20 Jahre Bologna und Beschäftigungsfähigkeit - Eine qualitative Studie zu Einflussmöglichkeiten der Hochschulausbildung auf die Resilienz von ...

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Forschung

      20 Jahre Bologna und Beschäftigungsfähigkeit –
      Eine qualitative Studie zu Einflussmöglichkeiten
      der Hochschulausbildung auf die Resilienz von
      Absolventinnen und Absolventen
      Meike Nicolaus, Stephanie Duchek

      Kernziel der vor 20 Jahren geschlossenen „Bologna“-Erklärung ist unter anderem die
      Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulabsolventinnen und -absolventen.
      Vor dem Hintergrund einer komplexen und dynamischen Arbeitswelt überrascht es
      kaum, dass in diesem Zusammenhang Resilienz als eine zentrale Fähigkeit künftiger
      Fach- und Führungskräfte zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Forschung zum
      Thema „Resilienz im Hochschulkontext“ beschäftigt sich jedoch meist mit der
      Reduzierung von Studienabbrecherquoten und weniger mit Resilienzentwicklung für
      die spätere Arbeitswelt. Somit findet sich auch keine umfassende Darstellung der
      verschiedenen hochschulseitigen Einflussbereiche auf Resilienz. Diese Lücke soll mit
      unserem Beitrag geschlossen werden. Aufbauend auf den Ergebnissen eines
      systematischen Literaturreviews wurden 25 Experteninterviews mit Hochschulmit-
      gliedern verschiedener Bereiche, mit denen Studierende1 im Laufe des Studiums in
      Kontakt kommen, durchgeführt und inhaltsanalytisch ausgewertet.

1	Bologna und Beschäftigungsfähigkeit – Anforderungen einer „neuen“
   ­Arbeitswelt an Hochschulabsolventinnen und -absolventen
1.1   Beschäftigungsfähigkeit im Fokus der europäischen Hochschulausbildung

      Vor nunmehr 20 Jahren unterzeichneten damals 30 europäische Staaten die sogenannte
      „Bologna“-Erklärung, deren zentrales Ziel neben der Vereinheitlichung und Verkürzung
      der akademischen Ausbildung in Europa sowie der Sicherstellung des Studienerfolgs
      die Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit („Employability“) von Hochschul­absol­ven­
      tinnen und -absolventen ist (BMBF, 2016; Eurydice, 2015).

      Die Europäische Kommission beschreibt Beschäftigungsfähigkeit unter anderem
      kompetenzorientiert als ein Bündel von zentralen relevanten (am Arbeitsmarkt
      benötigten und nachgefragten) sowie übertragbaren (nicht mit bestimmten Berufen
      in Zusammenhang stehenden) Leistungsmerkmalen im Sinne von Fähigkeiten, Vor-
      stellungen und persönlichen Eigenschaften, die es den Absolventen ermöglichen, eine

      1 
        Im Rahmen dieses Beitrags wird der Begriff Studierende auch im Sinne künftiger Absolventinnen und
        Absolventen verwendet.

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Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

        Beschäftigung zu finden und in ihren gewählten Berufen erfolgreich zu sein bzw. sich
        im Arbeitsmarkt zu bewegen (Eurydice, 2015).

        Schindler (2004) ergänzt diese kompetenzorientierte Sichtweise der Bedeutung von
        „Employability“ für Arbeitgeber und Unternehmen um den Aspekt der Bereitschaft
        zu Mobilität bspw. durch Ortswechsel und zu Flexibilität im Hinblick auf die
        Anforderungen der Erwerbstätigkeit im Sinne des Anspruchsniveaus sowie auf die
        Art des Beschäftigungsverhältnisses bspw. durch das Eingehen vorübergehender
        Beschäftigungsverhältnisse.

1.2	Herausforderungen für Hochschulabsolventinnen und -absolventen beim
     ­Eintritt ins Berufsleben

        Den Hochschuleinrichtungen wird im Rahmen dieser Definitionen und der Bologna-
        Zielsetzung „Employability“ die Aufgabe zugeschrieben, beschäftigungsfähige
        Absolventinnen und Absolventen hervorzubringen und dabei den Anforderungen des
        Arbeitsmarkts Rechnung zu tragen (Eurydice, 2015). Diese Aufgabe stellt in einer
        globalisierten Arbeitswelt, die in einem hohen Maß geprägt ist durch Dynamik,
        Unsicherheit und Komplexität, eine besondere Herausforderung dar.

        Das Qualitätsniveau der Anforderungen an Fach- und Führungskräfte hat sich massiv
        gewandelt und erfordert „neue“ individuelle Fähigkeiten. So führen die genannten
        Merkmale der globalisierten Arbeitswelt zu einem höheren Stressniveau und fordern
        von Hochschulabsolventinnen und -absolventen eine umfassende berufliche Hand-
        lungskompetenz (Brüggemann, 2010), die neben den Fertigkeits-, Wissens- und
        Qualifikationsbündeln, die bisher vorwiegend im Hochschulstudium vermittelt wurden,
        auch Schlüsselkompetenzen im Umgang mit Stress umfasst. Unter Zugrundelegung
        der zuvor genannten, kompetenzorientierten Definition von Employability ist eine dieser
        Fähigkeiten, die seit Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen, die persönliche
        Resilienz. Sie wird allgemein verstanden als die „Fähigkeit, Herausforderungen bis hin
        zu eskalierenden Krisen zu begegnen, sie zu meistern, dabei die Funktionsfähigkeit zu
        behalten, sich anzupassen, um letztlich mitunter sogar gestärkt daraus hervorzugehen
        und auf künftige Herausforderungen besser vorbereitet zu sein“ (Hoffmann, 2016,
        S. 1). Resilienz kann somit im heutigen Arbeitsumfeld die „Employability“ erhöhen
        und die Gefahr von Burnout-Erkrankungen reduzieren.

        Zudem rangiert der Eintritt ins Berufsleben entwicklungspsychologisch am Übergang
        zur Phase „Frühes Erwachsenenalter“ und ist per se mit besonderen Heraus-
        forderungen verbunden (vgl. Petermann & Schultheiß, 2013; Levinson, 1986). Durch
        verkürzte bildungspolitische Entwicklungszeiten verschiebt sich dieser Übergang in
        die Selbstbestimmtheit mehr und mehr in jüngere Altersstufen. Lag das Durchschnitts-

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      alter von Absolventinnen und Absolventen eines Erststudiums in Deutschland im Jahr
      2003 noch bei 30.3 Jahren, sank es in 2006 bereits auf 27.7 Jahre. Und so setzt sich
      der Trend der Verjüngung fort: 2017 betrug das Durchschnittsalter 23.9 Jahre
      (Statistisches Bundesamt, 2005; Statistisches Bundesamt, 2019). Gleichzeitig ver-
      zeichnete die AOK in ihrem Fehlzeitenreport 2017 in der Altersgruppe der 20- bis
      24-Jährigen insgesamt ca. 148 Arbeitsunfähigkeitstage pro 1 000 Mitglieder aufgrund
      einer Burnoutdiagnose (WldO, 2018). Die Ursachen liegen unter anderem in den bereits
      beschriebenen Herausforderungen der modernen Arbeitswelt und dem damit ver-
      bundenen, belastungsinduzierten Stresserleben, aber auch im Wunsch jüngerer
      Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Generationen Z und Y nach sinnstiftender
      und erfüllender Arbeit (u. a. Hardering, 2018).

      Zusammenfassend lässt sich ein Stresserleben beim Übergang vom Studium in den
      Beruf auf mehreren Ebenen erkennen (u. a. Förster & Duchek, 2017; Hardering, 2018):

      ■ Persönlich: Eintritt als junge Erwachsene bzw. junger Erwachsener in einen neuen
        Lebensabschnitt als entwicklungspsychologischer Prozess mit sozioökonomischen
        und individuellen Auswirkungen wie dem Verlassen des Elternhauses oder dem
        Gründen einer Familie.

      ■ Beruflich: Eintritt in einen Fach- und Aufgabenbereich (Job) in einer globalen,
        dynamischen und von digitaler Transformation geprägten Arbeitswelt und
        Konfrontation mit bspw. neuen Arbeitsformen wie selbstorganisiertem Arbeiten
        und agiler Teamarbeit unter hohem Zeit- und Wettbewerbsdruck und sich ständig
        ändernden Bedingungen (Routineabstinenz).

      ■ Gesellschaftlich: Wandel des Wertegefüges jüngerer Generationen bspw. durch die
        Suche nach Sinnstiftung in Arbeit und Unternehmen und dem Wunsch nach einer
        Work-Life-Balance.

1.3   Resilienzforschung im Hochschulkontext

      Es finden sich derzeit nur wenige Studien, die sich mit Resilienz und Resilienzförderung
      im Hochschulkontext beschäftigen, wovon wiederum die meisten die Reduzierung
      von Studienabbrecherquoten und ein erfolgreiches Bestehen des Studiums im Blick
      haben (u. a. Meyer, Walkmann & Rahn, 2018). Einen wichtigen Bereich der Resilienz-
      forschung im Hochschulkontext stellen die sogenannten MINT-Studien dar, da hier die
      Studienabbrecherquoten besonders hoch ausfallen und wesentlichen Einfluss auf den
      Fachkräftemangel in den technisch-innovativen Wirtschaftsbereichen haben (vgl. u. a.
      Heublein & Schmelzer, 2018). Doch angesichts der Tatsache, dass vor allem bei kauf-
      männischen Fach- und Führungsaufgaben immer mehr Hochschulabsolventinnen und
      -absolventen der Wirtschaftswissenschaften den Weg ins Berufsleben finden (Becker,
      2012; Statistisches Bundesamt, 2018) und viele Führungskräfte im Laufe ihres Berufs-

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Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

        lebens einen Burnout erleiden, scheint es notwendig, auch ein besonderes Augenmerk
        auf die hochschulseitige Resilienzförderung in diesem Bereich zu legen. Weitere
        Resilienzstudien im Hochschulkontext fokussieren sich auf einen bestimmten Aspekt,
        wie bspw. den Einfluss des Lehrpersonals. Eine umfassende Darstellung der ver-
        schiedenen hochschulseitigen Einflussbereiche auf die Resilienz von Studierenden
        bzw. Absolventinnen und Absolventen entlang der „Reise“ des Studierenden durch
        das Studium (im Sinne einer „Student Journey“) findet sich aktuell nicht. Vor dem
        Hintergrund der genannten veränderten Kontextbedingungen ist deshalb die Frage zu
        stellen, welche hochschulseitigen Faktoren Resilienz fördern können und wie die
        Hochschulen die persönliche Resilienz ihrer Studierenden entwickeln und fördern
        können, damit diese nach dem erfolgreichen Abschluss ihres Studiums den ver-
        änderten Anforderungen in der Arbeitswelt adäquat begegnen.

        Die Zielsetzung der Untersuchung ist demnach eine möglichst umfassende Identi-
        fizierung hochschulseitiger Einflussbereiche auf die Resilienz von Studierenden im
        Sinne individueller und situativer Risiko- und Schutzfaktoren sowie darauf aufbauend
        die Entwicklung eines geeigneten Rahmenmodells.

2       Resilienz als notwendige Schlüsselkompetenz von Fach- und Führungskräften
2.1     (Un-)Einigkeit über den Resilienzbegriff

        „Es besteht weitestgehend Einigkeit über den Ursprung des Wortes „Resilienz“ vom
        lateinischen „resilire“, das so viel bedeutet wie zurückspringen, zurückprallen oder
        abprallen“ (Schmidthermes, 2009, S. 11). In der Enzyklopädie der Psychologie ist
        Resilienz ganz allgemein beschrieben als „die Fähigkeit […], relativ unbeschadet mit
        den Folgen belastender Lebensumstände umzugehen und Bewältigungskompetenzen
        entwickeln zu können“ (Scheithauer, Petermann, Meyer & Hayer, 2005, S. 510f.).

        Ein Blick auf die Debatte um einen einheitlichen Resilienzbegriff zeigt aber, dass dieser
        nicht so klar ist, wie er zunächst erscheint. Ob es sich bei Resilienz um eine Eigen-
        schaft, eine Fähigkeit, einen Prozess oder ein Prozessergebnis handelt, darüber
        diskutiert die Resilienzforschung nach wie vor. Zudem übt Wieland (2011) Kritik an
        einer mangelnden Abgrenzung der Resilienzförderung von anderen ressourcen-
        orientierten Strategien sowie an Immunisierungshoffnungen und möglichen anti-
        sozialen Tendenzen durch Resilienzförderung.

        Da sich folgende Resilienz-Charakteristika übereinstimmend in den Werken unter-
        schiedlicher Autoren wiederfinden, können diese als Konsens in der aktuellen Resilienz-
        forschung gewertet werden (vgl. hierzu Duchek & Nicolaus, 2019):

        ■ Resilienz ist ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess. Demnach ist
          Resilienz kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal, sondern die hierfür erforder-

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        lichen Kompetenzen können im Laufe des Lebens in Interaktion mit der Umwelt
        erlangt werden.

      ■ Resilienz ist eine variable (situationsabhängige) Größe. Es zeigt sich, dass Resilienz
        eine flexible und den jeweiligen Anforderungen einer Situation anpassbare Wider-
        standsfähigkeit darstellt. In Abhängigkeit von der Situation sowie dem Erfahrungs-
        wissen und vorhandenen Fähigkeiten kann die Ausprägung von Resilienz variieren.
        Dies bedeutet, dass auch resiliente Menschen kurzfristig psychische Beein-
        trächtigungen in negativ belasteten Lebensphasen und -umständen erleben können,
        denn gerade Entwicklungsübergänge (sog. Lebensphasenwechsel), wie bspw. der
        Eintritt ins Berufsleben, stellen hierbei besonders kritische Perioden dar.

      ■ Resilienz ist eine domänenspezifische Größe. Eine Übertragbarkeit von Resilienz
        von einem Lebens- bzw. Kompetenzbereich auf andere Bereiche kann nicht ohne
        Weiteres vorausgesetzt werden. Ein Mensch, der im privaten Kontext ein hohes
        Maß an Resilienz zeigt, bspw. in der Gestaltung sozialer Beziehungen, muss im
        beruflichen Kontext nicht zwingend in gleichem Maße resilientes Verhalten zeigen.

2.2   Eine Modifizierung des Risiko- und Schutzfaktorenmodells

      Die „Kauai-Studie“ (1955–1987) von Werner & Smith (Werner, 2008) legte den Grund-
      stein für eine Vielzahl von Studien zu Risiko- und Schutzfaktoren der Resilienz mit dem
      Fokus auf die (frühe) Kindheit. Das Modell von Risiko- und Schutzfaktoren ist der
      Versuch, Resilienz in umfassenderen theoretischen Kontexten zu verorten. Demnach
      beschreiben Risikofaktoren zumeist umgebungsbezogene Bedingungen bzw.
      Merkmale, die beim Individuum die Wahrscheinlichkeit positiver Verhaltensweisen
      senken und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Störung oder negativer
      Konsequenzen im Vergleich zu einer unbelasteten Kontrollgruppe erhöhen. Schutz-
      faktoren (auch protektive Faktoren, Ressourcen) hingegen wird eine risikomildernde
      bzw. gesundheitsfördernde Wirkung zugesprochen. Sie sind dafür notwendig, dass
      sich der Prozess der Resilienz ereignen kann (Schmidthermes, 2009). Bis heute besteht
      jedoch in der wissenschaftlichen Literatur eine Kontroverse darüber, was genau
      Schutzfaktoren ausmacht und wie das Zusammenwirken von Risiko- und Schutz-
      faktoren zu betrachten ist. Lösel & Bender (2008) und Rönnau-Böse & Fröhlich-Gildhoff
      (2015) stellen unter anderem die Frage, ob Schutz- und Risikofaktoren wirklich klar
      voneinander zu trennen oder als Kontinuum zu betrachten sind.

      Da das Modell der Risiko- und Schutzfaktoren dennoch in der Resilienzforschung all-
      gemeine Anerkennung erfährt, soll es auch den Bezugsrahmen dieses Beitrags bilden,
      jedoch in der prozessfokussierten Betrachtung nach Cooper, Flint-Taylor & Pearn (2013).
      Resilienz wird demnach als Prozess verstanden, der auf individuellen und situativen

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        Faktoren beruht und zu positiven Resilienzergebnissen (z. B. einem positiven Lebens-
        gefühl) führt (siehe Abb. 1).

        Abbildung 1: Resilienzmodell nach Förster & Duchek (2017), basierend auf Cooper
                     et al. (2013)

            Individuelle Faktoren                                                 Situative Faktoren
          Persönlichkeitsmerkmale und                Interaktion                  Externe Unterstützung
              Resilienzressourcen                                                    und Ressourcen

                                                Resilienz (Prozess)
                                            Anwendung und Ausweitung der
                                           vorhandenen Resilienzressourcen,
                                        z.B. Selbstvertrauen gewinnen durch das
                                          Managen neuer Verantwortlichkeiten

                                                Resilienz (Ergebnis)
                                         Effektiv bleiben trotz Unsicherheit;
                                      zuversichtlich bezüglich des Wachsens an
                                      Herausforderungen und Errungenschaften

2.3     Resilienzfaktoren künftiger Fach- und Führungskräfte

        Die eingangs beschriebenen geänderten Anforderungen einer „neuen“ Arbeitswelt
        erfordern gerade von Menschen in Fach- und Führungspositionen ein hohes Maß an
        persönlicher Resilienz, um dem stetig wachsenden Stresslevel im Arbeitsumfeld in
        adäquater Weise begegnen zu können (vgl. Förster & Duchek, 2017).

        Den Führungskräften kommt zusätzlich eine besondere Bedeutung zu, denn ihr eigenes
        resilientes Handeln und Verhalten hat wesentlichen Einfluss auf die Leistung und
        Resilienz des betreuten Teams und seiner einzelnen Mitglieder (vgl. Avey, Avolio &
        Luthans, 2011; Meneghel, Salanova & Martínez 2016).

        In Anlehnung an das modifizierte Modell der Risiko- und Schutzfaktoren typologisieren
        Förster & Duchek (2017) die Resilienzfaktoren von Führungskräften folgendermaßen:

        ■ Individuelle Resilienzfaktoren umfassen persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten.
          Begegnen Führungskräfte ihrer Führungsverantwortung in gewissem Maße ent-
          spannt mit der Bereitschaft bei Bedarf loszulassen und sind sie bereit aus
          Erfahrungen zu lernen und ihr Verhalten anzupassen, dann erhöht dies ihre persön-
          liche Resilienz als Führungskraft. Ebenso wird diese gestärkt durch kognitive

Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020                                                        61
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        Fähigkeiten, z. B. rationales und strukturiertes Denken bzw. Handeln, und berufs-
        bezogene Kompetenzen.

      ■ Situative Resilienzfaktoren finden sich im privaten und beruflichen Umfeld der
        Führungskraft, privat vor allem in einem stabilen Umfeld und der Möglichkeit, sich
        zu erholen und im Arbeitsumfeld durch ein gutes Arbeitsklima und der Möglichkeit,
        sich mit anderen Fach- und Führungskräften zu den Herausforderungen des Arbeits-
        alltags auszutauschen.

3	Aktuelle Studien zu Einflussmöglichkeiten der Hochschulausbildung auf die
   Resilienz von Absolventinnen und Absolventen

      Im Vergleich zu Untersuchungen im Kindesalter sind Untersuchungen zu den resilienz-
      beeinflussenden Faktoren in Schulen und insbesondere in Hochschulen ungleich
      seltener. Mittels eines systematischen Literaturreviews konnten Duchek & Nicolaus
      (2019) einen aktuellen Überblick geben über Studien, die einen Schwerpunkt haben
      in der Untersuchung von hochschulseitigen Einflussmöglichkeiten auf die Resilienz
      von Studierenden (siehe Abb. 2). Sie identifizierten in den Studien folgende Schutz-
      faktoren:

      ■ Ein individueller Schutzfaktor ist das Commitment zur Hochschule, das durch ein
        hohes Verbundenheitsgefühl mit der Universität und eine hohe wahrgenommene
        soziale Unterstützung während des Studiums die persönliche Resilienz der
        Studierenden und späteren Absolventinnen und Absolventen fördern kann.

      ■ Situative hochschulseitige Schutzfaktoren zeigen sich in vier Bereichen: (1) Lehrver-
        anstaltungen, vor allem durch interaktive didaktische Methoden und selbst-
        gesteuertes Lernen sowie Lehrinhalte mit Bezug zum Thema Resilienz, (2) freiwillige
        Zusatzkurse in Form von gezielten Resilienzprogrammen über einen Zeitraum von
        mindestens drei Wochen, (3) humorvolle und respektvolle Lehrende, die fordern
        und fördern, und (4) soziale Unterstützung sowie gute akademische Integration
        durch Peers, vorbereitende Kurse und unterschiedliche Partizipationsmöglichkeiten
        im Hochschulleben, wie bspw. persönliches Gremienengagement.

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Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

        Abbildung 2: Einflussmöglichkeiten der Hochschule auf die Resilienz von Studierenden
                      aus Duchek & Nicolaus (2019)

                                                                   Individuelle Faktoren
           Hochschule auf die Resilienz von Hochschulabsolventen

                                                                                                                                                                       Ausprägung der Resilienz der Hochschulabsolventen
                                                                        Commitment zur Hochschule

                                                                                                                     Resilienzprozess – Anwendung und Ausweitung der
               Möglichkeiten der Einflussnahme seitens der

                                                                                                                              vorhandenen Resilienzressourcen
                                                                   Situative hochschulseitige Faktoren

                                                                            Lehrveranstaltungen
                                                                        (Lehrinhalte + Lehrmethoden)

                                                                       Angebot freiwilliger Zusatzkurse
                                                                           (Resilienzprogramme)

                                                                                  Lehrende
                                                                        (intrapersonal + interpersonal

                                                                     Soziale Unterstützung & Partizipation
                                                                   (Peer Groups + Akademische Integration)

4	Hochschulseitige Einflussfaktoren auf die Resilienz entlang der Student Jour-
   ney – eine Interviewstudie

4.1     Offene Fragen aus dem systematischen Literaturreview

        Die systematische Betrachtung des aktuellen Forschungsstands ermöglicht einen ersten
        strukturierten Überblick über mögliche Einflussbereiche der Hochschulausbildung auf
        die Resilienz von Studierenden. Eine umfassende Darstellung hochschulseitiger Ein-
        flussmöglichkeiten kann die stark fragmentierte Forschung jedoch nicht leisten.

        Der vorliegende Artikel soll daher folgende Forschungsfrage beantworten: Welche
        hochschulseitigen Einflussbereiche auf die Resilienz von Studierenden lassen sich
        entlang der „Reise“ des Studierenden durch das Studium im Sinne einer „Student
        Journey“ identifizieren?

        Um die Forschungsfrage detailliert beantworten zu können, wurde sie in die folgenden
        Leitfragen gesplittet:

        ■ Welche Phasen durchlaufen Studierende von der Vorentscheidungsphase bis zur
          regulären Exmatrikulation und auf welche hochschulseitigen Kontaktpunkte treffen
          sie dabei?

Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020                                                                                                                                                                    63
Forschung

      ■ Inwieweit haben diese Kontaktpunkte Einflussmöglichkeiten auf die Resilienz der
        Studierenden im Sinne von Risiko- und Schutzfaktoren?

      ■ Gibt es ferner Besonderheiten der Hochschulform bspw. hinsichtlich Studien-
        organisation, didaktischer Konzepte oder Einbindung der Studierenden, die mög-
        licherweise Einfluss auf die Resilienz der Studierenden haben?

4.2   Interviews mit hochschulseitigen Expertinnen und Experten

      Um die Ergebnisse des systematischen Literaturreviews zu überprüfen und zu ergänzen
      wurde eine qualitative Studie mittels leitfadengestützter Experteninterviews mit hoch-
      schulseitigen Kontaktpunkten der Studierenden durchgeführt. Die empirische Unter-
      suchung fokussierte sich dabei auf die deutsche Hochschullandschaft mit einem
      besonderen Augenmerk auf den Bereich der Wirtschaftswissenschaften.

      Die Rekrutierung der Expertinnen und Experten erfolgte entlang der verschiedenen
      Phasen des Studiums („Student Journey“) nach dem Schneeballprinzip, bis eine
      theoretische Sättigung (u. a. Lamnek, 2005) eintrat. Vor dem Hintergrund vereinheit-
      lichter Studienabschlüsse wurden Expertinnen und Experten von staatlichen Uni-
      versitäten, Fachhochschulen und Dualen Hochschulen interviewt, die Aufschluss
      darüber geben können, welche Einflussmöglichkeiten die Hochschule auf die persön-
      liche Resilienz von Studierenden nehmen kann. Zu Beginn der Interviews wurde ein
      einheitliches Verständnis von Resilienz geschaffen und den Interviewten eine Definition
      von (hochschulseitigen) Kontaktpunkten gegeben.

      Insgesamt wurden 25 Expertengespräche2 in Form von leitfadengestützten Interviews
      geführt (vgl. u. a. Gläser & Laudel, 2010). Diese haben den Vorteil, im Rahmen fester
      Themengebiete (Leitfragen) genug Raum zu lassen für eine freie Beantwortung durch
      den Interviewpartner. Die durchschnittlich ca. 50-minütigen Interviews fanden im
      Zeitraum von März bis Juli 2018 statt und erfolgten persönlich oder telefonisch. Da
      die Expertinnen und Experten gleichzeitig Funktionsträger und Kontaktpunkte sind,
      wurden die Fragen im Interviewleitfaden differenziert gestellt, um tiefergehendes
      Wissen und einen 360°-Blick zu generieren, z. B. „Inwieweit kann durch Ihre Funktion/
      Stelle bzw. Ihre Aufgaben die persönliche Resilienz der Studierenden positiv beeinflusst

      2 Einige
              der Kontaktpunkte bzw. Funktionsbereiche haben von Hochschule zu Hochschule unterschiedliche
       Bezeichnungen bei ähnlichem Aufgabenportfolio, z. B. Lehrstuhlinhaberinnen und -inhaber (UNI) und
       Studiengangsleiterinnen und -leiter (DHBW), andere sind nicht an allen Hochschulen in gleicher Weise
       vorhanden, wie bspw. das „Zentrum für Managementsimulation (Planspielzentrum)“, das „Zentrum für
       empirische Forschung“ und der „Qualitätszirkel“ der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Da
       sich gerade die Dualen Hochschulen in der Hochschulorganisation deutlich von Fachhochschulen und Uni-
       versitäten unterscheiden, wurden neben vier Expertinnen und Experten aus acht Funktionsbereichen der
       Technischen Universität Dresden sowie der Universität Stuttgart und zwei Expertinnen und Experten aus
       vier Funktionsbereichen der Fachhochschulen Pforzheim und Heilbronn insgesamt 19 Expertinnen und
       Experten aus 14 Funktionsbereichen der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) interviewt.

64                                                             Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020
Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

        werden? Wie kann das aussehen?“ Auf Grund der Tatsache, dass einige der Expertinnen
        und Experten in ihrer Hochschullaufbahn bereits mehrere unterschiedliche Funktionen
        innehatten, wurden diese zu allen ihren Funktionsbereichen und möglichem Resilienz-
        einfluss befragt.

        Die nach Dresing & Pehl (2018) verschriftlichten 1 219 Minuten Audiomaterial wurden
        transkribiert und mit Hilfe von MAXQDA18® inhaltsanalytisch ausgewertet. Zur
        Codierung der vorliegenden Informationen wurde ein Kategoriensystem deduktiv
        mittels „Strukturierung“ und induktiv mittels „Zusammenfassung“ gebildet (vgl.
        Mayring, 2015). Aus diesem Grund entwickelte sich das Kategoriensystem im Laufe
        der Bearbeitung weiter. Die finalen Kategorien wurden in einem Codebuch definiert,
        um so einen multipersonalen Diskurs zu ermöglichen.

        Die zentralen Kategorien waren dabei:

        ■   Phasen des Studiums
        ■   Kontaktpunkte zwischen Studierenden und Hochschule entlang der Phasen
        ■   Resilienzeinfluss der Kontaktpunkte/Funktionsträgerinnen und Funktionsträger
        ■   Besondere organisationale Rahmenbedingungen der Hochschulform
        ■   Weitere relevante Aspekte aus den Interviews

5     Eine Vielzahl an Möglichkeiten, doch mit welchen Effekten?
5.1	Die „Student Journey“ – das Studium als Dienstleistungsprozess zur
     ­Resilienzförderung

        Um einen möglichst umfassenden Überblick über die hochschulseitigen Einfluss-
        bereiche auf die Resilienz von Studierenden zu erlangen und vor dem Hintergrund,
        dass Bildung und somit auch das Studium an Hochschulen eine Dienstleistung darstellt,
        lehnt sich das diesem Beitrag zu Grunde liegende theoretische Konzept dem der
        Customer Journey aus dem Marketing (vgl. Bruhn, 2016) an. Es dient vor allem im
        Online Marketing dazu, die Kontaktpunkte zwischen Unternehmen und (potenziellem)
        Käufer entlang des Kauf(entscheidungs)prozesses service- und erfolgsorientiert zu
        gestalten. Im Rahmen der Untersuchung der hochschulseitigen Einflussmöglichkeiten
        dient es vor allem dazu, zunächst die hochschulseitigen Kontaktpunkte möglichst
        umfassend zu identifizieren, auf die ein Studierender während seines Studiums trifft,
        und deren Einflussmöglichkeiten auf die Resilienz künftiger Absolventinnen und
        Absolventen einzuschätzen. Kontaktpunkte im Marketing können direkter oder
        indirekter, persönlicher oder medial vermittelter Natur sein (Kreutzer, 2014). Im Rahmen
        des vorliegenden Artikels wurden die Kontaktpunkte in mittelbare und unmittelbare
        unterschieden, verbunden mit dem Gedanken, dass es Kontaktpunkte gibt, auf die
        nicht jeder Studierende unmittelbar trifft, die jedoch trotzdem einen wichtigen Beitrag
        zur Resilienzförderung leisten können.

Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020                                                    65
Forschung

     Abbildung 3: Entwicklung einer „Student Journey“

         Vorkaufsphase                                        Nutzungsphase                                          Nachkaufphase

                                                                              Phasen der Customer Journey nach Bruhn 2016, S. 72

          Informations-/
         Entscheidungs-                                       Nutzungsphase                                          Bindungsphase
              phase

                                                                                  Vorüberlegungen zu den Phasen der Student Journey

         Informations-, Bewerbungs- &          Wartephase         Akklimatisie-        Studienhaupt-       Studien-
        Orientierungs- & Zulassungs-                                rungs- &           phase (Grund-    abschluss- &         Bin-
        Entscheidungs-      phase                                 Integrations-         und Haupt-     (Neu-)orientier-     dungs-
             phase                                                   phase               studium)        rungsphase         phase
                1             2                     3                   4                    5                6
          Vor dem                                               Während des                                               Nach dem
          Studium                                                Studiums                                                  Studium
                                                                                        Interviewbasierte Phasen der Student Journey
     Eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn, 2016, S. 72.

     Mit Hilfe der Experteninterviews konnten die „Student Journey“ und ihre (Teil)Phasen
     entwickelt und die besonderen Fragestellungen identifiziert werden, mit denen sich
     die hochschulseitigen Kontaktpunkte hinsichtlich der Resilienzförderung von (künftigen)
     Studierenden konfrontiert sehen (siehe Abb. 3):

     ■ „Informations-, Orientierungs- und Entscheidungsphase (Phase 1)“ – Die Phase vor
       dem potenziellen Beginn eines Studiums, in der sich die Interessentin bzw. der
       Interessent für die künftige Hochschule sowie einen Studiengang entscheidet.
       Diese beginnt meist schon in der Schulzeit. Hochschulseitige Kontaktpunkte, wie
       bspw. die (Fach-)Studienberatung, sind gefragt, Interessentinnen und Interessenten
         dahingehend zu beraten, dass die geeignete Hochschule und der geeignete Studien-
         gang gefunden werden, um eine möglichst hohe Identifikation mit beidem sicher-
         zustellen.

     ■ „Bewerbungs- und Zulassungsphase (Phase 2)“ – Die Phase, in der sich
       Interessentinnen und Interessenten an der Hochschule bewerben und die Zulassung
       gemäß den jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen der Hochschule geprüft und,
       bei positivem Ergebnis, durchgeführt wird. In dieser Phase sehen sich vor allem
       die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Prüfungs- und Immatrikulationsamts
       potenziellen Studierenden gegenüber, die gleichsam die Relevanz des Zulassungs-
       prozesses verstehen und akzeptieren müssen und denen trotzdem die Angst vor
       den Konsequenzen eines möglicherweise negativen Ergebnisses (Ablehnung)
       genommen werden sollte.

66                                                                                Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020
Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

        ■ „Wartephase (Phase 3)“ – Die Phase vor dem eigentlichen Beginn des Studiums,
          nachdem die Bewerbung/Zulassung erfolgt ist. Künftige Studierende treten hier vor
          allem an die (Fach-)Studienberatung heran, um zu klären, wie die Wartephase
          individuell am besten genutzt werden kann, um bspw. fachliche Defizite auszu-
          gleichen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treffen auf unterschiedliche Persön-
          lichkeiten und können diese individuell fördernd und fordernd unterstützen.

        ■ „Akklimatierungs- und Integrationsphase (Phase 4)“ – Die Phase des Studienein-
          gangs, die zumeist das erste Semester umfasst. Neben der akademischen
          Integration, die zumeist von den Lehrkräften gestaltet wird, findet in dieser Phase
          vor allem die soziale Integration statt. So sehen sich bspw. Fachschaften,
          Studierendenvertretungen und die Kommilitonen der Aufgabe gegenüber, neue
          Studierende in den Hochschulalltag zu integrieren und ein schnelles Einfinden
          sicherzustellen, um den Gemeinschaftssinn zu fördern.

        ■ „Studienhauptphase (Grund- und Hauptstudium) (Phase 5)“ – Die Phase des eigent-
          lichen Studienverlaufs, zumeist geprägt durch Lehrveranstaltungen und Prüfungs-
          leistungen, aber auch durch Praxissemester bzw. Praxisphasen. Die Heraus-
          forderungen für die hochschulseitigen Kontaktpunkte in dieser Phase liegen vor
          allem darin, die Studierenden in Eigenverantwortung („fordern“) zu bringen und
          ihnen gleichsam bei ihren individuellen Problemen und Fragestellungen unter-
          stützend zur Seite zu stehen („fördern“).

        ■ „Studienabschluss- und (Neu-)Orientierungsphase (Phase 6)“ – Die Phase, in der
          die Abschlussprüfungen und Abschlussarbeiten zu absolvieren sind und künftige
          Absolventinnen und Absolventen ihre berufliche bzw. akademische und private
          Zukunft planen. Das individuelle Stresslevel der Studierenden ist in dieser Phase
          tendenziell höher als in den anderen Phasen, da es neben dem erfolgreichen
          Absolvieren des Studiums für die meisten Studierenden auch um eine berufliche
          oder akademische Neuorientierung geht. Die hochschulseitigen Kontaktpunkte sind
          gefragt, die Studierenden in dieser Zeit vor allem als Berater, Coaches und/oder
          Mentoren zu unterstützen.

5.2     Die Kontaktpunkte entlang der „Student Journey“ und ihr Resilienzeinfluss

        Grundsätzlich hat die Hochschule in allen Phasen Möglichkeiten zur Einflussnahme
        auf die Resilienz im Sinne der Gestaltung von Schutzfaktoren, denn in allen Phasen
        sind mögliche Kontaktpunkte zwischen Studierenden und Hochschule gegeben. Da
        der Studierende nicht in jeder Phase auf alle Kontaktpunkte trifft, kann deren spezi-
        fische Möglichkeit zur Einflussnahme variieren. Die Expertinnen und Experten wurden
        um ihre Einschätzung gebeten, ob sie einem Kontaktpunkt einen hohen, mittleren oder
        niedrigen (neutralen) Beitrag zur Resilienzförderung zusprechen (siehe Abb. 4).

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                                                                                                                                                                         Orientierungs- & Zulassungs-                              rungs- &      phase (Grund-     abschluss- &
                                                                                                                                                                         Entscheidungs-      phase                               Integrations-    und Haupt-      (Neu-)orientier-                             Hochschulseitige Kontaktpunkte
                                                                                                                                                                              phase                                                 phase          studium)         rungsphase
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Forschung

                                                                                                                                                                                 1             2                      3                4               5                 6

                                                                                                                                                Eigene Darstellung.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Betreuende von wissenschaftlichen Arbeiten
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Erstsemesterveranstaltungen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Lehrstuhlinhaber
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         einfluss

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Professoren/Professorinnen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Dozentinnen/Dozenten
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Senat
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Studiengangsleitung (DH)

                                                                                                                                                                                                                                                                                       Kontaktpunkte Lehre
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Wissenschaftl. Mitarbeiter
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         und Mitarbeiterinnen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Zentren für Forschung und Lehre

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Bibliotheksschulungen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         (Fach-)Studienberatung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Hochschulsport
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Informationstage an Schulen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Praktikantenamt
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Prüfungs- und Immatrikulationsamt
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Qualitätszirkel (DH)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Sekretariate
                                                                                                                                                                                                                                                                                       Kontaktpunkte Service

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Studentenwerk
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       (Unterstützungsangebote)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Vertrauensprofessoren
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Vertrauensprofessorinnen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Fachschaft/Studierendenvertretung
                                                                                                                                                                                                                                                                                      rende
                                                                                                                                                                                                                                                                                      punkte
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Studie-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Kommilitoninnen und Kommilitonen/Kurs
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Kontakt-

                                                                                                                                                                      RE = Möglichkeit zum Einfluss auf persönliche Resilienz;       hoher RE;     mittlerer RE
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Abbildung 4: Phasen des Studiums, hochschulseitige Kontaktpunkte und Resilienz-

                                                          Die Grafik bildet die Kontaktpunkte (Bereiche: Lehre, Service, Studierende) entlang
                                                          der Phasen des Studiums ab, denen die Experten eine mittlere (dunkelgrau) oder hohe

Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020
Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

        (hellgrau) Möglichkeit zur Beeinflussung der persönlichen Resilienz von Studierenden
        zusprechen:

        ■ Kontaktpunkte Lehre sind bspw. wissenschaftliche Mitarbeitende, Lehrstuhl-
          inhaberinnen und -inhaber, Professorinnen und Professoren sowie Studiengangs-
          leitungen, die durch den unmittelbaren Kontakt zu Studierenden vor allem fachlichen
          und inhaltlichen Support im Sinne eines Forderns und Förderns, aber auch durch
          Einflussnahme auf das Curriculum und Lehrpersonal resilienzförderlich wirken können.

        ■ Kontaktpunkte Service sind bspw. die (Fach-)Studienberatung, das Praktikantenamt,
          das Prüfungs- und Immatrikulationsamt, die Sekretariate, aber auch Einrichtungen
          wie das Studentenwerk, die vor allem durch die Vermittlung von Ansprech-
          partnerinnen und -partnern und Unterstützungsangeboten resilienzförderlich wirken
          können.

        ■ Kontaktpunkte Studierende umfassen die Fachschaften bzw. Studierendenver-
          tretungen, die sich für die Belange der Studierenden einsetzen, sowie Kommilitoninnen
          und Kommilitonen bzw. Kursteilnehmende, die vor allem im unmittelbaren Kontakt
          die Studierenden als Peers unterstützen und so die Resilienz der bzw. des Einzelnen
          beeinflussen können.

        Kontaktpunkte, denen die Interviewten eine niedrige bzw. keine Möglichkeit zur Beein-
        flussung der persönlichen Resilienz zusprechen, sind die allgemeine Verwaltung, das
        Auslandsamt, der Förderverein sowie Prüferinnen und Prüfer ohne Lehrauftrag. Diese
        bleiben in der Grafik unberücksichtigt. Dennoch können diese Ergebnisse, vor allem
        mit Blick auf die Institution Auslandsamt, kritisch diskutiert werden, da diese Ein-
        richtung Studierenden unterstützend zur Seite steht, die ein Auslandssemester oder
        einen akademischen Auslandsaufenthalt planen.

        Eine weitere Einrichtung, der die Interviewten indirekt hohe Einflussmöglichkeiten
        zusprechen, zu der die Studierenden jedoch weder mittelbar noch unmittelbar Kontakt
        haben, sind Zentren für die nichtakademische Weiterbildung, die bspw. Lehrcoachings
        und didaktische Seminare für Lehrende oder Servicemanagement für Sekretariate
        anbieten.

        Aus der Grafik geht weiterhin hervor,

        ■ dass die Hochschule grundsätzlich in allen Phasen des Studiums Einflussmöglich-
          keiten auf die Resilienz (potenzieller) Studierender hat,

        ■ dass die häufigsten Kontakt- und somit Einflussmöglichkeiten zwar in den Phasen
          4 bis 6 bestehen, jedoch die Bedeutung der Kontaktmöglichkeiten in den Phasen
          1 bis 3 hinsichtlich ihrer Resilienzförderlichkeit nicht unterschätzt werden darf, bspw.
          mit der (Fach-)Studienberatung oder auf Informationsveranstaltungen. Hier ver-

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Forschung

        weisen die Expertinnen und Experten auf die hohe Bedeutung der Qualität der
        Kontakte.

     ■ dass der Einfluss der hochschulseitigen Kontaktpunkte auf die Resilienz (potenzieller)
       Studierender unterschiedlich ausgeprägt ist, bspw. hoch (Professorinnen und
       Professoren, Praktikantenamt), mittel (Sekretariate) und niedrig/neutral (Allgemeine
       Verwaltung, Fördervereine).

5.3	Hohe Bedeutung von unmittelbaren Kontaktpunkten und eigenem
     ­Engagement der Studierenden

     Wesentliche Bedeutung für die Resilienzförderung im Sinne sozialer Unterstützung
     sprechen die Expertinnen und Experten vor allem den unmittelbaren Kontaktpunkten
     und hierbei besonders der Qualität der Kontakte zu. Als Aspekte guter Qualität sehen
     die Interviewten u. a. die Intensität (Häufigkeit und Dauer) des Kontakts, den wert-
     schätzenden und respektvollen Umgang mit den Studierenden sowie eine gute Balance
     aus Fördern und Fordern bei den Anliegen und Herausforderungen, mit denen sich
     Studierende an die Kontaktpunkte wenden. Dies zeigt sich bspw. beim unmittelbaren
     Kontaktpunkt der Studiengangsleitung, dem verschiedene Expertinnen und Experten
     der DHBW eine hohe Bedeutung zusprechen. „Bei dem [Studiengangsleiter] sehe ich
     das stark gegeben. Weil ich glaube, da der Kontakt im Studium relativ eng ist. Er
     sicherlich das Arbeitspensum so ein Stück weit steuert […]. Und auch einfach Vorbild
     sein kann. […] Oder eben bei wenig Betreuung und kein Ohr für die Studis haben […]
     wahrscheinlich eher negativ fördert, dass Überforderung entstehen kann.“ (DHBW,
     Lehrende, Interview 20, Zeile 56–59).

     Immer wieder betonen die Interviewten auch die Bedeutung einer „Begegnung auf
     Augenhöhe“ durch Peers wie bspw. in der Fachschaft bzw. Studierendenvertretung
     für die Resilienz von Studierenden: „[…] Weil […] von Student zu Student lässt es sich
     einfacher reden als von Student zu Studienberatung oder zum Dozent. Und Studenten
     untereinander können sich auch ganz anders beraten. Und Probleme werden vielleicht
     auch anders wahrgenommen und kann man schon dazu beitragen […], Unstimmig-
     keiten, Probleme besser zu klären und somit, ja, vielleicht einen kleinen Frust, der in
     dem Studenten aufgetreten ist, auch hilfreich […] beseitigen.“ (UNI, Sekretariat, Inter-
     view 13, Zeile 47–50).

     Mehrere Expertinnen und Experten betonten, dass es Gremien und Einrichtungen
     gibt, die ihre Möglichkeit, die Resilienz von Studierenden zu beeinflussen, dadurch in
     besonderem Maße entfalten können, dass sich die Studierenden selbst engagieren,
     wie bspw. im Senat oder den Fachschaften und Studierendenvertretungen, oder der
     (pro)aktiven Inanspruchnahme durch die Studierenden bedürfen, wie bspw. bei Zentren
     für Forschung und Lehre oder bei den Vertrauensprofessorinnen und -professoren.

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Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

        Durch das aktive Engagement von Studierenden in Hochschulgremien lassen sich
        Resilienzfaktoren, wie Kommunikationsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein,
        Lösungsorientierung und Kompromissbereitschaft lernen bzw. „trainieren“. Das zeigt
        sich in Expertenaussagen wie „[…] ich glaube auch, dass das einfach ein positives
        Erlebnis sein kann, da drin zu sein und das Gefühl zu haben, ich kann auch diese
        Hochschule ein bisschen mitgestalten und habe da zu anderen Studis Kontakt […] Und
        da [in der Studierendenvertretung/Fachschaft] kommt man mit Leuten aus anderen
        Kursen, anderen Fakultäten zusammen und stellt zusammen was auf die Beine. Das
        könnte ich mir auf jeden Fall vorstellen, dass das einen positiven Einfluss hat.“ (DHBW,
        Hochschulkommunikation, Interview 18, Zeile 79–80).

        Im Sinne einer guten sozialen und akademischen Integration sprechen die Expertinnen
        und Experten hochschulseitigen Erstsemesterveranstaltungen und freiwilligen Zusatz-
        kursen, wie z. B. Vorbereitungskursen, ein hohes Maß an Resilienzförderlichkeit zu.
        Da diese Angebote zumeist freiwillig sind, hängt die tatsächliche Förderlichkeit einzig
        von der Inanspruchnahme durch den Studierenden ab. Das gilt ebenso für einige der
        nur mittelbaren Kontaktpunkte, wie z. B. das Studierendenwerk.

        Einige der Expertinnen und Experten bemerken zudem eine zunehmende Passivität
        der Studierenden. Diese zeigt sich auch bei der Nutzung des an allen befragten Hoch-
        schulen angebotenen Hochschulsportprogramms, das mit Angeboten wie Yoga,
        Mannschaftssport und gemeinsamen Lauftrainings durchaus zur Stärkung der inneren
        Balance beitragen kann, doch eben nur, wenn diese auch aktiv genutzt werden: „Also
        wenn ich das [den Hochschulsport] tatsächlich dann aktiv wahrnehme, und mich auch
        in so Gruppen dann beispielsweise einbringe, also durchaus als positiver Effekt. Weil
        gerade wenn man vielleicht in eine neue Stadt kommt, sich ganz neu einfinden muss,
        und da dann einfach, ja, einen neuen Freundeskreis darüber vielleicht aufbauen kann,
        ist das für die eigene Persönlichkeit auf jeden Fall hilfreich und förderlich.“ (UNI,
        Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Interview 3, Zeile 165–170).

        Gründe für die zunehmende Passivität der Studierenden sehen einige der Interviewten
        in der hohen Taktung des Studiums, will die Regelstudienzeit eingehalten werden,
        aber auch im veränderten Wertegefüge der Studierenden jüngerer Generationen (vgl.
        Kapitel 1), bspw. durch die hohe Bedeutung der Work-Life-Balance im Studium. „Aber
        es ist eine Gratwanderung. […] Ich sehe auch, die Studierenden werden […] immer
        anspruchsvoller, das merkt man auch so über die Zeit hinweg, wie sich das entwickelt
        hat und da muss man auch aufpassen, dass man auch nicht zu viel macht, und zwar
        nicht aus Faulheit unsererseits, sondern im Sinne, oder im Interesse der Studierenden.
        Damit die eben diese Möglichkeit, was eigentlich Sinn eines Studiums ist, so ein
        bisschen diese Selbstständigkeit […] das Wachsen, dass wir das auch noch hin-
        kriegen.“ (DHBW, Studiengangsleitung, Interview 2, Zeile 210–214).

Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020                                                    71
Forschung

5.4	Risiko- oder Schutzfaktor? Bedeutung der Persönlichkeitsstruktur und
     ­Hochschulwahl

      Ob es sich um einen Risiko- oder Schutzfaktor handelt, hängt nach Meinung diverser
      Interviewter in hohem Maße vom „Person-University-Fit“ ab, d. h. inwiefern persön-
      liche Bedürfnisstruktur und die gewählte Hochschulform harmonieren. Die Frage, ob
      beispielsweise hohe gestalterische Freiheitsgrade als Merkmal vieler Universitäten
      einen Risiko- oder Schutzfaktor darstellen, hängt wesentlich von der Persönlichkeits-
      und Bedürfnisstruktur der Studierenden ab. Zudem zeigen sich in einigen Punkten
      Ambivalenzen hinsichtlich der Wirkung als Schutz- oder Risikofaktor, bspw. bei Lehr-
      veranstaltungen in kleineren Gruppen an Dualen Hochschulen und Fachhochschulen.
      Diese können einen Schutzfaktor auf Grund einer höheren sozialen Integration dar-
      stellen, aber auch einen Risikofaktor, da durch die mangelnde Anonymität im Kursver-
      band ein höherer Leistungsdruck besteht. Auch gilt es die Persönlichkeits- und
      Bedürfnisstruktur der Studierenden bei der Studien- und Hochschulwahl zu berück-
      sichtigen.

5.5	Zusammenfassung der Ergebnisse aus systematischem Literaturreview und
     Experteninterviews

      Auf Basis des systematischen Literaturreviews von Duchek & Nicolaus (2019) und
      den geführten Experteninterviews lassen sich zusammenfassend folgende hochschul-
      seitige Einflussmöglichkeiten auf die persönliche Resilienz von Studierenden identi-
      fizieren (siehe Abb. 5):

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Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

        Abbildung 5: Ergebnissynthese der hochschulseitigen Einflussfaktoren

                                                 Hochschulseitige Kontaktpunkte                                       Faktoren/Einflussbereiche

                                                                                    Betreuende von                    Individuelle Faktoren
                                                                               wissenschaftlichen Arbeiten
                                                                                                                              Commitment zur
                                                                              Erstsemesterveranstaltungen                       Hochschule
                                                                                     Lehrstuhlinhaber                            (Pro-)Aktive
                                                    Kontaktpunkte Lehre

                                                                                                                              Inanspruchnahme

                                                                                                                                                      Resilienzprozess – Anwendung und Ausweitung der vorhandenen Resilienzressourcen
                                                                               Professoren/Professorinnen

                                                                                                                                                                                                                                        Ausprägung der Resilienz der Hochschulabsolventen und Hochschulabsolventinnen
                                                                                 Dozentinnen/Dozenten
                                                                                                                            Person-University-Fit
                                                                                           Senat                               (Studienwahl)

                                                                                Studiengangsleitung (DH)
                                                                                Wissenschaftl. Mitarbeiter
                                                                                                                      Hochschulseitige Faktoren
                                                                                  und Mitarbeiterinnen
         Über die Phasen der „Student Journey“

                                                                                                                                Lehrinhalte/
                                                                             Zentren für Forschung und Lehre                   Lehrmethoden
                                                                                                                                (Curriculum)

                                                                                  Bibliotheksschulungen
                                                                                                                                   Lehrende
                                                                                  (Fach-)Studienberatung                        (intrapersonal
                                                                                                                               + interpersonal)
                                                                                      Hochschulsport
                                                                               Informationstage an Schulen                   Angebot (freiwillige)
                                                    Kontaktpunkte Service

                                                                                     Praktikantenamt                            Zusatzkurse
                                                                                                                          (Akademische Integration
                                                                            Prüfungs- und Immatrikulationsamt              + Resilienzprogramme)
                                                                                    Qualitätszirkel (DH)
                                                                                                                            Soziale Unterstützung
                                                                                       Sekretariate                              (Peer Groups
                                                                                                                           + direkte Kontaktpunkte)
                                                                                     Studentenwerk
                                                                                (Unterstützungsangebote)
                                                                                                                                Partizipation
                                                                                 Vertrauensprofessoren                           (Teilhabe
                                                                                Vertrauensprofessorinnen                   + Gremienengagement)
                                                 Kontaktpunkte
                                                  Studierende

                                                                                        Fachschaft/
                                                                                  Studierendenvertretung                     Studienorganisation
                                                                                                                               (Freiheitsgrade)
                                                                            Kommilitoninnen u. Kommilitonen/Kurs

        Eigene Darstellung in Anlehnung an Duchek & Nicolaus (2019).

        Aus der Grafik lässt sich deutlich erkennen, dass es ein unterschiedliches Maß der
        Einflussmöglichkeit der hochschulseitigen Kontaktpunkte auf die individuellen und
        situativen Resilienzfaktoren gibt. Beispielsweise haben viele der hochschulseitigen
        Kontaktpunkte die Möglichkeit, „Soziale Unterstützung“ als situativen Faktor und
        „Commitment zur Hochschule“ als individuellen Faktor zu stärken und so resilienz-
        förderlich zu wirken. Hingegen gibt es weniger Kontaktpunkte, die Einfluss nehmen
        können auf Lehrinhalte und Lehrmethoden als situative Faktoren, z. B. die
        Lehrstuhlinhabenden, Professorinnen und Professoren, Studierendenvertretungen,
        und auf den Person-University-Fit als individuellen Faktor, wie z. B. die (Fach-)Studien-

Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020                                                                                                                                                                                                                                                                 73
Forschung

      beratung. Zudem gibt es Kontaktpunkte, die aufgrund einer höheren potenziellen
      Kontakthäufigkeit entlang der Student Journey (siehe Abb. 4) und durch die Aufgaben
      in ihrem Funktionsbereich eine größere Möglichkeit zur direkten Einflussnahme auf
      die Resilienz von Studierenden haben (können). Als Beispiele seien hier das Prüfungs-
      und Immatrikulationsamt und wiederum die (Fach-)Studienberatung, aber auch die
      Studiengangsleitung der DHBW genannt.

5.6   Erste Implikationen für die Hochschulausbildung

      Aus den dargestellten Untersuchungsergebnissen können erste Handlungs-
      empfehlungen für Hochschulen abgeleitet werden (vgl. u. a. Duchek & Nicolaus, 2019;
      Ahles, Köstler, Vetter & Wulff, 2016; Müller-Christ, Tegeler & Zimmermann, 2018;
      Linde, 2016; Fahr, 2017; Borg-Laufs, 2017; Roßmanith & Szczyrba, 2017).

      ■ Möglichkeiten, um Commitment zur Hochschule zu erzeugen: Die Verbundenheit
        mit der Hochschule kann durch einen respektvollen Umgang des Lehrpersonals
        mit den Studierenden gefördert werden. Ebenso sind Aktivitäten von Kommilitoninnen
        und Kommilitonen für Studierende (Mentorenprogramme o. ä.) denkbar.

      ■ Möglichkeiten, um die Passfähigkeit Studierender-Hochschulform zu optimieren:
        Durch Maßnahmen der Studienberatung, wie Onlinetests zu persönlichen Interessen
        und Fähigkeiten, die Teilnahme an Orientierungstests, Workshops und individuellen
        Studienberatungsgesprächen und Kennenlernangeboten zum Hochschulalltag lässt
        sich die Passgenauigkeit zwischen Studierendem und der Hochschule bzw. Hoch-
        schulform erhöhen.

      ■ Möglichkeiten, resilienzfördernde Lehrveranstaltungen und Zusatzkurse zu gestalten:
        Freiwillige Zusatzkurse zum Thema „Förderung der persönlichen Resilienz“ können
        ebenso einen Beitrag leisten wie die interaktive Gestaltung des didaktischen
        Konzepts bspw. durch den Einsatz von Theaterstücken, Experimenten, Planspielen
        und Ähnlichem. Zudem kann mittels E-Learning-Angeboten das selbstgesteuerte
        Lernen unterstützt und gefördert werden. Lehrcoachings können zudem dabei
        helfen, die fachlich-methodischen und didaktischen Kompetenzen der Lehrenden
        zu verbessern.

      ■ Möglichkeiten zur nichtakademischen Weiterbildung von Lehrkräften anbieten:
        Spezielle Angebote, bspw. „Die Lehrkraft als Coach“ oder „Die resiliente Lehrkraft“,
        können durch Lehrkräfte genutzt werden und somit Einfluss auf die Resilienz von
        Studierenden nehmen.

      ■ Möglichkeiten, die akademische Integration zu erhöhen: Durch das Angebot von
        Vorkursen, begleitenden Prüfungsvorbereitungskursen und Tutorenprogrammen
        kann die Belastung durch inhaltliche Herausforderungen innerhalb des Studiums
        gesenkt werden. Diese Maßnahmen erscheinen vor allem in der „Akklimatisierungs-

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Bologna, Beschäftigungsfähigkeit und Resilienz

           und Integrationsphase“ besonders wichtig, da hier die Gefahr des Studienabbruchs
           mit am höchsten ist.

        ■ Möglichkeiten zur sozialen Unterstützung anbieten: Viele Hochschulen kooperieren
          mit Psychotherapeutischen Beratungsstellen (PBS), die den Studierenden in
          schwierigen Situationen zur Seite stehen. Die Hochschulen können zudem durch
          ein „Vertrauenslehrer-“ bzw. „Vertrauensstudenten-Programm“ soziale Unter-
          stützung für Studierende anbieten. Um die soziale Integration vor allem zu Beginn
          des Studiums zu verbessern, sind Erstsemesterveranstaltungen und die Begleitung
          durch „Erstsemestercoaches“ ebenso ein denkbarer Ansatz wie Peer-Group-Nach-
          hilfe-Programme und semesterübergreifende Projektwochen. Die Qualität der
          Kontakte zu hochschulseitigen Ansprechpartnern wie Professorinnen und
          Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder auch
          Studiengangsekretariaten können einerseits durch feste Sprechzeiten und regel-
          mäßige eigeninitiierte Gespräche, aber auch durch den wertschätzenden und
          respektvollen Umgang miteinander gefördert werden.

        ■ Möglichkeiten zur Partizipation schaffen: Studierende können Partizipation in vielen
          Bereichen erfahren, bspw. in der Mitgestaltung der Vorlesungen, in der Mitglied-
          schaft in Studierendenvertretungen und Hochschulgremien.

        ■ Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Studienorganisation: Durch die Einrichtung
          gewisser Freiheitsgrade bei der Gestaltung des Studiums und damit einhergehend
          ein gewisses Maß an Selbstverantwortung und Selbstorganisation bei Modulwahl,
          Vorlesungsplänen und durch flexiblere Prüfungstermine kann es, möglicherweise
          sogar hochschulformunabhängig, gelingen, die Resilienz von Studierenden zu
          erhöhen.

6       Relevanz des Themas, Grenzen der Studie und Ausblick

        Dieser Artikel verdeutlicht differenziert, warum es in Zeiten zunehmend dynamischer
        und komplexer Arbeitswelten notwendig ist, sich mit dem Thema Resilienzförderung
        in der Hochschulausbildung zu beschäftigen und welche Verpflichtung den Hoch-
        schulen im Sinne der Bologna-Zielsetzung „Employability“ obliegt, Studierende
        (besonders die der Wirtschaftswissenschaften) adäquat auf die Herausforderungen
        der heutigen Arbeitswelt vorzubereiten. Er gibt einen Überblick über den aktuellen
        Stand der Forschung zu möglichen Resilienzfaktoren in der Hochschulausbildung. Zu
        betonen sei nochmals, dass der Fokus des Artikels nicht auf der Untersuchung der
        Resilienzförderung zur Verringerung von Studienabbrecherquoten liegt, sondern sich
        an den Bedarfen der Unternehmen ausrichtet, resiliente Absolventinnen und
        Absolventen im Arbeitsmarkt vorzufinden, die den eingangs beschriebenen Heraus-
        forderungen gewachsen sind. Zu den wesentlichen empirischen Erkenntnissen gehört
        zunächst die Entwicklung einer Student Journey, die, in Anlehnung an das im Marketing

Beiträge zur Hochschulforschung, 42. Jahrgang, 1-2/2020                                                    75
Forschung

     etablierte Modell der Customer Journey, die „Reise des/der Studierenden“ durch das
     Studium beschreibt und dabei wichtige hochschulseitige Kontaktpunkte differenziert
     aufzeigt sowie deren Einflussmöglichkeiten auf die Entwicklung und Förderung der
     Resilienz von Studierenden bewertet. Des Weiteren gelingt es, auf Basis eines
     systematischen Literaturüberblicks und der anschließenden qualitativen Interview-
     studie mit hochschulseitigen Expertinnen und Experten ein Modell der Risiko- und
     Schutzfaktoren zu entwickeln, das im Hochschulkontext künftig Anwendung finden
     kann. Ob die identifizierten hochschulseitigen Einflussbereiche einen Risiko- oder
     Schutzfaktor darstellen, hängt dabei entscheidend von ihrer Gestaltung durch die
     Hochschule und dem Person-University-Fit ab.

     Die Forschungsfragen nach den Einflussmöglichkeiten der Hochschule entlang der
     Student Journey konnten, bereits mit ersten Hinweisen bezüglich unterschiedlicher
     deutscher Hochschulformen, beantwortet werden. Was aktuell fehlt, ist eine
     studierendenseitige Überprüfung der identifizierten Einflussmöglichkeiten und deren
     Ausprägung, was bedeutet, dass eine umfassende Evaluierung der vorliegenden
     Ergebnisse nur durch eine empirische Erhebung bei Studierenden unterschiedlicher
     Hochschulformen (UNI, FH, DH) möglich ist, um folgende Forschungsfragen
     beantworten zu können: (1) Wie resilient sind deutsche Hochschulabsolventinnen und
     -absolventen (der Wirtschaftswissenschaften) wirklich? (2) Welche der identifizierten
     Kontaktpunkte und Einflussbereiche nehmen einen förderlichen Einfluss auf die persön-
     liche Resilienz und in welchem Ausmaß? (3) Wie müssen Hochschulen das Studium
     gestalten, um Absolventinnen und Absolventen beschäftigungsfähig im Sinne der
     Resilienz auszubilden? Ein Fokus dieser Untersuchung sollte darauf liegen, den
     situativen Faktor „Soziale Unterstützung“ gründlicher zu betrachten und bspw. den
     Zusammenhang zwischen Kontakthäufigkeit und Qualität des Kontakts und
     Resilienzförderlichkeit zu untersuchen. Des Weiteren sollte der Versuch unternommen
     werden, zu analysieren, welche Gewichtung den individuellen und situativen Faktoren
     zur Resilienzförderlichkeit zugeschrieben werden kann. Wirkt bspw. „Soziale Unter-
     stützung“ stärker als das „Angebot (freiwilliger) Zusatzkurse“? Wie groß ist bspw. der
     Einfluss eines hohen Person-University-Fit auf die Resilienz der Studierenden?

     Dieser Artikel und das darin entwickelte Risiko- und Schutzfaktorenmodell mag einen
     Grundstein für die Resilienzforschung im Hochschulkontext vor dem Hintergrund der
     Bologna-Zielsetzung „Employability“ legen, doch die Studienergebnisse des
     systematischen Literaturüberblicks im ersten Teil dieses Artikels sind hinsichtlich ihrer
     Aussagekraft ebenso zu überprüfen wie die Einschätzungen der hochschulseitigen
     Expertinnen und Experten aus der qualitativen Interviewstudie im zweiten Teil dieses
     Artikels. Dies könnte durch eine quantitative Längsschnittstudie über mehrere Mess-
     zeitpunkte zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Studiums der Wirtschaftswissen-
     schaften unter Berücksichtigung der verschiedenen deutschen Hochschulformen und

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