und Städtebau – und stattdessen lieber an Expertinnen und         gieren oder ausgleichen müssen. Durch dieses Vorgehen
                                                           Experten delegiert?                                               entwickelt sich die Arbeit an Inklusion nicht nur auf der
                                                                                                                             Basis einer funktionalistischen Planung und damit abge-
                                                           In einem Projekt zu Inklusion im Städtebau untersuchte das        koppelt vom aktuellen städtebaulichen Diskurs. Es ist noch
                                                           zuständige Forschungsteam, ob die Stadt inklusiv ist. Aus-        viel schlimmer: Die Grundidee des Konzepts Inklusion geht
                                                           gehend von der Ratifizierung der UN-Behindertenrechts-            verloren. Nimmt man Inklusion wirklich ernst, gibt es keine
                                                           konvention deckten die Forscherinnen und Forscher auf,            Norm mehr, von der Einzelne abweichen. Dann ist Diversi-
                                                           dass allzu funktionalistische und auf Normen ausgerichtete        tät der Ausgangspunkt der Überlegungen und schlichtweg
                                                           Planungen den Kern des Konzepts Inklusion zu verfehlen            gesellschaftliche Realtität (vgl. Bude 2020; Bude 2015). Wird
                                                           drohen (vgl. Benze 2020; Benze/Rummel 2020). Die Theo-            den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen hinge-
                                                           retikerin Jos Boys liefert zu dieser These eine interessante      gen mit dem Konzept der „Phantomfigur“ begegnet, führt
                                                           und provokative Erklärung: Ohne die bisherigen Errungen-          das dazu, dass Menschen mit Behinderungen entweder
                                                           schaften kleinzureden, argumentiert sie, dass paradoxerwei-       übermäßige Beachtung geschenkt wird – und zwar als Men-
                                                           se genau die auf Mobilität und Barrierefreiheit bezogenen         schen, deren Bedürfnisse den Entwurfsprozess unglaublich
                                                           Ansätze dazu führen, dass Inklusion kein Grundwert in der         kompliziert machen. Oder es führt dazu, dass sie vernach-
                                                           Architektur und im Städtebau ist (vgl. Boys 2014: 23 ff.).        lässigt werden – als „Phantomfigur“ wie alle anderen. Damit

                                                           Informationen zur Raumentwicklung n Heft 4/2021                                                                              83

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stehen sie immer außerhalb des alltäglichen gesellschaftli-          wie Migrantinnen und Migranten, Schwarze Menschen, Les-
                                                           chen Lebens und der räumlichen städtischen Entwicklung               ben und Schwule, Bisexuelle, Transgender, transsexuelle und
                                                           (vgl. Boys 2014: 25).                                                intersexuelle Menschen, aber auch alte Menschen, Arme
                                                                                                                                oder Obdachlose“ (Rudolf 2012: 39 f.). Eine inklusive Stadt
                                                           Nicht nur Menschen mit Beeinträchtigungen sind davon be-             aus der Perspektive einer einzelnen Teilgruppe zu denken,
                                                           troffen. Schon die Behindertenrechtskonvention weist über            wird dem Konzept Inklusion in keiner Weise gerecht. Es
                                                           ein enges Verständnis von Inklusion hinaus. Sie setzt sich           muss vielmehr darum gehen, Stadt aus der Vielheit, der Di-
                                                           zum Ziel, dass entsprechend der Allgemeinen Erklärung der            versität zu entwickeln.
                                                           Menschenrechte der Vereinten Nationen „jeder Mensch ohne
                                                           Unterschied Anspruch auf alle darin aufgeführten Rechte              Die Beiträge von Nina Gribat und Melanie Humann in die-
                                                           und Freiheiten hat“ (Beauftragte der Bundesregierung für             sem Heft zeigen, dass es partizipative Prozesse braucht, um
                                                           die Belange von Menschen mit Behinderungen 2017) und                 Stadtentwicklung gemeinsam mit so vielen unterschiedli-
                                                           thematisiert auch andere Gründe für Diskriminierungen (z. B.         chen Akteuren wie möglich zu betreiben. Viele Menschen
                                                           Präambel p). Beate Rudolf, die Direktorin des Deutschen In­          sind jedoch persönlich unsicher im Umgang mit Menschen,
                                                           stituts für Menschenrechte, bringt es in einem Interview sehr        die anders sind als sie selbst. Das Thema Inklusion konfron-
                                                           gut auf den Punkt: „Menschen [können] in vielfältiger Weise          tiert sie mit dieser Unsicherheit. Daher ist es eine zentrale
                                                           diskriminiert und ausgegrenzt werden, weil sie als ‚anders‘          Frage, wie jede und jeder Einzelne persönlich lernen kann,
                                                           wahrgenommen und daher nicht als zugehörig angesehen                 mit Diversität umzugehen. Eine Lösung können Orte der Be-
                                                           werden. Das betrifft Menschen mit Behinderungen ebenso               gegnung sein.
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                                                           Begegnungen schaffen
                                                           Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, garantiert          Wohnraum und sozialer Bodenwirtschaft über qualitätsvolle
                                                           Menschen alleine noch nicht, dass sie jede Situation im städ-        öffentliche Räume bis zur Möglichkeit der Erwerbstätigkeit.
                                                           tischen Alltag erfolgreich bewältigen. Sie ist aber Vorausset-
                                                           zung dafür, Verständnis für andere Lebenslagen zu haben              Ein zusätzliches Mittel ist es, Institutionen der Begegnung zu
                                                           und konstruktiv mit anderen zu kommunizieren. Empathie               schaffen und zu fördern. Begegnung stellt sich nicht einfach
                                                           ist aber auch riskant: Empathisch zu sein bedeutet, seine            automatisch ein. Es müssen Anstrengungen unternommen,
                                                           eigenen Vorstellungen zu verlassen, sich auf etwas Unge-             Kompromisse eingegangen und Positionen immer wieder
                                                           wisses einzulassen, um so zu versuchen, die eigene Position          verhandelt werden. Gleichzeitig vollzieht sich Begegnung
                                                           wiederzufinden. Letztlich kann aus Empathie Solidarität ent-         nicht ohne Anlass, sondern im gemeinsamen Handeln. In­
                                                           stehen, wenn Einfühlung mit Engagement verknüpft wird                stitutionen der Begegnung fördern eine Auseinanderset-
                                                           (vgl. Bude 2020; Bude 2015; Benze/Rummel 2020).                      zung mit gemeinsamen Anliegen: Welche Aktivitäten kön-
                                                                                                                                nen an welcher Stelle verbindend wirken? Dabei werden
                                                           Die Fähigkeit zur Empathie lässt sich jedoch nur durch die           Institutionen nicht als starre Materialisierung von Autoritä-
                                                           Begegnung mit Menschen schulen, die ganz anders sind                 ten verstanden, sondern als Prozess und Form, mit deren
                                                           als man selbst. Darüber hinaus sind Begegnungen nicht                Hilfe Gesellschaften versuchen, ihre Zukunft zu gestalten
                                                           konfliktfrei und erfordern ständige Anstrengungen. Die ge-           und zu organisieren (vgl. Stavrides 2017). Das schließt so-
                                                           sellschaftliche Tendenz, Umgebungen zu schaffen, in denen            wohl die Transformation bestehender öffentlicher Institutio-
                                                           man unter sich bleiben kann, führt daher nicht nur zu Unge-          nen ein, um einer veränderten Gesellschaft gerecht zu wer-
                                                           rechtigkeiten. Sie führt auch dazu, dass wichtige Fähigkeiten        den, als auch die Gründung und Etablierung neuer. Diese
                                                           zum Miteinander verlernt oder gar nicht erst entwickelt wer-         entstehen nicht nur „von unten“, sondern in einem Zusam-
                                                           den. Daher sollte eine inklusive Stadt Begegnungen ermög-            menspiel aus staatlichem und städtischem Handeln sowie
                                                           lichen. Diese Forderung ist nur scheinbar trivial. Ein ganzes        bürgerschaftlichem Engagement. Insgesamt spannt sich ein
                                                           Bündel von Maßnahmen ist erforderlich, um die Möglichkeit            weites Handlungsfeld auf, in dem Kultur eine wesentliche
                                                           zur Begegnung unterschiedlicher Menschen in der Stadt                Rolle spielen kann.
                                                           aufrechtzuerhalten und zu unterstützen: von preiswertem

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                                                                                                                            BiblioScout
INKLUSION IM STÄDTEBAU - Die Rolle von Diversität und Orten der Begegnung
Orte der Begegnung entwickeln
                                                           In der Stadt München zeigt sich exemplarisch, welche In-          rige Kooperation mit dem Stadtteil Neuperlach hat begon-
                                                           stitutionen der Begegnung möglich sind. Mit Beginn der            nen, das künstlerische Forschungsprojekt „What ist the City?“
                                                           neuen Intendanz der städtischen Münchner Kammerspiele             sowie die „Digitale Akademie“, in der städtische Themen
                                                           2020/21 sollte das Projekt „Townhall“ entstehen. Nach den         diskutiert werden, laufen (vgl. Spielplan und Pressekonfe-
                                                           Vorstellungen des Regisseurs Malte Jelden und des Drama-          renz zur Spielzeit 2021/22 sowie persönliches Gespräch mit
                                                           turgen Björn Bicker hätte sich ein großer Teil des Theaters in    Harald Wolff ).
                                                           einen offenen Ort für alle Bürgerinnen und Bürger verwan-
                                                           delt (vgl. Bicker/Jelden 2019). Sie bauten dafür unter ande-      Darüber hinaus engagieren sich die Münchner Kammerspie-
                                                           rem auf ihre Erfahrungen aus dem gemeinsamen Projekt              le für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Sie
                                                           „New Hamburg“ auf, ein Kooperationsprojekt des Deutschen          wollen damit bestehende Strukturen aufbrechen und sich
                                                           Schauspielhauses Hamburg und des Evangelisch-Lutheri-             in einen Veränderungsprozess begeben, der Künstlerinnen
                                                           schen Kirchenkreises Hamburg-Ost sowie der lokalen Kir-           und Künstler mit Behinderung auf allen Ebenen gleichbe-
                                                           chengemeinde im und mit dem Stadtteil Veddel. Seit 2017           rechtigt die Münchner Kammerspiele mitgestalten lässt (vgl.
                                                           wird das Projekt eigenständig weitergeführt und ist ein Ort       MK 2021; Bundesregierung 2021).
                                                           des vertrauensvollen Miteinanders und der unvorhersehba-
                                                           ren Begegnung. Der Vorschlag einer „Townhall“ im Zentrum          Als Nebeneffekt der Corona-Krise gibt es mitten in München
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                                                           von München war für 2020/21 zu radikal. Das Projekt hätte         zudem – zumindest vorübergehend – eine ungenutzte Bra-
                                                           die Struktur des Theaters komplett verändern müssen, es           che: die Theresienwiese. Maßvoll und wie selbstverständ-
                                                           wurde nicht realisiert.                                           lich entstand hier im Sommer 2020 das Festival „Kunst im
                                                                                                                             Quadrat. Kulturelle Teilhabe auf der Theresienwiese“: In Ko-
                                                           Stattdessen wurden andere Projekte umgesetzt, soweit es           produktion schufen mehrere öffentliche Institutionen und
                                                           die Pandemie zugelassen hat. Der „Habibi-Kiosk“ in der Maxi-      freie Initiativen ein Werkstattprogramm und ein offenes
                                                           milianstraße belegt jetzt die bauliche Schnittstelle zwischen     Kulturprogramm. Die Landeshauptstadt München förderte
                                                           den Münchner Kammerspielen und der Stadt, eine mehrjäh-           das kostenlose Angebot für alle, jung und alt, mit und ohne

                                                                                                                                                                            Foto: Andrea Huber

                                                           „Kunst im Quadrat“ 2020: die Theresienwiese als Ort der Begegnung

                                                           Informationen zur Raumentwicklung n Heft 4/2021                                                                                85

                                                                                                                     BiblioScout
Migrationshintergrund, mit und ohne Behinderung. Jeder                  Bühnen, auf denen alle auftreten können. Der eingetrage-
                                                           war willkommen und konnte ohne Konsum- oder Teilnahme-                  ne Verein „Impulsion. Netzwerk inklusiver Kunst und Kultur“
                                                           zwang teilnehmen. Handlungsanlässe boten eine Fahrrad-                  organisiert das Projekt, die Landeshauptstadt München und
                                                           werkstatt, eine Druckwerkstatt sowie die Veranstaltungen.               Aktion Mensch unterstützen es. Die Veranstaltungen finden
                                                                                                                                   an wechselnden etablierten Kulturorten in München statt.
                                                           Im Sommer 2021 konnte „Kunst im Quadrat“ wieder stattfin-               Noch sind es einzelne Ereignisse. Die Veranstalter und Unter-
                                                           den. Anders als im Vorjahr gab es weitaus mehr Veranstalter,            stützer zielen aber darauf ab, sich auszubreiten – und damit
                                                           die Teile der Theresienwiese nutzen konnten. In diesem Jahr             die Frage, wer Kultur produziert und welche Themen dort
                                                           begleiteten Studierende der Hochschule München das Fes-                 gesetzt werden, anders zu beantworten.
                                                           tival, indem sie Münchnerinnen und Münchner nach ihren
                                                           Wünschen und Ideen für das Festival befragten, Vorschlä-                Institutionen wie die hier aufgeführten sind wichtig – sie
                                                           ge für den Aufbau erarbeiteten und Zukunftsszenarien für                können ihr Potenzial aber nur dann ausspielen, wenn sie
                                                           das Festival in den kommenden Jahren an anderen Orten in                nicht den Anspruch an eine inklusive Stadt erfüllen sollen.
                                                           München entwickelten (vgl. Benze/Rummel 2021; Hruschka                  Wahrzunehmen sind sie vielmehr als Brücken in den Alltag,
                                                           2021). „Kunst im Quadrat“ birgt das Potenzial, ein wirklich             in dem sich Inklusion als selbstverständliche Praxis vollzieht
                                                           vielfältiger Ort zu sein, der unvorhergesehene Begegnungen              – auch für Architektinnen und Architekten sowie Planerin-
                                                           ganz unterschiedlicher Menschen ermöglicht. Das Projekt                 nen und Planer. Es gilt nicht nur, weitere Aktionen zu initi-
                                                           könnte sich zu einer dauerhaften Institution der Begegnung              ieren, zu fördern und zu institutionalisieren, sondern aus
                                                           entwickeln.                                                             ihnen Schlüsse und Konsequenzen für den Alltag zu ziehen.
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                                                                                                                                   Eine inklusive Stadt ist kein Extraprogramm, sondern sollte
                                                           Die konsequentesten Schritte in Richtung inklusive Stadt ge-            Ausgangspunkt aller Überlegungen und Inspirationsquelle
                                                           hen Menschen mit Behinderungen jedoch selbst. Die inklusi-              für städtebauliche und hochbauliche Entwürfe sein. Begeg-
                                                           ve Open Stage „Mit Alles!“ betreibt Inklusion im umfassenden            nungen mit Fremden sollte als Bestandteil des lebenslangen
                                                           Sinne und bietet schon seit einigen Jahren inklusive offene             Lernens verstanden werden.

                                                                                                          Foto: Andrea Benze                                                          Foto: Andrea Benze

                                                           „Kunst im Quadrat“ fand auch im Sommer 2021 wieder statt                Die Theresienwiese mit Spuren der flüchtigen Aneignung

                                                           86                                                                                                    Andrea Benze n Inklusion im Städtebau

                                                                                                                               BiblioScout
Literatur

                                                           Allmendinger, J., 2017: Das Land, in dem wir leben wollen.                    Bundesregierung, 2021: Bund fördert weitere Projekte der
                                                            Pantheon: München.                                                            kulturellen Vermittlung – Kulturstaatsministerin Grütters: „Mit
                                                                                                                                          zeitgemäßen Angeboten kulturelle Teilhabe stärken“. Zugriff:
                                                           Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen                   https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/bund-foer-
                                                            mit Behinderungen (Hrsg.), 2017: UN Behindertenrechtskonven­                  dert-weitere-projekte-der-kulturellen-vermittlung-kulturstaats-
                                                            tion. Die amtliche gemeinsame Übersetzung von Deutschland,                    ministerin-gruetters-mit-zeitgemaessen-angeboten-kultu-
                                                            Österreich, Schweiz und Lichtenstein.                                         relle-teilhabe-staerken--1839640 [abgerufen am 29.07.2021].
                                                           Benze, A., 2020: Zusammenhalt – Differenz. Bausteine für eine                 Eisinger, A., 2005: Die Stadt der Architekten. Anatomie einer Selbst-
                                                            Inklusive Stadt. Zeitschrift für Inklusion 1(4). Zugriff:                      demontage. Birkhäuser: Basel, Boston, Berlin.
                                                            https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/
                                                            article/view/542 [abgerufen am 29.07.2021].                                  Hruschka, L., 2021: Kunst im Quadrat. Süddeutsche Zeitung Nr. 174
                                                                                                                                          vom 31. Juli/1. August. Zugriff: https://www.sueddeutsche.de/
                                                           Benze, A.; Rummel D., 2021: Hochschule München Master Ent-                     muenchen/ludwigsvorstadt-isarvorstadt-kunst-im-quadrat-
                                                            wurfsstudio Sommersemester 2021: The Making of Kunst im                       1.5368287 [abgerufen am 08.09.2021].
                                                            Quadrat: Ein realer Stadtentwicklungsprozess.
                                                            (Die Ergebnisse wurden während des Festivals ausgestellt).                   MK – Münchner Kammerspiele, 2021: Pressemitteilung vom
                                                                                                                                          28.01.2021. Zugriff: https://www.muenchner-kammerspiele.
                                                           Benze, A.; Rummel, D. (Hrsg.), 2020: Inklusionsmaschine Stadt.                 de/wp-content/uploads/2021/01/PM-Foerderung-Zugaeng-
                                                            Inklusion im Städtebau interdisziplinär diskutiert. Jovis: Berlin.            liches-Theaer-210128.pdf [abgerufen am 12.02.2021].
                                                           Bicker, B.; Jelden, M., 2019: Gespräch mit Andrea Benze an der
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                                                                                                                                         Rudolf, B., 2012: Inklusion ist Bestandteil jedes Menschen-
                                                             Hochschule München am 17.10.2019, 10.00 bis 11.30 Uhr.                       rechts. Zugriff: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/
                                                           Boys, J., 2014: Doing Disability Diffenretly. Routledge: London,               fileadmin/_migrated/tx_commerce/Was_ist_Inklusion_16_per-
                                                            New York.                                                                     soenliche_Antworten.pdf [abgerufen am 29.07.2021].

                                                           Bude, H., 2020: Begegnung und Berührung. In: Heinrich-Böll-Stif-              Stavrides, S., 2017: Common Space: Die Stadt als Gemeingut.
                                                            tung (Hrsg.): Öffentlicher Raum! Frankfurt, New York: 99–105.                  In: Stavrides, S.; Heyden, M. (Hrsg.): Gemeingut Stadt. Berliner
                                                                                                                                           Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt 4, Berlin: 14–58.
                                                           Bude, H., 2015: Was für eine Gesellschaft wäre eine „Inklusive
                                                            Gesellschaft“? In: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.): Inklusion.                UN – United Nations, 2017: The New Urban Agenda. Zugriff: https://
                                                            Frankfurt, New York: 37–43.                                                   habitat3.org/the-new-urban-agenda [abgerufen am 29.07.2021].
                                                                                                                                         Wolff, H., 2021: Zoom-Gespräch am 19.07.2021, 11.30 bis 12.30 Uhr.

                                                           Informationen zur Raumentwicklung n Heft 4/2021                                                                                                    87

                                                                                                                                 BiblioScout
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