Corona-Pandemie verursacht Konjunktureinbruch in der Südwestindustrie im Jahr 2020 - Statistisches ...
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Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2021 Wirtschaft, Arbeitsmarkt Corona-Pandemie verursacht Konjunkturein- bruch in der Südwestindustrie im Jahr 2020 Matthias Kuhn Das Verarbeitende Gewerbe in Baden-Würt Die Analyse der konjunkturellen Entwicklung temberg erlebte im Jahr 2020 eine der erfolgt in der Regel anhand von verschiede- stärksten Rezessionen der jüngeren Ge nen Indikatoren, die wichtige Kennzahlen des schichte. Mit Beginn der Maßnahmen zur Wirtschaftsgeschehens abbilden und die mit- Eindämmung des Coronavirus im März 2020 hilfe von Mustern und Regelmäßigkeiten wirt- änderte sich schlagartig und grundlegend schaftlicher Prozesse eine Interpretation der die Ausgangs lage für die Südwestindustrie gesamtwirtschaftlichen Lage ermöglichen. und eine Rückkehr zur Normalität ist für Dabei unterscheiden sich die verwendeten viele Industriebetriebe weiterhin nicht in Kennzahlen unter anderem durch einen unter- Matthias Kuhn ist Referent Sicht. Die Nachfrage nach baden-württem schiedlichen Zeithorizont hinsichtlich ihrer im Referat „Verarbeitendes Gewerbe“ des Statistischen bergischen Industrieprodukten brach zu Be- Bedeutung für die gesamtwirtschaftliche Ent Landesamtes Baden-Würt ginn des Jahres 2020 massiv ein, im weiteren wicklung. Frühindikatoren, wie der ifo Ge temberg. Jahresverlauf zeigten die Auftragseingänge schäftsklimaindex oder der Auftragseingangs- im Verarbeitenden Gewerbe jedoch deutliche index im Verarbeitenden Gewerbe, laufen der Erholungstendenzen. Auch die Produktions wirtschaftlichen Entwicklung voraus und wei- tätigkeit der Südwestindustrie verzeichnete sen auf mögliche Trendänderungen hin. Prä- zwischen März und Mai des Jahres 2020 er- sensindikatoren, wie das Bruttoinlandspro- hebliche Störun gen, stabilisierte sich gegen dukt oder der Produktionsindex im Verarbei- Jahresende allerdings wieder etwas. Die tenden Gewerbe, bilden die gegenwärtige ge- Umsätze des Verarbeitenden Gewerbes in samtwirtschaftliche Lage ab. Spätindikatoren, Baden-Württemberg brachen ebenfalls dra- wie die Arbeitslosenquote oder die Beschäfti- matisch ein und lagen im Jahr 2020 deutlich gung im Verarbeitenden Gewerbe, folgen der unter dem Vorjahr. Die katastrophale ge wirtschaftlichen Entwicklung nach und dienen samtwirtschaftliche Entwicklung beeinflusste der Bestätigung der von Frühindikatoren auch zusehends den Arbeitsmarkt der Süd- prognostizierten oder durch Präsensindikato- westindustrie und so fand das seit dem Jahr ren nachgewiesenen Trends.4 Für die Süd 2011 andauernde Beschäftigungswachstum im westindustrie (i-Punkt) eigenen sich insbe- Verarbeitenden Gewerbe zum Jahresbeginn sondere die Volumenindizes des Verarbeiten 2020 sein Ende. den Gewerbes für Baden-Württemberg zur Konjunkturanalyse. Die wirtschaftliche Entwicklung der Industrie Nachfrage nach Industrieprodukten zeigte sich insbesondere im 1. Halbjahr 2020 bricht massiv ein 1 Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2020: Erholung stark beeinflusst durch das Corona-Infektions- verliert an Fahrt – Wirt- geschehen. Öffentliche und private Maßnah- Die Nachfrage nach Industrieprodukten in Ba- schaft und Politik weiter im Zeichen der Pande- men zum Infektionsschutz im In- und Aus- den-Württemberg erlebte im Jahr 2020 einen mie, S. 46–47. land, Lieferprobleme bei grenzüberschreiten- Einbruch historischen Ausmaßes. Nachdem 2 Ifo Institut 2020: ifo den Geschäften sowie Störungen entlang der die Aufträge in der Südwestindustrie preis Geschäftsklimaindex stürzt auf historisches globalen Wertschöpfungsketten sorgten für bereinigt im Vergleich zum Vorjahresmonat Tief (April 2020), in: ifo einen Einbruch von Nachfrage, Produktion im Februar 2020 mit einem Zuwachs von 1,9 % Geschäftsklima Deutsch- land. und Absatz in der Industrie.1 So sank der erstmal seit Oktober 2018 wieder im Plus la- ifo Geschäftsklimaindex im April 2020 auf gen, sank der Auftragseingangsindex im Ver- 3 Statistisches Bundesamt 2021: Statistik Dossier: seinen niedrigsten jemals gemessenen Wert arbeitenden Gewerbe im April (– 43,8 %) und Daten zur COVID-19- Pandemie, Bruttoin- und auch die Einschätzungen der Industrie- Mai (– 35,8 %) infolge der Maßnahmen zur landsprodukt (BIP), firmen zur aktuellen Geschäftslage und den Eindämmung der Corona-Pandemie erd Ausgabe 01/2021, S. 27. Geschäftserwartungen brachen dramatisch rutschartig in die Tiefe. Im weiteren Jahres 4 Eurostat 2021: https:// ein.2 Für das gesamte Jahr 2020 verzeich- verlauf 2020 erholte sich die Auftragslage der ec.europa.eu/eurostat/ statistics-explained/ nete das Bruttoinlandsprodukt für Deutsch- Industriebetriebe Baden-Württembergs zu index.php?title= Glossary:Lagging_ land einen preisbereinigten Rückgang zum sehends und so legte der Auftragseingangs- indicator/de Vorjahr um 5 %.3 index mit einem preisbereinigten Zuwachs (Abruf: 08.03.2021). 15
Wirtschaft, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2021 Arbeitsmarkt Der Begriff Verarbeitendes Gewerbe und in der Gewinnung von Steinen und Erden“ umfasst in diesem Beitrag die Gruppe und „Monatliche Produktionserhebung im der Betriebe der Wirtschaftszweige in Verarbeitenden Gewerbe und in der Gewin- den Abschnitten „B: Bergbau und Gewinnung nung von Steinen und Erden“. Meldepflich von Steinen und Erden“ und „C: Verarbei- tig sind alle Betriebe des Erhebungsbereichs tendes Gewerbe“ der Klassifikation der mit 50 und mehr Beschäftigten. Für Zwecke Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008). der kurzfristigen (unterjährigen) Konjunktur- Die in der WZ 2008 aufgeführten wirtschaft- analyse stellt der sogenannte Berichtskreis lichen Tätigkeiten sind durch das „Güterver- 50+ aussagekräftige Ergebnisse auf Landes- zeichnis für Produktionsstatistiken, Ausgabe ebene bereit. Einschränkungen im Repräsen- 2019 (GP 2019)“ definiert. Der Begriff deckt tationsgrad treten vor allem in vorwiegend somit den gesamten Erhebungsbereich der kleinbetrieblich strukturierten Wirtschafts- traditionellen „Industriestatistik“ ab, wes- zweigen auf. Als Datengrundlage für Analy- halb die Begriffe „Verarbeitendes Gewerbe“ sen zur sektoralen und regionalen Wirtschafts- sowie „Industrie“ synonym verwendet wer- struktur eignet sich der Berichtskreis 50+ den. Betriebe des verarbeitenden Handwerks nur eingeschränkt. Für das Berichtsjahr 2020 zählen ebenfalls zum Verarbeitenden Gewerbe. waren in Baden-Württemberg insgesamt 4 561 Betriebe meldepflichtig. Die Begriffe Produktion, Auftragseingang, und Umsatz beziehen sich in diesem Beitrag Die Ergebnisdarstellung erfolgt nach dem auf die jeweiligen Indizes im Verarbeitenden Betriebskonzept. Der Begriff Betrieb bezeich- Gewerbe. net hier eine an einem Standort gelegene Die Datengrundlage in diesem Beitrag bilden Rechtliche Einheit oder Teil einer Rechtlichen insbesondere die Ergebnisse der nach dem Einheit, wenn an diesem Ort oder von die- Gesetz über die Statistik im Produzierenden sem Ort aus Wirtschaftstätigkeiten ausgeübt Gewerbe (ProdGewStatG) durchgeführten werden, für die in der Regel eine oder meh- Erhebungen „Monatsbericht für Betriebe im rere Personen im Auftrag derselben Rechtli- Verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau chen Einheit arbeiten. im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 2,1 % ten im „Maschinenbau“ signifikant (– 6,7 %). im 3. Quartal und 15 % im 4. Quartal einen be- Deutliche Aufholeffekte im 4. Quartal wiesen achtlichen Schlussspurt hin (Tabelle). Die Auf- auf eine Stabilisierung der Auftragslage im träge kamen dabei preisbereinigt mit einem „Maschinenbau“ hin, allerdings fiel preisbe Zuwachs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum reinigt die Jahresbilanz 2020 mit einem Minus von 4,1 % im 3. Quartal und 19,6 % im 4. Quar- von 8,5 % im Vergleich zum Vorjahr trotzdem tal insbesondere aus dem Ausland. Insgesamt sehr negativ aus. Die „Herstellung von Daten- verzeichnete die Südwestindustrie im Jahr verarbeitungsgeräten, elektronischen und op- 2020 preisbereinigt dennoch einen Rückgang tischen Erzeugnissen“ hingegen verzeichnete der Aufträge von 3,5 % im Vergleich zum Vor- lediglich im Mai 2020 einen Rückgang der jahr. Aufträge und konnte im Jahresverlauf 2020 preisbereinigt einen Zuwachs von 22,9 % im Die Auftragslage der einzelnen Wirtschafts- Vergleich zum Vorjahr verbuchen. Ebenso zweige entwickelte sich im Jahr 2020 sehr stieg die Nachfrage nach Industrieprodukten in verschieden. Die „Herstellung von Kraftwa- der „Herstellung von pharmazeutischen Er- gen und Kraftwagenteilen“ verbuchte im zeugnissen“ preisbereinigt um 7,8 % im Vor- 2. Quartal 2020 preisbereinigt zum Vorjahres- jahresvergleich an. zeitraum einen massiven Einbruch der Auf- träge in Höhe von 39,7 %, jedoch stabilisierte sich die Auftragslage im 3. und insbesondere Industrieproduktion im Lockdown im 4. Quartal mit Zuwächsen von 10 % bzw. 21,9 % wieder, sodass die Aufträge der Die Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung Branche im Jahr 2020 lediglich um 3,3 % im der Corona-Pandemie im März und April 2020 Vorjahresvergleich zurückgingen. Auch der verursachten eine tiefgreifende Störung der „Maschinenbau“ verzeichnete im 2. Quartal Produktionstätigkeit der Südwestindustrie und 2020 preisbereinigt im Vergleich zum Vorjah- wirkten sich damit auf den Produktionsindex reszeitraum einen sehr starken Einbruch der im Verarbeitenden Gewerbe aus. So verbuchte Aufträge um 25,9 % und ebenso sank im die Industrieproduktion der baden-württem 3. Quartal die Nachfrage nach Industrieproduk bergischen Betriebe preisbereinigt im Jahr 16
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2021 Wirtschaft, Arbeitsmarkt 2020 ein Minus von 9,4 % im Vergleich zum reszeitraum. Nach deutlichen Aufholeffekten Vorjahr.5 Mit Beginn der Maßnahmen zur im 4. Quartal verzeichnete die „Herstellung Eindämmung der Pandemie im März 2020 von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ im ge- drosselte ein Großteil der Industriebetriebe in samten Jahr 2020 preisbereinigt einen Rück- Baden-Württemberg seine Produktion und gang der Produktionstätigkeit von 14,5 % zum stellte diese im April und Mai 2020 sogar teil- Vorjahreszeitraum. Auch der „Maschinen- weise ein. Infolgedessen sank der Produk bau“ litt im Jahr 2020 unter starken Störun- tionsindex im Verarbeitenden Gewerbe preis- gen der Produktionstätigkeit, so verzeichnete bereinigt im Vergleich zum Vorjahresmonat die Branche im 2. Quartal 2020 preisbereinigt im April 2020 um 35,7 % und im Mai 2020 um im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen 29,6 %. In den Folgemonaten erholte sich die sehr starken Einbruch der Produktion von Industrieproduktion wieder etwas, lag aber 23,8 %. Insgesamt stand für den „Maschinen- dennoch im 3. Quartal 2020 preis- und ar bau“ im Jahr 2020 preisbereinigt ein Rück- beitstäglich 10,4 % unter dem Wert des Vor gang um 14,8 % im Vergleich zum Vorjahr zu jahreszeitraums. Im 4. Quartal 2020 zeigte Buche. Die „Herstellung von Datenverarbei- die Produktion der Südwestindustrie trotz tungsgeräten, elektronischen und optischen des erhöhten Infektionsgeschehens und Erzeugnissen“ hingegen verzeichnete im der damit verbundenen Einschränkungen 2. Quartal 2020 preisbereinigt im Vergleich weitere Erholungstendenzen und verbuchte zum Vorjahreszeitraum lediglich einen Rück- preisbereinigt einen Zuwachs von 2,7 % im gang der Produktionstätigkeit um 4,8 % und Vergleich zum Vorjahreszeitraum. konnte im gesamten Jahr 2020 einen Zuwachs von 1,8 % im Vergleich zum Vorjahr verbuchen. Dabei wurde deutlich, dass die Auswirkun- Ebenso stieg in der „Herstellung von pharma- gen der Corona-Pandemie die Produktions zeutischen Erzeugnissen“ die Produktion preis- tätigkeit der einzelnen Branchen im Jahr 2020 bereinigt um 4,7 % im Vorjahresvergleich an. sehr unterschiedlich trafen. Der Wirtschafts- zweig „Herstellung von Kraftwagen und Kraft- wagenteilen“ verbuchte preisbereinigt im Industrieumsätze sinken deutlich 5 Weiterführende Infor- Vergleich zum Vorjahresmonat ein historisches mationen, Daten und Grafiken zur Südwestin- Minus im April (– 80,5 %) und Mai (– 47,5 %) Entsprechend der stark negativen Entwick- dustrie finden Sie unter: https://www.statistik- und auch im 3. Quartal sank die Produktions lung der Nachfrage und Produktion von In bw.de/Industrie/ tätigkeit um 13,2 % im Vergleich zum Vorjah- dustrieprodukten in Baden-Württemberg im (Abruf: 08.03.2021). Auftragseingangs- und Umsatzindex (preisbereinigt) für das Verarbeitende Gewerbe T in Baden-Württemberg im Jahr 2020*) Auftragseingangsindex1) Umsatzindex WZ Ausgewählte Wirtschaftszweige davon … Quartal davon … Quartal 2008 (H. v. = Herstellung von) 2020 2020 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. Veränderung in % gegenüber Vorjahreszeitraum B+C Verarbeitendes Gewerbe – 3,5 – 3,1 – 26,8 + 2,1 + 15,0 – 9,2 – 5,9 – 25,8 – 8,7 + 3,4 Inland – 5,5 – 9,1 – 17,9 – 1,1 + 7,3 – 8,0 – 7,2 – 21,3 – 6,9 + 3,3 Ausland – 2,3 + 0,7 – 32,0 + 4,1 + 19,6 – 10,2 – 5,0 – 29,3 – 10,1 + 3,4 Eurozone – 5,2 – 2,5 – 31,1 – 1,1 + 14,0 – 12,4 – 8,9 – 28,0 – 10,0 – 2,5 Nicht-Eurozone – 1,0 + 2,2 – 32,5 + 6,5 + 22,1 – 9,1 – 3,0 – 30,0 – 10,1 + 6,5 17 H. v. Papier, Pappe und Waren daraus – 3,2 + 3,5 – 9,9 – 8,7 + 1,7 – 4,3 – 0,6 – 10,1 – 6,4 – 0,3 20 H. v. chemischen Erzeugnissen + 3,0 + 10,4 – 16,4 + 2,4 + 16,3 + 1,9 + 7,2 – 13,2 – 0,1 + 14,2 21 H. v. pharmazeutischen Erzeugnissen + 7,8 + 13,2 + 1,5 + 12,6 + 4,5 + 4,3 + 12,5 + 0,4 + 3,9 + 1,0 24 Metallerzeugung und -bearbeitung – 13,0 – 15,6 – 28,1 – 8,7 + 2,5 – 16,2 – 15,2 – 28,4 – 15,0 – 4,8 25 H. v. Metallerzeugnissen – 8,4 – 10,3 – 31,7 – 0,2 + 11,3 – 12,2 – 8,5 – 30,7 – 11,6 + 3,1 26 H. v. Datenverarbeitungsgeräten, elektro- nischen und optischen Erzeugnissen + 22,9 + 19,5 + 28,6 + 11,7 + 31,8 + 2,4 + 5,3 – 4,6 + 1,2 + 7,2 27 H. v. elektrischen Ausrüstungen – 4,7 – 3,0 – 22,0 – 2,2 + 8,9 – 8,1 – 7,7 – 18,7 – 9,1 + 3,9 28 Maschinenbau – 8,5 – 11,2 – 25,9 – 6,7 + 10,3 – 14,9 – 9,7 – 24,4 – 16,2 – 9,8 29 H. v. Kraftwagen und Kraftwagenteilen – 3,3 – 1,4 – 39,7 + 10,0 + 21,9 – 12,7 – 9,3 – 43,0 – 10,4 + 12,8 *) Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes (einschließlich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden) mit mindestens 50 tätigen Personen. Die Auftragseingänge und Umsätze werden nach fachlichen Betriebsteilen und grundsätzlich in der Gliederung der „Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008)“ erfasst. Zur Berechnung des Volumenindex erfolgt die Deflationierung mit den Erzeugerpreisindizes (Inland) bzw. den Ausfuhrpreisindizes (Ausland). Der Preisbereinigung liegen die jeweiligen Preisindizes in der neuesten Fassung des Statistischen Bundesamtes mit Basisjahr 2015 = 100 zugrunde. – 1) Auftragseingänge werden nur in ausgewählten Wirtschaftszweigen erhoben. Datenquelle: Monatsbericht für Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden. 17
Wirtschaft, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2021 Arbeitsmarkt Jahr 2020, brachen auch die Umsätze der Süd- Industrieprodukten bei den baden-württem westindustrie ein und schickten den Umsatz bergischen Betrieben des Verarbeitenden index im Verarbeitenden Gewerbe auf Tal- Gewerbes im April und Mai 2020 befand fahrt. So verzeichneten die baden-württem sich die Südwestindustrie zum Jahresende bergischen Industriebetriebe im Jahr 2020 wieder auf einem Erholungspfad (Schaubild 1). preisbereinigt insgesamt ein Umsatzminus Hinsichtlich der Analyse der zentralen Kon- von 9,2 % im Vorjahresvergleich. Während junkturindizes im Verarbeitenden Gewerbe der Umsatz der Südwestindustrie (Tabelle) im Baden-Württembergs liegt der Fokus in der 1. Quartal 2020 preisbereinigt im Vergleich Konjunkturbeobachtung insbesondere auf der zum Vorjahresquartal bereits um 5,9 % zu preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigten rückging, brach der Umsatzindex infolge der Zeitreihe, die einen störungsfreieren Eindruck Maßnahmen zur Eindämmung der Corona- der konjunkturellen Tendenzen ermöglicht, Pandemie im April und Mai 2020 um 40 % bzw. sowie auf der Trend-Konjunktur-Komponente, 30,7 % extrem ein. Im weiteren Jahresverlauf die als Schätzung die mittel- und langfristi- verblieb die Umsatzentwicklung der Südwest- gen auf die Zeitreihe wirkenden Einfluss- industrie preisbereinigt im Vergleich zum Vor- größen isoliert darstellt.6 Die Verläufe der Indi- jahreszeitraum mit einem Rückgang von 8,7 % zes des Auftragseingangs, der Produktion und im 3. Quartal zuerst im Minus, zeigte am Jah- des Umsatzes im Verarbeitenden Gewerbe in resende jedoch deutliche Erholungstendenzen Baden-Württemberg gleichen sich dabei ins und verbuchte im 4. Quartal einen Zuwachs besondere im Hinblick auf Trendänderungen. von 3,4 %. Der Impuls kam dabei insbeson- Die Südwestindustrie durchlebte von den dere von den Umsätzen mit den Auslands- Jahren 2005 bis Anfang 2008 eine starke kunden aus der Nicht-Eurozone, die preisbe Expansionsphase, die mit der weltweiten reinigt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum Finanz- und Wirtschaftskrise ein Ende fand. mit einem Zuwachs von 6,5 % im 4. Quartal Zwischen Anfang des Jahres 2008 und Mitte ein Plus verzeichneten. des Jahres 2009 befanden sich die Industrie betriebe Baden-Württembergs in einer rezes- Auf Branchenebene nahm die Umsatzent siven Phase mit deutlich rückläufiger Indus wicklung der Südwestindustrie einen ähn- trieproduktion. Anschließend setzte ein lichen Verlauf wie Auftragseingangs- und starker Aufholprozess ein, den ein von hoher Produktionsindex. Die Umsätze der „Herstel Unsicherheit geprägtes wirtschaftliches Um- lung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ feld im Jahr 2012, insbesondere verursacht brachen im 2. Quartal 2020 preisbereinigt im durch die Auswirkungen der Euro- und Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 43 % Staatsschuldenkrise, bremste. In den Folge ein, stabilisierten sich im weiteren Jahresver jahren zeigte sich die Industrieproduktion lauf insbesondere durch Aufholeffekte im in einem aufwärtsgerichteten Trend. Das 4. Quartal mit einem Plus von 12,8 % wieder. Vorkrisenniveau aus dem Februar 2008 er- In der Jahresbilanz 2020 verzeichnete die reichte die Südwestindustrie im Hinblick „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwa auf die Trend-Konjunktur-Komponente aller genteilen“ preisbereinigt trotzdem ein Minus dings erst im Dezember 2016 wieder. Gegen von 12,7 % im Vergleich zum Vorjahr. Auch Ende 2018 verlor die Industrieproduktion an der „Maschinenbau“ verbuchte im Jahr 2020 Tempo und folgte den deutlich absinkenden preisbereinigt einen erheblichen Umsatzrück- Auftragseingängen im Jahr 2019 ins Minus. gang von 14,9 % im Vorjahresvergleich. Im Mit der sich im Jahr 2019 abzeichnenden Gegensatz dazu verzeichneten preisbereinigt Schwächephase der Industrie erfolgte eine im Vergleich zum Vorjahr die Wirtschafts- zyklische Korrekturphase der konjunkturellen zweige „Herstellung von chemischen Erzeug- Entwicklung. In der Folge löste Anfang des nissen“ mit einem Zuwachs von 1,9 %, die Jahres 2020 ein externer Schock verursacht „Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, durch die Maßnahmen zur Eindämmung der elektronischen und optischen Erzeugnissen“ Corona-Pandemie einen massiven Einbruch mit einem Plus von 2,4 % und die „Herstel- der Nachfrage und der Produktion von Indus- lung von pharmazeutischen Erzeugnissen“ trieprodukten sowie der Industrieumsätze in mit einem Anstieg von 4,3 % im Jahr 2020 der Südwestindustrie im Jahr 2020 aus und ein positives Umsatzwachstum. sorgte für eine starke Rezession im Verar beitenden Gewerbe. Im weiteren Jahresver- 6 Speth, Hans-Theo (2004): lauf drehte der konjunkturelle Trend, ange- Komponentenzerlegung und Saisonbereinigung Konjunkturelle Entwicklung trieben durch stark steigende Auftragsein- ökonomischer Zeitreihen der Südwestindustrie im Zeitablauf gänge, die Industrieproduktion und die Um mit dem Verfahren BV4.1, in: Schriftreihe satzentwicklung der baden-württembergi- Methodenberichte, Heft 3, Statistisches Nach den historischen Einbrüchen der Nach schen Industriebetriebe wieder in Richtung Bundesamt. frage, der Produktion und des Umsatzes von des Vorkrisenniveaus. 18
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2021 Wirtschaft, Arbeitsmarkt S1 Produktionsindex (preisbereinigt) im Verarbeitenden Gewerbe in Baden-Württemberg 2005 bis 2020*) Indexpunkte (Basis 2015=100) 120 Originalwert Saison- und arbeitstäglich bereinigter Wert1) Trend-Konjunktur-Komponente1) 110 100 90 80 70 60 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 *) Einschließlich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden. Der Produktionsindex misst die Entwicklung der monatlichen Leistung des Verarbeitenden Gewerbes. Erfasst wird die monatliche Produktion von industriellen Erzeugnissen nach Menge und Wert in der Abgrenzung des Güterverzeichnisses für Produktionsstatistiken, Aus- gabe 2019 (GP 2019). Aus den gemeldeten Produktionsdaten werden zunächst Messzahlen der Produktion gebildet (bezogen auf den Monatsdurchschnitt des Basisjahres 2015), die einer Preisbereinigung mit den Indizes der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte unterzogen werden. Die Messzahlen werden dann mit ihren Bruttoproduktions- wertanteilen zu vierstelligen Wirtschaftszweigindizes in der Abgrenzung der „Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008) verdichtet. Die Zusammenfas- sung der vierstelligen Wirtschaftszweigindizes zu den höheren Aggregaten der WZ 2008, zum Beispiel nach Wirtschaftsabteilungen (Zweisteller), erfolgt über den jeweiligen Wertschöpfungsanteil eines jeden Wirtschaftszweiges am Gesamtwert des Verarbeitenden Gewerbes. Ab dem Berichtsmonat Januar 2007 wurde die Abschneidegrenze für die kurzfristigen Statistiken im Verarbeitenden Gewerbe aufgrund von methodischen Änderungen heraufgesetzt. – 1) Nach Berliner Verfahren BV 4.1 Version 2.2. Datenquelle: Monatliche Produktionserhebung der Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 94 21 Wachstum der Industriebeschäftigten von 1,21 Mill. Beschäftigten in den baden-würt unterbrochen tembergischen Industriebetrieben des Ver arbeitenden Gewerbes im September 2019.7 Die im Jahr 2019 einsetzende konjunkturelle Die Anfang des Jahres 2020 einsetzenden Schwächephase des Verarbeitenden Gewer- Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona- bes machte sich zum Jahresende 2019 auch Pandemie und die damit verbundenen Aus deutlich am Arbeitsmarkt der Südwestindus- wirkungen auf das Verarbeitende Gewerbe trie bemerkbar und so endete die seit Januar verstärkten die negativen Tendenzen in der 2011 andauernde Expansionsphase der In Industriebeschäftigung der Südwestindustrie. dustriebeschäftigung im Januar 2020 im Hin Von 1,19 Mill. Beschäftigten im Januar 2020 blick auf die Veränderung zum Vorjahresmo- sank der Beschäftigungsstand auf 1,15 Mill. nat (Schaubild 2). Nach dem Zusammenbruch Beschäftigte im Dezember 2020. Insgesamt von Lehman Brothers und dem Beginn der sank die Anzahl der Industriebeschäftigten weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise Ende um durchschnittlich 2,7 % im Vergleich zum des Jahres 2008 sank die Industriebeschäf- Vorjahr. Einen signifikant stärkeren Einbruch tigung um 8,1 % von 1,11 Millionen (Mill.) Be- verzeichneten die geleisteten Arbeitsstunden schäftigten im September 2008 auf 1,02 Mill. mit einem Rückgang um 8,7 % von 1 750 Mill. Beschäftigte im April 2010 ab. In der Folge Stunden im Jahr 2019 auf 1 597 Mill. Stunden und entsprechend der konjunkturellen Ent im Jahr 2020 sowie die Entgelte, die um 7,4 % wicklung des Verarbeitenden Gewerbes ex von 69,8 Milliarden (Mrd.) Euro im Jahr 2019 pandierte der Beschäftigungsstand der Süd- auf 64,6 Mrd. Euro im Jahr 2020 sanken. westindustrie bezogen auf die Veränderung Dieser Effekt kann insbesondere durch die 7 Im Zeitraum April 2010 bis September 2019 zum Vorjahresmonat über einen Zeitraum deutlich ausgeweitete Kurzarbeit erklärt wer- stieg der Beschäftigten- von 9 Jahren und sorgte für einen Rekordwert den, die den Betrieben ermöglichte, ihre Mit stand um 18,9 %. 19
Wirtschaft, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2021 Arbeitsmarkt S2 Beschäftigte im Verarbeitenden Gewerbe in Baden-Württemberg 2009 bis 2020 im Vorjahresvergleich*) Veränderung zum Vorjahresmonat in % 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0 – 0,5 – 1,0 – 1,5 – 2,0 – 2,5 – 3,0 – 3,5 – 4,0 – 4,5 – 5,0 – 5,5 – 6,0 – 6,5 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 *) Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes (einschließlich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden) mit mindestens 50 tätigen Personen. Einschließlich Auszubildende, Heimarbeiter/-innen sowie tätige Inhaber/-innen und Mitinhaber/-innen. Ohne Leiharbeitnehmer/-innen im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Datenquelle: Monatsbericht für Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 95 21 arbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten, wäh- bleibt der weitere Ausblick angesichts der rend die Bundesagentur für Arbeit in der Ent- nicht vorhersehbaren Entwicklung des Pande- lohnung für Entlastung sorgte. Mit knapp miegeschehens und anderer angebotsseiti- 8 Statistisches Bundesamt 6 Mill. Kurzarbeitenden lag die realisierte ger Störfaktoren verhalten.9 So sank der ifo (2021): Statistik Dossier: Kurzarbeit im April 2020 auf einem Rekord- Geschäftsklimaindex nach zuletzt acht An- Daten zur COVID-19- Pandemie, Realisierte hoch.8 stiegen in Folge im Januar 2021 erstmal wieder Kurzarbeit, Ausgabe und auch die Erwartungen der Industriefirmen 01/2021, S. 41. waren deutlich weniger optimistisch.10 9 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Konjunkturerholung im Verarbeitenden (2021): Die wirtschaft- Gewerbe auf wackligen Beinen liche Lage in Deutsch- land im Februar 2021, https://www.bmwi.de/ Trotz des sich ab Oktober 2020 wieder deut- Redaktion/DE/Pressemit teilungen/Wirtschaft lich verstärkenden Infektionsgeschehens und Weitere Auskünfte erteilt liche-Lage/2021/20210 215-die-wirtschaftliche- der damit verbundenen Einschränkungen für Matthias Kuhn, Telefon 0711/641-26 77, lage-in-deutschland-im- weite Teile der Gesellschaft, standen die Zei Matthias.Kuhn@stala.bwl.de februar-2021.html (Abruf: 08.03.2021). chen im Verarbeitenden Gewerbe gegen Jah- resende auf Erholung. Die verschärften Lock- 10 Ifo Institut 2021: ifo Geschäftsklimaindex down-Maßnahmen im Dezember 2020 schei- www.statistik-bw.de/GesamtwBranchen/ gefallen (Januar 2021), Volkswirtschaft und Branchen in: ifo Geschäftsklima nen die Industrie im Vergleich zum Frühjahr, Deutschland. weniger stark zu beeinträchtigen. Allerdings Gesamtwirtschaft und Konjunktur 20
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