Ökonomische Kennzahlen und betriebswirtschaftliche Bewertung von teilflächenspezifischen Pflanzenschutz-mittelapplikationen mit Direkteinspeisung ...
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Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Originalarbeit Sandra Rajmis1,2, Isabella Karpinski1, Hella Kehlenbeck1 Ökonomische Kennzahlen und betriebswirtschaftliche Bewertung von teilflächenspezifischen Pflanzenschutz- mittelapplikationen mit Direkteinspeisung und Assistenzsystem Key performance indicators and economic assessment of site-specific pesticide applications with direct injection and application assistance system 159 Zusammenfassung Ex-post-Bewertung zu unterstützen. Für die automati- sierte betriebswirtschaftliche Bewertung von teilflächen- Teilflächenspezifische Applikationen von Pflanzenschutz- spezifischen Pflanzenschutzmittelapplikationen wurden mitteln haben im Vergleich zu flächeneinheitlichen ein mehrere Kennzahlen identifiziert und innerhalb eines hohes Potenzial, die reduzierte Ausbringung von Pflan- Pflanzenschutzkosten- und Benchmark-Webservices im zenschutzmitteln zu fördern. Im Rahmen des For- Assistenzsystem implementiert. Die Applikationskosten schungsprojektes „AssSys“ wurden erstmals teilflä- enthalten neben den Pflanzenschutzmitteln auch die chenspezifische Pflanzenschutzmaßnahmen mit Direkt- Lohn- und Maschinenkosten für Bonituren und die Aus- einspeisung und einem automatisierten Applikations- bringung. Investitionskosten für die notwendige techni- Assistenzsystem für Herbizid- und Fungizidmaßnahmen sche Ausstattung zur teilflächenspezifischen Applikation ökonomisch bewertet. Die ökonomische Bewertung wurden berücksichtigt. Die ökonomische Szenarioana- basiert auf Feldversuchen und einer Szenarioanalyse. Die lyse ergab durchschnittliche Kosteneinsparungen bei Feldversuche wurden in den Jahren 2018 und 2019 in Pflanzenschutzmitteln, Lohn- und Maschinenkosten von Norddeutschland durchgeführt. Als wichtigste Kennzahl 26 % bis 66 % für teilflächenspezifischen Applikationen auf Betriebsebene wurde die direkt- und arbeitserledi- im Vergleich zur flächeneinheitlichen. Die durchschnitt- gungskostenfreie Leistung (DAL) herangezogen. In der liche DAL für teilflächenspezifische Applikationen von Szenarioanalyse wurden zwei teilflächenspezifische 787 € ha–1 im Vergleich zu 631 € ha–1 bei flächeneinheit- Anwendungsszenarien mit einer flächeneinheitlichen lichen zeigt einen klaren betriebswirtschaftlichen Vorteil Behandlung verglichen, bezogen auf einen Modellbe- der teilflächenspezifischen Szenarien. Die teilflächenspe- trieb. Die Unkrautbonituren wurden als (1) Standardver- zifische Applikation von Pflanzenschutzmitteln kann fahren gemäß dem integrierten Pflanzenschutz, (2) Landwirte bei der Umsetzung eines präzisen, nachhal- kamerabasiert und (3) drohnenbasiert in den Feldversu- tigen und wirtschaftlichen Pflanzenschutz-Managements chen durchgeführt. Das Assistenzsystem zielt darauf ab, unterstützen und dazu beitragen, die Ziele des neuen Landwirte bei der Entscheidungsfindung und prakti- europäischen Green Deals zur Reduzierung der Pflanzen- schen Umsetzung von teilflächenspezifischen Pflanzen- schutzmittelanwendungen und deren Risiken zu errei- schutzapplikationen in der Planungsphase oder einer chen. Affiliationen 1 Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow 2 TU Berlin, Zentrum Technik und Gesellschaft, Kaiserin-Augusta-Allee 104, 10553 Berlin Kontaktanschrift Dr. Sandra Rajmis, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, E-Mail: sandra.rajmis@tu-berlin.de Zur Veröffentlichung eingereicht/angenommen 22. Februar 2021/14. April 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Stichwörter: Teilflächenspezifische Pflanzenschutzappli- (PSM) auf das Notwendige Maß zu begrenzen und nach Originalarbeit kationen, Szenarioanalyse, Pflanzenschutzkosten-Web- dem Prinzip „so wenig wie möglich, so viel wie nötig“ service und Benchmark-Webservice, Reduzierung von durchzuführen. Dazu bedient man sich einer Fülle von Pflanzenschutzkosten, direkt- und arbeitserledigungs- Verfahren und Maßnahmen einschließlich moderner kostenfreie Leistung (DAL) Pflanzenschutztechnik und zunehmend von Methoden aus dem Bereich der Digitalisierung. Zudem spiegeln sich gesellschaftliche Forderungen nach einer Verringerung Abstract der Anwendung von PSM auch im Europäischen Green Deal wider und bedürfen geeigneter Verfahren und Site-specific pesticide applications have a high potential to Lösungsansätze. promote reductions in pesticides compared to conventional Precision Farming-Methoden (PF), wie die teilflächen- pesticide applications. Within the research project ‘AssSys’, spezifische Applikation von PSM, unterstützen das Ziel site-specific pesticide applications with a direct injection einer reduzierten Anwendung von PSM. Im Vergleich zu sprayer system and an automatic application assistant were flächeneinheitlichen PSM-Applikationen, die in der evaluated economically with respect to herbicide and fungi- Regel auf 100 % der Feldfläche durchgeführt werden, cide applications. The economic assessment was based on zielt die teilflächenspezifische PSM-Applikation nur auf field trials and scenario analysis. The field trials were con- die Bereiche des Feldes, in denen Unkräuter, Schädlinge ducted in 2018 and 2019 in the North of Germany. As key oder Krankheitserreger in einer Dichte auftreten, die die performance indicator at farm level, extended gross mar- Schadensschwelle überschreiten. Teilflächenspezifische 160 gins were calculated. In the scenario analysis, two site-spe- PSM-Applikationen mit Applikationsassistenzsystemen cific application scenarios were compared to conventional erfordern Applikationskarten, die sich auf die Boniturer- uniform treatment, referring to a model farm. Weed moni- gebnisse des jeweiligen zu behandelnden Schlages stüt- toring was conducted as (1) standard procedure according zen. Idealerweise werden diese Boniturdaten von Senso- to integrated pest management, (2) camera-based and (3) ren oder Drohnen generiert, was bisher in der landwirt- drone-based in the field trials. The application assistant schaftlichen Praxis noch unzureichend umgesetzt ist. aims to support farmers in decision-making and practical Landwirte in Deutschland setzen PF-Verfahren bisher implementation of site-specific pesticide applications either hauptsächlich zur Feldvermessung, Bodenbeprobung in the planning stage or as ex-post assessment. For the eco- und Ertragskartierung ein (HINCK et al., 2016). Die Zahl nomic assessment of site-specific pesticide applications, sev- der Landwirte und Lohnunternehmer, die PF-Verfahren eral key performance indicators were identified and imple- für Pflanzenschutzmaßnahmen einsetzen, steigt jedoch mented in the plant protection cost-webservice and bench- langsam an (RASMUSSEN et al., 2020). Obwohl die Investi- mark-webservice within the application assistant. Pesticide tionskosten für PF-Technologien noch relativ hoch sind, application costs include plant protection products as well nutzen acht von zehn deutschen Landwirten bereits diese as labour and machine costs of monitoring and pesticide Technologien. Unsicherheiten bestehen bei Landwirten applications. Investment costs of the necessary technical wegen der Datensicherheit (AGRA-EUROPE, 2020). equipment for site-specific applications were considered. In jüngster Zeit wurde das Applikations-Assistenzsys- The economic scenario-analysis showed average pesticide tem „Pflanzenschutz-Anwendungs-Manager“ (PAM) ent- cost savings (plant protection products, labour and machine wickelt, das in der Lage ist, die gesetzlichen Abstandsauf- costs) from 26 % to 66 % for site-specific applications com- lagen zu Gewässern und Landschaftsstrukturen bei der pared to conventional applications. The average extended PSM-Applikation automatisiert zu berücksichtigen, gross margin for site-specific applications of 787 € ha–1 nachdem alle abstandsrelevanten Landschaftstrukturen compared to 631 € ha–1 for conventional (uniform) appli- wie z. B. Hecken oder Gewässer vom Landwirt eingemes- cation indicates a clear economic advantage of the site-spe- sen wurden (FEDERLE et al., 2014, RAJMIS et al., 2016). In cific application scenarios. Site-specific pesticide applica- Erweiterung des Applikations-Assistenzsystems „PAM“, tions can support farmers in implementing precise, sustain- kann das neue Assistenzsystem, das für das Projekt „Ass- able and also economic pesticide management and may Sys“ entwickelt wurde, den Schritt des manuellen Einmes- thus contribute to meet the goals of the new European sens zur Berücksichtigung von Landschaftsstrukturen au- Green Deal to reduce pesticide use and risks of pesticides. tomatisieren. Die neuste Entwicklung im Bereich PF sind teilflä- Key words: site-specific pesticide applications, scenario chenspezifische Anwendungen von Feldspritzen mit analysis, plant protection cost-webservice and bench- Direkteinspeisung und Mehrkammersystem (DIS; POHL mark-webservice, pesticide cost savings, extended gross et al., 2017). Im Forschungsprojekt „AssSys“ (Assistenz- margin system für die teilflächenspezifische Applikation von Pflanzenschutzmitteln) wurden die DIS und ein im Pro- jekt entwickeltes Assistenzsystem untersucht und wirt- Einleitung schaftlich bewertet. Zudem wurden ein Pflanzenschutz- kosten-Webservice und ein Benchmark- Webservice an- Gemäß den Grundsätzen des integrierten Pflanzenschut- hand geeigneter ökonomischer Kennzahlen entwickelt zes (IPS) ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und implementiert. Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Benchmarking bezeichnet ursprünglich eine Manage- CHRISTENSEN, 2003, NORDMEYER et al., 2003, TIMMERMANN Originalarbeit mentmethode, mit der sich durch zielgerichtete Verglei- et al., 2003 sowie HUFNAGEL et al., 2004 beschrieben. che unter mehreren Unternehmen, Prozessen oder Pro- Ökonomische Bewertungsstudien zu PF-Technologien dukten das jeweils Beste als Referenz zur Leistungsopti- mit Assistenzsystem, Drohnen oder Sensoren und Direkt- mierung identifizieren lässt (DEUTSCHES BENCHMARKING einspeisung gibt es bisher jedoch nicht und wurden erst- ZENTRUM (DBZ), 2018; INFORMATIONSZENTRUM BENCHMAR- mals in der vorliegenden Arbeit vorgenommen. KING AM FRAUNHOFER INSTITUT (izB), 2018). Durch den Ver- gleich können Best oder Successfull Practices identifiziert Dabei stellten sich folgende Forschungsfragen: werden. Im nächsten Schritt müssen diese dann auf die (1)Welche Kosteneinsparungen können durch die teilflä- eigene Situation angepasst werden. Dabei werden chenspezifische Applikation von PSM erzielt werden? Kennzahlen zum Vergleich eingesetzt (DBZ, 2018; izB, (2)Welche weiteren wirtschaftlichen Vorteile ergeben 2018). Die Methode des Benchmarkings lässt sich auch sich aus den möglichen Kosteneinsparungen für einen auf einen landwirtschaftlichen Betrieb und die Bewer- landwirtschaftlichen Betrieb? tung von (PSM-)Maßnahmen, die auf dem Betrieb (3)Können die Kosteneinsparungen bei den PSM die Inves- durchgeführt werden, übertragen. Die beiden Webser- titionskosten für die PF-Technologie und das neu ent- vices für das Assistenzsystem wurden für die einzelbe- wickelte Applikationsassistenzsystem kompensieren? trieblich angepasste Entscheidungsunterstützung von Landwirten zur Optimierung der (teilflächenspezifi- schen) Pflanzenschutzmaßnahmen entwickelt und er- Material und Methoden 161 möglichen einen automatisierten Vergleich von ökono- mischen Kennzahlen innerhalb des eigenen Betriebes Vorgehensweise und mit anderen Betrieben innerhalb eines Betriebs- Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde die ökono- netzwerks. Geeignete ökonomische Kennzahlen charak- mische Grundlage einer einzelbetrieblich angepassten terisieren dabei die Wirtschaftlichkeit der verwendeten Entscheidungsunterstützung mithilfe web-basierter Sys- Maßnahmen und Verfahren für den Betrieb beispiels- teme entwickelt (Abb. 1; Teil A). Hierfür wurden ökono- weise hinsichtlich der Kosten oder Effizienz und basie- mische Kennzahlen für das Assistenzsystem identifiziert ren auf der betriebswirtschaftlichen Leistungs-Kosten- und in entsprechenden Webservices implementiert. Rechnung (z. B. SCHROERS & SAUER, 2011; MUßHOFF & Schließlich wurde einer der Webservices mit Hilfe von HIRSCHAUER, 2016). generischen Applikationsmustern aus Brandenburg ge- Reduzierte Herbizidanwendungen bei teilflächenspe- testet. zifischen PSM-Applikationen im Vergleich zu flächenein- Die Ermittlung der wirtschaftlichen Vorteile teilflä- heitlichen Applikationen wurden z. B. von GERHARDS & chenspezifischer PSM-Applikationen mit Hilfe des Assis- Abb. 1. Vorgehensweise bei der betriebswirtschaftlichen Bewertung. Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart tenzsystems erfolgte auf der Grundlage von Feldversu- mera durchgeführt. Die Drohne diente dabei als Träger- Originalarbeit chen in den Jahren 2018 und 2019 sowie für einen theo- system. Für die Analyse wurde nicht die gesamte Fläche retischen Modellbetrieb in Norddeutschland. Hierfür überflogen, sondern ein Punktraster mit einer Raster- wurde eine Szenarioanalyse mit verschiedenen Varian- größe von 12 × 12 m. Die RGB-Bilder wurden mit einer ten der teilflächenspezifischen Bonitur und PSM-Appli- selbstentwickelten Künstlichen Intelligenz nach dem Ver- kation durchgeführt (Abb. 1; Teil B). fahren der Farb- und Formerkennung analysiert (KÄMPFER et al., 2021, in diesem Themenheft). Kennzahlen Die Kennzahlen des Pflanzenschutzkosten- und Szenarioanalyse Benchmark-Webservices umfassen standardisierte Kenn- Für die Szenarioanalyse wurde ein Modellbetrieb auf zahlen aus der betriebswirtschaftlichen Leistungs-Kos- Grundlage der Daten aus den Feldversuchen zu Lohn- ten-Rechnung oder zusammengesetzte Kennzahlen aus und Maschinenkosten aller Feldarbeitsprozesse und der diesen, welche die landwirtschaftliche Intensität und technischen Ausstattung angenommen und an Szena- Produktivität beschreiben (SCHROERS & SAUER, 2011; rio-Annahmen (inklusive Sensor- und Drohnenausstat- VOLLRATH, 2011; ATTAR et al., 2012; MUßHOFF & HIRSCHAU- tung) mit einer durchschnittlichen Feldgröße von 10 ha ER, 2016). Letztere sind zum einen an Buchführungs- angepasst. Dies bedeutet, dass die Investitionskosten der kennzahlen angelehnt und zum anderen aus dem Farm PF-Technologie in den Herbizid- und Fungizidkosten mit Management-Informationssystem (FMIS) relativ einfach Lohn- und Maschinenkosten für Bonituren und Ausbrin- zu berechnen. Auswahlkriterien für die Kennzahlen in- gung in den verschiedenen Szenarien enthalten sind. Die 162 nerhalb des Benchmark-Webservices waren die Verfüg- Auswahl der eingesetzten Betriebsmittel und Mengen ba- barkeit von Datenquellen (z. B. über FMIS) und ein mög- sierte auf den Feldversuchen, ausgenommen Fungizide. lichst einfaches Handling der Kennzahlen(-komponen- Die teilflächenspezifische Applikation der Fungizide ten). wurde auf Basis von Bonituren durchgeführt, die für ein im Projekt entwickeltes Prognosemodell zur Vorhersage Feldversuche der Wahrscheinlichkeit des Auftretens pilzlicher Scha- Die Feldversuche wurden an drei Standorten (Sickte, derreger dienten (HERRMANN, 2020 bzw. HERRMANN et al., Osterwieck und Cappeln) im Nordwesten Deutschlands 2021, in dieser Sonderausgabe). Die Fungizidkostenbe- in den Jahren 2018 und 2019 auf sechs Versuchsparzellen rechnungen (Mittel, Aufwandmenge) in den Feldversu- durchgeführt. Es wurden Winterweizen, Sommerweizen chen erfolgten gemäß diesem Ansatz. Für die Szenario- und Wintergerste angebaut. Die Böden der Versuchsflä- analyse wurden erweiterte Annahmen getroffen chen deckten das Spektrum von sandigem bis tonigen (Tab. 1). Die Auswahl der PSM und Aufwandmengen ba- Lehm ab und repräsentieren eine Bodengüte von 40 bis sierte auf den Feldversuchen und die zu behandelnden 80 Bodenpunkten, was einer mittleren bis guten Boden- Flächenanteile auf Expertenannahmen (POHL et al., qualität entspricht. Die Unkrautbonituren wurden 1.) als 2021, in diesem Themenheft, Tab. 1). In den Feldversu- Standardverfahren nach IPS (BARZMAN et al., 2015), 2.) chen wurden teilflächenspezifische und flächeneinheitli- kamerabasiert und 3.) drohnenbasiert in den Feldversu- che Applikationen im Frühjahr oder Herbst durchge- chen durchgeführt. Die Unkrautdetektion per Kamera führt. In der Szenarioanalyse wurde für die flächenein- und Drohne wurde mit einer hochauflösenden RGB-Ka- heitliche Applikation jeweils eine Applikation im Früh- Tab. 1. Übersicht zu den Annahmen der Szenario-Analyse. Flächeneinheitliche Applikation Teilflächenspezifische Applikation Szenario S0 Szenario S1 Szenario S2 (S1 a und b) (S2 a, b und c) Technische Ausstattung Durch den Landwirt Sensor (Online) Drohne/Drohnenservice (Offline) für die Bonitur (kein Sensor, keine Drohne) Datentransfer automatisch zum Datentransfer durch den Landwirt FMIS1 zum FMIS Feldspritze (kein Assistenzsystem) Assistenzsystem und Applikationskarten Herbizid-Applikationen 100 % des Schlages Fall 1: 40 % Herbizid A, 30 % Herbizid B Fall 2: 30 % Herbizid A, 20 % Herbizid B, 30 % Herbizid C Fungizid-Applikationen 100 % des Schlages Fall 1: 66 % Fungizid A/B, Fall 2: 75 % Fungizid A/B Fall 3: 33 % Fungizid A/B Fall 4: 25 % Fungizid A/B 1Farm Management-Informationssystem Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart jahr und eine im Herbst unterstellt. Für die teilflä- Im Einzelnen beinhaltet Variante S1 a.) die Anschaf- Originalarbeit chenspezifische Applikation wurde aufgrund der erst im fung eines DIS-Pflanzenschutzgerätes, eines Assistenz- Frühjahr zuverlässigen Größe der Unkräuter für die auto- systems und von Sensoren. Variante S1 b.) unterscheidet matisierte Unkrauterkennung nur eine Applikation im sich von der ersten Variante nur darin, dass hier statt der Frühjahr angenommen. Lohn- und Maschinenkosten für Neuanschaffung ein vorhandenes Standard-Spritzgerät Bonituren, Aussaat, Bodenbearbeitung, Düngung, zu einem DIS-Spritzgerät aufgerüstet wurde. Im teilflä- PSM-Ausbringung und Ernte wurden nach KTBL chenspezifischen Szenario 2 simuliert Variante S 2a.) die (2018/2019) ermittelt und orientieren sich am Modellbe- Anschaffung eines DIS-Pflanzenschutzgerätes, eines trieb. Assistenzsystems und einer Drohne. Variante S2 b.) Dazu wurde ein typischer Modellbetrieb angenom- unterscheidet sich von der ersten Variante wiederum nur men. Der Modellbetrieb der Szenarioanalyse lag in Nord- darin, dass hier anstelle der Neuanschaffung ein vorhan- deutschland und hatte eine Größe von 1.000 ha. Die denes Standard-Spritzgerät zur einem DIS-Spritzgerät durchschnittliche Jahrestemperatur betrug 9,7°C, der aufgerüstet wurde. In Variante S2 c.) wurde die Aufrüs- durchschnittliche Jahresniederschlag lag bei 626 mm. Es tung zu einem DIS-Pflanzenschutzgerät, die Anschaffung wurde angenommen, dass im Modellbetrieb ein Traktor eines Assistenzsystems und ein Drohnenservice durch mit FarmManagement-Informationssystem (FMIS), Er- einen externen Dienstleister simuliert. tragskartierung, DGNSS und Parallelfahrsystem einge- Für die Berechnung der Annuität wurden zehn Jahre setzt wurde. Es wurde eine Hof-Feld-Entfernung von 5 Nutzungsdauer angenommen. Um die Lohnkosten für km und eine Wasseraufwandmenge von 300 l je ha ange- die Bonituren in den Szenarien S1 und S2 nicht zu unter- 163 nommen. Dieselkosten von 0,75 € je Liter und Lohnkos- schätzen, beinhalten sie die dreifache Arbeitszeit von S0. ten von 20 € pro Stunde wurden berücksichtigt (KTBL, 2018/2019). Die Herbizid- und Fungizidpreise basierten Webservices auf den gängigen Handelspreislisten für Pflanzenschutz- Im Rahmen des Projektes wurden für das automatisierte mittel (AGRAVIS RAIFFEISEN AG, 2019/2020). Die Erzeuger- Assistenzsystem verschiedene Webservices entwickelt preise, die Kosten für Saatgut und Düngemittel stamm- und programmiert. Ziele des Zusammenspiels der Web- ten aus der Agrarstatistik (AMI, 2019/2020, BMEL, services waren die Generierung einer Applikationskarte 2019/2020). Waren für eine Feldparzelle keine Ertrags- zur Unterstützung der Landwirte bei teilflächenspezifi- daten verfügbar, wurden Daten aus der Agrarstatistik für schen PSM-Applikationen sowie die betriebswirtschaftli- weitere Berechnungen verwendet (BMEL, 2019/2020). che Bewertung dieser Applikationen. Für die Ermittlung der Lohn- und Maschinenkosten in Eine Übersicht zur Struktur des neu entwickelten auto- den flächeneinheitlichen Szenarien wurde eine Pflanzen- matischen Applikations-Assistenzsystems mit seinen schutz-Anhängespritze mit 27 m Arbeitsbreite, 4.000 l implementierten Webservices und deren Interaktionen Tankvolumen, 83 kW Maschinenleistung verwendet (KTBL, findet sich in (SINN & GOLLA, 2021, in diesem Themen- 2018/2019). Für die Berechnung der Lohn- und Maschi- heft). Alle benötigten Informationen innerhalb der Web- nenkosten in den teilflächenspezifischen Szenarien wurde services können in Echtzeit abgerufen werden. Die Kenn- eine Pflanzenschutzspritze mit Direkteinspeisung und zahlen der beiden Webservices wurden als Kostendienst in zwei Kammern (DIS) mit 27 m Arbeitsbreite, 6.000 l Be- GetDist4Agri (SINN & GOLLA, 2019) zugänglich gemacht. hältervolumen und 70 kW Maschinenleistung unterstellt. Der Pflanzenschutzkosten-Webservice berechnet die Da nur Daten von wenigen Versuchsflächen zur Verfü- Kosten für PSM-Applikationen, einschließlich den Lohn- gung standen, wurde für die ökonomische Gesamtbewer- und Maschinenkosten für Bonituren und Ausbringung. tung der teilflächenspezifischen Applikation mit Assistenz- Der Benchmark-Webservice baut auf dem Pflanzen- system und DIS eine Szenarioanalyse durchgeführt. Dazu schutzkosten-Webservice auf und somit kann über eine wurde ein typischer Modellbetrieb in Norddeutschland Verknüpfung zusätzlich die Arbeitsproduktivität (ATTAR angenommen. Drei Szenarien wurden entworfen: S0 si- et al., 2012) und die Arbeitsintensität der PSM-Applika- mulierte betriebsübliche Methoden der Bonitur und der tion (VOLLRATH, 2011) sowie die direkt- und arbeitserledi- flächeneinheitlichen PSM-Ausbringung auf 100 % der gungskostenfreie Leistung (DAL; SCHROERS & SAUER, Feldfläche nach IPM-Methoden, S1 und S2 unterstellten 2011; MUßHOFF & HIRSCHAUER, 2016) ermittelt werden. teilflächenspezifische Methoden der Bonitur und PSM- Der Benchmark-Webservice soll Landwirte dabei unter- Ausbringung. In S1 und S2 wurden Applikationskarten stützen, ihre aktuelle Pflanzenschutzstrategie zu verbes- verwendet, um die teilflächenspezifische PSM-Applikation sern. von Herbiziden und Fungiziden zu unterstützen. In S1 ba- Zur Überprüfung der Implementierung und Funktionsfä- sierten die Applikationskarten auf Online-Sensordaten higkeit wurde der Pflanzenschutzkosten-Webservice mithil- (H-Sensor zur Unkrauterkennung und P3-Sensor zur Mes- fe von generischen Applikationsmustern aus Brandenburg sung von Wuchshöhe, Biomasse sowie Anzahl und Positi- und entsprechenden Varianten zur teilflächenspezifischen on der Blattschichten zur Vorbereitung von Fungizidbe- und flächeneinheitlichen Ausbringung von Herbiziden handlungen, AGRICON, 2020). In S2 wurde Offline-RGB- getestet. Eine Schätzung der zu behandelnden Flächenan- Bilderfassung durch eine Drohne eingesetzt. In S1 wurden teile in den Applikations-Varianten des Testlaufs erfolgte auf zwei weitere Varianten (S1 a und b), in S2 drei weitere Basis von Expertenwissen. Eine Übersicht zum Pflanzen- Varianten der Szenarien (S2 a, b, und c) unterstellt. schutzkosten- und Benchmark-Webservice zeigt Abb. 2. Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Originalarbeit Abb. 2. Pflanzenschutzkosten- und Benchmark-Webservice. 164 Gesamtbewertung kosten der fest angestellten Arbeitskräfte wurden einge- Die ökonomische Gesamtbewertung in AssSys basiert auf schlossen, da sie dem jeweiligen Feldarbeitsprozess di- einer Szenarioanalyse, die sich auf den Vergleich von rekt zuzuordnen sind und somit einen Einflussfaktor dar- teilflächenspezifischen mit flächeneinheitlichen PSM- stellen. Zusätzlich zu den erzielten Erlösen wurden die Applikationen in Feldversuchen stützte. Standardisierte Betriebskosten für Bonitur, Aussaat, Bodenbearbeitung, betriebswirtschaftliche Kennzahlen wurden für die Ana- Düngung, PSM-Ausbringung und Ernte einschließlich lyse verwendet, die auf der Teilkostenrechnung basieren Lohn- und Maschinenkosten berücksichtigt. Für die neu- (SCHROERS & SAUER, 2011; MUßHOFF & HIRSCHAUER, 2016). en PF-Technologien wurden Hardware-, Software- und Die Kosten der Herbizid- und Fungizidapplikationen Servicekosten mit (in die Lohn- und Maschinenkosten) wurden um die festen Arbeitskosten „erweitert“ und eingerechnet. Die DAL wurde für jede Kultur auf der je- ermöglichten so einen Vergleich der untersuchten Appli- weiligen Versuchsparzelle für das jeweilige Jahr berech- kationsstrategien anhand der direkt- und arbeitserledi- net. Es wurde ein Zinssatz von 3 % für gebundenes Kapi- gungskostenfreien Leistung (DAL; Abb. 3). Die Arbeits- tal angenommen. Ergebnisse Im Folgenden werden zunächst die Kennzahlen für den Pflanzenschutzkosten- und Benchmark-Webservice vor- gestellt und ihre Anwendung im Assistenzsystem erläu- tert (Abb. 1; Teil A). Daran schließt sich die Darstellung Verwendete Kennzahlen: der Ergebnisse zu den Investitionskosten des Assistenz- systems mit Sensor bzw. Drohne und einer DIS-Pflanzen- Erlöse (nach Trocknung) schutzspritze in den Szenarien an (Abb. 1; Teil B). Die - Direktkosten Saatgut Vorstellung der Ergebnisse zu Einsparungen bei Herbi- Bodenbearbeitung zid- und Fungizid-Applikationskosten und der DAL run- Dünger den den Ergebnisteil ab (Abb. 1; Teil B). PSM Ernte Ökonomische Kennzahlen für den Pflanzenschutz- - Lohnkosten inkl. Bonituren kosten-Webservice - Maschinenkosten inkl. jährliche Investitionskosten von DIS und Assistenzsystem, Zinssatz 3 % Die Berechnung der Kennzahlen, ihre Bedeutung im Ver- gleich von teilflächenspezifischer und flächeneinheitli- = Direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung (DAL) cher Applikation sowie die Herkunft der jeweiligen Da- tenquelle innerhalb der Webservices sind in Tab. 2 darge- stellt. Einige Daten (z. B. Boniturzeiten) müssen vom Szenario-Analyse auf Basis von Feldversuchen Landwirt selbst eingegeben werden, wenn er die entspre- chende Kennzahl berechnen möchte, da sie in der jetzi- gen Umsetzung noch nicht aus dem FMIS heraus expor- Modellbetrieb tiert werden können (z. B. über andere Webservices oder eine vorhandene Ackerschlagdatei). Es kann jedoch auch Abb. 3. Ökonomische Gesamtbewertung. eine Standard-Daten-Zusammenstellung, die im System Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart hinterlegt ist, genutzt werden. Der Pflanzenschutzkos- Als Datenquelle für den Ertrag dient hier die digitale Originalarbeit ten-Webservice berechnet die PSM-Applikationskosten Ackerschlagdatei bzw. das FMIS. Der Erzeugerpreis (Kennzahl 1) und beinhaltet die Mittelkosten, die Lohn- muss durch den Landwirt selbst in das System eingege- und Maschinenkosten der Bonitur und der PSM-Ausbrin- ben werden, falls er die Berechnung des Erlöses durch gung. Als Datenquelle dient der Pflanzenschutzkos- das Assistenzsystem in Anspruch nehmen möchte. Die ten-Webservice. pflanzenschutzkostenfreie Leistung (Kennzahl 3) setzt sich Mit einem erfolgreichen Testlauf konnte die gelungene aus dem Erlös und den Pflanzenschutzkosten zusam- Implementierung und Funktionsfähigkeit des Pflanzen- men. Wurde diese bereits abgefragt, kann die Informa- schutzkosten-Webservices gezeigt werden. In einem tion im FMIS für weitere Abfragen hinterlegt werden. zweiten Schritt wurde der Pflanzenschutzkosten-Webser- Die Informationen zu den Pflanzenschutzapplikations- vice mit anderen Webservices des Assistenzsystems, wie kosten kommen dabei aus dem Pflanzenschutzkosten- dem Benchmark-Webservice verknüpft, um weitere Webservice. Die direkt- und arbeitserledigungskostenfreie betriebswirtschaftliche Kennzahlen, die auf den Pflan- Leistung (DAL; Kennzahl 4) errechnet sich dabei aus dem zenschutzapplikationskosten basieren, zu berechnen. Erlös abzüglich den Direktkosten für Saatgut, Dünger, PSM und weitere Betriebsmittel und den Arbeitserledi- Ökonomische Kennzahlen für den Benchmark-Web- gungskosten für alle erforderlichen Arbeitsgänge. Auch service die Direktkosten muss der Landwirt selbst ins System Für den Benchmark-Webservice wurden sechs weitere einpflegen, falls er eine Berechnung der DAL wünscht. Kennzahlen identifiziert, die zum Teil auf die Kennzah- Gleiches trifft auf die Arbeitserledigungskosten zu. Die 165 len des Pflanzenschutzkosten-Webservices zugreifen. Arbeitsintensität (Kennzahl 5) setzt sich aus dem Quo- Eine genaue Beschreibung bzw. die Berechnung der tienten von PSM-Kosten zu den Arbeitserledigungskos- Kennzahlen findet sich in Tab. 2. Der Erlös (Kennzahl 2) ten der Bonitur und PSM-Ausbringung zusammen. Je bildet zusammen mit den PSM-Applikationskosten (Kenn- kleiner die Arbeitsintensität ausfällt, desto höher ist zahl 1 des Pflanzenschutzkosten-Webservices) die Grund- der Anteil an Arbeitserledigungskosten an den PSM- lage der Berechnungen weiterer Kennzahlen und setzt Kosten. Je größer der Wert für die Arbeitsintensität sich aus dem Ertrag und dem Erzeugerpreis zusammen. ausfällt, desto geringer ist der Anteil an Arbeitserledi- Tab. 2. In den Webservices implementierte Kennzahlen zur Bewertung teilflächenspezifischer PSM-Applikationen (TFA). Datenquelle Berechnung innerhalb des Assistenzsystems Ergebnis vor- teilhaft, wenn Kennzahl in TFA … Kennzahl 1a: Pflan- PS-Kosten- PSM-Kosten + Bonitur (LK + MK) + Ausbringung (LK + MK) c < flächen- zenschutz-Applika- Webservice b einheitlich tionskosten Kennzahl 2: Erlös FMIS/Selbst- Ertrag (dt je ha) × Erzeugerpreis (€ je dt) > flächen- eingabe einheitlich Kennzahl 3: Pflan- FMIS/PS- = Erlös – Pflanzenschutzkosten > flächen- zenschutzkosten- Kosten-Webservice einheitlich freie Leistung Kennzahl 4: Direkt- FMIS/Selbst- = Erlös > flächen- und arbeitserledi- eingabe/PS-Kos- – Summe Direktkosten (Saatgut, Dünger, PSM) einheitlich gungskostenfreie ten-Webservice Leistung (DAL) – Summe Arbeitserledigungskosten (Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung, Bonitur, PSM-Ausbringung, Ernte) Kennzahl 5: Ar- PS-Kosten- PSM – Kosten < flächen- beitsintensität Webservice --------------------------------------------------------------------------------------------------------- einheitlich Bonitur ( LK + MK ) + Ausbringung ( LK + MK ) Kennzahl 6: Arbeits- PS-Kosten- Pflanzenschutzkostenfreie Leistung > flächen- produktivität Webservice --------------------------------------------------------------------------------------------------------- einheitlich Bonitur ( LK + MK ) + Ausbringung ( LK + MK ) Kennzahl 7: Jährl. Selbsteingabe Jährliche Technikkosten des Feldspritzgerätes < flächen- Mindesteinsatzflä- -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- einheitlich che Eingesparte PSM – zusätzliche LK der PF-Technologie a Kennzahlen 1 bis 6 in Euro je ha, Kennzahl 7 in ha pro Jahr b Pflanzenschutzkosten-Webservice c LK: Lohnkosten; MK: Maschinenkosten Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart gungskosten an den PSM-Kosten. Möchte ein Landwirt Direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung (DAL) in den untersuchten Szenarien Originalarbeit z. B. den Anteil seiner Arbeitszeit an den PSM-Kosten reduzieren, dann müsste er versuchen, die Arbeitsin- Die DAL ist in den untersuchten teilflächenspezifischen tensität seiner Maßnahme zu erhöhen. Die Arbeitspro- Szenarien ökonomisch vorteilhafter als im flächenein- duktivität (Kennzahl 6) wird durch den Quotienten der heitlichen Szenario (Tab. 4). Der ökonomische Vorteil pflanzenschutzkostenfreien Leistung (Kennzahl 3) und (Differenz Szenario S1 bzw. S2 zu S0 in %) der DAL in den Arbeitserledigungskosten der Bonitur und PSM- den teilflächenspezifischen Szenarien gegenüber dem Ausbringung beschrieben. Wenn die Arbeitsproduktivi- Mittelwert des flächeneinheitlichen Szenarios liegt zwi- tät beispielsweise bei der Applikation der Teilfläche schen 18 % und 22 %. Im Mittel der untersuchten Jahre höher ausfällt als bei der flächeneinheitlichen, dann ist und Flächen lag die DAL bei 631 € je ha im flächenein- dies ein Indikator für eine optimierte Pflanzen- heitlichen Szenario im Vergleich zu 787 € je ha bei den schutz-Maßnahme. teilflächenspezifischen Szenarien, womit der ökonomi- Schließlich kann innerhalb des Benchmark-Webser- sche Vorteil bei 156 € je ha bzw. 20 % gegenüber dem vices die Mindesteinsatzfläche in ha (Kennzahl 7) berech- Szenario S0 liegt. Am Größten war der wirtschaftliche net werden (LETTNER et. 2001). Hierbei handelt es sich Vorteil in der DAL zwischen der Variante S2 c und dem um diejenige Fläche in einem landwirtschaftlichen Be- Szenario S0 mit 174 € je ha bzw. 22 %. Dies ist damit zu trieb, die jährlich mindestens behandelt werden muss, begründen, dass die untersuchte Variante S2 c die güns- damit der Einsatz der PF-Technologie für den Betrieb tigste Technikausstattung hat. wirtschaftlich lohnenswert ist. Sie setzt sich zusam- Verglichen mit den Einsparungen an PSM in den 166 men aus den jährlichen Technikkosten des PF-Feld- teilflächenspezifischen PSM-Applikationen, die zu erheb- spritzgerätes, den durch die teilflächenspezifische Ap- lichen Kosteneinsparungen führten, fielen die PF-Tech- plikation eingesparten PSM-Applikationskosten und nikkosten in den Szenarien (umgerechnet pro ha und den zusätzlichen Lohnkosten pro Jahr inklusive Boni- Jahr) nicht so stark ins Gewicht. Die Herbizidkosten turen. (inkl. Mittel, Lohn- und Maschinenkosten der Bonituren und Ausbringung) im flächeneinheitlichen Szenario S0 Investitionskosten des Assistenzsystems mit Sensor lagen bei 169 € je ha, in den teilflächenspezifischen bzw. Drohne und einer Pflanzenschutzspritze mit Szenarien bei durchschnittlich 58 € (Abb. 4). Die Herbi- Direkteinspeisung (DIS) zidkosten (inkl. Mittel, Lohn- und Maschinenkosten der Die jährlichen Investitionskosten in den Teilflächenva- Bonituren und Ausbringung) in den teilflächenspezifi- rianten (Tab. 3) variieren zwischen 21 € je ha je nach schen Szenarien wiesen somit eine Bandbreite zwischen Technikausstattung mit Direkteinspeisung, Assistenzsys- 50 € je ha und 65 € je ha auf. Als Szenario mit den größ- tem und Drohnenservice durch externe Dienstleister (S2 ten Herbizideinsparungen im Vergleich zu S0 stellte sich c) und 37 € je ha mit Direkteinspeisung, Assistenzsystem das Szenario S1 c heraus, wo auch die Investitionskosten und eigenem Sensor (S1 a). Die Anschaffung von Senso- am Niedrigsten waren. Das Szenario mit den höchsten ren zur Unkrauterkennung und Bestimmung der Bestan- Herbizidkosten war S1 a, wo auch die höchsten Investi- desdichte ist mit 56.000 € (S1 a und b) teurer im Ver- tionskosten zu verzeichnen waren. In analoger Weise gleich zur Anschaffung einer Drohne mit ca. 9.000 € (S2 präsentierten sich die Ergebnisse zu den Fungizidkosten a und b). Um die Investitionskosten zur Anschaffung ei- (inkl. Mittel, Lohn- und Maschinenkosten der Bonituren nes neuen DIS-Pflanzenschutzgerätes nicht zu unter- und Ausbringung). Diese wiesen in den teilflächenspezi- schätzen, wurden die maximalen Kosten für ein System fischen Szenarien eine Bandbreite zwischen 112 € je ha mit zwei Kammern mit 140.000 € angenommen (S1 a und 128 € je ha auf, im Vergleich zum Szenario S0, das und S2 a). Für die Szenarien mit Aufrüstung statt Neuan- bei 164 € je ha lag. schaffung wurde vorausgesetzt, dass ein Standardspritz- Betrachtet man alle Produktionsprozesse, lagen die gerät nach KTBL von 27 m Arbeitsbreite mit zwei zusätz- höchsten Kosten beim Pflanzenschutz, gefolgt von den lichen Düsenleitungen ausgestattet wird, was Investi- Kosten für die Ernte, die Bodenbearbeitung, die Aussaat tionskosten von 98.000 € (S1 b, S2 b und c) ergibt. Die und die Düngung. Kosten des Assistenzsystems, das für alle teilflächenspe- Es zeigte sich also, dass die Teilflächenbehandlung zifischen Szenarien vorgesehen ist, betragen jährlich auch bei den Gesamtkosten unter Einbeziehung der 0,17 € je ha und setzen sich aus einem Basis-Paket für Investitionskosten der PF-Technologie in die Lohn- und Hosting-Service, Software Updates und Anwender-Sup- Maschinenkosten von Bonituren und Applikationen port zusammen. Beim flächeneinheitlichen Szenario fal- (zzgl. Mittelkosten) um durchschnittlich 154 € je ha len lediglich Lohn- und Maschinenkosten für Bonituren (20 %) günstiger ausfiel. Dieses Ergebnis spiegelte sich und PSM-Applikationen in Höhe von 13 € je ha an. auch in der DAL wider. Insgesamt betragen die jährlichen Technikkosten so- mit für die teilflächenspezifische PSM-Applikation mit Assistenzsystem und Sensor bzw. Drohne 37 € je ha im Fazit teuersten Fall (S1 a) und im günstigsten Fall 21 € je ha (S2 c). Dies ist im Durchschnitt ein Unterschied von 17 € Um Landwirten einen automatisierten einzelbetrieblich je ha. angepassten und einen Vergleich mit anderen Betrieben Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Tab. 3. Investitionskosten der untersuchten Szenarien mit Sensor bzw. Drohne. Originalarbeit Betriebsübli- Teilflächenspezifische Bonitur und Applikation che Bonitur Szenario Sensor (S1) Szenario Drohne (S2) und Applika- tion (S0) S1 a S1 b S2 a S2 b S2 c Boniturmethode durch Sensor Sensor Drohne Drohne Drohnen- Landwirt Service Annahmen für Pflanzenschutzgerät – neu Aufrüstung neu Aufrüstung Aufrüstung (DIS) Investitionskosten der Teilflächenap- – 151.000 109.000 151.000 109.000 109.000 plikation [€] einschließlich Pflanzenschutz- – 140.000 98.000 140.000 98.000 98.000 spritze (DIS) [€] einschließlich Job Computer mit – 7.000 7.000 7.000 7.000 7.000 ISOXML-Support [€] einschließlich Assistenzsystem [€] – 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 Investitionskosten der Bonitur [€] – 56.000 56.000 8.899 8.899 – 167 einschließlich Online-Sensoren - 56.000 56.000 – – – (Unkrauterkennung, Bestandes- dichte) [€] oder Offline-Drohne zur Unkraut- – – – 8.899 8.899 – erkennung a [€] Summe der Investitionskosten [€] – 207.000 165.000 159.899 117.899 109.000 (1) Jährliche Boniturkosten (ohne – 9,54 9,54 2,83 2,83 0,50 Arbeitskosten) [€ ha -1] (1a) Arbeitskosten der Bonitur/ Erstel- 2,69 – – 3,97 3,97 – lung der Applikationskarte b [€ ha -1] (1b) Jährliche Reparatur- und Service- – 0,38 0,38 – – – kosten der Sensornutzung [€ ha -1] (2) Jährliche Ausbringungskosten (ohne – 21,50 15,52 21,50 15,52 15,52 Reparatur, Diesel und Arbeitskosten) [€ ha -1] (2a) Reparaturkosten, Dieselkosten und – 5,20 5,20 5,20 5,20 5,20 Arbeitskosten der Ausbringung [€ ha -1] (2b) Jährliche Kosten Hosting, Software – 0,17 0,17 0,17 0,17 0,17 Updates, Anwender-Support (Assis- tenzsystem) [€ ha -1] Summe jährliche Boniturkosten (1, 1a 2,69 9,92 9,92 6,80 6,80 0,50 and 1b) [€ ha -1] Summe jährliche Ausbringungskosten 9,94 26,87 20,89 26,87 20,89 20,89 (2, 2a and 2b) [€ ha -1] Summe jährliche Kosten inkl. Services 12,63 36,79 30,81 33,67 27,69 21,39 [€ ha -1] c a DJI P4 Multispectral kostet 5.999 EUR und enthält eine Jahreslizenz für die Windows-Software DJI Terra (Basic) und für die iPad-App DJI GS Pro (Team-Professional). Mit der Mobile Station D-RTK 2 kostet die Drohne 8.899 Euro; b in S2 a und b: Lohnkosten und Softwarekosten zur Erstellung einer Applikationskarte; c Berechnung der jährlichen Investitionskosten nach Annuitätenformel bezüglich bestimmter Kenngrößen zu ermöglichen, wur- Anhand von Berechnungen zu Kosteneinsparungen den Kennzahlen für den Pflanzenschutzkosten- und teilflächenspezifischer Herbizid- und Fungizidapplikatio- Benchmark-Webservice identifiziert. Beide wurden in nen im Vergleich zu flächeneinheitlichen Applikationen, das Assistenzsystem integriert, der Pflanzenschutzkos- wurde der Einsatz des Assistenzsystems „AssSys“ betriebs- ten-Webservice konnte mit generischen Applikations- wirtschaftlich bewertet. Des Weiteren wurde die DAL als mustern aus Brandenburg erfolgreich getestet werden. Kennzahl zur ökonomischen Bewertung herangezogen. Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Tab. 4. Direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung (DAL) der untersuchten Szenarien. Originalarbeit Teilflächenspezifische Applikation Flächenein- heitliche Appli- S1 aa S1 b S2 a S2 b S2 c kation (S0) Standort, Jahr, Kultur € ha–1 € ha–1 Sickte 15 (2018) WW 501 756 768 762 774 786 Cappeln (2018) WW 371 477 489 484 496 508 Osterwieck 1 (2018) SW 569 696 708 702 714 726 Osterwieck 2 (2018) WW 459 601 613 607 619 631 Sickte 15 (2019) WG 834 701 713 707 719 732 Sickte 1 + 2 (2019) WW 843 1211 1223 1218 1230 1242 Sickte 9 (2019) WW 838 973 985 979 991 1004 Mittelwert 631 787 c Differenz S1/S2 zu S0 142 154 149 161 173 Ökonomischer Vorteil b [%] 18 20 19 20 22 168 a S1 a: Feldspritzgerät mit Direkteinspeisung (DIS) + Assistenzsystem (AAS) + Sensor; S1 b: Aufrüstung Feldspritze zu DIS + AAS + Sensor; S2 a: DIS + AAS + Drohne; S2 b: Aufrüstung Feldspritze zu DIS + AAS + Drohne; S2 c: Aufrüstung Feldspritze zu DIS + AAS + Drohnen-Service b Der ökonomische Vorteil ist die Differenz aus DAL S1 bzw. S2 zu S0. c Mittelwert der Szenarien S1 und S2 900 800 Kosten der Produktionsprozesse [€ ha -1 ] 700 600 500 400 300 200 100 0 S0 S1 a S1 b S2 a S2 b S2 c Herbizidkosten (Miel, Bonitur, Ausbringung) Fungizidkosten (Miel, Bonitur, Ausbringung) Kosten der Aussaat Düngekosten (N, P, K) Bodenbearbeitungskosten Erntekosten Abb. 4. Direkt-, Lohn- und Maschinenkosten der Produktionsprozesse im flächeneinheitlichen Szenario (S0) und den teilflächenspezifischen Szenarien. (S1 a: Feldspritzgerät mit Direkteinspeisung (DIS) + Assistenzsystem (AAS) + Sensor; S1 b: Aufrüstung Feldspritze zu DIS + AAS + Sensor; S2 a: DIS + AAS + Drohne; S2 b: Aufrüstung Feldspritze zu DIS + AAS + Drohne; S2 c: Aufrüstung Feldspritze zu DIS + AAS + Drohnen-Service) Die eingangs gestellten Forschungsfragen können nun Die Ergebnisse der Szenarioanalyse zeigen, dass die beantwortet werden: Kosteneinsparungen bei den teilflächenspezifischen (1) Welche Kosteneinsparungen können durch die teil- Applikationen gegenüber dem flächeneinheitlichen Sze- flächenspezifische Applikation von Pflanzenschutzmitteln nario bei den Herbiziden im Mittel bei 111 € je ha bzw. erzielt werden? 66 % lagen. In der Literatur finden sich Angaben zu Her- Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart bizideinsparungen von 40 % bis 90 % (NORDMEYER et al., bei GERHARDS et al. (2004) insgesamt 21 € je ha für On- Originalarbeit 2003, TIMMERMANN et al., 2003, GERHARDS & CHRISTENSEN, line-Verfahren und 25 € je ha für Offline-Verfahren an. 2003, HUFNAGEL et al., 2004). Somit liegen die in der vor- Auch hier liegen damit die ermittelten Ergebnisse im liegenden Studie ermittelten Ergebnisse durchaus im Größenbereich vergleichbarer Studien. Bereich vergleichbarer Untersuchungen. Die beschriebene PF-Technologie und das Assistenz- (2) Welche weiteren wirtschaftlichen Vorteile ergeben system können helfen, PSM-Applikationen und damit sich aus den möglichen Kosteneinsparungen für einen land- entsprechende PSM- und Applikationskosten zu redu- wirtschaftlichen Betrieb? zieren. Hierfür müssen sie in der landwirtschaftlichen In den teilflächenspezifischen Szenarien konnte ein Praxis genutzt werden. Dabei ist die Investitionsförde- ökonomischer Vorteil (bzgl. DAL) gegenüber der flächen- rung eine Möglichkeit, die Landwirte bei der Einfüh- einheitlichen Applikation von 18 % bis 22 % erzielt wer- rung von PF-Technologien zu unterstützen. Es besteht den. Am größten war dieser im Szenario 2 c, wo anstelle aber noch weiterer Forschungsbedarf zur Weiterent- der Neuanschaffung die Aufrüstung einer Pflanzen- wicklung und vollständigen Integration der beschrie- schutzspritze, die Anschaffung eines Assistenzsystems benen Webservices in Applikations-Assistenzsysteme, und ein Drohnenservice durch einen externen Anbieter u. a. hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit und Ver- simuliert wurde. Der „geringste“ ökonomische Vorteil fügbarkeit von Daten, die innerhalb des Systems ge- (immer noch bei 18 %) im Vergleich der flächen- nutzt werden können. einheitlichen zur teilflächenspezifischen Applikation In welchem Umfang der Einsatz von PF-Technologien ergab sich in Szenario 1 a, wo die Anschaffung von Sen- zu einer reduzierten Ausbringung von PSM führt, hängt 169 soren zur Unkrauterkennung und Bestimmung der von vielen Faktoren ab, u. a. von der feldinternen He- Bestandesdichte sowie eines Assistenzsystems und einer terogenität, der Fruchtfolge und der Produktionsinten- DIS-Spritze simuliert wurde. sität. Im Bereich der Sensorik und datenbasierten (3) Können die Kosteneinsparungen bei den teilflä- Lösungen werden aktuell Unkrautsensoren im Zucker- chenspezifischen PSM-Applikationen die Investitionskosten rübenanbau und im Weizen (MAHLEIN & STOCKFISCH, für die PF-Technologie und des neu entwickelten Applika- 2020) sowie im Obst- und Weinbau erprobt (DUCKETT et tionsassistenzsystems kompensieren? al., 2018). Laufende Forschung im Bereich der Sensorik Unter den getroffenen Annahmen lagen die jährli- untersucht Methoden zum Deep-Learning (DUCKETT et chen Investitionskosten des Assistenzsystems, einer al., 2018), insbesondere bei der Interpretation von Sen- DIS-Pflanzenschutzspritze und einer Drohne zur Un- sordaten, einschließlich der automatischen Unkrauter- krauterkennung oder von Sensoren zur Unkrauterken- kennung. nung bzw. zur Bestimmung der Bestandesdichte in den Im Bereich der PF-Robotik werden Kamerasysteme in teilflächenspezifischen Szenarien 9 € je ha bis 24 € je Kombination mit mechanischen Unkrautbekämpfungs- ha (im Mittel 17 € je ha) über denen des flächenein- methoden in Reihenkulturen entwickelt und erprobt heitlichen Szenarios. Mit 111 € je ha (Herbizide) bzw. (z. B. Systeme von farming revolution oder FarmDroid; 43 € je ha (Fungizide) lagen die Einsparungen bei den WEILAND, 2020). Auch hochpräzises punktuelles Sprühen PSM deutlich über den Investitionskosten. Unter Ein- von Herbiziden mit Feldrobotern wird untersucht (z. B. beziehung der Investitionskosten in den Lohn- und ecoRobotix; WEILAND, 2020). Neben der mechanischen Maschinenkosten der teilflächenspezifischen Applika- Unkrautbekämpfung und dem hochpräzisen punktuellen tionen zeigte sich, dass die Teilflächenbehandlung bei Sprühen wird die Unkrautbekämpfung mit Lasern er- den jährlichen Gesamtkosten der PF-Technologie forscht (DUCKETT et al., 2018). Vor allem arbeitsintensive günstiger ausfiel. Auch die DAL in den teilflächenspe- Kulturen mit hohen Erträgen und hohen Erlösen pro Flä- zifischen Szenarien (unter Berücksichtigung der Erlö- cheneinheit wie Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüse se) war höher als im flächeneinheitlichen Szenario. werden für neue autonome Systeme in Betracht gezogen Somit zeigte sich, dass die teilflächenspezifische (PEDERSEN et al., 2007). Die Unkrautbekämpfung mit au- PSM-Applikation wirtschaftlicher war als die flächen- tomatisierten Systemen jenseits von Reihenkulturen einheitliche. erfordert eine sehr präzise Positionierung der Kultur- Lediglich auf einer von sieben Versuchsflächen er- pflanze (DUCKETT et al., 2018) und ist bisher nicht praxis- wies sich die teilflächenspezifische PSM-Applikation reif. in der Szenarioanalyse nicht als vorteilhaft. GERHARDS Weiterer Forschungsbedarf besteht im Bereich der au- et al. (2004) haben jährliche Investitionskosten für tonomen Roboterplattformen, die nahe an der Pflanze Bonituren mit PF-Technologie von 7 € je ha für On- arbeiten (entweder am Boden oder aus der Luft), insbe- line-Verfahren mit Kamera und 11 € je ha für Offline-Ver- sondere mit interaktiven oder taktilen Eigenschaften, fahren ermittelt, sowie 14 € je ha für eine Dreikam- z. B. zum Pflücken von Weichobst (DUCKETT et al., 2018). merspritze (mit 21 m Arbeitsbreite) zur teilflächenspe- Der Einsatz von heterogenen „multi-modalen“ Plattfor- zifischen Ausbringung von PSM. In der vorliegenden men, die bodengebundene und luftgestützte PF-Techno- Studie lagen die ermittelten jährlichen Investitions- logien kombinieren, bietet das größte Potential für die kosten für Online-Verfahren bei 31 bis 37 € je ha und bei automatisierte Unkrautbekämpfung sowie die Erken- Offline-Verfahren zwischen 21 und 34 € je ha, inklusive nung von Pflanzenkrankheiten (DUCKETT et al., 2018, der Kosten für die Ausbringungstechnik. Somit fallen BARRETO et al., 2021). Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
Journal für Kulturpflanzen, 73 (5-6). S. 159–170, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.08 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Erklärung zu Interessenskonflikten KÄMPFER, C., L. ULBER, C. WELLHAUSEN, M. PFLANZ, 2021: Unkrauter- kennung und Kartierung zur automatischen Applikationskarten- Originalarbeit erstellung im Pflanzenschutz. Journal für Kulturpflanzen 73 Die Autoren erklären, dass keine Interessenskonflikte (5/6), 121–130, DOI: 10.5073/JfK.2021.05-06.04. vorliegen. KTBL, 2018/2019: KTBL-Feldarbeitsrechner. URL: https://daten. ktbl.de/feldarbeit/entry.html, Zugriff am 1.12.2020. LETTNER, J., K. HANK, P. WAGNER, 2001: Ökonomische Potenziale der teilschlagspezifischen Unkrautbekämpfung. Berichte über Land- Literatur wirtschaft 79, 107-139. MAHLEIN, A.-K., N. STOCKFISCH, 2020: Pflanzenschutz digitalisieren und optimieren: Projektstart FarmerSpace in Göttingen. Zucker- AGRA-EUROPE, 2020: Acht von zehn Bauern setzen bereits digitale rübe 69 (5), 36-37. Techniken ein. 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Journal für Kulturpflanzen 73. 2021
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