Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse

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Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse
BRANCHE

          Öko-Test für die
          ­Zierpflanzenproduzenten
          Kunststoffkreisläufe, wiederverwertbare Töpfe und Transporttrays oder Töpfe aus anderen
          ­Materialien wären in Gärtnereien eigentlich ökologisch sinnvoll. In der Praxis jedoch funktioniert
           vieles noch nicht. Die JardinSuisse-Fachgruppe Zierpflanzen hat an einer Zoom-Konferenz den
           Umgang mit Kunststoff und weitere brisante Umweltthemen diskutiert. Text: Urs Rüttimann

                                                                                                         die Grossverteiler produzierten. Sie mussten
                                                                                                         im Frühjahr 2020 ihre verderbliche Ware
                                                                                                         vielfach kompostieren.
                                                                                                            «Wo werden wir in einem Jahr stehen?
                                                                                                         Wie blicken wir Ende 2021 auf die Zeit der
                                                                                                         Pandemie zurück?», fragte Rüttimann. Mit
                                                                                                         Corona sind Aussagen über die Zukunft
                                                                                                         noch schwieriger geworden. Auch im Ar-
                                                                                                         beitsalltag ist nach wie vor Improvisation
                                                                                                         gefordert, wie auch die Videokonferenz der
                                                                                                         Fachgruppe Zierpflanzen über Zoom zeigt.
                                                                                                         Sie wurde als Ersatz für die entfallene Haupt-
                                                                                                         versammlung der Fachgruppe Zierpflan-
                                                                                                         zen im Dezember durchgeführt, jeweils an
                                                                                                         einem separaten Termin für die Mitglieder
                                                                                                         der Deutschschweiz und der Westschweiz.
                                                                                                         Vorgängig informierte der Fachvorstand die
                                                                                                         Mitglieder zudem schriftlich über die aktu-
                                                                                                         ellen Themen.

                                                                                                         Torfausstieg wird fachlich begleitet
                                                                                                         2020 wurde der bisher nur rudimentär ge-
                                                                                                         führte Börsenstamm im Zierpflanzenhandel
                                                                                                         aktualisiert und auf 15 000 Artikel erwei-
                                                                                                         tert. Zusammen mit der GreenSys AG ist
                                                                                                         der Artikelstamm in eine nutzerfreundliche
                                                                                                         Web-Applikation überführt worden. Ebenso
                                                                                                         konnte bei der vom Bund geforderten Torf-­­
                                                                                                         reduktion ein weiterer Schritt vollzogen wer-
                                                                                                         den. In umfangreichen Versuchen sind Sub-
                                                                                                         strate ohne Torf auf die Verfügbarkeit von
                                                                                                         Nährstoffen getestet worden*. Die generel-
                                                                                                         len Erkenntnisse und die exakt ermittelten
                                                                                                         Werte beispielsweise von Stickstoff, Salz und
          Die Zierpflanzenproduktion unterliegt zunehmend strengeren ökologischen Vorschriften.          Kali können jetzt in die Beratung zum Torf­
          Foto: Urs Rüttimann
                                                                                                         ausstieg einfliessen. Ergänzend hat 2020
                                                                                                         JardinSuisse das kostenlose Beratungspro-
                                                                                                         jekt «Torfreduktion im Zierpflanzenbau»**
          «Was in monatelanger Vorbereitung gesät,         Monaten unterschiedlich auf die Betriebe      ausgearbeitet. Bis 2022 bietet der Verband
          gesteckt, gegossen und geschnitten wurde,        aus: Nachdem die Gärtnereien und Gar-         Betrieben, die auf torffreie und -reduzierte
          hatte von heute auf morgen keinen Absatz-        tencenter am 27. April 2020 wieder öffnen     Substrate umstellen wollen, fachliche Un-
          kanal mehr», erinnerte Jürg Rüttimann, Prä-      durften, schoss bei manchen Betrieben der     terstützung. Der Bund verlangt von den
          sident der JardinSuisse-Fachgruppe Zier-         Absatz durch die Decke, umso mehr die         Gärtnereien, den Anteil des Torfs bei den
          pflanzen, an den Lockdown Mitte März im          Importe fehlten. Danach normalisierte sich    verwendeten Substraten bis 2025 auf frei-
          vergangenen Jahr. Die Corona-Pandemie            die Nachfrage. Das Nachsehen hingegen         williger Basis auf höchstens 5 Prozent zu
          wirkte sich in den folgenden Wochen und          hatten die Topfpflanzenproduzenten, die für   verringern.

   16         3/2021
Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse
Wissenschaftliche Versuche zeigen, dass Gärtnereien
                                                                                     Zierpflanzen auch ohne Torf kultivieren können.
                                                                                     Allerdings müssen sie dabei die Versorgung mit
                                                                                     ­Nährstoffen anders handhaben. Fotos: Urs Rüttimann

   Im Juni 2021 wird die Schulung «Umwelt-    werden. Betriebe mit einer «SwissGAP»-          Recylingkreislauf zuzuführen, wiederver-
gerechte Produktion»*** die Thematik der      und «Suisse Garantie»-Zertifizierung sind       wertbare Produkte zu verwenden oder auf
torffreien und -reduzierten Kulturen auf-     berechtigt, ihre Produkte mit «Suisse Ga-       kompostierbare Ersatzprodukte auszuwei-
greifen und weiterführen. Die Teilnehmer      rantie» auszuzeichnen. «SwissGAP Horti-         chen. In der Praxis konnten bisher weder
dieser eintägigen Weiterbildung erhalten      culture» muss die Vorschriften verstärkt        für die Produktion noch für den Handel
Informationen über den Torfausstieg, den      auf eine umweltschonende Produktion aus-        reibungslos funktionierende Recyclingkreis-
biologischen Pflanzenschutz, die Verwen-      weiten, in Abstimmung auf international         läufe geschaffen werden. Ebenso steht die
dung von umweltgerechten Pflanzentöpfen       geltende Normen. Gemäss Fahrplan sollten        Suche nach einheitlichen Lösungen mög-
und die Vermeidung von Kunststoff in der      die neuen Bestimmungen ab 1. Januar 2022        lichst über die Landesgrenze hinaus erst am
Produktion.                                   in Kraft treten.                                Anfang. In Gruppen analysierten die Teil-
   Bisher erhielten Gärtnereien für CO2-         Ein weiteres, nicht abgeschlossenes          nehmer der Videokonferenz die Probleme
Emissionen, die sie dank technischer Inno-    Projekt betrifft die sogenannte Lückenin-       beim Kunststoffrecycling und suchten nach
vation eingespart hatten, die CO2-Abgaben     dikation. «Wir möchten erreichen, dass          Lösungen. Zur Diskussion standen vier Fra-
zurückerstattet. Dazu mussten sie gegenüber   Pflanzenschutzmittel, die in der Schweiz        gen. Nachfolgend sind die wichtigsten Ant-
dem Bund definierte Pflichten erfüllen und    für den Gemüse- oder Feldbau zugelassen         worten und Erkenntnisse zusammengefasst.
einer Emissionsgemeinschaft beitreten, wie    sind, auch in der Zierpflanzenproduktion
sie beispielsweise JardinSuisse für diesen    verwendet werden dürfen», führt Poffet          Wie kann man den Einsatz von Kunststoff in
Zweck gegründet hat. «Wie das Projekt         aus. Der Fachvorstand wird deshalb mit der      der Gärtnerei reduzieren?
zur CO2-Abgabe weiterentwickelt wird, ist     Bewilligungsbehörde beim Bundesamt für          –– Das Hauptproblem ist die grosse Vielfalt
noch unklar», sagt Josef Poffet, Bereichs-    Landwirtschaft das Gespräch aufnehmen              bei den Anzuchtpaletten, Transport- und
leiter Produktion/Handel bei Jardin­Suisse.   und sich für eine Zulassung dieser Mittel          Kulturtrays, Töpfen und Folien. Je nach
Denn Mitte Januar ist das Referendum ge-      in Gärtnereien einsetzen. «Um Resistenzen          Hersteller variieren ihre Masse und die
gen das CO2-Gesetz eingereicht worden.        vorzubeugen, ist der Zierpflanzenbau auf           Zusammensetzung des Gebindes. Da
Nichtsdestotrotz arbeite JardinSuisse an      eine breite Palette von Pflanzenschutzmit-         es viele Modelle innerhalb von Europa
einem Nachfolgeprojekt.                       teln angewiesen.»                                  gibt, ist ein gezieltes Aussortieren für eine
                                                                                                 Wiederverwertung schwierig. Zurzeit wird
Abgleich im Pflanzenschutz                    Wirrwarr im Kunststoffrecycling                    Kunststoff aus Gärtnereien hauptsächlich
Die Revision des Regelwerks für eine Zer-     Das wichtigstes Thema der Videokonferenz           in Kehrrichtverbrennungsanlagen ent-
tifizierung nach «SwissGAP Horticulture»      war das Kunststoffrecycling. Aus ökologi-          sorgt oder zu einem kleineren Teil von
konnte ebenfalls noch nicht abgeschlossen     scher Sicht ist es sinnvoll, Kunststoff einem      Recyclingfirmen wiederaufbereitet.

                                                                                                                                     3/2021   17
Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse
Die Vielfalt der Töpfen ist gross und der Handel international. Ein geschlossener
Recyclingkreislauf ist insbesondere in Grossbetrieben einfacher umzusetzen als eine
Mehrfachverwertung. Fotos: Peter Springer

–– Die Kunden bringen alle möglichen                  gewinnen, müsste JardinSuisse das Ge-          und einen grünen Daumen, nicht aber
   Kunststofftöpfe in eine Gärtnerei, auch            spräch mit ihnen suchen.                       für schwarze Kunststofftöpfe.
   wenn sie anderswo erworben wurden. Der          –– Wiederverwertbare Produkte sind erst we-    –– Konsumenten möchten den Kunststoff
   Zustand der Töpfe ist sehr unterschied-            nige im Angebot. Vom Endkunden oder            zurückgeben. Je nach Organisation der
   lich. Das erschwert ihre Sortierung für die        Grossverteiler werden diese oft nicht          Logistikketten funktioniert die Rückgabe
   Wiederverwertung und den Transport in              wiederverwendet, sondern in den Recy-          zur Gärtnerei auch bei den Grossvertei-
   Recyclingsammelstellen.                            clingkreislauf zurückgeführt oder in die       lern.
–– Der Leidensdruck, dass Gebinde aus                 Verbrennungsanlage abgeschoben.             –– Der Konsument will oft kompostierba-
   den Gärtnereien hauptsächlich in der            –– Kompostierbare Töpfe sind ebenfalls erst       re Produkte. Viele Kunden erwarten von
   Kehrricht­verbrennungsanlage landet, ist           wenige auf dem Markt. Zudem sind sie           der Gärtnerei ein möglichst ökologisches
   nicht sonderlich gross. Man nimmt dies             zumeist teurer als die aus Plastik. Als        Modell. Mehrkosten verursachen darf es
   in Kauf, weil es zurzeit die wirtschaftlichs-      ideal erweist sich ein Material, das auch      jedoch nicht.
   te Lösung ist.                                     der Konsument kompostieren kann. Oft        –– Der Konsument wünscht sich Töpfe aus
                                                      zeigen jedoch solche Töpfe bereits in der      recycliertem Material. Ebenso informiert
Wo sind die grössten Herausforderungen in der         Pflanzenproduktion Auflösungserschei-          er sich, ob die Gärtnerei die verwende-
Produkteherstellung und in der Logistik und           nungen und im Verkaufsladen neigen sie         ten Kunststoffgefässe einer Wiederver-
im Verkauf?                                           zu Schimmelbildung. Töpfe indessen, die        wertung zuführt. Falls nicht, fragt er, ob
–– Wenn Töpfe, Paletten oder andere Kunst-            nur industriell kompostierbar sind, lan-       sie Alternativen aus anderen Materialien
   stoffprodukte mit Erde verunreinigt sind,          den ohne genaueres Hinsehen vielfach           abgeklärt hat.
   werden sie von Sammelstellen oder Her-             auf dem Hauskompost. Die Enttäuschung       –– Vor allem junge Konsumenten legen Wert
   stellern vielfach nicht mehr einem Recy-           folgt, sobald der reife Kompost für den        auf Gefässe, die möglichst CO2-neutral
   clingkreislauf oder einer Wiederverwen-            Garten aufbereitet wird.                       hergestellt sind.
   dung zugeführt.                                 –– Für Tunnelfolien fehlen Alternativen.
–– Gärtnereien erhalten oft nicht ihre eige-       –– Je nach Hersteller wird für Einwegpro-      Welche Lösungen hatte ich in den vergangenen
   nen Paletten zurück, sondern ein Sam-              dukte mit Recycling oder für Mehrweg-       Jahren bereits ausprobiert und wie waren die
   melsurium von Produkten verschiedener              produkte mit Rückgabe geworben. Eine        Erfahrungen?
   Hersteller aus allen Ländern. Eine Wie-            unabhängige Aussage, was sinnvoll wäre,     –– Beim Handel mit Baumärkten und Gar-
   derverwendung ist für viele Gärtnereien            fehlt. In der Gärtnerei ist es schwierig,      tencentern funktioniert die Wiederver-
   so nicht organisierbar.                            einen Entscheid zu treffen. Oft werden         wertung von Platten gut. Viele Platten
–– Die Wiederverwendung von Transport-                Einwegprodukte gewählt, weil dies güns-        kommen retour und können für den
   paletten und Töpfen ist mit dem Risiko             tiger ist.                                     Wiedergebrauch aussortiert werden.
   verbunden, Krankheiten in den Gärtne-           –– Der Pflanzenpasskleber erschwert eine          Die wiedereingesetzten Platten machen
   reibetrieb einzuschleppen. Eine vorbeu-            Mehrfachverwertung.                            einen Drittel bis die Hälfte davon aus.
   gende Desinfizierung ist mit Aufwand                                                              Eine Sortierung lohnt sich auch betriebs-
   verbunden.                                      Welche Anforderungen und Wünsche haben            wirtschaftlich.
–– Das in Blumenbörsen verwendete Mehr-            meine Kunden?                                  –– Vor wenigen Jahren erhielten die Gärtne-
   wegsystem Palettino würde sich auch für         –– Zum Image der Grünen Branche passt die         reien für rückgeführten Kunststoff noch
   Grossverteiler wie die Landi anbieten.             Verwendung von Plastik eigentlich nicht.       ein Entgelt. Heute zahlen sie dafür, so-
   Um Grossabnehmer für diese Lösung zu               Das verkaufte Produkt steht für Natur          dass die Entsorgung von Kunststoff in
Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse
BRANCHE
                                                                                                      Die Resultate des Gedankenaustausches
                                                                                                   in der Fachgruppe Zierpflanzen werden vom
                                                                                                   Vorstand gesammelt und für die Suche nach
                                                                                                   Lösungen ausgewertet. Bereits geplant ist, al-
                                                                                                   le verwendeten Materialien aufzulisten und
                                                                                                   die sich im Umlauf befindlichen Mengen zu
                                                                                                   schätzen. Weiter sollen Gespräche zwischen
                                                                                                   den Herstellern der Gebinde, allen im Han-
                                                                                                   del beteiligten Firmen und den Betreibern
                                                                                                   von Recyclingstellen angeregt werden. Der
                                                                                                   Einbezug der Kunden von Engroshandel,
                                                                                                   Baumärkten und Gartencentern und dem
                                                                                                   Detailhandel Garten ist besonders wichtig.
                                                                                                   Dieser Austausch soll Lösungen aufzeigen,
                                                                                                   wie Pflanzenproduzenten Kunststoffabfälle
                                                                                                   vermeiden, reduzieren oder besser rezyklie-
                                                                                                   ren können.

                Kompostierbare Töpfe und Anzuchtpaletten gibt es erst wenige auf dem Markt. Ihre
                  Verwendung in der Pflanzenproduktion und im Verkauf erfordert viel Erfahrung.    * Bericht zu den Testversuchen mit torffreien
                                                                                                   Substraten hinsichtlich der Verfügbarkeit von
                                                                                                   Nährstoffen: www.bafu.admin.ch → Suche: «Torf»
                                                                                                   → «Torfausstieg» → «Forschung» → «Schlussbe-
                                                                                                   richt: Überprüfung und Anpassung der Richtwerte
   der Kehrichtverbrennungsanlage billiger          der Kehrichtverbrennungsanlage entsorgt        der »
   ist als das Recyclieren.                         wird. Die Mitarbeiter einer Gärtnerei sind
–– Die tiefen Rohstoffpreise bieten wenig           wenig motiviert, schlecht funktionierende      ** Das Anmeldeformular zum Beratungsprojekt
   Anreiz, Kunststoffe nach Zusammen-               Recyclingkreisläufe zu unterstützen.           «Torfreduktion im Zierpflanzenbau» finden Sie
                                                                                                   unter www.jardinsuisse.ch → Umwelt → Torfreduk-
   setzung zu sortieren und wiederaufzu-         –– Kompostierbare Mulchfolien zersetzen           tion. Die Aufnahme ins Beratungsangebot richtet
   bereiten.                                        sich in der Erde nach einem halben Jahr.       sich nach den Eingabedaten.
–– Manche Gärtnereien sind deshalb ge-              Sie erfüllen die Erwartungen.                  Information: i.forster@jardinsuisse.ch
   genüber dem Recycling von Kunststoff          –– Das tatsächliche Schliessen des Kunst-
   skeptisch eingestellt. Sie vermuten, dass        stoffkreislaufs ist das vordringlichere        *** Schulung «Umweltgerechte Produktion»
                                                                                                   findet am 23. Juni in der Stadtgärtnerei Bern neben
   gesammelter Kunststoff vielfach an ein           Problem. Mehrweggebinde sowie kunst-           der Orangerie statt.
   Zementwerk verkauft oder zu einem güns-          stofffreie oder kompostierbare Gefässe         www.jardinsuisse.ch → Umwelt → Umweltschutz →
   tigeren Preis als jener der Anlieferung in       verwenden schon viele Gärtnereien.             Torfreduktion

«Eine zu perfekte Lösung wird an
der Wirtschaftlichkeit scheitern»
Eine gemeinsame Strategie im Umgang mit Plastik fehlt in der Grünen Branche. Um einem
Recyclingkreislauf und Mehrweggebinde zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es Absprachen
unter allen Beteiligten. Das Ziel müsse eine transparente und glaubhafte Lösung sein, sagt Josef
Poffet, Bereichsleiter Produktion und Handel bei JardinSuisse. Interview: Urs Rüttimann

Der Recyclingkreislauf für Kunststoffe in        die Kernfragen aus der Diskussion klären.         der Verband Recyclingfirmen befragen, wie
Gärtnereien stockt an verschiedenen Stellen.     Unter anderem wird er mit Grossabneh-             sie Gebinde angeliefert bekommen und für
Was will JardinSuisse in der Kunststoff­         mern wie Migros und Coop das Gespräch             die Wiederverwertung aufbereiten.
problematik unternehmen?                         suchen, aber auch mit den Blumenbörsen.
JardinSuisse will in Erfahrung bringen, wo       Weiter wird JardinSuisse Anbieter von Töp-        Wie werden die Gespräche ausgewertet?
die Möglichkeiten und Grenzen des Recyc-         fen, Transporttrays und Kulturplatten an-         Wir wollen wissen: Wo liegen die Gemein-
lings sind. Dazu wird der Verband mit den        sprechen. Je nach Abnehmer ist die Logistik       samkeiten und wo unterscheiden sich
Akteuren einzeln Kontakt aufnehmen und           unterschiedlich organisiert. Zusätzlich wird      Abläufe? Wir haben die Akteure in fünf

                                                                                                                                             3/2021   19
Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse
Gruppen unterteilt, wollen aber auch die         Logistikcenter. Andere sind in regiona-            die Pflanzen zudem zu über 50 Prozent aus
 Endkunden im Auge behalten. Die Gesprä-          le Verteilzentren und zugehörige Filialen          dem Ausland. Um zu erreichen, dass all
 che und die Suche nach Lösungen laufen           gruppiert und erlauben regionalen Gärt-            diese Ware in rezyklierten Töpfen verkauft
 parallel, damit wir den gesamten Kreislauf       nereien, ihre Ware direkt zu liefern. Eine         und die Töpfe selbst wieder einem Kunst-
 nachvollziehen und optimieren können.            möglichst kleine Zahl von Transportsys-            stoffkreislauf zugeführt werden, muss man
 Dabei müssen wir die technischen und wirt-       temen könnte indessen eine Wiederver-              klären, wer was finanziert. Die Gefässe aus
 schaftlichen Besonderheiten der Gruppen          wertung vereinfachen. Diese Systeme aber           dem Import passen oft nicht in die hier
 erfassen und berücksichtigen. Weiterfüh-         müssen überzeugend sein. Dann sinken               bereits gängigen Systeme. Sie treiben die
 rend werden wir abklären, ob beispielswei-       für die Nutzer auch die Kosten.                    Kosten einer Wiederverwertung zusätzlich
 se in Deutschland oder Frankreich bereits                                                           in die Höhe.
 funktionierende Kunststoffkreisläufe umge-       Wird sich der Verband auch im Bereich der             Wir müssen einen verlässlichen Ma-
 setzt worden sind. Ausserdem müssen wir          Mehrweggebinde engagieren?                         terialkreislauf anstreben und gegenüber
 uns bewusst machen: Der Zierpflanzenhan-         Durchaus. Das Engagement von Jardin­               der Bevölkerung transparent sein. Eine zu
 del ist international. Viele Töpfe und Platten   Suisse könnte dahin ausgerichtet werden,           perfekte, alle Abläufe und Varianten um-
 kommen aus dem Ausland in die Schweiz.           möglichst auf nur ein System hinzuarbei-           fassende Lösung wird an der Wirtschaft-
 Über 50 Prozent der Pflanzen, die bei uns        ten. Im Gemüsebau beispielsweise sind seit         lichkeit scheitern. Es ist besser, die Grüne
 über den Ladentisch gehen, sind importiert.      mindestens 20 Jahren die grünen Gemüse­            Branche konzentriert sich darauf, 80 Pro-
 Verkauft werden sie in unterschiedlichen         harassen im Umlauf. Sie haben nach und             zent der Kunststoffe zu rezyklieren, und
 Gefässen, die in das Schweizer Entsorgungs-      nach eine Vielzahl von teilweise unhygie-          hält dies auch konsequent ein. Eine solche
 system gelangen.                                 nischen Verpackungen ersetzt. Doch plötz-          Strategie kommt in der Öffentlichkeit auch
    Nur mit Weitsicht können wir eine pra-        lich hat dann ein grosser Produzent aus            an. Keinesfalls darf aber der Kunststoff, der
 xistaugliche Lösung finden. Das Konzept          Marketingüberlegungen oder technischen             vom Konsument gesammelt wird, von einer
 muss durchdacht und für alle Involvierten        Gründen auf eigene Harassen gewechselt             Gärtnerei in die Kehrichtverbrennungsan-
 zweckmässig sein. Dann dient es, bei ent-        und nun hat man wieder zwei Systeme. Die-          lage abgeschoben werden.

                                                           «Pflanzen als eigentlich sympathische Produkte
                                                           ­sollen nicht nur ein gutes Gefühl geben, sondern auch
                                                            einer ­Umweltprüfung standhalten.»
                                                           Josef Poffet, Bereichsleiter Produktion und Handel bei JardinSuisse

                  Foto: Urs Rüttimann

 sprechender Kommunikation, in der Öf-            ses Beispiel zeigt: JardinSuisse hat die Mög-      Sollte das Sammeln und Wiederverwerten von
 fentlichkeit auch dem Image der Grünen           lichkeit, seine Mitglieder und die weiteren        Töpfen nicht auch gefördert werden?
 Branche. Wenn aber ein Konsument be-             Akteure der Grünen Branche zu motivieren,          Die Vorstellung, dass grosse Pflanzenpro-
 merkt, dass trotz des geschlossenen Recyc-       sich möglichst auf ein oder ganz wenige            duzenten in Zukunft mit Mehrwegtöpfen
 lingkreislaufs Kunststoffgefässe und Plastik     Mehrweggebinde zu einigen.                         kultivieren, ist meiner Einschätzung nach
 bei einer Gärtnerei im Abfall und danach                                                            nicht möglich. Das Sortieren und Reinigen
 in der Kehrichtverbrennungsanlage landen,        JardinSuisse ist bemüht, in Bern und in der        kann im Grossbetrieb nicht bewerkstelligt
 hat die Branche ein Problem.                     Bevölkerung um Verständnis zu werben. Wo           werden, umso mehr seit diesem Jahr auch
                                                  liegen die Chancen und die Grenzen dieses          der Pflanzenpass auf die Töpfe geklebt wird.
 In der Diskussion wurde das in Blumen­börsen     Unterfangens?                                      Der Aufwand ist zu hoch, zudem können
 verwendete Mehrwegsystem Palettino               JardinSuisse hat sich gut mit Politikern           die Betriebe phytosanitäre Kriterien nicht
 angesprochen. Hat dieses das Potenzial, auch     vernetzt. Ebenso sind Natur, Blumen und            einhalten.
 auf andere Grossabnehmer ausgeweitet zu          Pflanzen im Trend. Die Corona-Pandemie
 werden?                                          hat diese Entwicklung zusätzlich verstärkt.
 Das können wir zur Diskussion stellen.           Nun sollen Pflanzen als eigentlich sympa-
 JardinSuisse wird nachfragen, ob eine            thische Produkte nicht nur ein gutes Ge-
 solche Vereinheitlichung denkbar wä-             fühl geben, sondern auch einer Umwelt-
 re. Nicht alle Grossverteiler sind gleich        prüfung standhalten. Grenzen hinsichtlich
 organisiert. Einige haben ein stark zen-         der Ökologie setzt aber die Wirtschaftlich-
 tralistisches Regime mit einem grossen           keit. Mengen- und wertmässig kommen

20   3/2021
Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse Öko-Test für die Zierpflanzenproduzenten - Jardin Suisse
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