Gesundheit für Mensch, Tier und Pflanze - Technologie-Informationen Wissen und Innovationen aus niedersächsischen Hochschulen
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Wissen und Innovationen 1 | 2019 aus niedersächsischen Hochschulen Technologie-Informationen Gesundheit für Mensch, Tier und Pflanze Auszug: Designer-Antikörper ohne Tierversuche
18 Technologieangebot Designer- U nser Immunsystem stellt Antikörper in Millionen verschiedener Varianten mit jeweils unterschiedlichen Bindungseigenschaften Antikörper ohne her. Diese hochspezifischen molekularen Sonden erkennen und markieren Fremdkörper, schädliche Mikroorganismen oder krankhafte Zellen hoch- Tierversuche spezifisch, sodass das körpereigene Abwehrsystem sie unschädlich machen kann. Schon früh nutzten Mediziner das Immunsystem gezielt und schützten Menschen durch Impfung vor Infektionskrank- heiten. Heutzutage bildet dieses komplexe und anpassungsfähige System eine wichtige Quelle Die Natur hat eine universelle Methode der medizinischen Forschung, um neue Wirk- entwickelt, um höhere Lebewesen vor Krankheits- stoffe zu finden. erregern zu schützen: das lernfähige Immunsystem. Definierte Eigenschaften Dessen zentrale Waffen sind unterschiedlichste Spezifische Antikörper werden heute gezielt für Antikörper. Deren riesiges Repertoire erschließen eine große Zahl therapeutischer, diagnostischer Forschende in Braunschweig für vielfältige oder experimenteller Anwendungen hergestellt. »Die Erfolgsgeschichte rekombinanter, also gentech- Anwendungen in Therapie, Diagnostik und nisch erzeugter Antikörper in der Therapie ist beein- Forschung mit dem Antikörper-Phagendisplay druckend«, erläutert Prof. Stefan Dübel. »Zudem ermöglicht unsere Methode die Herstellung von unter Verzicht auf Tierversuche. Antikörpern mit vorher definierten Eigenschafts- profilen – komplett ohne Tierversuche.« Mittlerweile wurde das Phagendisplay – eine vollständig im Reagenzglas durchgeführte rekombinante Methode (siehe Infokasten) – mit dem Chemie-Nobelpreis 2018 gewürdigt und hat bewiesen, dass es klassi- sche tierbasierte Herstellungsverfahren umfang- reich ersetzen kann.
Technologieangebot 19 Antikörper-Phagendisplay Bei dieser gentechnologischen Methode geht es darum, einen passenden Antikörper für ein krankheitstypisches Protein zu finden. Die Auswahl erfolgt dabei nicht durch das Immunsystem eines Tieres oder Menschen, sondern durch einen Bindungsschritt im Reagenzglas. Milliarden unterschiedlicher Antikörper werden in soge- nannten Phagen-Bibliotheken »gelagert«. Dabei ist je ein Antikörper-Fragment auf der Hülle eines Bakteriophagen (Nanopartikel) verankert, in dessen Inneren sich die zugehörige Gensequenz befindet. Ist ein geeigneter Bindepartner aus Unser Körper stellt Millionen verschiedener Antikörper her. einer Lösung gefischt worden, kann der entspre- Das sind komplex gefaltete Proteine mit jeweils unterschiedlichen chende Antikörper mithilfe seiner Gensequenz Bindungseigenschaften. Dieses riesige Repertoire an hochspezifischen beliebig vervielfältigt werden. Viele therapeu- molekularen Sonden erschließt das Antikörper-Phagendisplay für tische Antikörper sind bereits als vielfältige Anwendungen in Therapie, Diagnostik und Forschung. Medikamente zugelassen. cab Prof. Stefan Dübel ist mit seinem Kollegen Prof. Das Antikörper-Phagendisplay bietet aber auch für Frank Breitling einer der Erfinder der Antikörper- die Forschung viele weitere Vorteile: Die Erzeugung Phagendisplay-Technologie. Die von ihm geleitete und Produktion eines monoklonalen rekombi- Abteilung Biotechnologie der Technischen Univer- nanten Antikörpers geht schnell, sie dauert meist sität Braunschweig hat umfangreiche Erfahrungen nicht mehr als sechs Wochen. Die biochemischen mit Industriekooperationen zu Herstellung hoch- Eigenschaften des Antikörpers können dabei gezielt qualitativer rekombinanter Antikörper. Die dafür und speziell nach Kundenwunsch eingestellt eingesetzten Genbibliotheken erfordern aufgrund werden, da im Moment der Selektion komplette ihrer enormen Größe von mehr als zehn Milliarden Kontrolle über das biochemische Milieu besteht. unterschiedlicher Sequenzen spezielle Kenntnisse Technisch wichtige Parameter wie Lagerstabilität im Handling. »Die in Braunschweig aufgebaute oder Bindungsstärke können auch noch danach Phagen-Bibliothek hat mittlerweile mehr als 2.500 durch Evolution im Reagenzglas weiter verbessert menschliche Antikörper geliefert, zum großen Teil werden. Die Binderegion der rekombinanten Anti- in Kooperation mit anderen Forschungsgruppen«, körper für ein Antigen kann zudem mit frei wähl- berichtet Stefan Dübel. baren weiteren Elementen (zum Beispiel Fc-Teilen anderer Spezies) kombiniert werden, um die Weniger Nebenwirkungen Kompatibilität zum vom Kunden gewünschten Nachweissystem zu gewährleisten. Die Ausgründung YUMAB GmbH versorgt erfolg- reich zahlreiche Pharmaunternehmen weltweit Innovationsgesellschaft Technische Universität mit menschlichen Antikörpern für deren Wirkstoff- Braunschweig mbH (iTUBS) pipelines. »Wir ermöglichen Medikamente, die Prof. Dr. Stefan Dübel weniger Nebenwirkungen aufweisen als die aktu- Telefon 0531 391-5731 ellen, meist tierbasiert hergestellten therapeuti- s.duebel@tu-bs.de schen Antikörper, da die Antikörper-Sequenzen in www.bbt.tu-bs.de/Biotech/techtransfer/ der Yumab-Bibliothek direkt aus dem Menschen techtransfer stammen und so mit dem menschlichen Immun- system perfekt kompatibel sind«, begründet Stefan Dübel einen wichtigen Vorteil. Der ganze Prozess von der Entwicklung bis zum therapeutischen Einsatz dauert insgesamt fünf bis zehn Jahre. Durch die Technologietransferfirma iTUBS erhalten Indus- triekunden auch für kleinere Projekte einfachen und unkomplizierten Zugang zu den hochqualitativen Forschungsleistungen der Hochschule.
27 Impressum Herausgeber: Arbeitskreis der Technologietransferstellen niedersächsischer Hochschulen Redaktion: Christina Amrhein-Bläser uni transfer, Leibniz Universität Hannover Brühlstraße 27, 30169 Hannover Telefon 0511 762-5728, Fax 0511 762-5723 christina.amrhein-blaeser@zuv.uni-hannover.de Redaktionelle Mitarbeit: Jasmin Jasmer, Andreas Menzelmann Gestaltung: büro fuchsundhase, Hannover Die Bildrechte liegen bei den genannten Instituten, außer Seite 3 links (v. l. n. r.): przemekklos/photocase.de, David-W/ photocase.de, Africa Studio/AdobeStock; Seite 4: Sonja Dilz; Seite 5: Michael Stephan; Seite 7: Ralf Liebert; Seite 8: momius, fotolia.com; Seite 9: Aline Köhler; Seite 11: SDSH/OFFIS; Seite 15: Nottebrock/Alzheimer Forschung Initiative e.V.; Seite 16 links: Marie Kappen, Domenik Liße, Universität Osnabrück; Seite 16 rechts: Monte Gates, Timothy Goodman, Universität Keele; Seite 26 links: Drießen Wir danken dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur für die finanzielle Unterstützung. Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier. Die Online-Ausgaben der bisher veröffentlichten Technologie-Informationen niedersächsischer Hochschulen finden Sie unter www.uni-hannover.de/unitransfer. Dort können Sie das Magazin auch kostenfrei abonnieren. Themen der vorigen vier Ausgaben: → Smarte Medizin, 3/2018 → Rohstoff – Werkstoff – Reststoff, 1+2/2018 → Nachhaltige Systeme, 4/2017 → Wasser und Meer, 3/2017
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