Wer ins Fleisch schneidet, nimmt's vom Lebendigen Warum Craig Arnolds Gedichte so fesselnd sind

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Wer ins Fleisch schneidet, nimmt’s vom Lebendigen
Warum Craig Arnolds Gedichte so fesselnd sind

       Es zeigte sich außerdem, daß gerade nach der letzten noch denkbaren Gemeinheit, wenn wir nur
       noch blaß und zitternd herumstehen konnten, sich bei mir mit der Zeit immer öfter ein Zartgefühl
       für Judith ergab, das ich stärker fühlte als die frühere Liebe, und während ich mich dann mit etwas
       beschäftigte, stellte sich eine Beruhigung ein, in der sich die Verkrampfung in einen wohltuenden
       Schmerz auflöste.
                                                         Peter Handke, Der kurze Brief zum langen Abschied

Craig Arnolds Gedichte ziehen aus mehreren Gründen in ihren Bann. Ich will es im großen
und ganzen bei dreien belassen, die hoffentlich den Fächer weit genug aufspannen, um
durch sie hindurch das Panorama seiner poetischen Landschaft sui generis zu erblicken.
Einmal nehmen die vorliegenden Verse durch ihre Stimme für sich ein, die nicht bloß ange-
lesen ist, sondern hinter der sich eine eigenwillige fleischlich-konkrete Existenz verbirgt.
Dann vereinigen sie in sich zentrale Tendenzen der us-amerikanischen Gegenwartslyrik –
gewissermaßen eine Synthese des Besten, was sie hervorzubringen vermag. Und schließ-
lich zeigen sie, was Poesie jenseits aller Akademie-, Szene- und Mediendiskurse eigentlich
bedeutet – ein in Fleisch und Blut übergegangenes Lebensgefühl.

Beginnen wir mit der Stimme, die diese Verse hervorgebracht hat und über das Substitut
der Buchseite zum Hörer durchdringen will. So viel wird beim Lesen schnell klar: Der
Kerl, der sie besitzt, ist sowohl Nutznießer als auch Verächter seines autobiographisch-
faktischen Selbst, das nur interessiert, sofern es sich in Gedichte verwandeln kann – die
Glosse zum Autor als Rohfleisch für die Gourmet-Küche des Gedichts. Doch schon hier
beginnt das Problem. Wer so oft „ich“ sagen kann, meint der eigentlich noch sich selbst
oder jede denkbare Existenz, die er sich andichtet?
Gerade das Korsett eines Gedichts bietet Platz genug, den Zauber eines multiplen Rollenbe-
wusstseins, der im Pronomen „ich“ verschlüsselt liegt, auszuleben: Der Autor darf „ich“
sagen, ohne seine ganze Person für das, was sie sagt und tut, verantwortlich zu machen;
kann er doch mit Rimbaud auf die Einsicht verweisen, dass „Ich ein anderer“ ist, Buch-
staben-Ich und leibliches Selbst nie miteinander identisch sind. Das Wörtchen „ich“ selbst
ist es im Gedicht, das die Persönlichkeit spaltet in einen, der spricht und einen, der zusieht.
Die Bilder aber sind verlässlicher und hier können wir Arnold beim Wort nehmen – denn
egal, was einer von sich behauptet, mit den Bildern, die er preisgibt, kommt er erst zu sich.
Bilder fallen in die Augen, spiegeln sich darin, werden abgespeichert; Worte hingegen
springen vom Gaumen und sind verhallt.
Craig Arnolds images also sind Bilder von Orten, Träumen, Frauen (und Männern), von
Stationen an der Grenze – zum anderen Land, zum anderen Geschlecht, zwischen Leben
und Tod, Liebe und Hass, Illusion und Wirklichkeit –, Bilder von Zusammenstößen, die
sich aus den Worten schälen und im Gedächtnis haften bleiben wie Lukrez das von den
„eidola“ sagt, jenen ‚Filmen’ oder ‚Häuten’, die von den Dingen abgelöst optisch zu laufen,
zu flimmern, zu oszillieren beginnen. Da ist jene Ladung prallreifer Äpfel, quer über den
einsamen Highway verstreut, die einen Crash zum unvergesslichen Momentum macht. Da
ist das stille, an einer Hafenbucht gelegene Café, das eine von Anbeginn vergebliche, längst
zerbrochene Liebe wiederbelebt. Und da ist der Dorn, den das pilgernde Ich in einem
Reliquienschrein der Provence aufspürt und sich ins eigene Fleisch treiben will zur Erin-
nerung an jenen blutjungen Rockstar, der drüben in God’s own country von den Fluten des
Mississippi in den Tod gerissen wurde.
Man könnte solche Bilder als ‚Begleitumstände’ der Biographie des Autors interpretieren –
Visionen im buchstäblichen Sinn, die einer Existenz ihr Unverwechselbares, ihr Faszi-
nosum verleihen, als Grundstock an Imaginiertem im bildlich-konkreten Sinn, der das Fak-
tische eines Lebens erst zum Schwingen bringt. Zum Faktischen des Autors gehört, dass er
1969 geboren wurde, einen Teil seiner Kindheit in Deutschland verbrachte, in Stuttgart,
weil der Vater Pilot bei der Air Force war, dass er mit Abschluss des Studiums zugleich
auch seinen ersten Gedichtband, und zwar 1999 als in der Yale Younger Poets Series
Prämierter herausbrachte, „Shells“ (Schalen), der ein sympathisches Vorwort W.S. Mer-
wins enthält; dass er seit den letzten Jahren als Programmchef des Schreibprogramms der
Wyoming State University arbeitet – und dass er, entnimmt man der Homepage dort, an
einem Buch über Vulkane und das Ende der Welt, wie wir sie kennen, sitze. Das ist eine
ganze Menge, und dennoch fragt man sich unwillkürlich, was geschehen musste, dass er
sich ganze zehn Jahre bis zum Erscheinen des jetzt fertig gestellten neuen Gedichtbands
„Made flesh“ Zeit gelassen hat. Die gegenüber dem Erstling womöglich noch ausgewo-
genere Sprache, die noch treffsichereren Pointen und die noch präziser gewählten Konstel-
lationen und Kollisionen innerer Zustände erklären es nicht wirklich. Was die Wartezeit bis
zum zweiten Band betrifft, so nehme ich an, dass er einfach die ihm entsprechenden Bilder
gesammelt hat, dass er klassisch wie Kerouac unterwegs gewesen ist, sich herumgetrieben,
umgesehen hat in neuer und alter Welt. Von seiner Wanderlust zeugt neben den konkreten
Reisegedichten ein Titel wie „boots“ (Stiefel).
Freilich gibt es Konstanten, wiederholte Spiegelungen, Obsessionen, moderne Donquichot-
terien, wie sie etwa ein seit Hemingways „Fiesta“ als Sehnsuchtsland der Amerikaner fig-
urierendes Spanien dem Ich zu bieten hat („My friend’s arriving on the bus“). Ein für
Tramper (wenn es sie heute noch gibt), Backpacker, Euroliner und Interrailer geradezu
gewöhnliches Erlebnis – man findet den Busbahnhof nicht da, wo man ihn vermutet hätte,
die Suche danach gestaltet sich zur Odyssee – wird zum Auslöser einer wunderbaren, so
nonchalant wie beiläufig erzählten Geschichte. Viele Gedichte Arnolds haben diese Ten-
denz, aus den Unvorhersehbarkeiten unserer Alltags kleine epische Vorgänge, Fabeln zu
schöpfen: Er nimmt’s vom Lebendigen. Den Rhythmus seiner Verse klopft das Leben selb-
st, mit der Unendlichkeit an Geschichten, die es ‚schreibt’.

Dass Amerika, vielleicht gerade über den Umweg des Europabummlers, in diesen
Gedichten zu Wort kommt, ist für keinen zu übersehen, der ein wenig mit der lyrischen
Diktion dieses Kontinents vertraut ist. Arnolds Lyrik ist, um es frei heraus zu sagen, sehr
amerikanisch, ohne dass sie sich groß um die anhaltenden Graben- und Partisanenkämpfe
in der Szene dort scheren würde – etwa zwischen den Befürwortern engagierter, neuroman-
tizistischer oder sprachbewusster Poesie. Seine Gedichte enthalten womöglich auch all das,
aber wenn schon, dann auf herrlich unmilitante, ironische Weise, die anstatt etwa französis-
che Preziosität hervorzukehren sagen kann: Zur Highschool sind wir doch alle einmal
gegangen. Und es an Gedichten auf diese grundamerikanische éducation sentimentale, die
uns hierzulande eher aus TV-Klischees bekannt ist, nicht fehlen lässt („Why I skip my high
school reunions“; „Sheherazade“) – Arnold nimmt Abschied von den Kopfgeburten der
Adoleszenz irgendwo in einer Kleinstadt des Westens, Liebe bleibt da noch auf wehmütige
Reminiszenzen an die nie eingetretene Nacht mit der heiß Begehrten beschränkt. Erst in den
späteren Gedichten wird daraus dann der existentielle Ernst eines großen Beziehungsdra-
mas, das sich seine Anleihen gern aus der griechischen Mythologie borgen darf („Hymn to
Persephone“) – auch dies gehört zum Traditionsbestand einer amerikanischen Dichtung,
der ihr eigener Kontinent nie genügend oder nie die richtigen Vorbilder lieferte. Doch –
zum Glück – bleibt Arnolds „Perseophone“, wie übrigens auch Williams’ „Kora“, ganz mit
Amerika verwurzelt.
Ernstaunlich ist, dass Arnold seinen Platz in der US-Lyrikszene behaupten kann, ohne ein-
er der seit den fünfziger Jahren tonangebenden Zentren an der Ost- oder Westküste – New
York und San Francisco – angehören zu müssen; eher ist er so etwas wie ein korre-
spondierendes Mitglied beider. Was einst zum exklusiven Distinktionsmerkmal zweier
Subkulturen ähnlich wie in der Musikwelt die Zugehörigkeit zum Beatles- oder Stones-
Fanblock gehörte, scheint längst nicht mehr so wichtig wie die individuelle, vom Habitus
einer bestimmten Gruppe unabhängige Schreibweise geworden; das Festgelegtsein auf die
Diktion eines Ortes einer globalen Mobilität der Dichter gewichen zu sein (die für Amerika
jedoch schon von jeher, anders als für Deutschland, dazugehörte). Denn das Phänomen ist
nicht nur auf Arnold beschränkt, es ist an einer Reihe von Lyrikern zu beobachten, die ur-
sprünglich im Umfeld New Yorks oder Kaliforniens begonnen haben (zum Besipiel Chris
Edgar, Peter Gizzi oder Christian Hawkey). Diese neue Mobilität ist nun weder als demon-
strativer Troll-dich-Gestus noch so zu misszuverstehen, als wollten die Dichter damit ihre
Herkunft verleugnen. Nach außen hin oft einer gewissen materiellen Notwendigkeit
gehorchend, wird damit für die Poesie ein amerikanischer Grundimpuls (re-)aktiviert, näm-
lich die Beweglichkeit.
Damit ist nicht so sehr eine spätzeitlich-digitale Nomadenkultur gemeint als vielmehr eine
geistige Neugier und Hochspannung, die auf ihren Pfaden unterwegs die ihr gemäßen An-
regungen und Winke aufgreift und sich anzuverwandeln vermag: Blitzschnell entstehen
neue Verknüpfungen von nah und fern, Zentrum und Peripherie, vergangenem und gegen-
wärtigem Moment, ein pulsierender Schaltkreis, der alle Spötter ob der Antiquiertheit des
modernen Gedichts in ihre Löcher zurückkriechen lässt. Im Gegenteil, das moderne
Gedicht, so wie es von Pionieren wie Pound, Williams, Eliot oder Stevens theoretisch ver-
fochten und praktisch umgesetzt worden ist, darf noch immer als die adäquate Ausdrucks-
form eines Bewusstseins gelten, das in neue Bereiche der Imagination vorzustoßen sucht.
Hinter diese Maßgabe kann keiner zurückweichen, der dem Gedicht noch irgendeine Be-
deutung für unseren geistigen Haushalt zugestehen mag. Und Dichter wie Arnold, Edgar
oder Gizzi, so verschieden sie untereinander auch wieder sein mögen, halten sie wach, ak-
tualisieren und revitalisieren sie regelmäßig – ohne Gruppenzwang und Schuledenken, in
progress. Das zeichnet ein gutes amerikanisches Gedicht von einem bloß amerikanischen
Gedicht aus: dass es offen bleibt, sich jede wünschbare, es bereichernde Option offenhält,
dass es einer Summe von Möglichkeiten Ausdruck gibt, ohne einen definitiven Schluss zu
ziehen, der alles andere verneinen würde. Die Gedichte Craig Arnolds sind gute
amerikanische Gedichte.

Wie er das schafft, das ist nun erst einmal ganz sein Geheimnis, und es genügt, dies nur
soweit zu entschlüsseln, um zu begreifen, was uns zu ihnen zieht: Poesie als fleischgewor-
denes Lebensgefühl. Als ich ihn fragte, wie er auf den Titel des Bandes gekommen sei,
verwies mich Craig auf Luthers Bibelübersetzung, die Genesis: Und das Wort war Fleisch
geworden. Von der religiösen Doktrin auf die alles andere als doktrinäre conditio poetica
übertragen heißt das, hier ist einer derart mit seinen Worten verwachsen, dass sie, wie eine
Tätowierung nicht mehr von der Haut, ihm nicht mehr aus dem Fleisch zu schneiden sind.
Er muss mit ihnen leben wie mit einer Verheißung oder einem Fluch – in die Wiege gelegt
und auf den Leib geschneidert. Seine Worte sind das Lied, das er singt. Und das Lied, das
er singt, ist seine Verheißung und sein Fluch – es handelt von nichts andrem als der Liebe;
dem diabolischen Kreislauf von Trennung und Beisammensein, der scheinbar nie ein Ende
nimmt, solang das Wort im Fleische lebt…
Wenn nicht schon die bereits erwähnten Vorzüge hinreichen, so ist es der Zyklus „Couple
from hell“ (Höllenpaar), der Craig Arnolds Lyrik so einzigartig macht. Ich jedenfalls kenne
weder diesseits noch jenseits des Atlantik ein lyrisches Werk der letzten Jahre, das mit einer
Intensität und emotionalen Unerschrockenheit sondergleichen auf die Konflikte einer Paar-
beziehung fokussiert: bis zu dem Punkt, wo die beiden sich so sehr Liebenden wie Has-
senden, erschöpft in Hassliebe und Liebeshass, aufeinander liegen und nur mehr für immer
auseinander gehen – oder das Ganze von vorn beginnen können. Ähnliches, wenn auch
anders gestaltet, ist aus den Fünfzigern und Sechzigern nur noch von Robert Creeley („For
Love“, „Anger“) überliefert oder dem jungen Rolf Dieter Brinkmann („Was fraglich ist
wofür“).
In der Antike war für Gefühlsaubrüche, wie Arnold sie schildert, die Tragödie zuständig,
und die Leidenschaft ihrer Protagonisten hieß Pathos. Und ohne Pathos geht es auch bei
Arnold nicht ab – ein artistisches Wagnis in ästhetisch wie existentiell eher nüchterner Zeit
–, was anders auch kaum denkbar wäre, bei den Qualen, die seine personae sich selbst und
dem jeweils anderen zufügen. Ein Pathos, von dem kein Leser verschont bleibt, beim Mit-
Lesen überträgt es sich, bis es zum Mit-Leiden geworden ist. Vielleicht, weil die Zustände,
die mit eruptiver Gewalt über Arnolds Figuren hereinbrechen und bis zum Psychopatholo-
gischen sich steigern können, jedem einzelnen von uns nur zu gut aus eigenen hoff-
nungslosen oder hoffnungslos gescheiterten Beziehungen vertraut sind? Weil hier einer die
schöne Illusion, es müsse in der Liebe doch irgendwann einmal Harmonie und Eintracht
herrschen, bei vollem Bewusstsein zertrümmert?
Während ich die Zeit eines Aufenthalts als sogenannter „writer-in-residence“ in diesem
Frühjahr im englischen Birmingham nutzte, um Arnolds neue Gedichte zu übersetzen, hatte
ich zumindest das Gefühl, dabei zu sein und mitzuleiden, und jedes Mal, wenn ich aus dem
kastenartigen Büro mit den klappernden Fenstern im elften Stock eines backsteingrauroten
Hochhausgemäuers der dreißiger Jahre an der Aston Junction, wo ich schrieb, nach
draußen ging und um Luft zu schöpfen entlang eines alten Kanals promenierte, der zu-
nächst an Hinterhöfen, einem Funkturm und Industriebrachen vorbei und dann in die von
gesichtslosem Allerweltskommerz erfüllte Innenstadt führte, blieben Arnolds lyrische Stim-
men meine treuen Begleiter – und sei es nur, dass sie mit mir um die richtige Übersetzung
stritten…
Als ich aus Birmingham abreiste, schienen diese Übersetzungen für mich zunächst beiseite
geschoben – froh war ich, dem Verleger ein Resultat zu präsentieren und die Stimmen zur
Ruhe (wenn wohl auch nicht zur Räson) gebracht zu haben. Außerdem gab es, wie üblich,
eine Menge anderer, oft völlig unlyrischer Dinge zu erledigen. Doch Arnolds Verse sucht-
en sich ihr Ventil; es wäre schon seltsam gewesen, hätten sie mich nicht noch einmal
heimgesucht. Im Frühsommer war ich auf einen Schreibworkshop bei Frankfurt
eingeladen, und im Geplänkel der Mittagspause schloss ich mit meinem Gegenüber die
Wette ab, dass es zu schaffen sei, in wahnwitzigen zehn Minuten ein vollständiges Sonett
nach vorgegebenem Thema zu schreiben. Als mir das Thema spontan zugerufen wurde, traf
es mich wie ein Blitz: „Liebe in der Hölle“ – das war doch Arnolds Obsession, und beim
Niederschreiben spürte ich, dass sich sein Pathos meiner bemächtigte wie seinerzeit beim
Übersetzen. Die zehn Minuten reichten gerade so hin, aber mir scheint die Vermutung nicht
ganz unberechtigt, dass ich diese Wette ohne Arnolds Hilfe kaum gewonnen hätte:

„Liebe in der Hölle“

Lang schon saß ich in deinem Schatten,
auf einmal hatten wir uns angeblickt –
dein aufgeblitztes Bild: erstickt
daran was wir nun für uns hatten

warn wir im Paarsein, selten noch verzückt,
Momente ganz am seidnen Faden
(Actäon sah Artemis beim Baden) –
sofort von deinem mépris zerdrückt:

Was lässt uns weiter diese Straße
nehmen, verlegen uns am Kragen tippen
wie aus Versehen, wo doch unsre Lippen

nie mehr zur Harmonie der Vase
finden, in die unsre Körper ihre Masse
pressen, von der Zunge zu den Rippen?

Die Stimme, die wir einmal übersetzten, ist nicht mehr abzustreifen. Sie begleitet uns wie
ein Gesicht oder ein Lied, das man nicht vergessen kann. Wie sollte man auch das Leben
leugnen, aus dessen Mitte heraus sie sich hörbar macht? Es ist unsres und das Paradox der
Liebe, die nie zur Ruhe kommt, ihr Kern von Anbeginn. Das lässt sich nur pathetisch
sagen.

Weimar, Ende Juli 2008

aus Craig Arnold: Made Flesh / Fleisch geworden. Ausgewählte Gedichte. Übersetzt und
mit einem Nachwort versehen von Jan Volker Röhnert. Wiesbaden: luxbooks 2008.
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