Impfstoffe zum Schutz vor Covid-19, der neuen Coronavirus-Infektion

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Impfstoffe zum Schutz vor Covid-19, der neuen Coronavirus-Infektion
21. März 2020

Impfstoffe zum Schutz vor Covid-19, der neuen
Coronavirus-Infektion
Covid-19, die neue durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Atemwegsinfektion, verbreitet sich
international. Unternehmen und Forschungsinstitute entwickeln jedoch Schutzimpfungen dagegen.

Die Coronavirus-Infektionskrankheit, die sich weltweit verbreitet, hat den Namen Covid-
19 erhalten (WHO, 11.02.2020). Das Virus, das sie hervorruft, erhielt den Namen SARS-     Product Development
CoV-2 (nachdem es zunächst unter 2019-nCoV geführt wurde).                                Partnerships

Gegen diese Infektionskrankheit sind mindestens 47 Impfstoffprojekte angelaufen: Die
                                                                                          Product Development Partnerships (PDP)
Weltgesundheitsorganisation WHO zählt derzeit 41. Dazu kommen noch sechs weitere
                                                                                          sind Allianzen, die gemeinsame Projekte
Projekte, die die WHO noch nicht verzeichnet: eins vom deutschen Unternehmen
                                                                                          von Stiftungen, Regierungs- und
BioNTech (mit Pfizer), zwei Projekte des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung
                                                                                          Hilfsorganisationen sowie
(DZIF), eins des schwedischen Karolinska-Institut geführten Konsortiums
                                                                                          Forschungsgruppen und Unternehmen
"Opencorona" (zu dem auch die Universität Gießen gehört) sowie ein Projekt des
                                                                                          organisieren. Die im Rahmen einer PDP
israelischen Biological Research Institutes. Auch das Schweizer Unternehmen Alpha-O
                                                                                          von den Geldgebern bereitgestellten
Peptides arbeitet nach Medienberichten an einem Impfstoff.
                                                                                          Mittel werden meist in Form befristeter
                                                                                          Grants an Entwicklungsteams vergeben.
Mehrere dieser Impfstoffprojekte werden von CEPI, der Coalition for Epidemic
Preparedness Innovations, finanziell unterstützt: Projekte des deutschen Unternehmens
                                                                                          In PDP können Medikamente entwickelt
CureVac, der US-Unternehmen Inovio (zusammen mit dem Wistar Institute und Beijing
                                                                                          werden, die für ein einzelnes
Advaccine Biotechnology), Moderna (mit dem U.S. National Institute of Allergy and
                                                                                          Unternehmen wirtschaftlich nicht zu
Infectious Diseases) und Novavax sowie Projekte der australischen University of
                                                                                          realisieren wären. Denn sie sorgen dafür,
Queensland (mit dem Unternehmen Dynavax, das ein Adjuvans(1) beisteuert) und der
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britischen University of Oxford.                                                                dass die damit verbundenen Kosten und
                                                                                                ökonomischen Risiken auf die Schultern
In Verbindung mit CEPI bietet auch das Unternehmen GSK an, seine eigene Adjuvans-               mehrerer Partner verteilt werden. Das
Technologie für Impfstoffe in Projekte für einen SARS-CoV-2-Impfstoff einzubringen. So            hat sich bereits für neue Medikamente
kam es u. a. zu einer Kooperation des chinesischen Impfstoff-Entwicklers Clover                  gegen Malaria, Tuberkulose und
Biopharmaceuticals und GSK zur Entwicklung eines Impfstoffs, der ausgewählte,                    Schlafkrankheit bewährt.
gentechnisch hergestellte Covid-19-Proteine und eins der GSK-Adjunvantien enthält.

CEPI ist eine Product Development Partnership, die unter anderem von Norwegen, Deutschland, Japan, Kanada, Australien sowie von
der Bill & Melinda Gates Foundation und dem Wellcome Trust finanziert wird.

Andere Projekte werden unabhängig von CEPI durchgeführt. So entwickelt das Mainzer Unternehmen BioNTech mit Pfizer einen
Impfstoff, den es ab Ende April mit Freiwilligen in Europa, den USA und China erproben will. Dabei arbeiten die Unternehmen auch
mit der chinesischen Firma Fosun Pharma zusammen.

Auch Janssen (im Konzern Johnson & Johnson) angekündigt, einen Impfstoff mit einer Technologie zu entwickeln, die schon für
einen Ebola-Impfstoff zum Einsatz kam, der derzeit in der EU im Zulassungsverfahren ist. Es arbeitet dafür mit der staatlichen
Organisation Biomedical Advanced Research and Development Authority (BARDA) zusammen.

Mit der BARDA kooperiert auch Sanofi Pasteur, die Impfstoffdivision des Unternehmens Sanofi. Ziel ist es, mit Hilfe der
unternehmenseigenenen Technologieplattform für rekombinante DNA einen Covid-19-Impfstoff zu entwickeln. Das Projekt knüpft an
einem früheren an, das auf einen SARS-Impfstoff abzielte.

Die Unternehmen Tonix Pharmaceuticals, Altimmune, Greffex, Vaxart, GeoVax (mit BravoVax in China) und LineaRx mit Takis
Biotech, alle beheimatet in den USA, haben ebenfalls über die Entwicklung jeweils eigener Impfstoffe berichtet. Altimmuns Impfstoff
soll nasal angewendet werden, wie ein schon zuvor entwickelter Grippeimpfstoff des Unternehmens. Tonix wandelt für seinen
Impfstoff TNX-1800 ein Horsepox Virus ab. Vaxart plant einen Impfstoff, der als Tablette geschluckt und nicht injiziert wird.

In Dänemark entwickelt das Unternehmen ExpreS2ion mit Partnern einen Impfstoff.

Auch das israelische Unternehmen Vaxil hat von der Entwicklung eines eigenen Impfstoffs berichtet.

Die indischen Unternehmen Zydus Cadila und Serum Institute (in Kooperation mit dem US-Unternehmen Codagenix) arbeiten
ebenfalls an Impfstoffen. Der Impfstoff von Serum Institute und Codagenix wird Medienberichten zufolge bereits mit Tieren erprobt.

In China arbeitet das Unternehmen Cansino Biologics an einem Impfstoff.

Zu den aktiven Forschungseinrichtungen zählt VIDO-InterVac (Vaccine and Infectious Disease Organization – International Vaccine
Centre) an der Universität Saskatchewan, Kanada.

Ebenso wird am Cambridge Infectious Diseases Research Centre der Universität Cambridge in UK ein Impfstoff entwickelt.

Die Universität von Hongkong hat mitgeteilt, bereits einen Impfstoffkandidaten für die weitere Erprobung fertig gestellt zu haben.
Bis dieser allerdings alle Tier- und Humanstudien durchlaufen habe, würden noch Monate vergehen. Dieser Impfstoffkandidat ist von
einem Grippeimpfstoff abgeleitet, der als Nasenspray verabreicht wird.

In den USA arbeitet das US Army Medical Research and Development Command (USAMRDC) mit dem Walter Reed Army Institute
an einem Impfstoff.

In Deutschland arbeitet das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) mit Partnern in München, Marburg und Hamburg an
zwei Impfstoffen. Bei einem davon wandeln Forscher einen Impfstoff gegen das MERS-Virus (siehe unten) ab, der derzeit in klinischen
Studien erprobt wird. Beim anderen dient das Virus aus dem Masern-Impfstoff als Grundlage.

Israels Institute for Biological Research und das israelische Gesundheitsminsterium wurde ebenfalls beauftragt, einen Impfstoff
zu entwickeln. Ebenfalls in Israel beheimatet ist das Galilee Research Institute (MIGAL). Das Institut entwickelt einen Covid-19-
Impfstoff ausgehend von einem schon zuvor entwickelten Impfstoff gegen ein Coronavirus, der Geflügel befällt.

Bei der Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe sind mehrere Unternehmen zur Zusammenarbeit bereit. Das zeigt nicht nur das Beispiel
von GSK mit seinen Adjuvantien, sondern auch die am 02. März bei einem Treffen mit der US-Regierung geschlossene
Kooperationsvereinbarung der Unternehmen Moderna, Janssen und Sanofi.

    Was ist was?
    Coronavirus: Es handelt sich um den Oberbegriff für eine Familie von Viren, die Menschen oder Tiere befallen. Die Erreger von SARS
    in den Jahren 2002/2003, MERS und mehreren Erkältungsformen zählen ebenfalls dazu.

    SARS-CoV-2: Der Erreger der aktuellen Pandemie erhielt diesen Namen im Februar 2020. Häufig wird er einfach „neuartiger
    Coronavirus“ genannt. Die Abkürzung steht für Severe Acute Respiratory Syndrome-Coronavirus-2.

    Covid-19: Zum Glück erkrankt nicht jede Person, die sich mit SARS-CoV-2 ansteckt. Diejenigen, die nach einer Ansteckung mit dem
    neuen Erreger Symptome zeigen, leiden unter der Atemwegserkrankung Covid-19. Die Bezeichnung leitet sich ab von „Coronavirus-
    Disease“ und dem Jahr des ersten Auftretens, 2019.

Stand der Impfstoffentwicklung
Jedes Impfstoffprojekt muss sechs Etappen durchlaufen. Sie sind in der folgenden Grafik gezeigt:

Keins der Projekte steht schon kurz vor Etappe 5, dem Zulassungsverfahren. Aber einige Unternehmen und Forschungsgruppen haben
für ihre Projekte Zwischenstände gemeldet. An diesen kann man sehen, wann die Etappe der Erprobung mit Freiwlligen in klinischen
Studien begann oder beginnen soll:

    Moderna: Erprobung seit 16.03.

    CanSinoBIO (China): Freigabe zur Erprobung erteilt laut Bericht vom 17.03.

    Inovio: Erprobung ab April.

    Oxford University: Erprobung laut Medienberichten ab April.

    BioNTech/Pfizer: Erprobung ab Ende April.

    Novavax: Erprobung ab Mai oder Juni.

    University of Queensland: Erprobung laut Medienberichten ab Juni möglich.

    CureVac: Erprobung ab Frühsommer.
Das Projekt der University of Queensland hat die Erprobung mit Tieren erreicht.

Arten von Impfstoffen
Dank neuer Technologien hoffen die Forschungsteams, schon binnen Monaten Impfstoffe soweit entwickelt zu haben, dass sie mit
Tieren und später auch Menschen erprobt werden können. Für mehrere Impfstoffe sind Studien mit Freiwilligen auch schon
angekündigt (siehe oben).

Die Unternehmen und Forschungsinstitute setzen dabei auf sehr unterschiedliche Arten von Impfstoffen:

Lebendimpfstoffe mit Vektorviren
                         Vektorviren: Bei mehreren Projekten dienen gut bekannte,
harmlose Viren als Ausgangspunkt, beispielsweise das „Modifizierte Vaccinia-Virus
Ankara“ (MVA), das Adenovirus Serotyp 26 oder das Virus aus Masernimpfstoff. Solche
sogenannten Vektorviren können sind in Menschen vermehren, ohne eine Erkrankung
auszulösen. Man weiß auch, wie man sie in in großen Mengen vermehren kann. Nun
"verkleiden" sie Forscher mit gentechnischen Mitteln als SARS-CoV-2 (konkret: sie
tauschen ein oder mehrere ihrer Oberflächenproteine durch SARS-CoV-2-Proteine aus), so
dass sie dem Immunsystem eine Covid-19-Infektion vorgaukeln können. Wer damit
geimpft wird, baut einen Immunschutz auf, der auch eine echte Infektion abwehren kann
– so der Plan. Aufbauend auf einem Vektorvirus sind auch der erste zugelassene Ebola-           Hintergrund
Impfstoff, ein weiterer Ebola-Impfstoff (dessen Zulassung beantragt ist) und weitere              #abcGesundheitspolitik
experimentelle Impfstoffe entwickelt worden. Diese Strategie kommt nun beispielsweise
in den SARS-CoV-2-Projekten von Janssen, DZIF und der University of Oxford zur
Anwendung.                                                                                      - Epidemie schnell erklärt

Totimpfstoffe mit Virusproteinen
                   Virusproteinen: Mehrere Projekte, die auf Impfstoffe mit                      - Pandemie schnell erklärt
Virusproteinen abzielen (wie etwa die von Novavax, Greffex und der University of
Queensland), beruhen auf lang bewährter Technologie: Sehr viele zugelassene Impfstoffe
sind so zusammengesetzt; beispielsweise solche gegen Tetanus, Diphtherie, Hepatitis B oder Grippe. Möglicherweise ist es aber bei
anderen Impfstoffen leichter, schnell große Mengen von Impfeinheiten zu produzieren. Das allerdings wird sich erst zeigen, wenn es
soweit ist.

Genbasierte Impfstoffe
              Impfstoffe: Die Impfstoffe von CureVac, BioNTech, Moderna, Inovio, Arcturus und LineaRx/Takis enthalten
ausgewählte Gene des Virus in Form von mRNA bzw. DNA. Diese sollen nach der Injektion im Körper die Bildung von (ungefährlichen)
Virusproteinen hervorrufen, die dann wiederum wie bei einem konventionellen Impfstoff den Aufbau des Immunschutzes bewirken.
Solche RNA- und DNA-basierten Impfstoffe haben den Vorteil, dass von ihnen sehr schnell viele Injektionsdosen produziert werden
können. Allerdings ist bislang noch gegen keine Krankheit ein solcher Impfstoff auf dem Markt.

Impfstoffe gegen andere Coronaviren
Auch wenn SARS-CoV-2 zuvor nicht in Erscheinung getreten ist, haben Impfstoff-Entwickler doch bereits Erfahrung mit anderen
Erregern aus der Familie Coronaviren. So zählte auch das von Ende 2002 bis Sommer 2003 aufgetretene SARS-Virus zu den Corona-
Viren. Seinerzeit wurden gleich 22 Projekte dagegen aufgelegt, die allerdings – weil das Virus wieder verschwand – nicht zu Ende
gebracht werden konnten. Doch lieferten einige Projekte gute Zwischenergebnisse.

Zu den Corona-Viren gehört auch das MERS-Virus, das 2012 von Kamelen auf den Menschen übersprang und seither immer wieder
schwere Atemwegsinfektionen verursacht (genannt "Middle East Respiratory Syndrome"). Seit einigen Jahren arbeiten mindestens
vier Unternehmen und mehrere Forschungsgruppen an Impfstoffen gegen das Virus; und auch hierbei werden einige von CEPI
unterstützt. Einen dieser Impfstoffe entwickelt das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) mit mehreren Partnern,
darunter dem Unternehmen IDT Biologica.
(1) Adjuvantien sind "Wirkverstärker" für Impfstoffe, die es unter anderem ermöglichen können, dass wesentlich weniger Virusprotein pro
Impfinjektion für eine Immunisierung ausreichen bzw. mit einer gegebenen Menge produziertem Virusprotein mehr Injektionsdosen hergestellt
werden können.

  Coronavirus-Infektionen in Deutschland
  Infektionen in Deutschland insgesamt: 18.610
  Zuletzt aktualisiert: 22.03.2020, 00:00

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