Fundstelle Verfahrensgang - VG Köln, Beschluss vom 19.05.2021 - 13 L 330/21 - openJur
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VG Köln, Beschluss vom 19.05.2021 - 13 L 330/21 Fundstelle openJur 2021, 27004 Rkr: AmtlSlg: nachfolgend: Az. 9 B Verfahrensgang 1002/21 Tenor 1 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2 Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3 2. Der Streitwert wird auf 5.025,00 EUR festgesetzt. Gründe 4 Der nach § 123 Abs. 5 VwGO, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bzw. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 3 VwGO i. V. m. § 112 JustG NRW statthafte, sinngemäße Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, 5 die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin (13 K 940/21) gegen Ziffer 1 des Bescheides des Antragsgegners vom 17. Februar 2021 wiederherzustellen und hinsichtlich Ziffer 3 bzw. der Gebührenfestsetzung anzuordnen, 6 hat keinen Erfolg. 7 Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Falle des §80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Gemessen daran bleibt der Antrag erfolglos. 8 Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere hat der Antragsgegner die Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO beachtet. Die auf den konkreten Einzelfall der Antragstellerin bezogene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt noch den sich daraus ergebenden Anforderungen. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO soll der anordnenden Behörde den Ausnahmefall des Entfallens der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Augen führen (Warnfunktion) und dem Betroffenen eine Einschätzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten ermöglichen (Individualisierungsfunktion). Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen bzw. "richtig" sind, 9 vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. August 2018 - 8 B 548/18 -, juris Rn. 3 ff.; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 80 Rn. 84. Der Antragsgegner hat zunächst einzelfallbezogen dargelegt, dass ein Klageverfahren Jahre dauern und damit der
10 Der Antragsgegner hat zunächst einzelfallbezogen dargelegt, dass ein Klageverfahren Jahre dauern und damit der rechtswidrige Zustand andauern könnte. Dies genügt nicht den Anforderungen, weil das eine normale Folge der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ist. Darüber hinaus hat der Antragsgegner aber auch auf die schnelle Beseitigung der bestehenden Gefahr in Abwägung mit den privaten Interessen der Antragstellerin abgehoben. Weiter wurde auf die Schutzfunktionen der einschlägigen Normen betreffend die menschliche Gesundheit abgestellt. Damit ist der Forderung, die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben, auch mit Blick darauf, dass die hier zur Begründung des Verwaltungsakts angestellten Erwägungen zugleich für die Dringlichkeit der Vollziehung sprechen, Rechnung getragen. Denn bei lebensmittelrechtlichen Anordnungen im Interesse des Verbraucherschutzes fällt das besondere öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug (Vollzugsinteresse) regelmäßig mit dem Erlassinteresse zusammen. Mit dieser individualisierenden und über das normale Vollzugsinteresse hinausgehenden Begründung hat der Antragsgegner den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. 11 Die im Rahmen der Entscheidung des Gerichts nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung des angefochtenen Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung geht zu Lasten der Antragstellerin aus, da im Rahmen der summarischen Prüfung alles für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung spricht und auch eine von den Erfolgsaussichten der Klage losgelöste Interessenabwägung ein Überwiegen des Vollzugsinteresses ergibt. 12 Es kann offen bleiben, ob der Antragsgegner die Verfügung in Ziffer 1 des Bescheides vom 17. Februar 2021 zutreffend auf § 39 Abs. 2 Satz 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB) gestützt hat oder ob vorrangig Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b), Abs. 2 Buchstabe c) der Verordnung (EU) 2017/625 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel (Verordnung über amtliche Kontrollen, ABl. L 095 vom 7. April 2017, S. 1) als Ermächtigungsgrundlage hätte herangezogen werden müssen. Denn die Voraussetzungen der beiden Ermächtigungsnormen stimmen im Wesentlichen überein, soweit eine Maßnahme - wie hier - auf einen bereits eingetretenen Verstoß gegen eine lebensmittelrechtliche Vorschrift gestützt wird, 13 vgl. zum Verhältnis der mit Wirkung vom 14. Dezember 2019 aufgehobenen Vorgängerregelung in Art. 54 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zu § 39 Abs. 2 LFGB, Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 10. Dezember 2015 - 3 C 7.14 -, juris Rn. 11 f., 14 ff.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 15. Mai 2018 - 13 B 141/18 -, Rn. 9, und vom 26. November 2014 -13 B 1250/14 -, juris, Rn. 10; zur aktuellen Regelung Verwaltungsgericht (VG) München, Beschluss vom 13. Mai 2020 - M 26 S 19.3205 -, juris Rn. 24. 14 Nach Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EU) 2017/625 ergreift die zuständige Behörde geeignete Maßnahmen, wenn ein Verstoß festgestellt wird, um zu gewährleisten, dass der betreffende Unternehmer den Verstoß beendet und dass er erneute Verstöße dieser Art verhindert. Zu den in Betracht kommenden Maßnahmen gehört nach Abs. 2 Buchstabe c, dass die Behörden gegenüber dem Unternehmer anordnen, die Kennzeichnung zu ändern oder den Verbrauchern berichtigte Informationen bereitzustellen. 15 § 39 Abs. 2 LFGB ermächtigt die zuständigen Behörden, die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen zu treffen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Nach Satz 2 Nr. 3 der Vorschrift können sie insbesondere das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken. 16 Die Tatbestandsvoraussetzungen beider Normen sind gegeben. 17 Ein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften durch das Inverkehrbringen von L. -Brausetabletten (im Folgenden nur noch L. ) in der gegenwärtigen Form liegt bei summarischer Prüfung vor. 18 Zunächst handelt es sich bei L. um ein Lebensmittel nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) 178/2002, 19 Verordnung (EG) 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. L 031, S. 1; hier in der maßgeblichen Fassung der Änderung durch die Verordnung (EU) 2019/1381 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019, ABl. L 231, S. 1. Danach sind Lebensmittel alle Stoffe, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet
20 Danach sind Lebensmittel alle Stoffe, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeiteten, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen werden. L. wird als Nahrungsergänzungsmittel mit Zucker- und Süßungsmitteln, Kalium, Natrium und Vitamin C als Lebensmittel in den Verkehr gebracht. 21 Das Inverkehrbringen des Lebensmittels L. mit dem Zusatz "Die ultimative Brausetablette für Partypeople und Nachtschwärmer" und der dazugehörigen Verzehrempfehlung verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates, 22 vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission - Lebenmittelinformationsverordnung - LMIV, ABL. L 304 S. 18. 23 Infolge dieses Aufdrucks macht die Antragstellerin eine unzulässige krankheitsbezogene Angabe. Nach Art. 7 Abs. 3 LMIV i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB sind Informationen verboten, die sich auf menschliche Krankheiten beziehen. Danach dürfen - vorbehaltlich der hier nicht gegebenen, in den Unionsvorschriften über diätetische Lebensmittel vorgesehenen Ausnahmen - Informationen über ein Lebensmittel diesem keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen. Diese Norm ist sowohl Schutzgut des § 39 Abs. 1 LFGB als auch des Art. 1 Abs. 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2017/625, mithin des Art. 138 dieser Verordnung. 24 Anders als die Antragstellerin meint, handelt es sich bei einem Kater um eine "Krankheit" im Sinne des Art. 7 Abs. 3 LMIV. In der Verordnung wird der Begriff nicht näher erläutert. Unter Krankheit ist jede Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers zu verstehen, die geheilt, d. h. beseitigt oder gelindert werden kann. Dieser Krankheitsbegriff ist denkbar weit gefasst. Er schließt alle Beschwerden, die von der gesundheitlichen Norm abweichen, ein, ohne Rücksicht darauf, ob die Normabweichungen nur vorübergehend oder nicht erheblich sind, 25 so schon BVerwG, Urteil vom 16. Februar 1971 - I C 25.66 -, juris Rn. 48; vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12. September 2019 - 6 U 114/18 -, juris Rn. 81 ff. m. w. Nachw. - Anti-Hangover. 26 Ein Kater ist - wie gerichtsbekannt ist - mit Symptomen wie Müdigkeit, Übelkeit und Kopfschmerz verbunden. Derartige Symptome liegen außerhalb der natürlichen Schwankungsbreite des menschlichen Körpers. Sie treten nicht als Folge des natürlichen "Auf und Ab" des Körpers, sondern infolge des Konsums von Alkohol, einer durchaus schädlichen Substanz, ein. Der "Kater" ist deshalb - auch wenn ihm keine akute Alkoholvergiftung vorausging - als Krankheitsbild einzustufen. Es ist nicht entscheidend, dass "Kater-Symptome" regelmäßig von selbst verschwinden. Käme es darauf an, wäre auch ein grippaler Infekt keine Krankheit. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass ein "Kater" regelmäßig keiner ärztlichen Behandlung bedarf. Weiter spricht für die Einstufung als Krankheit, dass es für den "Kater" einen medizinischen Fachbegriff gibt (Veisalgia) bzw. auch von Alkoholintoxikation gesprochen wird. Es besteht die Gefahr, dass die Folgen des Alkoholmissbrauchs durch das Inaussichtstellen einer problemlosen Selbstbehandlung verharmlost werden. Dadurch wird der Schutzzweck des Art. 7 Abs. 3 LMIV berührt, 27 so schon im Einzelnen OLG Frankfurt am Main, a.a.O., juris Rn. 82 ff. 28 Ebenfalls anders als die Antragstellerin meint, wird durch die Verwendung der Informationen "L. - Die ultimative Brausetablette für Partypeople und Nachtschwärmer" in Verbindung mit der Verzehrempfehlung dem Produkt auch Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben bzw. Die Bezeichnung lässt zumindest den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen nach Art. 7 Abs. 3 LMIV. 29 Erfasst von Art. 7 Abs. 3 LMIV werden alle möglichen Informationen, mit denen die menschliche Krankheit angesprochen werden kann. Es reicht, wenn durch die Informationen Assoziationen mit Krankheiten entstehen. Damit soll der Gefahr begegnet werden, dass Lebensmittel als Arzneimittelersatz angesehen und ohne zureichende Aufklärung zur Selbstbehandlung eingesetzt werden. Eine Aussage ist demnach krankheitsbezogen, wenn sie dem angesprochenen Verbraucher direkt oder indirekt suggeriert, das Lebensmittel, für das geworben wird, könne zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit beitragen, 30 vgl. OLG Frankfurt am Main, a.a.O., Rn 14 m. w. Nachw. 31 Von besonderer Bedeutung ist auch, ob die Angaben schlagwortartig herausgestellt werden oder - wie hier - den Blickfang bilden, vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand der Einzelkommentierung: 178 EL März 2020, Art. 7 LMIV Rn.
32 vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand der Einzelkommentierung: 178 EL März 2020, Art. 7 LMIV Rn. 479. 33 Mit der herausgehobenen Bezeichnung "L. - Die ultimative Brausetablette für Partypeople und Nachtschwärmer" bei der Kater und fly noch farblich getrennt sind - wird im Kontext der Verzehrempfehlung in unzulässiger Weise der Eindruck erweckt, das Mittel sei geeignet, Katersymptome zu lindern oder gar vollständig zu beseitigen. Dies ergibt sich für das beschließende Gericht zwanglos schon aus der farblich voneinander getrennten Bezeichnung L. : Das Wort Kater wird dadurch zunächst isoliert in den Raum gestellt und sodann mit dem Wort fly - englisch für fliegen - in Verbindung gesetzt. Anders als die Antragstellerin meint, kennt der verständige Verbraucher im 21. Jahrhundert den Ausdruck fly für fliegen und stellt in der Verbindung der beiden Begriffe den Zusammenhang her, dass durch die Verwendung des Produkts der Kater sozusagen "wegfliegt", d. h. die Begleiterscheinungen verschwinden. Diese Assoziation wird noch gestützt durch den farblich gleich gestalteten Zusatz hinsichtlich der Produktadressaten: "Die ultimative Brausetablette für Partypeople und Nachtschwärmer". Weiter ergibt sich dies auch aus der Verzehrempfehlung, wonach jeweils eine Brausetablette vor dem Schlafengehen und nach dem Aufwachen dem Körper zugeführt werden soll - also wenn die angesprochenen Verkehrskreise das Gefühl haben, am nächsten Morgen mit einem Kater aufzuwachen bzw. nach dem Aufwachen die dafür typischen Begleiterscheinungen feststellen. 34 Ziffer 1 ist auch bestimmt genug im Sinne des §37 Abs. 1 VwVfG NRW. Maßstab ist dabei, dass für den Adressaten die Regelung des Verwaltungsakts vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, sodass er sein Verhalten daran ausrichten kann und auch die Vollzugsbehörden einen Verstoß feststellen können, 35 vgl. nur Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG. Kommentar, 21. Aufl. 2020, § 37 Rn. 5. 36 Kern der vom Antragsgegner getroffenen Anordnung ist, dass das weitere Inverkehrbringen von L. in der bisherigen Aufmachung untersagt wird, wenn nicht der Produktname im Zusammenspiel mit der Ergänzung und der Verzehrempfehlung so abgeändert wird, dass kein Verstoß mehr gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV vorliegt. Dies lässt sich darauf reduzieren, dass ein weiteres unverändertes Inverkehrbringen untersagt wird - dies ist für die Antragstellerin ohne weiteres erkennbar. Wie sie den aus der Bescheidbegründung ersichtlichen Verstößen gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV Rechnung trägt, fällt in ihren (unternehmerischen) Verantwortungsbereich. 37 Die vom Antragsgegner wegen der Wahl der Ermächtigungsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB vorgenommene Ermessensbetätigung ist nicht zu beanstanden und auch im Hinblick auf die Regelung des Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b), Abs. 2 Buchstabe c) der Verordnung (EU) 2017/625 in der Rechtsfolge rechtmäßig. Denn das an § 114 Satz 1 VwGO zu prüfende Ermessen ist hier ohnehin schon durch die festgestellten Verbote in Art. 7 Abs. 3 LMIV bzw. § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB vorgezeichnet. Danach ist verboten, gegen die Grundsätze der Lauterkeit der Informationspraxis verstoßende Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Unabhängig davon liegen keine Ermessensfehler vor, insbesondere keine als Ermessensüberschreitung zu prüfende Verstöße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder Grundrechte der Antragstellerin. Selbst wenn der Antragsgegner hier nur Art. 2 Abs. 1 GG und nicht den näher liegenden Art. 12 Abs. 1 GG in den Blick genommen hat, folgt daraus nichts anderes; die Ausführungen zu Art. 2 Abs. 1 GG gelten entsprechend auch für die Berufsausübungsfreiheit, wie sogleich noch näher darzulegen sein wird. Auch die weitere Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus. Denn die sofortige Vollziehung der im
38 Auch die weitere Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus. Denn die sofortige Vollziehung der im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahme für den Schutz der Verbraucher sind im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist der nicht zu verkennende Nachteil, den die getroffene Anordnung der Antragstellerin auferlegt, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse. Denn der Schutzzweck der lebensmittelrechtlichen Vorschriften greift nicht erst bei einer Gesundheitsgefahr, sondern auch bei einer Verbrauchertäuschung oder Irreführung. Zudem ist es nicht hinnehmbar, unzulässige krankheitsbezogene Angaben bis zu einer möglichen Entscheidung in der Hauptsache in der Welt zu lassen. Denn mit der Regelung des Art. 7 Abs. 3 LMIV soll gerade der Gefahr begegnet werden, dass ein Lebensmittel, hier konkret ein Nahrungsergänzungsmittel, als Arzneimittelersatz angesehen und ohne zureichende Aufklärung zur Selbstbehandlung eingesetzt wird. Der Sofortvollzug ist auch nicht im Hinblick auf die seit der erstmaligen Beanstandung verstrichene Zeit - Januar 2019 bis Februar 2021 - zu beanstanden. Denn dem Erlass der Ordnungsverfügung ist nicht nur eine chemische Untersuchung vorausgegangen, sondern auch weitere Ermittlungen und insbesondere die aufwendige umfangreiche Korrespondenz mit den schon im Verwaltungsverfahren auftretenden Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin seit September 2019. Ein anderes Ergebnis ergibt sich nicht im Hinblick auf A r t . 12 Abs. 1 GG. Die Berufsfreiheit der Antragstellerin wird hier nur auf der ersten Stufe einer Berufsausübungsregelung eingeschränkt. Angesichts des überragenden Gemeinwohlguts der Volksgesundheit ist diese Einschränkung gerechtfertigt. Zudem steht der Vollzug unmittelbar geltender unionsrechtlicher Regelungen im Raum. Dass die Anordnung, der die Antragstellerin durch eine entsprechende Anpassung nachkommen kann, zur - wie behauptet - Insolvenz führt, ist nicht ersichtlich. Zum einen wird dies nur pauschal behauptet und nicht ansatzweise belegt. Zudem vertreibt die Antragstellerin auch andere Produkte. 39 Schließlich ist auch die auf § 63, § 60, § 57 Abs. 1 Nr. 2 VwVG NRW beruhende Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides nicht zu beanstanden. Das nach § 57 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW wegen der Unterlassungspflicht für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedrohte Zwangsgeld von 1.000,00 EUR hält sich im noch vertretbaren Rahmen. Gegen die Gebührenfestsetzung ist nichts zu erinnern. 40 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 41 Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG; er beträgt die Hälfte des Streitwerts in der Hauptsache, hinsichtlich der Gebührenfestsetzung ein Viertel (vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). 42 Rechtsmittelbelehrung 43 Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden. 44 Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des §55a der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer- Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) erfolgen. 45 Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht. 46 Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. 47 Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache
48 Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 49 Die Beschwerde ist schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. 50 Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. 51 Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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