6/2020 Theorie-Praxis-Verzahnung im dualen Studium - Optimierungspotenziale aus Sicht der Studierenden - DHBW
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Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 ForScHunGSBEricHt 6/2020 Theorie-Praxis-Verzahnung im dualen Studium – Optimierungspotenziale aus Sicht der Studierenden Valeska Gerstung und Ernst Deuer
HErAuSGEBEr © Duale Hochschule Baden-Württemberg, Oktober 2020 Reihe „Forschungsberichte zur Hochschulforschung an der DHBW“ Prof. Dr. Ernst Deuer Wissenschaftlicher Leiter des Studienverlaufspanels Duale Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg Marktstraße 28 D-88212 Ravensburg Prof. Dr. Thomas Meyer Wissenschaftlicher Leiter des Studienverlaufspanels Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart Rotebühlstr. 131 D-70197 Stuttgart FP_6/2020, Oktober 2020 Grafik & Produktion Flaig + Flaig GmbH, Stuttgart Titelfoto: © Zffoto, fotolia 104622601 iSSn 2511-7114 2
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 ZuSAmmEnFASSunG inHAlt Die Theorie-Praxis-Verzahnung (TPV) ist ein wesentliches 1. Hintergrund 4 Kriterium der Studienqualität im dualen Studium. Der vor- liegende Forschungsbeitrag untersucht die studentische 2. Konzeptualisierung der Theorie-Praxis-Verzahnung Wahrnehmung zu Verbesserungspotenzialen der TPV in im dualen Studium 4 ihrem DHBW-Studium. Datengrundlage sind studentische Antworten auf eine offene Frage nach Verbesserungsbedar- 3. Daten und Methode 6 fen beim Zusammenwirken von Theorie und Praxis. Diese 3.1 Stichprobe 6 Frage wurde im Frühjahr 2019 im Rahmen der vierten 3.2 Methodisches Vorgehen 6 Panelwelle des Forschungsprojekts „Studienverlauf – Wei- chenstellungen, Erfolgskriterien und Hürden im Verlauf des 4. Empirische Befunde 7 Studiums an der DHBW“ gestellt. Die empirische Analyse 4.1 Auswertung der Antworten aller Studierenden 7 zeigt, dass Studierende bei der inhaltlichen Verzahnung von 4.2 Auswertung der Antworten nach Studienbereichen 12 Theorie und Praxis in den Lehr- und Lernprozessen des 4.3 Auswertung der Antworten nach Studienjahr 15 dualen Studiums mit Abstand den größten Verbesserungs- bedarf wahrnehmen. Zudem existieren Unterschiede nach 5. Zusammenfassung und Diskussion 16 Studienbereichen und Studienjahren. Potenzielle Verbesse- rungsmaßnahmen der TPV müssen somit auf spezifische Literatur 17 Handlungsbedarfe zugeschnitten werden. Anhang 18 3
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 2. KonZEptuAliSiErunG DEr tHEoriE-prAxiS-VErZAHnunG 1. HintErGrunD im DuAlEn StuDium Anders als in „konventionellen“ Studiengängen ist die Der Begriff „Theorie-Praxis-Verzahnung“ (TPV) besteht aus intensive Verzahnung von Theorie und Praxis ein Marken- drei Begriffselementen, deren jeweilige Bedeutung und zeichen des dualen Studiums (Wissenschaftsrat 2013). Beziehung untereinander die Grundlage eines präzisen Gemeinsam mit der Aussicht auf ein zuverlässiges Einkom- Begriffsverständnisses bilden. Die Begriffe „Theorie“ und men während des Studiums und der Erwartung guter Job- „Praxis“ haben im TPV-Konzept beide eine strukturelle und einstiegschancen ist die Theorie-Praxis-Verzahnung (TPV) eine inhaltliche Bedeutung: Auf der strukturellen Bedeu- sogar eines der wichtigsten Motive für die Wahl eines tungsebene beschreiben „Theorie“ und „Praxis“ die zwei dualen Studiums (Wolter 2016). Vor diesem Hintergrund ist Lernorte des dualen Studiums, nämlich den akademischen zu erwarten, dass für dual Studierende die Ausgestaltung Lernort (Hochschule) und den berufspraktischen Lernort der TPV in den Lehr- und Lernprozessen des dualen Studi- (Unternehmen/Einrichtung) mit ihren jeweiligen Akteuren, ums ein zentrales Kriterium für die Bewertung der Studien- Regeln sowie Lehr- und Lernformaten. Auf der inhaltlichen qualität darstellt. Folglich sind Maßnahmen zur Verbesse- Bedeutungsebene beschreiben „Theorie“ und „Praxis“ rung der TPV auch eine wirkungsvolle Stellschraube für die jeweils unterschiedliche Wissenstypen. Der Begriff „Theo- Qualitätssicherung im dualen Studium. Damit das Qualitäts- rie“ beschreibt das bildungswissenschaftliche Konzept des management passgenaue Maßnahmen zur Verbesserung Theoriewissens; d.h. insbesondere am akademischen Lern- der TPV implementieren kann, bedarf es zum einen eines ort erworbenes Wissen über Theorien, Konzepte, Methoden, präzisen konzeptionellen Verständnisses über die TPV im empirische Befunde etc. (Baumert/Kunter 2006; Patry dualen Studium; d.h. eine Klärung der Frage, was genau 2014). Der Begriff „Praxis“ beschreibt dahingegen das Kon- unter TPV zu verstehen ist, in welchen Bereichen des dualen zept des Erfahrungswissens; d.h. während des praktischen Studiums sie stattfinden kann und in welchen konkreten Handelns am berufspraktischen Lernort erworbenes kon- Ausprägungen sie zu beobachten ist. Zum anderen bedarf textspezifisches Wissen über Charakteristika, Prozesse und es belastbarer empirischer Daten als Grundlage für Analy- Verhaltensweisen konkreter Gegebenheiten (Böhle 2004; sen des Ist-Zustandes. Böhle/Sauer 2019; Sevsay-Tegethoff 2007). Der vorliegende Forschungsbeitrag untersucht, welche Op- Somit beinhaltet die TPV im dualen Studium sowohl eine timierungspotenziale DHBW-Studierende bei der Theorie- Verzahnung von Wissenstypen als auch eine Verzahnung Praxis-Verzahnung in ihrem dualen Studium wahrnehmen. von Lernorten. Die Verzahnung von Wissenstypen und Lern- Als Datenquelle dienen studentische Antworten auf eine orten hat eine institutionelle, organisatorische und inhalt- offene Frage nach Verbesserungsbedarfen beim Zusam- liche Dimension. menwirken von Theorie und Praxis. Der explorative Charak- ter der offenen Fragen ermöglicht das Sammeln unter- 1. Die institutionelle Dimension der Verzahnung umfasst die schiedlicher Einschätzungen, Meinungen und Vorschläge zu grundlegenden Regeln der Kooperationsbeziehungen zwi- dem Thema. Die Antworten werden auf Grundlage eines schen Hochschule und Praxispartnern. Diese Regeln modularen TPV-Konzepts kategorisiert und ausgewertet. bilden wiederum den Rahmen für die curriculare Verzah- Insgesamt erlaubt dieses Vorgehen die Identifikation von nung im Sinne der durch Ordnungen und Satzungen insti- Schwachstellen und Verbesserungspotenzialen hinsichtlich tutionalisierten Abstimmung von Studienplänen, Lehr- der konkreten Ausgestaltung der TPV an der DHBW aus plänen und Lernzielen an beiden Lernorten. Sicht der Studierenden. 2. Die organisatorische Dimension der Verzahnung bezieht sich auf die operative Gestaltung der TPV, d.h. das proze- durale Handeln der Akteure im dualen Studium (z.B. Leh- rende, PraxisbetreuerInnen, Studierende, Hochschul- verwaltung) zum Zweck der operativen Verzahnung von Lernorten und Wissenstypen vor dem Hintergrund der grundlegenden Regeln der Verzahnung. Hierzu gehören zum Beispiel die zeitliche Koordinierung von Theorie- und 4
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 Dimension der tpV Art der tpV regeln zwischen Hoch- (z.B. Kooperationsverträge / Satzungen, schule und praxispartnern die gegenseitige Rechte und Pflichten definieren) institutionell regeln auf Seite (z.B. Modulpläne, die für jede Studien-/Ausbildungsphase der Hochschule spezifische Lerninhalte und Lernziele definieren) regeln auf Seite (z.B. mit den Modulplänen abgestimmte Ausbildungspläne, die Lerninhalte und der praxispartner Qualifikationsziele festlegen und als Leitfaden für die PraxisbetreuerInnen dienen) Koordinationsforen (z.B. Gremien bestehend aus VertreterInnen von Hochschule und Praxispartnern zur Studiengangs- und Modulentwicklung, curricularen Abstimmung etc.) Zeitliche Vereinbarkeit (z.B. Koordination von Prüfungsterminen mit Blockplänen) organisatorisch Kommunikation (z.B. operative Abstimmung von Hochschule/Lehrenden und Praxispartnern/ PraxisbetreuerInnen im laufenden Studienprozess) Studierendenbetreuung (z.B. Akademische Betreuung während der Praxisphase durch Lehrende der Hochschule) lehr-lern-Aktivitäten (z.B. wissenschaftliche Reflexion der an der Hochschule Praxiserfahrungen der Studierenden) lehr-lern-Aktivitäten (z.B. Abstimmung der Einsatzortplanung inhaltlich beim praxispartner auf die Lerninhalte der Theoriephase) lernortübergreifende (z.B. Kooperation der Lernorte lehr-lern-Aktivitäten in angewandten Forschungsprojekten) Tabelle 1: Dimensionen und Arten der Theorie-Praxisverzahnung Praxisphasen oder die Organisation einer lernortüber- „Das Konzept der Theorie-Praxis-Verzahnung im dualen greifenden Studierendenbetreuung. Studium beschreibt die institutionelle und organisatorische Kooperation von Hochschule und Praxispartnern sowie die 3. Die inhaltliche Dimension der Verzahnung beinhaltet zum planvolle Abstimmung der Lerninhalte und Lernziele zwi- einen die planvolle Abstimmung der Lerninhalte und Lern- schen den Theorie- und Praxisphasen mit dem Ziel einer sys- ziele zwischen den Theorie- und Praxisphasen. (Auf dieser tematischen, wechselseitigen Bezugnahme von akademi- Bedeutungsebene weist die inhaltliche Verzahnung eine schem Wissen und berufspraktischem Erfahrungswissen in deutliche Schnittmenge mit der institutionell-curricularen den Lehr- und Lernprozessen des dualen Studiums.“ (Gers- Verzahnung auf.) Zum anderen beschreibt die inhaltliche tung/Deuer 2020: 7) Verzahnung die systematische, wechselseitige Bezugnahme von akademischer und berufspraktischer Wissensvermitt- Um die drei Dimensionen der Verzahnung differenzierter zu lung in den Lehr- und Lernprozessen im dualen Studium. strukturieren und so die praktische Anwendbarkeit des TPV- Diese Bezugnahme verlangt, dass a) akademische Lernin- Konzepts für empirische Analysen zu steigern, werden halte in berufspraktische Kontexte eingeordnet werden, dimensionsspezifische Arten der TPV identifiziert (vgl. b) eine zeitnahe Anwendung von neu erworbenem Theorie- Tabelle 1). Die Arten der TPV beschreiben grundlegende wissen am betrieblichen Lernort1 erfolgt, c) im Anschluss Konstellationen der Verzahnung von Akteuren des dualen an die Praxisphasen eine zeitnahe wissenschaftliche Refle- Studiums (duale Partner, Lehrende/Vertreter der Hoch- xion von beruflichem Erfahrungswissen erfolgt, d) Theorie- schule, Studierende), Lernorten (akademischer und betrieb- wissen vor dem Hintergrund berufspraktischen Erfahrungs- licher Lernort) und Wissenstypen (Theoriewissen und be- wissens reflektiert und mögliche Widersprüche diskutiert rufliches Erfahrungswissen). Diese dimensionsspezifischen werden (Gerstung/Deuer 2020; Wissenschaftsrat 2013). Arten der TPV unterstützen die Datenerhebung und Daten- auswertung zur TPV indem sie jene Bereiche aufzeigen, in Aus der strukturellen und der inhaltlichen Bedeutung der denen Verzahnung grundsätzlich stattfinden kann. Inner- Begriffe „Theorie“ und „Praxis“ sowie den drei Dimension halb dieser Bereiche existieren vielfältige konkrete Ausprä- der Verzahnung leitet sich folgende Definition der TPV ab: gungen der TPV und diese Ausprägungen können wiederum je nach Art des dualen Studienformats variieren. In Tabelle 1Der Begriff „betrieblicher Lernort“ umfasst alle dualen Partner; 1 wird jeweils ein Beispiel für konkrete Ausprägungen der d.h. Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, soziale Einrichtungen etc. dimensionsspezifischen Arten der TPV aufgeführt. 5
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 3. DAtEn unD mEtHoDE 3.1 Stichprobe tener auf die offene Frage antworten und (eher) unzufrie- dene Studierende vergleichsweise etwas häufiger auf die Auf Grundlage des im zweiten Abschnitt vorgestellten TPV- offene Frage antworten. Der Unterschied zwischen Gesamt- Konzepts werden die Antworten von DHBW-Studierenden stichprobe und der Subgruppe beträgt jedoch in keiner der auf eine offene Frage nach Verbesserungsbedarfen beim Antwortkategorien mehr als 7%-Punkte. Zusammenwirken von Theorie und Praxis ausgewertet. Die Frage („Welche konkreten Wünsche haben Sie, um das Zusammenwirken von Theorie und Praxis zu verbessern? 3.2 methodisches Vorgehen Wo sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?“) wurde im Früh- jahr 2019 im Rahmen der vierten Panelwelle des For- Die Datengrundlage der nachfolgenden Analysen sind die schungsprojekts „Studienverlauf – Weichenstellungen, als Volltext erfassten Antworten von DHBW-Bachelorstudie- Erfolgskriterien und Hürden im Verlauf des Studiums an der renden auf eine offene Frage zu Verbesserungsbedarfen bei DHBW“ gestellt (Deuer et al. 2017). Alle Bachelorstudieren- der TPV in ihrem dualen Studium. Zur Auswertung der den der DHBW wurden bei dieser Erhebung per E-Mail Daten werden die in Volltext vorliegenden Antworten durch angeschrieben und gebeten, an der online-basierten Daten- Kategorisierung quantifiziert und somit in einen nume- erhebung teilzunehmen. Die Stichprobengröße der vierten rischen Datensatz transformiert. Panelwelle beträgt n = 7.039. Bei insgesamt 33.492 DHBW- Studierenden im Sommersemester 2019 haben somit 21% Die Schritte dieses Transformationsprozesses sind wie folgt: der DHBW-Studierenden an der Befragung teilgenommen. Auf die offene Frage nach Verbesserungsbedarfen bei der Schritt 1: Auf Grundlage des TPV-Konzepts in Abschnitt 2 TPV haben n = 848 Studierende geantwortet; d.h. 12% der wird ein Codierungsschema erstellt, das jeder Di- Befragten bzw. 2,5% aller DHBW-Studierenden haben sich mension und jeder Art der TPV einen numerischen zu der Frage geäußert. Code zuweist. Das Codierungsschema umfasst 13 Codes; 3 Codes für die Dimensionen der TPV und Insgesamt erlaubt die Auswertung der Antworten auf die 10 Codes für die Arten der TPV (siehe Anhang). offene Frage einen schlaglichtartigen Einblick in die studen- Schritt 2: Jede der 848 Antworten wird auf Grundlage des tische Wahrnehmung zu Verbesserungspotenzialen der TPV Codierungsschemas codiert. Pro Antwort können in ihrem Studium. Es wirkt sich positiv auf die Aussagekraft mehrere Dimensionen und mehrere Arten der TPV der Daten aus, dass keine starke strukturelle Verzerrung angesprochen werden. Dies hat zur Folge, dass die zwischen der Gesamtstichprobe der Befragung und der Sub- Anzahl der Bezugnahmen auf Dimensionen bzw. gruppe an Studierenden, die auf die offene Frage geantwor- Arten der TPV größer ist als die Anzahl der antwor- tet haben, existiert. Weder Studienbereich, Studienstandort, tenden Personen. Insgesamt enthält der Datensatz Art der Hochschulzugangsberechtigung noch Geschlecht 1027 Bezugnahmen auf Dimensionen der TPV und zeigen einen Unterschied von mehr als 5%-Punkten zwi- 1155 Bezugnahmen auf Arten der TPV. schen Gesamtstichprobe und Subgruppe. Lediglich beim Schritt 3: In Schritt 2 entstanden zehn Antwort-Cluster, die Studienjahr zeigt sich, dass Studierende im 1. Studienjahr jeweils Antworten zu einer Art der TPV enthalten. in der Subgruppe vergleichsweise unterrepräsentiert sind Jedes dieser Cluster wird qualitativ in Schritt 3 (9,4%-Punkte weniger Studierende im 1. Studienjahr in der daraufhin analysiert, welche konkreten Ausprä- Subgruppe im Vergleich zu der Gesamtstichprobe). Diese gungen von TPV genannt werden. Durch eine in- Verzerrung lässt sich dadurch erklären, dass höhere Semes- haltlich begründete Gruppierung der Antworten ter bereits länger Gelegenheit hatten, Schwierigkeiten oder werden pro Cluster induktiv Kategorien von Aus- Probleme im Zusammenhang mit der TPV wahrzunehmen prägungen der TPV identifiziert, die dann dem Co- und aus diesem Grund auch häufiger konkrete Verbesse- dierungsschema hinzugefügt werden. Nach der rungswünsche formulieren können. Bei der Gesamtzufrie- Ergänzung um 36 Codes zu Ausprägungen der TPV denheit mit dem dualen Studium zeigt sich das Muster, dass umfasst das finale Codierungsschema insgesamt (eher) zufriedene Studierende vergleichsweise etwas sel- 49 Codes (siehe Anhang). 6
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 4. EmpiriScHE BEFunDE Schritt 4: Jede Antwort wird auf Grundlage des erweiterten Da die offene Frage nach Wünschen und Verbesserungsbe- Codierungsschemas codiert. Pro Antwort können darfen des Zusammenwirkens von Theorie und Praxis im mehrere Ausprägungen der TPV angesprochen dualen Studium fragt, konzentrieren sich die studentischen werden. Insgesamt enthält der Datensatz 1397 Antworten auf jene Aspekte der TPV, in denen sie Schwach- Bezugnahmen auf Ausprägungen der TPV. stellen wahrnehmen. Folglich geben die Antworten auf die Schritt 5: Es liegt nun ein Datensatz vor, der jede Antwort offene Frage keinen Einblick in die Gesamtzufriedenheit der auf die offene Frage nach der/den darin genann- Studierenden mit der TPV. ten Dimension(en), Art(en) und Ausprägung(en) der TPV codiert. Dieser codebasierte Datensatz Ein solcher Einblick kann eher durch die Auswertung der Ge- (bestehend aus den numerischen Codes 1 bis 49) samtstichprobe der vierten Panelwelle mit ihren insgesamt wird in einen binären Datensatz transformiert (be- 7.039 Befragten gewonnen werden. Bei der Auswertung der stehend aus 848 Fällen und 49 binären Variablen). Gesamtstichprobe geben beispielsweise 73,5% aller Studie- Schritt 6: Der binäre Datensatz zu den Antworten auf die renden an, dass sie mit der zeitlichen Koordination zwischen offene Frage zu Verbesserungsbedarfen bei der betrieblicher Ausbildung und Hochschulausbildung (wie z.B. TPV wird deskriptiv-statistisch ausgewertet. Blockplänen und Prüfungsterminen) sehr bzw. eher zufrie- den sind. Knapp 50% der Studierenden geben in der Ge- samtstichprobe an, dass sie mit der inhaltlichen Abstim- mung zwischen praktischen und theoretischen Anteilen des dualen Studiums sehr bzw. eher zufrieden sind. Und 56,4% der Studierenden stimmen der Aussage, dass in den Lehr- veranstaltungen theoretische Lerninhalte in (berufs-)prak- tische Kontexte eingeordnet werden, sehr oder eher zu. In Abschnitt 4.1 wird der binäre Datensatz für alle Studie- renden, die auf die offene Frage geantwortet haben, nach den relativen Häufigkeiten der Bezugnahmen auf die Di- mensionen, Arten und Ausprägungen der TPV ausgewertet. Anschließend richtet sich der analytische Fokus auf Spezi- fika innerhalb der Studienbereiche (Abschnitt 4.2) und Stu- dienjahre der Studierenden (Abschnitt 4.3). 4.1 Auswertung der Antworten aller Studierenden Die Auswertung der Daten nach Dimensionen der TPV zeigt, dass sich über die Hälfte der Bezugnahmen in den Antwor- ten auf die inhaltliche Dimension der TPV beziehen (vgl. Abb. 1). Aus Perspektive der Studierenden ist somit die in- haltliche Verzahnung von Theorie und Praxis in den Lehr- und Lernprozessen des dualen Studiums jene Dimension der Verzahnung, bei der mit Abstand das größte Verbesse- rungspotenzial besteht. Dahingegen richten sich lediglich 28,4% der Bezugnahmen auf die organisatorische Dimen- sion der TPV und nur 18,5% der Bezugnahmen erwähnen Kritik oder Verbesserungsbedarf bezüglich der institutio- nellen Dimension der TPV. 7
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 Lehr-Lern-Aktivitäten an der Hochschule mit 25,5% der Be- 53,1% zugnahmen sowie die Lehr-Lern-Aktivitäten beim Praxispart- ner mit 17,1% der Bezugnahmen. Kommentare zur Verzah- 28,4% nung bei lernortübergreifenden Lehr-Lern-Aktivitäten spie- len mit 10% der Bezugnahmen dahingegen eine relativ ge- 18,5% ringe Rolle innerhalb der inhaltlichen Dimension der TPV. n = 1027 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Aus der organisatorischen Dimension der TPV werden Pro- bleme bei der zeitlichen Vereinbarkeit (z.B. die Vereinbarkeit Anteil der Bezugnahmen auf Dimensionen der theorie-praxis-Verzahnung von Blockplänen und (Prüfungs-)Terminen) sowie der kom- munikativen Verzahnung zwischen Hochschule/Lehrenden inhaltliche Dimension und Praxispartnern/PraxisbetreuerInnen mit 13% bzw. organisatorische Dimension 12,4% der Bezugnahmen fast gleich häufig von den Studie- institutionelle Dimension renden angesprochen. Die lernortübergreifende Studieren- Abbildung 1: Kategorisierung der Antworten denbetreuung spielt dahingegen mit 1,4% der Bezugnah- nach Bezugnahme auf Dimensionen der TPV men sowohl innerhalb der organisatorischen Dimension der TPV als auch im Vergleich zu allen anderen Arten der TPV Die deskriptive Auswertung der Daten nach dimensions- eine untergeordnete Rolle, d.h. in diesem Bereich bestehen spezifischen Arten der TPV in Abbildung 2 ermöglicht einen entweder nur geringe Erwartungen von Seiten der Studie- differenzierteren Einblick in jene Bereiche der TPV, in denen renden oder es besteht relativ gesehen wenig Verbesse- DHBW-Studierende den größten Verbesserungsbedarf sehen. rungsbedarf. Konsistent mit dem Befund der überproportionalen Rele- Bei der institutionellen Dimension der TPV beziehen sich die vanz der inhaltlichen Dimension der TPV (vgl. Abb. 1) be- Bezugnahmen mit 9,6% am häufigsten auf Regelungen der ziehen sich die zwei am häufigsten genannten Arten der TPV Verzahnung, die von Seite der Hochschule aufgestellt bzw. auf zwei Subkategorien der inhaltlichen Verzahnung: die kontrolliert werden. Auch Regeln zwischen Praxispartnern Lehr-Lern-Aktivitäten an der Hochschule 25,5% Lehr-Lern-Aktivitäten beim Praxispartner 17,1% Zeitliche Vereinbarkeit 13 0% Kommunikation 12, % Lernortübergreifende Lehr-Lern-Aktivitäten 10,0% Regeln auf Seite der Hochschule 9,6% Regeln zwischen Hochschule und Praxispartnem 5,6% Regeln auf Seite der Praxispartner 3,6% Koordinationsforen 1,8% Studierendenbetreuung 1,4% n = 1155 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% Teilmenge der inhaltlichen Dimension Teilmenge der organisatorischen Dimension Anteil der Bezugnahmen auf Teilmenge der inst itutionellen Dimension Arten der theorie-praxis-Verzahnung Abbildung 2: Kategorisierung der Antworten nach Bezugnahme auf Arten der TPV 8
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 A,)6) 46%/8-7',) )0):%2= ()6 )62-2,%08) )77)6) 34)6%8-:) &78-1192+ :32 89(-)2+%2+70)-892+ 92( 6%
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 knapp 60% der studentischen Bezugnahmen sich entweder • „Deutlich mehr Kommunikation zwischen der Universität auf Kritik an der TPV am akademischen Lernort beziehen und dem Partnerunternehmen. Viele wichtige Informatio- oder auf Verbesserungsbedarfe hinweisen, deren Realisie- nen wurden nicht kommuniziert, weshalb es des Öfteren rung im Kompetenzbereich der Hochschule liegt. Dahinge- zu Missverständnissen kam, sicherlich vermeidbar.“ gen richten sich nur 21% der studentischen Bezugnahmen • „Das Ausbildungsunternehmen ist unbeholfen und weiß auf Kritik an der TPV am betrieblichen Lernort bzw. beziehen nicht, welche Aufgaben es den Studierenden übertragen sich auf Verbesserungsbedarfe, deren Umsetzung im Kom- kann. Keine Absprache mit der Hochschule und auf petenzbereich der dualen Partner liegt. 19% der studenti- Verbesserungsvorschläge seitens der Studierenden geht die schen Bezugnahmen sind wiederum Kritik und Verbesse- Ausbildungsstätte nicht ein. Hochschule suggeriert den Stu- rungsvorschläge, die beide Lernorte gleichermaßen betref- dierenden z.B., dass diese für die PA 2 Wochen freigestellt fen bzw. nur durch die Kooperation von Hochschule und werden. Ausbildungsstätte weiß nichts davon und ist auch dualen Partnern realisiert werden können. nicht bereit mit der Hochschule in Kontakt zu treten.“ Um die Bedeutung der Ausprägungen der TPV in Abbildung Zweitens hätten viele Studierende gerne mehr Gelegenheit 3 zu spezifizieren, werden im Folgenden alle Bezugnahmen zur berufspraktischen Anwendung des an der Hoch- auf Ausprägungen der TPV, deren Anteil an allen Bezugnah- schule erworbenen theoriewissens während der men größer als 3% ist, kurz erörtert und beispielhaft durch praxisphasen. Diese Ausprägung der TPV gehört zur inhalt- typische Antworten illustriert. lichen Dimension der TPV in der Subkategorie „Lehr-Lern- Aktivitäten beim Praxispartner“. Zwei beispielhafte Kom- Mit 11,5% aller Bezugnahmen auf Ausprägungen der TPV mentare zu dieser Ausprägung lauten: richtet sich die studentische Kritik mit Abstand am häufigs- • „Das besser kontrolliert wird, welche Lerninhalte die ten auf die praktische relevanz der lerninhalte am Unternehmen den Studenten beibringen. Meine Praxis- akademischen lernort. Diese Ausprägung der TPV gehört phase hatte zum Beispiel leider nie etwas mit den Lernin- zur inhaltlichen Dimension der TPV in der Subkategorie halten im Studium zu tun. Obwohl ich das Studienfach „Lehr-Lern-Aktivitäten an der Hochschule“ und beinhaltet wirklich sehr gern mag!“ all jene studentischen Kommentare, die Lerninhalte in den • „Duale Studierende sollten im Unternehmen nicht wie nor- Lehrveranstaltungen an der Hochschule kritisch hinsichtlich male Azubis behandelt werden und dadurch fast nur mo- ihres Nutzens für die Bewältigung von Aufgaben in der Pra- notone Hilfsarbeiten verrichten. Wir sollten gefördert und xisphase bewerten. Drei typische Kommentare innerhalb gefordert werden und anspruchsvollere Aufgaben in Ab- dieser Ausprägung lauten: stimmung mit unseren Theorieinhalten bekommen.“ • „Es wird ein zu großer Fokus auf Fächer gelegt, deren Inhalte in der Praxis kaum Anwendung finden.“ In 6,4% der Bezugnahmen kritisieren die Studierenden eine • „Evtl. könnten die Lehrinhalte mehr an praktische Tätig- mangelnde inhaltliche Abstimmung der Einsatzortpla- keiten eines Ingenieurs angepasst werden.“ nung am betrieblichen lernort auf die theoriephasen. • „Gerade in den ersten Semestern sind die vermittelten Auch diese Ausprägung der TPV gehört zur inhaltlichen Grundlagen kaum in den Praxisphasen zu gebrauchen.“ Dimension der TPV in der Subkategorie „Lehr-Lern-Aktivitä- ten beim Praxispartner“. Zwei typische Kommentare inner- Den zweiten Platz in der Rangfolge teilen sich zwei Ausprä- halb dieser Ausprägung lauten: gungen der TPV mit jeweils 7,2% der Bezugnahmen. Ers- • „Ausbildungsstätte sollte sich mehr mit Studieninhalten tens wünschen sich die Studierenden eine bessere opera- befassen und Einsätze daraufhin besser abstimmen.“ tive Abstimmung von Hochschule/Studiengangsleitung • „Der Betrieb sollte sich an den Vorlesungsplänen der und praxispartnern/praxisbetreuerinnen zu organisato- DHBW orientieren und die Studenten in eine Abteilung ein- rischen und inhaltlichen Fragen im laufenden Studienbe- planen, zu der ein Theoriebezug besteht.“ trieb. Diese Ausprägung der TPV gehört zur organisatorischen Dimension der TPV in der Subkategorie „Kommunikation“. In 6,2% der Bezugnahmen wird der Wunsch nach einer Zwei repräsentative Kommentare für diese Ausprägung sind: stärkeren inhaltlichen Abstimmung der lerninhalte zwi- 10
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 schen Hochschule und betrieblichem lernort im Rah- Qualität von Fallbeispielen, Planspielen, Exkursion etc. men des modularen Aufbaus der Studiengänge formuliert. in den Lehrveranstaltungen an der Hochschule. Diese Diese Ausprägung der TPV gehört zur inhaltlichen Dimen- Ausprägung der TPV gehört zur inhaltlichen Dimension sion der TPV in der Subkategorie „Lernortübergreifende der TPV in der Subkategorie „Lehr-Lern-Aktivitäten an Lehr-Lern-Aktivitäten“. Zwei beispielhafte Kommentare zu der Hochschule“. Zwei repräsentative Kommentare für dieser Ausprägung sind: diese Ausprägung lauten: • „Praxisrelevante Module werden aktuell erst zum Ende des • „In der Theorie muss bei einem Thema auch bis zur Studiums gelehrt, somit muss man sich die Inhalte praktischen Anwendung gekommen werden. Grund- in der Praxis bei Bedarf selbst erarbeiten. Es wäre legendes Wissen reicht nicht aus, da komplexe Systeme wünschenswert, diese Module früher im Studienverlauf zu für die Anwendung auch an guten Beispielen verstan- lehren.“ den werden müssen.“ • „Wichtige Inhalte für die Durchführung von Projekten im • „Erwähnen von Beispielen aus der Praxis seitens Rahmen der Praxisphasen werden erst im 3. Theorie- der Dozenten, Fachreferate der Studenten über firmen- semester behandelt und können damit für die ersten interne Vorgehensweisen/Verfahren/Produkte etc. (so- Praxisphasen nicht genutzt werden.“ fern gestattet und inhaltlich gegeben).“ 5,6% der Bezugnahmen beziehen sich auf die Blockpla- Jeweils 3,9% der Bezugnahmen beziehen sich auf zwei nung des dualen Studiums, d.h. die Dauer der Theorie- Ausprägungen der institutionellen Dimension der TPV in und Praxisphasen, den Rhythmus des Wechsels zwischen der Subkategorie „Regeln auf Seite der Hochschule“. Ers- Theorie- und Praxisphasen und die Dauer des Studiums tens nennen die Studierenden die Notwendigkeit, dass insgesamt. Diese Ausprägung der TPV gehört zur organisa- die Hochschule ausdrücklicher Vorgaben zu den lernin- torischen Dimension der TPV in der Subkategorie „zeitliche halten und lernzielen in den praxisphasen formuliert. Vereinbarkeit“. Allerdings sind die von den Studierenden Hierdurch sollen die betrieblichen Lernorte intensiver als wahrgenommenen Verbesserungsbedarfe bei dieser Aus- inhaltlich abgestimmte Ausbildungsphasen in das duale prägung der TPV eher heterogen; sie umfassen zum Beispiel Studium einbezogen werden. Zwei beispielhafte Kom- das Spektrum von dem Wunsch nach deutlich kürzeren mentare zu dieser Ausprägung sind: Theorie- und Praxisphasen bis hin zu deutlich längeren • „Mehr Vorgaben an die Ausbildungsstätte, was die The- Phasen. Häufig wird der Wunsch nach einer (optionalen) men und Fachrichtung für die jeweiligen Praxisphasen Verlängerung der Studiendauer geäußert. Konsistent ist betrifft.“ jedoch der Wunsch nach einer langfristigen und zuverlässi- • „Vorgaben an die Dualen Partner bezüglichen der gen Blockplanung, bei der es nicht zu kurzfristigen Verschie- Praxis stellen ähnlich den Vorgaben, die ein Betrieb bei bungen kommt. Zwei beispielhafte Kommentare zu dieser der Ausbildung von Azubis zu erfüllen hat. Dazu Ausprägung sind: gehört auch der Einsatz in unterschiedlichen Abteilun- • „Keine halben Praxissemester, sondern geregelten gen, was bisher nur von wenigen Studenten erlebt Wechsel alle 3 Monate zwischen Theorie und Praxis, um wird.“ bessere Planung der Wohnsituation zu ermöglichen (Zimmer im Wechsel zu zweit nutzen, bei gegensätzlichem Zweitens wünschen sich die Studierenden eine regel- Blockungsplan). Vermeiden, dass ein Jahr 3 Theoriephasen mäßige Evaluation der Ausbildungsqualität bei den und nur eine Praxisphase beinhaltet (große Probleme praxispartnern durch die Hochschule. Im Rahmen bei der Urlaubsplanung).“ dieser Evaluation soll zum Beispiel überprüft werden, • „Kürzere erste und zweite Praxisphase; dafür Dritte, Vierte, ob den Studierenden in den Praxisphasen Aufgaben mit Fünfte, Sechste länger. Anfangs mehr Theorie.“ einem angemessenen Schwierigkeitsgrad übertragen werden, ob die Praxispartner die von der Hochschule Insgesamt 4,5% der Bezugnahmen sehen Verbesserungs- vorgegebenen Lerninhalte und Lernziele umsetzen und bedarf bei der integration von praxisbeispielen am ob die Studierenden von fachlich qualifizierten Praxis- akademischen lernort, d.h. also der Häufigkeit oder der betreuerInnen betreut werden. Zwei typische Kommen- 11
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 tare innerhalb dieser Ausprägung lauten: kategorie „zeitliche Vereinbarkeit“. Zwei beispielhafte Kom- • „Die DHBW sollte ein für das Unternehmen verbindliches mentare zu dieser Ausprägung sind: Regelwerk (Vergütung, Kompetenzvermittlung, Lehrplan • „Die Wiederholungsklausuren so legen, dass sie am usw.) zu den Praxisphasen einführen. Bei Nichtbeachtung Anfang der Theoriephase sind und nicht mitten in der sollte die Duale Partnerschaft für künftige Studierende Praxisphase.“ beendet werden.“ • „Es müssen teilweise sehr viele Transferleistungen und Be- • „Kontrolle auf Qualität der Ausbildungsstätte und fachlich richte während der Praxisphase geschrieben werden. Dabei qualifizierter Betreuung.“ muss ich beispielsweise 40 Stunden die Woche arbeiten und kann die Aufgaben im Gegensatz zu anderen Studie- In ihrer Kombination erreichen der Wunsch nach stärkeren renden nicht während meiner Arbeitszeit machen. Daher Vorgaben zu den Lerninhalten und Lernzielen in den Praxis- muss dann der Urlaub dafür genutzt werden, was dem phasen durch die Hochschule sowie der Wunsch nach einer eigentlichen Sinn von Urlaubstagen widerspricht.“ regelmäßigen Evaluation der Ausbildungsqualität bei den Praxispartnern durch die Hochschule knapp 8% aller Die letzte Ausprägung der TPV, deren Nennung die 3%- Bezugnahmen in Abbildung 3. Da beide Wünsche eng mit- Grenze übersteigt, ist die Übermittlung von informatio- einander verwandt sind, weist dies einerseits darauf hin, nen von der Hochschule an die praxispartner mit insge- dass Studierende eine stärkere Kontrolle der Praxispartner samt 3,4% der Bezugnahmen. Diese Ausprägung der TPV durch die Hochschule für notwendig erachten. Andererseits gehört zur organisatorischen Dimension der TPV in der Sub- wird deutlich, dass Studierende sowohl die Verantwortung kategorie „Kommunikation“. Zwei typische Kommentare zu für die Formulierung von Qualitätsstandards im dualen dieser Ausprägung lauten: Studium als auch die Durchsetzung dieser Standards als • „Das Unternehmen weiß überhaupt nicht über die theore- Aufgabe der Hochschule betrachten. tischen Inhalte des Studiengangs und die Abläufe an der DHBW Bescheid. Es wäre wünschenswert, wenn das In 3,7% der Bezugnahmen formulieren die Studierenden Unternehmen Informationen erhält, welche Inhalte in Verbesserungsbedarf hinsichtlich der praxiserfahrung welchem Semester vermittelt werden und was sie vom der lehrenden. Diese Ausprägung der TPV gehört zur Studierenden erwarten können.“ inhaltlichen Dimension der TPV in der Subkategorie „Lehr- • „Die DHBW sollte die Ausbildungsleiter mehr über die Lern-Aktivitäten an der Hochschule“. Bezugnahmen zu Inhalte in den Theoriephasen sowie die inhaltlichen An- dieser Ausprägung richten sich entweder darauf, dass fest- forderungen an die Praxisphasen informieren.“ angestellte Lehrende an der DHBW mehr Praxiserfahrung haben sollten bzw. ihre Praxiserfahrung regelmäßig auf- frischen sollten oder dass mehr Lehrveranstaltungen durch 4.2 Auswertung der Antworten nach Studienbereichen Lehrbeauftragte aus der Praxis durchgeführt werden sollten; viele Kommentare ergänzen jedoch, dass bei Lehrbeauftrag- Wird der binäre Datensatz nach den Studienbereichen ten stärker auf die Lehrqualifikation geachtet werden sollte. Sozialwesen, Technik und Wirtschaft ausgewertet, spiegelt Zwei beispielhafte Kommentare zu dieser Ausprägung sind: sich in allen Studienbereichen grundsätzlich der Befund aus • „Dozenten mit längerer Berufserfahrung in der freien Abbildung 1: Die Mehrzahl der Bezugnahmen bezieht sich Wirtschaft.“ auf die inhaltliche Dimension der TPV. An zweiter Stelle • „Mehr Dozenten aus der Praxis und keine Dozenten, kommt die organisatorische Dimension und an dritter Stelle die bereits seit zig Jahren nicht mehr in der betrieblichen die institutionelle Dimension der TPV. Dennoch werden Praxis tätig sind.“ auch Unterschiede in der relativen Häufigkeit der Bezug- nahmen auf die drei Dimensionen sichtbar. Während Stu- Insgesamt 3,6% der Bezugnahmen beziehen sich auf die dierende in den Studienbereichen Technik und Wirtschaft Koordination von prüfungsterminen und prüfungsleis- jeweils zu ca. 55% Bezug auf inhaltliche Aspekte der TPV tungen mit den Blockplänen. Diese Ausprägung der TPV nehmen, beträgt die Bezugnahme auf diese Dimension bei gehört zur organisatorischen Dimension der TPV in der Sub- Studierenden im Sozialwesen nur 44%. Dahingegen 12
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 nehmen Studierende im Sozialwesen mit knapp 35% deut- schaft formuliert wird als in den anderen zwei Studienbe- lich häufiger Bezug auf die organisatorische Dimension der reichen. TPV als Studierende in den Studienbereichen Wirtschaft (25%) und Technik (29%). Folglich nehmen Studierende im Im Studienbereich technik wird mit 14% aller Bezugnah- Studienbereich Sozialwesen im Vergleich zu Studierenden men am häufigsten Verbesserungsbedarf bei der prakti- in den Studienbereichen Technik und Wirtschaft einen hö- schen Relevanz der Lerninhalte formuliert. In den Kommen- heren Verbesserungsbedarf bei organisatorischen Aspekten taren, die zu dieser Ausprägung gehören, wünschen sich die der TPV und einen geringeren Verbesserungsbedarf bei Studierenden insbesondere, dass an der Hochschule mehr inhaltlichen Aspekten der TPV wahr. Methoden, Arbeitstechniken und Softwareprogramme gelehrt werden, die in den Praxisphasen tatsächlich ange- Um ein differenzierteres Verständnis dieser Unterschiede zu wendet werden können. Zwei beispielhafte Kommentare erlangen, werden die Daten nach studienbereichsspezi- hierzu lauten: fischen Bezugnahmen auf Ausprägungen der TPV ausgewer- • „Nicht nur wissenschaftliche, sondern auch fachliche tet. In Abbildung 4 werden für jeden der drei Studienberei- Methoden lehren. Beispielsweise GIT für Informatiker.“ che jene Ausprägungen der TPV abgebildet, deren Anteil an • „Maschinenbau: a) rechtliche Hinweise: Was darf man allen Bezugnahmen auf Ausprägungen der TPV innerhalb nach dem Studium, was nicht? (Bauteilsicherheit, Festig- dieses Studienbereichs die 3%-Grenze übersteigt. Die An- keitsnachweis) b) Im Studium mehr Erfahrung mit zahl der Bezugnahmen auf Ausprägungen der TPV unter- Simulationssoftware sammeln c) mehr Erfahrung im scheidet sich zwischen den Studienbereichen, da der Da- Projektmanagement sammeln d) Vorlesung zu techni- tensatz mehr Studierende im Studienbereich Wirtschaft be- schem Englisch für Maschinenbauer (wird in Unternehmen inhaltet (n = 440) als Studierende in der Technik (n = 254) gefordert aber nie gelehrt) e) Konstruktionsentwürfe als oder im Sozialwesen (n = 133). Wie bereits im Abschnitt 3.1 sinnvolle Projekte gestalten und nicht sinnlose Übungen.“ festgestellt wurde, entspricht diese Verteilung der Gesamt- stichprobe der Befragung und ist somit nicht strukturell ver- Mit 10,7% aller Bezugnahmen bemängeln Studierende zerrt. in der Technik vergleichsweise häufig die Blockplanung in ihrem dualen Studium. Bei diesen Kommentaren geht es Die Häufigkeit der Bezugnahmen auf konkrete Ausprägun- insbesondere darum, dass die Praxisphasen zu kurz seien, gen der TPV weist teilweise merkliche Unterschiede um nachhaltig in Arbeitsprozesse und Projekte beim Praxis- zwischen den Studienbereichen auf. Dies deutet auf partner eingebunden werden zu können. Zwei typische studienbereichsspezifische Verbesserungsbedarfe der TPV Kommentare zu dieser Ausprägung sind: hin. • „Die zeitliche Einteilung zwischen Theorie und Praxis ist nicht immer optimal. Praxisphasen mit nur wenigen Im Studienbereich Wirtschaft gehören die drei am häu- Wochen erlauben kaum die Arbeit an einer komplexeren figsten genannten Ausprägungen zur inhaltlichen Dimen- Aufgabe im Betrieb. Jede Praxisphase sollte mindestens sion der TPV in den Subkategorien „Lehr-Lern-Aktivitäten 8 Wochen lang sein.“ beim Praxispartner“ und „Lehr-Lern-Aktivitäten an der • „Ich würde mich für zukünftige Studenten freuen, wenn die Hochschule“. In ihrer Kombination beinhalten diese drei Regelstudienzeit des Studiengangs WIW auf 7 Semester er- Ausprägungen folgende Botschaft: Die Studierenden wün- höht würde. Zudem sollten die Praxisphasen gleichmäßiger schen sich mehr Lerninhalte an der Hochschule, die eine eine Dauer von 12 Wochen haben. Praxisphasen von nur stärkere Relevanz für ihre berufspraktischen Tätigkeiten 6 Wochen oder gar weniger sind meiner Meinung nach haben. Diese Lerninhalte möchten sie dann systematisch deutlich zu kurz, um ein spannendes Projekt zu bearbeiten und zeitnah in den Praxisphasen anwenden können. Insbe- und sich in den betrieblichen Alltag einzufinden.“ sondere bezüglich des Wunsches nach einer stärkeren prak- tischen Anwendung theoretischer Lerninhalte am betrieb- Im Studienbereich Sozialwesen ist die am häufigsten lichen Lernort fällt auf, dass dieser Wunsch mit 10,3% aller genannte Ausprägung der TPV mit 11,7% der Bezugnah- Bezugnahmen deutlich häufiger im Studienbereich Wirt- men zwar auch die praktische Relevanz der Lerninhalte, 13
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 Studienbereich Wirtschaft Stärkere praktische Anwendung theoretischer Lerninhalte (BL) 10,3% Höhere praktische Relevanz der Lerninhalte (HS) 10,3% Stärkere inhaltliche Abstimmung der Einsatzortplanung am BL auf Theoriephasen 8,4% Bessere operative Abstimmung von Studiengangsleitung und Praxispartnern 7,6% Stärkere inhaltliche Abstimmung der Lerninhalte zwischen HS und BL 7,2% Stärkere Integration von Praxisbeispielen in den Lehrveranstaltungen (HS) 5,3% Regelmäßige Evaluation der Ausbildungsqualität bei den Praxispartnern durch HS 4,2% Stärkere Vorgabe von lerninhalten und -zielen an Praxispartner durch HS 3,9% Mehr Lehrende mit hoher Praxiserfahrung (HS 3,9% Besserer Informationsfluss von der Hochschule an die Praxispartner 3,8% Formulierung eindeutiger Rechte/Pflichten der Praxispartner gegenüber Studierenden 3,5% Stärkere berufspraktische Aktualität der Lerninhalte (HS) 3,4% n = 739 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16% Studienbereich technik Höhere praktische Relevanz der Lerninhalte (HS) 14,0% Bessere Koordination der Blockplanung des Studiums (HS) 10,7% Stärkere inhaltliche Abstimmung der Lerninhalte zwischen HS und BL 6,0% Bessere operative Abstimmung von Studiengangsleitung und Praxispartnern 5,5% Stärkere inhaltliche Abstimmung der Einsatzortplanung am BL auf Theoriephasen 5,5% Stärkere Vorgabe von Lerninhalten und -zielen an Praxispartner durch HS 5,0% Mehr Lehrende mit hoher Praxiserfahrung (HS) 5,0% Stärkere Integration von Praxisbeispielen in den Lehrveranstaltungen (HS) 4,5% Mehr Kooperation der Lernorte in angewandten Forschungsprojekten 4,2% Bessere Koordination von Prüfungsterminen mit Blockplänen 3,7% Stärkere praktische Anwendung theoretischer Lerninhalte (BL) 3,7% Stärkere berufspraktische Aktualität der Lerninhalte (HS) 3,7% n = 401 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16% Studienbereich Sozialwesen Höhere praktische Relevanz der Lerninhalte (HS) 11,7% Regelmäßige Evaluation der Ausbildungsqualität bei den Praxispartnern durch HS 8,5% Stärkere Bezugnahme auf unterschiedliche berufliche Handlungsfelder (HS) 8,1% Bessere operative Abstimmung von Studiengangsleitung und Praxispartnern 7,6% Bessere Koordination der Blockplanung des Studiums (HS) 6,7% Besserer Informationsfluss von der Hochschule an die Praxispartner 5,4% Bessere Koordination von Prüfungsterminen mit Blockplänen 5,4% Zu hohe Arbeitsbelastung durch wiss. Aufgaben während der Praxisphase 4,0% Stärkere praktische Unterstützung von wiss. Arbeiten am BL durch PraxisbetreuerIn 4,0 % Intensivere Reflexion von Praxiserfahrungen (HS) 4,0 % Stärkere praktische Anwendung theoretischer Lerninhalte (BL) 3,7% n = 223 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16% Teilmenge der inhaltlichen Dimension BL = Betrieblicher Lernort Anteil der Bezugnahmen auf Teilmenge der organisatorischen Dimension HS = Hochschule Ausprägungen der theorie-praxis-Verzahnung Teilmenge der institutionellen Dimension Abbildung 4: Kategorisierung der Antworten nach Bezugnahme 2Die Abweichung zwischen der Summe der Bezugnahmen (n) in Abbildung 4 (739 + 401 + 223 = 1.363) und der Anzahl der Bezug- auf Ausprägungen der TPV und nach Studienbereichen2 nahmen in Abbildung 3 (n = 1.397) entsteht durch Studierende, für die im Datensatz keine Angabe zum Studienbereich vorliegen. 14
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 aber auf dem zweiten Platz der Rangfolge kommt mit 8,5% mit über 3% aller Bezugnahmen auch eine zu hohe Arbeits- der Bezugnahmen eine institutionelle Ausprägung der TPV; belastung durch wissenschaftliche Aufgaben während der nämlich der Wunsch nach einer regelmäßigen Evaluation Praxisphasen. Ein Beispiel hierzu lautet: der Ausbildungsqualität bei den Praxispartnern durch die • „Ich empfinde den zeitlichen Arbeitsaufwand in der Hochschule. Die hohe Bedeutung dieser Ausprägung der TPV Praxisphase enorm anstrengend. Neben einer Vollzeit- im Sozialwesen ist insofern bemerkenswert, als dass der Arbeitswoche (mit teilweise Einarbeitung, Urlaubsvertre- Wunsch nach einer regelmäßigen Evaluation der Ausbil- tung, hohem Stresslevel, enormer Arbeitsbelastung) noch dungsqualität beim Praxispartner im Studienbereich Technik Hausarbeiten/Praxisberichte bzw. Prüfungsvorbereitungen nicht einmal die 3%-Grenze überschreitet und in der Wirt- anzustellen, überlastet mich persönlich. Auch die Erstellung schaft mit 4,2% lediglich halb so viele Bezugnahmen erhält. der Bachelorarbeit während einer Praxisphase finde ich or- Somit scheinen die Studierenden im Sozialwesen einen ganisatorisch sehr aufwendig.“ vergleichsweise hohen Verbesserungsbedarf bei der Qualität der Praxispartner wahrzunehmen. Zwei beispielhafte Kom- mentare hierzu lauten: 4.3 Auswertung der Antworten nach Studienjahr • „Es muss gewährleistet werden, dass es vor Ort auch wirk- lich einen Praxisanleiter mit der nötigen Qualifikation gibt. Auch wenn der binäre Datensatz zu den Antworten auf Dieser muss sich mit der DHBW auch identifizieren. Diese die offene Frage nach den Studienjahren ausgewertet wird, müssen sich auch fortbilden und im Kontakt zur DHBW ste- spiegelt sich bei den Studierenden jedes Studienjahrs der hen, bzw. zu jährlichen Treffen kommen und die Ausbil- grundsätzliche Befund aus Abbildung 1: Die Mehrzahl der dungsinhalte kennen. Die DHBW sollte dies kontrollieren Bezugnahmen bezieht sich auf die inhaltliche Dimension der und die Praxisstellen auch persönlich aufsuchen.“ TPV. An zweiter Stelle kommt die organisatorische Dimen- • „Mehr Anforderungen an die Praxisanleitung. Überprüfung, sion und an dritter Stelle die institutionelle Dimension der ob Sozialarbeitende anleiten!!“ TPV. Allerdings beziehen sich Studierende im ersten Studi- enjahr mit 33,7% ihrer Bezugnahmen um gut 9%-Punkte Mit 8,1 % aller Bezugnahmen kritisieren die Studierenden häufiger auf die organisatorische Dimension der TPV als im Sozialwesen ein unzureichendes Eingehen auf unter- Studierende im dritten Studienjahr mit 24,5% ihrer Bezug- schiedliche berufliche Handlungsfelder in der Lehre an der nahmen. Bei der inhaltlichen und institutionellen Dimension Hochschule. Auch diese Ausprägung der TPV überschreitet der TPV zeigt sich eine genau gegenteilige Richtung: Studie- in den anderen Studienbereichen nicht die 3%-Grenze. rende im dritten Studienjahr beziehen sich häufiger auf Kommentare hierzu beziehen sich insbesondere darauf, dass die inhaltliche und die institutionelle Dimension der TPV als zu viele Praxisbeispiele aus dem Bereich Jugendamt/ Studierende im ersten Studienjahr. Der Unterschied beträgt Jugendhilfe kommen und andere Bereiche vernachlässigt jeweils knapp 5%-Punkte. Studierende im zweiten Studien- werden. Zwei beispielhafte Kommentare lauten: jahr nehmen immer eine Mittelposition zwischen Studieren- • „Vlt. nicht einen großen Teil der theoretischen Beispiele den des ersten und dritten Studienjahrs ein. immer nur aus dem Bereich Kinder/Jugendhilfe nehmen. Auch in anderen Einrichtungen (Behindertenhilfe/Altenhilfe) Die Auswertung nach studienjahrspezifischen Bezugnahmen gibt es spannende Felder.“ auf Arten der TPV zeigt, dass der Unterschied bei der orga- • „Vielfältigere Praxisbeispiele und nicht z.B. fast nur Bei- nisatorischen Dimension der TPV insbesondere durch die spiele aus Kinder- und Jugendhilfe, wenn aber 1/4 des Bezugnahme auf die Subkategorie „zeitliche Vereinbarkeit“ Kurses in ganz anderen Bereichen tätig ist.“ zustande kommt: Studierende im ersten Studienjahr bezie- hen sich mit 17,5% um 7,5%-Punkte häufiger kritisch Wie bereits zu Beginn von Abschnitt 4.2 erwähnt, werden auf die zeitliche Vereinbarkeit als Studierende im dritten im Studienbereich Sozialwesen insgesamt deutlich häufiger Studienjahr (10%). Ausprägungen genannt, die zur organisatorischen Dimen- sion der TPV gehören. Im Gegensatz zu den anderen zwei Bei der detaillierteren Auswertung nach studienjahrspezi- Studienbereichen beanstanden Studierende im Sozialwesen fischen Bezugnahmen auf Ausprägungen der TPV wird deut- 15
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 5. ZuSAmmEnFASSunG unD DiSKuSSion lich, dass innerhalb der Subkategorie „zeitliche Vereinbar- Die offene Frage nach Verbesserungsbedarfen beim Zusam- keit“ insbesondere die Koordination der Blockplanung unter menwirken von Theorie und Praxis ermöglichte es, frei von Studierenden im ersten Studienjahr mit 8,2% der Bezug- der lenkenden Wirkung vorgegebener Antwortmöglich- nahmen deutlich häufiger kritisiert wird als unter Studie- keiten, Informationen über die Wünsche und Kritik der renden im dritten Studienjahr (3,7%). Dieser Befund deutet Studierenden zu diesem Element des dualen Studiums zu darauf hin, dass Studierende im ersten Studienjahr mehr sammeln. Durch die Kategorisierung der Antworten, ihre Informationen und Unterstützung bei der organisatorischen Transformation in einen numerischen Datensatz und dessen Gestaltung des regelmäßigen Lernortwechsels benötigen. statistisch-deskriptive Auswertung wurde ein Eindruck darüber gewonnen, bei welchen konkreten Erscheinungs- Darüber hinaus zeigt diese Auswertung, dass Studierende formen der TPV die Bachelorstudierenden der DHBW im dritten Studienjahr deutlich häufiger institutionelle Aus- Schwachstellen und Verbesserungspotenziale wahrnehmen. prägungen der TPV ansprechen als Studierende im ersten Studienjahr; insbesondere jene Ausprägungen, die mit der Ein zentraler Befund besteht darin, dass Studierende bei Qualität und Verlässlichkeit des betrieblichen Lernorts zu- der inhaltlichen Verzahnung von Theorie und Praxis in den sammenhängen. So wünschen sich Studierende im dritten Lehr- und Lernprozessen des dualen Studiums mit Abstand Studienjahr zum Beispiel in 4,3% der Bezugnahmen eine den größten Verbesserungsbedarf wahrnehmen. Dieser Be- stärkere Überprüfung der Ausbildungsqualität bei den fund gilt sowohl für die Gesamtheit der Studierenden, die Praxispartnern durch die Hochschule (bei Studierenden im auf die offene Frage geantwortet haben, als auch dann, ersten Studienjahr sind dies nur 2,3%). Auch bei der Aus- wenn die Studierenden in Subgruppen nach Studienberei- prägung „Formulierung eindeutiger Rechte und Pflichten chen und Studienjahren aufgeteilt werden. Im Rahmen der der Praxispartner gegenüber den Studierenden“ sehen inhaltlichen Verzahnung beziehen sich die Studierenden in 4,3% der Bezugnahmen der Studierenden im dritten ihren Antworten an erster Stelle auf Verbesserungsbedarfe Studienjahr Verbesserungsbedarf (bei Studierenden im bei den Lehr-Lern-Aktivitäten an der Hochschule und an ersten Studienjahr sind dies nur 1,7%). Kommentare zu zweiter Stelle auf Lehr-Lern-Aktivitäten beim Praxispartner. dieser Ausprägung beziehen sich häufig auf die Unklarheit bezüglich der Frage, ob Studierende Anrecht auf ein Organisatorische und institutionelle Aspekte der TPV wer- Auslandssemester oder Auslandspraktikum haben sowie den grundsätzlich seltener erwähnt als die inhaltliche auf die Rolle der Praxispartner bei der Genehmigung dieser Verzahnung. Bei der organisatorischen TPV werden am Auslandsaufenthalte. häufigsten Aspekte der zeitlichen Vereinbarkeit (z.B. von Blockplänen und (Prüfungs-)Terminen) sowie der kommu- nikativen Verzahnung zwischen Hochschule/Lehrenden und Praxispartnern/PraxisbetreuerInnen genannt. Die Auswer- tung der Daten nach Studienbereichen und Studienjahren zeigt, dass sowohl in den Studienbereichen (Sozialwesen, Technik, Wirtschaft) als auch in den Studienjahren Unter- schiede in den Schwerpunkten der studentischen Wünsche und Kritik existieren. Folglich müssen potenzielle Verbesse- rungsmaßnahmen auf spezifische Handlungsbedarfe zu- geschnitten werden. Bei dem Großteil der studentischen Antworten fällt auf, dass keine grundlegende Neuentwicklung der Idee der TPV oder ihrer prinzipiellen Umsetzung gefordert wird. Stattdes- sen geht es den Studierenden entweder darum, dass for- mell existierende Standards der Verzahnung eingehalten werden oder das erlebte Momente einer gelungenen Ver- 16
Hochschulforschung an der DHBW Studienverlaufspanel 2019-2023 zahnung (z.B. in einzelnen Lehrveranstaltungen, Projekten oder Studienphasen) häufiger auftreten bzw. idealerweise systematisch auf das gesamte duale Studium ausgeweitet werden. Darüber hinaus zeigt die Auswertung der Antworten deut- lich, dass die von den Studierenden genannten Schwach- stellen überwiegend Ausprägungen der TPV betreffen, bei denen die Hochschule Handlungsmöglichkeiten zur Reali- sierung von Optimierungspotenzialen hat. Diese Erkenntnis in Kombination mit dem Befund, dass Studierende die Ver- antwortung für die Formulierung und Durchsetzung von Qualitätsstandards im dualen Studium primär als Aufgabe der Hochschule betrachten, erlaubt folgende Schlussfolge- rung: DHBW-Studierende sehen an erster Stelle die Hoch- schule in der Verantwortung für die Realisierung von Opti- mierungspotenzialen im Bereich der TPV. Die Befunde dieses Forschungsberichts sind allerdings zu allgemein und haben eine zu geringe Datenbasis, um daraus konkrete Handlungsvorschläge abzuleiten, die den spezifischen Bedarfen in den Studiengängen und an den un- terschiedlichen Standorten der DHBW gerecht werden. Insofern ist der Forschungsbericht vor allem ein erster Schritt auf dem Weg zu spezifischen Verbesserungsmaß- nahmen, denn er zeigt auf, dass deutliche Verbesserungs- potenziale existieren und somit Handlungsbedarf von Seiten der Hochschule im Rahmen der Qualitätssicherung besteht. Insgesamt gibt der vorliegende Forschungsbericht den inhaltlichen Anstoß und bietet zudem eine konzeptionelle und methodische Vorlage, um dezentral auf Ebene der Studiengänge und Standorte die Studierenden zu Verbesse- rungspotenzialen der TPV zu befragen. Basierend auf diesen Daten können dann spezifische Maßnahmen zur Verbesse- rung des Zusammenwirkens von Theorie und Praxis aus- gearbeitet und implementiert werden. 17
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