Die Istanbul-Konvention und Queere Geflüchtete Frauen
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Policy Report 65: June 2021 Die Istanbul-Konvention und Queere Geflüchtete Frauen Dr Mengia Tschalaer (University of Bristol) Über den Kontext Die Istanbul-Konvention im Asylkontext Lesbische, bisexuelle, trans, queere und intergeschlechtliche • Die Istanbul-Konvention (IK) aus dem (LBTQI) Migrantinnen, Asylsuchende und Flüchtende sind Jahr 2011 gilt weithin als weitreichendstes besonders anfällig für sexualisierte und physische Gewalt rechtverbindliches Menschenrechtsinstrument, – auf ihrem Weg nach Europa, während des Asylverfahrens um geschlechterbasierte und häusliche und nachdem ihnen der Flüchtlings- oder humanitäre Gewalt zu verhindern und zu bekämpfen. Sie Status in der Europäischen Union zuerkannt wurde. Dabei verpflichtet die Unterzeichnerstaaten zum handelt es sich unter anderem um Vergewaltigung und Handeln und dafür zu sorgen, dass Asylgründe sexualisierte Gewalt in Flüchtlingslagern, Auffanglagern aus der Flüchtlingskonvention von 1951 und beim Transit, um sogenannte „Ehrenverbrechen“, geschlechtersensibel ausgelegt werden. Ausbeutung als Sexarbeiter*innen durch Menschenhändler und Einschüchterung durch Behördenmitarbeiter*innen und • Artikel 60 der IK legt fest, dass 1) die Gesellschaft insgesamt. geschlechterbasierte Gewalt gegen Frauen als eine Form der Verfolgung und als eine Form schwerer Die im vorliegenden Bericht dargestellten zentralen Verletzung anerkannt wird und erfordert, dass Erkenntnisse und Empfehlungen an die EU-Mitgliedsstaaten 2) sämtliche in der Konvention aufgeführten fassen die Gespräche der Online-Konferenz „The Recognition Asylgründe geschlechtersensibel auszulegen of Violence Against Lesbian, Bisexual, Inter and Trans People sind. Zudem schreibt die Istanbul-Konvention 3) within the Common European Asylum System” zusammen, vor, geschlechtersensible Aufnahmeverfahren die am 13. November 2020 vom Queer European Asylum und Leitlinien zu gewährleisten sowie Network organisiert wurde. Bestandteil der Konferenz war geschlechtersensible Verfahren zur Bestimmung eine Diskussion zwischen dem Europarat, dem Europäischen des Flüchtlingsstatus bereitzustellen. Parlament, ILGA-Europe, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJF), Transgender • Artikel 61 der IK verlangt von den Vertragsparteien, Europe (TGEU) und der NGO LeTRa aus München, über den das Völkerrechtsprinzip der Nichtzurückweisung Anwendungsbereich der Istanbul-Konvention zum Schutz zu achten und sicherzustellen, dass Opfer lesbischer und bisexueller Frauen sowie intergeschlechtlicher geschlechterbasierter Gewalt nicht in ein Land und trans Frauen vor geschlechterbasierter und sexualisierter zurückgewiesen werden, in dem ihr Leben in Gewalt im Asylkontext. Gefahr ist. Der vorliegende Bericht ruft alle EU-Mitgliedsstaaten, die die Istanbul-Konvention ratifiziert bzw. unterzeichnet haben (und auch die EU-Staaten, die sie noch nicht ratifiziert haben), dazu auf, lesbische, bisexuelle, queere, intergeschlechtliche und trans Frauen gemäß der Istanbul-Konvention als Frauen und als besonders gefährdete Gruppe vor geschlechterbasierter Gewalt zu schützen. Zudem werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, schwule, bisexuelle, queere, intergeschlechtliche und trans Personen, die sich als männlich identifizieren, als Gruppe anzuerkennen, die ein hohes Maß an Ausgrenzung und Diskriminierung in der Asylpolitik und -praxis erfährt. Der Bericht ruft auch die Kommunalverwaltungen auf, die Istanbul-Konvention einzuhalten, wenn sie mit asylsuchenden LBTQI-Frauen zu tun haben. PolicyBristol – influencing policy through world-class research
Zentrale Erkenntnisse somit keinen Schutz im Sinne der IK. Nicht in der Lage zu sein, das erfahrene Leid oder die eigene Es fehlt an geschlechtersensiblen Aufnahme- und Sexualität offenzulegen - oder diese zu spät Asylverfahren: offenzulegen – wird von Entscheidungsträger*innen und Behördenmitarbeiter*innen häufig als Beweis • Die Gewalt, die asylsuchende lesbische, für mangelnde Glaubwürdigkeit ausgelegt. bisexuelle, queere, intergeschlechtliche und Zudem neigen Entscheidungsträger*innen und trans Frauen erfahren haben, bleibt während des Behördenmitarbeiter*innen dazu zu übersehen, dass Asylverfahrens oftmals im Verborgenen und wird lesbische, bisexuelle, queere, intergeschlechtliche im Aufnahmeverfahren selten erfasst. Es gibt eine und trans Frauen zögern, über Gewalt zu berichten, Tendenz bei Entscheidungsträger*innen und die sie aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung bzw. Behördenmitarbeiter*innen, innerfamiliäre und Geschlechtsidentität in ihrem Herkunftsland erlebt gemeinschaftliche Gewalt wie Vergewaltigung in der haben, aus Angst vor staatlicher Verfolgung bzw. Familie, Züchtigung und Selbstjustiz, welche lesbische, Polizeigewalt. Das Fehlen von „harten“ Beweisen (z.B. bisexuelle, intergeschlechtliche und trans Frauen erlebt Polizeiberichten oder Unterlagen über die Freilassung haben, nicht als Asylgrund anzuerkennen. Die Tatsache, gegen Kaution) in Kombination mit der Tatsache, dass dass sexuelle Ausrichtung bzw. Geschlechtsidentität Asylverfahren nicht geschlechtersensibel ausgelegt sind, die Gewalt gegen LBQTI-Frauen innerhalb von Familien, führt dazu, dass Gewalterfahrungen im Asylverfahren Gemeinschaften und staatlichen Kontexten in ihrem oft unsichtbar bleiben. Dies kann letztlich zu einer Herkunftsland, beim Transit und im Aufnahmestaat Abschiebung in Länder führen, in denen ihr Leben noch verschärft, bleibt oft unberücksichtigt. Das in Gefahr ist. Und schließlich sind beschleunigte Erfordernis der Beweislast erschwert die Verifizierung von Asylverfahren gemäß dem Neuen EU-Pakt über Migration geschlechterbasierter und sexualisierter Gewalt aufgrund und Asyl oftmals zu schnell für lesbische, bisexuelle, des Fehlens „harter“ Beweise. Gleichzeitig legen einige queere, intergeschlechtliche und trans Frauen, um ihre Richter*innen den Tatbestand der geschlechterbasierten Fälle offenzulegen oder zu dokumentieren. Verfolgung sehr restriktiv aus. Zudem schüren Traumata, Scham, stigmatische Ausgrenzung und Viktimisierung • Das zeigt, dass Artikel 61 der IK über das (d.h. Stereotypisierung, Rassismus, Sexismus, Zurückweisungsverbot sowie Artikel 4.3 über das Homo-/Transphobie usw.) Angst und schaffen im Diskriminierungsverbot von den Vertragsparteien nicht Asylverfahren Hürden für lesbische, bisexuelle, queere, konsequent umgesetzt und überwacht werden. intergeschlechtliche und trans Frauen, wenn es darum geht, die am eigenen Leib erlebte geschlechterbasierte Es mangelt an einem Verständnis für die Intersektionalität und sexualisierte Gewalt während des Asylverfahrens verschiedener Vulnerabilitäten: offenzulegen. • In der Theorie erfasst die Istanbul-Konvention die • Das zeigt, dass Artikel 60 der IK über die Anerkennung Intersektionalität der Erfahrungen sowohl von Frauen von geschlechterbasierter Gewalt als Grund für mit Migrations- und Fluchthintergrund als auch von Flüchtlingsschutz und die geschlechtersensiblen lesbischen, queeren, bisexuellen, intergeschlechtlichen Auslegungs- und Unterstützungsverfahren sowie und trans Frauen und bietet einen umfassenderen Artikel 4.3 über das Diskriminierungsverbot von den Schutz ihrer Rechte. In der Praxis gibt es allerdings in Vertragsparteien nicht konsequent umgesetzt und der IK keinen robusten Intersektionalitätsansatz im überwacht werden. queeren Asylkontext. Frauen werden tendenziell als eine homogene Gruppe betrachtet, LSBTIQ-Personen Der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung findet bei als eine weitere homogene Gruppe. Lesbische, queere, Asylverfahren von queeren Frauen selten Anwendung: bisexuelle, intergeschlechtliche und trans Frauen werden jedoch häufig Opfer geschlechterbasierter • Eine Folge des Versäumnisses, ein geschlechter- und und sexualisierter Gewalt wie Vergewaltigung, sexualitätssensibles Asylverfahren bereitzustellen, ist Züchtigung und häuslicher Gewalt, da sie als weiblich die Gefahr der Zurückweisung, da sich als lesbische, wahrgenommen werden oder sich als weiblich bisexuelle, queere, intergeschlechtliche und trans präsentieren. Zudem erleben sie Gewalt aufgrund Frauen, welche Asyl suchen, oft außerstande sehen, ihrer sexuellen Ausrichtung bzw. Geschlechtsidentität. ihre Geschichten zu erzählen. Sie werden tendenziell Dazu zählen korrektive Vergewaltigung, Zwangsehen nicht als Überlebende geschlechterbasierter und sowie erzwungene Heterosexualität; auch werden sexualisierter Gewalt anerkannt und bekommen sie häufig Opfer von Menschenhändlern. Das PolicyBristol – influencing policy through world-class research
Unvermögen von Entscheidungsträger*innen und Behördenmitarbeiter*innen, die Intersektionalität Anwendbarkeit der Istanbul-Konvention auf LBTIQ- verschiedener Vulnerabilitäten zu verstehen, setzt Frauen im Asylkontext lesbische, bisexuelle, queere, intergeschlechtliche und trans Frauen einem hohen Maß an Vorurteilen und • Die IK erwähnt lesbische, bisexuelle, queere, Diskriminierung aus. Außerdem sind sie während des intergeschlechtliche und trans Frauen nicht Asylverfahrens anfällig für unterschiedliche Formen ausdrücklich, sondern referenziert ein binäres von Diskriminierung – so bekommen sie unter anderem Geschlechterverständnis. In Artikel 4.3 werden keinen Zugang zu Schutzunterkünften oder Leistungen jedoch Sex, Geschlecht, sexuelle Orientierung für Opfer geschlechterbasierter und häuslicher Gewalt. und Geschlechtsidentität explizit als unzulässige Gründe für Diskriminierung genannt. • Das zeigt, dass Artikel 4.3 über das Diskriminierungsverbot von den Vertragsparteien nicht • Die IK verfügt, dass alle Parteien den Schutz und konsequent umgesetzt und überwacht wird. die Unterstützung auf trans und homosexuelle Frauen, die Opfer geschlechterbasierter Es gibt gesetzliche Ungereimtheiten bei der Durchsetzung Gewalt geworden sind, ausweiten, so dass alle und Vollstreckung der Istanbul-Konvention und der Frauen, einschließlich lesbischer, bisexueller, Neufassung der EU-Richtlinie (2011): intergeschlechtlicher und trans Frauen, Zugang zu Hilfsleistungen bekommen und ihr Recht auf ein • Trotz der Tatsache, dass die IK einen überaus robusten gewaltfreies Leben ausüben können. Rechtsrahmen darstellt, der den Begriff ‚Geschlecht‘ sehr weit fasst – einschließlich sexueller Orientierung • Artikel 4, Satz 53 des Erläuternden Berichts zur IK und Geschlechteridentität– führt das Fehlen eines räumt ein, dass „schwule, lesbische und bisexuelle intersektionalen Ansatzes dazu, dass der Schutz von Opfer häuslicher Gewalt häufig aufgrund ihrer lesbischen, bisexuellen, queeren, intergeschlechtlichen sexuellen Ausrichtung von Hilfsleistungen und trans Frauen entweder geschlechtsspezifisch ausgeschlossen werden.“ ausgelegt wird (IK) oder dass sie einer bestimmten sozialen Gruppe zugewiesen werden (Neufassung • Artikel 4, Satz 53 des Erläuternden Berichts zur der Richtlinie 2011/95/EU). Dadurch, dass es zwischen IK weist zudem darauf hin, dass “[…] bestimmte der IK und der Neufassung der EU-Richtlinie (2011) Personengruppen auch aufgrund ihrer Durchsetzungs- und Vollstreckungslücken gibt, verliert Geschlechtsidentität Opfer von Diskriminierung man die Bedürfnisse derjenigen, die an den Grenzen werden können, wenn sie sich, einfach gesagt, mit ankommen und internationalen Schutz beanspruchen, einem Geschlecht identifizieren, welches nicht aus den Augen. Darüber hinaus spricht die LSBTIQ- ihrem bei der Geburt zugewiesenem Geschlecht Strategie der EU konkret von internationalem Schutz von entspricht. Hierzu zählen Kategorien von Personen LSBTIQ-Personen, erwähnt jedoch nicht die IK, weil deren wie Transsexuelle, Transvestiten und sonstige Ratifizierung derzeit ein politisch umstrittenes Thema Personengruppen, die nicht dem entsprechen, innerhalb der EU darstellt. was die Gesellschaft als den Kategorien “männlich” oder “weiblich” zugehörig anerkennt.“ • Das zeigt, dass der Grundsatz des Zurückweisungsverbots in Artikel 4.3. sowie • Artikel 2, Satz 2 des Erläuternden Berichts zur Artikel 60 und 61 der Istanbul-Konvention von den Konvention ermutigt die Parteien, die Konvention Vertragsparteien nicht konsequent umgesetzt und auch auf Männer und Kinder anzuwenden. Die überwacht wird. Istanbul-Konvention ist jedoch in Bezug auf männliche Opfer von Gewalt – minderjährig oder erwachsen – nicht rechtsverbindlich, es sei denn ein Staat entscheidet sich dafür, den Schutz auf diese Gruppe auszuweiten. Hierzu zählen schwule und bisexuelle Männer. Die Istanbul-Konvention bleibt unkonkret in Bezug auf den Schutz von trans Männern. • Weder die Istanbul-Konvention noch der Erläuternde Bericht erwähnen direkt den Schutz von intergeschlechtlichen Personen. PolicyBristol – influencing policy through world-class research
Empfehlungen Lesbische, bisexuelle, queere, intergeschlechtliche und trans Frauen dürfen nicht in Gebiete zurückgeschickt Geschlechter- und sexualitätssensible Auslegung von Gewalt werden, in denen sie Gewalt befürchten müssen in LBTQI-Asylverfahren: – oder in denen ihnen Gewalt angedroht wird – von der Familie, Gemeinschaft und vom Staat. Die Vertragsparteien müssen sicherstellen, dass Gesetzgebung, Entscheidungsträger*innen und Entscheidungsträger*innen und Behördenmitarbeiter*innen Behördenmitarbeiter*innen müssen die Vorschriften die IK diskriminierungsfrei und inklusiv anwenden und der Istanbul-Konvention befolgen und sicherstellen, alle LSBTQI-Asylanträge auf geschlechterbasierte und dass LBTQI-Frauen, die Opfer von geschlechterbasierter sexualisierte Gewalt überprüfen, ganz besonders jedoch und sexualisierter Gewalt geworden sind, Beratung bei lesbischen, queeren, bisexuellen, intergeschlechtlichen bekommen, um ihre Gewalterfahrungen offenzulegen und trans Frauen. Angst und Hindernisse bei der Preisgabe und die Gefahr der Zurückweisung zu minimieren. ihrer sexuellen Ausrichtung bzw. Geschlechtsidentität Beschleunigte Asylverfahren dürfen generell nicht sowie bei der Offenlegung der vor Ort erlebten Gewalt auf Frauen und LBTQI-Frauen, welche Asyl suchen, müssen minimiert werden. Zu diesem Zweck müssen angewendet werden. Die Staaten müssen sicherstellen, Entscheidungsträger*innen, Behördenmitarbeiter*innen dass der Gesetzgeber in der Praxis (nicht in der Theorie!) und Dolmetscher*innen in Bezug auf eingefahrene ausreichenden und wirksamen Schutz bereitstellt, um Stereotypen und Vorstellungen über Homosexualität, einschätzen zu können, ob die in den Aufnahmeländern Geschlechtsidentität, Verfolgung und Coming-Out geschult angebotenen Schutzstandards, die in der IK dargelegt werden. Nationale und Kommunalregierungen müssen sind, als Richtschnur genutzt werden können, um lesbischen, queeren, bisexuellen, intergeschlechtlichen und festzustellen, ob die im Herkunftsland existierenden trans Frauen – und LSBTIQ-Personen insgesamt – folgende Schutzmaßnahmen wirksam sind oder nicht. Dinge bereitstellen: Informationen über die rechtlichen Schutzregelungen, die für das Asylverfahren von Bedeutung Es mangelt an einem Verständnis für die Intersektionalität sind; die Möglichkeit, Einzelinterviews zu führen, wenn verschiedener Vulnerabilitäten: sie in Gruppen ankommen; und die Möglichkeit, eigene Schutzansprüche aus geschlechterspezifischen Gründen • Die Staaten müssen sicherstellen, dass Gesetzgebung vorzubringen. Zudem müssen Geschlechterleitlinien und Entscheidungsträger*innen die Vorschriften der ausgearbeitet und Grundlagenschulungen für IK umsetzen. Dabei sind die komplexen Schnittstellen Entscheidungsträger*innen angeboten werden. von ethnischer Herkunft, Sexualität, Geschlecht, Richter*innen und Entscheidungsträger*innen in den sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität EU-Mitgliedsstaaten müssen verpflichtet werden, zu berücksichtigen. Die Vertragsparteien müssen die bestehenden nationalen und internationalen gewährleisten, dass sie LBTQI-Frauen unterstützen Rechtsvorschriften hinsichtlich geschlechterbasierter und die Komplexitäten deren Diskriminierung Verfolgung in der EU inklusiv auszulegen und anzuwenden, anerkennen. Zudem muss mit Hilfe von Schulungen um sicherzustellen, dass lesbische, bisexuelle, und Geschlechterrichtlinien institutioneller und queere, intergeschlechtliche und trans Frauen, die systematischer Rassismus anerkannt werden, der geschlechterbasierte und sexualisierte Gewalt erlebt haben, es LBTQI-Frauen „of Color“ verwehrt, während ihres Anspruch auf Asyl haben. Geschlechtersensible Richtlinien Asylverfahrens glaubwürdig aufzutreten. Ferner muss müssen Themen wie Aufnahme, Unterbringung und der Staat Politiker*innen und Behörden mit Hilfe von Asylverfahren beinhalten – einschließlich einer inklusiven Schatten- und Kontrollberichten zur Rechenschaft Definition von geschlechterbasierter Verfolgung. ziehen, um Diskriminierung und Gewalt gegen lesbische, bisexuelle, intergeschlechtliche und trans Frauen Das Verbot der Zurückweisung findet in den Asylverfahren institutionell und systematisch anzugehen. von queeren Frauen nicht ausreichend Anwendung: Es gibt gesetzliche Ungereimtheiten bei der Durchsetzung • Alle Vertragsparteien müssen sicherstellen, dass sie jene und Vollstreckung der Istanbul-Konvention und der in der IK enthaltenen Vorschriften berücksichtigen, die Neufassung der EU-Richtlinie (2011): das Ziel haben, Frauen und Frauen mit multisektionalen Schwierigkeiten und Diskriminierungserfahrungen zu • Die Vertragsparteien und die EU müssen die Istanbul- befähigen, ihre Geschichten in einer Art und Weise zu Konvention ratifizieren und in Asylverfahren lesbischer, erzählen, dass sie gehört und verstanden werden. Das bisexueller, intergeschlechtlicher und trans Frauen ist notwendig, um ihre Erfahrungen gerecht zu eruieren die Diskriminierungsverbotsvorschriften im Bereich und die Gefahr der Zurückweisung zu minimieren. Migration und Asyl als rechtlichen Schutzrahmen in PolicyBristol – influencing policy through world-class research
Policy Report 65: June 2021 Verbindung mit der Neufassung der Richtlinie 2011/95/ dieses Thema schaffen. In allen Mitgliedsstaaten müssen EU nutzen. Es bedarf einer Ausweitung der IK auf die Politiker*innen und Zivilgesellschaft alles in ihrer Macht Politikfelder Asyl und Integration – beispielsweise im Stehende tun, um Unwahrheiten hinsichtlich Migration, bevorstehenden Neuen Pakt über Migration und Asyl. Geschlecht und Sexualität entgegenzuwirken und gute Insofern sollte die neue LSBTIQ-Gleichstellungsstrategie Praxisbeispiele zu schaffen und zu verbreiten. der EU die Vorschriften der Istanbul-Konvention aufgreifen. Alle Vertragsparteien müssen darauf hinwirken, den Kampf gegen geschlechterbasierte Gewalt in die EU-Gesetzgebung zu integrieren – in Form einer Lesbische Frauen erfahren oft eine Doppeld- Richtlinie gegen geschlechterbasierte Gewalt auf EU- Ebene, die Aspekte von Migration und Asyl hinsichtlich iskriminierung weil sie Frauen und lesbisch sind. der sexuellen Ausrichtung, Geschlechtsidentität und Lesbische Frauen die zum Beispiel in Uganda Geschlechtsmerkmale beinhaltet. Letzteres impliziert, intergeschlechtliche Personen und trans Männer in den inhaftiert waren, wurden zum Teil von zehn IK-Rahmen mit einzubeziehen. Außerdem müssen die Männern am Tag vergewaltigt, mit dieser Ansage Mitgliedsstaaten, die die IK bereits ratifiziert haben, von: “Wenn du nur oft genug von einem Mann eine öffentliche Debatte über die GREVIO-Berichte in Bezug auf Asylfälle von lesbischen, bisexuellen, vergewaltigt wirst” dann wirst du irgendwann intergeschlechtlichen und trans Frauen anstoßen. In den wieder heterosexuell.” Mitgliedsstaaten, in denen die IK noch nicht ratifiziert wurde, sollten Behördenmitarbeiter*innen und NROs LeTRa, München ebenfalls ihre Vorschriften umsetzen und Bewusstsein für Weitere Informationen Grundlage für den vorliegenden Bericht sind Gespräche, die auf der Online-Konferenz “The Recognition of Violence Against Lesbian, Bisexual, Inter and Trans People within the Common European Asylum System” geführt wurden und an der folgende Personen teilgenommen haben: Louise Hooper (Europaratsexpertin), Terry Reintke (Europäisches Parlament), Akram Kubanychbekov (ILGA-Europe), Dr. Anna Mrozek (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJF), Jorge Maria Londoño (Transgender Europe (TGEU)) und Julia Serdarov (LeTRa). Mit Beiträgen von: Magdalena Müssig (Bundesstiftung Magnus Hirschfeld), Danijel Cubelic (European Coalition of Cities Against Racism) und Dr. Marie-Luise Löffler (Amt für Chancengleichheit Heidelberg) Die im vorliegenden Bericht dargestellten Meinungen spiegeln ausschließlich die Sichtweisen der Autorin wider. Weitere Informationen über “The Recognition of Violence Against Lesbian, Bisexual, Inter and Trans People within the Common European Asylum System” und das Queer European Asylum Network, unter deren Schirmherrschaft diese Veranstaltung organisiert wurde, finden Sie unter: www.queereuropeanasylum.org Kontakt Dr. Mengia Tschalaer, Assistant Professor am John Jay College an der City University of New York, Honorary Research Fellow an der University of Bristol und Koordinatorin beim Queer European Asylum Network: mengia.tschalaer@ bristol.ac.uk Übersetzung aus dem Englischen: Bettina von Arps-Aubert policy-bris@bristol.ac.uk | bristol.ac.uk/policybristol | @policybristol
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