INTER* Informationen für Ärzt_innen, Therapeut_innen & andere pflegende und medizinische Berufsgruppen - VIMÖ

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TransInterQueer e.V.

                                  TrIQ und VIMÖ informieren
                       zu Intergeschlechtlichkeit / Variationen
                                   der Geschlechtsmerkmale

      INTER*
      Informationen für Ärzt_innen,
      Therapeut_innen & andere
      pflegende und medizinische
      Berufsgruppen
Vorab:
Was bedeutet inter*?
Unter dem Begriff inter* oder intergeschlechtlich fas-
sen wir Menschen zusammen, deren Körper nicht (in
allen Aspekten) den gängigen Vorstellungen und me-
dizinischen Normen von “weiblichen” oder “männli-
chen” Körpern entsprechen.                                 Warum diese Broschüre?
Inter* steht für ein breites Spektrum von angebore-        Wir leben in einer Gesellschaft, die von der Vorstel-
nen Variationen der Geschlechtsmerkmale.                   lung geprägt ist, dass es zwei Geschlechter gibt: Frau
                                                           und Mann. Die wenigsten Menschen lernen auf ihrem
                                                           Bildungsweg Lebensrealitäten und Körperlichkeiten
Variationen der Geschlechtsmerkmale?                       außerhalb dieser zweigeschlechtlichen Normvorstel-
Die Variationen können sich in den sekundären Ge-          lung kennen.
schlechtsmerkmalen wie Haarverteilung, Muskelmasse,
Brüsten, und Statur, in den primären Geschlechtsmerk-      Die Körper (und oft auch das Selbstverständnis) inter-
malen wie den Gonaden und Genitalien, in chromoso-         geschlechtlicher Menschen entsprechen dieser Norm
malen Strukturen und/oder in Hormonwerten zeigen.          nicht. Eine Behandlung nach “männlichen” oder
                                                           “weiblichen” Normwerten und Standards wird den
                                                           gesundheitlichen und psychosozialen Bedarfen von
Wann wird Intergeschlechtlichkeit erkannt?                 intergeschlechtlichen Menschen meist nicht gerecht.
Intergeschlechtlichkeit kann sich in allen Lebenspha-      Wird diese diese trotzdem durchgeführt, kann dies
sen zeigen:                                                schwerwiegende negative psychische und physische
• vor oder bei der Geburt                                  Folgen haben.
• während der Kindheit
• im Jugendalter / während der Pubertät                    Schlechte Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem
• im Erwachsenenalter.                                     haben fast alle intergeschlechtlichen Menschen ge-
                                                           macht, oft weil zu wenig spezifisches Wissen vorhan-
Manche Menschen stoßen erst über ihr Trans-Sein auf        den ist. Meist findet Diskriminierung statt, ohne dass
ihre Intergeschlechtlichkeit. Viele wissen selbst (noch)   die Person (oder Institution), die diskriminierend han-
nicht, dass sie intergeschlechtlich sind.                  delt, dies möchte oder überhaupt bemerkt.

                                                           Diese Broschüre soll Ihnen helfen, die Bedarfe inter-
                                                           geschlechtlicher Menschen besser zu verstehen und
                                                           Sie mit praktischen Tipps dabei unterstützen, auf die-
                                                           se einzugehen.

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Gesund oder krank?                                          Normierende und
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Intergeschlechtliche Menschen können, genauso wie
Menschen, die nicht intergeschlechtlich sind, medizi-       An vielen intergeschlechtlichen Menschen wurden medi-
nisch diagnostizierbare gesundheitliche Probleme ha-        zinische Eingriffe durchgeführt, in die sie nicht vollumfas-
ben. Diese können mit ihren Geschlechtsmerkmalen zu         send (d.h. auch über mögliche Alternativen) informiert
tun haben, oder auch nicht.                                 eingewilligt haben.
Aber: Intergeschlechtlichkeit per se ist keine Krankheit!
                                                            Eingriffe, die durchgeführt werden, um interge-
Intergeschlechtlichkeit ist allerdings eine sozio-kultu-    schlechtliche Körper so zu verändern, dass sie (ver-
relle Herausforderung in unserer binären Geschlechter-      meintlich) besser in die Norm von “weiblichen” oder
ordnung (also der Vorstellung, dass es zwei Geschlechter    “männlichen” Körpern passen (und nicht etwa um tat-
gibt: Frau und Mann). Dies kann auch zu psychosozialen      sächlich den Gesundheitszustand zu verbessern oder
Schwierigkeiten bei allen Beteiligten führen.               zu erhalten). Mit diesem Ziel vor Augen werden z.B.
                                                            Gonaden entfernt, Operationen an Genitalien vorge-
                                                            nommen oder Hormone verabreicht.

Psychosozialer Notfall?                                     Oft werden diese Eingriffe bereits im frühen Kindesalter
                                                            durchgeführt bzw. wird sogar pränatal eingegriffen, um
                                                            z.B. mittels Hormontherapie das Wachstum eines Ge-
Die Geburt eines intergeschlechtlichen Kindes wird oft      nitals zu beeinflussen. Wird eine Form von Interge-
als “psychosozialer Notfall” eingestuft. Diese Einstu-      schlechtlichkeit pränatal festgestellt, so wird häufig
fung basiert auf der Annahme, dass Körperlichkeiten,        gleich zu einem Schwangerschaftsabbruch geraten.
die nicht (ganz) den gängigen Vorstellungen und me-
dizinischen Normen von “weiblichen” oder “männ-             Nicht-konsensuelle normierende und kosmetische
lichen” Körpern entsprechen, automatisch soziale            medizinische Eingriffe an intergeschlechtlichen Perso-
Ausgrenzung bedeuten und ein glückliches Leben ver-         nen sowie Konversionstherapien stellen Menschen-
unmöglichen würden.                                         rechtsverletzungen dar und werden in immer mehr
                                                            Staaten explizit gesetzlich verboten.
Aus der Selbsthilfe- und Peer-Beratungsarbeit wissen
wir, dass dem nicht so ist und ein psychosozialer Not-      Auch aktuelle medizinische Leitlinien und Empfehlun-
fall am ehesten dann eintritt, wenn Eltern unter Druck      gen schlagen vor, möglichst sparsam mit Indikationen
gesetzt oder mit der Situation allein gelassen werden.      für irreversible medizinische Eingriffe an interge-
Durch die frühzeitige Einbindung von unabhängiger,          schlechtlichen Menschen umzugehen.
geschlechtliche Vielfalt bestärkender (Peer-)Beratung
kann ein solcher Notfall in den meisten Fällen abge-           Weitere Informationen zu medizinischen Leitlinien
wendet werden.                                                     bzw. Empfehlungen finden Sie auf den letzten
                                                                                 beiden Seiten dieser Broschüre.

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Gesundheitliche Bedarfe

Viele intergeschlechtliche Menschen haben gesund-
heitliche Bedarfe, die erst durch normierende medi-
zinische Eingriffe entstanden sind.

Wurden z.B. Gonaden entnommen, so gibt es danach
meist keine eigene relevante Hormonproduktion mehr
                                                            Begrifflichkeiten rund um
und die Person ist daraufhin auf eine (fortlaufende) Hor-   Intergeschlechtlichkeit
monersatztherapie angewiesen, um gesund zu bleiben.

Nach Genitaloperationen sind meist zahlreiche Fol-          Die medizinische Praxis und Forschung verwendet
geoperationen nötig und oft entsteht Narbengewebe,          vor allem die Begriffe »Varianten der Geschlechtsent-
das versorgt werden muss.                                   wicklung« und »DSD« um Intergeschlechtlichkeit bzw.
                                                            verschiedene Diagnosen, die intergeschlechtliche Kör-
Viele intergeschlechtliche Menschen sind traumatisiert      perlichkeiten beschreiben, zusammenzufassen. Beide
von medizinischen Eingriffen bzw. Untersuchungen, die       Begriffe leiten sich vom englischen Begriff “Disorders/
an ihnen durchgeführt wurden und brauchen qualifi-          Differences of Sex Development” ab, der seit dem Chi-
zierte psychologische bzw. psychotherapeutische Be-         cagoer Consensus Statement 2006 ältere Begriffe wie
gleitung, um ihre Erfahrungen aufzuarbeiten.                »Intersex/Intersexualität« oder »(Pseudo-)Hermaphro-
                                                            ditismus« ablösen sollte.
Leider ist das Aufsuchen von Praxen und Kranken-
häusern für viele intergeschlechtliche Menschen auf-        Um sich vom Begriff der Störung und allgemein von
grund von traumatisierenden Erfahrungen mit dem             Pathologisierung zu lösen, verwenden menschen-
medizinischen System nicht (oder nur eingeschränkt)         rechtsbasierte Organisationen aber meist lieber die
möglich.                                                    Begriffe Intergeschlechtlichkeit oder Variationen der
Dies führt oft dazu, dass sich nicht oder nur verspätet     Geschlechtsmerkmale.
um gesundheitliche Bedarfe gekümmert werden kann.
                                                            Im deutschsprachigen Raum verwenden interge-
Intergeschlechtliche Menschen haben ganz unter-             schlechtliche Menschen häufig inter* als (emanzipato-
schiedliche gesundheitliche Bedarfe, manche davon           rische) Selbstbezeichnung.
hängen direkt mit ihrer Intergeschlechtlichkeit zusam-
men bzw. mit Eingriffen, die an ihnen vorgenommen
wurden, weil sie intergeschlechtlich sind, andere nicht
(wie vermutlich eine Erkältung oder Zahnschmerzen).

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Expert_innen in eigener Sache

Im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen kön-             Viele intergeschlechtliche Menschen haben also ei-
nen sich intergeschlechtliche Menschen nicht darauf           nen sehr hohen Kenntnisstand über ihren eigenen
verlassen, dass Behandlungen nach “männlichen”                Körper, über ihre Organe, ihren Hormonstatus, geneti-
oder “weiblichen” Normwerten und Standards für sie            sche Gegebenheiten etc.
hilfreich sind.
                                                              Jedoch sind nicht alle intergeschlechtlichen Menschen
Gleichzeitig sind intergeschlechtliche Körper sehr indivi-    in der Lage, sich (allein) auf die Suche nach diesen
duell konstituiert und es gibt meist nur wenige Erfah-        wichtigen und oft für weitere Behandlungen dringend
rungswerte bzw. wissenschaftliche Erkenntnisse dazu,          benötigten Informationen zu machen und den damit
welche Behandlungen für welche(n) intergeschlechtli-          verbundenen Aufwand zu bewältigen. Manche Men-
che(n) Körper hilfreich sind.                                 schen brauchen dazu Ihre Unterstützung, z.B. indem
                                                              Sie auf Peer-Beratung und Selbsthilfe verweisen oder
Dadurch müssen sich viele intergeschlechtliche Men-           dabei helfen, Akteneinsicht zu fordern.
schen selbst auf die Suche nach diesen Informationen
machen, z.B. um herauszufinden, warum Behandlun-
gen nach “männlichen” oder “weiblichen” Normwer-
ten und Standards in der Vergangenheit nicht zielfüh-
rend waren, und was stattdessen hilfreich(er) wäre,
oder um von eigenen körperlichen Potenzialen (wie
z.B. Zeugungs- oder Gebärfähigkeit) zu erfahren.

Oft finden intergeschlechtliche Menschen diese Infor-
mationen in Peer-Beratung oder im Austausch mit an-
deren intergeschlechtlichen Menschen im Rahmen von                       Sehen Sie intergeschlechtliche Menschen,
Selbsthilfe.                                                  die Informationen über ihren eigenen Körper haben,
                                                                          als Expert_innen in eigener Sache an und
Auch die Einsicht in die eigenen medizinischen Akten                 unterstützen Sie jene, die mehr Informationen
kann hilfreich sein, wenn - wie so häufig - nicht klar ist,             über ihren eigenen Körper einholen wollen
was genau bei vergangenen Eingriffen gemacht wurde                                                    bzw. müssen.
bzw. welche Organe (noch) im eigenen Körper vorhan-
den sind. Leider wird diese Einsicht intergeschlechtli-
chen Menschen (trotz des gesetzlichen Anspruchs da-
rauf) häufig erst nach langer Wartezeit oder auch gar
nicht gewährt.

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Wie können Sie unterstützen?                              Die passende Sprache finden
                                                          Viele intergeschlechtliche Menschen finden erst spät
Individuelle Behandlung
                                                          die für sie passenden Worte, um über ihren Körper zu
Intergeschlechtliche Körper sind sehr individuell kon-    sprechen.
stituiert und es bedarf oft einer individuellen Be-
handlung, da Behandlungen nach “männlichen” oder          Dies liegt zum einen daran, dass Intergeschlechtlich-
“weiblichen” Normwerten und Standards oft nicht ziel-     keit oft tabuisiert wird und im sozialen Umfeld nicht
führend sind.                                             offen darüber gesprochen werden kann. Zum anderen
                                                          kennen viele intergeschlechtliche Menschen vor allem
                                                          medizinische Begriffe, die ihnen zugeschrieben wurden.
»Aber das wäre experimentell!«
Ja, exakt das ist es.                                     In medizinischen Zusammenhängen werden interge-
                                                          schlechtliche Körper durch viele verschiedene Diag-
                                                          nosen beschrieben: z.B. CAIS, PAIS, Hypospadie, AGS,
Mindestens genauso experimentell ist allerdings eine      Turner, Klinefelter, MRKH, PCOS, etc.
Behandlung nach “männlichen” bzw. “weiblichen”
Normwerten und Standards, da es kaum Studien dazu         Manche intergeschlechtlichen Menschen haben eine
gibt, wie sich diese auf intergeschlechtliche Men-        oder mehrere Diagnosen zugeschrieben bekommen,
schen auswirken.                                          andere wiederum nicht (z.B. weil ihr Körper zwar nicht
                                                          den gängigen „Geschlechternormen“ entspricht, aber
Darum ist es besonders wichtig, gemeinsam mit der je-     wiederum auch nicht die Voraussetzungen für eine be-
weiligen intergeschlechtlichen Person eine individuelle   stimmte Diagnose erfüllt).
Behandlung zu erarbeiten, mit der sich die Person ge-
sund und wohl fühlt.                                      Manche intergeschlechtlichen Personen finden die
                                                          ihnen zugeschriebenen Diagnosen hilfreich, andere
Dabei sollen die Wünsche und das geschlechtliche          nicht. Vor allem ist es aber schwierig, Peer-Beratung
Selbstverständnis der Person im Vordergrund stehen.       und Kontakt zu anderen intergeschlechtlichen Men-
Bedenken Sie dabei, dass nicht alle Menschen ge-          schen im Rahmen von Selbsthilfe zu finden, wenn
schlechtlichen Normen entsprechen wollen und kön-         lediglich eine Diagnose genannt wird, nicht aber “In-
nen. Ist eine Hormontherapie nötig, so soll z.B. nicht    tergeschlechtlichkeit” als Sammelbegriff für unter-
vom äußeren Erscheinungsbild einer Person oder de-        schiedlichste Variationen der Geschlechtsmerkmale.
ren Geschlechtseintrag im Personenstand abhängig ge-
macht werden, welche Hormone verschrieben werden,
sondern davon, womit sich die Person gut fühlt.                          Sie können Ihr Gegenüber unterstützen,
                                                                     indem Sie auf “Intergeschlechtlichkeit” oder
                                                                      “Variationen der Geschlechtsmerkmale” als
                                                                Sammelbegriffe hinweisen – und darauf, dass es
                                                               viele andere intergeschlechtliche Menschen gibt.

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Identitäten – Realitäten
Intergeschlechtliche Menschen haben unterschied-
liche Geschlechtsidentitäten bzw. Selbstdefiniti-
onen. Viele bezeichnen sich selbst z.B. mit einem
oder mehreren dieser Begriffe:

                                                         Praktische Anregung: Anrede
• Frau                      •   Zwitter                  • Fragen Sie nach, ob Sie Ihr Gegenüber mit Herr
     (mit einer Variation   •   Herm                         oder Frau oder auf eine andere Art (z.B. mit
     der Geschlechts-       •   inter*                       Vor- und Nachnamen) ansprechen sollen.
     merkmale)              •   zwischen-                •   Machen Sie gegebenenfalls einen Vermerk in Ihrer
•    Mann                       geschlechtlich               Datenbank, um zu gewährleisten, dass die Person
     (mit einer Variation   •   abinär                       von allen Mitarbeitenden dementsprechend
     der Geschlechts-       •   weder*noch                   aufgerufen wird.
     merkmale)              •   nicht-binär
•    inter* Frau            •   genderqueer              Die Geschlechtsidentität bzw. die gewünschte Anrede
•    inter* Mann            •   ...                      kann einer Person nicht angesehen werden (oder an
                                                         deren Stimme erkannt) und entspricht nicht immer
                                                         dem amtlichen Geschlechtseintrag.

Allen intergeschlechtlichen Menschen ist gemeinsam,
dass sie einen Körper haben, der nicht den „Geschlech-
ternormen“ entspricht.

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Praktische Tipps
für Gespräche, Untersuchungen
und Behandlungen:

Fragen Sie                                                Unterscheiden Sie
nach persönlichen Bedürfnissen und Grenzen und ver-       zwischen Ihrem persönlichen bzw. professionellen
mitteln Sie dann deutlich, dass das Gesagte bei Ihnen     Interesse und dem eigentlichen Grund der Frage, Un-
angekommen ist.                                           tersuchung oder Behandlung. Die meisten interge-
                                                          schlechtlichen Menschen werden sehr häufig nach
                                                          Geschlechtsmerkmalen, geschlechtlicher Identität, Se-
Beschreiben Sie                                           xualität etc. gefragt und empfinden dies oft als (sehr)
vor einer Untersuchung oder Behandlung Schritt für        unangenehm. Stellen Sie diese Fragen also nur, wenn
Schritt, was Sie vorhaben (Berührungen, Einführen von     diese Informationen unbedingt notwendig sind, um
Instrumenten etc.) und holen Sie das Einverständnis       das jeweilige Anliegen zu klären. Wenn dies der Fall ist,
ein, bevor (!) Sie beginnen.                              erklären und begründen Sie diese Notwendigkeit.

Achten Sie                                                Informieren Sie
verstärkt auf Signale Ihres Gegenübers: Fragen bzw.       über medizinische bzw. therapeutische Möglichkeiten
Behandlungs- oder Untersuchungsmethoden, die bei          und körperliche Potenziale (wie z.B. Zeugungs- oder Ge-
nicht intergeschlechtlichen Menschen in der Regel         bärfähigkeit).
kaum Unbehagen verursachen, können für diese Grup-
pe (re-)traumatisierend sein.
                                                          Bedenken Sie,
                                                          dass nicht alle Menschen geschlechtlichen Normen
Begegnen Sie                                              entsprechen wollen und können. Ob es z.B. den
Ihrem Gegenüber und dessen Anliegen besonders             Wunsch gibt, die Körperbehaarung zu verringern oder
wertschätzend und respektvoll. Viele intergeschlechtli-   Fortpflanzungsfähigkeit herzustellen, muss individuell
che Menschen haben die Erfahrung gemacht, für ihren       geklärt werden und ist etwas, was die Person selbst
Körper oder ihre Anliegen belächelt oder nicht ernst      äußern wird.
genommen zu werden. Mittels (Körper-)Sprache kön-
nen Sie klar kommunizieren, dass Sie die Anliegen Ihres
Gegenübers ernst nehmen und dessen Erscheinungs-
bild bzw. Körper nicht (be-)werten.

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Sind dafür nicht
Spezialist_innen zuständig?
Intergeschlechtliche Menschen kommen vermutlich
mit ganz unterschiedlichen Anliegen zu Ihnen, manche
hängen direkt mit ihrer Intergeschlechtlichkeit (bzw.
Eingriffen, die an ihnen vorgenommen wurden, weil sie
intergeschlechtlich sind) zusammen, andere nicht.

Vielleicht fühlen Sie sich überfordert von Anfragen von
intergeschlechtlichen Personen und würden lieber an
Kolleg_innen und Kliniken verweisen, die auf „DSD“
oder “Varianten der Geschlechtsentwicklung” spezia-
lisiert sind.

Manche intergeschlechtlichen Personen möchten al-          Inter* & Menschenrechte
lerdings gerade nicht zu diesen Kolleg_innen bzw. in
diese Kliniken, z.B. weil sie dort oder in ähnlichen Zu-   Intergeschlechtliche Menschen kämpfen seit Anfang
sammenhängen in der Vergangenheit schlechte bzw.           der 1990er Jahre um ihr Recht auf körperliche Un-
traumatisierende Erfahrungen gemacht haben.                versehrtheit und geschlechtliche Selbstbestimmung.
                                                           Mehrere Staaten haben bereits gesetzliche Verbote
Möglicherweise ist Intergeschlechtlichkeit aber auch       von nicht-konsensuellen, normierenden Eingriffen an
gar nicht das vorrangige Thema. Vielleicht sucht die       intergeschlechtlichen Personen beschlossen.
Person in Ihnen vor allem eine Vertrauensperson oder
Ihren fachlichen Rat in anderen Belangen. Finden Sie       Mehr zur Inter*-Menschenrechtsbewegung in ganz
heraus, was genau das Anliegen ist, bevor Sie weiter-      Europa: www.oiieurope.org.
verweisen oder dies vorschlagen.

Fast alle intergeschlechtlichen Menschen haben
schlechte Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem
gemacht und für sehr viele ist es ein große Überwin-
dung, Praxen und Kliniken aufzusuchen. Nehmen Sie es
wertschätzend zur Kenntnis, wenn sich eine interge-
schlechtliche Person hilfesuchend an Sie wendet und
versuchen Sie zu unterstützen.
                                                           Weitere Informationen zu unseren Angeboten
Sehr gerne können Sie sich mit Fragen diesbezüglich        finden Sie auf den letzten beiden Seiten
im Rahmen einer fachlichen Beratung an uns wenden.         dieser Broschüre.

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Fachliche Informationen
und Beratung
Fachliche Beratung und Fortbildungsangebote zu In-
tergeschlechtlichkeit / Variationen der Geschlechts-
merkmale sowie Peer-Beratung und Selbsthilfeange-
bote für intergeschlechtliche Menschen finden Sie bei:

VIMÖ und VARGES in Österreich:                           TrIQ in Berlin:

Verein Intergeschlechtlicher Menschen Österreich         TransInterQueer e.V. (TrIQ)
(VIMÖ)                                                   Fachstelle Trans*, Inter*, Nicht-binär
Interessenvertretung und Community-Angebote              www.inter.transinterqueer.org
info@vimoe.at, www.vimoe.at                              +49 178 80 59 389

VARGES – Beratungsstelle für Variationen                 Fachliche Beratung, Fortbildung &
der Geschlechtsmerkmale                                  Selbsthilfeangebote:
www.varges.at                                            inter@transinterqueer.org
+43 732 28 700 210 (Mo/Di 10-16 Uhr; Mi 14-20 Uhr)
                                                         Peer-Beratung:
Peer-Beratung: beratung@varges.at                        beratung@transinterqueer.org
Fortbildung & Consulting: bildung@varges.at

                                                         Medizinische Leitlinie
“Empfehlungen zu Varianten                               “Varianten der Geschlechtsentwicklung”
der Geschlechtsentwicklung”
                                                         Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaft-
Das österreichische Bundesministerium für Soziales,      lichen Medizinischen Fachgesellschaften) hat im Juli
Gesundheit und Konsumentenschutz hat im Septem-          2016 eine S2k-Leitlinie zu “Varianten der Geschlechts-
ber 2019 Empfehlungen zu “Varianten der Geschlechts-     entwicklung” herausgegeben. Diese finden Sie unter
entwicklung” herausgegeben. Diese finden Sie unter       www.awmf.org.
www.sozialministerium.at und einen Kommentar dazu
unter www.vimoe.at.

                                                         2. vollständig überarbeitete Auflage, Dezember 2020
                                                         (Die 1. Auflage wurde 2013 von TrIQ in Kooperation mit
                                                         OII-Deutschland herausgegeben)

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Diese Broschüre wurde ermöglicht
         durch eine Förderung der Berliner
               Senatsverwaltung für Justiz,
Verbraucherschutz und Antidiskriminierung.
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