9 Neurologische Ausfallerscheinungen

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   9        Neurologische Ausfallerscheinungen

   Neurologische Ausfallerscheinungen können zu ver-
                                                                3. Prednisolon 79 (z. B. Solu Decortin®),
   schiedenen Symptomen führen:                                    10 mg/kg i. m.
   ● Kopfschiefhaltung
                                                                4. Tier an ruhigen, abgedunkelten Ort bringen
   ● Gleichgewichtsstörungen                                    5. Kontrolle der Körpertemperatur

                                                                                                                   Neurologie
   ● Paresen, Paralysen                                            – Wärmezufuhr bei Hypothermie
   ● Anfälle, Krämpfe                                              – Kühlung bei Hyperthermie
   ● Bewusstseinsstörungen                                      6. bei Krämpfen Diazepam 115 (Valium®),
                                                                   1–5 mg/kg i.m

   9.1

   Tierartliche Besonderheiten                            9.3

   Das Nervensystem der Kleinnager weist keine            Diagnostik
   Besonderheiten im Vergleich zu Hund und Katze          9.3.1     Besonderes Augenmerk bei der
   auf. Auffällig bei allen Kleinnagern sind allerdings              Anamnese
   die großen Paukenhöhlen, die sich auch auf Rönt-
   genaufnahmen entsprechend darstellen lassen            Bei jeder neurologischen Störung sollte zunächst
   (▶ Abb. 18.5, ▶ Abb. 18.6, ▶ Abb. 18.7,                erfragt werden, ob ein Trauma bekannt ist, das zu
   ▶ Abb. 18.8).                                          Verletzungen der Wirbelsäule oder des Schädels
                                                          geführt haben kann.
                                                            Wurde dies nicht beobachtet, so sollten die Hal-
   9.2                                                    tungsbedingungen detailliert hinterfragt werden:
   Therapiegrundsätze                                     ● Hat das Tier unbeaufsichtigten Freilauf? Dabei

                                                            kann es zu Stürzen gekommen sein, die zu
                                                            einem Trauma der Wirbelsäule und des Rücken-
         k Sofortmaßnahmen                                  marks (S. 192), des Beckens (S. 195) oder des
         Notfallmaßnahmen müssen umgehend eingelei-         Schädels (S. 190) geführt haben.
         tet werden, wenn eine Schocksymptomatik be-      ● Ist der Käfig mit Klettermöglichkeiten ausgestat-

         steht. Schocksymptome sind:                        tet, die Stürze aus größerer Höhe erlauben?
         ● Seiten- oder Brust-Bauch-Lage                    Auch hier können Schädeltraumata (S. 190), Ver-
         ● blasse oder hyperämische Schleimhäute            letzungen von Wirbelsäule und Rückenmark
         ● flache, frequente Atmung
                                                            (S. 192) oder Beckenfrakturen (S. 195) die Folge
         ● flacher Puls
                                                            sein.
         ● Hypothermie oder Hyperthermie
                                                          ● Haben kleine Kinder Zugang zum Käfig oder

         Folgende Sofortmaßnahmen sind einzuleiten:         dem Terrarium? Möglicherweise ist der flinke
         1. Sauerstoffzufuhr                                 Kleinnager dem Kind aus der Hand gefallen.
         2. Flüssigkeitszufuhr: Vollelektrolytlösung 91   ● Wo ist der Käfigstandort? Ein Standort am Fens-
             (z. B. Sterofundin®), 40 ml/kg i. p.           ter kann bei direkter Sonneneinstrahlung einen
             – bei Hypothermie körperwarme Infusions-       Hitzschlag (S. 198) zur Folge haben.
                lösung 91
             – bei Hyperthermie kühle Infusionslösung
               91
                                                          Die Fütterung ist speziell bei tragenden Kleinna-
                                                          gern von Interesse. Eine energetische Unterversor-
                                                          gung in der Hochträchtigkeit kann zu einer Träch-
                                                          tigkeitstoxikose (S. 198) führen.

aus: Ewringmann u.a., Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus (ISBN 9783830411635) © 2014 Enke Verlag
9 – Neurologie
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           Auch vorangegangene Erkrankungen und                 Kopfschiefhaltung und Ataxien
         Symptome müssen erfragt werden. Dabei ist nicht        Liegen Veränderungen der Ohren vor?
         nur das vorgestellte Tier zu berücksichtigen, son-     Rötungen, Alopezien und Krusten an der Ohr-
         dern auch alle Partnertiere. Bakterielle Erreger       muschel und ihrer Umgebung können Anzeichen
         von Atemwegserkrankungen können auch nach              für Juckreiz bei Otitis externa (S. 187) sein. In sol-
         Abklingen der ursprünglichen Symptomatik zu            chen Fällen muss der äußere Gehörgang mit
         einer Otitis media oder interna (S. 187) geführt ha-   einem feinen Otoskopaufsatz eingesehen werden.
         ben, wenn ein Keimreservoir in den Nasenhöhlen         Entzündungen gehen mit Rötungen und Schwel-
         zurückgeblieben ist. Jede bakterielle Erkrankung       lungen der Schleimhaut einher. Ist eine Otitis me-
         kann zudem in einer Septikämie (S. 199) münden.        dia (S. 187) durch Keimbesiedlung über die Eus-
         Nephropathien (S. 200) und Hepatopathien (S. 199)      tach’sche Röhre entstanden, so bestehen mögli-
         führen erst im Endstadium zu neurologischen Er-        cherweise Eiteransammlungen im Mittelohr, die
         scheinungen. Es gehen stets andere Symptome wie        das Trommelfell vorwölben.
         verminderte Mobilität, reduzierte Fresslust und
         Abmagerung voraus.                                     Bestehen Symptome einer Atemwegsinfek-
                                                                tion?
                                                                Infektionen des Atmungstrakts können Ausgangs-
         9.3.2   Besonderes Augenmerk bei der                   punkt für eine Otitis media oder interna (S. 187)
                 klinischen Untersuchung                        sein. Daher muss auf Symptome wie Augen- oder
                                                                Nasenausfluss sowie nasale Atemgeräusche geach-
             Cave                                               tet werden. Verschärfte Atemgeräusche bei der
             Wird der Patient in Seiten- oder Brust-            Auskultation von Kehlkopf, Trachea und Lunge ge-
             Bauch-Lage vorgestellt und reagiert er nicht       ben weitere Hinweise.
             auf seine Umgebung, so muss von einer
             Schocksituation ausgegangen werden. In
             diesem Fall müssen zunächst lebensretten-
                                                                Lähmungserscheinungen
             de Sofortmaßnahmen eingeleitet werden.
                                                                ! Liegen Paresen vor, so muss mit dem Patien-
         In jedem Fall sind die Schleimhäute der Konjunkti-         ten sehr vorsichtig umgegangen werden, um
         ven zu adspizieren. Im Schock sind sie in der Regel        Instabilitäten der Wirbelsäule nicht zu ver-
         blass. Hochrote Schleimhäute sind dagegen beim             stärken.
         Hitzschlag (S. 198) zu finden. Es empfiehlt sich zu-
         dem die Messung der Rektaltemperatur, um Hypo-         Sind Veränderungen an der Wirbelsäule
         von Hyperthermien unterscheiden zu können.             festzustellen?
           Besteht keine lebensbedrohliche Situation, so        Bei vorsichtiger Palpation der Wirbelsäule von
         muss immer eine gründliche Allgemeinunter-             kranial nach kaudal wird auf Stufenbildungen ge-
         suchung erfolgen, da auch Erkrankungen außer-          achtet, die bei Frakturen oder Dislokationen von
         halb des Nervensystems neurologische Störungen         Wirbeln (S. 192) auftreten können.
         vortäuschen können.
           Eine neurologische Untersuchung ist bei den          Bestehen Veränderungen der Muskulatur?
         kleinen und meist wenig kooperativen Patienten         Degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule
         nur sehr eingeschränkt durchführbar.                   (S. 193) oder des Rückenmarks (S. 194) verlaufen
                                                                chronisch progressiv und führen zu einer fort-
                                                                schreitenden Atrophie der Muskulatur der Hinter-
                                                                gliedmaßen. Bei akutem Krankheitsgeschehen
                                                                nach Wirbelsäulentraumata (S. 192) ist die Musku-
                                                                latur dagegen kräftig ausgebildet.

  aus: Ewringmann u.a., Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus (ISBN 9783830411635) © 2014 Enke Verlag
9.3 Diagnostik
                                                                                                                  181
   Finden sich Anzeichen einer Herzerkran-                9.3.3   Diagnosesicherung durch wei-
   kung?                                                          terführende Untersuchungen
   Herzinsuffiziente Kleinnager weisen häufig eine
   deutliche Schwäche der Hintergliedmaßen auf, die       Röntgenaufnahmen müssen insbesondere bei
   auf Störungen der Durchblutung oder auf eine all-      Lähmungserscheinungen angefertigt werden. Auf
   gemeine Schwäche zurückzuführen ist. Daher             ihnen können sowohl Frakturen der Wirbel
   muss bei diesen Tieren stets auch auf weitere          (S. 192) und degenerative Wirbelsäulenerkrankun-
   Symptome einer Herzerkrankung (S. 201) geachtet        gen (S. 193) als auch Beckenfrakturen (S. 195) di-

                                                                                                                   Neurologie
   werden. Als solche sind nicht nur Arrhythmien          agnostiziert werden. Röntgenbilder des Schädels
   oder eine Dämpfung der Herztöne anzusehen;             im dorsoventralen Strahlengang erleichtern die
   auch blasse bzw. zyanotische Schleimhäute, bei         Diagnose von Otitiden (S. 187), da auf ihnen Bulla-
   schwach pigmentierten Tieren auch eine blasse          verschattungen sichtbar werden. Liegt ein Schä-
   oder zyanotisch verfärbte Haut an Pfoten und Oh-       deltrauma (S. 190) vor, so muss der Schädel in bei-
   ren, sind als Anzeichen einer Minderdurchblutung       den Ebenen geröntgt werden, um Frakturen sicher
   und eines Sauerstoffmangels zu werten.                  nachweisen zu können.
                                                             Blutuntersuchungen sind unter Praxisbedin-
                                                          gungen standardmäßig nur bei Ratten möglich.
   Anfälle, Krämpfe und Bewusstseins-
                                                          Auch hier sind die zu gewinnenden Probenmen-
   trübung
                                                          gen meist gering, sodass, abhängig von den Ergeb-
   Gibt es Anzeichen einer anderen Grund-                 nissen der klinischen Untersuchung, überlegt wer-
   erkrankung?                                            den muss, welche Parameter gezielt bestimmt
   Jede bakterielle Infektion kann letztlich zu einer     werden sollen. Besteht z. B. der Verdacht auf eine
   Septikämie (S. 199) führen, sodass alle Organsyste-    bakterielle Enzephalitis (S. 197) oder eine Septikä-
   me gründlich untersucht werden müssen. Bei             mie (S. 199), sollte ein Differenzialblutbild angefer-
   Kleinnagern ist hier insbesondere auf Symptome         tigt werden. Wird eine Stoffwechselentgleisung
   einer Atemwegsinfektion zu achten, bei Jungtieren      infolge einer Hepatopathie (S. 199) oder Nephro-
   zudem auf Erkrankungen des Darmtrakts. Da auch         pathie (S. 200) vermutet, so werden gezielt Leber-
   Hepatopathien (S. 199) und Nephropathien (S. 200)      enzyme (vorzugsweise ALT) und Nierenwerte be-
   im fortgeschrittenen Stadium zu neurologischen         stimmt.
   Störungen führen können, sollte bei abdominaler           Urinuntersuchungen erleichtern die Diagnose
   Palpation besonders sorgfältig auf Größen- oder        einer Trächtigkeitstoxikose (S. 198), bei der es
   Strukturveränderungen von Leber und Nieren ge-         durch Stoffwechselentgleisungen zu Absenkungen
   achtet werden.                                         des Harn-pH-Werts und zur Ketonurie kommt.
                                                          Gleiches gilt für andere Erkrankungen, die in einer
   Ist das Tier trächtig?
                                                          Hepatopathie (S. 199) münden. Eine Harnunter-
   Kann anamnestisch nicht zweifelsfrei ausgeschlos-
                                                          suchung kann jedoch auch einen Hinweis auf eine
   sen werden, ob der Patient tragend ist, sollte durch
                                                          Nephropathie (S. 200) liefern, bei der in fort-
   vorsichtige Palpation des Abdomens festgestellt
                                                          geschrittenen Stadien oft sowohl eine Glukosurie
   werden, ob eine Hochträchtigkeit vorliegen kann.
                                                          als auch eine verstärkte Proteinurie nachweisbar
   Neurologische Störungen könnten in diesem Fall
                                                          sind.
   durch eine Trächtigkeitstoxikose (S. 198) hervor-
   gerufen werden.                                        ! Geringgradige Proteinurien sind bei Klein-
                                                             nagern physiologisch!

                                                          Ultraschalluntersuchungen geben Aufschluss
                                                          über die Organstruktur bei Verdacht auf Hepato-
                                                          pathien (S. 199) oder Nephropathien (S. 200).

aus: Ewringmann u.a., Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus (ISBN 9783830411635) © 2014 Enke Verlag
9 – Neurologie
182

         Diagnostischer Leitfaden: Neurologische Ausfall-
         erscheinungen

         Anamnese

              Trauma

                                    Kontakt zu Infektionsquellen?

              Haltung               Hitze ausgesetzt?

                                    Trächtigkeit möglich?

              Vorerkrankungen

         Klinische Untersuchung
              Kopfschief-           Ohrenveränderungen,             Eiter im Gehörgang,
              haltung               Kopfschütteln                   evtl. Kratz-/Biss-
                                                                    verletzungen             Röntgen
                                                                                             Schädel
                                                                    Gehörgang o.b.B.,
                                                                    Trommelfell vor-
                                                                    gewölbt

                                    Blutungen aus                   Allgemeinbefinden        Röntgen
                                    Nase/Maul                       gestört                  Schädel

                                    Nystagmus, Verzö-               Allgemeinbefinden        Röntgen
                                    gerung der Pupillar-            o.b.B.                   Schädel
                                    reflexe

              Ataxie                schwankender Gang               Herztöne gedämpft,       Röntgen
                                                                    evtl. Bradykardie,       Thorax
                                                                    Blässe/Zyanose,
              Parese,               Hinterhandschwäche,             evtl. Pfoten kalt
              Paralyse              Reflexe erhalten

                                    Lähmung, Reflexe                sonstiges Allgemein-     Röntgen
                                    eingeschränkt/                  befinden o.b.B.          Wirbelsäule/
                                    ausgefallen                                              Becken

                                                                    deutliche Störungen
                                                                    des Allgemeinbefindens

  aus: Ewringmann u.a., Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus (ISBN 9783830411635) © 2014 Enke Verlag
9.3 Diagnostik
                                                                                                               183

                                                                Schädeltrauma?                    S. 190

                                                                                                                   Neurologie
                                                                Wirbelsäulentrauma?               S. 192

                                                                Infektionskrankheit?              S. 196f

                                                                Hitzschlag?                       S. 198

                                                                Trächtigkeitstoxikose?            S. 198

                                                                Septikämie?                       S. 199

             Bullaverschattung                                  Otitis media/interna              S. 187

             Frakturlinie                                       Schädelfraktur                    S. 190

             o.b.B.                                             Schädeltrauma                     S. 190

                                                                Gehirntumor                       S. 191

             Herz vergrößert,                                   Herzerkrankung                    S. 201
             schlecht abgrenzbar,
             Thoraxerguss

                                                                Wirbelsäulenfraktur               S. 192
             Fraktur/Dislokation
                                                                Beckenfraktur                     S. 195

             Spondylarthrosen                                   degenerative Wirbel-              S. 193
                                                                säulenerkrankung
                                                        R
                                                                degenerative Rückenmark-          S. 194
                                                                erkrankung
             knöcherne Strukturen                               Rückenmarkläsion                  S. 192
             o.b.B.
                                        H   M                   lymphozytäre
                                                                Choriomeningitis                  S. 196
                                        M
                                                                Theiler-Meningo-Enzephalitis      S. 197

aus: Ewringmann u.a., Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus (ISBN 9783830411635) © 2014 Enke Verlag
9 – Neurologie
184

         Fortsetzung: Neurologische Ausfallerscheinungen

              Krämpfe,
              Bewusstseins-
              trübung                                                            Hypothermie

                                                                                 Hyperthermie

                                              Abmagerung                         struppiges Fell

                                                                                 UV der Leber

                                              Trächtigkeit

                                              Blutungen aus                      vorberichtlich
                                              Maul und Nase                      Trauma

                                              sonst klinisch o.b.B.

                                        RM
                                              Anfälle, dazwischen
                                              Tier unauffällig

  aus: Ewringmann u.a., Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus (ISBN 9783830411635) © 2014 Enke Verlag
9.3 Diagnostik
                                                                                                               185

                          vorberichtlich Atemwegsinfektion      bakterielle Enzephalitis          S. 197

                          vorberichtlich bakterielle            Septikämie                        S. 199

                                                                                                                   Neurologie
                          Infektion

                          vorberichtlich Hitzeeinwirkung        Hitzschlag                        S. 198

                          Nierenwerte↑, evtl. Proteinurie       Nephropathie                      S. 200
         Blut- und
         Harn-US          Leberwerte↑, Ketonurie                Hepatopathie                      S. 199

                                                                Trächtigkeitstoxikose             S. 198

         Röntgen                                                Schädelfraktur/                   S. 190
         Schädel                                                Schädeltrauma

                          vorberichtlich fortschreitende        Gehirntumor                       S. 191
                          Ausfälle, evtl. Aggressionen

                                                                Epilepsie                         S. 200

aus: Ewringmann u.a., Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus (ISBN 9783830411635) © 2014 Enke Verlag
9 – Neurologie
186
         9.4
                                                                       Lähmungserscheinungen werden bei Kleinna-
         Wichtige Ursachen                                          gern meist durch degenerative Veränderungen
                                                                    oder Traumata hervorgerufen. Degenerative Wir-
         Neurologische Ausfallerscheinungen kommen bei              belsäulenerkrankungen (S. 193) wie Spondylar-
         Kleinnagern relativ häufig vor. Sie sind meist trau-       throsen oder Bandscheibenverkalkungen werden
         matisch oder infektiös bedingt, können in Einzel-          vorwiegend bei älteren Patienten beobachtet. Ins-
         fällen aber auch infolge von Stoffwechselerkran-            besondere bei Ratten kommen zudem degenerati-
         kungen oder Neoplasien auftreten.                          ve Veränderungen des Rückenmarks (S. 194) vor.
            Eine Kopfschiefhaltung wird in den meisten              Vollständige oder unvollständige Lähmungen wer-
         Fällen durch eine Otitis (S. 187) ausgelöst. Als sel-      den zudem häufig nach Traumata beobachtet, die
         tenere Ursachen sind Schädeltraumata (S. 190), in          zu Wirbelfrakturen (S. 192) und Rückenmarkläsio-
         Einzelfällen auch Hirntumoren (S. 191) zu nennen.          nen (S. 192) oder zu Beckenfrakturen (S. 195) ge-
         Die wichtigsten Ursachen für Kopfschiefhaltung             führt haben. Auch Infektionskrankheiten wie die
         sind in ▶ Tab. 9.1 aufgeführt.                             lymphozytäre Choriomeningitis (S. 196) und die
            Ataxien können auf verschiedenste Ursachen              Theiler-Meningo-Enzephalitis (S. 197) haben Pare-
         zurückzuführen sein. Ein häufiger Grund sind Ent-          sen unterschiedlichen Grades zur Folge. Die wich-
         zündungen des Mittel- und Innenohrs (S. 187), die          tigsten Ursachen für Lähmungen sind in ▶ Tab. 9.2
         durch bakterielle Infektionserreger verursacht             aufgeführt.
         werden. Auch leichte Schädeltraumata (S. 190), die
         zu einer Gehirnerschütterung (S. 190) geführt ha-          ! Eine zum Teil sehr ausgeprägte Schwäche der
         ben, und Gehirntumoren (S. 191) gehen oft mit                    Hintergliedmaßen wird bei Kleinnagern auch
         Gleichgewichtsstörungen einher. Eine weitere Ur-                 häufig im Rahmen von Herzerkrankungen
         sache sind Enzephalitiden (S. 197). Diese sind                   (S. 62), die mit Durchblutungsstörungen und/
         meist bakteriellen Ursprungs. Bei Hamstern und                   oder Schwäche einhergehen, sowie bei
         Mäusen sind solche Symptome jedoch auch im                       schmerzhaften intraabdominalen Prozessen
         Rahmen der lymphozytären Choriomeningitis                        (S. 134) festgestellt. Sie darf nicht mit einer
         (S. 196), bei Mäusen auch bei der Theiler-Meningo-               echten neurologischen Störung verwechselt
         Enzephalitis (S. 197) zu beobachten. Weiterhin                   werden.
         können Herzerkrankungen (S. 201), die mit Durch-
                                                                    Anfälle, Krämpfe und Bewusstseinstrübungen
         blutungsstörungen vergesellschaftet sind, zu
                                                                    können durch eine Vielzahl von Erkrankungen
         Schwäche und taumeligem Gangbild führen und
                                                                    ausgelöst werden (▶ Tab. 9.3). Bei den infektiösen
         so eine Erkrankung des zentralen Nervensystems
                                                                    Ursachen stehen bakterielle Infektionen im Vor-
         vortäuschen. Die wichtigsten Ursachen für Ataxien
                                                                    dergrund. Diese können eine isolierte Enzephalitis
         sind in ▶ Tab. 9.1 aufgeführt.
                                                                    (S. 197) auslösen. Es kann jedoch auch zu Septikä-
                                                                    mien (S. 199) kommen, die von verschiedensten

         ▶ Tab. 9.1 Wichtige Ursachen für Kopfschiefhaltung und/oder Gleichgewichtsstörungen.
           Ursache                                    Bedeutung       Bemerkungen, s. auch andere Leitsymptome (LS)

           Otitis                                      +++            –
           Schädeltrauma                               ++             –
           Gehirntumor                                 +              vor allem bei à
           Herzerkrankungen                            +              keine Kopfschiefhaltung, nur Ataxie, LS Dyspnoe
                                                                      (S. 62), LS Abmagerung (S. 271)
           bakterielle Enzephalitis                   (+)             vor allem Ataxien
           lymphozytäre Choriomeningitis              (+)             Û , Ü , å , vor allem Ataxien, LS Dyspnoe (S. 56)
           Theiler-Meningo-Enzephalitis               (+)             Ü , vor allem Ataxien

  aus: Ewringmann u.a., Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus (ISBN 9783830411635) © 2014 Enke Verlag
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