Der Steig zum Sieben-steinkopf führt durch vitalen, sich natürlich verjüngenden Wald.

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Der Steig zum Sieben-steinkopf führt durch vitalen, sich natürlich verjüngenden Wald.
Wald
                     Der Steig zum Sieben-
                     steinkopf führt durch
                     vitalen, sich natürlich
                     verjüngenden Wald.

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Der Steig zum Sieben-steinkopf führt durch vitalen, sich natürlich verjüngenden Wald.
Bayerischer Wald

dmeer
                                                         50 Jahre Nationalpark
                                                              Bayerischer Wald

                                   auf
                          natürlichem
                                  Weg
                                1970 entstand im hinteren Bayerischen Wald der erste deut-
                                sche Nationalpark. Seitdem gilt im Waldgebirge zwischen
                                Lusen, Rachel und Falkenstein das Motto „Natur Natur sein
                                lassen“. Die Natur nutzt ihre Chance mit viel Erfolg.

                                Text: Georg Hohenester
                                Fotos: Joachim Chwaszcza

D
           ie Wanderung auf den Rachel       kommen auf die Waldentwicklung zu spre-       Philosophie „Natur Natur sein lassen“, was
           beginnt am Bahnhof von Spie-      chen, die Robert über die letzten Jahrzehn-   für einigen Aufruhr bei den Kritikern sorg-
           gelau, wo der Nationalpark-Ran-   te miterlebt hat. Nach sturmbedingten         te. „Heute jedoch kann man überall sehen,
           ger Robert Stockinger schon       großen Fichtenwürfen in den 1980er Jahren     wie sich der Wald aus eigener Kraft ver-
wartet. Nach wenigen Minuten Fahrt mit       kam es in den 1990er Jahren zwischen Lu-      jüngt hat und sich zu einer urwaldartigen
der Waldbahn steigen wir in Klingen-         sen und Rachel zu einem massenhaften          Waldwildnis entwickelt“, fasst Robert zu-
brunn/Bahnhof aus und schlagen den Weg       Borkenkäferbefall, der dem über Jahrzehnte    sammen. Diesem dynamischen Selbst-
zum Klingenbrunner Rachelsteig ein. Der      forstwirtschaftlich optimierten Fichtenbe-    heilungsprozess der Natur im Schutzgebiet
zieht entlang des Flanitztales hinauf zum    stand vollends den Garaus machte. Soweit      wollen wir während unseres Aufenthalts
Großen Rachel, dem mit 1453 Metern           das Auge reichte, standen die abgestorbe-     nachspüren. Nach der Einkehr bei dem
höchsten Gipfel im Nationalpark. Bald be-    nen grauen Fichtenstämme dicht an dicht.      jungen Wirtspaar im Waldschmidthaus
treten wir das Kerngebiet des Parks und      Auch nach diesen katastrophalen Ereig-
                                             nissen verfolgte der Nationalpark seine

                                                                                                       DAV             2/2020     85
Der Steig zum Sieben-steinkopf führt durch vitalen, sich natürlich verjüngenden Wald.


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                                                                                     Das markierte Wanderwegenetz im Park umfasst über 300 Ki-
                                                                                     lometer. Im Kerngebiet herrscht ein Wegegebot, einige Wege
                                                                                     sind zeitlich beschränkt begehbar. Die Besucherzentren, Infor-
                                                                                     mationsstellen, Museen und Tierfreigelände bieten umfassen-
                                                                                     de Informationen, der NP-Führungsservice regelmäßige Touren.
                                                                                     Mobilität: Die Waldbahn fährt ab Plattling in den Bayeri-
                                                                                     schen Wald, im Nationalpark verkehren die Igelbusse. Mit
knapp unterhalb des Rachel-Gipfels bli-          Die alten Grenzsteine               der Gästekarte GUTi (entspricht dem Bayerwald-Ticket)
cken wir vom höchsten Punkt ringsum auf          neben dem Bohlenweg                 nutzt man den ÖPNV kostenfrei. bayerwald-ticket.de
                                                 am „Markfleckl“ unter-
Bäume – die Sicht ist deutlich einschränkt.                                          Hütten:
                                                 halb des Lusen markieren
Beim Abstieg zur Rachelkapelle und zum                                               › Lusen-Schutzhaus (1343 m), lusenschutzhaus.de
                                                 die bayerisch-­böhmische
                                                 Grenze. Vom Blockmeer am            › Waldschmidthaus (1360 m), Einkehr, derzeit keine
Rachelsee ist aber nicht zu übersehen, dass
                                                 Lusen-Gipfel liegt den Wan-           Übernachtung möglich, waldschmidthaus@web.de
junges Grün zwischen dem reichlich lie-                                              › Falkenstein-Schutzhaus (1315 m), schutzhaus-falkenstein.de
                                                 derern das Waldmeer des
genden und stehenden Fichten-Totholz             Nationalparks zu Füßen – im         Karten & Literatur:
flächendeckend Fuß gefasst hat. Etwa 400         Abendlicht zeichnet sich der        › Bayerischer Wald, Kompass-Wanderkarte 198, 1:50.000,
Meter unterhalb des Gipfels und der steilen      Rachel ab. Viele Gebirgs-             3 Kartenblätter
                                                 bäche zeugen vom Wasser-
Seewand liegt der Rachelsee im Bergwald                                              › Eva Krötz: Bayerischer Wald – 54 Touren. Rother
                                                 reichtum der Region.
                                                                                       Wanderführer, 2017
– der „Kar-Endmoränensee“ ist ein Relikt
                                                                                     › Franz Leibl/Rainer Simonis: Der Nationalpark Bayerischer
der Eiszeit, als der Rachel-Gipfel von Eis be-                                         Wald. edition Lichtland, 2018
deckt war. Wir wandern weiter zur bewirt-
                                                                                     Zum 50. Jubiläum:
schafteten Racheldiensthütte hinunter                                                › 23./24. Mai: „Fest der Region“ beim Besucherzentrum
und nehmen dort den Igelbus nach Spie-                                                 Hans-Eisenmann-Haus in Neuschönau
gelau zurück. Die Igelbusse verbinden die                                            › „Nationalpark exklusiv“-Exkursionen (13. Mai - 4. Nov.),
                                                                                       nationalpark-bayerischer-wald.de; nationalpark-
Einrichtungen und Hauptwandergebiete
                                                                                       partner.com; ferienregion-nationalpark.de
im Nationalpark.
   Anderntags steht das Lusen-Gebiet auf
dem Programm. Der Igelbus bringt uns             ze für Jahrzehnte unterbrachen. Heute              ratkilometern bilden sie das größte Wald-
von Mauth an die tschechische Grenze.            schreiten die Wanderer durch einen                 schutzgebiet Mitteleuropas.
Dort erinnern auf böhmischer Seite die           symbolischen Eisernen Vorhang, sind                  Unser Guide Franz Uhrmann ist als
Überreste des Dor-                                                      grenz­übergreifend          Waldführer oft mit Gruppen im Natio-
fes Buchwald/Bu-
                                           Das größte                   unterwegs, und              nalpark unterwegs. Auf schmalem Steig
čina an die Zeit
                                     Waldschutzgebiet                   die Nationalparke           wandern wir gemeinsam durch üppig wu-

                      Mitteleuropas
nach dem Zweiten                                                        Bayerischer Wald            chernden Bergmischwald zum felsigen Sie-
Weltkrieg, als die                                                      und Šumava auf              bensteinkopf (1265 m) und bemerken, dass
Grenzanlagen des                                                        tschechischer Sei-          die natürliche Waldverjüngung hier weiter
Eisernen Vorhangs                                                       te arbeiten so gut          vorangeschritten ist als im Rachel-Gebiet.
die traditionell engen Beziehungen der           zusammen, dass beide Schutzgebiete 2009            „Das liegt am Untergrund, an der Expositi-
Einwohner diesseits und jenseits der Gren-       als „Transboun­dary Parks“ zertifiziert wur-       on und Höhenlage. Vor allem in den rauen
                                                 den. Mit einer Fläche von über 900 Quad-

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Der Steig zum Sieben-steinkopf führt durch vitalen, sich natürlich verjüngenden Wald.
Bayerischer Wald

Lagen über etwa 1100 Metern, in denen        sind Zeugnisse der Holztrift in unserer Re-   tionalpark diese historischen Bauwerke als
natürliche Fichtenwälder vorherrschen,       gion“, erzählt Franz Uhrmann und erläu-       regionale Kulturdenkmäler.
wachsen die jungen Fichten generell lang-    tert, wie der Wasserreichtum der Region –        Nach der Mittagspause in der Tafern-
samer“, erklärt der Waldführer. Im Abstieg   allein im Nationalpark gibt es 760 Kilome-    wirtschaft „D’Ehrn“ geht es über den Lu-
passieren wir die Reschbachklause und fol-   ter Bergbäche – früher genutzt wurde, um      sensteig auf den „Bohlenweg“ zum „Mark-
gen dem 1820 angelegten „Schwellgraben“      die gefällten Baumstämme mit Hilfe des in     fleckl“ mit den alten Grenzsteinen an der
zum Freilichtmuseum bei Finsterau. „Die      den „Klausen“ aufgestauten Wassers tal-       bayerisch-böhmischen Grenze. Auch hier
Reschbachklause und der Schwellgraben        wärts zu schwemmen. Heute erhält der Na-      reicht der Bergmischwald bis über 1200

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Bayerischer Wald

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                                                                                              ansprüchen, die in bewirtschafteten Fors-
                                                                                              ten keine Chance haben. Dazu zählen zum
                                                                                              Beispiel seltene Käfer – mit 1300 nachge-
                                                                                              wiesenen Arten sind Käfer die artenreichs-
                                                                                              te Insektenordnung im Nationalpark.“
                                                                                                 Dem Kurzbesuch im Tierfreigelände in
                                                                                              Neuschönau folgt die letzte Exkursion im
                                                                                              Gebiet um den Ort Zwieslerwaldhaus un-
                                                                                              terhalb des Großen Falkenstein (1315 m),

                                                                                              Seltene Arten
                                                                                                        in hochspeziellen
                                                                                                           Lebensräumen
Auf dem Klingenbrunner
                                                                                              das erst mit der Erweiterung 1997 in den
Rachelsteig erklärt der
Nationalpark-Ranger                                                                           Nationalpark integriert wurde. Entspre-
die Wald­entwicklung im                                                                       chend zeitversetzt läuft dort die Waldver-
Kerngebiet des National-
                                                                                              jüngung ab. Allerdings gibt es hier Wald-
parks. Der äußerst seltene
„Duftende Feuerschwamm“                                                                       stücke, die teilweise seit mehr als 200
wächst im Urwaldrest Mit-                                                                     Jahren nicht mehr genutzt wurden und
telsteighütte bei Zwiesler-                                                                   ihren Urwald-Charakter bis heute erhalten
waldhaus.
                                                                                              konnten. Neben dem Hans-Watzlik-Hain
                                                                                              mit jahrhundertealten Tannen, Fichten
                                                                                              und Buchen ist das vor allem der Urwald­
                                                                                              rest Mittelsteighütte. Dort stehen vitale
                                                                                              starke Baumriesen zwischen dem Totholz
Meter Höhe. Darüber stehen die nach-             Am nächsten Morgen holt uns Rainer Si-       vieler in hohem Alter abgestorbener Bu-
wachsenden Bergfichten inzwischen meh-        monis am Lusenschutzhaus ab. Der Förster        chen und Tannen, die seltenen Insekten
rere Meter hoch im Saft und dominieren        und Leiter der Nationalparkdienststelle         und Pilzen – sogenannten Urwaldrelikt­
in sattem Grün das graue, tote „Käferholz“.   Finsterau arbeitet seit 1993 für den Natio-     arten – hochspezielle Habitate bieten.
Der Lusen-Gipfel (1373 m) selbst ist wald-    nalpark und bestätigt während des Abstiegs      Beispielsweise dem „Duftenden Feuer-
frei und besteht aus einer gewaltigen         nach Mauth die Entwicklung, die er als pas-     schwamm“, von dem weltweit nur sieben
Blockschutthalde. „Die Granitfelsen über      sionierter Fotograf festhält. „Nach 30 Jahren   Standorte bekannt sind. Er gedeiht unweit
20 Hektar Ausdehnung machen den Lu-           ist der Wald in großen Bereichen nachge-        des Wanderweges an einem Baumstumpf.
sen zum markantesten Gipfel im Park“,         wachsen, und auch die Artenvielfalt hat         Eines von vielen Beispielen dafür, dass der
informiert Waldführer Franz. „Der riesige     deutlich zugenommen“, stellt er fest: „Die      Nationalpark Bayerischer Wald nach 50
Steinhaufen ist über Jahrmillionen durch      Windwürfe und der Borkenkäferbefall sind        Jahren engagierter Arbeit zu den „Hot
stetige Frostsprengung entstanden.“ Wir       Auslöser für die Regeneration des Waldes        Spots“ der Artenvielfalt in Deutschland
bleiben lange am Gipfel, balancieren zum
Fotografieren über die mit Landkarten-
                                              gewesen. Sie haben Raum und Licht ge-
                                              schaffen, und die große Totholzmenge
                                                                                              gehört.
                                                                                                     
flechten überzogenen Felsblöcke, genie-       hat das Nährstoffangebot verbessert.                  Georg Hohenester, Chefredakteur
ßen den freien Blick bis zum Rachel und       Totholz ist nämlich die ‚Ammenmilch                   von DAV Panorama, wandert gerne
                                                                                                    durch Wälder und ist begeistert
das abendliche Farbenspiel.                   des Waldes‘ und die Basis für neues Le-               über die natürliche Waldverjüngung
                                              ben. So entstanden Überlebensinseln                   im Nationalpark Bayerischer Wald.

88    DAV             2/2020
Der Steig zum Sieben-steinkopf führt durch vitalen, sich natürlich verjüngenden Wald.
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