Beobachteter Klimawandel - Klimawandel in Hessen - Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie Fachzentrum Klimawandel und Anpassung ...
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Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie Fachzentrum Klimawandel und Anpassung Beobachteter Klimawandel Klimawandel in Hessen
Impressum: Reihe: Klimawandel in Hessen Redaktion: Dr. H. Hübener (HLNUG), Prof. C.-D. Schönwiese (JWG-Univ. Frankfurt), Mitarbeiter des DWD Layout: Nadine Monika Fechner, Christine Zarda Herausgeber, © und Vertrieb: Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie Fachzentrum Klimawandel und Anpassung Rheingaustraße 186 65203 Wiesbaden Telefon: 0611 6939–111 Telefax: 0611 6939–113 E-Mail: vertrieb@hlnug.hessen.de www.hlnug.de Nachdruck und Aktualisierung Stand: September 2018 Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.
Vorwort Der Klimawandel ist eine Tatsache. Weltweit steigen die Temperaturen, erhöht sich der Meeresspiegel, der Niederschlag ändert sich, Gletscher schmelzen und in vielen Teilen der Welt häufen sich Dürren und Überschwemmungen. Auch hier in Hessen findet der Klimawandel schon statt. Wir können seine Auswirkungen bereits beobachten und dokumentieren. Der Mensch hat kein Wahrnehmungsorgan für Klima. Wir nehmen das Wetter wahr, können uns noch an den letzten Winter erinnern, aber schon, wenn wir an unsere Kindheit zurückdenken, neigen Prof. Dr. Thomas Schmid Präsident des wir dazu, uns meist an die schönen Dinge zu erinnern und die Hessischen Landesamtes unschönen zu vergessen. In unserer Erinnerung sind wir als Kinder für Naturschutz, Umwelt jeden Winter Schlitten gefahren und jeden Sommer ins Schwimmbad und Geologie gegangen. Diese Erinnerungen sind schön, aber sie stimmen leider nicht mit den langfristigen Beobachtungsdaten überein. Bereits seit dem 18. Jahrhundert gibt es Wetterbeobachtungen in Hessen. Wenn wir solche langen Zeitreihen auswerten, dann können wir zuverlässige Aussagen über die Veränderungen treffen, die das Klima in Hessen in diesem Zeitraum erfahren hat. Diese Broschüre gibt einen Einblick in die Klimaänderungen in Hessen, die bis heute beobachtet und gemessen wurden. Weitergehende Informationen bietet das HLNUG über seine Internetseiten, über zusätzliche Informationsmaterialien und über persönliche Auskunft der Fachleute in der Dienststelle an. 3
Badewanne, wenn der Hahn weiter geöffnet Einleitung wird, der Abfluss aber nicht weiter zunimmt. Durch die zusätzliche Freisetzung von CO2 ver- stärken wir den natürlichen Treibhauseffekt, den Das Klima der Erde hat sich im Laufe der Jahr- unsere Atmosphäre hat. Dadurch verändern wir millionen immer geändert, es gab Eiszeiten und unser Klima. Warmzeiten, die durch Änderungen der Lauf- bahn der Erde um die Sonne ausgelöst wurden. Mit Klima wird das „mittlere Wetter“ einer Regi- on bezeichnet. Üblicherweise werden Zeiträume Seit einigen tausend Jahren ist das Klima der von 30 Jahren betrachtet, um die Klimavariabi- Erde relativ stabil, so dass sich hoch entwickelte lität zwischen einzelnen Jahren oder Dekaden Kulturen bilden konnten. Seit Beginn der Indus- nicht irrtümlich als Klimawandel zu interpretie- trialisierung nutzt der Mensch nun vermehrt ren. Kohle, Gas und Öl als Energiequellen. Diese Materialien sind vor vielen Millionen Jahren aus Neben den Mittelwerten über 30 Jahre gehört Wäldern und Sümpfen entstanden und in ihnen zum Klima aber auch die natürliche Schwankung ist der Kohlenstoff dieser prähistorischen Pflan- (z. B. warme oder kalte Winter, trockene oder zen gespeichert. feuchte Sommer) und das Auftreten von ex- tremen Wetterereignissen (z. B. starke Stürme, Wenn wir Kohle, Gas und Öl verbrennen, setzen extreme Niederschläge). wir diesen Kohlenstoff in Form von CO2 wieder in der Atmosphäre frei. So wird mehr CO2 in die Wenn sich Mittelwert, Schwankung oder Ex- Atmosphäre eingebracht als Pflanzen, Ozeane treme zwischen verschiedenen 30-Jahres-Zeit- und Boden auf natürlichem Weg wieder auf- räumen statistisch signifikant (d. h. zu stark, um nehmen. Dadurch steigt der CO2-Gehalt in der zufällig zu sein) ändern, dann sprechen wir von Atmosphäre wie der Wasserspiegel in einer Klimawandel. 4
Beobachtete Temperaturänderung in Hessen seit 1900 Im Mittel ist es in Hessen in den Flussniederun- 1981–2010 gen — besonders in der Rhein-Main-Region — am gegenüber 1951–1980 wärmsten und auf den Höhen der Mittelgebirge Mittelwert + 0,6 °C am kältesten. Die kälteste Messstation in Hessen ist die Wasserkuppe, am wärmsten sind die Sta- tionen Geisenheim, Wiesbaden und Frankfurt/ Main. Die Lufttemperatur ist in Hessen seit dem 19. Jahrhundert zunächst langsam angestiegen, im Zeitraum 1951–1980 lag sie im Flächenmittel bei 8,2 °C. Vor allem seit Ende der 1980er Jahre steigt die Temperatur deutlich an: im Zeitraum 1981-2010 lag sie bereits bei 8,8 °C und ist seit- dem weiter gestiegen. Die stärkste Erwärmung zwischen diesen beiden Zeiträumen war in Südhessen und im Gebiet des Knüllwaldes zu verzeichnen. Die geringste Erwärmung trat um den Vogelsberg, um Kassel und in den hessischen Ausläufern des Wester- -1,4 -1,0 -0,75 -0,45 -0,15 0,15 0,45 0,75 1,1 1,4 [°C] walds auf. Änderung Jahresmitteltemperatur Hessen 1981–2010 im Vergleich zu 1951–1980. Daten: DWD 5
6 Feierliche Abnahme des Bürgereides der Freien Stadt Frankfurt am 16. Oktober 1816 vor dem Römer. Zeitgenössische Lithographie, J. Susenbeth. Frankfurt am Main, Institut für Stadtgeschichte.
Lange Temperaturmessreihen am Beispiel Frankfurt /Main Die Messreihe der Jahresmitteltemperatur an Die Jahre seit Ende der 1980er Jahre waren der Station Frankfurt/Main zeigt im Messzeit- besonders warm: Der Mittelwert der Jahre raum 1758–2017 deutliche Jahr-zu-Jahr-Schwan- 1991–2017 lag über dem Temperaturwert des kungen. Die 30-jährigen Mittelwerte lagen bis bis 1987 wärmsten Einzeljahres. Selbst ein Jahr, Ende des 19. Jahrhunderts bei ca. 9,0 °C und das wir als kalt empfunden haben (z. B. 2010 mit stiegen im Laufe des 20. Jahrhunderts langsam 9,8 °C), wäre früher als vergleichsweise warm an. Der Mittelwert der Periode 1961—1990 lag aufgefallen. bei 9,7 °C. Jahresmitteltemperatur Frankfurt/Main 1758–2017 12,0 (auf heutigen Messstandort* am Flughafen interpolierte Zeitreihe) * Der heutige Standort der 11,0 Klimastation Frankfurt/Main Temperatur in °C liegt am Flughafen Frankfurt, damit der Einfluss der sich 10,0 zusehends erwärmenden Stadt nicht in die Temperaturzeitreihe 9,0 einfließt. Da bis Mitte des 20. Jahrhunderts noch in der heutigen Stadtmitte 8,0 gemessen wurde, wurden diese Daten mittels räumlicher 7,0 Interpolation auf den heutigen 1750 1780 1810 1840 1870 1900 1930 1960 1990 2020 Standort umgerechnet. Jahr Jahresmittel 1781-1810 1811-1840 1841-1870 1871-1900 1901-1930 1931-1960 1961-1990 1991-2017 7
Saisonale Temperaturänderung in Hessen In Hessen hat die mittlere Jahrestemperatur 1961–1990 von 8,1 °C im Zeitraum 1901–1930 (30 Jahre) Saison Dauer Änderung 1991–2017 auf 9,2 °C im Zeitraum 1991–2017 (27 Jahre) Winter Dez.-Feb. +1,0 °C 0,3 1,3 °C zugenommen. Dabei hat sich die Temperatur Frühling März-Mai +1,2 °C 7,8 9,0 °C in allen Jahreszeiten deutlich erhöht, vor allem in den letzten Jahrzehnten. Der Vergleich des Sommer Juni-Aug. +1,1 °C 16,2 17,3 °C Zeitraums 1961–1990 mit der Periode 1991–2017 Herbst Sept.-Nov. +0,5 °C 8,6 9,1 °C zeigt dies sehr deutlich (siehe Tabelle): Winter (Dezember, Januar, Februar) Winter (Dezember, Januar, Februar) 4 extrem warm °C) Lufttemperatur der Lufttemperatur (0,4 sehr warm (0,4 2 warm 1901−2000 1901–2000 0 Abweichungen der Wintertem- °C) Abweichung der Mittelwert peratur im Mittel über ganz Mittelwert -2 kalt Hessen 1901 bis 2018 in °C Abweichung (farbige Balken: sehr kalt Abweichungen der Einzeljahre; -4 schwarze Linie: zum zum 11-jährig gleitender Mittelwert) extrem kalt -6 1901 1911 1921 1931 1941 1951 1961 1971 1981 1991 2001 2011 8
Die Abbildungen zeigen die Abweichungen der Kühlere Sommer wurden vor allem vor 1930 und mittleren Winter- und Sommertemperaturen in zwischen 1954 und 1987 beobachtet. Danach Hessen (farbige Balken) gegenüber dem Mittel- waren die meisten Sommer überdurchschnittlich wert des 20. Jahrhunderts sowie den 11-jährig warm, was sich auch im Anstieg des 11-jährigen gleitenden Mittelwert (schwarze Linie). gleitenden Mittelwertes (schwarze Linie) zeigt. Der Zeitraum 1941–1970 war durch recht kalte Der Hitzesommer 2003 war der mit Abstand Winter geprägt. Die mit Abstand kältesten fünf wärmste Sommer seit Messbeginn in Hessen. Winter wurden zwischen 1929 und 1963 regist- Er war 3,6 °C wärmer als der Mittelwert des Zeit- riert (kältester Winter: 1962/63). Die fünf wärms- raums 1901–2000. ten Winter traten seit den 1970er Jahren auf (wärmster Winter 2006/07). Sommer (Juni, Juli, August) Sommer (Juni, Juli, August) 4 (16,2°C) Abweichung der Lufttemperatur 1901-2000(16,2 3 extrem warm 1901–2000 2 sehr warm Abweichungen in der Sommer- warm °C) temperatur im Mittel über ganz 1 Mittelwert Mittelwert Hessen 1901 bis 2017 in °C Abweichung (farbige Balken: 0 Abweichungen der Einzeljahre; schwarze Linie: -1 zum kalt 11-jährig gleitender Mittelwert zum sehr kalt -2 extrem kalt 1901 1921 1941 1961 1981 2001 9
Besonders heiße oder kalte Tage (Kenntage) Kenntage sind Tage, die durch Über- Die Anzahlen der Frosttage (Tiefsttempe- oder Unterschreitung eines bestimmten ratur unter 0 °C) sowie der Eistage (Höchst- Schwellenwertes charakterisiert sind. temperatur unter 0 °C) haben sich im Mittel über ganz Hessen zwischen den beiden Zeiträumen 1951–1980 und 1981–2010 re- Kassel Löwenburg. duziert (siehe Graphik rechte Seite). 10
100 90 1951−1980 Dagegen hat sich die Zahl der 80 1981−2010 Sommertage (Höchsttemperatur über 70 25 °C) und der heißen Tage (Höchst- 60 temperatur über 30 °C) zwischen den beiden Zeiträumen im Mittel über das 50 Gebiet von Hessen deutlich erhöht. 40 30 20 10 Änderung der Kenntage in Hessen 1981–2010 im 0 Vergleich zu 1951–1980. Daten: DWD Eistage Frosttage Sommertage Heiße Tage 11
Beobachtete Niederschlagsänderung Der Niederschlag ist räumlich und zeitlich sehr variabel. In Hessen finden sich im Mittel die höchsten Niederschlagswerte auf dem Vo- gelsberg, in der Rhön und im Odenwald. Die Flussniederungen erhalten deutlich weniger Niederschlag, die niedrigsten Werte finden sich entlang des Rheins. Der Niederschlag ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich und zeigt auch Schwankungen zwischen den Jahrzehnten. Es ist daher gro- ße Vorsicht geboten bei der Bestimmung von Trends im Niederschlag. Seit Beginn der Niederschlagsmessungen (häu- fig Ende des 19. Jahrhunderts) hat der mittlere Jahresniederschlag in Hessen leicht zugenom- men. Während es bis Mitte des letzten Jahrhun- derts relativ trocken war (1901–1930: 735 mm/ Jahr und 1931–1960: 748 mm/Jahr), waren die Mittlerer nachfolgenden Zeiträume zusehends feuchter Jahresnieder- schlag in mm (1961–1990: 793 mm/Jahr und 1981–2010: 1981–2010. 807 mm/Jahr). Daten: DWD 12
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Saisonale Niederschlagsänderung Der Niederschlag schwankt sowohl langjährig Die Graphiken zeigen die große Jahr-zu-Jahr- als auch im Jahresverlauf sehr stark. Im Allge- Variabilität im Sommer und Winter in Hessen. meinen fällt in Hessen im Sommer am meisten Die Sommer im Zeitraum 1941 bis 1970 waren Niederschlag (222 mm im Mittel der Periode eher nass (240 mm im Mittel über ganz Hessen). 1901–2000), gefolgt vom Niederschlag im In der Periode 1971–2000 waren die Sommer da- Herbst (187 mm) und im Winter (184 mm). gegen meist trockener (208 mm Mittelwert). Seit Der Frühling ist in Hessen weniger regenreich der Jahrtausendwende treten wieder vermehrt (169 mm). nasse Sommer auf. Sommer (Juni, Juli, August) Niederschlagsmenge Sommer (Juni, Juli, August) (222 mm) 200 zum (222 mm) 150 extrem nass derNiederschlags 1901–2000 sehr nass 100 nass 1901-2000 50 Abweichungen im Sommerniederschlag im Mittel 0 Mittelwert über ganz Hessen 1901 bis 2017 Abweichungdes in mm -50 Mittelwert Abweichung (farbige Balken: trocken -100 Abweichungen der Einzeljahre; sehr trocken schwarze Linie: zum extrem trocken 11-jährig gleitender Mittelwert). -150 1901 1911 1921 1931 1941 1951 1961 1971 1981 1991 2001 2011 Jahr 14
Besonders in den 1970er Jahren trat eine grö- Seit 1901 hat die Niederschlagsmenge in Hes- ßere Häufung trockener Winter auf. In manchen sen in allen Jahreszeiten bis auf den Sommer Wintern fielen weniger als 100 mm Niederschlag etwas zugenommen. Alle hier diskutierten Ent- (z.B. 1971/72 und 2016/17). In den 1980er und wicklungen der saisonalen Niederschlagsmen- 1990er Jahren traten dagegen recht viele nasse gen sind aber aufgrund der sehr großen Vari- Winter auf. Zum Teil kamen mehr als 300 mm abilität des Niederschlages – sowohl zwischen Niederschlag vom Himmel – zuletzt in den Hoch- einzelnen Jahren als auch zwischen Dekaden wasserwintern 1993/94 und 1994/95. oder sogar noch längeren Zeiträumen – nicht signifikant. Es lässt sich also nicht ausschließen, dass die Trends durch Zufall entstanden sind. Winter (Dezember, Januar, Februar) Niederschlagsmenge Winter (Dezember, Januar, Februar) (184 mm) 200 zum extrem nass (184 mm) 150 derNiederschlags 1901–2000 sehr nass 100 nass 1901-2000 Abweichungen im 50 Winterniederschlag im Mittel 0 Mittelwert über ganz Hessen 1901 bis 2017 Abweichungdes in mm -50 Mittelwert Abweichung (farbige Balken: trocken Abweichungen der Einzeljahre; -100 sehr trocken schwarze Linie: zum 11-jährig gleitender Mittelwert). extrem trocken -150 1901 1911 1921 1931 1941 1951 1961 1971 1981 1991 2001 2011 Jahr 15
Kombinierte Auswirkung von Temperatur und Niederschlag Oft verstärken sich die Wirkungen von verschie- hat, dass der Sommer so heiß wurde. Der aus- denen Wetterelementen noch gegenseitig. In getrocknete Boden hat sich viel stärker erwärmt, den letzten Jahren häuften sich gerade im Früh- als dies bei vergleichbarer Sonneneinstrahlung jahr und Sommer besonders trockene und heiße nach einem feuchteren Frühjahr geschehen Monate. Der Hitzesommer 2003 hat europaweit wäre. für traurige Schlagzeilen gesorgt, da durch die außergewöhnliche Hitzebelastung vor allem Auch viele andere Jahre seit den späten 1980er viele ältere Menschen gestorben sind. Unter- Jahren waren nicht nur besonders warm, son- suchungen haben gezeigt, dass das trockene dern gerade im Sommer auch noch besonders Frühjahr 2003 maßgeblich dazu beigetragen trocken. Edersee, September 2009: Der niedrige Was- serstand (mangelnder Regen; Abfluss durch die Staumauer) ermöglicht einen Blick auf Rui- nen, die sonst im Wasser verborgen liegen. Beim Dorf Asel kann trockenen Fußes eine Brücke überquert werden, die sonst einige Meter unter Wasser liegt. Hessens größter See fasst nahezu 200 Mio. m3 Wasser, am 10.10.2009 waren es nur noch 35 Mio m3. http://www.op-marburg.de/Nachrichten/Panorama/ Hessen/Edersee-gibt-Schaetze-preis 16
Als Beispiel für besonders heiße und trockene über dem Durchschnitt der Referenzperiode Frühlingsmonate ist in der Abbildung für den 1961–1990. Monat April für jedes Jahr die Abweichung der Temperatur (horizontale Achse) und des Nieder- Hinzu kam, dass 2009 und 2011 im April nur ca. schlags (vertikale Achse) vom April-Mittelwert die Hälfte der normalen Niederschlagsmenge über den Zeitraum 1961–1990 für Hessen dar- fiel. 2007 wurde hessenweit fast gar kein Nieder- gestellt. Der Aprilwert eines jeden Jahres wird schlag beobachtet. 300 durch einen Pfeil dargestellt, der die Abwei- 280 chung dieses Monats vom langjährigen Mittel 260 anzeigt. Niederschlagsabweichung [%] 1961 - 1970 240 1971 - 1980 1981 - 1990 220 1991 - 2000 Es ist deutlich zu erkennen, dass gerade in den kalt und nass warm und nass 200 2001 - 2010 letzten Jahren mehrere April-Monate aufgetre- 2011 - 2018 gegenüber 1961-1990 180 ten sind, die wesentlich heißer und trockener 160 waren als alle vorherigen. 140 120 Besonders auffällig waren die Jahre 2007, 2009, 100 Temperaturabweichung [°C] 2011 und 2018. Die mittlere -8 Temperatur -7 -6in Hes- -5 -4 -3 -2 -1 80 0 1 2 3 4 5 2018 6 sen lag in all diesen drei Monaten 4,5 bis 5,0 °C 60 2009 40 2011 Temperatur und Niederschlag in Hessen im April 1961–2018 20 als Abweichung vom Mittelwert 1961–1990. Der Mittelwert 1961–1990 liegt im Schnittpunkt der Achsen. kalt und trocken 0 warm und trocken 2007 17
Veränderung der Schneebedeckung Höhere Temperaturen führen insbesondere im Insbesondere größere Skigebiete setzen zu- Flachland dazu, dass im Winter statt Schnee nehmend auf künstliche Beschneiung. Diese häufiger Regen fällt. Während Schnee in den verbraucht jedoch Wasser und Energie und ist milden hessischen Flusstälern schon immer eine daher wenig nachhaltig. Zudem müssen die Rarität war, stellt die abnehmende Schneebe- Temperaturen für künstliche Beschneiung unter deckung in den hessischen Mittelgebirgen den dem Gefrierpunkt liegen. Steigende Wintertem- Wintertourismus vor große Herausforderungen. peraturen setzen hier also Grenzen. Schnee auf der Wasserkuppe. 18
Veränderung der Schneebedeckung Schneebedeckung auf der Wasserkuppe 30 Die Anzahl der Tage mit Änderung Schneebedeckung schwankt 25 1961-1990 stark zwischen den Wintern. 1991-2018 Die Winter 2006/07 und 20 2013/14 blieben im hessi- 15 [cm] schen Flachland vielfach Schneehöhe [cm] schneefrei. Demgegenüber 10 Schneehöhe lag in den Wintern 2009/10 5 und 2010/11 am Frankfur- ter Flughafen an 41 Tagen 0 Schnee — genau so häufig -5 wie 2006/07 auf der Wasser- kuppe. -10 -15 Insgesamt ist die Anzahl der 1. Jul 1. Aug 1. Sep 1. Okt 1. Nov 1. Dez 1. Jan 1. Feb 1. Mrz 1. Apr 1. Mai 1. Jun Tage mit einer Schneebede- Datum Schneebedeckung auf der Wasserkuppe ckung in Hessen seit den späten 1980er Jahren deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig ist auch 1961–1990. Während die Veränderungen am Be- die maximale Schneehöhe in allen Höhenlagen ginn des Winters recht gering sind, liegt in der gesunken. Die Abbildung zeigt die Veränderung Wintersportsaison von Januar bis März inzwi- der mittleren Schneehöhe auf der Wasserkup- schen im Mittel deutlich weniger Schnee, und er pe im Vergleich der Perioden 1991–2018 mit schmilzt im Frühjahr zeitiger ab. 19
Extremereignisse Extremereignisse treten — ihrer Definition nach – sehr langen Messreihen häufig nicht möglich ist. so selten auf, dass eine statistisch sichere Aus- Trotzdem lassen sich grundlegende physikali- sage über Veränderungen in der Häufigkeit und sche Überlegungen zum Auftreten bestimmter Intensität von Extremereignissen selbst anhand Extremereignisse anstellen. Die Wahrscheinlichkeit für intensivere Starkregenereignisse steigt durch den Klimawandel. Durch die Erwärmung der Luft kann diese mehr Wasserdampf aufnehmen als kältere Luft. Ist die Luft mit Wasserdampf gesättigt, so bilden sich Wolkentropfen, die zu Regentropfen an- wachsen und ausregnen können. Damit enthält eine Wolke in wärmerer Luft mehr oder größere Wolkentropfen als eine Wolke in kälterer Luft. Das Projekt KLIMPRAX-Starkregen des HLNUG beschäftigt sich mit den Auswir- kungen von Starkregenereignissen auf hessische Kommunen Kanalnetzüberlastung nach Starkregen in Wiesbaden (27. Mai 2016). (https://www.hlnug.de/?id=11199). 20
Besonders seit den 1990er Jahren erleben wir Starke Winterstürme verursachen in Mitteleu- auch in Hessen vermehrt sommerliche Dürrepe- ropa die größten Schäden, die durch Wetterer- rioden. Trendaussagen dazu sind derzeit noch eignisse ausgelöst werden. Momentan lassen nicht statistisch signifikant, da die Ereignisse zu sich jedoch für Hessen noch keine gesicherten selten auftreten, um Zufälle mit Sicherheit aus- Aussagen über die Entwicklung der zukünftigen schließen zu können. Sturmaktivität treffen. Die globale Erwärmung führt aber nach derzeitigem Wissensstand zu einer Inten- sivierung der globalen Windzirkulation und dadurch — unter anderem — zu einer Verstärkung der subtropischen Hoch- druckgebiete. Solche Hochdruckgebiete verursachen das trockene Sommerklima im Mittelmeergebiet. Wenn diese Hoch- druckgebiete stärker werden, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie weiter nach Norden reichen und auch in Hessen zu langanhaltender sommerlicher Tro- ckenheit führen. Folgen sommerlicher Trockenheit. 21
Beobachteter Klimawandel in Hessen: Fazit Der Klimawandel findet bereits statt, und auch zeigen sich kaum Veränderungen. Diese Verän- in Hessen können wir bereits Änderungen im derungen sind aufgrund der sehr großen Vari- Klima beobachten. abilität des Niederschlages — sowohl zwischen einzelnen Jahren als auch zwischen Dekaden In Hessen hat die mittlere Jahrestemperatur oder sogar noch längeren Zeiträumen — nicht zwischen den Zeiträumen 1901–1930 und signifikant. 1991 –2017 um 1,1 °C zugenommen, am stärks- ten in den letzten Jahrzehnten. Für Extremereignisse wie Starkniederschläge, starke Winterstürme oder sommerliche Dürre- Die Anzahl kalter Tage (Eis- und Frosttage) ist perioden lässt sich anhand der Beobachtungs- seit den 1960er Jahren deutlich zurückgegan- daten derzeit noch kein gesicherter statistischer gen, während die Anzahl warmer Tage (Sommer- Trend nachweisen. Grundlegende physikalische und heiße Tage) stark zugenommen hat. Überlegungen zeigen jedoch, dass der Klima- wandel zukünftig sowohl zu mehr Starknieder- Der Niederschlag zeigt sehr große Schwankun- schlag als auch mehr Dürre führen kann. gen von Jahr zu Jahr und auch auf längeren Weitere Informationen zum Klima in Hessen Zeitskalen. finden Sie auf unseren Internetseiten: • http://klimawandel.hlnug.de Im Jahresmittel ist der Niederschlag in Hessen • http://atlas.umwelt.hessen.de seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts etwas Aktuelle Messdaten finden Sie auch unter: angestiegen. Winter, Frühling und Herbst sind • „Witterungsbericht Hessen“ https://www.hlnug.de/?id=12741 dabei etwas nasser geworden, im Sommer • „Wetterextreme in Hessen“ https://www.hlnug.de/?id=11522 22
In der Reihe Klimawandel in Hessen sind bisher folgende Infobroschüren erschienen: • Beobachteter Klimawandel • Klimawandel in der Zukunft • Extreme Wetterereignisse in Hessen • Klimawandel und Wasser • Folgen des Klimawandels für die menschliche Gesundheit • Land- und Forstwirtschaft im Klimawandel • Auswirkungen des Klimawandels beobachten - Klimafolgenmonitoring • Wusstest Du schon …? Das Klima ändert sich! • Die hessischen Böden im Klimawandel In Vorbereitung: • Natur und Landschaft im Klimawandel 23
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