I. Neue Gefährdungsszenarien durch das Aufbringen des biometrischen Passbildes auf die eGK - II.

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I.
Neue Gefährdungsszenarien durch das Aufbringen des
biometrischen Passbildes auf die eGK

II.
Gefährdungen wegen fehlender Verschlüsselung der Daten auf der eGK

I. Neue Gefährdungsszenarien durch das Aufbringen des
biometrisch orientierten Passbildes auf die eGK im                  Vergleich    zum
Personalausweis

Die Standardschreiben der Kassen für die Einforderung des Passbildes für die
Gesundheitskarte leitet an wie das Passbild auszusehen hat und wie wir darauf
abgebildet sein sollen. Der Augenbereich soll in jede Richtung zum Rand mittig im
Passbild sein, das Gesicht frontal, die Gesichtshöhe mindestens 35 cm betragen und
das     Gesicht muss in vollem Umfang erkennbar sein. Eine vollständige
Gesichtserkennung ist nur möglich in dem das Passbild, ohne Drehen des Kopfes in
eine Profilansicht aufgenommen wird. Damit orientieren sich die Vorgaben an den
Anforderungen biometrischer Passbilder im Personalausweis. Vergleichen Sie die
gegebenen Vorgaben ihrer KK zur Übersendung des Passbildes mit den verfügbaren
Beschreibungen der Einwohnermeldeämter und Sie werden den hohen Deckungsgrad
der Beschreibungen feststellen. (siehe Beispiel).

Die Aufbringung des biometrisch orientierten Passbildes auf die elektronische
Gesundheitskarte soll mehr Sicherheit bringen gegen Mißbrauch, in dem ein weiteres
offen einsehbares Identifikationsmerkmal hinzugefügt wird. Im Gegensatz zum
Personalausweis sind jedoch keine hochwertigen zusätzlichen Sicherheitsmerkmale auf
der elektronischen Gesundheitskarte enthalten, wie z.B. holographische und
kinematische Elemente, mehrfarbige Guillochen, Mikroschriften, UV-Aufdrucke,
Laserkippbilder oder andere Merkmale. Diese Sicherheitsmerkmale basieren auf den
hohen Anforderungen, die vom Staat in führender Position an die Personalausweise
der Bürger gestellt werden.

Die souveräne Oberhoheit eines Staates liegt, neben vielen anderen Ausdrucksformen,
in dem unantastbaren Monopol, einzigartige Ausweispapiere zu produzieren, um sein
großes Sicherheitsinteresse in jeder erdenklichen Hinsicht wahrzunehmen.

In dieser Hinsicht hinkt ein direkter Vergleich zur elektronischen Gesundheitskarte,
denn es würde eine umfangreiche Expertise erfordern die Aspekte und Feinheiten
dieser Regelungen für den Staat und die Bürger heraus zu arbeiten, um sie mit der
Situation des eGK/TI-Systems zu vergleichen.

In einem wichtigen Aspekt sind Vergleiche hilfreich, um die Zielsetzungen der eGK und
die damit verbundenen Gefahren aufzuklären. Die Diskrepanz der Qualität der
Sicherheitsmerkmale zwischen Personalausweis und eGK legen nahe, dass das
Sicherheitsbedürfnis des Staates für den Personalausweis weitaus höher bewertet wird
als die Sicherung der Medizin- und Gesundheitsdaten der Bürger.

Die eGK ist und bleibt eine Plastikkarte mit integriertem Mikrochip. In der jetzigen
Situation, in der die Daten auf der neuen eGK noch nicht hochgradig verschlüsselt sind
und auch in Zukunft in verschieden beschriebenen Interaktionsszenarien ohne PIN-
Abfrage ausgelesen werden sollen, entsteht mit der Aufbringung des Passbildes eine
vollständig gegenteilige Situation für eine neue Form der Gefährdung.

Die neuartige Gefährdung basiert auf der Tatsache, dass Chipkarten mit
handelsüblichen Druckern, für diesen Zweck, selbst bedruckt werden können.

Kartendrucker sind nicht teuer und leicht zu handhaben, siehe z.B.

http://www.interprinter.de

Eine denkbare Manipulation der eGK besteht darin, das auf der eGK aufgedruckte Bild
einer Person mit Nitro abzuwischen und über einem Chipkartendrucker mit einem
anderen Personenbild zu überdrucken.

In der Arztpraxis wird dem neuen Merkmal vertraut, passt das Bild zur Person und
wird nicht eine weitere identifizierende Information zusätzlich verlangt, könnten so
ärztliche Leistungen erschlichen werden.

Für einen längeren Zeitraum, in dem die Daten weiter in ungeschützter Form im XML-
Format auf der eGK vorliegen, wird es nicht erforderlich sein eine PIN einzugeben.

Selbst wenn die Eingabe der PIN später dazukommt ist dies kein Hinderungsgrund die
Chipkarte für Manipulationen zu überdrucken.

Vier Szenarien für Manipulationen sind denkbar:

1
Der Diebstahl der eGK oder einer Handtasche einer versicherten Person, die ihre eGK
ggf. zusammen mit dem Zettel der aufgeschriebenen PIN aufbewahrt, weil Sie sich
diese nicht merken kann.

2
Das Abschauen der PIN während der Eingabe, um danach die eGK zu entwenden und
zu überdrucken.

3
Der Konnektor wird gehackt und ein Keylogger installiert, der die Tastaturanschläge
auf dem Chipkartenterminal abgreift und damit die PIN erfährt, um danach die eGK zu
entwenden und zu überdrucken ( http://de.wikipedia.org/wiki/Keylogger )

4
Über die bekannt gewordene Sicherheitsschwachstelle der von der gematik
zugelassenen ehealth-BCS-Terminals. Bei der geplanten Online-Anbindung besteht die
Gefahr, dass bei Anwendungen, die eine PIN-Eingabe erfordern, diese mittels einer
sog. Phishing-Attacke ausgelesen werden könnten. Damit sind der Datenschutz und
die Datensicherheit nicht gewährleistet. (Sicherheitsschwachstelle wurde in der
Resolution der Vertreterversammlung der KZBV zur Einführung der elektronischen
Gesundheitskarte (eGK) am 9.6.2011 veröffentlicht)

Die bisherige eGK verführte nicht dazu, über ein Passbild, eine bestehende Sicherheit
zu suggerieren. Bei Vorlage der alten eGK in den Praxen waren entweder die Personen
bekannt oder es wurde vielleicht noch zusätzlich die Vorlage des Personalausweises
oder Führerscheins verlangt, abgesehen davon dass dafür die Rechtsgrundlage strittig
ist. In den restlichen Fällen konnte Mißbrauch mit der alten Karte betrieben werden,
wofür aber keine aussagefähigen Statistiken gefunden werden konnten.

Nun entsteht genau die gegenteilige Situation mit der neuen eGK, anstatt mehr
Sicherheit zu schaffen werden mehr Gefährdungen erzeugt, die u.a darauf beruhen,
dass einer Chipkarte mit Passbild, deren Motiv mit der Person übereinstimmt,
die sie vorlegt, hochgradig vertrauenswürdig erscheint.

Wozu dann noch weiter Nachfragen und Prüfen?

Mehr Sicherheit entsteht ganz sicher nicht über das Passbild, im Gegenteil im Bereich
der Datenerfassung und Datenverarbeitung in den Untiefen des eGK/TI-Systems
entstehen weitere gefährdende Situationen, die bisher nicht aufgefallen sind.
Die Erfassung der biometrischen Passbilder führt zu einer zentralen Speicherung der
Passbilder, in der mehrere Kopien des Passbildes einer Personen über die üblichen
Datensicherungsverfahren in Rechenzentren über Festplatten und Bandsicherungen
(z.B. IBM-Storage oder Netapp Storage-Systeme), über die Sicherungsverfahren
virtueller Maschinen und Daten, z.B. über Veam-Backup für Redundanz hergestellt
werden.

Dadurch werden Passbilder in biometrischer Qualität vielfach repliziert und einem
Datenverarbeitungsprozess übergeben, in einer Umgebung, die bei weitem nicht so
abgesichert ist wie die Produktionsumgebung für Personalausweise. Weiterhin dürfen
die Krankenkassen für die Auftragsdatenverarbeitung, die dafür erforderlichen Daten
für die Herstellung und den Versand der Krankenversicherungskarte, z.B. für die
Lichtbildanforderung, an Fremdunternehmen übergeben, wie z.B. dem Unternehmen
Swiss Post (ehemals Systemform MediCard GmbH), Systemformstraße 5, 83209
Prien am Chiemsee.

Damit entstehen technisch und örtlich unterschiedliche Speicherorte         und   es
entstehen mehrfache Kopien zur Sicherung und zur Produktion der eGK.

Entgegen jeder möglichen Aussage, die Passbilder werden nicht dauerhaft
gespeichert, was im übrigen eine optionale Kontrolle der Passbilder nach der
Aufbringung und Auslieferung unmöglich machen würde, ist der komplette Prozess im
eGK/TI-System nicht beschrieben.

Insbesondere besteht hohe Unsicherheit über die vielfache Replikation der
biometrischen Passbilder, ihres Verbleibs, ihrer Aufbewahrung, Sicherung und
Löschung auf unterschiedlichen Datenträgern.

Wegen der beschriebenen Möglichkeit, die eGK mit jedem dafür geeigneten
handelsüblichen Chipartendrucker mit einem anderen Passbild zu verfälschen,
besteht schon jetzt die Möglichkeit geeignete Bilder einer Person im Internet zu
suchen, die eGK zu entwenden und mit einem anderen manipulierten Passbild zu
überdrucken.

Zusätzlich sollte die zukünftige Entwicklung der Bildverarbeitung im Internet
berücksichtigt werden! Sie haben die Ausführungen zu den Metadaten kennengelernt
und Sie haben vielleicht schon davon gehört das Google seine Suche nach Bildern im
Internet verbessern will.

Bisher ist es über eine Suchmaschine nur möglich zielgerichtet Bilder zu finden, in
dem der vergebene Name des Bildes ausgewertet wird. Sucht man Bilder zu den Alpen
dann werden die Bildnamen oder die Bildquelle, in in Ihrem nahen textlichen Kontext,
z.B. einer Geschichte über die Alpen, ausgewertet.

Es ist aber bisher nicht möglich direkt und effektiv den Inhalt der Bilder weltweit mit
Bilderfassungssoftware auszuwerten. Wenn ein Bild alpen.jpg heißt, aber nicht die
Alpen zeigt, sondern das Meer, hat man ein Problem. Dies soll sich grundlegend
ändern, in dem intelligente Bildverarbeitungssoftware die Bildinhalte auswertet.

Zusätzlich kommt wieder XML und die nächste Stufe des Internets hinzu, das
semantische Web, in Form von ausgeklügelten Metainformationen, die die Inhalte der
Bilder, sowie wir sie sehen, ergänzen und damit die zielgerichtete Auswertung
optimieren.

Das heißt, die Handhabung der biometrischen Passbilder mit XML-Technologien und
Metadaten führt dazu, dass diese sensiblen Daten in ein weltweites Austauschformat
umgewandelt werden, was prinzipiell eine Einbindung der visuellen Information einer
Person in alle anderen personenbeziehbaren Informationen und Datenbanken
erleichtert.

Besonders gravierend sind die offen verfügbaren Passbilder im Falle von Datenlecks
des    eGK/TI-Systems.     Durch      die   Kombination der    nicht   geschützten
Versicherungsnummer und der biometrischen Passbilder entsteht eine Offenlegung der
Privatsphäre, die nicht mehr korrigiert werden kann.

Warum das eGK/TI-System nicht an die Möglichkeit gedacht dass Passbild in
verschlüsselter Form vorzuhalten und erst zusammen beim Stecken der Karte auf
einem Display mit anzuzeigen ist eine weitere offene Fragen, die man stellen kann.

II. Gefährdungen wegen fehlender Verschlüsselung der Daten auf der eGK

Aktuell existieren eine ganze Reihe von Gefährdungen, die mit Umständen der
technischen Entwicklung des eGK/TI-Systems zusammenhängen. Dazu gehören:

   •    der offen einsehbare Charakter der personenbezogenenen Informationen auf
        der Karte zusammen mit dem Passbild
   •    keine Verschlüsselung der Daten auf der eGK, die im XML-Format mit
        Metadaten ergänzt vorliegen
   •    Vorspiegelung von Sicherheit durch ein aufgebrachtes biometrisches Passbild
   •    Großflächiger Rollout der eGK trotz fehlenden Ausbau's der telematischen
        Infrastruktur
   •    Ausnahmebedingungen für das Auslesen von Daten, die eine PIN-Eingabe
        überflüssig machen, wie z.B. das geplante Auslesen des Notfalldatensatzes und
        der digitalen Information über die Organspendeerklärung

Die aktuellen Folgen sind:

       1. Offenlegung eines erhöhten Datenumfangs personenbezogener Daten auf der
          eGK
       2. Offenlegung personenbezogener Daten in der im Aufbau befindlichen
          telematischen Infrastruktur in den Rechenzentren
       3. Einsehbarkeit geschützter Daten für nicht autorisierte Personen
4. Offenlegung sensibler schützenswerter Daten, die zu Nachteilen im Leben und
       Beruf führen
    5. Massives Migrationsproblem* der Datenumwandlung von komprimierten und
       nicht verschlüsselten Daten in verschlüsselt verkettete Datensätze

*
Migration bezeichnet in IT-Systemen den Umzug von Systemen in eine neue
Umgebung, die weiterentwickelte Technologien beeinhaltet, meistens verbunden mit
Software-Updates. Durch die Staffelung der Rolloutphasen mit zunächst
unverschlüsselten Daten, die später verschlüsselt werden, sind Änderungsschritte
notwendig die bisher nicht ausreichend beschrieben worden sind und wo nicht
sichergestellt ist, dass die unsicheren Daten in jeder Hinsicht, bezogen auf jede
existierende Datenkopie, ungewandelt oder gelöscht werden.

Rolf D. Lenkewitz
Systemadministrator
Bergstraße 6
87769 Oberrieden
0163 170 68 09
r.lenkewitz@ocmts.de
http://www.it-ler-analysiert-die-egk.de
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