Meldepflicht ist gut angelaufen - Amt für Wirtschaft und Arbeit

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Meldepflicht ist gut angelaufen - Amt für Wirtschaft und Arbeit
Spezialthema Bericht

                      Meldepflicht ist gut angelaufen
                      Wenige Wochen nach Beginn der Stellenmeldepflicht zeigt sich, dass die
                      neuen Vorgaben breit umgesetzt werden und die Zahl der neu gemeldeten
                      Stellen die Erwartungen übertrifft. Kritik erfolgt vor allem an teilweise nicht
                      mehr zeitgemässen Berufsdefinitionen, welche die Zuordnung meldepflich­
                      tiger Stellen erschweren.

Seit knapp drei Monaten gilt bei der Besetzung offener Stellen     führung von Berufs- und Arbeitgeberverbänden zahlreich for-
die Meldepflicht für Berufsarten mit schweizweit mindestens        muliert. Die Kritik konzentriert sich derzeit auf Bezeichnungen
acht Prozent Arbeitslosigkeit. Für Arbeitgeber und die öffentli-   für meldepflichtige Berufe, die teilweise veraltet und wenig
che Arbeitsvermittlung sind die neuen Vorgaben im Rekrutie-        detailliert sind. Die aktuelle Berufsnomenklatur ist denn auch
rungsprozess mit zusätzlichem Aufwand verbunden und die            als Schwachpunkt der Stellenmeldepflicht erkannt (vgl. S. 8).
bisher freiwillige Zusammenarbeit wurde auf eine neue Basis        Vieles hängt davon ab, wie gut die Zusammenarbeit zwischen
gestellt.                                                          den Unternehmen und der öffentlichen Arbeitsvermittlung
                                                                   klappt und wie ernst der Vorrang für Stellensuchende genom-
Auf der Ebene der Stellenmeldungen zeigt die neue Plicht be-       men wird. Umso wichtiger ist es für alle Beteiligten, dass die
reits Wirkung: Den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren           neuen Abläufe möglichst schlank und dienstleistungsorien-
(RAV) wurden seit Einführung der Meldepflicht markant mehr         tiert umgesetzt werden. Im Kanton Zürich wurde für die neue
Stellen gemeldet, allein im ersten Monat Juli erhöhte sich ihre    Aufgabe das Stellenmeldezentrum als zentrale Anlaufstelle
Zahl gesamtschweizerisch um knapp 80 Prozent auf insge-            eingerichtet (S. 5 und 6). Erste Echos der Unternehmen zu
samt gut 30 000, wovon 14 284 meldepflichtig waren. Im Au-         Meldepflicht und Zusammenarbeit mit den RAV stimmen zu-
gust erhöhten sich die gesamtschweizerischen Stellenmel-           versichtlich (S. 10). Bei den Arbeitsmarktbehörden, die mit
dungen auf 36 410, wovon 21 503 der Meldepflicht unterstellt       den neuen verpflichtenden Abläufen genau beobachtet und
waren. Im Kanton Zürich wurden im Juli und August 4700 mel-        an ihren Dienstleistungen gemessen werden, ist vielerorts
depflichtige und 2900 nicht meldepflichtige Stellen gemeldet.      Aufbruchstimmung zu spüren: Das Bewusstsein ist vorhan-
Auch die Zahl der Stellen, die nicht der Meldepflicht unterlie-    den, dass sich der Mehraufwand lohnt, weil er einer wichtigen
gen, erhöhte sich erfreulicherweise. Dies auch, weil Arbeitge-     Sache dient – der möglichst guten Wirkung der Stellenmelde-
ber teilweise verunsichert sind, ob eine Stelle tatsächlich der    pflicht.
Meldepflicht unterliegt. Bei Verstössen gegen die Meldepflicht
droht eine Busse von bis zu 40 000 Franken.                                                          Irene Tschopp, Kommunikation AWA

Für die Kontrolle der Einhaltung der Stellenmeldepflicht sind
die Kantone zuständig, welche selber bestimmen können,
welche Behörden die Überprüfung zweckmässigerweise
durchführen. Der Kanton Zürich hat die Kontrollzuständigkeit        Stellenmeldepflicht für 19 Berufsarten
dem Bereich Arbeitsbedingungen im Amt für Wirtschaft und            Die Bundesversammlung entschied im Dezember 2016 die Umset-
Arbeit und damit der für das Schwarzarbeitsgesetz zuständi-         zung der sogenannten Masseneinwanderungsinitiative aus dem
gen Vollzugsbehörde zugewiesen. Die Kontrollen sollen dienst-       Jahr 2014 durch eine Anpassung des Ausländergesetzes. Damit in-
leistungsorientiert, beratend und mit möglichst geringem ad-        ländische Erwerbstätige bei der Besetzung neuer Stellen bevorzugt
ministrativem Aufwand durchgeführt werden. Im ersten Jahr           behandelt werden, wurde die Stellenmeldepflicht für Berufsarten mit
stehen vor allem die Beratung und die Sensibilisierung der          überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit festgelegt. Eine zeitlich
betroffenen Arbeitgebenden im Vordergrund.                          gestaffelte Einführung dieser Meldepflicht soll helfen, die konkreten
                                                                    Prozesse und Abläufe einzuspielen und Erfahrungen zu sammeln,
Evaluation der Meldepflicht nach einem Jahr                         bevor das Volumen meldepflichtiger Stellen erhöht wird.
Die Frage nach der Wirkung der Meldepflicht auf den Arbeits-
markt, die Arbeitslosigkeit und die Zuwanderung im weitesten        Seit dem 1. Juli 2018 gilt die Meldepflicht für 19 Berufsarten mit ge-
                                                                    samtschweizerisch mindestens acht Prozent Arbeitslosigkeit, ab
Sinne ist derzeit noch nicht möglich. Sie wird ein Jahr nach
                                                                    Januar 2020 sinkt dieser Schwellenwert auf fünf Prozent. Die aktuell
der Einführung durch den Bund erfolgen. Weil in den ersten
                                                                    meldepflichtigen Berufsarten werden durch 263 detaillierte Berufs-
Monaten mit Einführungs- und Lerneffekten zu rechnen ist
                                                                    bezeichnungen konkretisiert.
und Stellenmeldungen saisonal schwanken, sollte für die Be-
urteilung der Wirkung ein ganzes Jahr verstrichen sein.             > Weitere Infos zur Stellenmeldepflicht:
                                                                    www.arbeit.swiss/stellenmeldepflicht
Befürchtungen betreffend bürokratische Leerläufe bei der Ab-        www.stellenmeldepflicht.zh.ch
wicklung der Stellenmeldepflicht wurden im Vorfeld der Ein-

                                            4 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Meldepflicht ist gut angelaufen - Amt für Wirtschaft und Arbeit
Spezialthema Bericht

Etappen der Stellenmeldepflicht
Im Kanton Zürich koordiniert das Stellenmeldezentrum die Prozesse der Meldepflicht

                                                  P U B L I K A T I O N S V E R B O T

          Arbeitstage             0               1                  2                   3             4             5            1 … 30

Arbeitgeber               Meldung und                                             Dossierprüfung                              Rückmeldung an SMZ
                          Erfassen von
                          offener Stelle

                          arbeit.swiss

Stellenmeldezentrum                              Dossierselektion und Dossiervorschläge an AG
(SMZ)                     Bestätigung
                          an AG

                          Stelle im ge­
                          schützten
                          Job-Room
                          aufgeschaltet

Regionale Arbeits­                         Interner
vermittlungszentren                        Suchprozess
(RAV)                                      Dossiers an SMZ

Stellensuchende                                        Direkte Bewerbung von Stellensuchenden aus CH
RAV

                          arbeit.swiss
                          Job-Room

Zentrale Anlaufstelle für Arbeitgeber mit meldepflichtigen Berufen
Das Stellenmeldezentrum des Kantons Zürich (SMZ) steuert den gesamten Verlauf
der Bearbeitung einer meldepflichtigen Stelle.

Seit dem 1. Juli 2018 sind Arbeitgeber verpflichtet, offene Stellen          Nach Eingang der Stellenmeldung erteilt das SMZ den 16 Re-
in Berufsarten mit schweizweit mindestens 8 Prozent Arbeits­                 gionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) des Kantons Zürich
losigkeit der öffentlichen Arbeitsvermittlung zu melden. Arbeit-             den Auftrag, passende Dossiers zu identifizieren und zu prü-
geber können ihre Stelle online über das Portal arbeit.swiss,                fen, welche Stellensuchenden die spezifischen Anforderungen
telefonisch oder persönlich melden. Nach Eingang der Bestäti-                erfüllen und ob sie verfügbar sind. Die RAV übermitteln dem
gung der öffentlichen Arbeitsvermittlung über die korrekte Er-               SMZ innerhalb eines Arbeitstages ihre Dossiervorschläge, aus
fassung der Stelle beginnt das Publikationsverbot von fünf                   denen das SMZ die Endauswahl trifft und welche es dem Arbeit-
Arbeitstagen. Während dieser Zeit ist diese Stelle im geschütz-              geber nach spätestens drei Arbeitstagen übermittelt. Arbeitge-
ten Job-Room exklusiv für registrierte Stellensuchende zugäng-               ber sind verpflichtet, Rückmeldung zu den eingereichten Dos-
lich.                                                                        siers zu erstatten, und sind gebeten, dies innerhalb von dreissig
                                                                             Tagen zu tun.
Um den Aufwand für Arbeitgeber gering zu halten, wurde im
Kanton Zürich das Stellenmeldezentrum (SMZ) eingerichtet.

                                            Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018         5
Spezialthema Interview

                      Der Start ist geglückt
                      Mit Einführung der Stellenmeldepflicht übertraf die Zahl der gemeldeten
                      Stellen schweizweit wie auch im Kanton Zürich die Erwartungen. Edgar
                      Spieler, Leiter Bereich Arbeitsmarkt beim Amt für Wirtschaft und Arbeit,
                      und René Panholzer, Leiter des Zürcher Stellenmeldezentrums, über erste
                      Erfolge und Herausforderungen der Meldepflicht.

Wie ist die bisherige Bilanz seit            Sämtliche Arbeitgeber mit meldepflich­        seres Teams im Stellen­meldezentrum,
der Einführung der Stellenmelde­             tigen Berufen haben dadurch einen kla-        analog zur branchen­orientierten Bera-
pflicht?                                     ren Ansprechpartner. Es gibt im Stellen-      tung in den Regionalen Arbeitsvermitt-
René Panholzer: Aus unserer Sicht ist die    meldezentrum keinen Zielkonflikt für          lungszentren.
Einführung der Stellenmeldepflicht ge-       die Situation, dass einerseits viele Stel-
glückt. Die Zusammenarbeit mit Arbeit-       len eintreffen und andererseits sich          Mit welchen Fragen gelangen die
gebern wie auch mit privaten Arbeitsver-     viele Stellensuchende beim Regionalen         Arbeitgeber ans Stellenmeldezent­
mittlern gestaltet sich sehr gut.            Arbeitsvermittlungszentrum anmelden –         rum und an die RAV?
Wir wurden von der grossen Anzahl an         eben weil das Stellenmeldezentrum             René Panholzer: Die allerwichtigste Fra-
Stellenmeldungen überrascht: Allein im       ausschliesslich den Fokus auf die Bear-       ge lautet: Ist meine Stelle meldepflichtig?
ersten Monat Juli wurden über 2500 mel-      beitung der meldepflichtigen Stellen          Die im Stellenmeldetool hinterlegten
depflichtige Stellen gemeldet, mehr als      richtet.                                      Berufsbezeichnungen sind nicht auf al-
doppelt so viele wie erwartet. Positiv          Eine weitere Zürcher Eigenheit ist der     len Ebenen zeitgemäss. Hier beraten wir
überrascht sind wir auch von der Tat­        zweistufige Prozess, den wir zur Quali-       Arbeitgebende und leisten auch tech­
sache, dass 99 Prozent der Stellen elek­     tätssicherung eingeführt haben. Die           nischen Support bei der Erfassung der
tronisch über das Erfassungstool auf         16 Zürcher Regionalen Arbeitsvermitt-         Stelle.
arbeit.swiss gemeldet werden. Das re­        lungszentren treffen eine Vorauswahl
duziert den Aufwand für alle Parteien.       passender Kandidatinnen und Kandi­            Edgar Spieler: Die RAV haben im Rah-
                                             daten. Sie prüfen, welche Stellensuchen-      men ihrer eingespielten Kundenkontakte
Edgar Spieler: Wir haben auch mehr           den die spezifischen Anforderungen            ebenfalls eine wichtige Informationsauf-
nicht meldepflichtige Stellen erhalten als   er­füllen und ob sie verfügbar sind. Aus      gabe rund um die Stellenmeldepflicht.
bisher, über 1400 im Juli. Wir erklären      dieser Kandidatenauswahl trifft das Stel-     Die Fragen sind nicht immer eindeutig
uns dies mit zwei Gründen: einerseits mit    lenmeldezentrum die Endauswahl und            beantwortbar. Zum Beispiel kann eine
der Vorsicht der Arbeitgeber, die Melde-     übermittelt die Dossiers an Arbeitgeber.      Stelle aus einer Mischfunktion bestehen,
pflicht nicht zu verletzen, andrerseits      Dieser zweistufige Prozess ist match­         etwa wenn ein gesuchter Koch gleich­
auch mit der Wertschätzung einer guten       entscheidend für die Qualität der Vor-        zeitig Geschäftsführer ist. Der Beruf des
Dienstleistung der öffentlichen Arbeits-     schläge.                                      Kochs ist meldepflichtig, der Geschäfts-
vermittlung. Wir erhalten Feedbacks von                                                    führer hingegen nicht. Solche Grenzfälle
Unternehmen, welche sagen: «Wenn ihr         René Panholzer: Wir versuchen, die            stellen auch uns immer wieder vor Her-
uns so gute Kandidatinnen und Kandida-       Prozesse wo immer möglich einfach zu          ausforderungen. Arbeitgebende wollen
ten vorschlagen könnt, haben wir auch        gestalten. Zum Beispiel erhalten Arbeit-      sich auch von unseren RAV beraten las-
ein Interesse, euch unsere nicht melde-      geber mit den Kandidatenvorschlägen           sen über Pozesse und Abläufe der Mel-
pflichtigen Stellen anzugeben.»              auch gleich das Feedbackformular, so-         depflicht, weil eine gewisse Verunsiche-
                                             dass sich ihre Rückmeldung, zu der sie        rung vorhanden ist aufgrund möglicher
Welches sind Zürcher Eigenheiten             verpflichtet sind, unkompliziert gestaltet.   Bussen.
bei der Umsetzung der Stellenmel­            Weiter werden unsere Kandidatinnen
depflicht?                                   und Kandidaten per SMS informiert,            Was kann man bereits zum Ar­
Edgar Spieler: Wir haben im Kanton Zü-       wenn wir ihr Dossier einem Arbeitgeber        beitslosenvorrang der angemelde­
rich mit dem Stellenmeldezentrum eine        unterbreiten. Dadurch sind sie vorberei-      ten Stellensuchenden sagen?
zentrale Organisationseinheit aufgebaut,     tet auf den Fall, dass sich der Arbeitge-     Edgar Spieler: Unsere RAV stellen fest,
die für die Prozesse der Meldepflicht und    ber bei ihnen meldet. Bewährt hat sich        dass bisher nur eine Minderheit der Stel-
deren Umsetzung verantwortlich ist.          auch die Spezialisierung auf Berufe un-       lensuchenden den passwortgeschützten

                                             6 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Spezialthema Interview

Zugang im Job-Room nutzt. Die Regi­s­
trierung für das Login ist relativ kompli-
ziert, vergleichbar mit Verfahren des
E-Banking und entsprechenden Sicher-
heits- und Datenschutzanforderungen.
In den RAV beraten und unterstützen wir
Stellensuchende bei diesem Prozess –
schwerpunktmässig jene Personen mit
meldepflichtigen Berufen. Aktuell stehen
deshalb klar die Kandidatenvorschläge
der öffentlichen Arbeitsvermittlung
im Vordergrund und noch weniger der
direkte und exklusive Zugang der
Stellensuchenden zu meldepflichtigen
Stellen.

Welches sind zu klärende Fragen
im Hinblick auf die zweite Etappe            Edgar Spieler, Leiter Bereich Arbeitsmarkt beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, und
der Stellenmeldepflicht ab Januar            René Panholzer, Leiter des Zürcher Stellenmeldezentrums, ziehen eine positive Bilanz zur Einführung
                                             der Stellenmeldepflicht.
2020, wenn der Schwellenwert
der meldepflichtigen Berufe auf
5 Prozent Arbeitslosigkeit gesenkt
wird?                                        beim Handling der Rückmeldungen der
Edgar Spieler: Auf Systemebene sind          Arbeitgeber. Dies ist wichtig im Hinblick
dies drei Aspekte: Erstens braucht es        auf das Monitoring der Stellenmelde-
eine Revision der Schweizerischen Be-        pflicht, welches Hinweise zum Erfolg der
rufsnomenklatur, auf der die Meldepflicht    Stellenmeldepflicht geben wird. Der
basiert. Dass die aktuelle Kategorisie-      dritte Aspekt betrifft ein Matching-Tool,
rung sowie Zuordnung der Berufstitel         bei dem anhand der Berufsbezeichnun-
überarbeitet werden muss, ist erkannt –      gen und der gesuchten Fähigkeiten ein
eine Arbeitsgruppe des Bundes nimmt          automatisierter Abgleich mit den Dossi-
diese Auf­gabe gemeinsam mit den So­         ers der Stellensuchenden erfolgen kann.
zialpartnern in Angriff. Dieser Punkt ist    Ein solches Tool würde die Vorauswahl
zentral, denn bei höherem Meldevolu-         der Kandidatinnen und Kandidaten be-
men ab 2020 würden entsprechende Un­         schleunigen. Vieles wird heute noch von
klarheiten bei der Zuordnung der Stellen     Hand erledigt, was über entsprechende
der Akzeptanz und Wirkung der Melde-         IT-Lösungen automatisiert und beschleu­
pflicht schaden. Zweitens brauchen wir       nigt werden kann.
bei der IT im Meldeprozess noch eine
bessere Unterstützung und Führung un-                                     Interview:
serer internen Prozesse, beispielsweise           Irene Tschopp, Kommunikation AWA

                                        Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018      7
Spezialthema Bericht

                       Berufsnomenklatur als Achillesferse
                       der Stellenmeldepflicht
                        Die Kritik an der Stellenmeldepflicht konzentriert sich auf die verwendeten
                        Berufsbezeichnungen, welche teilweise veraltet und zu wenig detailliert
                        sind. Die Berufsnomenklatur wird deshalb überarbeitet, um spätestens auf
                        die zweite Etappe der Stellenmeldepflicht Anfang 2020 mit tieferem
                        Schwellenwert der Arbeitslosigkeit zur Verfügung zu stehen.

Die Grundlage der meldepflichtigen Berufe ist die sogenannte         Berufe wegen überholten Berufsbezeichnungen verfälscht
Schweizerische Berufsnomenklatur (SBN) aus dem Jahr 2000.            werden könnte.
Sie enthält rund 22 000 Einzelberufe, die nach einer
wirtschafts­
           orientierten Struktur gruppiert sind (zum Beispiel        Das Problem ist erkannt: Die aktuell verwendete Berufsno-
Berufe des Bauhauptgewerbes, Berufe des Gesundheitswe-               menklatur wird derzeit überarbeitet. Das Bundesamt für Statis-
sens).                                                               tik und das Staatssekretariat für Wirtschaft haben vor den
                                                                     Sommerferien bei den Berufsverbänden deren Bedürfnisse
Die verwendeten Berufsbezeichnungen entsprechen oft nicht            abgeholt. Aktuell gebräuchliche Berufsbezeichnungen sollen
mehr der heutigen Arbeitsrealität und sind teilweise zu wenig        möglichst differenziert aufgenommen, veraltete und nicht
detailliert. Dadurch ist für Arbeitgeber wie auch für Arbeits-       mehr verwendete Bezeichnungen gestrichen und eine Klassi­
marktbehörden nicht immer sofort ersichtlich, ob eine neu zu         fikation nach Qualifikationsniveaus ermöglicht werden. Neu
besetzende Stelle meldepflichtig ist. Es besteht auch die            soll die internationale Berufsklassifikation ISCO-08 als Basis
Schwierigkeit der inhaltlichen Abgrenzung zwischen den Be-           dienen und an die schweizerischen Verhältnisse angepasst
rufsbezeichnungen. Ein «Callcenter-Agent» ist beispielsweise         werden.
meldepflichtig, der «Verkäufer per Telefon» nicht. Oder «Kuriere»
sind meldepflichtig, «Chauffeure» hingegen nicht. Die verwen- Die revidierte Berufsnomenklatur soll auf spätestens viertes
deten Kategorien sind in Bezug auf das gesuchte Qualifikati- Quartal 2019 verfügbar sein, damit die neue Liste meldepflich-
onsniveau ausserdem wenig differenziert.                          tiger Berufe darauf basierend erstellt werden kann. Im Januar
                                                                  2020 tritt die zweite Phase der Stellenmeldepflicht in Kraft mit
Revision bis 2020                                                 tieferem Schwellenwert von schweizweit mindestens fünf Pro-
Die Kritik der Arbeitgeber fokussiert sich deshalb stark auf die zent Arbeitslosigkeit. Ab diesem Zeitpunkt wird das Volumen
statistische Grundlage der Meldepflicht und die damit einher- meldepflichtiger Stellen merklich steigen – Unklarheiten bei
gehenden Schwierigkeiten bei der Zuordnung ihrer offenen der Zuordnung der Stellen sollten dann möglichst behoben
Stellen. Die von der Meldepflicht stark betroffenen Branchen sein.
Bauhauptgewerbe, Gastronomie und Hotellerie äussern gar
Befürchtungen, dass die gemessene Arbeitslosenquote ihrer                                       Irene Tschopp, Kommunikation AWA

 Meldepflichtige Berufsarten
 Offene Stellen in den folgenden Berufsarten sind vom 1. Juli 2018   •   Etagen-, Wäscherei- und Economatpersonal
 bis 31. Dezember 2019 meldepflichtig:                               •   Küchenpersonal
                                                                     •   Hauswirtschaftliche Betriebsleiter/innen
 •   Landwirtschaftliche Gehilfen/Gehilfinnen                        •   Schauspieler/-innen
 •   Sonstige Berufe der Uhrenindustrie                              •   Arbeitskräfte mit nicht bestimmbarer manueller Berufstätigkeit
 •   Magaziner/-innen, Lageristen/Lageristinnen
 •   Sonstige be- und verarbeitende Berufe                           Die meldepflichtigen Berufsarten werden durch detaillierte
 •   Betonbauer/-innen, Zementierer/-innen (Bau):                    Berufsbezeichnungen konkretisiert. Das Staatssekretariat für
     Bauhauptgewerbe                                                 Wirtschaft führt sie in der Rubrik «Check-Up» unter
 •   Sonstige Berufe des Bauhauptgewerbes                            www.arbeit.swiss/stellenmeldepflicht auf.
 •   Verputzer/-innen, Stuckateure/Stuckateurinnen
 •   Isolierer/-innen
 •   PR-Fachleute
 •   Marketingfachleute
 •   Ausläufer/-innen und Kuriere/Kurierinnen
 •   Teleoperateure/-operatricen und Telefonisten/Telefonistinnen
 •   Empfangspersonal und Portiers
 •   Servicepersonal

                                               8 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
Spezialthema Bericht

Informationsvorsprung für Stellensuchende
Stellensuchenden, die auf den Regionalen Arbeitsvermittlungs-      Stellensuchende profitieren ebenfalls von einer Ausnahme­
zentren (RAV) angemeldet sind, bietet die Stellenmeldepflicht      regelung der Meldepflicht: Besetzen Arbeitgeber ihre offenen
einen Informationsvorsprung von fünf Arbeitstagen und erhöht       Stellen mit registrierten Stellensuchenden, entfällt die Stellen­
so ihre Chancen auf eine Anstellung. Neu werden auch Stellen       meldepflicht, da ihr Zweck bereits erfüllt ist. Im Kanton Zürich
gemeldet, die vorher gar nie ausgeschrieben wurden. Die bei        konnten in den ersten beiden Monaten der Meldepflicht 152
den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) registrierten      Stellen­suchende auf offene meldepflichtige Stellen vermittelt
Stellensuchenden profitieren dadurch von einem erweiterten         werden. Nicht enthalten in dieser Zahl sind noch nicht abge-
Jobangebot.                                                        schlossene Anstellungsprozesse – diese erstrecken sich teilweise
                                                                   über mehrere Wochen.
Die RAV beraten ihre Stellensuchenden im Hinblick auf die
Registrierung für den geschützten Job-Room. Auf dem Online-
Portal für Stellensuchende werden die meldepflichtigen Stellen
während der Sperrfrist exklusiv den bei den RAV registrierten
Stellen­suchenden zur Verfügung gestellt.

                                      Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018   9
Spezialthema Bericht

                     «Wir sind richtig begeistert»
                     Die positiven Feedbacks von Arbeitgebern, die schlanke Prozesse, persön­
                     liche Beratung und sehr gute Kandidatenvorschläge hervorheben, bestätigen
                     die vorausschauende Planung, mit der das Amt für Wirtschaft und Arbeit
                     die Umsetzung der Stellenmeldepflicht angepackt hat. Das Zürcher Stellen­
                     meldezentrum trägt zusammen mit den Kunden- und Personalberatenden
                     der RAV dazu bei, dass die Meldepflicht zu einer Chance für viele Firmen
                     geworden ist.
Der Kanton Zürich hat sein Vorhaben erfolgreich verwirklicht.     bringen. Dieses «Matching» gelingt so gut, dass Arbeitgeber
Der Inländervorrang wird schlank und dienstleistungsorientiert    sehr zufrieden reagieren und teilweise überrascht von der
umgesetzt – zur Zufriedenheit der Arbeitgeber, die die Stellen-   Qualität der Kandidatenvorschläge sind. Diese stammen von
meldepflicht mehrheitlich als Chance wahrnehmen, rasch und        den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren, wo Personalbera-
einfach zu gutem Personal zu kommen. Entgegen den                 terinnen und -berater die betrieblichen Erfordernisse wie auch
schweizweit in politischen Debatten, Medienberichten und          die spezifischen «Skills» der Stellensuchenden kennen und
von vereinzelten Wirtschaftsvertretern geäusserten Befürch-       dem Stellenmeldezentrum eine präzise Vorselektion geeigneter
tungen läuft die Bearbeitung der meldepflichtigen Stellen in      Kandidaten liefern. «Wir sind ehrlich gesagt richtig begeistert,
Zürich wie ein gut geöltes Räderwerk.                             wie gut dieser Prozess funktioniert», lautet das Feedback eines
                                                                  Firmenvertreters.
Aufwand für Arbeitgeber gering gehalten
Dies ist zum einen der frühen Informationsoffensive des Amts     Viele Arbeitgeber haben neben meldepflichtigen Stellen auch
für Wirtschaft und Arbeit zu verdanken. Die Klärung der bei Ar-  eine grosse Zahl nicht meldepflichtiger Stellen gemeldet – dies
beitgebern anstehenden Fragen wurde bereits Monate vor           teilweise in Kenntnis der reibungslosen Rekrutierungsverfah-
dem Anlaufen der Meldepflicht begonnen: an Informationsan-       ren, die ihnen die professionelle Personalvermittlung der RAV
lässen, die in Zusammenarbeit mit Branchenverbänden durch-       schon seit Jahren bietet, und teilweise aus der Vorsicht her-
geführt wurden, und in den Gesprächen der Kundenberaten-         aus, die Meldepflicht nicht verletzen zu wollen. Arbeitgeber,
den in den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) mit       welche die Zusammenarbeit mit den RAV bisher nicht kannten,
Unternehmen. In allen Zürcher Regionen laufen weiterhin In-      sind deshalb positiv überrascht oder sogar regelrecht begeis-
formationsveranstaltungen der RAV, zugeschnitten auf regio-      tert. Auch die nicht meldepflichtigen Stellen sind ein wichtiges
nal ansässige Firmen.                                            Angebot von Arbeitsplätzen für die Stellensuchenden im Kan-
                                                                 ton Zürich und werden von den Kundenberatenden in den RAV
Zum anderen hält das kantonale Stellenmeldezentrum den Auf- gleichermassen sorgfältig einem «Matching» mit stets aktuell
wand der Betriebe, die Stellen melden, nicht nur gering, es bie- gehaltenen aussagekräftigen Kandidatendossiers unterzogen.
tet Arbeitgebern flexible Beratung im gesamten Verlauf der Be-
arbeitung einer meldepflichtigen Stelle. Der Kundenkontakt ist Gut durchdachter Rundumservice
direkt und persönlich, knifflige Fragen der Arbeitgeber zu Be- Es sind nicht nur diese Qualität und der geringe Aufwand für
rufsbezeichnungen, vorgeschriebenen Fristen oder Rückmel- Arbeitgeber, die sich der Kanton Zürich für die Bearbeitung der
deprozessen werden rasch und unbürokratisch beantwortet. meldepflichtigen Stellen vorgenommen hatte und seit dem
Wie sehr die Arbeitgeber diesen Service schätzen, bezeugen 1. Juli unter Beweis stellt. Mit Vermittlungs-Know-how, Bran-
zahlreiche Feedbacks, die aus verschiedensten Branchen- chenwissen, strukturierten Prozessen und der gut abgestimm-
bzw. Berufsfeldern bei den Beraterteams eintreffen. «Ich bin ten Zusammenarbeit zwischen dem Stellenmeldezentrum und
sehr froh, dass uns in den ersten Wochen so kooperative und den RAV werden die Suchprozesse sowohl der Betriebe als
freundliche Unterstützung bei Fragen und Unklarheiten gebo- auch der Stellensuchenden beschleunigt. Dienstleistungen
ten wurde», schreibt ein Firmenvertreter. Hinzu kommt, dass wie zum Beispiel einfach zu handhabende Formulare für die
das Meldeverfahren über die Plattform www.arbeit.swiss des vorgeschriebenen Rückmeldungen der Arbeitgeber zu Kandi-
Staatsekretariats für Wirtschaft nahezu problemlos funktioniert, datenvorschlägen runden den Service in Zürich ab. Die Bilanz
wie Rückmeldungen vieler Unternehmen bestätigen.                 der ersten 100 Tage der Stellenmeldepflicht fällt hier deshalb –
                                                                 zwar mit typisch zürcherischem Stolz formuliert, aber von den
Qualität der Kandidatenvorschläge sehr geschätzt                 Feedbacks der Arbeitgeber belegt – sehr gut aus.
Die Mitarbeitenden des Stellenmeldezentrums sind Vermitt-
lungsexperten und besitzen mehrheitlich Arbeitserfahrung in                                       Lucie Hribal, Kommunikation AWA
den Berufsarten, die der Stellenmeldepflicht unterliegen. Sie
kennen die Anforderungen der Betriebe und können deshalb
Stellenbeschriebe mit passgenauen Kandidaten zusammen-

                                           10 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / September 2018
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