Die CO2-Fänger von Zürich

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Die CO2-Fänger von Zürich
O   Unterrichtsvorschlag

                     Die CO2-Fänger von Zürich
                     An mehreren Forschungsinstituten arbeitet man an Verfahren, um das klima-
                     schädliche Kohlendioxid (CO2), das bei Verbrennungen entsteht, wieder aus der
                     Luft «abzusaugen». Die bisher verfügbaren Verfahren brauchen noch zu viel Energie.
                     Einer Forschergruppe an der ETH Zürich ist nun ein wichtiger Schritt gelungen.
                     Sie hat ein vielversprechendes Material entwickelt, das sich besonders leicht mit
                     CO2 aus der Luft vollsaugt und das mit Sonnenenergie immer wieder neu saugfähig
                     gemacht werden kann. Zwei der Forscher haben eine Spinoff-Firma gegründet,
                     um auf dieser Basis energieeffiziente CO2-Absauggeräte zu entwickeln.

                     Urs Aeschbacher und Erich Huber

Zu viel CO2 in der Luft                       400 CO2-Moleküle. Aber dieser Anteil            fossile Brennstoffe zu verbrauchen. Zusätz-
     Das Wort «Gas» stammt vom flämischen     wächst ständig. Noch um 1800, bevor die         lich verfolgt man aber auch eine nahelie-
Naturforscher Johann Baptista van Helmont     industrielle Revolution richtig in Gang kam,    gende Idee: Man sucht nämlich – und das
(gestorben 1644) und bedeutet «Chaos» – in    waren es ungefähr 280. Im Zeitraum von          nicht zuletzt an der ETH in Zürich – nach
flämischer Aussprache. In der Tat bestehen    gut 200 Jahren hat der Mensch also durch        technischen Verfahren, um CO2-Moleküle,
Gase ja aus unzähligen kleinsten Teilchen,    die immer massenhaftere Verbrennung von         wieder aus der Luft «herauszuholen».
nämlich aus Atomen und Molekülen, die in      Kohle, Benzin, Öl, Gas so viel CO2 in die
wildem Durcheinander im Raum «herum-          Luft geblasen, dass die Konzentration in der    CO2–Moleküle mit elektrischer
fliegen», von Begrenzungsflächen zurück-      Atmosphäre um bald die Hälfte angestiegen       Anziehung «fangen»?
prallen und sich auch gegenseitig stossen.    ist. Wie man heute weiss, hat genau dieser          Bekanntlich ziehen sich entgegenge-
Unsere Luft ist ein Gemisch aus verschiede-   Anstieg der CO2-Konzentration das Klima         setzte Ladungen an, während sich gleiche
nen Gasen, vor allem aus Stickstoffgas und    auf der Welt verändert: Er hat nämlich zu       Ladungen abstossen. Lässt sich dieses Phä-
Sauerstoffgas. Fast 80% der herumschwir-      einem Anstieg der mittleren Temperatur der      nomen zum Einfangen von CO2-Molekülen
renden Luftteilchen sind N2-Moleküle (aus     Erdatmosphäre um ungefähr ein Grad ge-          nutzen? Das CO2-Molekül unterscheidet
je zwei Stickstoffatomen), ungefähr 20%       führt (vgl. Kasten «Treibhauseffekt»)! Und      sich von den Stickstoff- und den Sauerstoff-
sind O2-Moleküle (aus je zwei Sauerstoff-     diese sogenannte globale Erwärmung be-          molekülen (welche die Hauptmasse der Luft
atomen). Hinzu kommt ein je nach Luft-        schleunigt sich jedes Jahr, weil wir jährlich   ausmachen) hinsichtlich der sogenannten
feuchtigkeit stark wechselnder Anteil von     mehr CO2 in die Atmosphäre blasen. Das          elektrischen Polarität: Seine beiden Sauer-
Wasser(dampf)molekülen (H2O), die im          kann dramatische Auswirkungen haben,            stoffatome haben je zwei Elektronen des
Durchschnitt etwa 1% der Luftteilchen aus-    wie z. B. ein Ansteigen des Meeresspiegels      Kohlenstoffatoms zu sich herübergezogen,
machen. Von den über ein Dutzend weiteren     durch Abschmelzen des Polareises sowie          haben also beide zwei Elektronen mehr als
Gasen, die zu nur sehr geringen Anteilen in   die Verschiebung der Klimazonen, was            Protonen. Da Elektronen negativ und Pro-
der Luft enthalten sind (man spricht von      beides millionenfach Menschen aus ihren         tonen positiv geladen sind, haben also die
«Spurengasen»), hat sich das Kohlenstoff-     Siedlungsgebieten vertreiben würde. Dar-        Sauerstoffatome je einen zweifachen nega-
dioxid oder kurz Kohlendioxid (CO2) als       um sucht die menschliche Gesellschaft seit      tiven Ladungsüberschuss. Umgekehrt hat
besonders wichtig erwiesen. Zwar finden       Jahrzehnten nach Mitteln und Wegen, ihren       das Kohlenstoffatom nun mit vier Protonen
sich pro Million Luftteilchen nur knapp       CO2-Ausstoss zu verringern, d. h. weniger       mehr als Elektronen einen relativ starken

 Treibhauseffekt
 Dass ein Spurengas wie das CO2 so grosse Auswirkungen                 phäre: Sie lassen das von der Sonne kommende sichtbare
 haben kann, mag erstaunen. Physikalisch hängt das mit der             Licht ungehindert durch, aber sie absorbieren ausgerechnet
 so genannten selektiven Strahlungsabsorption durch Mole-              jene andere, langwelligere Strahlung im Infrarotbereich, mit
 küle zusammen. Moleküle können Strahlungen absorbieren                welcher die Erdoberfläche die via Sonnenlicht eingestrahlte
 (aufnehmen), aber sie sind «wählerisch» darin, welche Art             Energie wieder abstrahlt. Damit wird die abgestrahlte Energie
 von Strahlung sie absorbieren und welche nicht. Jede Art              in der Atmosphäre «gestaut», und zwar eben umso stärker, je
 von Molekül «schluckt» ausschliesslich Strahlen ganz spe-             höher die CO2-Konzentration ist. Man nennt das den «globalen
 zieller Wellenlängen. So auch die CO2-Moleküle in der Atmos-          Treibhauseffekt».

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positiven Ladungsüberschuss (vgl. Abb. 1).              Wie kann man nun auf einer Oberfläche             Die meisten Luftmoleküle prallen dage-
Daher liegt die Idee nahe, CO2-Moleküle            Punktladungen anbringen, welche dann die           gen wie Fussbälle von diesem «Teppich» aus
irgendwie «elektrisch» aus der Luft «heraus-       aufprallenden CO2-Moleküle festhalten? Eine        Aminogruppen zurück. Das betrifft vor allem
zuholen». Das geht jedoch nicht, indem man         Lösung besteht in der Verwendung sogenann-         die N2- und die O2-Moleküle, weil sie nicht
einfach irgendeinen Gegenstand mit einer           ter «Aminogruppen», die chemisch – in Ver-         polarisiert sind. Aber neben dem CO2 gibt es in
gleichmässigen positiven Flächenladung             bindung mit anderen Atomen – an speziellen         der Luft noch eine zweite Art von polarisierten
in die Luft hält. Dann nämlich würde die           Oberflächen haften. Aminogruppen (NH2)             Molekülen: Die Wassermoleküle (H2O). Ihr
(auf die beiden O-Atome des CO2-Moleküls           sind chemische Verbindungen, in welchen            Sauerstoffatom hat die Elektronen der beiden
wirkende) anziehende Kraft durch die (auf          ein Stickstoffatom (N) zwei Wasserstoffatome       Wasserstoffatome an sich gezogen und ist da-
das C-Atom wirkende) abstossende Kraft             (H) trägt. Weil in dieser ebenfalls elektrisch     her negativ aufgeladen. Daher können auch
neutralisiert, sodass das CO2-Molekül nicht        polarisierten Verbindung das Stickstoffatom        aufprallende Wassermoleküle an den Ami-
haften könnte (vgl. Abb. 2a).                      alle Elektronen an sich gezogen hat, bleiben       nogruppen hängen bleiben. Behindern also
                                                   von den Wasserstoffatomen nur die positiv          die Wassermoleküle der Luft das «Einfangen»
Wenn Punktladungen «lauern»                        geladenen Atomkerne übrig. Der Atomkern            der CO2-Moleküle, weil sie die Aminogruppen
    Nehmen wir jetzt an, die positive La-          des Wasserstoffs ist der kleinste in der Chemie,   gewissermassen «verstopfen»? Nein! Da alle
dung sei nicht gleichmässig auf einer Fläche       nämlich ein einziges Proton, sodass dieser die     beteiligten Verbindungen (NH2, CO2, H2O)
verteilt, sondern in einem Punkt konzen-           bestmögliche Annäherung an eine positive           polarisiert sind und daher vielfältige elektri-
triert («Punktladung»). Dann ist auch die          Punktladung darstellt. Mit bewährten Verfah-       sche Nahwirkungen möglich sind, kann an
elektrische Kraftwirkung nur in der Nähe           ren lassen sich unzählige solche Aminogrup-        einer Aminogruppe mit H2O-Molekül noch
der Punktladung wirklich gross. Trifft nun         pen so auf spezielle Oberflächen aufbringen,       ein CO2-Molekül zusätzlich hängen bleiben.
ein CO2-Molekül mit einem seiner O-Atome           dass sie chemisch daran haften und diese
voran direkt auf diese Punktladung, so ist         Oberfläche wie Fasern eines dichten Teppichs       Aus den hängengebliebenen
die anziehende Kraft zwischen Punktladung          bedecken. Wenn nun CO2-Moleküle aus der            CO2-Molekülen konzentriertes
und O-Atom grösser als die abstossende             Luft auf diesen «Teppich» prallen, bleiben sie     CO2-Gas machen
Kraft zwischen Punktladung und C-Atom.             mit ihren negativen O-Atomen an den posi-             Je mehr CO2-Moleküle hängen bleiben,
Das CO2-Molekül bleibt somit an der Punkt-         tiven «Wasserstoff-Punktladungen» hängen           umso weniger Aminogruppen sind frei. Da-
ladung haften (vgl. Abb. 2b).                      (vgl. Abb. 3).                                     mit sinkt auch die «CO2-Fangquote». Die

                          Sauerstoffatom (O)
                          8 Protonen (positive Ladungseinheiten) und 8 Elektronen (negative Ladungseinheiten)

                          Kohlenstoffatom (C)
                          6 Protonen (positive Ladungseinheiten) und 6 Elektronen (negative Ladungseinheiten)

                          Verbindung von Kohlenstoff (C) und Sauerstoff (O) zu Kohlenstoffdioxid (CO2)
                          Jedes O-Atom zieht zwei Elektronen vom C-Atom zu sich herüber.

                          Elektrische Polarisierung im CO2-Molekül
                          Jedes O-Atom hat jetzt zwei Elektronen mehr als Protonen, also einen zweifachen negativen
                          Ladungsüberschuss (blau = negative Ladung).
                          Das C-Atom hat jetzt vier Elektronen weniger als Protonen, hat also umgekehrt einen vierfachen
                          positiven Ladungsüberschuss (rot = positive Ladung).

Abb. 1     Polarisierung im CO2-Molekül Bei der Verbrennung von Holz, Heizöl, Benzin etc. werden Kohlenstoffatome (C) mit Sauerstoffatomen
(O) zu CO2-Molekülen verbunden. Dabei verlieren die C-Atome Elektronen an die O-Atome. So ergibt sich in den entstehenden CO2-Molekülen eine
elektrische Polarisierung (obwohl sie insgesamt je gleich viele negative wie positive Ladungseinheiten enthalten): Die beiden Enden sind negativ, das
Mittelteil ist positiv geladen.

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                          Flächenladung                                                      Überall wirken daher gleich starke
               Die Feldlinien sind parallel; d. h. die                                  Abstossungskräfte auf positive Ladungen wie
             Feldstärke bleibt überall gleich, auch mit                                   Anziehungskräfte auf negative Ladungen
                         wachsender Distanz

 b                                                                                                                   -2

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                           Punktladung                                                     Weil die Kraftwirkung mit wachsender
                Die Feldlinien gehen auseinander;                                              Distanz rasch abnimmt, ist die
             das bedeutet rasche «Verdünnung» bzw.                                       Anziehungskraft auf das (nähere) O-Atom
             Abschwächung des elektrischen Feldes                                         sehr viel grösser als die Abstossungskraft
                     mit wachsender Distanz.                                                    auf das (entferntere) C-Atom

Abb. 2   Warum ein aufprallendes CO2-Molekül an einer Flächenladung nicht haften kann (Abb. 2a), wohl aber an einer positiven
Punktladung (Abb. 2b).

Aminogruppen müssen also von Zeit zu              und der nachfolgenden Wiederablösung            präpariertes Materialstück saugt während
Zeit «gereinigt», d. h. die daran hängenge-       durch Erhitzung (Abb.4c–4d).                    der Phase des chemischen Bindens (Abb.
bliebenen CO2-Moleküle entfernt werden.               Um in der ersten Phase möglichst vie-       4a–4b) CO2-Moleküle aus einem grossen
Dies kann durch Erwärmung geschehen.              le CO2-Moleküle aus der Luft binden zu          Bereich der Umgebungsluft ein, und in der
Mit steigender Temperatur verstärken              können, braucht es eine grosse Oberfläche,      Wiederablösungsphase sammeln sich diese
sich nämlich die Wärmeschwingungen al-            auf welcher sich möglichst viele Amino-         Moleküle dann in den winzigen Poren als
ler Atome des Materials, sodass die daran         gruppen («Teppich») platzieren lassen.          reines CO2-Gas (Abb. 4c4d), aus denen sie
hängenden CO2-Moleküle «abgeschüttelt»            Um sodann in der zweiten Phase ein mög-         dann mit geeigneten Methoden entnommen
werden. Allerdings: Wohin sollen sie abge-        lichst reines CO2-Gas zu erhalten, braucht      werden.
schüttelt werden? Sie sollen ja nicht ein-        es möglichst viele und kleine «Sammel-
fach wieder in die Luft entweichen! Ihre          räume» für die durch Erwärmung wieder           Die entscheidende Erfindung:
Freisetzung darf daher nur in «Sammel-            freigesetzten CO2-Moleküle. Diese beiden        Ein spezielles poröses Material
räume» hinein erfolgen, wo sie sich nicht         Anforderungen lassen sich beide erfüllen,           Am ETH-Lehrstuhl für Erneuerbare
wieder mit Luft mischen, sondern sich zu          wenn das Binden und Wiederablösen der           Energieträger haben die beiden Maschinen-
einem reinen CO2-Gas ansammeln können.            CO2-Moleküle im Innern eines geeigneten         ingenieur-Doktoranden Christoph Gebald
In dieser Form kann das CO2 schliesslich          porösen Materials erfolgt. Die Innenwände       und Jan Wurzbacher zusammen mit Profes-
abgesaugt und gespeichert werden. Den             der vielen winzigen Poren addieren sich zu      sor Aldo Steinfeld (vgl. Abb. 5) ein poröses
gesamten Vorgang des «Einfangens» der             einer inneren Gesamtoberfläche, die viele       Material dieser Art entwickelt, welches eine
CO2-Moleküle aus der Luft und ihrer Kon-          Quadratmeter pro Gramm erreichen kann.          der höchsten bisher bekannten CO2-Kapazi-
zentration zu möglichst reinem CO2-Gas            Und es gibt bewährte chemische Verfahren,       täten (Menge CO2, die von einer bestimm-
stellt Abb. 4 schematisch dar, mit den bei-       um diese innere Oberfläche gewissermassen       ten Materialmenge gebunden werden kann)
den Phasen der Ablagerung (Abb. 4a–4b)            mit Aminogruppen «auszukleiden». Ein so         aufweist (vgl. Abb. 6). Die innere Oberfläche

                                                                                                                die neue schulpraxis   12 | 2011   45
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Abb. 3   Bindung (Absorption) von aufprallenden CO2-Molekülen an Aminogruppen (NH2), die ihrerseits chemisch an einem Trägermaterial veran-
kert sind. Die Anziehung zwischen einem negativen O-Atom des CO2 und einem positiven H-Atom der Aminogruppe ist wegen des kürzesten
Abstandes die entscheidende elektrische Kraftwirkung (rot = positiv, blau = negativ).

liegt in der Grössenordnung von 10 m2 pro          Phase 1 gebundenen CO2-Moleküle in der          Phase 1 dauert ungefähr 2 Stunden, Phase
Gramm und der Durchmesser seiner Po-               anschliessenden Phase 2 bereits bei relativ     2 ungefähr 1 Stunde. Ein weiterer Vorzug
ren liegt bei einigen Tausendstelmillimeter.       niedrigen Temperaturen, nämlich schon           dieses speziellen Materials ist, dass es zum
Die Innenwände dieser winzigen Poren sind          unter 100 Grad, wieder abschütteln lassen.      grossen Teil aus erneuerbarem Rohmaterial
dicht an dicht mit Aminogruppen besetzt,           Wegen der niedrigen Temperatur ist dies         hergestellt werden kann. Insgesamt erschien
die sich an diesem Material besonders gut          energiesparend mit Sonnenwärme möglich.         es der ETH so vielversprechend, dass sie es
verankern lassen. Eine wichtige Besonder-          Dabei sammelt sich in den Poren fast reines     patentieren liess.
heit des Materials ist auch, dass sich die in      CO2-Gas, das dann abgesaugt werden kann.

                                                            Auf der Innenseite des kleinen Hohlraumes bleiben fortlaufend CO2-Mole-
                                                            küle an den winzigen «Fangarmen» haften (vgl. Abb. 3). Weil so die CO2-
                                                            Konzentration in der Innenluft sinkt, rücken automatisch CO2-Moleküle aus
                                                            der Aussenluft nach, die dann im Inneren ihrerseits hängen bleiben usw.

                                                            So hängen schliesslich sehr viele CO2-Moleküle im kleinen Hohlraum fest,
                                                            viel mehr als die Innenluft ursprünglich enthielt. Der Ablagerungsprozess
                                                            im Inneren hat fortlaufend CO2-Moleküle aus der Aussenluft nachgesaugt.

                                                            Alle diese CO2-Moleküle werden nun durch Erwärmung des Materials von
                                                            den Fangarmen «abgeschüttelt». So wird der Innenraum jetzt von fast reinem
                                                            CO2-Gas erfüllt.

                                                            Das CO2-Gas wird abgesaugt und kann dann für verschiedene Zwecke ge-
                                                            braucht werden.

Abb. 4   Das «Einsammeln» des CO2 in den zwei Phasen «Binden» (a–b) und «Wiederablösen» (c–d).

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Die Spinoff-Firma «Climeworks»
                                                                                               übernimmt
                                                                                                    Im November 2009 haben die beiden
                                                                                               Doktoranden eine eigene Firma, «Clime-
                                                                                               works GmbH», gegründet. Sie haben die
                                                                                               Nutzungsrechte an dem patentierten Ma-
                                                                                               terial erworben und wollen diese Technik
                                                                                               nun zur Marktreife entwickeln. Der erste
                                                                                               Schritt aus dem Labor hinaus ist für 2012
                                                                                               geplant, nämlich eine zwei Meter hohe und
                                                                                               zwei Meter breite Apparatur, die pro Jahr ca.
                                                                                               20 Tonnen CO2 aus der Luft «herausholt».
                                                                                               Das ist immerhin etwa tausendmal so viel
                                                                                               wie eine 30 Meter hohe Fichte in der glei-
                                                                                               chen Zeit der Luft entzieht. Diese Apparatur
                                                                                               soll in einer Gewächshausanlage im Kanton
                                                                                               Zürich laufen, wo das gewonnene CO2-Gas
                                                                                               gleich zur Förderung des Pflanzenwachs-
                                                                                               tums verwendet werden kann (sonst würde
                                                                                               im Gewächshaus extra Erdgas verbrannt,
                                                                                               um für diesen Zweck CO2 zu gewinnen!).
                                                                                               Vier Jahre später will Climeworks grosse
                                                                                               Apparaturen anbieten können. Die sollen
                                                                                               dann entsprechend grosse Mengen CO2 aus
Abb. 5   Die Erfinder im Labor: Von links nach rechts die ETH-Doktoranden Jan Wurzbacher       der Luft filtern, welche gewinnbringend an
und Christoph Gebald sowie ETH-Professor Aldo Steinfeld (Foto Tom Kawara; mit freundlicher     die Industrie verkauft werden können (die
Genehmigung übernommen aus «ETH Globe» vom 17.9.2010). Die ETH hat das neue CO2-               Getränkeindustrie braucht CO2 sowohl als
absorbierende Material patentiert, die von den beiden Doktoranden gegründete Spinoff-Firma     Getränkezusatz als auch als Kältemittel, z. B.
«Climeworks» besitzt eine Lizenz zur kommerziellen Verwertung.                                 in Getränkeautomaten; Handfeuerlöscher
                                                                                               arbeiten mit CO2 als Löschmittel; CO2 wird
                                                                                               als Schutzgas beim Schweissen verwendet;
                                                                                               die chemische Industrie nutzt CO2 als Roh-
                                                                                               material für chemische Synthesen). Da die
                                                                                               Apparatur mit Sonnenwärme funktioniert,
                                                                                               wird auch in Aussicht genommen, sie in
                                                                                               besonders sonnenreichen Gebieten einzu-
                                                                                               setzen, z. B. in der Wüste. Dort wäre dann
                                                                                               auch eine sinnvolle Kombination mit einem
                                                                                               anderen Projekt von Prof. Steinfeld denkbar,
                                                                                               nämlich mit der ebenfalls solar betriebenen
                                                                                               Herstellung von synthetischen Treibstoffen
                                                                                               aus CO2 und Wasser. Eine begeisternde Vi-
                                                                                               sion! Diese Perspektiven und der Business-
                                                                                               plan von Climeworks haben bereits einige
                                                                                               Geldgeber überzeugt. Sie brachten ein Preis-
                                                                                               geld von 130 000 Franken von Seiten der
                                                                                               Förderinstitution «Venture Kick» ein, und
                                                                                               auch eine finanzielle Unterstützung von Sei-
                                                                                               ten der Gebert-Rüf-Stiftung hilft der jungen
                                                                                               Firma, die Durststrecke bis zu den ersten
                                                                                               Verkaufserfolgen durchzustehen.

                                                                                               Die Autoren danken der
Abb. 6   Elektronenmikroskopischer Einblick in das an der ETH erfundene poröse Material, das   Gebert Rüf Stiftung für die finanzielle
Climeworks GmbH zum «Herausfiltern» von CO2 verwendet. Die Durchmesser der abgebildeten        und der Firma Climeworks für die
Hohlräume liegen in der Grössenordnung von einigen Mikrometern (Tausendstelmillimetern).       fachliche Unterstützung.
(Quelle: Climeworks GmbH)

                                                                                                           die neue schulpraxis   12 | 2011   47
Arbeitsblatt

Problemstellung

Warum bleiben von allen Luftmolekülen, die bei ihrem Herumfliegen auf eine Aminogruppe treffen, nur die
CO2- und die H2O-Moleküle dort hängen, nicht aber die viel häufigeren N2- und O2-Moleküle, aus denen die
Luft grösstenteils besteht?

Hinweise zur Lösung

Die Kraft, mit welcher Atome Elektronen anziehen, ist von Atomsorte zu Atomsorte verschieden. Diese
Anziehungskraft ist beim Sauerstoffatom (O) am grössten und nimmt über das Stickstoffatom (N) und das
Kohlenstoffatom (C) bis zum Wasserstoffatom (H) ab. Dies hat zur Folge, dass die daraus gebildeten Mole-
küle je nach Zusammensetzung elektrisch unterschiedlich sind.

Aufgabe 1

In welchen der unten dargestellten vier Luftmolekülen gibt es aufgrund dieser Stärkeunterschiede Atome
mit zu vielen und Atome mit zu wenig Elektronen? Bezeichnen Sie die entsprechenden Atome mit Plus-
oder Minuszeichen.

Sauerstoffmolekül (O2)              Stickstoffmolekül (N2)   Kohlendioxidmolekül (CO2)   Wassermolekül (H2O)

Aufgabe 2

Formulieren Sie in klaren Sätzen, warum Kohlendioxid- und Wassermoleküle an der Aminogruppe haften
bleiben, Stickstoff- und Sauerstoffmoleküle jedoch nicht.

48 die neue schulpraxis 12 | 2011
Lösungen

Zu Aufgabe 1

Die positiv polarisierten Atome (positiver Ladungsüberschuss wegen «verlorener» Elektronen) sind in
der Zeichnung rot, die negativ polarisierten (negativer Ladungsüberschuss wegen «hinzugenommener»
Elektronen) blau gekennzeichnet:

Zu Aufgabe 2

Treffen die nichtpolarisierten O2- und die N2-Moleküle auf die Aminogruppen, so bleiben sie nicht daran
haften, weil sie keinerlei Ansatzpunkte für eine elektrische Anziehung von aussen bieten. Die polarisierten
CO2- und H2O-Moleküle hingegen können an den elektrisch polarisierten Aminogruppen haften bleiben.

                                                                                    die neue schulpraxis   12 | 2011   49
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