Aufgeschoben ist nicht aufgehoben - FÜR MITARBEITENDE - Evangelische Kirche von ...
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3–2021 FÜR MITARBEITENDE Aufgeschoben ist nicht aufgehoben Foto: Adobe Stock ABGESAGT Terminverschiebungen in Corona-Zeiten GEDULDSPROBE Was ist wann wieder möglich in der Kirche?
INHALT | EDITORIAL Inhalt Liebe Leserinnen, liebe Leser, zu dieser Ausgabe von blick in die kir- Fotos: medio.tv/Schauderna THEMA che hat uns ein Sprichwort inspiriert: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. 4 Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Ein schöner Gedanke steckt dahinter: Absagen und Ankündigungen zwischen Wenn man mal etwas nicht geschafft Weihnachten und Ostern hat, holt man es später nach. Die Pan- demie hat in beinahe allen Bereichen 6 Das ABC der Dinge, die wir wiederhaben dazu gezwungen, Dinge aufzuschieben. wollen Wir haben in Kirche und Diakonie ge- 7 Projektplaner: fragt: Kann all das wirklich nachgeholt Jede Woche brachte neue Pläne werden? Die Antwort, da verrate ich wohl nicht zu viel, lautet: nein. Die Heiligabend-Gottesdienste 2020, die ausgefallenen 8 Jugendarbeit: Konfirmandenstunden, die Kinderkirche, die nur im kleinsten Rah- „Nur der harte Kern ist noch da ...” men begangene Trauerfeier – sie sind nicht nachholbar. Zugleich aber sind dort, wo Angebote brachlagen, neue Ideen gewachsen. 10 Kindergottesdienst: Nicht alles funktioniert Wir haben erlebt, wie in kürzester Zeit Videogottesdienste in un- an jedem Ort geahnter Zahl online gingen, wie Andachten zum Pflücken an 11 Kirchentag: Die Rakete musste am Boden Wäscheleinen hingen, wie das Internet zum Treffpunkt wurde, wie bleiben Mitarbeitende einen Schub von Kreativität erlebten. So hat auch dieses Heft zwei Perspektiven: Wir blicken dort- 12 Bildung: Viele Foren für heikle Themen und hin, wo große Pläne, tolle Konzepte und viel Arbeit durch die neue Arten der Begegnung Pandemie zunichte gemacht wurden, etwa beim Ökumenischen Kirchentag oder beim Hessentag. Das war und ist – wie jeder 14 Kirchenmusik: Rostende Stimmen, große Verlust – mit Abschiedsschmerz verbunden. Und es gibt Sor- Video-Stammtisch und der Else-Faktor gen, dass Traditionen abbrechen, weil es in der Pandemie nicht gut gelang, neue Kontakte zu knüpfen. Dabei sind die Mitmen- schen doch in der Arbeit das Wichtigste. Der andere Blick schaut hin, wo Ungewöhnliches gelungen ist, wo neue Wege gegangen LANDESKIRCHE wurden, wo der Kirchentag eben im heimatlichen Kirchenkreis gefeiert wird. Dorthin, wo es auch in der Pandemie gut gelang, 16 Telefonseelsorge trifft Bundeskanzlerin bestehende Kontakte zu bewahren. Weil die Mitmenschen doch das Wichtigste in der Arbeit sind. Olaf Dellit 16 Evangelische Bank will klimaneutral arbeiten Redakteur blick in die kirche 17 Die „Cafédrale” am Edersee ist bald fertig 18 Von Personen Schauen Sie in Ihre Zeitung ... 18 Umfrage zu Glaube in der Pandemie • Frankfurter Rundschau (FR) im Main-Kinzig-Kreis 19 Abendmahl in Corona-Zeiten • Fuldaer Zeitung (FZ) • Gelnhäuser Neue Zeitung (GNZ) • Hanauer Anzeiger (HA) • Hersfelder Zeitung (HZ) SERVICE • Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) 20 Termine / Kirchenmusik /Kirche im Radio • Maintaler Tagesanzeiger • Oberhessische Presse (OP) 22 Neu erschienen • Südthüringer Zeitung (STZ) 24 Nicht nur ein Apfelbäumchen: Umweltpfarrer Am Samstag, 3. April 2021, • Waldeckische Landeszeitung erscheint das blick in die (WLZ) empfiehlt Pflanzung von Roteichen kirche-magazin als Beilage in: • Werra-Rundschau (WR) 2 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021
UMFRAGE | IMPRESSUM Was wollen Sie unbedingt nachholen? Foto: privat Foto: privat Foto: privat Foto: privat Wir werden nicht alles nach- Klar, auch wir sind online Auf so viele Veranstaltungen In meinem Arbeitsbereich or- holen können, was abgesagt präsent, auch wir haben uns mussten wir 2020 verzichten: ganisiere ich Angebote der werden musste. So viele Tage arrangiert. Doch spezielle das regelmäßige Singen unse- Familienerholung und Famili- bietet das Jahr nicht. Aber wir Lebensphasen und Lebens- rer Chöre im Gottesdienst, die enbildung. Seit Advent 2020 warten voller Sehnsucht da- formen brauchen die direk- Kindersingwoche, die Chor- konnten leider keine Gäste rauf, mit der Kinder- und Ju- te Nähe, den Austausch mit fahrt nach Österreich, das mehr kommen. Sobald das gendarbeit, der Kantorei und Menschen in einer vergleich- Weihnachtsoratorium, die be- Reisen möglich wird, stehen dem diakonischen Stadtladen baren Situation. Ich warte sonderen Weihnachtsgottes- unsere Türen wieder für alle wieder richtig loszulegen. Vie- sehnsüchtig auf Leben im dienste, das geplante Passi- Familien zum individuellen le freuen sich schon jetzt. Haus: Menschen, die sich un- onsoratorium von Carl Loewe. Urlaub und für Begegnungs- Richtig nachholen möchte beschwert begegnen. Kinder, Nachzuholen wäre in diesem tage offen. Für diese Osterfe- ich eine Freizeit mit den Kon- die ihre Lebenswelten wieder Jahr die Chorfahrt, und wenn rien planten wir erstmals Ent- firmanden, die sich seit ihrem anfassend begreifen dürfen. wir es hinbekommen, auch lastungstage für Familien, die Start nur online oder mit Mas- Großeltern, die ihre Enkel in die Kindersingwoche. Für den ein lebensverkürzt erkranktes ke und Abstand treffen konn- den Arm nehmen können. Auf zweiten Advent sind für das oder behindertes Kind haben. ten. Ich freue mich auf ein Jung und Alt, die gemeinsam WO schon Musiker des Leip- Das möchten wir nun mit un- Gartenfest mit dem Kirchen- an der langen Tafel im Flur ziger Gewandhausorchesters seren Partnern in den Som- vorstand. Nach der Neuwahl essen. Nachholen können wir bestellt. Ob alles stattfinden merferien 2021 nachholen. Ende 2019 fiel das im letzten nichts – doch wir werden si- kann, müssen wir abwarten. Die Familien fühlen sich sehr Sommer aus. Es wird wunder- cher bewusster und dankbarer Ich will es für die kleinen und isoliert. Sie sehnen sich nach voll sein, nicht in Bildschirme den persönlichen Kontakt ge- großen Sänger und vor allem einer Auszeit und dem Aus- zu schauen, sondern live ins nießen, uns darauf und dann für die Gemeinde hoffen. tausch mit anderen. Gespräch zu kommen. darüber freuen! Rainer Schomburg (53), Claudia Zahn (65), Michael Gerisch (63), Susanne Mohr (45), päda- Pfarrer an der Marienkirche Leiterin der Evangelischen Kirchenmusikdirektor und gogische Mitarbeiterin in Gelnhausen Familienbildungsstätte Kassel Kantor der Petrusgemeinde der Familienerholungs- und in Kassel Bildungsstätte Brotterode IMPRESSUM blick in die kirche erscheint sechsmal jährlich und Redaktion: Anschrift: wird an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen Lothar Simmank (Leitung) Ev. Medienhaus, Heinrich-Wimmer-Straße 4 und Mitarbeiter der Landeskirche kostenlos verteilt. Telefon 0561 9307-127 34131 Kassel-Bad Wilhelmshöhe Olaf Dellit redaktion@blickindiekirche.de Direkt-Abonnement: Telefon 0561 9307-132 www.blickindiekirche.de 12,50 Euro pro Jahr inklusive Zustellkosten Redaktionsbüro / RG 4 Gestaltung: Lothar Simmank, Olaf Dellit Herausgeber: Anzeigen: www.blauer-engel.de/uz195 Layout-Konzept: Liebchen+Liebchen, Frankfurt am Main Landeskirchenamt der Evangelischen Andrea Langensiepen Herstellung: Bonifatius GmbH, Paderborn Kirche von Kurhessen-Waldeck Telefon 0561 9307-152 Auflage: 17.200 Exemplare Wilhelmshöher Allee 330 Daniela Denzin 34131 Kassel-Bad Wilhelmshöhe Telefon 0561 9307-128 Mehr Informationen über die Evangelische Kirche Fax 0561 9307-155 von Kurhessen-Waldeck unter www.ekkw.de blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021 3
THEMA Aufgeschoben ist nicht aufgehoben Absagen und Ankündigungen in Kirchengemeinden zwischen Weihnachten und Ostern W ar es Zweckoptimismus, uner- Entscheidungen über die Gottesdienst- Wirkungsästhetik her nicht ideal sind. schütterlicher Glaube oder gar termine haben die Kirchenvorstände zu „Das Geheimnis des Gottesdienstes lässt Naivität? 24 ungewöhnliche treffen. Nachdem sie Weihnachten meist sich schwer in Bilder einfangen“, sagt der Heiligabend-Ideen aus der Evangelischen storniert wurden, stiegen in Kassel in Pfarrer und setzt daher lieber auf ande- Kirche von Kurhessen-Waldeck präsentier- den ersten Monaten des Jahres 2021 die re Formate. Gute Erfahrungen hat man ten wir im blick in die kirche-magazin, das meisten Gemeinden wieder in Präsenzgot- in den Weser-Dörfern mit einem filmisch zum ersten Advent vergangenen Jahres in tesdienste ein: Mit reduzierten Plätzen in produzierten Kinder-Krippenspiel zu Weih- allen Tageszeitungen der EKKW lag. Eine den Bankreihen, Masken, Abstand, Anmel- nachten gemacht, das sehr oft angeklickt bunte Palette origineller Fest-Events auf dung und natürlich ohne Gesang funkti- wurde. vier Heftseiten: Kirchengemeinden in allen onieren die Zusammenkünfte in vielen Regionen hatten sich einiges einfallen las- Kirchen während des Lockdowns für die Konkrete Zahlen aus Marburg sen, um die Weihnachtserwartungen der meist wenigen Besucher problemlos. Alles Sehr oft? Was heißt das? Wie viele Kirchgänger im ersten Coronajahr nicht zu legal — aber andere verzichten noch auf Menschen wurden von ihrer Kirche im enttäuschen. Präsenzgottesdienste. „Wir wollen nicht Coronajahr 2020 erreicht? Und wie viele Anlass geben, dass sich das Virus weiter verschwanden vom Schirm? Mit den Zah- Realitätsschock zu Weihnachten ausbreitet“, wird etwa der Kirchditmolder len hat sich Dekan Burkhard zur Nieden Doch dann der Realitätsschock: Von Pfarrer Christopher Williamson Ende Febru- befasst; er weiß ziemlich genau, was zu den angekündigten Gottesdiensten fanden ar in der Tageszeitung HNA zitiert. Weihnachten im Kirchenkreis Marburg am 24.12. nur die wenigsten statt. Unter lief. Von den 45.000 Gemeindemitglie- dem Eindruck der gestiegenen Infektions- Osternächte leben von Begegnung dern dort kommen in normalen Jahren et- gefahr wurden Termine reihenweise abge- Doch die nächste Herausforderung wa 12.000 in die 60 Kirchen. 2020 waren sagt. Geplante Christmetten, Andachten, steht vor der Tür: Zu Ostern blieben be- es an Heiligabend nur rund 1.200 Analog- Krippenspiele – egal ob drinnen oder drau- reits im vergangenen Jahr pandemiebe- Gottesdienstbesucher, also zehn Prozent. ßen – fielen aus. „Weihnachten zu Hause“ dingt die Kirchen leer. Auch wenn Ostern Mit alternativen Angeboten, wie etwa wurde zum alles beherrschenden Motto. nicht so ein resonanzstarkes Fest wie Weih- Stationenandachten, erreichten die Mar- Der Ausfall-Trend des Jahres 2020 setzte nachten ist, kommen normalerweise mehr burger Gemeinden weitere zehn Prozent. sich trotz hochgesteckter Hoffnungen fort Menschen als üblich zur Kirche. Wird in Dazu kamen 30 Prozent, die auf digitale und erreichte an Heiligabend seinen Hö- diesem Jahr die Osternacht gefeiert wer- Kirchenangebote zurückgriffen. hepunkt. den können? Pfarrerin Böhle, die Anfang Macht in der Summe also rund 50 Pro- April bereits im Ruhestand sein wird, ist zent Weihnachtschristen, die laut zur Nie- „Schade, aber vernünftig“ skeptisch, denn „die Osternächte leben den Kirchen-Kontakt hatten. Auf Absagen Zum Beispiel in Kassel: Sechs Kurz- schließlich von der Begegnung – und die kirchlicher Weihnachtsveranstaltungen gottesdienste für überschaubare Gruppen soll ja vermieden werden“. gab es im Vorfeld die ganze Spannbreite sollten am 24. Dezember in der riesigen Auf gutes Osterwetter hofft man in Lip- von Reaktionen, erinnert sich der Dekan: Martinskirche stattfinden – Fehlanzeige. poldsberg an der Weser. Pfarrer Christian „Unverantwortlich, dass Sie Gottesdiens- Auf dem Platz vor der Karlskirche sollte Trappe plant für seine Gemeinde nämlich te ausfallen lassen!“, meinten die einen. es zwei Open-Air-Veranstaltungen geben, ein Auferstehungsfest draußen auf dem Die anderen fanden, es widerspräche dem die aber coronabedingt gecancelt wurden. großen Platz vor der Klosterkirche und ist christlichen Ethos, sie stattfinden zu las- Pfarrerin Inge Böhle berichtet von unter- zuversichtlich, dass es durchgeführt wer- sen. Zu Ostern, sagt Burkhard zur Nieden, schiedlichen Reaktionen: „Natürlich gab es den darf. Durch die Passionszeit ist er mit sei der Aufregungsgrad geringer, und viele Bedauern, aber meist verbunden mit der einem digitalen Format gekommen, das hätten sich im zweiten Coronajahr schon Feststellung: Das ist vernünftig!“ Trotzdem er schon in der Anfangszeit der Pandemie an Ausfälle und digitalen Ersatz gewöhnt. habe man es geschafft, mit einer begehba- kreierte: „Augenblicke“ heißen die kurzen ren „Stationenkirche“ für kleine Gruppen Videoszenen mit Botschaften zum Nach- Kurzfristig und flexibel reagieren im Inneren eine „wunderbare Atmosphäre“ denken, bei denen Gemeindemitglieder Sein Dekanskollege Christian Wach- zu schaffen. Distanz-Kontakte gab es auch mitwirken und die im Internet abgerufen ter plant im Kirchenkreis Ziegenhain zu über einen digitalen Gruß, der per Video werden können. Nach wie vor ist Trappe Ostern vieles parallel: Ein Osterfeuer am übertragen, aber nur von rund 120 Leuten davon überzeugt, dass Livestreams von frühen Sonntagmorgen – live, aber auch angesehen wurde. gestellten Gottesdienstformaten von der per Video im Internet. „Wir haben gelernt, 4 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021
Fotos: Adobe Stock, medio.tv/Schauderna, H. Wahl Ungezählte Termine mussten in der EKKW aufgrund der coronabedingten Einschränkungen in den vergangenen zwölf Monaten ausfallen: Wie geht es weiter? Welche Veranstaltungen werden zu Ostern 2021 stattfinden können? kurzfristiger zu arbeiten und flexibel auf Ostereiersuche und Bläserklang im Waldecker Land analoge Gottesdiens- die Situation zu reagieren“, sagt Wachter Das gut vorbereitete Traktor-Krippen- te geplant, doch drei Tage vorher muss- im Rückblick auf Weihnachten, als man spiel in Bruchköbel-Issigheim konnte eben- te alles abgesagt werden. Stattdessen die geplanten Open-Air-Gottesdienste ab- falls wie geplant über die Bühne gehen. produzierte er mit einem semiprofessio- sagen musste, weil es nicht möglich war, Obwohl der Dekan eigentlich alle evan- nellen Team innerhalb von 48 Stunden die erwarteten Menschenmengen auf dem gelischen Weihnachtsveranstaltungen für einen YouTube-Gottesdienst für den Hei- großen Paradeplatz vor dem Schloss zu den Kirchenkreis Hanau abgesagt hatte, ligabend. Seine Frau, Pfarrerin Henriette kontrollieren. Natürlich waren die Leute beschloss der Kirchenvorstand Issigheim Quapp-Wahl, packte mit Ehrenamtlichen gefrustet, aber er habe auch Dankbarkeit die Umsetzung aller Planungen. Pfarrer Dr. Hunderte von Tüten mit Predigten und feststellen können, so der Dekan. Als Zei- Burkhard von Dörnberg geht davon aus, Plätzchen, die Kirche wurde geöffnet und chen der Verbundenheit blieb immerhin dass er am Heiligen Abend bei der Trecker- ein großer Weihnachtsbaum im öffentli- der Weihnachtsbaum auf dem Platz vor fahrt an den fünf Stationen und über digi- chen Raum aufgestellt. der Kirche in Ziegenhain. tale Kanäle ebenso viele Menschen errei- Nach Weihnachten ging es erst richtig Während die Heiligabend-Feier im chen konnte wie in den Vorjahren. Möglich los mit dem digitalen Hype. Die Gemein- Innenhof des Fuldaer Schlosses nicht ge- wurde die Aktion, weil es 60 ehrenamtli- den Frankenau, Allendorf, Louisendorf und nehmigt wurde, durften die ökumenischen che Helfer gab, die alles coronakonform Obernburg-Itter produzieren für die neue Open-Air-Gottesdienste auf dem Rathaus- vorbereitet hatten. „Unser Vorteil war, dass Website www.ev-ki-online.de regelmäßig platz in Fulda-Petersberg wie geplant statt- wir viel Erfahrung mit ungewöhnlichen aufwändige Online-Gottesdienste, etwa finden. „Ich hätte nie im Leben gedacht, Gottesdienstformen an besonderen Orten zu Epiphanias oder zum Valentinstag. Die dass das klappt“, freut sich Pfarrer Marvin haben“, so von Dörnberg. Am Ostersonn- über einstündigen Videos gehen ans Herz: Lange von der Bonhoeffer-Gemeinde auch tag soll es nun einen Familiengottesdienst Gitarren, Trommeln, Posaunen, Predigten, über die evangelisch-katholische Koopera- vor und neben der Kirche mit Ostereiersu- Interviews und sogar ein kleiner Hund tion im Nachhinein. Im Vorfeld freilich gab che und fröhlichem Bläserklang geben. namens Lucy sorgen für ein unterhaltsa- es Druck – auch von Kollegen, wie Lange mes lokales Programm. „Die Zugriffszah- berichtet: „Von Weihnachten darf nicht der Todesstunde Jesu digital len sind enorm“, freut sich der Pfarrer, „es Tod ausgehen!“, forderten einige. Andere Die digitale Welt für sich entdeckt hat sind mehr Klicks, als wir Gemeindeglieder Mitglieder drohten: „Ich trete aus der Kir- Pfarrer Dr. Harald Wahl aus Frankenau zählen.“ Die Todesstunde Jesu gestaltet che aus, wenn Weihnachten ausfällt!“ Die erst in den letzten Monaten. „Eigentlich das Kirchenteam mit einem Livestream Osternacht soll nun aus Platzgründen in gefällt mir das Medium gar nicht“, so der am Karfreitag um 15 Uhr aus Frankenau. einer Kirche anlog gefeiert werden. Eine Pfarrer, „für mich ist Präsenz das Wahre.“ Und Ostern? Wird selbstverständlich auch ökumenische Veranstaltung folgt am Os- Noch zu Weihnachten hatte Wahl mit sei- online aufgezeichnet – diesmal im kleinen termontag. nen Kirchenvorständen für vier Gemeinden Kirchlein von Dorfitter. ● Lothar Simmank blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021 5
THEMA Das ABC der Dinge, die wir wiederhaben wollen Foto: medio.tv/Striepecke A J bendmahl mit Wein (oder Trauben- a sagen, Ja zum Leben, zur Liebe, zur saft) aus einem Kelch und Brot aus Schöpfung – Ja sagen, ohne dass ein einem Korb für alle. „aber“ folgt. B K esucher und Besucherinnen empfan- onfirmationen in proppevollen Kir- gen, egal wie viele. Vielleicht so, wie chen feiern und nach dem Gottes- T es in der Bibel steht: „Geh hinaus auf dienst mit der ganzen Familie fürst- aufen in proppevollen Kirchen oder die Landstraßen und an die Zäune, und lich speisen. mit vielen Gästen im Freien feiern nötige sie hereinzukommen, dass mein und nach dem Gottesdienst mit Haus voll werde.“ (Lukas 14, 23) der ganzen Familie fürstlich speisen (sie- L eid wieder auf mehrere Schultern ver- he auch Konfirmationen). teilen, weil Beerdigungen nicht mehr C haos statt geordneter Warteschlan- im kleinsten Kreis stattfinden müssen. U gen, Besucherlisten und Abstand marmen, wann, wen und was man halten. Oder biblisch: Tohuwabohu! will, am besten die ganze Welt. M asken gedanklich nicht mit einer Krankheit verbinden, sondern mit D ie Diakonie und ihre Arbeit für Karneval. V Menschen, die Hilfe brauchen, ergessen, was die Begriffe Inzidenz N noch mehr wertschätzen und sie achbarn nicht mehr nur aus der Fer- und R-Wert bedeuten und bei Wel- unterstützen. ne grüßen, sondern sie auf einen len ans Meer denken. Kaffee und einen Tratsch einladen. E W issorten aus dem Becher des Tisch- eihnachten in seiner vollen O nachbarn stibitzen und gedankenlos stern als Fest des Erblühens des Pracht genießen: sich auf Weih- vertilgen. Lebens, der Auferstehung und der nachtsmärkten um Glühwein Hoffnung erleben. und Lebkuchenherzen drängeln, beim Weihnachtsgottesdienst wie in der Sardi- F asten als bewussten Verzicht erleben nenbüchse sitzen und Kinder beim Krip- P und nicht, weil die Geschäfte ge- flegeheime nicht mehr als besonders penspiel „Betlehelm“ (statt Betlehem) schlossen sind. gefährdete Bereiche wahrnehmen, sagen hören und die Geschenke für die sondern als Orte der Begegnung. ganze Familie persönlich übergeben – mit Umarmung. G eh‘ aus, mein Herz“ singen, laut Q und in der Gruppe, „und suuuche uarantäne wird wieder ein Fremd- X Freud ...“ wort, das wir nur aus schlechten ylophone wieder live hören – und Filmen kennen. alle Instrumente mit weniger selte- nen Anfangsbuchstaben auch. H aare so tragen, wie wir möchten, R nicht so, wie es der Lockdown vor- eisen – in einer Welt, in der nicht Y gibt. nur die reichen Länder Impfstoffe ouTube als eine Möglichkeit, einen und gute medizinische Versorgung Gottesdienstes mitzufeiern, aber haben. nicht als einzige. I talienisch essen gehen, aber auch in- disch, spanisch, deutsch, vietnamesisch, S Z chinesisch, syrisch, französisch, mexika- pazieren gehen, nicht weil nichts an- eltlager der evangelischen Jugend nisch, persisch – egal, Hauptsache, essen deres möglich ist, sondern weil es ein- und der Pfadfinder mit ganz vielen gehen! fach schön ist. Teilnehmern. ● Olaf Dellit 6 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021
THEMA Heute undenkbar: volles Haus in der Bad Hersfelder Stiftsruine beim Pfingstgottesdienst zum Hessentag im Jahr 2019 Jede neue Woche brachte neue Pläne Wie die Projektplaner des Kasseler Landeskirchenamtes mit der schwierigen Corona-Situation umgehen H underte Menschen, dicht gedrängt, Da Fulda als erste „Sternstadt” in Deutsch- Immerhin werde es voraussichtlich ei- die fröhlich gemeinsam singen und land ausgezeichnet wurde, lag das Thema ne kleine Sternenaktion mit einem 3D-Bild feiern – Bilder wie das oben vom nahe: Die katholische Michaelskirche sollte geben. Der Kirchentag, der ebenfalls nicht Pfingstgottesdienst beim Hessentag 2019 zur Sternenkirche werden. in gewohnter Form stattfindet, habe we- in Bad Hersfeld kommen einem in diesen gen eines Films über die Hessentage ange- Tagen unwirklich vor. Wie muss es da erst Das bereitete Kopfzerbrechen fragt. So seien alle bemüht, „dass das, was den Menschen gehen, die diese Großereig- wir tun, dennoch zum Klingen kommt”. nisse für die Landeskirche auf die Beine So wurde geplant, gegrübelt und we- Sichtbar wurde die Arbeit der Projekt- stellen? Eine kleine Abteilung um Pfarrer gen Corona vieles wieder verworfen. Oft planer – mithilfe anderer Abteilungen im Dieter Dersch ist dafür zuständig – insge- habe sich die Planung durch die Hygie- Landeskirchenamt – beim Adventsemp- samt vier Personen, doch mit Ausnahme nefragen von Woche zu Woche verändert: fang der Bischöfin, der erstmals rein digi- von ihm selbst nicht mit ganzer Stelle. „Das hat uns Kopfzerbrechen beschert.” tal ablief. So etwas ganz anders zu planen, Seit mehr als einem Jahr geschieht Als klar wurde, dass die Kirche zu klein koste viel Zeit, sagt Dersch. Trotz des Er- dort die gesamte Arbeit unter einer Prämis- sein würde, dachten die Planer an eine Ak- folges des Empfangs glaube er nicht, dass se: „Wir müssen immer damit rechnen, uns tion im Freien mit dem Zelt, das bereits in die Zukunft für alle Veranstaltungen digi- von Plänen wieder zu verabschieden.” So Schmalkalden zur Landesgartenschau im tal sei: „Es dürstet die Leute nach Begeg- war es beispielsweise beim Hessentag, der Einsatz war. Ein Pfingstgottesdienst auf nungen.” ● Olaf Dellit im Mai 2021 in Fulda hätte stattfinden dem Domplatz war im Gespräch. sollen. Dazu wollte Derschs Team auf den Doch im Dezember habe sich in Ge- Hessentags-Auftritten der vergangenen sprächen mit der Stadt abgezeichnet, Jahre aufbauen – auf der Klangkirche in dass die Lage immer schwieriger wurde. Korbach und der Feuerkirche Bad Hersfeld. So war die endgültige Absage im Janu- Wie in der Vergangenheit sollte das ar für Dersch und sein Team keine große Angebot gemeinsam mit der Schwester- Überraschung mehr, aber natürlich nicht kirche in Hessen und Nassau sowie der schön. „Man arbeitet ständig, aber es wird Fotos: medio.tv/Schauderna Diakonie gestaltet werden. Erstmals aber nicht sichtbar”, fasst er zusammen. Das sollte das kirchliche Angebot diesmal Pläneschmieden sei nicht ganz umsonst, gemeinsam mit der katholischen Kirche denn Ideen und Kontakte, besonders zum ökumenisch werden. Das erhöhte den Pla- Bistum Fulda, ließen sich bestimmt für die nungsaufwand und die Notwendigkeit von Landesgartenschau 2023 – ebenfalls in Absprachen noch einmal, erklärte Dersch. Fulda – nutzen. In der Öffentlichkeit: Pfarrer Dieter Dersch 7 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 1–2021 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021 7
THEMA „Nur der harte Kern ist noch da ...“ Die Coronakrise macht der Jugendarbeit in der EKKW schwer zu schaffen, trotzdem wird nichts unversucht gelassen, um die Kontakte zu halten E igentlich bin ich ein sehr sponta- Sozialarbeiter sitzt und auf diese Weise evangelischen Kinder- und Jugendarbeit ner Typ, aber selbst ich würde gern versucht, Kontakt mit der Klientel zu hal- ist sehr brüchig geworden. Unter dem As- wieder etwas langfristiger planen.“ ten. Ein Minimalangebot. „Ungezwungene pekt der Gemeinschaftsbildung können wir Diesen Satz sagt der Hanauer Kreisju- Begegnungen werden vermisst“, bedauert kaum noch behaupten, dass unsere Kin- gendpfarrer Philipp von Stockhausen am von Stockhausen. Nur wenige feste Grup- der- und Jugendarbeit funktioniert.“ Nach Telefon. Vermutlich mit einem gewissen pen treffen sich noch. Digitale Begeg- dem Prinzip Hoffnung planen die Marbur- Augenzwinkern, aber beim coronakonfor- nungen via Computer und Handy gebe ger trotzdem für 2021 eine Auslands-Ju- men Interview kann man dies nur seiner es zwar, aber es herrsche inzwischen eine gendfreizeit, ein Kinder-Sommerlager, die Stimme entnehmen. Eigentlich ist die Lage „enorm große Bildschirmmüdigkeit“ bei mobile Ferienaktion „Lass ma raus geh’n“ ernst: Programmplanung schön und gut, den Jugendlichen. und ein „Konfi@Castle“. Ansonsten fahre aber fast alles, was im schwierigen Jahr man auf Sicht. 2020 für die Jugend in Hanau auf dem EKKW: „Viele Jugendliche sind Zettel stand, musste abgesagt werden. onlinemüde” Fulda: Große Verunsicherung Hanau: Pessimistischer Realismus Das kann auch Dino Nolte vom landes- Die Evangelische Jugend Fulda hat im kirchlichen Referat Kinder- und Jugendar- ersten Lockdown 2020 auch einiges ver- Anfang 2021 hat sich die Situation beit in Kassel bestätigen: „Viele Jugendli- schoben, umgestellt oder abgesagt, aber nicht grundlegend geändert. Nicht das che sind onlinemüde. Nach Stunden am Jugendpfarrer Maximilian Weber-Weigelt Einladen und Absagen sei das Problem, Monitor zum Lernen haben sie einfach stellt fest: „Die meisten Veranstaltungen sagt von Stockhausen, „sondern der Pro- keine Lust mehr, sich abends noch mit konnten stattfinden.“ Viele Gruppentreffen zess des Abwägens ist das Anstrengende“. Freunden am Monitor zu treffen. Auch wurden online durchgeführt, allerdings ha- Ein „pessimistischer Realismus“ habe sich die technische Ausstattung ist sehr unter- be sich eine Kinder-Videokonferenz „mehr unter den Hauptamtlichen der evangeli- schiedlich. Kinder- und Jugendarbeit lebt als Belastung angefühlt“. Mit Päckchen, schen Jugendarbeit breitgemacht, stellt von den echten Begegnungen und Gesprä- Briefen und Aktionen hingegen konnte der Pfarrer fest: „Wir wissen, dass wenig chen.“ Und die Zukunftsaussichten? Viele man die Kinder und ihre Familien besser geht, und freuen uns über alles, was dann Mitarbeitende hätten die Sorge, dass sie ansprechen. Jugendliche aus Fulda haben tatsächlich läuft.“ nach dem Lockdown ihre Arbeit wieder einen Wohnwagen zum „Escape Room“ ganz neu beginnen müssten, weiß Nolte; umgebaut – eigentlich war dieser für den sie befürchten, „dass ihnen der Kontakt zu Einsatz auf dem Fuldaer Hessentag und einer ganzen Generation von Kindern oder dem Ökumenischen Kirchentag geplant. Jugendlichen weggebrochen ist“. „Jetzt machen wir damit Aktionen in Kir- chengemeinden“, sagt der Pfarrer. Seine Marburg: Nur noch 30 Prozent der Kontakt-Bilanz fällt durchwachsen aus: üblichen Kontakte Foto: M. Ebersohn „Schon vorher gut angebundene Jugend- liche sind teilweise erreichbar per Chat Auch in Marburg hegt man diese Be- oder Telefon. Manchmal werden auch ro- fürchtung. Diakon Markus Klonk berichtet, tierende Einzeltreffen im Jugendräumen Weitgehend verwaist: Das Kinderhaus Regen- dass 95 Prozent der geplanten Großveran- gut angenommen.“ Die Arbeit mit den bogen in Hanau staltungen, die regelmäßigen Gruppen, Ehrenamtlichen sei da herausfordernder: Öffnungszeiten und aufsuchenden Maß- „Der unplanbare Entscheidungshorizont Wie etwa im Hanauer Kinderhaus „Re- nahmen ab März 2020 erst mal abgesagt führt zu großer Verunsicherung.“ genbogen“: Rund 25 Kinder spielten sonst und dann teilweise auf digitale Angebote täglich dort. Schon lange ist die sozial-di- umgestellt wurden. Faktisch hätten die- Schmalkalden: Planen, aber Storno- akonische Einrichtung geschlossen, zwi- se Treffen zu 60 Prozent stattgefunden, gebühren vermeiden schenzeitlich konnten mal vier oder fünf davon allerdings die Hälfte online – „wo- kleine Gäste hereingelassen werden. Jetzt durch wir nur maximal 30 Prozent der „Wir müssen alles planen“, sagt Kreis- gibt es jeden Tag zwei Stunden lang im- sonst üblichen Kontakte halten konnten“, jugendparrer Anton Becker, „selbst wenn merhin ein „offenes Fenster“, in dem ein so Klonk. Sein Resümee: „Die Basis der wir es nachher in die Tonne stampfen müs- 8 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021
THEMA Foto: www.ev-jugend-ks.de Trotz Reisewarnung ins Wunderland F ür viele Pfadfinderinnen und Pfadfinder ist die jährliche Sommerfrei- zeit der Höhepunkt im Pfadfinderjahr. Eine solche Freizeit wird im- sen.“ Im Kirchenkreis Schmalkalden – mit mer von einem Team aus Ehrenamtlichen vorbereitet. Meistens wird derzeit hohen Inzidenzwerten – musste im mit der Programmplanung je nach beabsichtigter Veranstaltungsgröße vergangenen Jahr das meiste abgesagt ein bis zwei Jahre vor der Veranstaltung begonnen. Dieser Planungs- werden, aber einiges lief gut. Zum Beispiel horizont ist für diesen Sommer allerdings pures Wunschdenken, denn die Paddeltour mit kleinen Gruppen auf wöchentlich können sich alle Vorgaben bezüglich privater Treffen, Schul- der Saale, die nur durch das Auftauchen unterricht und Veranstaltungsgrößen ändern. Schon im vergangenen eines vermeintlichen Krokodils gestört Jahr musste aufgrund der Pandemie das alle vier Jahre stattfindende wurde. In diesem Sommer soll es für die gemeinsame Zeltlager der VCP-Stämme (Verband Christlicher Pfadfinder) Jugendlichen mit Booten und Zelten an in Hessen ausfallen. Um diesen Verlust zu verschmerzen, hat sich Ende die französische Ardèche gehen. Und mit 2020 ein neues Team gefunden, das für diesen Sommer trotz aller Un- einer anderen Gruppe nach Estland, wenn sicherheiten eine Freizeit für die Kinder und Jugendlichen anbieten will, Corona es zulässt. Stornogebühren jeden- die die Begegnung mit Gleichaltrigen doch ganz besonders vermissen. falls sollen nicht anfallen. Kassel: „Was rechtlich geht, machen wir auch” Eine Segelfreizeit für Jugendliche mit dem Zweimastklipper „Kaat Mossel“ auf dem Ijsselmeer? Oder eine Reitfreizeit für Kinder auf dem Ponyhof in Liebenau-Zwer- gen? Wird das im Coronajahr Nr. 2 klap- pen? „Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Stadtjugendpfarrerin Uta Feußner: „Wenn Foto: R. Günkel es rechtlich geht, machen wir es auch.“ Die Evangelische Jugend Kassel hat für 2021 ein 50 Seiten starkes Programmheft her- Pfadfinder-Zeltlager 2019 in der Slowakei ausgebracht, aber bei vielen Ankündigun- gen wisse man natürlich noch nicht, ob Um sich für jede erdenkliche Infektionslage zu wappnen, wurde ein es in der Realität tatsächlich funktionieren vierstufiges Konzept erdacht, um ein gemeinsames Programm für die wird. „Nicht nur die Kinder und Jugendli- Kinder und Jugendlichen im August 2021 sicher anbieten zu können. chen, auch die Mitarbeitenden leiden oh- Stufe I sieht dabei ein normales Großlager mit üblichen Hygienestan- ne Ende unter dieser Situation“, sagt die dards vor. Über zwei Abstufungen können dann verschiedene Regelun- Pfarrerin. gen wie die maximale Personenanzahl in einer Kochgruppe oder auf Gottesdienste in der Jugendkultur- verschiedenen Zeltplätzen umgesetzt werden. Die Stufe IV würde die kirche CROSS gibt es schon lange nicht Absage des Lagers und eine Unterstützung für Angebote in den einzel- mehr – nur Online-Übertragungen oder ein nen Ortsgruppen bedeuten. Zoom-Gottesdienst mit Konfirmanden sind In der Pfadfinder-Pädagogik ist ein weiterer Aspekt wichtig, nämlich möglich. Zwar seien analoge Gottesdienste den Jugendlichen immer eine Chance zu geben, sich an unbekannte He- auch für junge Menschen nicht verboten, rausforderungen heranzuwagen, und sie so darin zu unterstützen, über „aber wir finden das schwierig“, so Uta sich hinauszuwachsen. Schwierigkeiten sollen sie stets mit Zuversicht Feußner. In Oberzwehren allerdings trafen begegnen. Das nimmt sich das Team des Landeslagers zu Herzen und sich Fans aktueller Filmserien zu Themen- lädt die Pfadfinder ein, trotz Reisewarnungen dem weißen Kaninchen Gottesdiensten. „Der harte Kern ist noch hinterher ins Wunderland von Alice einzutauchen. Denn auch Alice hat da“, fasst die Jugendpfarrerin die Erfahrun- sich ja bekanntlich geweigert zu glauben, dass etwas unmöglich sei. Wie gen der letzten Monate zusammen – das zum Beispiel trotz Pandemie ein Zeltlager mit 500 Kindern, Jugendli- lose Umfeld aber schwindet. ● chen und jungen Erwachsenen auf die Beine zu stellen. ● Lothar Simmank Robin Günkel blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021 9
THEMA Fotos: privat Kreativität in der Pandemie: Mini-Kirche mit viel Abstand in Obervorschütz im Sommer und Online-Kindergottesdienst in Bruchköbel-Roßdorf Nicht alles funktioniert an jedem Ort In der Kindergottesdienst-Arbeit wurde viel ausprobiert – Sorgen macht vor allem der Ehrenamts-Nachwuchs W enn die Mini-Kirche nicht in der Bruchköbel-Roßdorf (Kirchenkreis Hanau) Pfarrerin Susanne Fuest von der Ar- Kirche, sondern am Computer tätig. Zu Beginn der Pandemie hatten die beitsstelle Kindergottesdienst hat die Ent- stattfindet, hat das auch Vortei- Mitarbeiter 45 Briefe in der Gemeinde ver- wicklung der Kindergottesdienste in der le, findet Christoph. „Da muss man nicht teilt und darum gebeten, das gelöste Quiz Pandemie genau verfolgt. Anfangs gab es raus in die Kälte”, erklärt der Siebenjähri- und das Ausmalbild zurückzuschicken. häufig – wie in so vielen Lebensbereichen ge. Aber es gibt viel mehr, das ihm derzeit Doch es kam nur wenig. „Das ist ein zähes – einen regelrechten Schock: „An vielen fehlt. Die Brezeln am Ende der Mini-Kirche Geschäft”, sagt Schinz. Stellen sind die Kindergottesdienste aus- fallen ihm als Erstes ein, und wie schade gefallen.” Doch dann entfalteten sich aller- es ist, dass nach dem Gottesdienst für die »Die Teenager sind orten Ideen, ob abgefilmte Kindergottes- Jüngsten das Fangenspielen in der Kirche dienste, bemalte Steine oder Umschläge. bildschirmmüde.« wegfällt. In einem Ort kämen sonst zehn bis 15 Kin- Manches lässt sich eben nicht per der, es wurden aber 70 Umschläge abge- Computer ersetzen, weiß auch Christophs Auch online war der Start nicht ganz holt. Auf vielen Wegen sei klar geworden: Mutter Kathrin Melsheimer, die als Ehren- einfach: Was geht technisch? Auf welchen „Die Kirche kümmert sich um die Kinder.” amtliche die Mini-Kirche mitorganisiert. Plattformen dürfen Kinder eigentlich ak- Viele Kinder und Jugendliche wurden über Wie in vielen Kirchengemeinden hat auch tiv sein? All das war zu klären. Inzwischen die zahlreichen Angebote erreicht, manch- das Team in Obervorschütz (Kirchenkreis sind Kindergottesdienst und die älteren mal kamen mehr als im Normalbetrieb, an Schwalm-Eder) viel Kreativität in der Pan- Cross-Kids-Gruppen online. Und vieles anderen Stellen waren es weniger. Doch ei- demie entwickelt. So hat Melsheimer ge- funktioniere da gut, berichtet die 52-Jäh- ne Sorge treibt die Gesprächspartnerinnen meinsam mit Pfarrer Herbert Fuest ver- rige. Spielen sei in der Pandemie wichtiger um: Wie soll Nachwuchs für das Ehrenamt gangenes Ostern ein Lied komponiert, denn je, hat sie festgestellt. Ob Montags- gewonnen werden? aufgenommen und versendet. maler mit den Kleinen, Stadt-Land-Fluss Fuest erzählt, dass 2020 drei neue Viel geschah auch über Videos, die oft mit den Älteren oder „Black Stories” (dabei Ehrenamtliche anfangen wollten, was we- mehr Aufrufe hatten als überlicherweise muss eine Art Gruselgeschichte enträtselt gen Corona nicht ging. Sie hoffe aber, dass Teilnehmer in die Mini-Kirche kamen. Die werden) mit den Großen – das geht alles sie „an Bord” blieben. In Roßdorf wurden Briefumschläge mit Material zu den Videos per Computer. oft Kindergarten-Eltern als Ehrenamtliche seien ebenfalls gut angekommen, erzählt Und doch hat auch Schinz festgestellt: gewonnen, jetzt fehlt dieser Nachwuchs. die Gymnasiallehrerin. „Die Teenager sind bildschirmmüde.” In Mareike Schinz: „Ohne persönlichen Kon- Doch was in einem Ort funktioniert, Obervorschütz war die Freude denn auch takt finden wir niemanden.” Manches geht kann anderswo eine Sackgasse sein. Marei- groß, als sich im vergangenen Jahr nach eben digital nicht richtig, genauso wenig ke Schinz ist seit mehr als zehn Jahren eh- längerer Pause die Mini-Kirche bei entspre- wie die Sache mit den Brezeln. ● renamtlich im Kindergottesdienst-Team in chendem Wetter im Pfarrgarten treffen Olaf Dellit konnte. Die Familien saßen auf Picknick- decken. Christoph erinnert sich: „Besonders gut war die Geschichte.” Es gab auch et- was zu essen, das sich jede Familie selbst mitgebracht hatte. Das geht zurzeit nicht: Kathrin Melsheimer (linkes Bild) und Mareike Schinz live mit Gitarre in ihren Kirchen 10
THEMA Die Rakete musste am Boden bleiben Ohne Ehrenamtliche gehen Kirchentage nicht – für viele war die Umstellung auf digitale Formate ein Schock U m einen passenden Vergleich zu fin- den, muss Philipp von Stockkhau- sen schon bis in den Weltraum denken. „Es gab einen Bauplan, aber die Rakete ist nie gebaut worden.“ Die Rakete ist der Ökumenische Kirchentag in Frank- furt, der Bauplan das Konzept für eine co- ronagerechte Veranstaltung. Als Vorsitzender des Kirchentags--Lan- desausschusses Kurhessen-Waldeck war Foto: medio.tv/Dellit Pfarrer von Stockhausen in die Vorberei- tungen eingebunden, zumal die EKKW als gastgebende Kirche dabei sein sollte. Lan- ge Zeit hatten er und viele andere gehofft und gedacht, der ÖKT könne als Präsenz- Überall Menschen: Kirchentage sind immer Orte der Begegnung, so wie hier auf dem Markt veranstaltung funktionieren. Dazu war ein der Möglichkeiten in Dortmund 2019 am Stand der Vereinten Evangelischen Mission VEM Konzept mit vielen technischen Lösungen – etwa einer Bewegungs-App – und einer gang an die biblische Geschichte der Spei- Diese Schwierigkeit kennen wohl al- Teilnehmerbegrenzung auf 30.000 Perso- sung der 5.000 angelehnt sein und der le, die monate- oder jahrelang für den nen am Tag erarbeitet worden. Frage nachgehen: „Was macht den Men- Kirchentag geplant hatten. Die Weih- Doch dann ließ sich der Frankfurter schen satt?“ nachtspause habe da gut getan, sagt von Bürgermeister Uwe Becker im November Stockkhausen. Auch für den Landesaus- noch vor einer offiziellen Entscheidung in Den Kirchentag nach Hause holen schuss, der stets auf dem Laufenden ge- der Presse mit dem Satz zitieren, er gehe halten wurde, sei es nicht leicht gewesen, von einer Absage aus. Damit war die Rich- Nach dem ersten Schock beschlossen besonders weil es anfangs noch keine Vor- tung vorgegeben. „An dem Votum kam die Veranstalter aber, ihr Projekt nicht er- stellung gab, wie der ÖKT nun aussehen keiner vorbei“, sagt von Stockkhausen. satzlos zu streichen. „Wir machen jetzt Kir- würde, es gab keine „Bilder im Kopf“. Für ihn und alle anderen, die sich chentag at home“, sagt Orgas. Mitte Mai Ihm selbst mache Mut, dass der Chaos haupt- und ehrenamtlich für den Kirchen- soll ein Stationenweg in Niedergründau Computer Club (CCC) in den letzten Tagen tag engagieren, eine große Enttäuschung. eingerichtet werden, der dann in kleinen des Jahres 2020 seinen jährlichen Kon- „Es war ein bisschen Verzweiflung dabei“, Gruppen abgelaufen werden kann – die ur- gress erfolgreich digital veranstaltet ha- beschreibt es Michael Orgas, Gemeindere- sprünglich geplanten Themen (unter ande- be. Von Stockhausen geht davon aus, dass ferent für die Jugendarbeit im Kirchenkreis rem Gerechtigkeit, Sicherheit, Freiheit, Es- der ÖKT in seiner neuen Form „nicht die Kinzigtal. Er hatte mit seinen Kolleginnen sen/Trinken) bleiben auf dem Programm. Massen erreichen“ werde. Er biete aber die Sabine Fritz und Sylvia Tengler sowie einer Für ihn als Jugendleiter laufe das nun Chance, dass Gemeinden kurzfristig eigene Gruppe die Aktion „Fischbrötchen im Ker- seit Monaten so: Mitarbeiter gewinnen, Veranstaltungen zum ÖKT anbieten (und zenschein“ geplant. Vor der Skyline Frank- planen und dann absagen – oder umpla- notfalls auch wieder absagen) könnten. furts sollte es eine Lichternacht mit einem nen. „Da stellt sich eine gewisse Motivati- Sorge bereite ihm eher ein möglicher Spaziergang zu verschiedenen Orten der onslosigkeit ein.“ Aber die verwandele sich Traditionsabbruch. Der Pfarrer erinnert Stadt geben. Thematisch sollte der Rund- meist in eine Jetzt-erst-recht-Haltung. sich an den Kirchentag 2001, ebenfalls in Frankfurt, als in Dörnigheim ein Gruppen- quartier eingerichtet war. Davon würden die Menschen heute noch reden. Wenn es nun keinen Präsenz-Kirchentag gebe, von Foto: Andreas Kaufmann dem Menschen wiederkommen und davon erzählen, wie soll die Begeisterung weiter- getragen werden? Oder anders gefragt: Werden in zwei, vier und sechs Jahren genug Menschen da Sie bleiben flexibel: Larissa Gessner-Widerspahn, Roland Pfeiffer, Sylvia Tengler, Michael Or- sein, die die Rakete zünden und mitflie- gas, Sabine Fritz, Hartmut Winkler und Alexander Schindler (von links) planen gemeinsam mit gen? ● Olaf Dellit Andreas Kaufmann und vielen Jugendlichen einen Kirchentag für zu Hause im Kinzigtal blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021 11
THEMA Viele Foren für heikle Themen und neue Arten der Begegnung Die Pandemie schränkt die Arbeit von Akademie und Evangelischen Foren ein, bietet aber auch reichlich Gesprächsstoff und schafft neue Möglichkeiten des Austauschs im Netz D as Bild des wunderschönen Ambi- staltungen stattgefunden, meist mit einem Raum spielen kaum noch eine Rolle. Für entes rund um Schlösschen Schön- Referierenden zu einem aktuellen Thema. die Akademie heißt das: Langwierige Ab- burg bleibt. Nur ist es derzeit nicht In der Regel dauern diese Gesprächsaben- stimmungen mit Referenten und Tagungs- als Tagungsort der Evangelischen Akade- de knapp zwei Stunden. stätte entfallen, langfristige Raumbuchun- mie Hofgeismar erfahrbar, sondern dient Die Aktualität ist Teil des Erfolgs ei- gen ebenso. Vor allem Kurzformate bieten als Banner bei einer der vielen digitalen ner neuen Digitalität, die ergänzt wird sich an. Veranstaltungen, die die Akademie nun durch einige Tagungen, die vom Analo- Und die Themen? Die liefert unter anbietet. Nach dem ersten Shutdown im gen ebenfalls ins Netz verlegt wurden. anderem die Pandemie. „Durch die Ein- vergangenen Frühling hat die Akademie Die Teilnehmenden haben ähnlich wie bei schränkungen treten Probleme auf, die wir eine ganze Reihe von Online-Formaten ent- Veranstaltungen vor Ort die Möglichkeit, zur Diskussion stellen, wie Verstoß gegen wickelt und viele neue Teilnehmende aus sich einzubringen. Dafür spielt die Studi- Kinderrechte, Krise der Kulturschaffenden, dem gesamten Bundesgebiet gewonnen. enleitung auf der Klaviatur der digitalen Bildungsgerechtigkeit sowie die Globali- Auch ausländische Referenten können für Werkzeuge: Chat, Meldefunktion, Icons sierung und ihre Folgen“, fasst Christina die digitalen Formate nun schnell und vor wie Daumen hoch oder Applaus, Break- Schnepel die Arbeit der Studienleitung allem kostengünstig geworben werden. out-Sessions in Kleingruppen, gemeinsa- zusammen. „Als Akademie verstehen wir Fotos: medio.tv/Schauderna Foto: C. Schnepel Schönes Ambiente: Evangelische Akademie Hofgeismar Neue Medien: Studienleiterin Christina Schnepel beim Online-Seminar Der Lockdown wird als Möglichkeit me Pinnwände, sprich Padlets – alles wird uns als Anwalt von Themen, die wir über begriffen, das Motto der Akademie „Al- genutzt. Lockdown und Pandemie nicht verges- les wirkliche Leben ist Begegnung“ neu Es gibt noch einen weiteren Vorteil: sen dürfen“, fügt sie hinzu und nennt als zu interpretieren. „Wir bleiben in der Be- Alle digitalen Veranstaltungen werden Beispiele die Herausforderungen der De- gegnung und im Diskurs“, sagt Christina aufgezeichnet und im YouTube-Kanal der mokratie, die europäische Asylpolitik, die Schnepel, Studienleiterin für Nachhaltige Akademie veröffentlicht. Damit sind sie Zukunft der Ernährung, den Kampf gegen Entwicklung, Ökumene, Landwirtschaft jederzeit abrufbar. Das erleichtert vielen Rassismus sowie die Transformation des und Soziales. Neu ist das Format: Die Pfar- Interessierten den Zugang. Wer sich bis- Religiösen. rerin machte Anfang Mai letzten Jahres her nur schwerlich ein Wochenende für Doch nicht alles lässt sich in den digi- den Auftakt zur ersten Online-Reihe mit eine Tagung freischaufeln konnte und talen Raum verlagern. So sei es beispiels- einem Gesprächsabend über den Schutz ungern lange Planungen anstellte, kann weise schwierig, Schüler und Schulen dafür von Flüchtlingen. Unter dem Obertitel sich nun bequem von zu Hause aus über zu gewinnen. Sie hätten nach stundenlan- „Was bewegt? Evangelische Akademie die brennenden Themen der Gegenwart gem Home-Schooling das Sitzen vor dem Online“ haben seither 50 digitale Veran- informieren und mitdiskutieren. Zeit und Bildschirm schlichtweg satt, ist die eine Er- 12 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021
THEMA klärung. Die andere: Besonders Jugendli- gen einen Podcast zu machen. Ebenso gelischen Forum Schwalm-Eder. Er hat ei- che möchten in ihrer Freizeit andere junge erfolgreich waren die Sommerinterviews: ne Veranstaltungsreihe gestartet mit dem Leute treffen und kennenlernen. Aus ähnli- kurze Videogespräche mit Menschen aus Titel „Den Stier an den Hörnern packen chen Gründen musste auch die Kinderaka- der Stadt. Unter dem schlichten Reihen- — Corona und die Folgen für das öffentli- demie verschoben werden. titel „Draußen auf der Bank“ verbirgt sich che und private Leben“, mit der er heikle Manchmal sind es dagegen die The- eine pfiffige Kooperation: Die Kopiloten, Themen wie Verschwörungstheorien oder men, die sich eben nicht ins Netz verlagern ein Verein für politische Bildung, stellt das (einsame) Sterben aufgreift. Um ein lassen, wie zum Beispiel eine Tagung zur das technische Know-how für professio- ähnliches Thema kümmerte sich auch das sexuellen Gewalt oder die Bachkantate nelle Aufnahmen, das Forum sucht die Forum in Hanau, das mit einer Veranstal- zum Mitsingen. Beides soll im Sommer Gesprächspartner aus Religion und Ge- tung zur Medizinethik seine Online-Reihe nachgeholt werden. sellschaft aus. im vergangenen Mai startete. Mit Unterstützung durch den Offenen An Schwalm und Eder erzielte Pfarrer Neue Formate in den drei Kanal und viele Kooperationspartner konn- Glitzenhirn vor allem mit Gesprächen zu Evangelischen Foren te sogar ein Konzert mit Stücken verfemter aktuellen Entwicklungen große Resonanz, Komponisten zum Holocaust-Gedenktag wie dem Ausbau der A49, dem Klima- Auch für die drei Evangelischen Foren am 27. Januar aufgezeichnet werden. wandel in der Region oder den Kommu- der EKKW in Kassel, Hanau und Schwalm- Das Publikum saß vor den Bildschirmen, nalwahlen, einer Kooperation mit dem stadt war schnell klar, dass Veranstaltun- die Künstler traten auf und erhielten Ho- Diakonischen Werk. Er sieht die Chance gen wie reine Vorträge, Exkursionen oder norare, eine rare Gelegenheit in Zeiten der einer gegenseitigen Öffnung und meint Mitmach-Aktionen verschoben werden Pandemie. das nicht nur im übertragenen Sinn: „Wir müssen, andere Formate sich aber durch- Das prägnanteste Format aller Evan- haben uns unsere Stuben geöffnet.“ Auf aus für eine Zoom-Veranstaltung mit Mög- gelischen Foren war aber auch schon vor dem Bildschirm ist der Mensch zu sehen lichkeiten der Teilhabe eignen. Mitarbei- Corona das (Abend-)Gespräch. Die Technik und ein Teil seines Zuhauses, seines Le- ter ließen sich schulen, Netzwerke wurden macht’s nun möglich, dass sich via Zoom bens. Auch das ist Begegnung. ● ausgelotet, Medienexperten aus Funk und Teilnehmende dazuschalten können. Um Christine Lang-Blieffert Foto: S. Jakubczyk Foto: U. Köster „Bekannte Stimme“: Schauspielerin Christina Weiser im Ev. Forum Kassel Distanzfreundlich: Forums-Veranstaltung in der Stadtkirche Treysa Fernsehen gewonnen. Mit dem Freien Ra- dafür alle fit zu machen, bietet das Kas- VERANSTALTUNGEN dio Kassel strickte beispielsweise das dor- seler Forum Zoom-Einführungskurse an. tige Evangelische Forum eine Reihe von „Ich erlebe dabei eine große Dankbar- Hier finden Sie Informationen über aktuelle Veranstaltungen: Lesungen. Unter dem Titel „Bekannte Stim- keit“, schildert dessen Leiterin Gabi Hep- men“ lasen Schauspieler des Staatsthea- pe-Knoche und fügt hinzu: „Je öfter die Evangelische Akademie Hofgeismar: ters, professionell aufgenommen im Studio Teilnehmenden dabei waren, desto mehr www.akademie-hofgeismar.de des Hörfunksenders, literarische Texte. Die trauten sie sich mitzudiskutieren.“ Für sie Evangelisches Forum Kassel: Sendungen, ausgestrahlt vom Freien Ra- steht fest, digitale Formate auch nach der www.ekkw.de/kassel/forum dio und auf den Plattformen des Forums Pandemie anzubieten. „Es wäre schade, beworben und verlinkt, erzielen eine hohe wenn alles, was wir jetzt gelernt haben, Evangelisches Forum Schwalm-Eder: Reichweite. Längst nutzt das Forum dafür verloren ginge, denn in diesen Medien www.forum-schwalm-eder.de nicht nur Facebook und YouTube, sondern liegt eine große Chance.“ Nicht nur in den Evangelisches Forum Hanau: ist auch auf dem jungen Kanal Instagram neuen Medien, auch in der Krise, meint www.kirchenkreis-hanau.de unterwegs und überlegt, aus den Lesun- ihr Kollege, Dierk Glitzenhirn vom Evan- blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021 13
THEMA Fotos: medio.tv/Schauderna Als Singen noch problemlos möglich war – oben: Festgottesdienst-Chor am 16. Februar 2020 beim 50-jährigen Bestehen der Kirchenmusikalischen Fort- bildungsstätte in Schlüchtern. Unten: der Gospelchor „Get up!” feierte am 27. Oktober 2019 sein 20-jähriges Bestehen im Kasseler Staatstheater 14 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021
THEMA Rostende Stimmen, Video-Stammtisch und der Else-Faktor Wie haben Chöre und Kirchenmusiker das vergangene Jahr erlebt? S ie haben viel versucht, viel vermisst ist, fand auch Peter Hamburger, Kantor Spaß am Singen erhalten und sind trotz Einschränkungen vol- für Popularmusik, im vergangenen Jahr ler Elan: So etwa lässt sich die Stim- bestätigt. So traf er sich mit dem Gos- Auch Annette Fraatz, EKKW-Kinderkan- mung bei den Musikern der Landeskirche pelchor „Get up!“ – normalerweise ein torin, hat alles daran gesetzt, mit ihrem nach Coronajahr eins beschreiben. Vieler- „Arbeitschor“, dessen Sängerinnen und Kinder- und ihrem Jugendchor Kontakt zu orts darf ab Ostern wieder in Kleingruppen Sänger sich zu Hause vorbereiten – fast halten, hat im Freien und in Kleingruppen im Gottesdienst musiziert werden. jede Woche für ein bis zwei Stunden auf singen lassen und Einzelunterricht gege- „Zoom“, es wurden kleine Projekte vorbe- ben. Weil ihre Jugendsänger schon lange Wiederkehrende Dorfbeschallung reitet. Kamen neue Corona-Regeln, richte- gewohnt sind, mutig einzeln zu singen, hat te er Sprechstunden für die Chorleiter ein. sie mit jeweils vieren auch Gottesdienste Landesposaunenwart (Nord) Andreas Viele Chöre versuchten es mehr oder we- gestaltet. „Den Spaß am Singen“ erhalten, Jahn zum Beispiel hat zum Jahresende niger zufriedenstellend mit Online-Proben. das war das Ziel; dabei machen Fraatz die 2020 die jährliche Bläserchorleiterver- Hamburger bot und bietet Fortbildungen Kinderchöre, die gar nicht proben können, sammlung per Video abgehalten – mal hö- zum Thema „Hybrid-Proben“ an – einige große Sorgen: „Da fehlt ein ganzer Jahr- ren, wie es läuft. Ergebnis: „Fast alle haben proben live zusammen, der Rest ist über gang.“ Gemeinsam mit den 54 Kinderchor- versucht, so viel wie möglich zu spielen!“ Video beteiligt. leitern plant sie derzeit, wie der Beginn Immer angepasst an Lockdowns und Re- „nach Corona“ aussehen könnte. Positiv: geln, waren vor allem die diakonischen Für ihren online, also ohne Anfahrten ge- Einsätze, mal als Konzert vor Altenheimen, starteten Kinderchorleitungs-Kurs haben mal als Begleitung in kleiner Besetzung »Gegen das Image sich erstmals auch sechs Jugendliche im und bei Freiluftgottesdiensten die Glanz- des Singens Alter von 14 bis 18 Jahren angemeldet. lichter der Zunft. Wenn irgend möglich, als gefährlich wurde draußen geprobt; und für „die gu- wird man wohl Die Energie ist doch da! ten alten Lieder“ aus dem Repertoire, die im Lande wenigstens als „wiederkehrende noch eine Weile Landeskirchenmusikdirektor Uwe Dorfbeschallung“ erklangen, gab es, so ankämpfen müssen.« Maibaum schließlich, Kopf des Musik- Jahn, „tolle Rückmeldungen“. Krisenstabs und inzwischen „perfekt im Lesen medizinischer Gutachten“, plädiert Traurig war, dass „Weihnachten ins Von vielen Chören hört Hamburger, für differenzierte Maßnahmen bei großer Wasser fiel“, normalerweise Bläser-Hoch- dass der augenzwinkernd so genannte Vorsicht. Singen mit Abstand und in aus- Zeit. Aber die Motivation zu spielen ist un- „Else-Faktor“ fehle, sobald wenige mit reichend großen Räumen, mit wenigen gebrochen; Proben per Video erwiesen sich großem Abstand im Gottesdienst singen Sängern – damit hat er von allen Seiten als ungeeignet, doch trafen sich viele on- durften: „Ich beherrsche meine Stimme im Jahreslauf „nur positive Erfahrungen“ line „zum Schnacken“, wie der Norddeut- zwar, aber nur wenn Else direkt neben gemacht. Alle seien scharf aufs Singen, sche Jahn berichtet. Er wünscht sich, dass mir steht“, hieß es dann öfters schüchtern. und das gelegentliche Auftreten in Klein- langfristig über bessere technische Lösun- Nicht genutzte Stimmen seien zudem gruppen möchte Maibaum am liebsten re- gen für solche Notzeiten nachgedacht leicht eingerostet. Zukünftig wünscht sich gelmäßig fortführen; es schule die Ohren. wird; er hat als Mitglied des „Krisenstabs Hamburger besseres WLAN in den Ge- „Da hat sich Corona direkt gelohnt“, Kirchenmusik“ „extremen Respekt“ vor meindehäusern, auch für Formate „nach sagt er, nur halb ironisch. Selbst über dem Virus. Sprich: Skeptisch bleiben, auf Corona“. Inzwischen müsse man im Aus- Weihnachten an Covid erkrankt, warnt Outdoor-Gottesdienste nach Ostern hoffen. tausch bleiben – viele Chorleiter telefo- er davor, übereilt „Magnete“ aufzubauen nieren reihum mit ihren Sängerinnen und wie größere Konzertauftritte, hofft auf die Hybrid-Proben als Lösung? Sängern. Dann stehe einem Neustart, so- nachösterliche Zeit für mehr Gemeinsam- bald man wieder singen darf, nichts im keit live und macht sich „überhaupt keine Wie wichtig der soziale Aspekt für die Wege. Aber gegen das Image des Singens Sorgen“, dass Menschen zukünftig nicht Mitglieder der etwa hundert vorwiegend als gefährlich werde man wohl noch eine mehr singen wollen. „Die Energie ist doch Pop- und Gospelchöre der Landeskirche gute Weile ankämpfen müssen … da!“ ● Anne-Kathrin Stöber blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2021 15
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