Vollständige Zurverfügungstellung der Vergabeunterlagen bei einem zweistufigen Vergabeverfahren

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Vergabekammer München, Beschluss v. 02.01.2018 – Z3-3-3194-1-47-08/17

Titel:
Vollständige Zurverfügungstellung der Vergabeunterlagen bei einem zweistufigen
Vergabeverfahren
Normenketten:
VgV § 17 Abs. 7, Abs. 11, Abs. 14, § 41 Abs. 1, § 55 Abs. 2, § 63 Abs. 1 S. 1
GWB § 127 Abs. 3

Leitsätze:
1. Der Auftraggeber hat gem. § 41 Abs. 1 VgV in der Auftragsbekanntmachung eine elektronische
Adresse anzugeben, unter der die Vergabeunterlagen uneingeschränkt und vollständig abgerufen
werden können. Das gilt auch für zweistufige Vergabeverfahren (OLG München, Beschl. v.
13.03.2017, Verg 15/16). (Rn. 144 und 146)
2. Die Öffnung der Angebote muss nach § 55 Abs. 2 VgV von mindestens zwei Vertretern des
öffentlichen Auftraggebers durchgeführt werden. Dies ist zu dokumentieren. Die Öffnung darf nicht
ausschließlich von Mitarbeitern eines beauftragten Büros durchgeführt werden. Sie ist ebenso wie
die Wertung ureignene Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers. (Rn. 147 – 148)
3. Zuschlagskriterien müssen gem. § 127 Abs. 3 GWB entweder einen Bezug zur zu vergebenden
Leistung haben, was bei der Darstellung von Vorgehensweisen anhand von Referenzprojekten
problematisch ist oder gem. § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV Organisation, Qualifikation und Erfahrung des
konkret für die Auftragsausführung eingesetzten Personals bewerten. (Rn. 152)
4. Werden bei der Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen die Inhalte einer Präsentation und das
Auftreten der Bieter im Präsentationstermin bewertet, ohne dass die Möglichkeit besteht, aufgrund
der Ergebnisse des Präsentationstermins die Angebote zu überarbeiten, spricht viel dafür, dass bei
einem solchen Vorgehen ein Vorbehalt gem. § 17 Abs. 11 VgV in die Bekanntmachung
aufgenommen werden muss. (Rn. 154)

Schlagworte:
zweistufiges Vergabeverfahren, Krankenhaus, Tragwerksplanung, Vorbehalt, Vergabeunterlagen,
Bewertungskriterien, elektronische Adresse, Öffnung der Angebote, öffentlicher Auftraggeber,
Bekanntmachung

Fundstellen:
LSK 2018, 382
ZfBR 2018, 310
BeckRS 2018, 382

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch die Durchführung des Verfahrens zur Vergabe der
Leistungen der Tragwerksplanung gem. § 49 HOAI, LPH 3-6, 8 und Objektplanung Ingenieurbauwerke LPH
3-9 sowie örtliche Bauüberwachung und durch die Aufhebung des Verfahrens in ihren Rechten verletzt wird.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden
Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.

3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von …,00 Euro festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

Gründe
I.

1
Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Leistungen der Tragwerksplanung gem. § 49 HOAI (LPH 3-6, 8); der
Objektplanung Ingenieurbauwerke (LPH 3 – 9) und der örtliche Bauüberwachung für das Krankenhaus V.. -
Erweiterung und Strukturanpassungzu vergeben. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte im Rahmen
einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im
Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb. Mit der Abwicklung des Vergabeverfahrens
wurde die H… (H..), …, betraut.

2
Unter Ziffer I.3 der Bekanntmachung war angegeben:

Die Auftragsunterlagen stehen für einen uneingeschränkten und vollständigen direkten Zugang gebührenfrei
zur Verfügung unter: www.deutsche-evergabe.de.

3
Unter Ziffer II.2.12 der Bekanntmachung fand sich folgender Satz:

Für die Bewerbung sind Formblätter (Bewerbungsbogen mit –matrix) unter www.deutsche-evergabe.de
abzurufen, Suchwort V…

4
Erreichbar waren zum Zeitpunkt der Bekanntmachung lediglich Unterlagen zum Teilnahmewettbewerb.

5
Nach Ziffer II.1.6 der Bekanntmachung erfolgt keine Aufteilung in Lose. Nach der Bekanntmachung (Ziff.
II.2.7) war als Vertragsbeginn der 15.08.2017 und als Vertragsende der 31.12.2023 vorgesehen, wobei
darauf hingewiesen wurde, dass die genaue Laufzeit des Vertrages zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
bestimmt werden könne und in Abstimmung mit der Antragsgegnerin festgelegt werde.

6
Nach Ziffer II.2.4 der Bekanntmachung erfolgt die Beauftragung stufen- und abschnittsweise. Ein Anspruch
auf (Weiter-) Beauftragung besteht nicht. Optionen wurden nicht zugelassen (II.2.11 der Bekanntmachung).

7
Nach Ziffer II.2.5 der europaweiten Bekanntmachung ist der Preis nicht das einzige Zuschlagskriterium, alle
Kriterien werden nur in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt.

8
Gemäß Ziffer II.2.9 der Bekanntmachung wurde als geplante Anzahl der Bewerber, die zur Angebotsabgabe
aufgefordert werden, mit 3 angegeben und darauf hingewiesen, dass bei Punktegleichheit gem. dem
vorgegebenen Bewertungsschema nach dem Losverfahren entschieden werde.

9
Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs wurden 3 Bewerber, darunter die Antragstellerin und die
Beigeladene, mit Schreiben vom 04.07.2017 zur Abgabe eines Angebots gemäß dem mitgesandten
Formblatt (Honorarangebot) bis 18.07.2017, 14:00 Uhr, aufgefordert und zu einem Verhandlungsgespräch
am 25.07.2017 geladen. Zudem wurden die Bewerber auch unterrichtet, dass das Angebot im
Vorstellungstermin nachverhandelt würde. Ferner wurden sie unterrichtet, dass gemäß den beigefügten
Auftragskriterien die Bewertung des Verhandlungsgesprächs erfolge. Die Präsentation sei analog dem
beigefügten Bewertungsbogen und den hierin enthaltenen Unterkriterien aufzubauen. Auch wurden die
Zeitvorgaben für die einzelnen Punkte des Verhandlungsgesprächs/ der Präsentation mitgeteilt. Zudem
wurden den Bewerbern über einen Link weitere Unterlagen zum Herunterladen bereitgestellt.

10
Alle drei Unternehmen gaben fristgemäß ein Honorarangebot ab.
11
Laut dem Bewertungsbogen sind als Zuschlagskriterien genannt:

1. Vorstellung der vorgesehenen Projektleiter und Erläuterung der Projektorganisation im Hinblick auf die
Projektaufgabe Gewichtung 15

2. Darstellung der planerischen Vorgehensweise bei vergleichbaren Projekten Gewichtung 10

3. Methoden der wirtschaftlichen und funktionalen Planung im Hinblick auf die Projektaufgabe, dargestellt
an einem Vergleichsprojekt Gewichtung 15

4. Honorar Gewichtung 10.

12
Die Zuschlagskriterien Nr. 1 – 3 wurden noch in Unterkriterien unterteilt und je Unterkriterium mit maximal 5
Punkten bewertet, wobei hinsichtlich der Punkteverteilung folgendes im Bewertungsbogen ausgeführt
wurde:

„Punkteverteilung je Kriterium von 0 bis 5

0 Punkte = Keine bzw. ungenügende Ausführungen

5 Punkte = Sehr nachvollziehbare und überzeugende Ausführungen.“

13
Auch das Honorar wurde in dem Bewertungsbogen in verschiedene Unterkriterien eingeteilt. Weiter wurde
mitgeteilt, dass die Bewertung durch die H.. über eine Musterhonorarrechnung erfolge. Der Bestbieter
erhalte 5 Punkte („Honorarangebot A“).

14
Weiter wurde hinsichtlich der Bewertung des Honorars mitgeteilt:

„Weitere Bieter = Honorarangebot B: 5 Punkte – [(B/A) – 1] x 5 Pkt.“

15
Nach der Angebotsabgabe forderte das mit der Vergabe betraute Büro die Antragstellerin mit E-Mail vom
21.07.2017 um kurzfristige Aufklärung und ggf. Ergänzung der fehlenden Eintragungen in Spalte
„Ingenieurbauwerke (Gruppe 7) ihres Honorarangebots bis spätestens 24.07.2017, 14:00 Uhr, auf. Mit E-
Mail vom 21.07.2017, 15:07 Uhr, übersandte die Antragstellerin ein ergänztes Angebot.

16
Am 25.07.2017 fand jeweils der Verhandlungstermin mit den Bietern im Abstand von einer Stunde statt
(09:00 Uhr, 10:00 Uhr, 11:00 Uhr). Die Unterlagen zur Präsentation brachten die Bieter zu ihren jeweiligen
Präsentationsterminen mit. Vor bzw. nach ihren jeweiligen Terminen trafen die Vertreter der Bieter
aufeinander.

17
Im Anschluss an die Verhandlung teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 25.07.2017 mit, dass sie
davon ausgehe, dass der Verfahrensbetreuer nur beratend tätig war und Protokoll geführt habe und die
Bauherrnvertreter, Herr K.. und Herr St.. die entsprechende Bewertung vornehmen. Die Antragstellerin habe
beobachtet, dass Herr St.. mehrfach weggenickt sei und frage sich deshalb, ob der Bauherrnvertreter eine
objektive Beurteilung der einzelnen Bewerber vornehmen könne, wenn diese nicht Protokoll führen und
teilweise geistig abwesend sei. Weiter bat die Antragstellerin um Stellungnahme und Erläuterung, wie die
ordnungsgemäße Durchführung bzw. objektive Auswertung des Verfahrens unter diesen Umständen
gewährleistet sei.

18
Daraufhin antwortete die H.. Projektmanagement und Beratung GmbH mit Schreiben vom 27.07.2017, dass
die Antragsgegnerin eine objektive Bewertung durchgeführt habe und im Anschluss an die Verhandlungen
eine Besprechung hinsichtlich der Büros erfolgt sei und durch die Antragsgegnerin eine Bepunktung
vorgenommen worden sei.

19
Mit Telefax vom 21.08.2017 erhielt die Antragstellerin ein Informationsschreiben nach § 62 VgV und wurde
davon unterrichtet, dass beabsichtigt sei, auf das Angebot der … Ingenieure GmbH frühestens am
01.09.2017 den Zuschlag zu erteilen. Weiter wurde die Antragstellerin informiert, wie viele Punkte das
erstplatzierte Büro bei der Bewertung und wie viele Punkte die Antragstellerin erzielt habe. Zudem wurde
der Antragstellerin ihre bei jedem Zuschlagskriterium erreichte Gesamtpunktzahl mitgeteilt.

20
Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.08.2017 unter Fristsetzung, dass sie die Gründe
für ihre Nichtberücksichtigung nicht erhalten habe.

21
Mit Schreiben vom 25.08.2017 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin noch die jeweilige
Punktbewertung der Unterkriterien der Antragstellerin und des erstplatzierten Büros mit.

22
Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 25.08.2017, dass sie hinsichtlich der Bewertung nicht
erkennen könne, welche Vor- und Nachteile ihr Angebot im Vergleich zum Angebot des erstplatzierten
Büros habe und bat um Abhilfe unter Fristsetzung bis 25.08.2017, 16.00 Uhr.

23
Mit Schreiben vom 29.08.2017 rügte der inzwischen Bevollmächtigte der Antragstellerin gegenüber der
Antragsgegnerin verschiedene Verstöße gegen das Vergaberecht.

24
Mit Schreiben vom 30.08.2017 half die Antragsgegnerin den Rügen nicht ab, lediglich zu den Vor- und
Nachteilen des Angebots der Antragstellerin wurden noch Erläuterungen abgegeben.

25
Weil die vorangegangenen Rügen die Antragsgegnerin nicht zur Änderung seiner Rechtsauffassung
bewegte, beantragte die Antragstellerin am 31.08.2017,

1. den Nachprüfungsantrag gemäß § 163 Abs. 2 Satz 3 GWB an die Antragsgegnerin (Telefax 0871/404-
1662 zu übermitteln;

2. gemäß § 168 Abs. 1 GWB geeignet Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und
eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern;

3. hilfsweise andere geeignete Maßnahmen anzuordnen, um die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens
herzustellen;

4. der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren;

5. der Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen
der Antragstellerin aufzuerlegen;

6. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.

26
Der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Die Antragstellerin sei antragsbefugt, da sie ein Interesse am Auftrag
habe und durch Nichtbeachtung von Vergabeverstößen in ihren subjektiven Rechten verletzt sei. Durch die
beabsichtigte Zuschlagserteilung sei eine Zuschlagserteilung auf das Angebot der Antragstellerin endgültig
verhindert. Bei einer Korrektur der Bekanntmachung und der Auftragsunterlagen sowie einer erneuten
Aufforderung zur Teilnahme an einem Planungswettbewerb oder Abgabe eines Teilnahmeantrags im
Rahmen eines Verhandlungsverfahrens, habe die Antragstellerin eine Möglichkeit, den Zuschlag doch noch
zu erhalten.

27
Die Antragstellerin habe auch rechtzeitig die geltend gemachten Vergabeverstöße gerügt. Sie habe selbst
alle Verstöße nicht erkannt, mit Ausnahme der unzureichenden Mitteilung im Sinne § 134 GWB. Die
Verstöße seien ihr erst durch den Verfahrensbevollmächtigten am 28.08.2017 und 29.08.2017 zur Kenntnis
gebracht worden. Alle geltend gemachten Verstöße seien weder für die Antragstellerin noch für einen
objektiven Dritten erkennbar gewesen. Für diese Verstöße sei eine ausgewiesene Kenntnis der
vergaberechtlichen Rechtsprechung und der Systematik des Vergabeverfahrens erforderlich.

28
Auch sei der Nachprüfungsantrag begründet.

1. Fehlerhafte Durchführung des Vergabeverfahrens

29
Das Vergabeverfahren sei durch die H.. Projektmanagement und Beratung GmbH durchgeführt worden.
Dies verstoße gegen den Geheimwettbewerb, das Erfordernis der Missbrauchsprävention und den
Gleichheits- und Transparenzgrundsatz. Um jedwede Gelegenheit eines Missbrauchs zu verhindern, sei
zum einen erforderlich, dass der öffentliche Auftraggeber alle Vorkehrungen zu treffen habe, dass aus den
firmenneutral aufzustellenden Vergabeunterlagen und aus der Bekanntmachung weder direkt noch indirekt
Rückschlüsse auf die freiberuflich Tätigen gezogen werden können. Da vorliegend das
Projektsteuerungsbüro bezeichnet worden sei, liege allein in der Benennung dieses Büros ein
Vergaberechtsverstoß begründet. Zum anderen dürfe die reine Ausführung des Vergabeverfahrens nicht
vom öffentlichen Auftraggeber auf den Projektsteuerer übertragen werden. Dies wurde näher ausgeführt.

30
Auch habe die Antragsgegnerin anlässlich des Verhandlungstermins keine geeignete Vorsorge getroffen um
bereits die Gefahr unzulässige wettbewerbsverzerrende Preisabsprachen zwischen den Bietern zu
verhindern.

2. Sonstige fehlerhafte Durchführung des Vergabeverfahrens

31
Gemäß Ziffer IV.1.4 der EU-Bekanntmachung sei eine phasenweise Verringerung der zu verhandelnden
Angebote bekanntgegeben worden. Es fehle vorliegend zum einen die Angabe, wie es zu einer
Verringerung komme und zum anderen habe keine Verringerung stattgefunden. Im Ganzen fehle in den
Vergabeunterlagen eine transparente Angabe, in welchen Verfahrensschritten die Antragsgegnerin das
Verfahren durchführe.

32
Außerdem sei die Antragstellerin nicht aufgefordert worden, ein endgültiges Angebot abzugeben. Dies
verstoße gegen § 17 Abs. 11 und Abs. 14 S. 1 VgV. Durch das abrupt abgebrochene
Verhandlungsverfahren habe die Antragstellerin ihr Angebot nicht mehr komplett überarbeiten und neu
ausrichtigen können.

33
Ferner sei die Festlegung der Bindefrist intransparent, da nicht deutlich werde, an welchem Datum diese
tatsächlich ende. Die Antragsgegnerin habe für jedes Angebot (Erstangebot, Folgeangebot und endgültiges
Angebot) eine nach einem festen Datum anzugebene Bindefrist festzulegen.

3. Nicht vollständige Zurverfügungstellung der Vergabeunterlagen

34
Es werde gegen § 41 Abs. 1 VgV, § 97 Abs. 1,2 und 6 GWB verstoßen, da die Vergabeunterlagen inkl.
Vertragsentwurf nicht kostenlos und vollständig zur Verfügung gestellt worden seien, weil ein Verweis auf
derzeit gültige Musterverträge HAV-KOM sowie auf die Allgemeinen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen
(AVB und ZVB) nach HAV-KOM nicht genüge.

4. Fehlende Losaufteilung

35
Das Vergabeverfahren sei nicht in die erforderlichen Lose aufgeteilt worden. Es gebe Planungsbüros, die
sich auf die Erbringung der Planungsleistungen für die Leistungsphasen 1 – 4 (ggf. auch noch 5) und
solche, die sich auf die Leistungsphasen 6 - 7 (ggf. noch 5) sowie auf 8 und 9 spezialisiert haben, daher sei
eine losweise Aufteilung in aller Regel vorzusehen. Den Bietern seien die wirtschaftliche und / oder
technische Gründe für das Absehen der Losaufteilung mitzuteilen.

5. Fehlende Angaben der Eignungskriterien in der Bekanntmachung

36
Es liege ein Verstoß gegen § 122 Abs. 4 S. 2 GWB vor, da in der vorliegenden Bekanntmachung die
Eignungskriterien nicht aufgeführt seien. Zwar könne im Bekanntmachungsformular ein Häkchen gesetzt
werden, dass auf die Vergabeunterlagen verwiesen werde, dies sei aber in der Bundesrepublik Deutschland
bei Vergabeverfahren nicht erlaubt.

6. Fehlerhafte Leistungsbeschreibung

37
Die Leistungsbeschreibung sei nicht so eindeutig und erschöpfend erfolgt, sodass die Beschreibung für alle
Unternehmen im gleichen Sinne verständlich sei und Angebote miteinander verglichen werden könnten. Die
Möglichkeit der Festlegung der konkreten Vertragslaufzeit erst nach Erteilung des Zuschlags durch
Vereinbarung zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer verhindere, dass die Bieter von den
gleichen Grundlagen bei der Erstellung ihrer Angebote ausgegangen seien. Schließlich sei unklar, welche
konkreten Leistungen hinsichtlich der Leistungsphasen erwartet würden. Ein Verweis auf die HOAI sei
insoweit nicht ausreichend. Ferner sei nicht hinreichend klar, welche Leistungen konkret der Projektsteuerer
übernehme und welche Leistungen der Tragwerksplaner zu übernehmen habe. Damit sei nicht
sichergestellt, dass vergleichbare Angebote abgegeben werden.

7. Fehlende Berücksichtigung der Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen

38
In den Vergabeunterlagen fehle die Berücksichtigung der Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit
Behinderungen oder die Konzeption für alle Nutzer. Da die von dem Planungsbüro zu erstellenden Pläne
von natürlichen Personen gelesen werden, hätte sich der öffentliche Auftraggeber hiermit
auseinandersetzen müssen. Auch hätten die Vergabeunterlagen in einfachem Deutsch abgefasst werden
müssen. Ausweislich des Erwägungsgrundes 3 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU sei bei der Umsetzung
dieser Richtlinie dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen Rechnung zu tragen, insbesondere im Zusammenhang mit der Wahl der
Kommunikationsmittel, den technischen Spezifikationen, den Zuschlagskriterien und den Bedingungen für
die Auftragsausführung. Danach müssten die Vergabeunterlagen vorlesbar sein und in leichter Sprache
gehalten sein. Auf die weiteren Ausführungen wird verwiesen.

8. Intransparente Zuschlagskriterien

39
Es sei nicht klar, welche „Unter-Unterkriterien“ gebildet worden seien. Ferner sei die Gewichtung
intransparent, da sich nicht der Preis ins Gewicht setzen lasse zu den anderen Kriterien. Es sei nicht
ersichtlich, wie der Gesamtpreis bewertet werde. Schließlich seien die Kriterien nicht hinreichend
differenziert. Damit komme dem Preis letztendlich keine Gewichtung von 10, sondern eine unklare
Gewichtung zu. Auch sei die Wertungsformel für das Honorar nicht transparent, da aus den
Vergabeunterlagen die Bewertung nicht ersichtlich sei. Es werde zudem nicht klar, ob die möglichen
besonderen Leistungen in die Berechnung des kalkulatorischen Gesamtpreises einfließen und in wieweit
auf das Zeithonorar abgestellt werde. Auf die weiteren Ausführungen wird verwiesen.

9. Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien

40
Bei den Kriterien:

– „Einbindung der Maßnahme in die Bürostruktur, Kapazitätsplanung

– Planungsablauf in Zusammenarbeit mit anderen Planungsbeteiligten

– Darstellung der Planerischen Vorgehensweise bei vergleichbaren Projekten

– Methoden der wirtschaftlichen und funktionalen Planung im Hinblick auf die Projektaufgabe dargestellt an
einem Vergleichsprojekt“

handle es sich um Eignungskriterien. Dies stelle eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und
Zuschlagskriterien dar.

10. Fehlerhafter Leistungsbeginn

41
Ausweislich Ziffer II.12.7 der EU-Bekanntmachung sei der Leistungsbeginn der 15.08.2017. Dies sei nicht
korrekt. Da das Angebot und die gesamte Kalkulation der Antragstellerin auf diesem Datum beruhe, müsse
den Bietern die Gelegenheit gegeben werden, auf Grundlage eines neuen Ausführungsbeginns ihre
Angebote auszurichten und zu kalkulieren.

11. Stufen- und abschnittsweise Beauftragung

42
Die vorgesehene Stufen- und abschnittsweise Beauftragung sei vergaberechtswidrig. Bei den
gegenständlichen Planungsleistungen handle es sich um werkvertragsrechtliche Leistungen, bei denen
gemäß § 649 BGB das Recht des Bestellers zur freien Kündigung bestehe. Kündige der Besteller, so sei
der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Dies werde durch eine stufenweise
Beauftragung verhindert. Damit sei die Klausel AGB-widrig. Zudem seien Optionen ausweislich der
Bekanntmachung nicht zugelassen.

43
Die Vergabekammer informierte die Antragsgegnerin über den Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom
31.08.2017. Mit Schreiben vom 04.09.2017 wurden Vergabeunterlagen vorgelegt.

44
Mit Antragserwiderung vom 13.09.2017 beantragte die Antragsgegnerin:

I.

45
Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakte, insbesondere Einsicht in das Angebot der
Beigeladenen, versagt.

II.

46
Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig verworfen, hilfsweise als unbegründet zurückgewiesen.

III.
47
Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens sowie die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
werden der Antragstellerin auferlegt und die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der
Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.

48
Hinsichtlich der Tätigkeit der H.. Projektmanagement und Beratung GmbH (Vorbringen IV Nr. 1 des
Nachprüfungsantrages) führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, dass dieses Büro nicht das
Vergabeverfahren durchgeführt habe, sondern die Antragsgegnerin, die sich des Büros als Dienstleister
hinsichtlich der Abwicklung des Verfahrens bedient habe. Das Büro habe die Antragsgegnerin bei der
Verfahrensdurchführung unterstützt. Dieser Umstand verstoße gegen keines der von der Antragstellerin
genannten vergaberechtlichen Prinzipien. Dieses Büro sei vorliegend weder als Bewerber noch als Bieter
beteiligt. Es sei dem öffentlichen Auftraggeber keinesfalls verwehrt, sich bei der Durchführung der
Ausschreibung der Hilfe von Projektsteuerungsbüros zu bedienen. Vorliegend habe das
Projektsteuerungsbüro lediglich die Wertungsentscheidung vorbereitet. Getroffen sei die Entscheidung
allein von der Antragsgegnerin. Entgegen den Behauptungen der Antragstellerin überschritten auch
vorliegend die Tätigkeiten der H.. Projektmanagement und Beratung GmbH nicht den zulässigen Rahmen
des Rechtsberatungsgesetzes (RDG). Es handle sich vorliegend um erlaubte Nebenleistungen, die von § 5
RDG gedeckt und damit erlaubnisfrei seien.

49
Abgesehen davon sei die Antragstellerin mit ihrem diesbezüglichen Vortrag präkludiert. Die Antragstellerin
habe im Juli 2017 diesen maßgeblichen Verstoß erkannt, ihn aber nicht rechtzeitig nach § 160 Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 GWB gerügt. Denn bereits in dem Schreiben vom 25.07.2017 habe die Antragstellerin ausgeführt,
dass sie davon ausgehe, dass der Verfahrensbetreuer, also der Vertreter der H.. Projektmanagement und
Beratungs GmbH, nur beratend tätig sei bzw. die Antragsgegnerin die entsprechende Bewertung vorgaben.
Nachdem die Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 25.07.2017 zutreffend davon ausgegangen sei,
dass die endgültige Wertungsentscheidung von der Antragsgegnerin betroffen wurde, sei nicht
nachvollziehbar, dass sie nun die Unterstützung dieses Büros als unzulässig darstellen versuche.

50
Auch die Behauptung, die Antragsgegnerin hätte nicht dafür Sorge getragen, dass die Bieter sich anlässlich
des Verhandlungstermins nicht sehen, sei falsch. Die Antragsgegnerin habe den Anforderungen des
Geheimwettbewerbs durchweg Genüge getan. Sie habe insbesondere Maßnahmen ergriffen, um die
Namen der eingeladenen Unternehmen zum Präsentationstermin geheim zu halten. Auch seien die
jeweiligen Bieter zu unterschiedlichen Uhrzeiten mit einem Abstand von einer Stunde geladen worden. Das
Risiko einer flüchtigen Begegnung sei nicht vollkommen auszuschließen, da ein Termin möglicher Weise
nicht exakt nach der geplanten Uhrzeit von jeweils 35 Minuten ende und ein anderer Bieter womöglich
früher als zur geladenen Uhrzeit komme. Abgesehen davon, gebe es im Rahmen der VgV keine Regelung,
die den Auftraggeber ausdrücklich zur Geheimhaltung der Namen der beteiligten Bieter verpflichte. Im
Gegensatz zu Bauleistungen, bei denen die Gefahr von wettbewerbsbeschränkenden Preisabsprachen
zwischen den Unternehmen bestehe, gebe die HOAI den Bietern bei Ausschreibungen von
Planungsleistungen zwingende Preisgrenzen vor, sodass keine Preisabsprachen zwischen den Bietern zu
befürchten seien.

51
Diesen behaupteten Verstoß habe die Antragstellerin im Übrigen spätestens beim Verhandlungstermin
erkannt, aber nicht gegenüber der Antragsgegnerin gerügt, so dass der diesbezügliche Vortrag bereits
präkludiert sei.

52
Hinsichtlich der Zurverfügungstellung der Unterlagen (IV. Nr. 3 des Nachprüfungsantrags) erwiderte die
Antragsgegnerin, dass alle Vergabeunterlagen unter dem in der Bekanntmachung angegebenen Link für die
Bewerber kostenlos und vollständig zur Verfügung gestellt worden seien. Dass bezüglich der
Vertragsgrundlagen auf die Musterverträge der HAV-KOM sowie bezüglich der Allgemeinen und
Zusätzlichen Vertragsbestimmungen nach HAV-KOM verwiesen worden sei, sei nicht intransparent und
nicht zu beanstanden, da davon auszugehen sei, dass deren Inhalt jedem Ingenieurbüro bekannt sei.

53
Auch sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin den Verstoß bereits aus der Bekanntmachung erkannt
habe, sodass ihre Rüge gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB präkludiert sei. Jedenfalls sei das Vorbringen
gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, 3 GWB präkludiert.

54
Zudem liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Losaufteilung (IV Nr. 4 des Nachprüfungsantrags)
vor. Es sei in der Praxis absolut üblich, die ausgeschriebenen Leistungen zusammen zu vergeben. Auch
biete der überwiegende Anteil der Ingenieurbüros die Leistungen gemeinsam an. Zudem seien die
Ingenieurbauwerke mit den unterschiedlichen Bauzuständen zu betrachten und könnten deshalb nicht von
der Tragwerksplanung des Gebäudes getrennt werden. Eine Trennung der Planung sei weder technisch
noch wirtschaftlich sinnvoll. Dies wurde noch näher erläutert.

55
Da die Antragstellerin auch beide Leistungen anbieten konnte, fehle es bereits an der Beschwer.
Abgesehen davon sei dieses Vorbringen nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2,3 GWB präkludiert, da der Verstoß
bereits aus der EU-Bekanntmachung erkennbar gewesen sei. Auch sei anzunehmen, dass die
Antragstellerin diesen angeblichen Verstoß bereits aus der Bekanntmachung erkannt habe, so dass ihre
Rüge gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB präkludiert sei.

56
Hinsichtlich des geltend gemachten Verstoßes der fehlenden Nennung der Eignungskriterien (IV Nr. 5 des
Nachprüfungsantrags) in der Bekanntmachung erwiderte die Antragsgegnerin, dass die Eignungskriterien
und das entsprechende Wertungsschema durch den in der Bekanntmachung angegebenen Link abrufbar
gewesen sei und eine explizite Aufzählung sämtlicher Eignungskriterien in Abschnitt III der
Bekanntmachung nicht erforderlich sei. Auch sei die Behauptung, wonach ein Verweis in der EU-
Bekanntmachung in einzelnen EU-Mitgliedstaaten erlaubt sei, jedoch nicht in der Bundesrepublik
Deutschland, weder belegt noch nachvollziehbar.

57
Dieser Vorwurf sei zudem auch nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 2 und 3 GWB präkludiert.

58
Hinsichtlich des geltend gemachten Verstoßes der fehlerhaften Leistungsbeschreibung (IV Nr. 6 des
Nachprüfungsantrages) erwiderte die Antragsgegnerin, dass die Leistungsbeschreibung nicht fehlerhaft
gewesen sei. Im Honorarformblatt sei angegeben worden, welche Leistungsphasen anzubieten seien und
somit die Grundleistungen dieser Leistungsphasen sowie weitere besondere Leistungen. Auch sei die
Honorarzone vorgegeben worden und zudem sei in Ziffer II.2.4 der Bekanntmachung ausführlich erläutert
worden, welchen Hintergrund und Inhalt die beschriebene Leistung habe.

59
Dieser angebliche Fehler in der Leistungsbeschreibung sei nach § 160 Abs. 3 S. 1 GWB präkludiert.

60
Auch die spätere Festlegung der Vertragslaufzeit sei vergaberechtskonform, denn vorliegend seien
ausschließlich Grundleistungen der HOAI abgefordert worden, sodass sich die Grundlage für die Erstellung
der Angebote direkt aus den Vorgaben der HOAI ergaben. Die HOAI sei nicht zeitabhängig, und damit seien
alle Angebote vergleichbar, da sie alle auf derselben Grundlage erstellt worden seien. Auch sei dieser
Einwand zum jetzigen Zeitpunkt präkludiert.

61
Gleiches gelte für die Aufteilung der Leistungen des Tragwerks und des Objektplaners. Da die
Grundleistungen sowie einzelne besondere Leistungen der HOAI abgefordert worden seien, haben sich die
konkreten jeweiligen Aufgaben direkt aus den Regelungen der HOAI ergeben. Auch dieser Einwand sei
präkludiert.

62
Es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern die Leistungsbeschreibung gegen § 121 Abs. 2 GWB verstoße
wegen fehlender Berücksichtigung der Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderung (IV Nr. 7 des
Nachprüfungsantrags). Ebenso sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Vergabeunterlagen in „einfachem
deutsch“ hätten abgefasst werden müssen. Auf die näheren Ausführungen in der Erwiderung wird
verwiesen. Die Rüge diesbezüglich sei auch präkludiert.

63
Die von der Antragsgegnerin aufgestellten bekannt gemachten Zuschlagskriterien seien ausreichend
transparent und vergaberechtskonform (Erwiderung zu IV Nr. 8 des Nachprüfungsantrags). In der rechten
Spalte der Matrix sei für die Zuschlagskriterien 1 bis 3 für jedes Unterkriterium die zu erreichende
Maximalpunktzahl, der anhand der Anzahl der Unterkriterien zu bildende Punktedurchschnitt und die
Gewichtung des jeweiligen Zuschlagskriteriums angegeben. In der Matrix sei beim Zuschlagskriterium
Honorar einige der aufgezählten Unterkriterien mit einem Sternchen gekennzeichnet. Zur Erklärung des
Sternchens werde erläutert, dass diese Unterkriterien über eine Musterhonorarrechnung bewertet werden.
Gewertet worden seien nach dem Honorarsatz (die Honorarzone sei vorgegeben worden), die Nebenkosten
sowie die für die Tragwerksplanung relevanten Besonderen Leistungen. Die Musterhonorarrechnung sei
über die in der Matrix angegebene Formel wiederum für die Honorarbewertung herangezogen worden.
Nachdem die anrechenbaren Kosten für die Tragwerksplanung und Objektplanung Ingenieurbauwerk aus
den bisherigen Projektunterlagen bekannt gewesen sind, könne man das Honorar hiermit jeweils
berechnen. Es sei auch nicht ersichtlich, warum Präsentationen in einem Verhandlungstermin nicht zu
bewerten sein sollen.

64
Ferner sei davon auszugehen, dass die behaupteten Verstöße von der Antragstellerin bereits aus der
Bekanntmachung bzw. aus dieser in Verbindung mit den weiteren Vergabeunterlagen jedenfalls erkennbar
gewesen seien und damit präkludiert seien.

65
Auch liege kein Verstoß wegen der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vor (Erwiderung zu
IV Nr. 9 des Nachprüfungsantrags), da aufgrund der festgelegten Zuschlagskriterien geprüft werden sollte,
wie die Bieter ein Projekt konkret umsetzen und über welche fachliche Qualifikation das Projektteam jeweils
verfüge. Bei sämtlichen Kriterien handle es sich nicht um Eignungs-, sondern um Zuschlagskriterien, die mit
§ 58 Abs. 2 VgV in Einklang ständen.

66
Da die Zuschlagskriterien bereits ab Veröffentlichung der Bekanntmachung zugänglich waren und ein
entsprechender Vergabeverstoß somit erkennbar gewesen sei, sei diese Rüge auch nach § 160 Abs. 1 Nr.
2, 3 GWB präkludiert. Nach der Rechtsprechung gehöre inzwischen das Gebot der Trennung von
Zuschlags- und Eignungskriterien zum allgemeinen und grundlegenden Wissen eines Bieters.

67
Hinsichtlich des Vorwurfs des fehlerhaften Leistungsbeginns (IV Nr. 10 des Nachprüfungsantrags) wurde
von der Antragsgegnerin vorgetragen, dass die zu Beginn eines Vergabeverfahrens festgelegten Termine
und Fristen naturgemäß vorläufiger Natur seien. Inwiefern das Angebot und die gesamte Kalkulation der
Antragstellerin auf diesem einem Datum beruhe, sei nicht nachvollziehbar.

68
Zu IV Nr. 11 des Nachprüfungsantrags führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, dass eine stufen-
und abschnittsweise Beauftragung Architekten- und Ingenieursrecht gängiger Praxis entspreche und
vergaberechtlich unbedenklich sei.

69
Letztlich sei der diesbezügliche Vortrag der Antragstellerin präkludiert, da ebenfalls davon auszugehen sei,
dass der Antragsteller diesen angeblichen Verstoß bereits zu Beginn des Verfahrens erkannt habe.
Jedenfalls sei das Vorbringen gemäß § 160 Abs. 2, 3 GWB präkludiert, da die vorgesehene stufen- und
abschnittsweise Beauftragung bereits in der EU-Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen bekannt
gemacht wurde und somit für die Antragstellerin erkennbar war.

70
Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig und unbegründet. Deshalb sei der Antragstellerin die Akteneinsicht
zu versagen.

71
Mit Schreiben vom 21.09.2017 nahm die Antragstellerin zu dem Schriftsatz der Antragsgegnerin Stellung
und teilte mit, dass die Antragstellerin rechtzeitig alle geltend gemachten Verstöße gerügt habe. Der
Nachprüfungsantrag sei zulässig. Der Antragstellerin seien die Vorstöße weder bekannt gewesen, noch
seien diese erkennbar. Erst nachdem die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin ihr gegenüber die
Verstöße zur Kenntnis gebracht habe, seien ihr diese bekannt gewesen.

72
Die Antragsgegnerin habe es bisher versäumt, konkret hinsichtlich jedes einzelnen Verstoßes darzustellen,
dass nicht nur die den Verstoß begründenden Tatsachen erkennbar waren, sondern auch jeweils die
rechtliche Schlussfolgerung erkennbar gewesen sei. Wenn die geltend gemachten Verstöße weder von der
Antragsgegnerin noch von dem äußerst erfahrenen beratenden Projektsteuerungsbüro erkannt worden sei,
dann seien die Verstöße erst Recht nicht für die Antragstellerin erkennbar.

73
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei der Nachprüfungsantrag auch begründet.

74
Das Verfahren sei vorliegend durch die H.. Projektmanagement und Beratung GmbH durchgeführt worden.
Dadurch, dass die Antragsgegnerin die H.. Projektmanagement und Beratung GmbH in der
Bekanntmachung genannt habe, habe sie gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs und das Erfordernis
der Missbrauchsprävention sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Außerdem habe die
Antragsgegnerin nicht delegierbare Bauherrenaufgaben auf das Projektsteuerungsbüro übertragen, indem
sie beispielsweise die Kommunikation zwischen den Bewerbern und dem Projektsteuerungsbüro habe
durchführen lassen. Es gehe hier einzig um Missbrauchsprävention, und nicht um tatsächlich
missbräuchliches Handeln, das der Antragsgegnerin nicht unterstellt werde. Dies wurde noch näher
ausgeführt.

75
Auch dass die Termine mit den Bietern an demselben Ort und lediglich in einem Abstand von einer Stunde
gelegt wurden und damit nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich die Bieter treffen – wie ja die
Antragstellerin selbst schreibe -, sei keine effektive Maßnahme um einen Geheimwettbewerb
sicherzustellen. Dadurch bedingt sei es ja dann auch zu einem Treffen von mindestens zwei Bietern
gekommen. Dies verstoße gegen das Vergaberecht und dabei helfe auch nicht, dass die Vergütung nach
der HOAI zu erfolgen habe, weil auch diese den Bietern einen Spielraum bei der Preisgestaltung lasse.

76
Ferner erläuterte die Antragstellerin nochmals, weshalb die unter IV Nr. 3 genannten Verstöße ihrer Ansicht
nach vorliegen.

77
Weiter wurde ausgeführt, dass ein Verweis auf die HAV-KOM vergaberechtswidrig sei und gegen den
Transparenzgrundsatz und gegen den Grundsatz der Produktneutralität verstoße, da es sich der HAV-KOM
um einen Markennamen handle und dieses Produkt nur gegen Entgelt von der RICHARD BOORBERG
VERLAG GmbH & Co. KG zur Verfügung gestellt werde. Es sei nicht zumutbar, diese Musterverträge
käuflich zu erwerben, obwohl sie nicht wissen, ob sie den Zuschlag erhalten. Dies Vorgehen behindere
zudem den grenzüberschreitenden Handel und verstoße gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 ff.
AEUV), die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff AEUV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV). Es
werde im Übrigen bestritten, dass jedem Ingenieurbüro in der Europäischen Union diese Musterverträge
bekannt seien.

78
Zur fehlenden Losbildung führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass bereits eine Pflicht zur
Fachlosbildung bestehe, wenn sich ein eigener Markt gebildet habe. Der Verzicht sei nur in Ausnahmefällen
gestattet. Die Antragsgegnerin ist weiter der Ansicht, dass eine Losbildung erforderlich sei. Im Übrigen sei
die Antragstellerin auch beschwert, weil sie im Falle einer Losbildung die Möglichkeit habe, besser zu
kalkulieren und ein wirtschaftlicheres Angebot auf einzelne Lose abzugeben.

79
Hinsichtlich der fehlerhaften Leistungsbeschreibung führte die Antragstellerin aus, wenn die
Antragsgegnerin vorliegend von den Bewerbern bei der Ausführung der Leistungen verlange, dass DIN-
Normen anzuwenden seien (unter Nr. 7 der Erwiderung vom 13.09.2017, S. 15), hätte die Antragsgegnerin
in der Leistungsbeschreibung darauf Bezug nehmen müssen. Da dies sie dies nicht getan habe, verstoße
dies gegen § 31 Abs. 2 Nr. 2 VgV.

80
Zudem fehle in den Vergabeunterlagen die Berücksichtigung der Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit
Behinderung oder die Konzeption für alle Nutzer. Dies Verstoße gegen § 121 Abs. 2 GWB und Art. 42 Abs.
1 Unterabs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU. Außerdem habe die Antragsgegnerin versäumt, die barrierefreie
Ausgestaltung der elektronischen Mittel nach den §§ 4 und 12 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom
27.04.2002 (BGBl. I S. 1467, 1468) zu gewährleisten. Dies wurde näher erläutert. Bei der Erstellung der
Leistungsbeschreibung sei daher herauszuarbeiten, welches Format der Kommunikation notwendig ist.
Hierzu gehöre insbesondere:

– „Informationen sammeln und Entwicklung /Erprobung der Formate Großdruck, leichte Sprache, Audio-
Format, Braille (Blindenschrift) und Gebärdensprache;

– Absprache zur Festlegung von Formaten;

– Erstellen des Prototyps des Merkblattes „Mitwirkungspflichten“ in alle Formate;

– Informationsaustausch zu Hard- und Software für Braille Bruck und Audioversion“.

81
Für die von der Antragsgegnerin vorgesehene stufen- und abschnittsweise Beauftragung fehle es an einem
sachlichen Grund. Wenn die Leistungen so eng miteinander verwoben sind, dürfen diese nicht stufen- und
abschnittsweise beauftragt werden. Es hätten Fachlose gebildet werden müssen. Bei der vorgesehenen
stufen- und abschnittsweisen Beauftragung handle es sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin
zudem um einen Vertrag mit einseitiger Option. Optionen seien aber ausweislich der Bekanntmachung
jedoch nicht zugelassen.

82
Weiter wurde ausgeführt, dass die HAV-KOM Musterverträge die Vorgaben des europäischen und
nationalen Gesetzgebers, wann wesentliche Vertragsänderungen ausnahmsweise zulässig sind, ebenfalls
nicht aushebeln. Vor diesem Hintergrund sei die konkrete Ausgestaltung der stufen- und abschnittsweisen
Beauftragung vergaberechtswidrig.
83
Daraufhin nahm die Antragsgegnerin wieder mit Schreiben vom 27.09.2017 Stellung. Hinsichtlich der
Rügeobliegenheit wies sie darauf hin, dass es sich bei Antragstellerin um ein regelmäßig in
Vergabeverfahren als Bieter, aber auch selbst als Projektsteuerer auftretendes Unternehmen handle und
dies vermuten lasse, dass die Antragstellerin mit den Gepflogenheiten und vergaberechtlichen
Anforderungen an eine Ausschreibung sehr wohl vertraut sei. Deshalb habe die Antragstellerin, wenn sie
der Ansicht sei bestimmte Vorgaben/Inhalte seien vergaberechtswidrig, bereits zu Beginn des Verfahrens
rügen müssen. Vorliegend sei durchaus anzunehmen, dass die Antragstellerin die beanstandeten Verstöße
viel früher erkannt habe bzw. erkennen musste. Auf die näheren Ausführungen wird verwiesen.

84
Die Antragsgegnerin könne nicht nachvollziehen, inwiefern ein Vergabeverstoß darin begründet sein solle,
dass die Antragsgegnerin ihr Projektsteuerungsbüro in der Bekanntmachung genannt habe. Auch die
Übertragung der Kommunikation mit den Bewerbern auf das eingesetzte Projektsteuerungsbüro stelle
keinen Vergabeverstoß dar. Dies wurde näher begründet.

85
Die Antragsgegnerin machte noch Ausführungen zum Aufeinandertreffen von Bietern, und hält ihre
Vorgehensweise bezüglich der Termine zu den Verhandlungen weiter für gerechtfertigt. Bezüglich der
vorgetragenen sonstigen fehlerhaften Durchführung der Vergabe durch die Antragstellerin verwies die
Antragsgegnerin im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 13.09.2017.

86
Trotz fehlender Beschwer der Antragstellerin in Bezug auf die nicht erfolgte Aufforderung zur Angabe eines
endgültigen Angebots, habe sich die Antragsgegnerin entschlossen der diesbezüglichen Rüge abzuhelfen.
Sie habe daher heute alle Bieter, mit denen Sie bereits ein Verhandlungsgespräch geführt habe, also auch
die Antragstellerin, nochmals zur Einreichung eines finalen Honorarangebots aufgefordert.

87
Zudem habe sich die Antragsgegnerin dazu entschlossen die HAV-KOM Musterverträge Ingenieurbauwerk
und Tragwerksplanung als Anlage der Aufforderung zur Abgabe eines endgültigen Angebots, beizufügen.
Damit sei auch dieser Rüge abgeholfen, unterstellt, der Verweis auf diese Musterverträge stelle tatsächlich
einen Vergabeverstoß dar.

88
Im Hinblick des Vortrags im Schriftsatz der Antragstellerin vom 21.09.2017 zur „besseren
Wettbewerbssituation“ (S. 10) mangle es der Antragstellerin bereits an der Antragsbefugnis, da bei einer
vermehrten Beteiligung weiterer Ingenieurbüros aus anderen EU-Mitgliedsstaaten sich die
Zuschlagschancen der Antragstellerin aufgrund der größeren Zahl an Wettbewerbern, verringert hätte. Auf
die weiteren Ausführungen hierzu wird verwiesen.

89
Die Antragstellerin verkenne, dass die Entscheidung des Auftraggebers hinsichtlich einer Losaufteilung bzw.
Gesamtvergabe unabhängig von der Entscheidung über eine stufen- und abschnittsweise Beauftragung
erfolge und beide Entscheidungen von vornherein einen völlig anderen Inhalt haben. Bei einer stufenweisen
Beauftragung handle es sich um die Bildung mehrerer Abschnitte innerhalb ein und derselben jeweiligen
Planungsleistung. Demnach komme es bei der Bildung von Stufen darauf an, wie viele Leistungsphasen ein
und derselben Planungsleistung zusammen abgerufen werden können und bei welcher Leistungsphase
eine neue Stufe bzw. Beauftragung beginnen würde. Diese Abgrenzung habe nichts mit der Frage zu tun,
ob zwei Leistungen aus sachlichen Gründen so eng miteinander verbunden sind, dass sie zusammen
vergeben werden müssen. Hier gehe es um die Frage, ob die gesamte Tragwerksplanung (unterteilt in
Stufen) aus sachlichen Gründen aus einer Hand mit der Objektplanung Ingenieurwerk (ebenfalls aufgeteilt
in Stufen) erfolgen müsse.

90
Im Übrigen wurde hinsichtlich der wirtschaftlichen und technischen Gründe der Gesamtvergabe auf den
Schriftsatz vom 13.09.2017 verwiesen.

91
Die Leistungsbeschreibung sei eindeutig und erschöpfend erfolgt. Es sei vollkommen realitätsfern von
einem öffentlichen Auftraggeber zu verlangen, dass er bei jeder Ausschreibung jede einzelne, für das
entsprechende Tätigkeitsfeld einschlägige Spezialvorschrift und technische Norm kenne und angebe. Die
Kenntnis Normen für entsprechende Berufsfelder sei Sache der Bewerber und Bieter. Gegen § 31 Abs. 2
Nr. 2 VgV sei vorliegend daher nicht verstoßen.

92
Auch sei nicht nachvollziehbar, was die Antragstellerin mit ihrem Vortrag zur angeblichen
Nichtberücksichtigung von Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderung bezwecke und worin ihre
diesbezügliche Beschwer liegen solle. Die Antragstellerin sei diesbezüglich schon nicht antragsbefugt, da
sich eine Chancenbeeinträchtigung hinsichtlich des Zuschlags vorliegend nicht ersichtlich sei. Die
Antragstellerin habe nicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass und inwiefern die angebliche
Nichtbeachtung der Vorgaben zur Barrierefreiheit ihre Aussicht auf den Zuschlag tatsächlich beeinträchtige
oder ihre Zuschlagschance zumindest verschlechtern könnte. Die Antragstellerin beschränke sich auf
allgemeine rechtliche Ausführungen. Ein Verstoß liege hier nicht vor. Auf die weiteren Ausführungen dazu
wird verwiesen.

93
In Bezug auf die rechtmäßige stufen- und abschnittsweise Beauftragung verkenne die Antragstellerin, dass
die Entscheidung über eine Losaufteilung bzw. Gesamtvergabe unabhängig von der Entscheidung über
eine stufen- und abschnittsweise Beauftragung sei. Zudem übersehe die Antragstellerin, dass der
vorliegende Stufenvertrag keine Option i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 GWB sei, denn bei der stufenweisen
Beauftragung sei es regelmäßig so, dass der Auftragnehmer sich einseitig binde, die Leistungen der
weiteren Stufen zu erbringen, wenn sie innerhalb von einer bestimmten Zeit nach der Erbringung der letzten
Leistungsstufe vom Auftraggeber abgerufen werden. Dabei sei von Anfang an klar, welche Leistungen
grundsätzlich benötigt werden. Hingegen biete sich an, bei nur möglicherweise benötigten Besonderen
Leistungen diese als Option i. S. der § 132 Abs. 2 Nr. 1 GWB auszuschreiben. Somit sei im Fall einer
Option i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 GWB anders als bei der stufenweisen Beauftragung gerade noch nicht klar,
ob und welche besonderen Leistungen tatsächlich benötigt werden.

94
Auf die weiteren Ausführungen in dem Schriftsatz wird verwiesen.

95
Mit Verfügungen vom 28.09.2017 und 06.11.2017 wurde die Frist bis zur Entscheidung der Vergabekammer
gem. § 167 Abs. 1 S. 2 GWB bis zum 22.12.2017 verlängert.

96
Mit Schreiben vom 02.11.2017 hat die Vergabekammer die Antragstellerin und die Antragsgegnerin darauf
hingewiesen, dass die Antragstellerin in ihrem indikativen Honorarangebot vom 17.07.2017 in Spalte
„Ingenieurbauwerke (Gruppe 7) bei der Honorarzone nicht den Satz (unten Mitte, oben) angegeben hat und
aufgrund § 56 Abs. 3 VgV erhebliche Zweifel bestehen, ob diese Angaben nachgefordert werden durften.

97
Mit Schreiben vom 03.11.2017 teilte die Antragsgegnerin unter anderem mit, dass die Unterlagen für die
Bewerbung zum Verhandlungsverfahren über einen Link zu überreichen gewesen seien und dabei im
Suchfeld „V..“ einzugeben sei, um die Ausschreibung zu finden. Den zum Verhandlungsverfahren
eingeladenen Büros seien dann mit dem Einladungsschreiben am 04.07.2017 umfangreiche
Projektunterlagen über eine Plattform bereitgestellt worden.

98
Die Antragsgegnerin teilte mit Schreiben vom 07.11.2017 mit, dass im finalen Honorarangebot der
Antragstellerin vom 29.09.2017 erneut Angaben zum Honorarzonensatz (unten, Mitte, oben) sowohl in
Spalte „Ingenieurbauwerke (Gruppe 7) als auch in der Spalte „Tragwerksplanung“ gefehlt haben. Bereits
aus diesem Grund könne das Angebot der Antragstellerin nicht bezuschlagt werden, sondern sei zwingend
von der weiteren Wertung auszuschließen. Ferner wurden noch weitere Vergabeunterlagen im
Zusammenhang mit den finalen Honorarangeboten sowie eine Mitteilung nach § 134 GWB an die
Antragstellerin vom 10.10.2017 übersandt, aus der hervorging, dass weiterhin beabsichtigt sei, der
Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, da ihr Angebot als wirtschaftlichstes Angebot erwiesen habe.

99
Der ehrenamtliche Beisitzer hat die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie
im Falle eines Rücknahmebeschlusses mit Schreiben vom 08.11.2017 auf den Vorsitzenden und den
hauptamtliche Beisitzer übertragen.

100
Der Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 08.11.2017 Einsicht in den Vergabevermerk der Vergabestelle
gem. § 8 Abs. 2 VgV sowie die Wertungsunterlagen und die Vergabedokumentation, hinsichtlich der
getroffenen Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers, gewährt.

101
Mit Beschluss vom 08.11.2017 wurde die Bieterin, die bezuschlagt werden soll, beigeladen.

102
Die Vergabekammer hat mit Schreiben vom 09.11.2017 die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am
05.12.2017, um 10.30 Uhr, geladen.

103
Mit Schreiben vom 12.11.2017 nahm die Antragstellerin zu dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom
03.11.2017 sowie zur gewährten Akteneinsicht Stellung.

104
Die Antragstellerin führte aus, dass die Antragsbefugnis nicht deshalb entfalle, weil die Antragsgegnerin die
Auffassung vertrete, dass das endgültige Angebot der Antragstellerin wegen fehlender Preisangaben
auszuschließen sei. Die Antragsgegnerin habe die Antragstellerin nicht unverzüglich über die Gründe
informiert, warum sie das Angebot von der Wertung ausschließe. Eine verspätete Information, die über die
Schriftsätze in einem Nachprüfungsverfahren erfolge verstoße gegen den Grundsatz der Transparenz. Ein
Ausschluss komme nicht in Betracht. Gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV könnten Angebote nur ausgeschlossen
werden, wenn die Angebote nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten. Vorliegend seien die
Preisangaben gerade nicht erforderlich gewesen. Nach § 7 Abs. 5 der HOAI gelte hierzu, sofern bei
Auftragserteilung nicht etwas anderes schriftlich vereinbart worden sei, werde unwiderleglich vermutet, dass
die jeweiligen Mindestsätze vereinbart seien. Damit sei eindeutig der Mindestsatz vereinbart, wenn keine
Angabe gemacht worden sei. Es handle sich nicht um eine fehlende erforderliche Preisangabe. Auch kenne
die HOAI keinen „Satz (unten, Mitte, oben“, deshalb könne ein Bieter nicht ausgeschlossen werden, wenn
eine nicht zulässige Angabe gefordert werde. Die HOAI kenne lediglich einen Rahmen zwischen
einschließlich Mindestsatz und einschließlich Höchstsatz. Mache ein Bieter keine Preisangaben, gelte
unwiderleglich der Mindestsatz als angeboten. Unabhängig davon, bestünde vorliegend eine Vielzahl von
Vergaberechtsverstößen, die zu einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens führten. Dadurch bestehe
für die Antragstellerin die sog. „zweite Chance“. Auch habe die Antragsgegnerin bei den sog. indikativen
Angeboten vermeintlich fehlende Angaben nicht nachfordern dürfen. Die Antragsgegnerin verwies dazu auf
den Beschl. des OLG Düsseldorf vom 29.06.2017, Verg 7/17.

105
Darüber hinaus machte die Antragsgegnerin eine Vielzahl weiterer Vergabeverstöße, insbesondere zur
Dokumentation geltend. Auf die entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz wird verwiesen. Insbesondere
rügte sie auch die Anwendung nicht bekannt gemachter Unter-Unterkriterien Ausweislich der
Dokumentation seien hinsichtlich „3. Methoden der wirtschaftlichen und funktionalen Planung im Hinblick
auf die Projektaufgabe, dargestellt an einem Vergleichsprojekt“ folgende nicht bekanntgegebene Unter-
Unterkriterien bewertet worden:

– Investitionskosten

– Bauzeitverkürzungen

– Konzentrierte Maßnahmen, Bauabschnitte

– Einsparvorschläge

– Alternativen

– Marktsituation, Materialwahl.

106
Bei dem Unterkriterium „Methoden/Beratung zur Sicherstellung einer funktionalen Planung“ seien folgende
nicht bekanntgemachte Unter-Unterkriterien bewertet worden:

– Funktionsabläufe

– Kennwerte /Vergleiche / Verhältniszahlen

– Nutzerabstimmungen.

107
Damit habe die Antragsgegnerin gegen die Dokumentationspflicht des § 8 Abs. 2 Nr. 12 VgV verstoßen.
Hätte die Antragstellerin diese Unter-Unterkriterien gekannt, hätte sie ihr Angebot anders konzipiert.

108
Außerdem sei die konkrete Bewertung nicht aussagekräftig. Beispielsweise werde nicht deutlich, was mit
„Zuarbeit LPH 6:LV“ gemeint sei und inwieweit dies in die Bewertung eingeflossen sei.

109
Zudem fehlten Namen, Datum sowie Uhrzeit und Unterschrift der bewertenden Personen.

110
Trotz des Umstandes, dass die Antragstellerin hinsichtlich dieser Kriterien die volle Punktzahl erhalten
habe, liege eine Rechtsverletzung der Antragstellerin vor, weil durch eine ausdifferenzierte Bewertung die
Antragstellerin zwar erneut die volle Punktzahl, die Beigeladene jedoch weniger Punkte hätte erhalten
können aufgrund der erforderlichen vergleichenden Bewertung.

111
Hinsichtlich der Bewertung des Kriteriums „Vorstellung der vorgesehenen Projektleiter und Erläuterung der
Projektorganisation im Hinblick auf die Projektaufgabe“ sei bewertet worden, dass die Beigeladenen die
kurzfristige Vorort-Verfügbarkeit des Projektleiters und des Stellvertreters überzeugender dargestellt habe.
Aber dieses Unter-Unterkriterium „überzeugende Darstellung“ sei den Bewerbern jedoch vor der Abgabe
der Angebote weder bekanntgegeben worden, noch habe die Überzeugungskraft einen konkreten
Auftragsbezug. Auch die Bewertung „Gesamteindruck der Präsentation“ weise keinen konkreten Bezug zum
Auftragsgegenstand auf und sei daher vergaberechtswidrig. Insgesamt fehle eine hinreichend ausführliche
vergleichende Bewertung der verschiedenen Angebot, die anhand aller bekanntgegebenen Kriterien
nachvollzogen werden könne. Zudem sei hinsichtlich der „Methoden der wirtschaftlichen und funktionalen
Planung im Hinblick auf die Projektaufgabe, dargestellt an einem Vergleichsprojekt“ der Bezug zu
Referenzen bewertet worden. Dies sei eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien.

112
Mit Schreiben vom 21.11.2017 teilte die Antragsgegnerin nochmals mit, dass das Angebot der
Antragstellerin wegen fehlender Preisangaben bereits wegen § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV von der Wertung
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