Die CO2-Fänger von Zürich
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
O Unterrichtsvorschlag Die CO2-Fänger von Zürich An mehreren Forschungsinstituten arbeitet man an Verfahren, um das klima- schädliche Kohlendioxid (CO2), das bei Verbrennungen entsteht, wieder aus der Luft «abzusaugen». Die bisher verfügbaren Verfahren brauchen noch zu viel Energie. Einer Forschergruppe an der ETH Zürich ist nun ein wichtiger Schritt gelungen. Sie hat ein vielversprechendes Material entwickelt, das sich besonders leicht mit CO2 aus der Luft vollsaugt und das mit Sonnenenergie immer wieder neu saugfähig gemacht werden kann. Zwei der Forscher haben eine Spinoff-Firma gegründet, um auf dieser Basis energieeffiziente CO2-Absauggeräte zu entwickeln. Urs Aeschbacher und Erich Huber Zu viel CO2 in der Luft 400 CO2-Moleküle. Aber dieser Anteil fossile Brennstoffe zu verbrauchen. Zusätz- Das Wort «Gas» stammt vom flämischen wächst ständig. Noch um 1800, bevor die lich verfolgt man aber auch eine nahelie- Naturforscher Johann Baptista van Helmont industrielle Revolution richtig in Gang kam, gende Idee: Man sucht nämlich – und das (gestorben 1644) und bedeutet «Chaos» – in waren es ungefähr 280. Im Zeitraum von nicht zuletzt an der ETH in Zürich – nach flämischer Aussprache. In der Tat bestehen gut 200 Jahren hat der Mensch also durch technischen Verfahren, um CO2-Moleküle, Gase ja aus unzähligen kleinsten Teilchen, die immer massenhaftere Verbrennung von wieder aus der Luft «herauszuholen». nämlich aus Atomen und Molekülen, die in Kohle, Benzin, Öl, Gas so viel CO2 in die wildem Durcheinander im Raum «herum- Luft geblasen, dass die Konzentration in der CO2–Moleküle mit elektrischer fliegen», von Begrenzungsflächen zurück- Atmosphäre um bald die Hälfte angestiegen Anziehung «fangen»? prallen und sich auch gegenseitig stossen. ist. Wie man heute weiss, hat genau dieser Bekanntlich ziehen sich entgegenge- Unsere Luft ist ein Gemisch aus verschiede- Anstieg der CO2-Konzentration das Klima setzte Ladungen an, während sich gleiche nen Gasen, vor allem aus Stickstoffgas und auf der Welt verändert: Er hat nämlich zu Ladungen abstossen. Lässt sich dieses Phä- Sauerstoffgas. Fast 80% der herumschwir- einem Anstieg der mittleren Temperatur der nomen zum Einfangen von CO2-Molekülen renden Luftteilchen sind N2-Moleküle (aus Erdatmosphäre um ungefähr ein Grad ge- nutzen? Das CO2-Molekül unterscheidet je zwei Stickstoffatomen), ungefähr 20% führt (vgl. Kasten «Treibhauseffekt»)! Und sich von den Stickstoff- und den Sauerstoff- sind O2-Moleküle (aus je zwei Sauerstoff- diese sogenannte globale Erwärmung be- molekülen (welche die Hauptmasse der Luft atomen). Hinzu kommt ein je nach Luft- schleunigt sich jedes Jahr, weil wir jährlich ausmachen) hinsichtlich der sogenannten feuchtigkeit stark wechselnder Anteil von mehr CO2 in die Atmosphäre blasen. Das elektrischen Polarität: Seine beiden Sauer- Wasser(dampf)molekülen (H2O), die im kann dramatische Auswirkungen haben, stoffatome haben je zwei Elektronen des Durchschnitt etwa 1% der Luftteilchen aus- wie z. B. ein Ansteigen des Meeresspiegels Kohlenstoffatoms zu sich herübergezogen, machen. Von den über ein Dutzend weiteren durch Abschmelzen des Polareises sowie haben also beide zwei Elektronen mehr als Gasen, die zu nur sehr geringen Anteilen in die Verschiebung der Klimazonen, was Protonen. Da Elektronen negativ und Pro- der Luft enthalten sind (man spricht von beides millionenfach Menschen aus ihren tonen positiv geladen sind, haben also die «Spurengasen»), hat sich das Kohlenstoff- Siedlungsgebieten vertreiben würde. Dar- Sauerstoffatome je einen zweifachen nega- dioxid oder kurz Kohlendioxid (CO2) als um sucht die menschliche Gesellschaft seit tiven Ladungsüberschuss. Umgekehrt hat besonders wichtig erwiesen. Zwar finden Jahrzehnten nach Mitteln und Wegen, ihren das Kohlenstoffatom nun mit vier Protonen sich pro Million Luftteilchen nur knapp CO2-Ausstoss zu verringern, d. h. weniger mehr als Elektronen einen relativ starken Treibhauseffekt Dass ein Spurengas wie das CO2 so grosse Auswirkungen phäre: Sie lassen das von der Sonne kommende sichtbare haben kann, mag erstaunen. Physikalisch hängt das mit der Licht ungehindert durch, aber sie absorbieren ausgerechnet so genannten selektiven Strahlungsabsorption durch Mole- jene andere, langwelligere Strahlung im Infrarotbereich, mit küle zusammen. Moleküle können Strahlungen absorbieren welcher die Erdoberfläche die via Sonnenlicht eingestrahlte (aufnehmen), aber sie sind «wählerisch» darin, welche Art Energie wieder abstrahlt. Damit wird die abgestrahlte Energie von Strahlung sie absorbieren und welche nicht. Jede Art in der Atmosphäre «gestaut», und zwar eben umso stärker, je von Molekül «schluckt» ausschliesslich Strahlen ganz spe- höher die CO2-Konzentration ist. Man nennt das den «globalen zieller Wellenlängen. So auch die CO2-Moleküle in der Atmos- Treibhauseffekt». die neue schulpraxis 12 | 2011 43
positiven Ladungsüberschuss (vgl. Abb. 1). Wie kann man nun auf einer Oberfläche Die meisten Luftmoleküle prallen dage- Daher liegt die Idee nahe, CO2-Moleküle Punktladungen anbringen, welche dann die gen wie Fussbälle von diesem «Teppich» aus irgendwie «elektrisch» aus der Luft «heraus- aufprallenden CO2-Moleküle festhalten? Eine Aminogruppen zurück. Das betrifft vor allem zuholen». Das geht jedoch nicht, indem man Lösung besteht in der Verwendung sogenann- die N2- und die O2-Moleküle, weil sie nicht einfach irgendeinen Gegenstand mit einer ter «Aminogruppen», die chemisch – in Ver- polarisiert sind. Aber neben dem CO2 gibt es in gleichmässigen positiven Flächenladung bindung mit anderen Atomen – an speziellen der Luft noch eine zweite Art von polarisierten in die Luft hält. Dann nämlich würde die Oberflächen haften. Aminogruppen (NH2) Molekülen: Die Wassermoleküle (H2O). Ihr (auf die beiden O-Atome des CO2-Moleküls sind chemische Verbindungen, in welchen Sauerstoffatom hat die Elektronen der beiden wirkende) anziehende Kraft durch die (auf ein Stickstoffatom (N) zwei Wasserstoffatome Wasserstoffatome an sich gezogen und ist da- das C-Atom wirkende) abstossende Kraft (H) trägt. Weil in dieser ebenfalls elektrisch her negativ aufgeladen. Daher können auch neutralisiert, sodass das CO2-Molekül nicht polarisierten Verbindung das Stickstoffatom aufprallende Wassermoleküle an den Ami- haften könnte (vgl. Abb. 2a). alle Elektronen an sich gezogen hat, bleiben nogruppen hängen bleiben. Behindern also von den Wasserstoffatomen nur die positiv die Wassermoleküle der Luft das «Einfangen» Wenn Punktladungen «lauern» geladenen Atomkerne übrig. Der Atomkern der CO2-Moleküle, weil sie die Aminogruppen Nehmen wir jetzt an, die positive La- des Wasserstoffs ist der kleinste in der Chemie, gewissermassen «verstopfen»? Nein! Da alle dung sei nicht gleichmässig auf einer Fläche nämlich ein einziges Proton, sodass dieser die beteiligten Verbindungen (NH2, CO2, H2O) verteilt, sondern in einem Punkt konzen- bestmögliche Annäherung an eine positive polarisiert sind und daher vielfältige elektri- triert («Punktladung»). Dann ist auch die Punktladung darstellt. Mit bewährten Verfah- sche Nahwirkungen möglich sind, kann an elektrische Kraftwirkung nur in der Nähe ren lassen sich unzählige solche Aminogrup- einer Aminogruppe mit H2O-Molekül noch der Punktladung wirklich gross. Trifft nun pen so auf spezielle Oberflächen aufbringen, ein CO2-Molekül zusätzlich hängen bleiben. ein CO2-Molekül mit einem seiner O-Atome dass sie chemisch daran haften und diese voran direkt auf diese Punktladung, so ist Oberfläche wie Fasern eines dichten Teppichs Aus den hängengebliebenen die anziehende Kraft zwischen Punktladung bedecken. Wenn nun CO2-Moleküle aus der CO2-Molekülen konzentriertes und O-Atom grösser als die abstossende Luft auf diesen «Teppich» prallen, bleiben sie CO2-Gas machen Kraft zwischen Punktladung und C-Atom. mit ihren negativen O-Atomen an den posi- Je mehr CO2-Moleküle hängen bleiben, Das CO2-Molekül bleibt somit an der Punkt- tiven «Wasserstoff-Punktladungen» hängen umso weniger Aminogruppen sind frei. Da- ladung haften (vgl. Abb. 2b). (vgl. Abb. 3). mit sinkt auch die «CO2-Fangquote». Die Sauerstoffatom (O) 8 Protonen (positive Ladungseinheiten) und 8 Elektronen (negative Ladungseinheiten) Kohlenstoffatom (C) 6 Protonen (positive Ladungseinheiten) und 6 Elektronen (negative Ladungseinheiten) Verbindung von Kohlenstoff (C) und Sauerstoff (O) zu Kohlenstoffdioxid (CO2) Jedes O-Atom zieht zwei Elektronen vom C-Atom zu sich herüber. Elektrische Polarisierung im CO2-Molekül Jedes O-Atom hat jetzt zwei Elektronen mehr als Protonen, also einen zweifachen negativen Ladungsüberschuss (blau = negative Ladung). Das C-Atom hat jetzt vier Elektronen weniger als Protonen, hat also umgekehrt einen vierfachen positiven Ladungsüberschuss (rot = positive Ladung). Abb. 1 Polarisierung im CO2-Molekül Bei der Verbrennung von Holz, Heizöl, Benzin etc. werden Kohlenstoffatome (C) mit Sauerstoffatomen (O) zu CO2-Molekülen verbunden. Dabei verlieren die C-Atome Elektronen an die O-Atome. So ergibt sich in den entstehenden CO2-Molekülen eine elektrische Polarisierung (obwohl sie insgesamt je gleich viele negative wie positive Ladungseinheiten enthalten): Die beiden Enden sind negativ, das Mittelteil ist positiv geladen. 44 die neue schulpraxis 12 | 2011
a -2 -2 Flächenladung Überall wirken daher gleich starke Die Feldlinien sind parallel; d. h. die Abstossungskräfte auf positive Ladungen wie Feldstärke bleibt überall gleich, auch mit Anziehungskräfte auf negative Ladungen wachsender Distanz b -2 -2 Punktladung Weil die Kraftwirkung mit wachsender Die Feldlinien gehen auseinander; Distanz rasch abnimmt, ist die das bedeutet rasche «Verdünnung» bzw. Anziehungskraft auf das (nähere) O-Atom Abschwächung des elektrischen Feldes sehr viel grösser als die Abstossungskraft mit wachsender Distanz. auf das (entferntere) C-Atom Abb. 2 Warum ein aufprallendes CO2-Molekül an einer Flächenladung nicht haften kann (Abb. 2a), wohl aber an einer positiven Punktladung (Abb. 2b). Aminogruppen müssen also von Zeit zu und der nachfolgenden Wiederablösung präpariertes Materialstück saugt während Zeit «gereinigt», d. h. die daran hängenge- durch Erhitzung (Abb.4c–4d). der Phase des chemischen Bindens (Abb. bliebenen CO2-Moleküle entfernt werden. Um in der ersten Phase möglichst vie- 4a–4b) CO2-Moleküle aus einem grossen Dies kann durch Erwärmung geschehen. le CO2-Moleküle aus der Luft binden zu Bereich der Umgebungsluft ein, und in der Mit steigender Temperatur verstärken können, braucht es eine grosse Oberfläche, Wiederablösungsphase sammeln sich diese sich nämlich die Wärmeschwingungen al- auf welcher sich möglichst viele Amino- Moleküle dann in den winzigen Poren als ler Atome des Materials, sodass die daran gruppen («Teppich») platzieren lassen. reines CO2-Gas (Abb. 4c4d), aus denen sie hängenden CO2-Moleküle «abgeschüttelt» Um sodann in der zweiten Phase ein mög- dann mit geeigneten Methoden entnommen werden. Allerdings: Wohin sollen sie abge- lichst reines CO2-Gas zu erhalten, braucht werden. schüttelt werden? Sie sollen ja nicht ein- es möglichst viele und kleine «Sammel- fach wieder in die Luft entweichen! Ihre räume» für die durch Erwärmung wieder Die entscheidende Erfindung: Freisetzung darf daher nur in «Sammel- freigesetzten CO2-Moleküle. Diese beiden Ein spezielles poröses Material räume» hinein erfolgen, wo sie sich nicht Anforderungen lassen sich beide erfüllen, Am ETH-Lehrstuhl für Erneuerbare wieder mit Luft mischen, sondern sich zu wenn das Binden und Wiederablösen der Energieträger haben die beiden Maschinen- einem reinen CO2-Gas ansammeln können. CO2-Moleküle im Innern eines geeigneten ingenieur-Doktoranden Christoph Gebald In dieser Form kann das CO2 schliesslich porösen Materials erfolgt. Die Innenwände und Jan Wurzbacher zusammen mit Profes- abgesaugt und gespeichert werden. Den der vielen winzigen Poren addieren sich zu sor Aldo Steinfeld (vgl. Abb. 5) ein poröses gesamten Vorgang des «Einfangens» der einer inneren Gesamtoberfläche, die viele Material dieser Art entwickelt, welches eine CO2-Moleküle aus der Luft und ihrer Kon- Quadratmeter pro Gramm erreichen kann. der höchsten bisher bekannten CO2-Kapazi- zentration zu möglichst reinem CO2-Gas Und es gibt bewährte chemische Verfahren, täten (Menge CO2, die von einer bestimm- stellt Abb. 4 schematisch dar, mit den bei- um diese innere Oberfläche gewissermassen ten Materialmenge gebunden werden kann) den Phasen der Ablagerung (Abb. 4a–4b) mit Aminogruppen «auszukleiden». Ein so aufweist (vgl. Abb. 6). Die innere Oberfläche die neue schulpraxis 12 | 2011 45
Abb. 3 Bindung (Absorption) von aufprallenden CO2-Molekülen an Aminogruppen (NH2), die ihrerseits chemisch an einem Trägermaterial veran- kert sind. Die Anziehung zwischen einem negativen O-Atom des CO2 und einem positiven H-Atom der Aminogruppe ist wegen des kürzesten Abstandes die entscheidende elektrische Kraftwirkung (rot = positiv, blau = negativ). liegt in der Grössenordnung von 10 m2 pro Phase 1 gebundenen CO2-Moleküle in der Phase 1 dauert ungefähr 2 Stunden, Phase Gramm und der Durchmesser seiner Po- anschliessenden Phase 2 bereits bei relativ 2 ungefähr 1 Stunde. Ein weiterer Vorzug ren liegt bei einigen Tausendstelmillimeter. niedrigen Temperaturen, nämlich schon dieses speziellen Materials ist, dass es zum Die Innenwände dieser winzigen Poren sind unter 100 Grad, wieder abschütteln lassen. grossen Teil aus erneuerbarem Rohmaterial dicht an dicht mit Aminogruppen besetzt, Wegen der niedrigen Temperatur ist dies hergestellt werden kann. Insgesamt erschien die sich an diesem Material besonders gut energiesparend mit Sonnenwärme möglich. es der ETH so vielversprechend, dass sie es verankern lassen. Eine wichtige Besonder- Dabei sammelt sich in den Poren fast reines patentieren liess. heit des Materials ist auch, dass sich die in CO2-Gas, das dann abgesaugt werden kann. Auf der Innenseite des kleinen Hohlraumes bleiben fortlaufend CO2-Mole- küle an den winzigen «Fangarmen» haften (vgl. Abb. 3). Weil so die CO2- Konzentration in der Innenluft sinkt, rücken automatisch CO2-Moleküle aus der Aussenluft nach, die dann im Inneren ihrerseits hängen bleiben usw. So hängen schliesslich sehr viele CO2-Moleküle im kleinen Hohlraum fest, viel mehr als die Innenluft ursprünglich enthielt. Der Ablagerungsprozess im Inneren hat fortlaufend CO2-Moleküle aus der Aussenluft nachgesaugt. Alle diese CO2-Moleküle werden nun durch Erwärmung des Materials von den Fangarmen «abgeschüttelt». So wird der Innenraum jetzt von fast reinem CO2-Gas erfüllt. Das CO2-Gas wird abgesaugt und kann dann für verschiedene Zwecke ge- braucht werden. Abb. 4 Das «Einsammeln» des CO2 in den zwei Phasen «Binden» (a–b) und «Wiederablösen» (c–d). 46 die neue schulpraxis 12 | 2011
Die Spinoff-Firma «Climeworks» übernimmt Im November 2009 haben die beiden Doktoranden eine eigene Firma, «Clime- works GmbH», gegründet. Sie haben die Nutzungsrechte an dem patentierten Ma- terial erworben und wollen diese Technik nun zur Marktreife entwickeln. Der erste Schritt aus dem Labor hinaus ist für 2012 geplant, nämlich eine zwei Meter hohe und zwei Meter breite Apparatur, die pro Jahr ca. 20 Tonnen CO2 aus der Luft «herausholt». Das ist immerhin etwa tausendmal so viel wie eine 30 Meter hohe Fichte in der glei- chen Zeit der Luft entzieht. Diese Apparatur soll in einer Gewächshausanlage im Kanton Zürich laufen, wo das gewonnene CO2-Gas gleich zur Förderung des Pflanzenwachs- tums verwendet werden kann (sonst würde im Gewächshaus extra Erdgas verbrannt, um für diesen Zweck CO2 zu gewinnen!). Vier Jahre später will Climeworks grosse Apparaturen anbieten können. Die sollen dann entsprechend grosse Mengen CO2 aus Abb. 5 Die Erfinder im Labor: Von links nach rechts die ETH-Doktoranden Jan Wurzbacher der Luft filtern, welche gewinnbringend an und Christoph Gebald sowie ETH-Professor Aldo Steinfeld (Foto Tom Kawara; mit freundlicher die Industrie verkauft werden können (die Genehmigung übernommen aus «ETH Globe» vom 17.9.2010). Die ETH hat das neue CO2- Getränkeindustrie braucht CO2 sowohl als absorbierende Material patentiert, die von den beiden Doktoranden gegründete Spinoff-Firma Getränkezusatz als auch als Kältemittel, z. B. «Climeworks» besitzt eine Lizenz zur kommerziellen Verwertung. in Getränkeautomaten; Handfeuerlöscher arbeiten mit CO2 als Löschmittel; CO2 wird als Schutzgas beim Schweissen verwendet; die chemische Industrie nutzt CO2 als Roh- material für chemische Synthesen). Da die Apparatur mit Sonnenwärme funktioniert, wird auch in Aussicht genommen, sie in besonders sonnenreichen Gebieten einzu- setzen, z. B. in der Wüste. Dort wäre dann auch eine sinnvolle Kombination mit einem anderen Projekt von Prof. Steinfeld denkbar, nämlich mit der ebenfalls solar betriebenen Herstellung von synthetischen Treibstoffen aus CO2 und Wasser. Eine begeisternde Vi- sion! Diese Perspektiven und der Business- plan von Climeworks haben bereits einige Geldgeber überzeugt. Sie brachten ein Preis- geld von 130 000 Franken von Seiten der Förderinstitution «Venture Kick» ein, und auch eine finanzielle Unterstützung von Sei- ten der Gebert-Rüf-Stiftung hilft der jungen Firma, die Durststrecke bis zu den ersten Verkaufserfolgen durchzustehen. Die Autoren danken der Abb. 6 Elektronenmikroskopischer Einblick in das an der ETH erfundene poröse Material, das Gebert Rüf Stiftung für die finanzielle Climeworks GmbH zum «Herausfiltern» von CO2 verwendet. Die Durchmesser der abgebildeten und der Firma Climeworks für die Hohlräume liegen in der Grössenordnung von einigen Mikrometern (Tausendstelmillimetern). fachliche Unterstützung. (Quelle: Climeworks GmbH) die neue schulpraxis 12 | 2011 47
Arbeitsblatt Problemstellung Warum bleiben von allen Luftmolekülen, die bei ihrem Herumfliegen auf eine Aminogruppe treffen, nur die CO2- und die H2O-Moleküle dort hängen, nicht aber die viel häufigeren N2- und O2-Moleküle, aus denen die Luft grösstenteils besteht? Hinweise zur Lösung Die Kraft, mit welcher Atome Elektronen anziehen, ist von Atomsorte zu Atomsorte verschieden. Diese Anziehungskraft ist beim Sauerstoffatom (O) am grössten und nimmt über das Stickstoffatom (N) und das Kohlenstoffatom (C) bis zum Wasserstoffatom (H) ab. Dies hat zur Folge, dass die daraus gebildeten Mole- küle je nach Zusammensetzung elektrisch unterschiedlich sind. Aufgabe 1 In welchen der unten dargestellten vier Luftmolekülen gibt es aufgrund dieser Stärkeunterschiede Atome mit zu vielen und Atome mit zu wenig Elektronen? Bezeichnen Sie die entsprechenden Atome mit Plus- oder Minuszeichen. Sauerstoffmolekül (O2) Stickstoffmolekül (N2) Kohlendioxidmolekül (CO2) Wassermolekül (H2O) Aufgabe 2 Formulieren Sie in klaren Sätzen, warum Kohlendioxid- und Wassermoleküle an der Aminogruppe haften bleiben, Stickstoff- und Sauerstoffmoleküle jedoch nicht. 48 die neue schulpraxis 12 | 2011
Lösungen Zu Aufgabe 1 Die positiv polarisierten Atome (positiver Ladungsüberschuss wegen «verlorener» Elektronen) sind in der Zeichnung rot, die negativ polarisierten (negativer Ladungsüberschuss wegen «hinzugenommener» Elektronen) blau gekennzeichnet: Zu Aufgabe 2 Treffen die nichtpolarisierten O2- und die N2-Moleküle auf die Aminogruppen, so bleiben sie nicht daran haften, weil sie keinerlei Ansatzpunkte für eine elektrische Anziehung von aussen bieten. Die polarisierten CO2- und H2O-Moleküle hingegen können an den elektrisch polarisierten Aminogruppen haften bleiben. die neue schulpraxis 12 | 2011 49
Sie können auch lesen