Der Progesteronantagonist Aglépristone (Alizine) zur Behandlung der fibroepithelialen Hyperplasie der Mamma bei der Katze
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Originalarbeit Der Progesteronantagonist Aglépristone (Alizine®) zur Behandlung der fibroepithelialen Hyperplasie der Mamma bei der Katze D. Meisl, M. Hubler, S. Arnold Abteilung für Kleintierfortpflanzung, Departement für Kleintierklinik der Universität Zürich Zusammenfassung Treatment of Fibroepithelial Hyperplasia (FEH) of the mammary gland in the cat with the progesterone antagonist Aglépristone (Alizine®) Drei Fälle von fibroepithelialer Hyperplasie (FEH) Three cases of fibroepithelial hyperplasia (FEH) of der Mamma bei der Katze werden beschrieben. the mammary gland in the cat are reported. A one Eine einjährige Kätzin zeigte fünf Tage nach der year old female cat had a distinct enlargement of the ersten Rolligkeit eine deutliche Grössenzunahme middle mammary glands, one on each side, 5 days der mittleren Gesäugekomplexpaare beidseits.Nach- after the first estrus. One week later the cat was dem eine Woche später therapeutisch Medroxy- treated with medroxyprogesterone acetate (Depo- progesteronazetat (Depo-Promone®) verabreicht Promone®). The affected glands, along with the worden war, verschlimmerten sich die Umfangs- remaining glands, increased further in size. A five vermehrungen und breiteten sich auf beide year old female cat was treated with Proligeston Gesäugeleisten aus. Eine fünfjährige Hauskatze (Covinan®) for the supression of estrus.Two weeks entwickelte zwei Wochen nach Proligestonapplika- later fibroepithelial hyperplasia occurred in two tion (Covinan®) zur Rolligkeitsunterdrückung eine glands, one with a well demarcated ulceration. A auf zwei Gesäugekomplexe beschränkte fibroepi- seven months old male cat was treated with delma- theliale Hyperplasie mit umschriebener Ulzera- dinon acetate (Tarden®) because of urine spraying. tion. Bei einem 7 Monate alten Kater wurde wegen Two months later he had enlargement of all mam- unerwünschten Markierverhaltens Delmadinon- mary glands. All three cats were treated with the Azetat (Tarden®) verabreicht. Zwei Monate später progesterone antagonist Aglépristone (Alizine®). bildete sich das Milchdrüsengewebe an allen Kom- Within 5 to 11 weeks the mammary glands had re- plexen an. Alle drei Katzen wurden mit dem Pro- gressed to normal. gesteronantagonisten Aglépristone (Alizine®) be- handelt, worauf sich die fibroepitheliale Hyper- plasie der Milchdrüsen innerhalb von 5–11 Wochen vollständig zurückbildete. Schlüsselwörter: Katze – fibroepitheliale Hyper- Key words: cat – fibroepithelial lyperplasia – pro- plasie – Progesteronantagonist – Aglépristone. gesterone antagonist – Aglépristone Einleitung Erkrankungen der Milchdrüse bei der Katze sind rela- stört. Nur selten verschlimmern Ulzerationen, tiv selten. Sie umfassen fibroepitheliale Hyperplasie, Oedeme, Hämorrhagien oder Drucknekrosen das Mastitis und Mammatumore. Die fibroepitheliale Krankheitsbild (Center und Randolph, 1985; Pukay Hyperplasie, auch Fibroadenomatosekomplex oder und Stevenson, 1983; Wehrend und Bostedt, 2000). feline Gesäugehypertrophie genannt, kommt aus- Ausgelöst wird diese Mastopathie ausschliesslich schliesslich bei Katzen vor und wurde erstmals von durch Gestagene, die exogenen oder endogenen Ur- Allen (1973) beschrieben. Es handelt sich dabei um sprungs sein können. Demnach kann die Erkrankung eine gutartige Umfangsvermehrung der Mamma, die spontan bei Kätzinnen im Anschluss an die Rolligkeit sich innerhalb weniger Tage entwickelt und entweder (Allen, 1973; Hayden et al., 1981; Mähler et al., 1994) nur einzelne Komplexe oder das gesamte Gesäuge oder während der Trächtigkeit auftreten (Banzhaf und betreffen kann. Lymphknoten sind nie betroffen und Kraus, 1991; Blendinger et al., 1994; Hayden et al., grundsätzlich kommt es zu keiner Milchsekretion. 1981; Hinton und Gaskell, 1977; Käufer und Czer- Meistens sind die Tiere im Allgemeinbefinden unge- nicki, 1982), oder sie wird bei männlichen wie weib- D.Meisl, M.Hubler, S.Arnold, Band 145, Heft 3, März 2003, 130–136 130 Schweiz.Arch.Tierheilk. ©Verlag Hans Huber, Bern 2003
Behandlung der Mamma-Hyperglasie bei der Katze lichen Katzen durch Behandlung mit synthetischen Fallbeschreibungen Gestagenen ausgelöst (Blendinger et al., 1994; Dorn et al., 1983; Hinton und Gaskell, 1977; Seiler, et al., Fall 1 1977; Wehrend et al., 2001). Bei der Katze werden Dem Besitzer einer einjährigen Kätzin fiel 5 Tage nach synthetische Gestagene hauptsächlich zur Rolligkeits- Abklingen der ersten Rolligkeit die Grössenzunahme unterdrückung eingesetzt. Sie finden aber auch bei der mittleren zwei Milchdrüsenpaare auf. Mit Ver- Verhaltensstörungen,entzündlichen Augenerkrankun- dacht auf beginnende Mastitis wurde sofort eine gen und in der Dermatologie Anwendung (Henik et Antibiotikatherapie eingeleitet, die jedoch erfolglos al., 1985; Romatowski, 1989). Die Therapie mit blieb. Eine Woche später wurde Medroxyprogestero- synthetischen Gestagenen ist nicht unbedenklich, nazetat 50 mg (Depo-Promone®1) subkutan ver- denn sie ist nicht selten von Nebenwirkungen wie abreicht. Daraufhin vergrösserte sich die Umfangs- Gewichtszunahme, Verhaltensänderungen, zystische vermehrung zusehends und alle Komplexe beider Endometriumshyperplasie oder Diabetes mellitus Gesäugeleisten waren nun betroffen. Mit Verdacht auf (glukokortikoide Wirkung) begleitet (Henik et al., Scheinträchtigkeit wurde die Therapie mit dem 1985; Middleton, 1986; Peterson, 1987; Romatowski, Prolaktinhemmer Metergolin (Contralac 5®2) in 1989). Ausserdem erhöhen synthetische Gestagene einer Dosierung von 0.125 mg/kg bid. per os für 8 das Neoplasierisiko der Mamma (Hayden et al., 1989; Tage eingeleitet. Da keine Rückbildung der Mamma- Johnston et al., 1984; Mol et al., 1995) und fördern komplexe erfolgte und die Katze zunehmenden die Sekretion von Wachstumshormon (STH) in der Appetitverlust zeigte, wurde sie ans Tierspital über- Mamma (Mol et al. 1996). Das gleiche Phänomen ist wiesen. Ihre Körpertemperatur betrug 39.6°C bei beim Hund bekannt: Auch hier kommt es unter ungestörtem Allgemeinbefinden. Alle Milchdrüsen- Gestageneinfluss zu einer Sekretion von STH durch komplexe waren vergrössert und das umliegende Ge- die Milchdrüsen.Während bei dieser Spezies das STH webe hochgradig ödematös. Es war keine Laktation in den Kreislauf gelangt und zu einer peripheren feststellbar. Hauptsächlich betroffen waren die mitt- Insulinresistenz und damit zu Diabetes mellitus führen leren Komplexe T2 (thorakal) und A1 (abdominal) kann, beschränkt sich die Wirkung von STH bei der beidseits. Sie waren warm, schmerzhaft und kaum Katze auf die Milchdrüse (Mol et al., 1996; Peterson, voneinander abgrenzbar. Die übrigen Komplexe (T1 1987). Hier kann Wachstumshormon zu einer exten- und A2 bds.) waren weniger stark vergrössert und siven Proliferation von Duktusepithel und Stroma und nicht schmerzhaft. Die Progesteronkonzentration im damit zum Bild der fibroepithelialen Hyperplasie Plasma betrug 2.1 ng/ml. Anamnese und klinische führen. Präsentation sprachen für eine fibroepitheliale Hyper- plasie und die Therapie mit Aglépristone (10 mg/kg Aus der Pathogenese leiten sich die Behandlungsmög- sc.2 mal im Abstand von 24 Stunden,Alizine®3) wurde lichkeiten ab. Bei Kätzinnen mit spontaner fibro- eingeleitet. Bereits am darauffolgenden Tag zeigte die epithelialer Hyperplasie, die nicht zur Zucht vorgese- Katze wieder normalen Appetit. Zwei Tage später hen sind, ist die Kastration die Therapie der Wahl nahm die Oedemisierung ab und die Konsistenz der (Banzhaf und Kraus, 1991; Hayden et al., 1981; Hin- Komplexe wurde weicher. Fünf Tage nach Therapie- ton und Gaskell, 1977; Käufer und Czernicki, 1982). beginn war auch eine deutliche Verkleinerung der Durch Wegfall des Progesteroneinflusses wird eine Gesäugekomplexe zu beobachten. Drei Wochen vollständige Regression der FEH erreicht. Falls die nach Aglépristone-Therapie wurde die Kätzin zur Mastopathie durch Behandlung mit synthetischen Kontrolle vorgestellt. Einige Komplexe (T1/A2 re, Gestagenen ausgelöst wurde, ist der sofortige Abbruch T1 li) hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt vollständig der Hormongabe angezeigt. Wurden synthetische zurückgebildet, die übrigen waren nur noch andeu- Gestagene mit Depotwirkung parenteral angewen- tungsweise vergrössert und von normaler Konsistenz. det, war bis vor kurzem bei hochgradiger Hyperplasie Nach weiteren zwei Wochen hatte das hinterste die chirurgische Entfernung der Milchdrüse die Komplexpaar (A2 re und li) wieder deutlich an Grösse einzige Behandlungsmöglichkeit. Seit einigen Jahren zugenommen, während die mittleren Komplexpaare steht der Progesteronantagonist Aglépristone (Alizine®) für die Veterinärmedizin zur Verfügung. 1 Medroxyprogesteronazetat, Depo-Promone®,Vertrieb Der Wirkstoff blockiert die Progesteronrezeptoren (Ulmann et al., 1986) und unterbindet damit den Provet AG, 3421 Lyssach 2 Metergolin, Contralac 5®,Vertrieb Virbac AG, stimulierenden Effekt der Gestagene bezüglich der CH-8700 Küsnacht STH-Sekretion im Milchdrüsengewebe. Im folgen- 3 Aglépristone,Alizine®,Vertrieb Virbac AG, Frankreich. den wird der Krankheitsverlauf und die erfolgreiche In der Schweiz noch nicht im Handel. (Auf Anfrage Therapie der fibroepithelialen Hyperplasie der bei der Abteilung Kleintierfortpflanzung des Tierspitals Mamma bei zwei Kätzinnen und einem Kater be- Zürich,Winterthurerstrasse 260, 8057 Zürich, zu be- schrieben. ziehen). D.Meisl, M.Hubler, S.Arnold, Band 145, Heft 3, März 2003, 130–136 131 Schweiz.Arch.Tierheilk. ©Verlag Hans Huber, Bern 2003
Behandlung der Mamma-Hyperglasie bei der Katze (T2 re und li, A1 re und li) kleiner, jedoch auffallend nach Therapiebeginn konnte bereits eine deutliche derber waren. Die Wiederholung der Behandlung mit Rückbildung festgestellt werden. Aglépristone führte innerhalb von 5 Wochen zur voll- Wegen des breitflächigen Ulkus wurde die Katze sechs ständigen Remission der Veränderung. Tage nach Therapiebeginn operiert. Neben der Resektion von T1 rechts wurde auf Wunsch der Be- sitzerin eine Ovariohysterektomie durchgeführt. Die Fall 2 Uteruswand war verdickt und im Lumen war schlei- Eine 5-jährige Kätzin erhielt zur Rolligkeitsunter- miger Inhalt nachweisbar. Die exzidierten Organe drückung eine einmalige Injektion mit dem synthe- wurden zur histologischen Untersuchung weiterge- tischen Gestagen Proligeston (150 mg sc.,Covinan®4). leitet. Die Operationswunden verheilten problemlos Zwei Wochen später fiel eine Schwellung einzelner und innerhalb von 5 Wochen hatte sich der Komplex Milchdrüsenkomplexe auf. Da die Katze bei gutem A2 links vollständig zurückgebildet. Allgemeinbefinden war, sah die Besitzerin keinen Anlass für eine tierärztliche Konsultation. Erst als sich Bei der histologischen Untersuchung des exzidierten 16 Wochen nach Behandlung an einem vergrösserten Mammakomplexes war eine mässige Proliferation der Komplex eine nässende Stelle entwickelte, wurde die Drüsen und Ausführungsgänge und eine hochgradige Kätzin im Tierspital Zürich vorgestellt. Das Allge- Proliferation des umgebenden Bindegewebes feststell- meinbefinden war ungestört. Bei der klinischen bar. Im Ulkusbereich war ein gemischtzelliges Infiltrat Untersuchung fielen Umfangsvermehrungen einzel- vorhanden, zahlreiche Kapillaren sprossten ein und ner Milchdrüsenkomplexe auf, wobei auf der rechten aktivierte Fibroblasten proliferierten im darunterlie- Seite der kraniale thorakale Mammakomplex T1 und genden Gewebe. Die Uteruswand wies eine mässige links der kaudale abdominale Mammakomplex A2 Hyperplasie der Uterindrüsen und stellenweise sek- betroffen waren (Abb.1). Weder von den normalen rethaltige Zysten auf. Die Diagnosen lauteten: Fibro- noch von den veränderten Komplexen liess sich Milch epitheliale Hyperplasie mit ulzerativer Dermatitis und herauspressen. Der stark vergrösserte Milchdrüsen- Zubildung von Granulationsgewebe sowie mässige, komplex T1 rechts war vermehrt warm und derb, bei glandulärzystische Hyperplasie des Endometriums. Palpation schmerzhaft und im kranialen Bereich schlecht von der Brustwand abgrenzbar. Die Haut Fall 3 darüber wies ein breitflächiges Ulkus auf und war im umliegenden Bereich nicht verschieblich. Der zweite Einem 7- Monate alten Kater wurde wegen Mar- vergrösserte Komplex A2 links war weich und nicht kierverhaltens Delmadinon-Azetat (1 mg/kg sc.,Tar- schmerzhaft, gut vom umgebenden Gewebe abgrenz- den®5) verabreicht. Zwei Wochen später wurde er bar und die bedeckende Haut war verschieblich.Auf- kastriert. Erst zwei Monate nach dieser Behandlung grund des Vorberichts und der klinischen Untersu- fielen der Besitzerin Veränderungen der Milchdrüse chung wurde die Verdachtsdiagnose fibroepitheliale auf und sie stellte die Katze im Tierspital vor. Ad- Hyperplasie gestellt und die Therapie mit dem Pro- spektorisch waren die Mammakomplexe unauffällig, gesteronantagonisten Aglépristone (10 mg/kg sc.2 mal die Zubildungen konnten lediglich palpatorisch im Abstand von 24 h, Alizine® 3) eingeleitet. Wegen festgestellt werden. Es waren alle Drüsenkomplexe der ulzerativen Veränderungen wurde die Katze zu- betroffen, wobei sich die Veränderungen nach Aussage sätzlich unter Antibiotikaschutz gestellt. Drei Tage der Besitzerin zu Beginn nur an den hintersten später waren die Komplexe teigig weich und 5 Tage Komplexen (A2 rechts und links) manifestiert und sich erst danach innerhalb von fünf Tagen auch auf die kranial gelegenen Komplexe ausgebreitet hatten. Die Zubildungen waren derb und gelappt, palpatorisch vergleichbar mit unreifen Himbeeren, gut abgrenzbar und verschieblich. Die Drüsenkomplexe waren nicht schmerzhaft und es war keine Laktation feststellbar. Die Katze wurde mit Aglépristone (10 mg/kg sc.2 mal im Abstand von 24 Stunden,Alizine®) behandelt und bereits fünf Tage später begann die Rückbildung aller betroffenen Komplexe. Fünf Wochen nach Be- handlung war die Hyperplasie vollständig abgeheilt. 4 Proligeston, Covinan®,Vertrieb Intervet GmbH, Abbildung 1: Katze w. 5-jährig: Fibroepitheliale Hyperplasie vor D-47918 Tönisvorst Behandlung. 5 Delmadinon-Azetat,Tarden®, nicht mehr im Handel D.Meisl, M.Hubler, S.Arnold, Band 145, Heft 3, März 2003, 130–136 132 Schweiz.Arch.Tierheilk. ©Verlag Hans Huber, Bern 2003
Behandlung der Mamma-Hyperglasie bei der Katze Diskussion dung von Depotgestagenen in der felinen Dermato- logie noch weit verbreitet war, FEH nicht häufiger Umfangsvermehrungen der Mamma bei Katzen sind vorkam. in 10% der Fälle auf fibroepitheliale Hyperplasie zurückzuführen (Mandelli und Finazzi, 1983). Diese Bei der spontanen FEH nach Rolligkeit oder während Tatsache ist für den Kliniker bedeutungsvoll, da die der Trächtigkeit sollen in der Regel alle Komplexe, bei FEH im Gegensatz zu den häufiger auftretenden induzierter FEH dagegen nur ein Teil davon betroffen Adenokarzinomen (Kessler und Bomhard, 1997) eine sein (Center und Randolph,1985;Hayden et al.,1981; sehr gute Prognose hat. Bei der fibroepithelialen Hayden et al., 1989; Hinton und Gaskell, 1977; Hyperplasie handelt es sich nicht um eine Neoplasie, Käufer und Czernicki, 1982; Mähler et al., 1994). sondern um eine reversible Dysplasie, die durch die Die Beobachtungen decken sich nur beschränkt mit Proliferation sowohl von epithelialen als auch mesen- den eigenen Befunden, waren doch beim Kater sämt- chymalen Strukturen charakterisiert ist (Hayden et liche Komplexe betroffen.Auch in Fall 1 breitete sich al., 1983; Mähler et al., 1994). Eine familiäre Disposi- die Mastopathie erst nach Depotgestagengabe auf das tion wird diskutiert (Allen, 1973; Mähler et al., 1994), gesamte Gesäuge aus. Erstaunlich ist, dass sich die aber der kausale Zusammenhang mit der durch Umfangsvermehrungen beim Kater erst zwei Monate endogenes oder exogenes Gestagen induzierten STH- nach Medikamentengabe entwickelten. Diese späte Sekretion seitens der Mamma ist unumstritten (Mol Manifestation wie auch die diskrete Ausprägung et al., 1996). In allen Fallbeschreibungen von fibroepi- scheint typisch für männliche Katzen zu sein (Hayden thelialer Hyperplasie der neueren Literatur standen et al., 1981; Hayden et al.,1983). Die schwersten die Katzen ausnahmslos unter Gestageneinfluss (Banz- Verlaufsformen werden v.a. bei Kätzinnen mit sponta- haf und Kraus, 1991; Blendinger et al., 1994; Center ner FEH beobachtet (Banzhaf und Kraus, 1991; und Randolph, 1985; Dorn und Legendre, 1983; Center und Randolph, 1985; Hinton und Gaskell, Hayden et al., 1981; Käufer und Czernicki, 1982; 1977;Käufer und Czernicki,1982).Vermutlich fördert Mähler et al., 1994; Pukay und Stevenson, 1983; die Konditionierung mit Oestrogenen (Baulieu und Wehrend et al., 2001). Mester, 1989) die gestagenassoziierte STH-Genex- Die Kätzin,die kurz nach der Rolligkeit eine spontane pression in der Mamma (Mol et al., 1996). In einer Form der FEH entwickelte (Fall 1), muss ovuliert ha- Studie von Martìn de las Mulos (2000) wurden bei ben, da ein Plasma-Progesteronspiegel von 2.1 ng/ rund 55% der untersuchten Gewebsproben von FEH ml 30 Tage nach der Rolligkeit als beweisend für sowohl Progesteron- als auch Oestrogenrezeptoren aktives Gelbkörpergewebe gilt (Lawler et al., 1993; nachgewiesen. Komplikationen in Form von Ulzera- Verstegen et al., 1993). Für die Ovulation ist eine tionen, wie sie in Fall 2 auftraten, sind eher selten. Kopulation nicht zwingend notwendig, Wohnungs- Je nach Ausmass der Mammavergrösserungen kön- katzen können auch spontan ovulieren infolge taktiler nen betroffene Katzen aber durchaus ein gestörtes Reize oder eines Pheromoneffekts (Gudermuth et al., Allgemeinbefinden mit Fieber, Apathie und Ano- 1997; Lawler et al., 1993). Die FEH wurde durch endo- rexie zeigen, insbesondere bei Ulzeration der Haut genes Progesteron ausgelöst und verschlimmerte sich und sekundärer Mastitis (Blendinger et al., 1994; nach der Injektion von Medroxyprogesteronazetat. Hayden und Johnston, 1986; Wehrend und Bostedt, Die Kätzin im Fall 2 zeigte erst nach Proligestonappli- 2000). kation, der Kater im Fall 3 nach Delmadinon-Azetat Behandlung Gesäugeschwellungen. Mit Ausnahme von Zuchtkatzen ist die Therapie der Wahl bei spontaner FEH die Kastration, wobei die In der Mehrheit der dokumentierten Fälle von FEH Rückbildung der Mamma bis zu fünf Monate in waren die Katzen mit Megestrolazetat (Dorn und Anspruch nehmen kann (Carpenter, 1987). Spontan- Legendre, 1983; Hayden et al., 1981; Hinton und regressionen ohne Therapie werden selten bei jungen Gaskell,1977;Pukay und Stevenson,1983;Seiler et al., Katzen beobachtet und dauern bis zu 6 Wochen (Cen- 1979) oder Medroxyprogesteronazetat (Hayden et al., ter und Randolph, 1985; Hayden et al., 1981; Mähler 1981; Hayden et al., 1983) per os oder parenteral be- et al., 1994; Mandel, 1975). handelt worden. Nur in einem Fall wird über FEH Bei FEH nach oraler Progestagengabe wird die nach Injektion des Depotpräparates Proligeston (Del- Medikation sofort abgesetzt und bis vor wenigen Jah- vosteron®) berichtet (Blendinger et al., 1994), und bis ren wurden stark betroffene Komplexe exstirpiert. heute ist kein klinischer Fall nach Verabreichung des Nach parenteraler Applikation von Depotgestagenen ebenfalls langwirkenden Delmadinonazetats beschrie- hält die Wirkung Wochen bis Monate an, daher wurde ben. Es darf davon ausgegangen werden, dass bei inji- in diesen Fällen die chirurgische Entfernung betroffe- zierbaren Depotpräparaten tatsächlich ein geringeres ner Komplexe empfohlen (Dorn und Legendre, 1983; Risiko für FEH besteht. Anders liesse sich kaum Hayden et al., 1981; Hinton und Gaskell, 1977; Pukay erklären, weshalb in früheren Jahren, als die Anwen- und Stevenson, 1983; Seiler et al., 1977). D.Meisl, M.Hubler, S.Arnold, Band 145, Heft 3, März 2003, 130–136 133 Schweiz.Arch.Tierheilk. ©Verlag Hans Huber, Bern 2003
Behandlung der Mamma-Hyperglasie bei der Katze Die Einführung des Progesteronantagonisten Aglé- Fallberichten Katzen mit FEH an mehreren aufeinan- pristone in die Veterinärmedizin ebnete den Weg für derfolgenden Tagen mit Aglépristone in einer Dosie- eine wirkungsvolle und schonende Therapie, die sich rung von 10mg/kg Kg sc. behandelt wurden, erzielten sowohl für spontane wie induzierte FEH eignet. wir den gleichen Therapieerfolg bei unseren Katzen Aglépristone agiert als kompetitiver Progesteronanta- mit einer zweimaligen Behandlung in derselben Do- gonist und weist eine fünfmal höhere Affinität für den sierung.Wurde jedoch wie in Fall 1 bei bereits beste- Rezeptor auf als das natürliche Progesteron (Ulmann hender FEH ein Depotgestagen injiziert, ist eine Wie- et al., 1986). Aglépristone verdrängt endogenes oder derholung der Behandlung angezeigt, sobald sich die exogenes Gestagen nachhaltig vom Rezeptor, so dass Milchdrüsen wieder vergrössern.Bei Anwendung von die lokale STH-Sekretion sistiert und die Milch- Aglépristone muss nicht mit Nebenwirkungen ge- drüsenvergrösserung sich vollständig zurückbildet. rechnet werden (Blendinger et al., 1994; Hecker et al., Dass sich der Einsatz von Aglépristone auch bei 2000;Wehrend et al., 2001). Es ist jedoch zu beachten, Katzen mit FEH eignet, wurde erstmals von Blendin- dass die Aglépristone Behandlung trächtiger Katzen ger et al. (1994) veröffentlicht und durch weitere Fall- mit FEH einen Abort auslöst (Blendinger et al., 1994). berichte bestätigt (Wehrend und Bostedt, 2000; Die hier beschriebenen Komplikationen FEH und Wehrend et al. 2001). Das vollständige Verschwinden glandulärzystische Hyperplasie des Endometriums der Symptome kann zwar mehrere Wochen dauern sind nur zwei der vielen Nebenwirkungen einer Ges- (Wehrend et al.2001),aber massiv geschwollene,pralle tagenbehandlung, daher sollten synthetische Gesta- Komplexe werden rasch weich , sodass die Gefahr für gene bei der Katze zurückhaltend eingesetzt werden. eine Ulzeration gebannt ist.Während in den bisherigen L’antagoniste de la progestérone aglépristone L’antagonista del progesterone Aglépristone (Alizine®) pour le traitement de l’hyperplasie (Alizine®) nella terapia dell’iperplasia fibro- fibroépithéliale de la glande mammaire chez epiteliale della glandola mammaria del gatto le chat Trois cas d’hyperplasie fibroépithéliale (HFE) de la Vengono descritti tre casi di iperplasia fibroepiteli- glande mammaire du chat sont présentés. Une ale (FEH) della glandola mammaria del gatto. Una chatte âgée d’un an a montré cinq jours après la gatta di un anno ha mostrato, cinque giorni dopo il première chaleur un élargissement bilatéral marqué primo calore, un aumento del volume delle glan- des paires centrales du complexe mammaire. Après dole mammarie centrali, in ambedue i lati. Una l’administration une semaine plus tard d’acétate de settimana dopo il trattamento con Acetato di Me- médroxyprogestérone (Depo-Promone®), les élar- droxyprogesterone (Depo-Promone®) è stato ri- gissements se sont aggravés et se sont propagés le scontrato un aumento ancora maggiore del volume long des deux listeaux de mamelles. Une chatte delle glandole mammarie con estensione in ambe- domestique âgée de cinq ans a développé, deux due le file mammarie. Una gatta di cinque anni ha semaines après l’application de proligestone (Covi- sviluppato due settimane dopo un trattamento per nan®) pour supprimer le rut, une HFE avec ulcéra- la soppressione del calore un’iperplasia fibroepiteli- tion localisée sur seulement deux complexes ale con ulcerazione circoscritta limitata a due com- mammaires. Chez un chat mâle âgé de 7 mois, de plessi di glandole mammarie.Ad un gatto di 7 mesi l’acétate de delmadinone (Tarden®) a été administré è stato applicato, per sopprimere un comporta- à la suite d’un comportement de marquage non mento indesiderato di marcamento, Delmadinon- désiré. Deux mois plus tard, le tissu mammaire s’est Acetato (Tarden®). Due mesi più tardi è stata développé sur tous les complexes. Tous le chats riscontrata la formazione di tessuto mammario ont été traités avec l’antagoniste de la progestérone in tutti i complessi. I tre gatti sono stati trattati con aglépristone (Alizine®) avec pour conséquence une l’antagonista del Progesterone Aglépristone (Ali- réduction totale de l’HFE de la glande mammaire zine®), dopo di che l’iperplasia fibroepiteliale delle en l’espace de cinq à onze semaines. glandole mammarie è regredita completamente in 5–11 settimane. D.Meisl, M.Hubler, S.Arnold, Band 145, Heft 3, März 2003, 130–136 134 Schweiz.Arch.Tierheilk. ©Verlag Hans Huber, Bern 2003
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