Korrelation kognitiver Defizite mit MRT-volumetrischen Untersuchungen bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom - OPARU
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Universität Ulm Klinik für Neurologie Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. A. C. Ludolph Korrelation kognitiver Defizite mit MRT- volumetrischen Untersuchungen bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin (Dr. med.) der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Martin Stephan Kunz geboren in Bad Saarow-Pieskow 2019
II Amtierender Dekan: Prof. Dr. rer. nat. Thomas Wirth 1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Jan Kassubek 2. Berichterstatter: Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Georg Grö n Tag der Promotion: 15.10.2020
III Teile der Arbeit sind in dem folgenden Fachartikel publiziert: Gorges M, Kunz MS, Müller HP, Liepelt-Scarfone I, Storch A, Dodel R, Hilker-Roggendorf R; LANDSCAPE Consortium, Berg D, Kalbe E, Braak H, Del Tredici K, Baudrexel S, Huppertz HJ, Kassubek J. Longitudinal brain atrophy distribution in advanced Parkinson's disease: What makes the difference in "cognitive status" converters? Hum Brain Mapp. 2020 Apr 15;41(6):1416-1434. doi: 10.1002/hbm.24884. Epub 2019 Dec 2. PMID: 31789477; PMCID: PMC7267933. © 2019 The Authors. Human Brain Mapping published by Wiley Periodicals, Inc. This is an open access article under the terms of the Creative Commons Attribution License, CC BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ which permits use, distribution and reproduction in any medium, provided the original work is properly cited.
IV Inhaltsverzeichnis ABKÜRZUNGEN ......................................................................................................................................... VII 1. EINLEITUNG ............................................................................................................................................ 1 1.1 NEUROPATHOLOGISCHES STADIENMODELL DES M. PARKINSON ............................................................................ 1 1.2 KOGNITIVER FUNKTIONSVERLUST ALS NICHT-MOTORISCHES SYMPTOM DES M. PARKINSON ....................................... 2 1.3 BILDMORPHOLOGISCH FASSBARE VERÄNDERUNGEN BEIM M. PARKINSON-ASSOZIIERTEN KOGNITIVEN FUNKTIONSVERLUST ...................................................................................................................................................................... 5 1.4 FRAGESTELLUNG DIESER ARBEIT ...................................................................................................................... 7 2. METHODEN ............................................................................................................................................. 9 2.1 CHARAKTERISIERUNG DER STUDIENTEILNEHMER................................................................................................. 9 2.2 MAGNETRESONANZTOMOGRAPHIE................................................................................................................ 18 2.3 STATISTISCHE METHODEN ........................................................................................................................... 20 3. ERGEBNISSE .......................................................................................................................................... 23 3.1 VERTEILUNG DER ATROPHIE BEI IPS-PATIENTEN ZU STUDIENEINTRITT .................................................................. 23 3.2 VOLUMENÄNDERUNGEN ............................................................................................................................. 23 3.3 VERÄNDERUNGEN DER KORTIKALEN DICKE ...................................................................................................... 26 3.4 PROGRESSION DER ATROPHIE IN DEN MESSUNGEN DER VOLUMINA UND KORTIKALEN DICKE .................................... 30 3.5 VERTEILUNG UND PROGRESSIONSRATE DER ATROPHIE BEI „KONVERTERN“............................................................ 32 4. DISKUSSION .......................................................................................................................................... 35 4.1 BILDMORPHOLOGISCHE KORRELATE ZUM KOGNITIVEN FUNKTIONSVERLUST BEIM M. PARKINSON .............................. 35 4.2 DETERMINIERUNG DES KOGNITIVEN FUNKTIONSVERLUSTES DURCH DIE KORTIKALE AUSDÜNNUNG DES ANTERIOREN CINGULÄREN KORTEX........................................................................................................................................ 37 4.3 VERÄNDERUNGEN DER STRUKTURELLEN UND FUNKTIONELLEN KONNEKTIVITÄT BEIM M. PARKINSON.......................... 39
V 4.4 LIMITATIONEN DER STUDIE .......................................................................................................................... 41 4.5 AUSBLICK ................................................................................................................................................. 41 5. ZUSAMMENFASSUNG ........................................................................................................................... 42 6. LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................................................ 44 DANKSAGUNG .......................................................................................................................................... 59 LEBENSLAUF ............................................................................................................................................. 59
VI Abkürzungen ABV Atlasbasierte Volumetrie ACC Anteriorer cingulärer Kortex BA Brodmann Areal cPD-N M. Parkinson mit Konversion des kognitiven Status CERAD Neuropsychologische Testbatterie des `Consortium to Establish a Registry for Alzheimer’s Disease´ DMN Default Mode Netzwerk DTI Diffusions-Tensor-Bildgebung FLAIR Fluid Attenuated Inversion Recovery GM Graue Substanz IPS Idiopathisches Parkinson-Syndrom LEDD Tägliche Levodopa-Äquivalenz-Dosis M Morbus MMST Mini Mental State Examination MNI Montreal Neurological Institute MPRAGE Magnetization Prepared Rapid Gradient Echo MRT Magnetresonanztomographie n.a. Nicht auswertbar nPD-N M. Parkinson ohne Konversion des kognitiven Status PANDA Parkinson Neuropsychometric Dementia Assessment PCC Posteriorer cingulärer Kortex PD Morbus Parkinson PD-CI M. Parkinson mit kognitiver Beeinträchtigung PD-N M. Parkinson ohne kognitive Beeinträchtigung PD-D Parkinsonassoziierte Demenz PD-MCI M. Parkinson mit milder kognitiver Beeinträchtigung ROI a priori definierte Region UPDRS Unified Parkinson’s Disease Rating Scale WM Weiße Substanz
1 1. Einleitung Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS), auch Morbus Parkinson (aus dem Englischen Parkinson‘s Disease, PD) genannt, ist die weltweit häufigste im Erwachsenenalter auftretende neurodegenerative Bewegungsstörung (Kalia u. Lang 2015). Sie ist nach der Alzheimererkrankung die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung mit einer Prävalenz von circa 1% bei Erwachsenen über 65 Jahren (Recchia et al. 2004). Benannt ist die Erkrankung zu Ehren von James Parkinson, welcher sie 1817 als ‘Schüttellähmung’ erstbeschrieb (Parkinson 1817). Das IPS als eine Multisystemerkrankung geht einher mit einem Verlust selektiv vulnerabler Zellen über einen Zeitraum von bis zu mehreren Jahrzehnten (Samii et al. 2004, Poewe u. Mahlknecht 2014). Für lange Zeit wurde es als Bewegungsstörung auf dem Boden motorischer Kardinalsymptome charakterisiert (Hughes et al. 1992). Diese beinhalten die Bradykinese, den Tremor, den Rigor und die posturale Instabilität (Okun 2012). Neben dem weiterhin zentralen Motorsyndrom wird das Vorhandensein nicht-motorischer Symptome jedoch zunehmend evident und ist von klinischer Relevanz (Chaudhuri et al. 2011). Diese nicht-motorischen Symptome wie Schlafstörungen, Störungen des autonomen und sensorischen Nervensystems sowie der Kognition können im Verlauf zusammen mit motorischen Symptomen auftreten (Park u. Stacy 2009; Okun 2012). Das IPS ist multifaktorieller Ätiologie und Umweltfaktoren wird eine Rolle zugeschrieben (Ascherio u. Schwarzschild 2016). Auch das Alter erscheint als bedeutender Risikofaktor (Kalia u. Lang 2015). Die Mechanismen der Entstehung benötigen weiterhin einer umfassenden Aufklärung und stehen im Blickpunkt der aktuellen Forschung. 1.1 Neuropathologisches Stadienmodell des M. Parkinson Neuropathologisch zeichnet sich das IPS durch die Lewy Pathologie mit Lewy Neuriten und Lewykörperchen aus. Grundlage hierfür sind fehlgefaltete und aggregierte Formen eines präsynaptischen neuronalen Proteins – Alpha-Synuclein – die zu einer Degeneration der betroffenen Zelltypen führen (Dickson et al. 2009). Studien von Braak und Mitarbeitern (Braak et al. 2003; Braak u. Del Tredici 2009; Junker u. Walker 2013, Jucker u. Walker 2018) beschreiben die Erkrankung als eine sich systematisch ausbreitende Pathologie, bedingt durch
2 die Transmission von Alpha-Synuclein. Diese Propagation kann neuropathologisch in 6 aszendierende Krankheitsstadien, auch Braak-Stadien genannt, eingeteilt werden. Die Stadien 1 bis 3 werden als prämotorische Phase kategorisiert. Ausgehend von möglichen Prädilektionsstellen im enterischen Nervensystem und dem Bulbus olfactorius werden zunächst die dorsalen motorischen Kerne des Nervus vagus erreicht (Stadium 1), gefolgt von der Medulla oblongata und dem pontinem Tegmentum (Stadium 2). Im weiteren Verlauf werden über den Mandelkern einerseits ü bergeordnete Zentren des limbischen Systems, andererseits Zentren des motorischen Systems, wie beispielsweise die Substantia nigra, erreicht (Stadium 3). Weitere Komponenten des motorischen Systems mit dem Thalamus und dem Striatum kommen im Stadium 4 hinzu. Außerdem erreicht der pathologische Prozess in Stadium 4 auch den temporalen Mesokortex und von hier aus sensorische Assoziationsfelder und den präfrontalen Kortex. Zuletzt werden ausgedehnte kortikale Assoziationskortizes und weitere Teile der Basalganglien geschädigt (Stadien 5 und 6) (Kassubek 2018). Die motorischen Symptome resultieren insbesondere aus einem dopaminergen Defizit des nigro-striatalen Systems, während die koexistierende, sich ausbreitende Alpha-Synuclein- Pathologie über die Basalganglien hinaus zu einer Vielzahl von nicht-motorischen Symptomen führt (Braak u. Del Tredici 2009). Bemerkenswert ist, dass sich klinisch fassbare motorische Symptome nicht vor Stadium 3 manifestieren beziehungsweise erst nach einem Verlust von cirka einem Drittel der striatalen dopaminergen Nervenzellendigungen des Mittelhirns zeigen (Schapira et al. 2014). Infolgedessen ist ein früherer Beginn des IPS mittlerweile akzeptiert und präklinische Biomarker erscheinen als eine aussichtsreiche Untersuchungsmethode als Basis für mögliche krankheitsmodifizierende Therapien (Akhtar u. Stern 2012). 1.2 Kognitiver Funktionsverlust als nicht-motorisches Symptom des M. Parkinson James Parkinson berichtete 1817 in seiner Erstbeschreibung, dass der Intellekt nicht beeinträchtigt sei, da er annahm, dass kognitive Defizite nicht Teil des idiopathischen Parkinson-Syndroms seien (Parkinson 1871). Erst nachfolgende Autoren beschrieben kognitive Funktionsverluste und Persönlichkeitsveränderungen (Gibb u. Poewe 1986; Gibb 1986). Friedrich Lewy stellte in seiner Monografie beispielsweise fest, dass 54 von 70
3 Patienten erhebliche psychische Störungen aufwiesen (Lewy 1923). Mittlerweile ist bekannt, dass die große Mehrheit der Patienten im Verlauf der Erkrankung kognitive Defizite bis hin zu einer Demenz entwickelt, welche sich in 83% der Patienten mit einer Krankheitsdauer von 20 Jahren zeigt (Hely et al. 2008). Aktuelle Studien berichten außerdem ein höheres kumulatives Demenzrisiko für IPS-Patienten im Vergleich zur Normalbevölkerung: Übersichtsarbeiten beschreiben eine Punktprävalenz von 25-30% (Aarsland et al. 2018), Williams-Gray et al. 2013 nannten Prävalenzen von 15-20% nach 5 Jahren und 46% nach 10 Jahren Erkrankungsdauer. Einzelne Studien geben jedoch auch geringere Prävalenzen an (Pigott et al. 2015). IPS-Patienten, welche eine kognitive Beeinträchtigung zeigen (PD-CI), lassen sich in solche mit einer milden kognitiven Beeinträchtigung (PD-MCI) und einer Parkinson-assoziierte Demenz (PD-D) unterteilen. PD-MCI ist durch die MCI-Kriterien charakterisiert (Petersen et al. 2004) die durch umfassende neuropsychologische Tests für jede der fünf kognitiven Domänen Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Sprache, exekutive und räumlich-visuelle Funktionen festgestellt werden kann. Eine Beeinträchtigung besteht, wenn in einer der Domänen eine Abweichung von 1 bis 2 Standardabweichungen (SD) - unter Berücksichtigung von Alter, Bildung, Geschlecht und Herkunft - vorliegt, diese jedoch die Aktivitäten des täglichen Leben nicht signifikant erschweren (Litvan et al. 2011). Die klinischen Aspekte der PD-D beinhalten ausgeprägte kognitive Defizite im Bereich der Aufmerksamkeit, der exekutiven und visuell-räumlichen Kontrolle sowie des Gedächtnisses, die das alltägliche Leben substantiell beeinträchtigen (Emre et al. 2007). Ursächlich für einen kognitiven Funktionsverlust kann eine Koexistenz von α-Synuclein- und Amyloidpathologie in diesem Bezug synergistische Prozesse hervorrufen (Braak et al. 2005; Berg et al. 2014). Das IPS ist einerseits eine α-Synuclein-vermittelte Erkrankung, darüber hinaus legen Autopsiestudien und Studien zu Liquorbiomarkern nahe, dass eine Amyloidpathologie in einigen Fällen zu einer kognitiven Beeinträchtigung bei IPS-Patienten beiträgt (Irwin et al. 2013). Der pathologische Prozess in den Basalganglien, insbesondere in ihren assoziativen kognitiven Bereichen, kann mit einer ausgedehnten kortikalen und limbischen Beteiligung zu einer Neurodegeneration, neuronalem Zellverlust und Ablagerung von Lewy Körperchen und damit zu kognitiven Defiziten beitragen (Braak et al. 2005).
4 Auch zerebrovaskuläre Prozesse können zu kognitiven Funktionsverlusten führen, wesentlich scheinen hier eine Mikroangiopathie und Hyperintensitäten der weißen Substanz zu sein, welche sich in der zerebralen Bildgebung darstellen (Biundo et al. 2016). Zudem spiegelt die kognitive Beeinträchtigung auch einen Mangel an dopaminergen, cholinergen, serotonergen und noradrenergen Neurotransmittern wider. Gestützt wird dies durch neuropathologische und funktionelle Neuroimaging-Studien (Kim et al. 2017; Ray et al. 2018). Weiterhin liefern Studien Hinweise für eine „duale Hypothese“, welche die interindividuelle Variabilität der Ausprägung und des medikamentösen Ansprechens der kognitiven Defizite erklären kann: Erstens einer frontostriatalen – exekutiven Dysfunktion, assoziiert mit einem Dopaminverlust sowie dem COMT (Catechol-O-Methyl-Transferase) -Genotyp. Es liegt eine dopaminerg vermittelte kognitive Beeinträchtigung vor. Und zweitens eine dopamin- unabhängige Komponente, die in Form einer posterioren kortikalen Dysfunktion mit Einschränkungen der Sprache, semantischen Wortflüssigkeit und räumlich-visuellen Orientierung, assoziiert mit einer Alzheimer-Pathologie, nicht-dopaminergen Transmittern und dem Apolipoprotein Epsilon 4 (ApoE4) Genotyp (Kehagia et al. 2012; Goldman et al. 2018) besteht. Andere genetische Risikofaktoren für ein IPS wie α-Synuclein-Duplikationen und - Triplikationen, GBA- (Beta-Glukosylceramidase) und MAPT- (Mikrotubulin assoziiertes Protein Tau) Mutationen werden mit kognitiven Defiziten und Demenz in Verbindung gebracht. Die Studienergebnisse sind widersprüchlich hinsichtlich der Rolle von Polymorphismen in BDNF- (Brain-derived neurotrophic factor) und COMT-Genen bei kognitiven Beeinträchtigungen (Halliday et al. 2014). In Studien mit Nicht-Parkinson-Populationen konnte gezeigt werden, dass Begleiterkrankungen wie Adipositas, Diabetes mellitus und Arterieller Hypertonie mit einem kognitiven Rückgang einhergehen. Dies gilt auch für eine Ernährung, die reich ist an gesättigten Fettsäuren, Transfetten und Kohlenhydrate und wenig grünes Blattgemüse, Nüsse, Vitamin B12 und Folsäure enthält (Erro et al. 2018). Bisherige Daten deuten darauf hin, dass erhöhte Spiegel an Homocystein und Phospholipiden sowie niedrigere Harnsäurespiegel im Serum mit einer schlechteren Kognition beim IPS einhergehen können. Es ist jedoch nicht bekannt, ob eine Änderung dieser Risikofaktoren das Fortschreiten der kognitiven
5 Beeinträchtigung verändern würde (Goldman et al. 2018). Die Datenlage über den Einfluss von Begleiterkrankungen und der Ernährung bei kognitiven Störungen bei Parkinsonpatienten ist bis heute nicht ausreichend. Zusammenfassend ist die Heterogenität der Klinik und die Entwicklung von kognitiven Defiziten bei Patienten mit einem IPS noch nicht vollständig verstanden, sie scheint jedoch die Einflüsse der beschriebenen Komorbiditäten wie Alzheimerdemenz, cerebrovaskulären Erkrankungen als auch von Umwelt- und genetischen Faktoren sowie der kognitiven Reserve widerzuspiegeln (Berg et al. 2014). 1.3 Bildmorphologisch fassbare Veränderungen beim M. Parkinson- assoziierten kognitiven Funktionsverlust Volumenmessungen von zerebralen Strukturen auf der Grundlage der Magnetresonanztomographie (MRT) mit hoher Auflösung werden zunehmend zur in-vivo- Definition der Pathologie verschiedener neurologischer und insbesondere neurodegenerativer Erkrankungen verwendet. Die Erfassung und Quantifizierung des Hirnvolumens in toto, von grauer und weißer Substanz oder spezifischer Substrukturen (wie Hippocampus, Basalganglien, Hirnstamm, Kleinhirn) auf der Ebene eines einzelnen Probanden kann dabei helfen, die jeweilige zugrunde liegende Erkrankung zu erkennen und deren Verlauf darzustellen (Duncan et al. 2013; Strafella et al. 2018). Diese Techniken haben jedoch noch keinen Weg in eine standardisierte klinische Verfügbarkeit gefunden, unter anderem aufgrund des Aufwandes der manuellen volumetrischen Verfahren. Die vollautomatische MRT- Volumetrie bietet im Vergleich dazu eine objektive und zeiteffiziente Alternative zur Analyse struktureller Veränderungen des einzelnen Patienten (Huppertz et al. 2010; Kassubek et al. 2011). Zwei wesentliche Vertreter dieses methodischen Ansatzes werden im Folgenden beschrieben. 1.3.1 Atlasbasierte Volumetrie (ABV) Automatisierte datengetriebene Methoden wie die voxelbasierte Morphometrie (VBM) oder deformationsbasierte Morphometrie (DBM) haben den Nachteil, dass sie weniger gut geeignet sind, strukturelle Veränderungen auf Individualebene zu erkennen (Mehta et al. 2003). Darüber hinaus liefern sie keine absoluten Volumenwerte, so dass mehrere statistische
6 Herausforderungen für die Nachbearbeitung berücksichtigt werden müssen (Ridgway et al. 2009). Als Alternative wurde eine automatisierte Technik der voxelbasierten MRT-Analyse, die Atlasbasierte Volumetrie (ABV), zur Bestimmung der absoluten Volumina auf Individualebene entwickelt. Die durch die ABV quantifizierten Volumina erlauben bei Anwendung bei neurodegenerativen Parkinsonsyndromen in Zusammenschau eine Unterscheidung zwischen klinischen Phänotypen (Huppertz et al. 2016; Kassubek 2018). Im Schlüsselschritt wird der MRT-Datensatz auf Voxel-Ebene in Bereiche der grauen Substanz (GM), der weißen Substanz (WM) und der Liquor cerebrospinalis (CSF) klassifiziert und die resultierenden Gewebewahrscheinlichkeitskarten in einen Standardraum deformiert. Anschließend wird ein Atlasraum vordefinierter interessierender Regionen verwendet, um regionale Gehirnvolumina zu extrahieren. Dies ermöglicht es, die Volumina verschiedener Substrukturen in einer automatisierten und untersucherunabhängigen Methode zu bestimmen. Diese Methode wurde in Querschnitts- und Längsschnittstudien auf neurodegenerative Erkrankungen angewendet. Um die Qualität der Kartierung im Atlasraum zu verbessern, wurden hochdimensionale Registrierungsmethoden eingeführt. Die Intrascanner-Variabilität der Ergebnisse lag für die Mehrheit der Volumina bei
7 räumlich-visuelle Gedächtnis; den mittleren Temporallappen sowie Frontallappen und die Wortflüssigkeit (Mak et al. 2015). Longitudinale Studien zeigten bei Patienten mit PD-MCI ein Fortschreiten der kortikalen Ausdünnung im temporalen, okzipitalen, parietalen und frontalen Kortex, die mit entsprechenden kognitiven Defiziten verbunden ist (Hanganu et al. 2014). Messungen der kortikalen Dicke wurden mithilfe unterschiedlicher Algorithmen automatisiert. FreeSurfer (Massachusetts General Hospital, Harvard Medical School, Boston, MA; verfügbar unter: http://surfer.nmr.mgh.harvard.edu) gilt dabei seit über einem Jahrzehnt als eines der etabliertesten Softwarepakete für die Bestimmung der kortikalen Dicke (Reuter u. Fischl 2011; Fischl 2012; Bernal-Rusiel et al. 2013). Diese Technik bietet eine große Sensitivität für frühe Veränderungen der kortikalen Dicke und ist empfindlich für altersbedingte Veränderungen, insbesondere wenn Volumenänderungen über einen größeren kortikalen Bereich auftreten (Reuter et al. 2010; Kunst et al. 2018). 1.4 Fragestellung dieser Arbeit Zum Zusammenhang zwischen kognitiven Defiziten und bildmorphologischen Veränderungen bei Patienten mit einem idiopathischen Parkinson-Syndrom soll in einem bimodalen Studiendesign mittels neuropsychologischer Testung und 3D-MRT-Analyse untersucht werden, ob sich progressionsspezifische regionale Veränderungen des Gehirns in Abhängigkeit vom kognitiven Status abbilden lassen. Nachfolgend werden die Fragestellungen dieser Studie im Einzelnen beschrieben: Bestehen in der in dieser Studie untersuchten LANDSCAPE-Kohorte mit neuropsychologisch detailliert charakterisierten, fortgeschrittenen IPS-Patienten bereits bei Studienbeginn bildmorphologisch mittels 3D-MRT-Analyse fassbare Veränderungen im Vergleich zu Kontrollen? In früheren Studien ergaben sich bereits Hinweise auf einen Volumenverlust des frontalen, parietalen und okzipitalen Kortex bei IPS-Patienten ohne die formale Diagnose PD- MCI oder PDD (Duncan et al. 2016; Ellfolk et al. 2013; Uribe et al. 2018). Können diese bildmorphologischen Veränderungen darüber hinaus anatomisch regional spezifiziert werden? Lassen sich im weiteren Verlauf des IPS – im Untersuchungszeitraum von 4 konsekutiven Jahren – volumetrische und gegebenenfalls auch hirnregionspezifische Veränderungen
8 erfassen? In bisherigen Studien zeigten PD-MCI-Patienten ein Muster eines kortikalen Volumenverlustes mit Beteiligung des posterioren, parietalen und frontalen Kortex sowie eine Atrophie des Hippokampus, welche mit Gedächtnisdefiziten korrelierte. Longitudinale Messungen der kortikalen Dicke und subkortikaler Volumina zeigten einen Progress der kortikalen Ausdünnung (temporal, okzipital, parietal und frontal) und des Volumenverlustes des Hippokampus, korrelierend mit dem kognitiven Funktionsverlust (Uribe et al. 2018; Mak et al. 2015; Hanganu et al. 2014). Neuropathologische Studien zeigten bei IPS-Patienten mit kognitiven Defiziten eine ausgedehnte kortikale und limbische Beteiligung mit einem neuronalen Zellverlust entsprechend den Braak-Stadien 5 und 6 (Braak et al. 2005). Inwieweit unterscheiden sich – über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg – hirnregionspezifische Veränderungen bei IPS-Patienten gegenüber den Kontrollen? Gibt es einen Zusammenhang dieser möglichen volumetrischen Veränderungen mit dem kognitiven Status und lässt sich dieser in Assoziation mit kognitiven Veränderungen im Studienverlauf konsistent beschreiben? Worin unterscheiden sich in der Gruppe der initial kognitiv unbeeinträchtigten IPS-Patienten diejenigen, welche kognitiv unbeeinträchtigt bleiben (Non-Konverter, nPD-N) von Patienten, die im Verlauf der Beobachtungsperiode (4 Jahre) neuropsychologisch fassbare Veränderungen (PD-MCI oder PD-D) entwickeln (Konverter, cPD-N)? Frühere retrospektive Analysen von strukturellen MRT Datensätzen kognitiv unbeeinträchtigter IPS-Patienten legen zumindest nahe, dass diese Technik eine prädiktive Aussagekraft für die Konversion zu PD-MCI haben kann (Mak et al. 2015; Lehericy et al. 2017). Besitzen definierte Hirnregionen in diesem Zusammenhang eine prädiktive Aussagekraft?
9 2. Methoden 2.1 Charakterisierung der Studienteilnehmer Insgesamt wurden 172 Patienten mit einem idiopathischen Parkinson-Syndrom und 85 gesunde Kontrollpersonen in die Studie eingeschlossen. Die Patienten und Probanden nahmen an der multizentrischen LANDSCAPE-Studie (Langzeitbeobachtung dementieller Symptome und cognitiver Parameter sowie Anwendbarkeit neuer prognostischer Marker bei der Parkinson-Erkrankung) (Balzer-Geldsetzer et al. 2011) teil und wurden in sechs spezialisierten Zentren für Patienten mit Bewegungsstörungen (Dresden, Frankfurt/Main, Kiel, Marburg, Tübingen und Ulm) rekrutiert. Die LANDSCAPE-Studie ist Teil des Kompetenznetzes Degenerative Demenz (KNDD), und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projektnummer 01GI1008C) gefördert. Alle Studienteilnehmer willigten nach vorheriger Aufklärung über das Protokoll ihre Teilnahme ein. Das Protokoll wurde durch das zentrale Ethikkomitee der Universität Marburg (Nummer 25/11) und die Ethikkommission der Universität Ulm (Nummer 36/12) genehmigt. Tabelle 1 und 2 fassen die demographischen Daten, klinischen Scores und Levodopa- Äquivalenzdosen der Studienteilnehmer zusammen. Die Analyse basiert auf 257 eingeschlossenen Studienteilnehmern, bestehend aus Patienten mit der Diagnose idiopathisches Parkinson-Syndrom (N=172, Durchschnittalter 67 Jahre) und alterskorrelierten gesunden Kontrollpersonen (N=85, Durchschnittsalter 65 Jahre), welche einer jährlichen neuropsychologischen Untersuchung und kranialen MRT über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren unterzogen worden. Die Diagnose Idiopathisches Parkinson-Syndrom wurde durch einen auf dem Gebiet der Bewegungsstörungen erfahrenen Neurologen anhand der standardisierten klinischen Diagnosekriterien der „ UK Parkinson's Disease Society Brain Bank Clinical Diagnostic Criteria“ (Hughes et al. 1992) gestellt. Der kognitive Status der Parkinsonpatienten wurde durch einen klinischen Psychologen / Neuropsychologen anhand der MCI-Kriterien (Petersen et al. 2004) untersucht. Ausschlusskriterien waren, entsprechend der Leitlinie Idiopathisches Parkinson-Syndrom der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Hinweise auf andere neurodegenerative Erkrankungen, Lewy Body Demenz, klinisch relevante Erkrankungen einschließlich
10 schwerwiegender cerebrovaskulärer Erkrankungen, psychiatrischen Erkrankungen oder eine höhergradige Läsionslast der weißen Substanz, die anhand der FLAIR-MRT-Sequenzen beurteilt wurde (Fazekas et al. 1987). Für alle IPS-Patienten wurde die dopaminerge Medikation als Levodopa-Äquivalent angegeben und auf individueller Basis als tägliche Levodopa-Äquivalenz-Dosis (LEDD) gemäß dem von Tomlinson et al. 2010 vorgeschlagenen Verfahren berechnet. Die Studienteilnehmer wurden bei Studieneintritt in vier Gruppen unterteilt: • Gruppe I bestand aus IPS-Patienten, die als neuropsychologisch unauffällig eingestuft wurden (PD-N; N=80, Durchschnittsalter 66 Jahre). • Gruppe II umfasste IPS-Patienten mit der Diagnose einer milden kognitiven Beeinträchtigung entsprechend den PD-MCI-Kriterien (Petersen 2004) (PD-MCI; N=77, Durchschnittsalter 69 Jahre). • Gruppe III umfasste IPS-Patienten, bei denen die Diagnose Parkinsonassoziierte Demenz entsprechend Emre et al. 2007 gestellt wurde (PD-D; N=15, Durchschnittsalter 70 Jahre). • Gruppe IV bestand aus gesunden Kontrollpersonen (Kontrollen; N=85, Durchschnittsalter 65 Jahre), bei denen weder neurologische / psychiatrische Erkrankungen, sonstige klinisch signifikante Erkrankungen noch kognitive Defizite festgestellt werden konnten. Es war eine Mindestpunktzahl von 29 Punkten (max. 30 Punkte) im Mini Mental State Examination (MMST) (Folstein et al. 1975) und eine minimale transformierte Punktzahl (Umrechnung der Einzelergebnisse unter Berücksichtigung des Alters in Punkte) von 13 Punkten (max. 18 Punkte) im kognitiven Screening DemTect (Kalbe et al. 2004) als Einschlusskriterium für die Aufnahme als Kontrolle erforderlich. Die motorischen Defizite bei allen IPS-Patienten wurden anhand der motorischen Bewertung nach UPDRS Teil III (Unified Parkinson’s Disease Rating Scale) (Goetz et al. 2007) sowie die Schwere der Erkrankung anhand der Hoehn&Yahr-Skala (Hoehn u. Yahr 1967) quantifiziert. quantifiziert IPS-Patienten wurden mittels MMST auf Hinweise für eine dementielle Entwicklung untersucht. Zur detaillierteren Charakterisierung kognitiver und affektiver Dysfunktionen wurde die Neuropsychometrische Demenzbeurteilung von Parkinsonpatienten
11 (PANDA) unter Berücksichtigung der Gesamtleistung in den folgenden kognitiven Domänen durchgeführt: Exekutivkontrolle, Aufmerksamkeit, visuell-räumliche Funktionen, episodisches Gedächtnis und Arbeitsgedächtnis (Kalbe et al. 2008). PD-MCI wurde nach den MCI-Kriterien definiert (Petersen 2004), wonach Patienten als kognitiv beeinträchtigt eingestuft wurden, wenn (1) eine subjektive kognitive Beeinträchtigung (Anzeichen oder Symptome, die vom Patienten selbst bemerkt wurden) und (2) eine objektiv messbar unterdurchschnittliche kognitive Leistung vorlag, d. h. ≤1,5 Standardabweichungen unter dem normativen Mittelwert in mindestens einem der diagnostisch relevanten neuropsychologischen Tests. In Bezug auf diesen Cut-off-Score konnten nur dann Ausnahmen gemacht werden, wenn der Untersucher entweder feststellte, dass trotz einer normgerechten Leistung eine deutliche kognitive Beeinträchtigung vorlag (z. B. bei hochgebildeten Personen) oder, wenn eine als unterdurchschnittlich objektivierte kognitive Leistung vom Untersucher noch als "innerhalb des normalen Bereichs" bewertet wurde. PD-D-Patienten wurden als solche gemäß den Richtlinien der Task Force der Movement Disorder Society klassifiziert, wenn sie (1) mindestens einen diagnostisch relevanten neuropsychologischen Test in mindestens zwei kognitiven Bereichen unterhalb des normativen Cut-off-Scores aufwiesen und (2) eine signifikante Beeinträchtigung der Aktivitäten des täglichen Lebens vorlag (Emre et al. 2007).
12 Tabelle 1. Demographische Daten und klinische Charakteristika der Studienteilnehmer bei Studieneintritt, multizentrische LANDSCAPE-Studie, 2011-2016. Die Daten sind dargestellt als Median, Interquartilsabstand, [minimaler und maximaler Wert]. Abkürzungen: m, männlich; f, weiblich; UPDRS III, Unified Parkinson’s Disease Rating Scale (Teil III, Motorische Untersuchung); MMSE, Minimental State Examination; PANDA, Parkinson Neuropsychometric Dementia Assessment; CERAD-Gesamtscore ist die Summe von sechs abgeprüften, kognitiven Funktionsbereichen und wird soziodemografisch korrigiert, um normative Daten wie Alter, Bildung und Geschlecht zu berücksichtigen (Chandler et al., 2005); LEDD, Levodopa Equivalent Daily Dose; n.a., Nicht auswertbar; 2, Chi-Quadrat-Verteilung. Die zwei jeweils rechten Spalten (t-Wert, p-Wert, 2, p-Wert) beziehen sich auf die statistische Testung zwischen den jeweiligen Gruppen zu jedem Zeitpunkt. Ungepaarter T-Test mit zwei Stichproben für ungleiche Varianzen für kontinuierliche Variablen. Kruskal-Wallis-ANOVA für PD-N, PD-CI und gesunde Kontrollen für kontinuierliche Variablen. tExakter Test nach Fisher für kategoriale Variablen. PD Gesamt Kon- PD-N PD-CI Kon- t- Parameter n=172 trollen p-Wert n=80 n=92 trollen 2 p-Wert Wert (100%) n=85 (46,5%) (53,5%) n=85 65,1 65,9 68,9 65,1 67,5 ±8,1 ±6,7 ±8,3 ±7,7 ±6,7 Alter/Jahre 2,54 0,012 15,99 0,001 [45,0-79,3] [47,0- [45,0- [48,0- [47,0- 78,7] 78,7] 79,3] 78,7] Geschlecht 120:52 48:37 4,44t 0,038t 56:24 64:28 48:37 4,43 0,109 (m:f) 16,1 13,8 13,0 16,1 13,4 ±2,9 Bildung/Jahre ±4,0 -5,56
13 Der kognitive Status für die IPS-Patienten und Kontrollpersonen wurde bei jeder Folgeuntersuchung neu bewertet (Tabellen 2 und 3). Tabelle 2. Longitudinale demographische Daten und klinische Charakteristika aller Studienteilnehmer im Studienverlauf, multizentrische LANDSCAPE-Studie, 2011-2016. Die Daten sind dargestellt als Median, Interquartilsabstand, [minimaler und maximaler Wert]. Abkürzungen: m, männlich; f, weiblich; UPDRS III, Unified Parkinson’s Disease Rating Scale (Teil III, Motorische Untersuchung); MMSE, Minimental State Examination; PANDA, Parkinson Neuropsychometric Dementia Assessment; n.a., Nicht auswertbar; t0, Baseline; tn Follow-up im Jahr n; 2, Chi-Quadrat-Verteilung; HC, Kontrollen. Die Unterschiede zwischen IPS-Patienten (Gesamtkohorte) und Kontrollen werden aus ungepaarten t-Tests für kontinuierliche Variablen und tExakter Test nach Fisher für kategoriale Variablen für jeden Zeitpunkt berechnet. Die zwei rechten Spalten beziehen sich auf die Kruskal- Wallis-Varianzanalyse (ANOVA) für kognitiv nicht beeinträchtigte IPS-Patienten (PD-N), kognitiv beeinträchtigte IPS-Patienten (PD-CI) und Kontrollen für jeden Zeitpunkt. Zu beachten ist, dass das Durchschnittsalter für t4 niedriger ist als für t3, da überwiegend ältere Patienten die Studie abgebrochen haben. PD Kon- Parameter t-Wert p-Wert PD-N PD-CI HC 2 p-Wert Gesamt trollen n t0 172 85 n.a. n.a. 80 92 85 n.a. n.a. 129 66 63 66 66 t1 (Drop-out) n.a. n.a. n.a. n.a. (-25%) (-22%) (-21%) (-28%) (-22%) 54 37 26 28 37 t2 (Drop-out) n.a. n.a. n.a. n.a. (-68%) (-57%) (-68%) (-70%) (-57%) 34 11 16 18 11 t3 (Drop-out) n.a. n.a. n.a. n.a. (-80%) (-87%) (-80%) (-80%) (-87%) 9 0 6 3 0 t4 (Drop-out) n.a. n.a. n.a. n.a. (-95%) (-100%) (-93%) (-97%) (-100%) Alter/Jahre 65,1 65,9 68,9 65,1 67,5 ±8,1 ±6,7 ±8,3 ±7,7 ±6,7 t0 [45,0- 2,54 0,012 15,99 0,001 [47,0- [45,0- [48,0- [47,0- 79,3] 78,7] 78,7] 79,3] 78,7] 66,3 66,7 68,9 66,3 67,8 ±8,4 ±6,6 ±9,0 ±7,6 ±6,6 t1 [46,4- 1,34 0,182 5,52 0,062 [48,2- [46,4- [49,1- [48,2- 80,1] 77,7] 79,6] 80,1] 77,7] 68,0 66,2 69,3 68,0 67,8 ±8,4 ±6,1 ±9,9 ±9,4 ±6,1 t2 [47,1- -0,14 0,888 2,22 0,329 [50,0- [47,1- [50,2- [50,0- 81,9] 78,9] 80,5] 81,9] 78,9] 67,1 66,6 69,4 67,1 68,1 ±9,0 ±5,0 ±9,7 ±8,5 ±5,0 t3 [48,2- 0,44 0,661 1,12 0,572 [60,3- [48,2- [56,8- [60,3- 81,4] 79,7] 78,6] 81,4] 79,7] 63,7 62,3 66,6 ±10,8 ±11,8 ±10,0 t4 - n.a. n.a. - n.a. n.a. [49,0- [49,0- [58,3- 77,8] 77,1] 77,8] Geschlecht (m:f) t0 120:52 48:37 4,443t 0,038t 56:24 64:28 48:37 4,43 0,109 t1 88:41 34:32 5,201t 0,029t 46:17 42:24 34:32 6,38 0,041 t2 40:14 21:16 2,980t 0,113t 18:8 22:6 21:16 3,47 0,176 t3 25:9 6:5 1,398t 0,277t 12:4 13:5 6:5 1,4 0,498 t4 6:3 - n.a. n.a. 4:2 2:1 - 0 1 Bildung/Jahre
14 16,1 13,8 13,0 16,1 13,4 ±2,9 t0 ±4,0 -5,56
15 102,2 97,0 98,6 ±7,2 ±4,4 ±1,4 t4 [84,0- - n.a. n.a. - 1,35 0,245 [95,0- [96,0- 106,0] 106,0] 98,0] PANDA/ Punkte 22,4 25,5 20,5 22,4 23,1 ±5,5 t0 ±5,9 0,55 0,584 ±3,9 ±5,5 ±5,9 38,23
16 2,0 3,0 2,3 ±1,0 ±0,9 ±1,0 t4 n.a. n.a. n.a. n.a. 1,8 0,180 [1,0-4,0] [1,0- [2,0- 3,0] 4,0] UPDRS III/ Punkte 21,9 18,0 25,5 t0 ±12,1 n.a. n.a. n.a. ±8,0 ±13,9 n.a. 12,69 0,001 [3-72] [5-45] [3-72] 21,3 19,4 23,2 t1 ±11,2 n.a. n.a. n.a. ±10,0 ±12,1 n.a. 2,62 0,106 [2-60] [2-58] [4-60] 22,2 20,8 23,5 t2 ±10,9 n.a. n.a. n.a. ±9,2 ±12,2 n.a. 0,38 0,539 [3-52] [3-39] [6-52] 23,6 22,7 24,5 t3 ±10,1 n.a. n.a. n.a. ±8,7 ±11,5 n.a. 0,01 0,796 [9-49] [10-39] [9-49] 21,6 19,3 26,0 t4 ±11,0 n.a. n.a. n.a. ±12,5 ±7,2 n.a. 0,61 0,437 [7-35] [7-35] [18-32] Tabelle 3: Longitudinale demographische Daten und klinische Charakteristika der Konverter, multizentrische LANDSCAPE-Studie, 2011-2016. Die Daten sind dargestellt als Median, Interquartilsabstand, [minimaler und maximaler Wert]. Abkürzungen: m, männlich; f, weiblich; UPDRS III, Unified Parkinson’s Disease Rating Scale (Teil III, Motorische Untersuchung); MMSE, Minimental State Examination; PANDA, Parkinson Neuropsychometric Dementia Assessment; n.a., Nicht auswertbar; t0, Baseline; tn Follow-up im Jahr n; PD, Morbus Parkinson; 2, Chi-Quadrat-Verteilung. 2 mit entsprechenden p-Werten bezieht sich auf die Kruskal- Wallis-Analyse der Varianzen (ANOVA) bei kognitiv nicht beeinträchtigten IPS-Patienten, die ihren kognitiven Status während der gesamten Studie beibehalten (nPD-N) bzw. nach durchschnittlich 1,4 Jahren konvertieren (cPD-N) und Kontrollen für jeden Zeitpunkt. Die zwei rechten Spalten beziehen sich auf Unterschiede zwischen PD-Patienten (Gesamtkohorte) und Kontrollen, berechnet durch den ungepaarten t-Tests für kontinuierliche Variablen und *Exakter Test nach Fisher für kategoriale Variablen für jeden Zeitpunkt. p- t- p- Parameter Kontrollen nPD-N cPD-CI 2 Wert* Wert** Wert** n t0 85 42 26 n.a. n.a. n.a. n.a. 66 42 26 t1 (Drop-out) n.a. n.a. n.a. n.a. (-22%) (-0%) (-0%) 37 17 11 t2 (Drop-out) n.a. n.a. n.a. n.a. (-57%) (-60%) (-58%) 11 10 8 t3 (Drop-out) n.a. n.a. n.a. n.a. (-87%) (-76%) (-69%) 0 5 1 t4 (Drop-out) n.a. n.a. n.a. n.a. (-100%) (-88%) (-96%) Alter/Jahre 65,1 ±6,7 65,0 ±9,5 67,8 ±5,7 t0 2,80 0,246 -1,49 0,140 [47,0-78,7] [45,0-78,1] [58,4-78,7] 66,3 ±6,6 66,1 ±9,4 68,8 ±5,8 t1 0,73 0,693 -1,46 0,150 [48,2-77,7] [46,4-79,0] [59,4-79,6] 68,0 ±6,1 65,4 ±10,2 71,1 ±6,1 t2 0,35 0,838 -1,88 0,071 [50,0-78,9] [47,1-78,7] [63,4-80,5] 67,1 ±5,0 65,6 ±10,6 70,1 ±5,4 t3 20,57 0,752 -1,17 0,262 [60,3-79,7] [48,2-76,9] [64,4-81,4] t4 - 60,0 ±11,6 73,9 0,77 0,380 -2,67 n.a.
17 [49,0-77,1] Geschlecht (m:f) t0 48:37 30:12 19:7 3,97 0,137 0,022 0,883 t1 34:32 30:12 19:7 6,01 0,494 0,022 0,883 t2 21:16 13:4 8:3 2,36 0,307 0,049 0,823 t3 6:5 7:3 6:2 0,99 0,609 0,055 0,814 t4 - 3:2 1:0 n.a. n.a. n.a. n.a. Bildung/Jahre 16,1 ±4,0 14,0 ±2,9 14,2 ±2,4 t0 10,44 0,005 -0,26 0,797 [8-30] [8-20] [11-19] 16,3 ±4,4 14,0 ±2,9 14,2 ±2,4 t1 9,81 0,007 -0,26 0,797 [8-30] [8-20] [11-19] 16,6 ±4,1 14,1 ±3,2 13,8 ±2,2 t2 9,65 0,008 0,24 0,816 [8-26] [8-20] [11-17] 18,5 ±4,3 14,3 ±3,5 13,8 ±2,2 t3 5,05 0,080 0,41 0,691 [13-26] [8-20] [12-17] 14,4 ±2,2 t4 - 12,0 2,42 0,120 2,45 n.a. [13-18] Krankheitsdauer/Jahre 9,4 ±5,8 9,4 ±4,2 t0 n.a. 0,15 0,699 -0,02 0,983 [1,9-32,4] [3,1-18,5] 10,5 ±5,8 10,4 ±4,2 t1 n.a. 0,02 0,881 0,03 0,978 [2,8-33,5] [4,0-19,4] 10,5 ±7,3 11,7 ±4,3 t2 n.a. 2,89 0,089 -0,54 0,593 [4,1-34,5] [5,7-19,6] 11,6 ±9,3 14,0 ±4,4 t3 n.a. 0,50 0,480 -0,68 0,507 [5,1-35,4] [9,3-20,6] 16,6 ±13,5 t4 n.a. 11,9 0 1 0,70 n.a. [6,1-36,4] CERAD Gesamt/Punkte 97,1 ±5,2 95,2 ±5,8 t0 - [85,0- 1,75 0,186 1,39 0,170 [86,0-106,0] 105,0] 98,4 ±6,3 93,9 ±6,7 t1 - [81,0- 0,54 0,464 2,71 0,009 [84,0-105,0] 108,0] 97,8 ±8,3 96,9 ±6,0 t2 - [77,0- 1,18 0,278 0,29 0,774 [90,0-109,0] 105,0] 97,8 ±8,0 91,5 ±10,5 t3 - [78,5- 0,10 0,747 0,81 0,432 [75,5-102,0] 107,0] 102,5 ±5,1 t4 - [95,0- 101,0 0,50 0,480 0,59 n.a. 106,0] PANDA/Punkte 22,4 ±5,9 21,9 ±4,8 23,2 ±4,9 t0 5,52 0,019 -0,79 0,438 [8-29] [15-30] [13-28] 22,1 ±5,9 22,3 ±5,8 24,0 ±4,7 t1 0,48 0,488 -1,01 0,322 [9-29] [12-30] [16-27] 24,1 ±3,4 20,8 ±7,5 22,2 ±7,6 t2 0,06 0,800 -0,32 0,759 [19-30] [10-30] [12-29] 20,1 ±6,9 23,0 ±3,3 19,0 ±8,5 t3 2,97 0,085 0,79 0,506 [10-29] [19-29] [11-28] 25,7 ±4,9 t4 - 26,0 n.a. n.a. -0,12 n.a. [20-29] MMST/Punkte
18 29,3 ±1,0 29,1 ±1,1 28,6 ±1,2 t0 9,14 0,010 1,60 0,115 [26-30] [27-30] [26-30] 29,3 ±0,9 29,0 ±1,1 28,7 ±1,3 t1 6,87 0,032 0,86 0,396 [26-30] [25-30] [25-30] 29,3 ±0,9 28,9 ±1,3 29,4 ±0,9 t2 4,00 0,135 -1,29 0,209 [26-30] [26-30] [28-30] 29,9 ±0,3 28,6 ±2,1 29,4 ±0,9 t3 3,90 0,142 -0,75 0,468 [29-30] [26-30] [28-30] 29,0 ±1,4 t4 - - n.a. n.a. n.a. n.a. [27-30] Hoehn&Yahr/Stadium 2,2 ±0,6 2,2 ±0,7 t0 n.a. 0,12 0,734 0,28 0,784 [1,0-4,0] [1,0-4,0] 2,3 ±0,7 2,2 ±0,7 t1 n.a. 1,36 0,244 0,63 0,530 [1,0-4,0] [1,0-4,0] 2,1 ±0,7 2,5 ±0,9 t2 n.a. 0,39 0,531 -1,30 0,210 [1,0-3,0] [1,0-4,0] 2,3 ±0,7 2,8 ±0,7 t3 n.a. 0,13 0,720 -1,37 0,191 [1,0-3,0] [2,0-4,0] 2,2 ±0,8 t4 n.a. 1,0 1,50 0,221 3,21 n.a. [1,0-3,0] UPDRS III/Punkte 17,2 ±8,7 17,8 ±6,3 t0 n.a. 0,31 0,578 -0,29 0,770 [5-45] [6-30] 18,8 ±8,5 21,5 ±10,4 t1 n.a. 0,62 0,431 -1,11 0,274 [3-41] [4-51] 19,9 ±8,2 21,1 ±10,9 t2 n.a. 0,20 0,654 -0,32 0,756 [8-36] [3-34] 21,6 ±6,9 26,1 ±8,3 t3 n.a. 0,05 0,828 -1,24 0,237 [13-38] [10-36] 21,8 ±12,2 t4 n.a. 7 1,41 0,235 2,70 n.a. [7-35] 2.2 Magnetresonanztomographie 2.2.1 MRT Scan Protokoll Die Magnetresonanztomographie (MRT)-Daten wurden multizentrisch mit 3-Tesla-Scannern am jeweiligen Zentrum aufgenommen. Die Scan Protokolle sind zentrumsweise in Tabelle 4 und 5 dargestellt und beinhalten eine T1-gewichtete 3D MPRAGE- (Magnetization Prepared Rapid Gradient Echo) Sequenz, welche sich durch eine hohe räumliche Auflösung von 1 mm3 auszeichnet. Aufgrund eines Wechsels des MRT-Scanners am Zentrum Ulm sind für dieses Zentrum zwei Protokolle aufgeführt. Alle bildgebenden Datensätze wurden auf Bewegungsartefakte sowie auf Hyperintensitäten in der FLAIR- (Fluid Attenuated Inversion Recovery) Sequenz hinsichtlich einer subkortikalen vaskulären Enzephalopathie visuell gesichtet.
19 Tabelle 4. MRT Scan Protokolle der MPRAGE-Sequenz, multizentrische LANDSCAPE-Studie, 2011-2016. *Scanner-Wechsel am Zentrum Ulm. TE, Echozeit; TR, Repetitionszeit; T, Tesla; MRT, Magnetresonanztomographie; MPRAGE, Magnetization Prepared Rapid Gradient Echo; mm, Millimeter. 01 02 03 04 05a* 05b* 06 Zentrum Dresden Frankfurt Marburg Tübingen Ulm Ulm Kiel Hersteller SIEMENS SIEMENS SIEMENS SIEMENS SIEMENS SIEMENS PHILIPS Modell Verio Trio TrioTim TrioTim Allegra Prisma Achieva Feldstärke/T 3,0 3,0 3,0 3,0 3,0 3,0 3,0 TR/ms 2500 2500 2500 2500 2500 2500 7,3/6,9 TE/ms 4 4 4 4 4 2 3 Voxel (x/y/z)/mm 1/1/1 1/1/1 1/1/1 1/1/1 1/1/1 1/1/1 1/1/1 Tabelle 5. MRT Scan Protokolle der FLAIR-Sequenz, multizentrische LANDSCAPE-Studie, 2011-2016. *Scanner- Wechsel am Zentrum Ulm. TE, Echozeit; TR, Repetitionszeit; T, Tesla; MRT, Magnetresonanztomographie; FLAIR, Fluid Attenuated Inversion Recovery; mm, Millimeter. 01 02 03 04 05a* 05b* 06 Zentrum Dresden Frankfurt Marburg Tübingen Ulm Ulm Kiel Hersteller SIEMENS SIEMENS SIEMENS SIEMENS SIEMENS SIEMENS PHILIPS Modell Verio Trio TrioTim TrioTim Allegra Prisma Achieva Feldstärke/T 3,0 3,0 3,0 3,0 3,0 3,0 3,0 TR/ms 5000 5000 5000 5000 5000 5000 5000 TE/ms 395 355 394 394 355 356 396 Voxel (x/y/z)/mm 1/1/1 1/1/1 1/1/1 1/1/1 1/1/1 1/1/1 1/1/1 2.2.1 Atlas basierte Volumetrie (ABV) Für die volumetrische Analyse wurden Daten der oben beschriebenen hochauflösenden MPRAGE-Sequenz ausgewertet. Die Datenverarbeitung wurde mit auf MATLAB® Software (R2018b, The Mathworks, USA) basierenden SPM12-Algorithmen (Statistical parametric mapping software, Wellcome Department of Imaging Neuroscience Group, London, UK, www.fil.ion.ucl.ac.uk/spm) (Ashburner u. Friston 2005; Huppertz et al. 2010) durchgeführt. Zunächst wurden die individuellen Datensätze stereotaktisch in den MNI Atlas (Montreal Neurological Institute) transformiert. Das Volumen der grauen oder weißen Substanz in den modulierten Bildern bleibt enthalten und gleicht dem individuellen Ausgangsvolumen. Die Abgrenzung einzelner Strukturen erfolgte unter Anwendung prädefinierter Regionen des LONI-Hirnatlas (Laboratory of Neuro Imaging, University of Southern California) in den nicht modulierten Datensätzen (Shattuck et al. 2008). Anschließend wurden die modulierten und nicht modulierten Bilder der Zielstrukturen miteinander multipliziert, so dass das Ausgangsvolumen dem des individuellen Gehirns entsprach. In einem weiteren Schritt konnte
20 mittels Addierens der Voxel einzelner Strukturen und Division durch 1000 das Volumen in Kubikmillimeter angegeben werden (Huppertz et al. 2008; Huppertz et al. 2010; Kassubek et al. 2011). Die Ergebnisse der ABV wurden auf das mittlere intrakranielle Volumen der gesamten Studienpopulation normalisiert. Es erfolgten weiterhin Korrekturen für das Alter und die Bildungsjahre. Durch die Bestimmung als absolute Volumina wird die Messung und der Vergleich einzelner Hirnstrukturen auf einem individuellen Niveau möglich. So hat sich die Methode z.B. durch die volumetrische Bestimmung von Mittelhirn, Basalganglien und Pedunculus cerebelli zur Differenzierung der neurodegenerativen Parkinsonsyndrome etabliert (Huppertz et al. 2016). 2.2.2 Kortikale Dicke Die Analyse der kortikalen Dicke wurde mit der Version 6.0.0 der FreeSurfer-Software (http://surfer.nmr.mgh.harvard.edu) durchgeführt. Das Verfahren umfasste in dieser Reihenfolge eine Bewegungskorrektur, Intensitätsnormalisierung, Talairach-Registrierung, Segmentierung der subkortikalen weißen Substanz, automatische Topologiekorrektur und Oberflächenverformung. Anschließend wurde ein 3D-Oberflächenmodell des Kortex unter Verwendung von Intensitäts- und Kontinuitätsinformationen erstellt (Cardinale et al. 2014). Es erfolgte eine visuelle Überprüfung der kortikalen Rekonstruktion auf Ungenauigkeiten, eine manuelle Korrektur anatomischer Ungenauigkeiten und anschließend eine Wiederholung der Verarbeitung. Die kortikale Dicke wurde als der kürzeste Abstand zwischen der GM / WM- Grenze und der pialen Oberfläche an jedem Scheitelpunkt über der Kortexoberfläche berechnet. Zusätzlich parzellierte FreeSurfer den Kortex nach Angaben des Desikan-Killiany- Atlas automatisch in 34 gyralbasierte a priori definierte Regionen (region of interest, ROI) pro Hemisphäre. Für jede der 68 kortikalen Parzellierungen berechnete FreeSurfer (1) die durchschnittliche kortikale Dicke, (2) die gesamte kortikale Oberfläche und (3) das kortikale GM-Volumen (Gerrits et al. 2016). 2.3 Statistische Methoden 2.3.1 MRT-Datenanalyse Gruppenspezifische Unterschiede der ABV-Daten wurden analysiert: die Volumina wurden auf das mittlere intrakranielle Volumen (ICV) der gesamten Studienpopulation normiert, zudem
21 wurde sowohl auf das Alter als auch auf die Bildungsjahre korrigiert und für das Durchschnittsalter (66,7 Jahre) und die Durchschnitts-Bildungsjahre (14,3 Jahre) der gesamten Studienpopulation angepasst. Die Ergebnisse der kortikalen Dicke auf der Basis des gesamten Gehirns wurden unter Verwendung einer vertexweisen Analyse untersucht, die bei Freesurfer unter Verwendung des Alters und der Bildungsjahre als Kovariaten im Allgemeinen Linearen Modell (General Linear Model) implementiert wurde. Die rekonstruierten Datensätze für jedes Subjekt wurden auf einer mittleren anatomischen Oberfläche deformiert und mit einem Gaußschen Glättungsfilter geglättet (Walhout et al. 2015). Die Korrektur für multiple Vergleiche wurde unter Verwendung einer Monte-Carlo-Simulation (10.000 Iterationen) für eine clusterweise Korrekturschwelle von p=0,05 und eine vertexweise Schwelle von p=0,001 durchgeführt. Eine Analyse der ROI mittels Messungen der kortikalen Dicke wurde durchgeführt, indem auf die mittlere kortikale Dicke normalisiert wurde (Walhout et al. 2015), gefolgt von einer Korrektur sowohl des Alters als auch der Bildungsjahre unter Verwendung eines Allgemeinen Linearen Modells. Die kortikale Dicke beider Hemisphären wurden arithmetisch gemittelt. Die mittlere kortikale Dicke wurde für das Alter, die Ausbildungsjahre und das Geschlecht korrigiert und für beide Hemisphären arithmetisch gemittelt. 2.3.2 Statistische Querschnittsprüfung Die statistische Datenanalyse für soziodemografische Daten, ABV-basierte Volumina und ROI- basierte kortikale Dicke wurde unter Verwendung der MATLAB®-basierten statistischen Toolbox (The MathWorks. Inc., USA) durchgeführt. Die Gruppendifferenz für verschiedene Zeitpunkte (z. B. bei Baseline, bei Follow-up 1 usw.) wurden mittels Exaktem Test nach Fisher für kategoriale Variablen und ungepaarten t-Test für kontinuierliche Variablen analysiert. Die Kruskal-Wallis-Tests wurden durchgeführt, um auf Unterschiede zwischen drei oder mehr Gruppen zu testen, im Falle der Signifikanz einem post-hoc t-Test folgend. Der Lillifors-Test wurden angewendet, um auf Normalverteilung zu testen. Alle Korrelationen wurden mittels Spearman-Rangordnungskorrelationskoeffizienten untersucht. Die Bonferroni-Korrektur für Multiple Vergleiche wurde durchgeführt, wenn statistische Testungen nicht auf einer bestimmten Hypothese beruhten. Alle Tests waren 2-seitig und p
22 2.3.3. Längsschnittdatenanalyse Die Gruppenzeitverläufe von Volumen- und kortikale Dicke -Messungen der longitudinalen MRT-Daten wurden untersucht, um die gruppenspezifische Atrophierate über die Zeit zu bestimmen. Nach Evaluierung der longitudinalen Daten konnten mehrere Verlaufsdatensätze von Probanden nicht verwendet werden, was eine angemessene Datenmodellierung erforderte. Der Gemischte Lineare Effekt ist ein komplexes Modell (LME), um Personen mit einer unterschiedlichen Anzahl von Messungen im Zeitverlauf richtig zu erfassen (Bernal- Rusiel et al. 2013). Sowohl volumetrische als auch kortikale Dicke-Vänderungen über die Zeit wurden unter Verwendung des LME-Ansatzes analysiert. 2.3.4 Gemischte Lineare Modelle (LME) LME-Modelle ermöglichen die Modellierung einer ungleichen Anzahl von Abtastpunkten über die Zeit für jedes Individuum. LME-Modelle berechnen die Gesamtmittelwertantwort als eine lineare Kombination der populationsbasierten Mittelwertantwort („Fixed Effects“) und der individuell spezifischen Mittelwertantwortverläufe über die Zeit („Random Effects“), indem sie auch komplexe Modelle der Kovarianzstruktur zulassen (Bernal-Rusiel et al. 2013). Sofern nicht anders angegeben, wurden die folgenden unabhängigen Variablen verwendet, um die Entwurfsmatrix mit festem Effekt zu erstellen: Zeit ab Studieneintritt, Gruppenzugehörigkeit zum Zeitpunkt des Studieneintritts (Kontrollen waren die Referenzgruppe, gefolgt von binären Indikatorvariablen für alle anderen Gruppenmitglieder), Interaktion zwischen Gruppenzugehörigkeit und Zeit ab Studieneintritt, Alter und Bildungsjahre. Zur Modellierung von Zufallseffekten wurden für jedes Individuum sowohl der Schnittpunkt als auch die Zeit ab der Baseline-Visite in die Zufallseffekt-Entwurfsmatrix einbezogen, indem unterschiedliche (Co-) Varianzen angenommen wurden. Es ist zu beachten, dass das Volumen und die kortikale Dicke auf das mittlere ICV normalisiert wurden, bevor die jeweiligen Werte dem LME-Modell unterzogen wurden.
23 3. Ergebnisse 3.1 Verteilung der Atrophie bei IPS-Patienten zu Studieneintritt Zunächst wurden die volumetrischen Veränderungen und die kortikale Dicke bei IPS-Patienten mit einer Subgruppenanalyse von PD-N- und PD-CI-Patienten zusammen mit gesunden Kontrollen untersucht, um die Atrophie bei Studienbeginn zu quantifizieren. Die Teilnehmer der vorliegenden Studie stammten aus der LANDSCAPE-Studie (Balzer- Geldsetzer et al., 2011) und bestanden zu Studienbeginn aus gesunden Kontrollpersonen (n=85) und IPS-Patienten (n=172), von denen 80 als neuropsychologisch normal eingestuft wurden (PD-N), 77 Patienten als PD-MCI und 15 Patienten als PD-D. Die beiden letztgenannten Gruppen wurden aufgrund der geringen Anzahl in der PD-D-Gruppe als kognitiv beeinträchtigte IPS-Patienten (PD-CI, n=92) zusammengefasst. Die Gruppen (PD-N, PD-CI, Kontrollen) unterschieden sich signifikant im Alter (post-hoc t-Test: p=0,24 für PD-N vs. Kontrollen; p
24 den Gruppen nicht unterschied (p=0,843). Frontal-, Parietal-, Okzipital- und Temporallappen einschließlich des Hippocampus mit Amygdala waren bei IPS-Patienten im Vergleich zu Kontrollen (-3% bis -4%; p
25 Tabelle 6. Volumetrische Ergebnisse der atlasbasierten Volumetrie (ABV) der verschiedenen Studiengruppen zu Studienbeginn, multizentrische LANDSCAPE-Studie, 2011-2016. Die Werte werden in Volumen/cm3 und Fläche/mm2 angezeigt. Alle Werte (* mit Ausnahme des intrakraniellen Volumens) sind auf das studienmittlere intrakranielle Volumen (1459,3 cm3) und sowohl an das Durchschnittsalter (66,7 Jahre) als auch an das mittlere Bildungsjahr (14,3 Jahre) der gesamten Studienpopulation bei Studieneintritt normalisiert. Die Abweichung der Mittelwerte relativ zu den Kontrollen wurde mit /%=(V/VKontrollen -1) 100 angegeben und mit Hilfe einer 3- Farbskala von Rottönen (Volumenverlust) über Weiß (keine Änderung) zu Blautönen (e vacuo-Volumengewinn) dargestellt. Die angegebenen p-Werte ergaben sich aus Gruppenvergleichen mit Kontrollen; Fettgedruckte p- Werte zeigen eine statistische Signifikanz nach Bonferroni-Korrektur für multiple Vergleiche. GM, graue Substanz; WM, weiße Substanz; CSF, Liquor cerebrospinalis. STD, Standardabweichung; PD, Morbus Parkinson; PD-CI, Morbus Parkinson mit kognitiver Beeinträchtigung; PD-N; Morbus Parkinson ohne kognitive Beeinträchtigung; p, p-Wert; mm2, Quadratmillimeter; cm3, Kubikcentimeter. Adaptiert nach Gorges et al., 2020, CC BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
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