Bericht zur Vortragsreise mit dem argentinischen Arzt Dr. Medardo Avila Vazquez, 1.-7.11.2015
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Bericht zur Vortragsreise mit dem argentinischen Arzt Dr. Medardo Avila Vazquez, 1.-7.11.2015 Ankündigung der Vortragsreise mit einem Postkartenmotiv von Sybilla Keitel Zusammenfassung: Hintergrund und Inhalt der Vortragsreise Vom 1.11. bis 7.11.2015 war Dr. Medardo Avila Vazquez zu Besuch in Deutschland, um über die gesundheitlichen Auswirkungen des Pestizideinsatzes in Argentinien zu informieren. Der argentinische Arzt Dr. Avila Vazquez ist in seiner Arbeit als Neonatologe 1 in einem Krankenhaus in Córdoba hautnah mit den Folgen des Pestizideinsatzes konfrontiert und hat dazu Forschungsprojekte durchgeführt. Den Pestizidwirkstoff Glyphosat, der seit der Ausbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen in immer größeren Mengen eingesetzt wird, sieht er als Hauptursache der dramatischen Gesundheitssituation der ländlichen Bevölkerung. So sind zum Beispiel die Zahlen der Krebsfälle und der Geburten von missgebildeten Kindern im Umfeld von Sojaplantagen stark angestiegen. Weltweit häufen sich zudem wissenschaftliche Studien, die auf schwerwiegende Gesundheitsgefahren von Glyphosat hinweisen. Die International Agency for Research on Cancer (IARC), die Krebsforschungsagentur der WHO, stuft Glyphosat inzwischen als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen ein. Während seiner Vortragsreise berichtete Dr. Medardo Avila Vazquez darüber, warum er sich für ein Verbot von Glyphosat und ein grundsätzlich anderes Agrarsystem einsetzt. 1 Die Neonatologie befasst sich als ein Spezialbereich der Kinder- und Jugendmedizin mit den Erkrankungen und Risiken von Neu- und Frühgeborenen
Es wurde auch thematisiert, welche Bedeutung die Erfahrungen aus Argentinien für Europa haben. Hier steht zurzeit die Zukunft des meistverkauften Pestizidwirkstoffs zur Diskussion: 2016 wird die Europäische Union darüber entscheiden, ob die Zulassung für Glyphosat für weitere 10 Jahre verlängert wird. Wir informierten über Hintergründe und die aktuelle Lage. Auch aus entwicklungspolitischer Perspektive ist der Einsatz von Glyphosat & Co. ein wichtiges, aber bisher wenig beachtetes Thema. Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika sind Pestiziden besonders schutzlos ausgeliefert. Während der Vortragsreise beleuchteten wir die Hintergründe und erläutern Argumente, warum ein Sinneswandel in der Entwicklungszusammenarbeit im Hinblick auf Pestizide und die Zusammenarbeit mit Pestizidherstellern notwendig ist. Das Reiseteam bestand aus Medardo Avila Vazquez, Jan Stehle (FDCL, Übersetzer) und Julia Sievers-Langer. Medardo Avila Vazquez mit einem Plakat der argentinischen Glyphosat-Kampagne vor dem deutschen Bundestag Bericht zum Reiseverlauf 1.11. Ankunft in Frankfurt und Weiterreise nach Aachen In Aachen führten wir in Kooperation mit dem Eine-Welt-Forum Aachen unsere erste Informations- und Diskussionsveranstaltung durch. Dr. Medardo Avila Vazquez (Universität Córdoba) einen Vortrag zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Glyphosat-Einsatzes in Argentinien (siehe dazu Powerpoint-Präsentation: http://www.agrarkoordination.de/fileadmin/dateiupload/Roundup___Co/Dr_Medardo_Avil a_Vazquez_Pestizideinsaetze_und_Menschengesundheit_in_Argentinien.pdf )
Er stellte dabei die Ergebnisse seiner Forschungen sowie der Forschungsarbeiten anderer Wissenschaftler und Ärzte vor. Dabei zeigte sich eine klare Korrelation zwischen der Ausbreitung gentechnisch veränderter (Soja-) Pflanzen, bei deren Anbau besonders viel Glyphosat eingesetzt wird, und der Zunahme diverser gesundheitlicher Probleme. So haben sich zum Beispiel die Zahlen der Krebsfälle und die Zahlen der Geburten missgebildeter Kinder im Umfeld Glyphosat-gespritzter Plantagen verdrei- bis vervierfacht. Es konnte ein deutlicher Unterschied zu Regionen, in denen kein Glyphosat gespritzt wird, nachgewiesen werden. Aus den verschiedenen Untersuchungen schlussfolgert Dr. Avila Vazquez, dass Glyphosat ein Hauptfaktor für die teils dramatische Gesundheitssituation der argentinischen Bevölkerung ist. Er fordert von der argentinischen Regierung ein sofortiges Glyphosatverbot und ein Verbot des Spritzens per Flugzeug. Auch die EU sieht Dr. Avila Vazquez in der Verantwortung, aktiv zu werden: Verstärkte Rückstandskontrollen bei gentechnisch veränderten (Soja-)Pflanzen seien notwendig sowie der Stop des Imports von glyphosat- belasteten Nahrungs- und Futtermitteln. Es fand ein interessanter Austausch mit dem Arzt Jan Salzmann, der für Campact eine Ärztepetition gestartet hat, statt. 2.11. Weiterreise nach Bonn 11-12 Uhr: Gespräch im BMZ mit Dr. Heike Henn (Referatsleiterin der Sondereinheit „EINEWELT ohne Hunger“, Frau Seeberg-Elverfeldt (Sondereinheit „EINEWELT ohne Hunger“ und Dieter Nill (GIZ, Projektleiter Nachhaltige Landwirtschaft). Dr. Avila Vazquez stellte die Problematik des Glyphosateinsatzes und die Ergebnisse der Forschungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen vor (inhaltliche Zusammenfassung siehe oben). Eine deutliche Positionierung des BMZ und der GIZ fand nicht statt. Von Seiten der GIZ wurde die Vermutung geäußert, dass die von Dr. Avila Vazquez geschilderten Probleme v.a. auf Fehlanwendungen in Argentinien zurückzuführen war. Julia Sievers-Langer erläuterte Argumente, warum sich die Entwicklungszusammenarbeit verstärkt mit den Gefahren von Glyphosat und anderen Pestiziden auseinandersetzen sollte und äußerte Kritik an der derzeitigen Ausrichtung der GIZ (Zusammenarbeit mit Pestizidherstellern, Empfehlung zu Glyphosateinsatz in Trainingsheft, Förderung von Conservation Agriculture mit Glyphosat, Vernachlässigung der Potentiale ökologischer Anbauverfahren). 12.30-14 Uhr Fachgespräch im Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE): Glyphosat – Pures Gift oder Baustein zur Ernährung der Welt?
Podiumsdiskussion im Deutschen Institut für Entwicklungspolitik: von links nach rechts: Thoralf Küchler (Monsanto), Jan Stehle (FDCL, Übersetzer), Medardo Avila Vazquez, Julia Sievers-Langer Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Avila Vazquez (inhaltliche Zusammenfassung siehe oben) trug Herr Dr. Küchler von Monsanto seine Sicht der Dinge bei – Glyphosat sei nicht schädlich. Glyphosat sei ein wichtiger Baustein zur Welternährung, da wir ohne den Wirkstoff Ernteausfälle zu befürchten hätten. Glyphosat sei im Rahmen der konservierenden Bodenbearbeitung ein wichtiger Bestandteil für eine nachhaltige Landwirtschaft. Er stellte die Relevanz der IARC-Bewertung in Frage mit Verweis auf andere Stoffe und Tätigkeiten, die von der IARC als wahrscheinlich krebserregend eingestuft werden (z.B. Konsum von rotem Fleisch). Er bezog sich auf die Lehre von Paracelsus, dass die Dosis das Gift mache. Im Anschluss fasste Julia Sievers-Langer die Kritik an der Glyposat-Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung zusammen. Außerdem erläuterte sie, inwiefern die Risiken des Glyphosat-Einsatzes in anderen Weltregionen größer sind als bei uns und warum es diesbezüglich Handlungsbedarf für die Entwicklungszusammenarbeit gibt. Sie widersprach der Auffassung, dass Glyphosat ein notwendiger Baustein für die Welternährung sei und wies auf Produktionssteigerungspotenziale sowie ökonomische Vorteile ökologischer Anbauverfahren in Afrika, Asien und Lateinamerika hin. Im Anschluss an die Beiträge fand eine lebhafte Diskussion statt. Die Veranstaltung war mit ca. 50 Teilnehmern gut besucht. Es waren u.a. auch Landwirte, der Abteilungsleiter Pestizide des BMEL (Herr Kramer) Vertreter des Raiffeisenverbandes, der GIZ und des BMZ anwesend. Nach der offiziellen Veranstaltung wurde Dr. Avila Vazquez von einem Deutsche Welle- Journalisten interviewt.
Nachmittags/Abends: Bahnfahrt nach Berlin 3.11., Berlin 10 Uhr: Interview mit taz-Journalistin 11-15 Uhr Tagung „Die Gefahren von Roundup & Co – Herausforderungen für die Entwicklungszusammenarbeit“ Medardo Avila Vazquez auf der Tagung am 3.11. Programm der Tagung: 11 Uhr Begrüßung (Christine Chemnitz, Heinrich Böll Stiftung) 11 Uhr 5 Welchen Handlungsbedarf gibt es für die Entwicklungszusammenarbeit im Hinblick auf die Gefahren von Roundup & Co.? (Julia Sievers-Langer, Kampagne „Roundup & Co. – Unterschätzte Gefahren“, Agrar Koordination) 11 Uhr 30 Die gesundheitlichen Auswirkungen von Roundup & Co. in Argentinien (Medardo Avila Vazquez, Arzt, Universität Córdoba, Argentinien) 12 Uhr 15 Gefahren von Roundup & Co. – Erfahrungen aus Südafrika (Silke Bollmohr, Ökotoxikologin, Eco-Trac Consulting) 12 Uhr 40 Mittagspause 13 Uhr 40 Podiumsdiskussion: Glyphosat & Alternativen: Was sollte im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit gefördert werden – und was nicht? mit Dieter Nill (GIZ) als Vertreter für Stefan Schmitz (BMZ), Bernhard Walter (Brot für die Welt), Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestags, Bündis 90/Die Grünen)
Moderation: Christine Chemnitz 15 Uhr Ende der Tagung Zu den Inhalten der Tagungsbeiträge siehe gesonderter Tagungsbericht: www.agrarkoordination.de/veranstaltungen Während der Tagung machte der Journalist Andreas Rummel Filmaufnahmen. Es kamen Interviews mit Frau Harmsen (Deutschlandradio/Berliner Zeitung), Frau Isa (Deutsche Welle) und Andreas Rummel zustande. Podiumsdiskussion während der Tagung; von links nach rechts: Uwe Kekeritz, Bernhard Walter, Christine Chemnitz, Dieter Nill Mittwoch, 4.11. Fachgespräch des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit des Deutschen Bundestags zum Thema Glyphosat Auf Einladung des entwicklungspolitischen Sprechers der Grünen Bundestagsfraktion, Uwe Kekeritz, fand das Fachgespräch unter Beteiligung von Abgeordneten aller Parteien statt. Medardo Avila Vazquez hielt einen Kurzvortrag, ergänzt durch Argumente und Informationen von Julia Sievers-Langer. Die Abgeordneten stellten Fragen, es war jedoch keine Zeit für eine vertiefte inhaltliche Diskussion.
Fachgespräch des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des Deutschen Bundestags Abends: Fachgespräch mit Toxikologen, Journalisten und Bundestagsabgeordnetem. Trotz Kontaktaufnahme zu zahlreichen Verbänden aus dem Gesundheitssektor (Ärzte, Hebammen, Heilpraktiker, Krankenkassen, Krebsforschungsinstitution) kamen keine Personen, die nicht schon vorher mit dem Thema vertraut waren. Trotzdem war es ein interessanter Abend mit Fachgesprächen (Journalist Volker Barth, Toxikologen Peter Clausing und Anita Schwaier, Anne Bundschuh vom Gen-Ethischen Netzwerk, Zeit-Journalistin Anke Sparmann, Bundestagsabgeordneter Harald Ebner und seine Mitarbeiterin Hedwig Emmerig). Donnerstag, 5.11. Weiterfahrt nach Hamburg Filmaufnahmen und langes Interview mit dem NDR Abends: Informations-und Diskussionsveranstaltung in Kooperation mit dem Bundesverband Managed Care (BMC) und dem SID. Gut besuchte Veranstaltung mit lebhafter Diskussion. Freitag, 6.11. Weiterfahrt nach Overath, Treffen mit Bernward Geier (langjähriger IFOAM-Direktor und Filmemacher), Besuch auf seinem Hof; Fachaustausch, Kontaktaufnahme auch auf Grund einer neuen Filmplanung von Herrn Geier.
Weiterreise nach Frankfurt Abends: Informations- und Diskussionsveranstaltung in Oberursel mit Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen. Gut besuchte Veranstaltung mit lebhafter Diskussion. 7.11. Abreisetag Résumée zur Reise Die Reise hat erfolgreich dazu beigetragen, die Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger über die Gefahren von Glyphosat aufzuklären. Medardo Avila Vazquez hat mit seinem Vortrag die Erkenntnisse zu den durch Glyphosat ausgelösten gesundheitlichen Schäden in Argentinien beeindruckend vorgestellt. An den durchgeführten Informations- und Diskussionsveranstaltungen nahmen insgesamt ca. 200 Menschen teil. Von vielen Seiten kamen sehr positive Rückmeldungen zu den Veranstaltungen und zum Beitrag von Medardo Avila Vazquez. Erfreulich war auch das hohe Presseinteresse. Durch mehrere Interviews und Berichterstattungen in Zeitungen und Radio konnte eine große Öffentlichkeit für das Thema erreicht werden. Liste der Presseberichterstattung zum Anlass der Reise Berliner Zeitung Langer Artikel in der Printausgabe vom 20.11.2015 Deutsche Welle http://www.dw.com/es/argentina-secuelas-del-glifosato/a-18828615 http://www.dw.com/de/bei-uns-gibt-es-mehr-tote-durch-glyphosat/a-18846409 Die Zeit Langer Artikel in der Ausgaben vom 10.12.2015 Frankfurter Rundschau http://www.fr-online.de/bad-homburg-und-hochtaunus/oberursel-gruene-fordern-die- abkehr-von-roundup,1472864,32374708.html GID Veranstaltungsbericht zur Tagung in der Ausgabe Dezember 2015 ProPlanta
http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Pflanze/Glyphosat-zwischen-Pro-und- Contra_article1446552000.html Taz http://taz.de/Baumwollprodukte-unter-der-Lupe/!5251145/ Langer Artikel in der Printausgaben vom 13.11.2015 Topagrar http://www.topagrar.com/news/Acker-Agrarwetter-Ackernews-Glyphosat-zwischen-Pro- und-Contra-2603655.html Weltsichten http://www.welt-sichten.org/artikel/30858/missbildungen-durch-glyphosat-argentinien (ausführlicherer Beitrag in der Printausgabe) Es folgt: Ein Film von Andreas Rummel und ein gefilmtes Interview beim NDR Link zur Präsentation von Medardo Avila Vazquez: http://www.agrarkoordination.de/fileadmin/dateiupload/Roundup___Co/Dr_Medardo_Avila_Vazqu ez_Pestizideinsaetze_und_Menschengesundheit_in_Argentinien.pdf Eine Vortragsreise der Agrar Koordination in Kooperation mit dem FDCL. Die Vortragsreise wird finanziert mit finanzieller Unterstützung von Brot für die Welt und der Europäischen Union. Die Inhalte der Vortragsreise liegen in der alleinigen Verantwortung der veranstaltenden Organisationen und können in keiner Weise als Sichtweise der Europäischen Union angesehen werden.
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