Modellierung vertikaler Niederschlagsprofile anhand von Mikro-Regenradar-Daten, meteorologischen Profildaten und Neuro-Fuzzy-Modellen

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Modellierung vertikaler Niederschlagsprofile
       anhand von Mikro-Regenradar-Daten,
         meteorologischen Profildaten und
                Neuro-Fuzzy-Modellen
       DACH Meteorologentagung 2007, Hamburg, Deutschland
         S. Banzhaf 1 , E. Reimer 1 , S. Sodoudi 1 , G. Peters 2
         1
            Freie Universität Berlin, Institut für Meteorologie
           2
             Universität Hamburg, Meteorologisches Institut

1    Zusammenfassung
Zur besseren 3D Analyse des Niederschlags wurden Daten eines beim DWD Lin-
denberg operierenden Mikro-Regen-Radars des Meteorologischen Instituts Hamburg
herangezogen. Im Mittelpunkt des Interesses stand hierbei das Vertikalprofil des Nie-
derschlags, welches unter anderem auch durch Verdunstungsprozesse geprägt ist. Mit
Hilfe von Neuro-Fuzzy-Systemen wurde ein statistischer Zusammenhang zwischen
dem Niederschlag in verschiedenen Höhen und anderen Parametern wie Niederschlag
am Boden, Temperatur, relative Feuchte u.a. hergestellt, mit dem Ziel, numerische
Analysen entsprechend interpretieren zu können. Die Arbeit steht im Zusammen-
hang mit dem DFG Schwerpunktprogramm ’Quantitative Niederschlagsvorhersage’.

2    Einleitung
Zu den natürlichen Vorgängen wie Vulkanausbrüchen, Waldbränden und Sandstür-
men gelangen auch anthropogen verursachte Abgase und ihre Schadstoffe aus Indus-
trie, Verkehr, intensiver Landwirtschaft und Hausbrand in die Atmosphäre. Mit der
nassen Deposition werden gelöste und ungelöste Schadstoffe durch die Niederschläge
ausgewaschen. Es stellt sich die Frage, wie stark die Verdunstung von Regentropfen
die nasse Deposition beeinflussen.
    Dazu hat eine Gruppe um Mitra (Mitra et al. 1992) im Institut für Physik der
Atmosphäre in Mainz Untersuchungen durchgeführt. Es wurden Experimente mit
verschieden großen Tropfengrößen im Wind Tunnel durchgeführt. Mitra et al. kamen
zu dem Ergebnis, dass Aerosolpartikel durch vollständige Verdunstung von Wolken-
tropfen regeneriert werden. Ein Wolkentropfen produziert ein Aerosol Partikel, des-
sen Masse und Chemie durch die Masse und Chemie des fremdartigen Materials im

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Tropfen bestimmt wird. Wenn fallende Regentropfen verdunsten, werden die Aerosol
Partikel, die sich bis dahin im Tropfen befunden haben freigesetzt. Es entsteht eine
Schadstoffquelle unterhalb der Wolke in der Troposphäre.
    Die Aufgabe der Untersuchung war die Modellierung des Niederschlagsvertikal-
profils, um mit Hilfe dessen auf die Verdunstung von Regentropfen in der Tro-
posphäre schließen zu können. Das Vertikalprofil des Niederschlags wird hierbei mit
Hilfe von Neuro-Fuzzy Modellen anhand von anderen meteorologischen Größen pa-
rametrisiert.
    Die Neuro-Fuzzy-Modelle wurden anhand von zwei verschiedenen Methoden er-
stellt, der Takagi-Sugeno Methode und der Active Learning Method. Mit diesen Mo-
dellen konnten Vertikalprofile des Niederschlags aus anderen meteorologischen Pa-
rametern hergeleitet werden. Die Abschätzung des Vertikalprofils des Niederschlags
ermöglicht in Zusammenhang mit Bodenbeobachtungen Aussagen über die Regen-
intensität an der Wolkenbasis.
    Das Ziel ist es, flächenhaft 3D Niederschlagsfelder in den meteorologischen Trei-
ber eines chemischen Transportmodells (TRAMPER (Tropospheric Realtime App-
lied Meteorological Procedures of Environmental Research), (Reimer und Scherer
1992 ) zu integrieren.

3    Das Mikro-Regen-Radar
Das Mikro-Regen-Radar (MRR) ist ein FM-CW (= Frequency Modulated Conti-
nuous Wave) Doppler Radar, hergestellt von der METEK GmbH (METEK 2005).
Anders als bei dem herkömmlichen Regenradar, wird hier das Signal vertikal nach
oben in die Atmosphäre abgestrahlt. Da beim MRR das gesendete und das emp-
fangene Signal von der gleichen Antenne abgestrahlt bzw. registriert wird, kann das
MRR nicht im gepulsten Modus betrieben werden. Die Abstrahlung erfolgt konti-
nuierlich. Das Herz des MRR ist die Gunn-Diode, die ein linear frequenzmoduliertes
Signal aufbaut, mit integrierter Misch-Diode. Die Leistung der transmittierten elek-
tromagnetischen Welle beträgt 50 mW, die Frequenz des Radars liegt bei 24 GHz.
Ein Teil des gesendeten Signals wird beim Kontakt mit Regentropfen zum MRR
zurückgeworfen und von der Misch-Diode, die als Mischer dient, detektiert. Das
empfangene Signal ist dem transmittierten Signal gegenüber frequenzverschoben.
Diese Frequenzverschiebung hängt zum einen von der Entfernung des betreffenden
Partikels zum Sender ab (→ Zeitverzögerung) und zum anderen von dessen Fallge-
schwindigkeit (→ Doppler-Effekt). Mit Hilfe einer schnellen Fourier-Transformation
können diese zwei Anteile der Frequenzverschiebung voneinander getrennt werden.
Man erhält so die Fallgeschwindigkeit und die Entfernung des betreffenden Partikels.
Gunn und Kinzer (Gunn und Kinzer 1949) haben eine empirische Relation zwischen
Fallgeschwindigkeit und Tropfendurchmesser hergeleitet, die später von Atlas (Atlas
1973) in analytische Form gebracht wurde. Mit Hilfe der Relation kann auf die Trop-
fenverteilung geschlossen werden. Anschließend erhält man durch Integration aus der
Tropfenverteilung abgeleitete Regenparameter wie den Radar Reflektivitätsfaktor,

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die Regenrate, den Flüssigwassergehalt und die Charakteristische Fallgeschwindig-
keit.
    Das Mikro-Regen-Radar wurde bereits in verschiedenen Projekten des Meteoro-
logischen Instituts Hamburg verwendet (Peters et al. 2002, Peters et al. 2005).
    Bei der Anwendung der Relation zwischen Fallgeschwindigkeit und Tropfen-
durchmesser wird vorausgesetzt, dass keine vertikalen Luftbewegungen vorhanden
sind. Die Tropfen werden in der realen Atmosphäre jedoch mit dem Wind transpor-
tiert und erfahren Beeinflussungen in ihrer Vertikalbewegung. Bei Aufwind wird die
Fallgeschwindigkeit der Tropfen verringert. Nach Gunn und Kinzer folgt daraus ein
kleinerer Tropfendurchmesser. Der Rückstreuquerschnitt ist mit hoher Potenz vom
Tropfendurchmesser abhängig. Es kommt zur Überschätzung der Anzahlkonzentra-
tion und damit auch zur Überschätzung der Regenrate und des Flüssigwassergehalts.
Vertikalwinde treten besonders bei stark konvektiven Vorgängen auf.
    Der Algorithmus des Mikro-Regen-Radars zur Ermittlung der Tropfenverteilung
ist nur für die flüssige Phase anwendbar. Schnee fällt langsamer als Regen, wodurch
es zu einer starken Überschätzung der Regenrate und des Flüssigwassergehalts bei
Schneefall kommt. Daher kann man in den MRR-Regenraten-Profilen das Schmelz-
niveau als extremes Maximum der Regenrate erkennen.
    Die Regentropfen werden nicht nur vertikal, sondern natürlich auch horizontal
mit dem Wind transportiert. Man kann nicht davon ausgehen, dass der Tropfen,
den das MRR in 500m Höhe detektiert, auch noch in 100m Höhe detektiert wird.
Durch den horizontalen Transport durchqueren die Tropfen teilweise das vom Radar
detektierte Volumen lediglich. Soll die Verwehung vernachlässigt werden, so müssen
zunächst möglichst homogene Regenfelder, die meist stratiformer Art sind, betrach-
tet werden.

4    Neuro-Fuzzy-Modelle
Prof. Lofti Zadeh (Zadeh 1965) formulierte 1965 die, auf der Fuzzy-Menge aufbau-
ende, Fuzzy-Logik. Sie ist ein Kalkül zur exakten mathematischen Behandlung von
unscharfen Informationen. Es handelt sich um eine Erweiterung der klassischen Men-
genlehre und Logik. Bei dieser sind neben den klassischen scharfen Wahrheitswerten
0 und 1 bzw. falsch und wahr auch beliebige reelle Zahlen als unscharfe Werte zu-
gelassen, so dass eine Darstellung unpräziser Informationen möglich wird. Mit Hilfe
von Fuzzy Logik ist es möglich, Prozesse, die zu komplex für einen numerischen An-
satz sind, zu analysieren oder zu simulieren. Der Kern eines Fuzzy-Logik-Systems
ist die nichtlineare Abbildung der Eingangsgrößen auf die Ausgangsgrößen, gestützt
auf die Interpretation einer Liste von erstellten Regeln. Nach der Erstellung des
Fuzzy-System führt ein Satz von Eingangsgrößen zu einer simulierten Ausgangs-
größe (→ Abbildung 1). Das Fuzzy-System hat die Fähigkeit zur Generalisierung.
Das heißt, das erstellte System kann nun dem System unbekannte Inputvektoren auf
korrekte Outputvektoren abbilden. In der Praxis ist die Problemstellung meist kom-
pliziert und der Eingabe/Ausgabe Datensatz der zur Erstellung des Fuzzy Systems

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Abbildung 1: Simulation der Ausgangsgröße aus den Eingangsgrößen

verwendet wird enthält eine große Anzahl an Parametern. Die Modellstruktur ist
komplex und durch reines Analysieren des vorhandenen Datensatz nicht erkennbar.
Das Erstellen von Regeln kann nicht manuell erfolgen.
    An dieser Stelle kommen die sogenannten neuro-adaptiven Lerntechniken zum
Einsatz. Das Modell lernt von dem vorhandenen Datensatz, und passt die Anzahl
und Art der Fuzzy-Regeln sowie die Fuzzy-Mengen entsprechend an, dass sie dem
Eingabe/Ausgabe Datensatz am besten gerecht werden.
    Die verwendeten Modell-Trainingsdaten müssen möglichst repräsentativ für alle
Eigenschaften des Datensatzes sein, damit die Modellierung Erfolg hat. Anschließend
können die Modelle anhand eines Testdatensatzes validiert werden.
    Es gibt verschiedene Arten von Kombinationen von Fuzzy-Systemen mit neuro-
nalen Netzen. In dieser Arbeit dienen neuronale Netze der Optimierung von Fuzzy-
Systemen. Stellt man die Eigenschaften beider Theorien gegeneinander, wie in Ta-
belle 1 dargestellt, so stellt man fest, dass sie sich positiv ergänzen.
    In neuronale Netze kann kein a-priori Wissen einfließen, das heißt das neuronale
Netz kann sein Wissen ausschließlich durch Lernen erwerben. Außerdem ist ein trai-
niertens neuronales Netz nicht interpretierbar, es weist ein sogenanntes ’Blackbox
Verhalten’ auf. Dagegen ist bei Fuzzy-Systemen a-priori Wissen bei der System-
Erstellung nutzbar. Das fertige Fuzzy-Modell ist außerdem transparent und kann
bei Bedarf modifiziert werden. Hingegen ist ein Fuzzy-System nicht lernfähig. Diese
Eigenschaft kann das neuronale Netz wiederum aufweisen.

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Eigenschaften                    Fuzzy-Systeme     Neuronale Netze
         mathematisches Prozessmodell          nein              nein
         Lernfähigkeit                        nein               ja
         Interpretierbarkeit                    ja               nein
         a-priori Wissen nutzbar                ja               nein
         Regelwissen erforderlich               ja               nein
         Generalisierungsfähigkeit             ja                ja

    Tabelle 1: Vergleich von Fuzzy-Systemen und neuronalen Netzen(Schulze 1997)

   Durch die Kombination von Fuzzy-Systemen und neuronalen Netzen erhält man
am Ende ein Neuro-Fuzzy-System, das transparent (Fuzzy-Systeme) und adaptiv
(Neuronales Netz) ist.
   Innerhalb dieser Untersuchung wurde mit zwei verschiedenen Neuro-Fuzzy Me-
thoden gearbeitet:

1) Takagi-Sugeno Methode (=ANFIS Modelle) (Takagi und Sugeno 1985)
2) Active Learning Method (=ALM) (Bagheri Shouraki und Honda 1997)

   Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Lernalgorithmus, worauf hier nicht näher
eingegangen werden kann.

5      Verwendete Daten
Alle für die Untersuchung verwendeten Daten wurden über Dr. Ulrich Görsdorf
vom Observatorium Lindenberg zur Verfügung gestellt. Dort steht das Mikro-Regen-
Radar und mehrere meteorologische Parameter, anhand derer das Vertikalprofil des
Niederschlags parametrisiert werden sollte, werden in unmittelbarer Nähe des Mikro-
Regen-Radars gemessen und standen für die Erstellung der Neuro-Fuzzy-Modelle
zur Verfügung. Die für die Modellerstellung verwendeten Inputparameter sind in
Abbildung 1 dargestellt.
    Betrachtet wurde der Zeitraum vom 01.04.2004 bis zum 31.12.2005.
    Die Untersuchung beschränkt sich auf homogen ausgedehnte stratiforme Nieder-
schlagsereignisse, um entsprechenden Fehlereinflüssen durch vertikale und horizon-
tale Luftbewegungen bei der Mikro-Regen-Radar Messung auszuweichen.

6      Diskussion der Neuro-Fuzzy-Modelle
Anhand der in Abschnitt 4 beschriebenen Neuro-Fuzzy Modelle kann lediglich ein
eindimensionales Ausgangssignal simuliert werden. Zur Modellierung des Nieder-
schlagsvertikalprofils muss aus diesem Grund für mehrere Höhen jeweils ein Modell
erstellt werden.

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Das Mikro-Regen-Radar misst die Regenrate von 100m bis 3000m in 100m Schrit-
ten. Entsprechend wurde mit Hilfe der zur Verfügung stehenden MRR Messdaten
für jede der 30 Höhen jeweils ein Neuro-Fuzzy-Modell anhand der Takagi-Sugeno
(TS) Methode und ein Neuro-Fuzzy-Modell anhand der Active Learning Method
(ALM) erstellt.
     Für alle Höhenmodelle oberhalb von 100 Metern ist einer der Inputparameter
die Regenrate 100 Meter unterhalb der Modellhöhe. Für das 100m-Modell steht die-
ser Inputparameter nicht zur Verfügung. Als Information der Regenrate 100 Meter
unterhalb des 100m-Modells dient die Niederschlagsmessung des Pluvio-Messgerätes
am Boden. Das heißt die verschiedenen Höhenmodelle sind über die Regenrate ge-
koppelt. Das Vertikalprofil der Regenrate wird vom Erdboden ausgehend nach oben
aufgebaut. Auf diese Weise soll die Kontinuität des vertikalen Profils gesichert wer-
den.
     Die 60 Modelle wurden anhand von Lerndaten erstellt. Mit Hilfe von Testdaten
konnten in einem nächsten Schritt die erstellten Modelle validiert werden. Hierfür
durchläuft ein, dem Modell bis dahin unbekannter Testdatensatz an Inputparame-
tern das Neuro-Fuzzy-Modell und der simulierte Output wird mit dem realen Output
des Testdatensatzes verglichen. Diese Prozedur wurde für beide Methoden jeweils
auf alle 30 Modelle angewandt.
     Abbildung 2 zeigt die resultierenden Root Mean Square Errors für die Takagi-
Sugeno (TS) Methode in blau und die Active Learning Method (ALM) in grün. Wie

Abbildung 2: Root Mean Square Error der Takagi-Sugeno Modelle (blau) und der
Active Learning Method Modelle (grün)

man sieht ist für alle Höhen der Root Mean Square Error der Modelle, die anhand
der Takagi-Sugeno Methode erstellt wurden, geringer als der Fehler der anhand der
Active Learning Method erstellten Modelle. Der Root Mean Square Error der Active
Learning Method Modelle ist bis zu 13 Mal größer als der der Takagi-Sugeno Modelle

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(→ 2200m-Modell). Der mittlere RMSE beträgt für die Takagi-Sugeno Modelle 0.11
mm/h und für die Active Learning Method Modelle 0.49 mm/h.
     Die Simulation des Niederschlagsvertikalprofils anhand der TS Modelle ist außer-
dem robuster, als die Simulation anhand der ALM Modelle. Der Fehler der verschie-
denen TS-Höhenmodelle schwankt deutlich weniger, als der der ALM-Modelle. Was
bei Betrachtung der Root Mean Square Errors beider Methoden auffällt ist, dass der
Fehler in den typischen Höhen der Wolkenniveaus am größten ist. Bei näherer Be-
trachtung der zugehörigen Testdatensätze wird klar, dass dieser Umstand auf das in
den Wolkenniveaus schwer zu bestimmende Maximum innerhalb der Schmelzschicht
zurückzuführen ist.
     In Abschnitt 3 wurde bereits erläutert, dass es innerhalb der Schmelzschicht zu
einer starken Überschätzung der Regenrate durch das Mikro-Regen-Radar kommt,
da der Algorithmus zur Ermittlung der Tropfenverteilung durch das Mikro-Regen-
Radar nur auf die flüssige Phase anwendbar ist. Es handelt sich bei dem besagten
Maximum nicht um eine repräsentative Regenrate, sondern um eine Überschätzung
durch das Messgerät.
     Daher war es auch nicht Ziel, den genauen Maximalwert der Regenrate inner-
halb der Schmelzschicht zu simulieren. Wichtig ist, dass die Schmelzschicht in den
Vertikalprofilen zu erkennen ist und dass der Verlauf der Regenrate im Bereich der
flüssigen Niederschlagsphase unterhalb der Wolke von den Modellen gut wiederge-
geben wird.

Mit Hilfe der jeweils 30 Modelle der TS-Methode und der ALM-Methode wurden
simulierte Vertikalprofile des Niederschlags für den Standort Lindenberg erstellt und
mit den vom Mikro-Regen-Radar gemessenen Vertikalprofilen verglichen. Bei Mes-
sung und Simulation handelt es sich um das Stundenmittel der Regenrate.

  Abbildung 3 zeigt zeigt das gemessene (rot) und das simulierte (blau) Nieder-
schlagsvertikalprofil für den 17.09.2005 6 UTC. Ein Tiefdruckwirbel ist mit west-
licher Strömung über Mitteleuropa nach Russland gezogen. Lindenberg lag zum
betrachteten Termin bereits hinter der Kaltfront.
    Die Station Lindenberg meldete um 6 UTC 3/8 Cumulus auf 1050m und 6/8
Stratocumulus auf 1400m. Der Messung des Ceilometers, das alle 10 Minuten die
Wolkenuntergrenze bestimmt, kann entnommen werden, dass die Wolkenuntergrenze
des Stratocumulus von 5 UTC bis 6 UTC zwischen 1300m und 1500m lag. Der Pluvio
Regenmesser, der in unmittelbarer Nähe des Mikro-Regen-Radars steht, meldete
0.02mm Niederschlag für die vergangene Stunde. Die 0◦ C Grenze lag auf ca. 1300m.
    Die Höhe der Schmelzschicht ist in dem Vertikalprofil anhand der stark überschätz-
ten Regenrate innerhalb der Wolke oberhalb von 1000m gut zu erkennen. Aus dem
Stratocumulus fiel Niederschlag, wobei die Regenrate im Stundenmittel unterhalb
der Wolke nach unten hin abnahm. Aus dem Stratocumulus fiel der Niederschlag
zunächst in fester Form und ging während des Falls in die flüssige Phase über.
    Die TS-Modelle haben den Verlauf des Niederschlagsvertikalprofils gut wieder-
gegeben. Besonders unterhalb der Wolke liegen Messung und Simulation nah zu-

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Abbildung 3: Gemessenes und simuliertes Niederschlagsvertikalprofil für den
17.09.2005 6 UTC

sammen. Das Maximum innerhalb der Schmelzschicht wurde von den Modellen un-
terschätz, doch handelt es sich innerhalb der Schmelzschicht um keine repräsentative
Regenrate, sondern um eine Überschätzung des Mikro-Regen-Radars, da der Algo-
rithmus des Mikro-Regen-Radars zur Bestimmung der Tropfenverteilung nur für die
flüssige Phase anwendbar ist. Durch nähere Betrachtung der Eingangsdaten für den
17.09.2005 um 6 UTC wird klar, dass die erneute Zunahme der Regenrate auf 1700m
und 1800m in der Simulation auf einen Sprung des Flüssigkeitsgehaltes zu größe-
ren Werten hin zurückzuführen ist. Unterhalb der Wolkenbasis lag die Regenrate

  Abbildung 4: Temperatur- und Taupunktverlauf für den 17.09.2005 um 6 UTC

von Messung und Simulation bei 0.04mm/h. Der Pluvio Regenmesser am Erdboden
meldete innerhalb besagter Stunde 0.02mm. Die Differenz von 0.02mm/h ist ver-

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mutlich unterhalb der Wolkenbasis in der Troposphäre verdunstet. Bekräftigt wird
diese Vermutung durch den in Abbildung 4 gezeigten Verlauf von Temperatur (rot)
und Taupunkt (blau) wie er mittels Radiosondenaufstieg um 6 UTC gemessen wur-
de. Die Luftschicht unterhalb der Wolkenbasis war sehr trocken. Interessant ist, dass
die Modelle den Anstieg der Trockenheit unterhalb von 700m durch eine verstärkte
Abnahme der Regenrate in der betreffenden Höhe simuliert haben.

7    Zusammenfassung
Für die Parametrisierung der Niederschlagsvertikalprofile wurden zwei Verfahren
der Neuro-Fuzzy-Modellerstellung getestet. Der Lernalgorithmus der Takagi-Sugeno
Methode ist für die betrachtete Anwendung erfolgreicher, als der der Active Learning
Method. Mit Hilfe der Takagi-Sugeno Modelle konnte das Niederschlagsvertikalprofil
besonders unterhalb der Wolkenbasis anhand anderer meteorologischer Parameter
gut parametrisiert werden.
    Rückschlüsse auf die Verdunstung unterhalb der Wolkenbasis sind mit Hilfe der
erstellten Niederschlagsvertikalprofile möglich und bei Verwendung einer größeren
Anzahl an Trainingsdaten würde der Fehler der Neuro-Fuzzy Modelle kleiner aus-
fallen.
    Das Verfahren soll auch auf klein strukturierte Niederschlagsfelder erweitert wer-
den.

Literaturliste
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