7/2021 Online-Lehre während der COVID-19-Pandemie: Die studentische Perspektive - DHBW

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7/2021 Online-Lehre während der COVID-19-Pandemie: Die studentische Perspektive - DHBW
Hochschulforschung an der DHBW
Studienverlaufspanel 2019-2023

                          ForScHunGSBErIcHT
                          7/2021

                          Online-Lehre während der COVID-19-Pandemie:
                          Die studentische Perspektive

                          Valeska Gerstung, Ingo S. Hettler, Mandy Badermann,
                          Ernst Deuer, Thomas Meyer
7/2021 Online-Lehre während der COVID-19-Pandemie: Die studentische Perspektive - DHBW
HErAuSGEBEr
© Duale Hochschule Baden-Württemberg,
Februar 2021
Reihe „Forschungsberichte zur Hochschulforschung
an der DHBW“

Prof. Dr. Ernst Deuer
Wissenschaftlicher Leiter des Studienverlaufspanels
Duale Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg
Marktstraße 28
D-88212 Ravensburg

Prof. Dr. Thomas Meyer
Wissenschaftlicher Leiter des Studienverlaufspanels
Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart
Rotebühlstr. 131
D-70197 Stuttgart

FP_7/2021, Februar 2021

Grafik & Produktion
Flaig + Flaig GmbH, Stuttgart

Titelfoto: © Zffoto, fotolia 104622601

ISSn 2511-7114

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Hochschulforschung an der DHBW
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ZuSAMMEnFASSunG                                                   InHAlT
Im Zuge der COVID-19-Pandemie erfolgte an der DHBW im             1.      Hintergrund                                   3
Frühjahr 2020 eine abrupte Umstellung des traditionellen
Präsenzlehrbetriebs auf unterschiedliche Formen der On-           2.      Daten und methodisches Vorgehen               4
line-Lehre. Der vorliegende Forschungsbeitrag untersucht
die studentischen Erfahrungen mit der Online-Lehre. Hierbei       3.      Empirische Befunde zur studentischen
liegt der inhaltliche Schwerpunkt auf dem Vergleich der                   Wahrnehmung und Bewertung der Online-Lehre    5
Lehrqualität zwischen Online- und Präsenzlehre. Daten-            3.1     Lehrqualitätsunterschiede in Online- und
grundlage ist eine Online-Befragung der DHBW-Bachelor-                    Präsenzlehre                                   5
studierenden im Rahmen des Forschungsprojekts „Studien-           3.1.1   Strukturelle Qualitätsmerkmale von
verlauf – Weichenstellungen, Erfolgskriterien und Hürden                  Lehrveranstaltungen                            5
im Verlauf des Studiums an der DHBW“. Die Befragung fand          3.1.2   Verhalten der Lehrenden                        8
im Herbst 2020 statt. Die empirischen Befunde zeigen, dass        3.1.3   Lern- und Arbeitsverhalten der Studierenden   10
ein großer Anteil der Studierenden keine Unterschiede in          3.1.4   Fachwissen- und Kompetenzerwerb
der Lehrqualität zwischen Online- und Präsenzlehre wahr-                  der Studierenden                              13
nimmt. Von jenen Studierenden, die Qualitätsunterschiede          3.1.5   Zwischenfazit                                 15
wahrnehmen, tendiert zumeist ein größerer Anteil dazu, im         3.2     Anpassungsfähigkeit an die Online-Lehre       16
direkten Vergleich die Lehrqualität in der Präsenzlehre als       3.3     Zukünftige Wunschformate der Lehre            17
besser zu bewerten. Dennoch wünschen sich die Studieren-          3.4     Präferenzen zum Einsatz von E-Learning
den mehrheitlich keine Rückkehr zu einem reinen Präsenz-                  im dualen Studium                             19
lehrbetrieb nach Ende der COVID-19-Pandemie. Die Wahr-
nehmung und Bewertung der Online-Lehre unterscheidet              4.      Zusammenfassung und Diskussion                22
sich häufig zwischen den Studienbereichen. Folglich müss-
ten Entwicklungsstrategien zur künftigen Nutzung von                      Literatur                                     24
Online-Lehre auch auf studienbereichsspezifische Präferen-                Anhang                                        25
zen und Bedarfe angepasst werden.

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Studienverlaufspanel 2019-2023

1. HInTErGrunD
Online-Lehrformate waren schon vor der COVID-19-Pande-             bung und eine studierendenzentrierte Ausrichtung der
mie an einigen deutschen Hochschulen fester Bestandteil            Lehre unter den Rahmenbedingungen der Online-Lehre zu
der Lehr- und Lernprozesse. Insbesondere in berufsbe-              gewährleisten (Dieckerhoff 2018; Hochschulrektoren-
gleitenden Studiengängen und in Fernstudiengängen ist              konferenz 2008). Folglich ist der Wechsel von Präsenz- zu
die Verschränkung von Online- und Präsenzlehrformaten              Online-Lehre sowohl für Studierende als auch für Lehrende
konzeptionell weit entwickelt und charakteristisch für den         mit erheblichen Herausforderungen verbunden. In Abhän-
Lehrbetrieb (Griesehop & Driemel 2017). Dahingegen waren           gigkeit von den digitalen Kompetenzen der Studierenden
Online-Lehrveranstaltungen an der DHBW bis zum Sommer-             und Lehrenden, ihrer Ressourcenausstattung und ihrer
semester 2020 eher eine Randerscheinung im Studienalltag           Anpassungsfähigkeit an Bedingungen und Erfordernisse in
von Lehrenden und Studierenden. Diese starke Präsenz-              der Online-Lehre, können somit Veränderungen der Qualität
orientierung musste im Zuge der COVID-19-Pandemie, und             der Lehr- und Lernprozesse auftreten.
den damit einhergehenden Regeln zum Infektionsschutz,
aufgegeben werden. Innerhalb weniger Wochen galt es                In diesem Forschungsbericht werden empirische Befunde
nahezu den gesamten Lehrbetrieb an der DHBW in Online-             zur Erfahrung von DHBW-Bachelorstudierenden mit dem
Lehrformate zu übertragen. Aufgrund der schnellen Anpas-           Lehrformat Online-Lehre präsentiert. Der Fokus des Berichts
sungsnotwendigkeit an die Rahmenbedingungen der Pan-               richtet sich auf die Darstellung und Diskussion der studen-
demie fand der Wechsel von Präsenz- zu Online-Lehre inkre-         tischen Wahrnehmung von Qualitätsunterschieden zwi-
mentell statt; d.h. es gab keine abgestimmte, an spezifi-          schen Präsenz- und Online-Lehre. Darüber hinaus wird die
schen Qualitätskriterien orientierte Entwicklungsstrategie         Einschätzung der Studierenden bezüglich ihrer persönlichen
für den Übergang in den Online-Lehrbetrieb. Vor diesem             Anpassungsfähigkeit sowie der Anpassungsfähigkeit der
Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern DHBW-Studie-          Lehrenden an die Rahmenbedingungen der Online-Lehre
rende Qualitätsunterschiede zwischen Präsenz- und Online-          dargestellt. Abschließend werden die Präferenzen der Stu-
Lehre wahrnehmen und wie sie das Lehrformat Online-                dierenden bezüglich der Nutzung von Online- und Präsenz-
Lehre insgesamt bewerten.                                          lehrformaten in der Zeit nach der Pandemie thematisiert.

Im Gegensatz zur Präsenzlehre findet Online-Lehre nicht in
gemeinsamer physischer Anwesenheit von Lehrperson und
Studierenden in einem Veranstaltungsraum statt, sondern
verwendet digitale Technik und das Internet als vermitteln-
des Medium für die Lehr- und Lernprozesse. Während
Lehren und Lernen in der synchronen Online-Lehre gemein-
sam und zeitgleich stattfindet (z.B. über Videokonferenz-
Tools oder in einem Live-Chat), sind diese Prozesse in der
asynchronen Online-Lehre zeitlich entkoppelt (z.B. in online
abrufbaren Lehrvideos, Diskussionsforen, online-basierten
Lernplattformen und Kursmanagementsystemen). Im
Vergleich zur Präsenzlehre benötigen Studierende und
Lehrende in der Online-Lehre zusätzliche Ressourcen und
Kompetenzen: Hierzu gehören die Ausstattung mit internet-
fähigen Endgeräten, eine gute Internetzugangsqualität,
technische Kompetenz im Umgang mit digitalen Geräten
und Digitalkompetenz, d.h. die Fähigkeit online-verfügbare
Informationen zu erhalten und diese Informationen zu
beurteilen bzw. mit ihnen zu interagieren (Guess & Munger
2020). Im Falle der Lehrenden sind auch mediendidaktische
Kompetenzen notwendig, um eine lernförderliche Umge-

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2. DATEn unD METHoDIScHES VorGEHEn
Die im vorliegenden Forschungsbericht verwendeten Daten           probe n = 2.829 Befragte. Bedingt durch fehlende Werte
stammen aus einer Online-Befragung von DHBW-Bachelor-             variieren die Angaben zur Fallzahl bei verschiedenen Ana-
studierenden im Herbst 2020. Diese Befragung ist die fünfte       lysen dieses Forschungsberichts leicht. Obwohl die Stich-
Erhebungswelle der seit 2016 stattfindenden jährlichen            probe nicht repräsentativ ist, bietet sie aufgrund ihrer Größe
Studierendenbefragung des Forschungsprojekts „Studien-            einen informativen Einblick in die studentische Wahrneh-
verlauf – Weichenstellungen, Erfolgskriterien und Hürden          mung zur akademischen Lehre an der DHBW in Zeiten der
im Verlauf des Studiums an der DHBW“. In der Quer-                COVID-19-Pandemie.
schnittsbefragung von 2020 wurden insgesamt 31.507
immatrikulierte DHBW-Bachelorstudierende per E-Mail               Methodisch konzentriert sich der Forschungsbericht auf
angeschrieben und gebeten, an der standardisierten                eine deskriptive Datenauswertung mittels Diagrammen und
Online-Befragung teilzunehmen. Die Nettobeteiligung an            Tabellen. Die Daten werden immer differenziert nach den
dieser Befragung liegt bei n = 4.717; davon haben n = 3.185       vier Studienbereichen der DHBW analysiert, um studien-
Studierende (10 bzw. 11% der Grundgesamtheit) die Befra-          bereichsspezifische Unterschiede der Studierenden in ihren
gung beendet.                                                     Erfahrungen mit der Online-Lehre zu identifizieren und so
                                                                  eine empirisch fundierte Grundlage für die Entwicklung
Da sich der vorliegende Forschungsbericht mit dem The-            bedarfs- und bedürfnisgerechter Lösungen hinsichtlich der
menkomplex „studentische Erfahrungen mit der Online-              zukünftigen Nutzung von Online-Lehrangeboten zu schaf-
Lehre“ beschäftigt, wird der hier verwendete Datensatz auf        fen. Zu diesem Zweck werden nicht-parametrische Tests für
jene Studierende eingeschränkt, die sowohl seit dem Früh-         Gruppenunterschiede und Effektstärken berechnet. Diese
jahr 2020 an Online-Lehrveranstaltungen teilgenommen              Analysen sind möglich, da die Stichprobe Befragte aus allen
haben als auch den traditionellen Präsenzlehrbetrieb der          vier Studienbereichen der DHBW umfasst (vgl. Tab. 1).
DHBW kennen. Nach dieser Bereinigung umfasst die Stich-

                  Gesundheit         Sozialwesen              Technik               Wirtschaft                Gesamt
 Anzahl                70                324                      881                  1.554                   2.829
 Prozent              2,5                11,5                     31,1                  54,9                   100%

Tabelle 1: Zusammensetzung der Stichprobe nach Studienbereichen

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3. EMPIrIScHE BEFunDE Zur STuDEnTIScHEn WAHrnEHMunG
   unD BEWErTunG DEr onlInE-lEHrE
3.1 lehrqualitätsunterschiede                                      lehre“ die am häufigsten gewählte Antwortkategorie der
    in online- und Präsenzlehre                                    Befragten darstellt. Einzige Ausnahme ist das Item zum
                                                                   Einsatz lernförderlicher Lernmethoden: Hier weisen die
Der analytische Rahmen für die Untersuchung der studen-            Antwortkategorien „kein Unterschied“ und der Extrempol
tischen Wahrnehmung von Lehrqualitätsunterschieden                 „viel besser in der Präsenzlehre“ jeweils 24% der studen-
in Online- und Präsenzlehre besteht aus vier konstitutiven         tischen Antworten auf. Darüber hinaus wird deutlich, dass
Elementen akademischer Lehrqualität: a) strukturelle               die Antwortkategorie „kein Unterschied“ anteilig geringer
Qualitätsmerkmale von Lehrveranstaltungen; b) Verhalten            bei jenen Items ausfällt, die Aspekte der prozessualen
der Lehrenden; c) Lern- und Arbeitsverhalten der Studieren-        Struktur bzw. der didaktischen Gestaltung von Lehrveran-
den; d) studentischer Fachwissen- und Kompetenzerwerb.             staltungen operationalisieren. Dahingegen ist der Anteil der
Diese Elemente bilden einerseits die strukturelle und die          Antwortkategorie „kein Unterschied“ deutlich höher bei sol-
akteursbezogene Komponente von Lehrqualität ab. Ande-              chen Items, die eher statische Qualitätsmerkmale von Lehr-
rerseits umfassen sie auch den Wissens- und Kompetenz-             veranstaltungen beschreiben. Insofern sehen Studierende
erwerb als angestrebtes Ziel und Ergebnis gelungener Lehr-         eher Qualitätsunterschiede zwischen Online- und Präsenz-
und Lernprozesse (Helmke et al. 2008; Rindermann 2009).            lehre bei der didaktischen Gestaltung des Ablaufs von Lehr-
                                                                   veranstaltungen als bei der Gestaltung des inhaltlich-struk-
Alle vier Elemente akademischer Lehrqualität werden                turellen Rahmens der Lehrveranstaltungen.
jeweils mit sieben Items operationalisiert (insgesamt
28 Items). Die Messung der studentischen Wahrnehmung               Von den Befragten, die Unterschiede in der Verwirklichung
von Qualitätsunterschieden zwischen Online- und Präsenz-           struktureller Qualitätsmerkmale in Online- und Präsenzlehre
lehre erfolgt anhand einer siebenstufigen bipolaren Ant-           wahrnehmen, tendiert bei fast allen Items ein größerer
wortskala von -3 („viel besser in der Online-Lehre“) bis +3        Anteil dazu, im direkten Vergleich die Lehrqualität in der
(„viel besser in der Präsenzlehre“). Der Skalenmittelpunkt         Präsenzlehre als besser zu bewerten. Einzige Ausnahme ist
bedeutet, dass die Befragten keinen Unterschied zwischen           die Bewertung der rechtzeitigen Verfügbarkeit von Lernma-
Online- und Präsenzlehre wahrnehmen. Die so entstehen-             terialien: Diesen Aspekt bewerten 32% der Befragten als
den Daten geben Auskunft, in welchem der zwei Lehr-                mindestens leicht besser in der Online-Lehre und nur 26%
formate die abgefragten Qualitätsmerkmale aus Sicht der            als mindestens leicht besser in der Präsenzlehre. Das struk-
Studierenden besser umgesetzt werden. Der Bezugspunkt              turelle Qualitätsmerkmal, bei dem Studierende den stärks-
für diesen Vergleich ist das jeweils andere Lehrformat und         ten Qualitätsvorteil in der Präsenzlehre wahrnehmen,
nicht das absolute Qualitätsniveau in Online- und Präsenz-         ist der Einsatz lernförderlicher Lehrmethoden: 64% der Be-
lehre. Dies bedeutet zum Beispiel, dass die Antwort „viel          fragten bewerten den Einsatz lernförderlicher Lehrmetho-
besser in der Präsenzlehre“ keinen Rückschluss auf die             den als mindestens leicht besser in der Präsenzlehre. Auch
Wahrnehmung des absoluten Qualitätsniveaus in der                  die Visualisierung von Lehrvorträgen durch unterschiedliche
Präsenzlehre erlaubt. Die Antwort besagt lediglich, dass ein       Medien bewerten vergleichsweise viele Studierende (49%)
bestimmtes Qualitätsmerkmal vergleichsweise besser in              als mindestens leicht besser in der Präsenzlehre.
der Präsenzlehre als in der Online-Lehre realisiert wird.
                                                                   In Abbildung 2 wird die vergleichende Bewertung der struk-
                                                                   turellen Qualität von Lehrveranstaltungen in Online- und
3.1.1 Strukturelle Qualitätsmerkmale                               Präsenzlehre differenziert nach Studienbereichen dar-
      von lehrveranstaltungen                                      gestellt. Für jeden Studienbereich wird das arithmetische
                                                                   Mittel als Kennzahl für die Verteilung der studentischen
In Abbildung 1 wird für jedes Item zur Messung der struk-          _______________________________________________________
turellen Qualität von Lehrveranstaltungen die prozentuale
                                                                    Durch die Rundung auf ganze Zahlen können die Zeilensummen in
                                                                   1)
Häufigkeitsverteilung der studentischen Antworten abge-
                                                                    Abbildung 1 Abweichungen von +/- 1% aufweisen. Dieser Hinweis
bildet.1) Hierbei wird deutlich, dass bei sechs von sieben          gilt auch für alle nachfolgenden Abbildungen, die prozentuale Häufig-
Items „kein Unterschied zwischen Online- und Präsenz-               keitsverteilungen darstellen.

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Abbildung 1: Vergleichende Bewertung der strukturellen Qualitätsmerkmale von Lehrveranstaltungen

Abbildung 2: Vergleichende Bewertung struktureller Qualitätsmerkmale von Lehrveranstaltungen –
             Mittelwerte der Studienbereiche

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Antworten abgebildet.2) Die studienbereichsspezifischen                          einem spezifischen Item einen substanziell relevanten
Mittelwerte befinden sich überwiegend zwischen den                               Unterschied ihrer zentralen Tendenz aufweisen, auf der
Skalenpunkten 0 („kein Unterschied zwischen Online- und                          rechten Seite des Diagramms durch Notation der Abkürzung
Präsenzlehre“) und 1 („leicht besser in der Präsenzlehre“).                      des entsprechenden Paarvergleichs ausgewiesen.
Bei allen sieben Items zeigt der Mittelwertvergleich, dass
Studierende des Studienbereichs Sozialwesen die struktu-                         Auf Grundlage der Berechnung von Effektstärken werden
relle Qualität der Lehrveranstaltungen im Vergleich zu                           insgesamt sieben substanziell relevante Gruppenunter-
Studierenden der Studienbereiche Gesundheit, Technik und                         schiede bei der vergleichenden Bewertung der strukturellen
Wirtschaft in der Präsenzlehre besser bewerten. Das arith-                       Qualität von Lehrveranstaltungen identifiziert (vgl. Abb. 2).
metische Mittel mit der stärksten Tendenz zum Extrempol                          Am häufigsten zeigen die Studienbereiche Sozialwesen und
„viel besser in der Online-Lehre“ befindet sich im Studien-                      Technik substanzielle Unterschiede. Für diesen Paarver-
bereich Technik bei dem Item zur rechtzeitigen Verfügbar-                        gleich gilt in allen Fällen, dass Studierende im Studien-
keit von Lernmaterialien (M = -0,2). Das arithmetische Mittel                    bereich Sozialwesen etwas stärker als Studierende im
mit der stärksten Tendenz zum Extrempol „viel besser in                          Studienbereich Technik dazu tendieren, die Umsetzung der
der Präsenzlehre“ zeigt sich im Studienbereich Sozialwesen                       entsprechenden Qualitätsmerkmale in der Präsenzlehre als
bei dem Item zum Einsatz lernförderlicher Lehrmethoden                           besser zu bewerten. Der Vergleich der Studienbereiche
(M = 1,5). Darüber hinaus ist der Einsatz lernförderlicher                       Sozialwesen und Wirtschaft zeigt bei zwei Items substan-
Lehrmethoden auch jenes strukturelle Qualitätsmerkmal                            zielle Unterschiede. Dies betrifft sowohl die Bereitstellung
von Lehrveranstaltungen, bei dem die Befragten aller Stu-                        von Lernmaterialien als auch die Visualisierung von Lehr-
dienbereiche im Durchschnitt den stärksten Qualitätsunter-                       vorträgen durch den Einsatz unterschiedlicher Medien. Auch
schied zwischen Online- und Präsenzlehre wahrnehmen –                            bei diesem Paarvergleich tendieren die Studierenden des
mit einem Qualitätsvorteil in der Präsenzlehre.                                  Studienbereichs Sozialwesen stärker als die Vergleichs-
                                                                                 gruppe zu der Wahrnehmung eines Qualitätsvorteils in der
Mit Hilfe nicht-parametrischer Tests (Mann-Whitney-U-Test)                       Präsenzlehre. Der Vergleich der Studienbereiche Gesundheit
und der auf den Prüfgrößen dieser Tests basierenden                              und Sozialwesen zeigt bei dem Item zum Einsatz lernför-
Berechnung von Effektstärken (Effektstärkenmaß: Cohens                           derlicher Lehrmethoden einen substanziellen Unterschied.
d) wird getestet, ob statistisch signifikante und substan-
zielle Gruppenunterschiede zwischen den Studienbereichen
bestehen.3) In Abbildung 2 werden Paarvergleiche, die bei                        3.1.2 Verhalten der lehrenden
_______________________________________________________
2)Vgl. Anhang 1 für eine tabellarische Zusammenfassung arithmetischer

  Mittel und Standardabweichungen nach Studienbereichen.
                                                                                 In Abbildung 3 wird für jedes Item zur Messung des Verhal-
                                                                                 tens der Lehrenden die prozentuale Häufigkeitsverteilung
 „Substanzielle Gruppenunterschiede“ sind gemäß dem Mann-Whitney-
3)
                                                                                 der studentischen Antworten abgebildet. Ebenso wie in
 U-Test statistisch signifikante Unterschiede zwischen zwei Gruppen               Abbildung 1 zeigt sich, dass bei allen sieben Items „kein
 (hier Studienbereiche), deren Unterschiede auch entsprechend des
 Effektstärkenmaßes Cohens d praktisch bedeutsam sind. Die Wahl                  Unterschied zwischen Online- und Präsenzlehre“ die am
 der Effektstärke als entscheidende Kennzahl für die Untersuchung                häufigsten gewählte Antwortkategorie der Befragten dar-
 von Gruppenunterschieden ist darin begründet, dass die statistische             stellt. Während der Anteil dieser Antwortkategorie bei dem
 Signifikanz von statistischen Tests wesentlich durch die Stichproben-
 größe beeinflusst wird. Je größer die Stichprobe, desto häufiger wer-
                                                                                 Item „Lehrende motivieren zur aktiven Mitarbeit“ mit 24%
 den auch sehr kleine Gruppenunterschiede als statistisch signifikant             am geringsten ausfällt, ist er bei dem Item zur Förderung
 ausgewiesen. Zur Beurteilung der Relevanz der Gruppenunterschiede               einer positiven Lernatmosphäre mit 66% am höchsten.
 muss daher die Effektstärke berechnet werden. Sie ist ein Maß für die
 praktische bzw. substanzielle Relevanz statistisch signifikanter Tester-
 gebnisse, da sie unabhängig von der Stichprobengröße ist. Ab einem              Von den Befragten, die Unterschiede im Verhalten der
 Wert von d = 0,2 liegt ein kleiner Effekt vor. Ab d = 0,5 gilt der Effekt       Lehrenden in Online- und Präsenzlehre wahrnehmen, ten-
 als moderat und ab d = 0,8 spricht man von einem großen Effekt.                 diert bei allen Items ein größerer Anteil dazu, im direkten
 Empirisch weisen alle in diesem Forschungsbericht benannten
 substanziellen Gruppenunterschiede kleine Effektstärken auf; d.h.               Vergleich die Lehrqualität in der Präsenzlehre als besser zu
 W = [d ≥ 0,2 | d < 0,5].                                                        bewerten. Die Fähigkeit Studierende zur aktiven Mitarbeit

                                                                             8
7/2021 Online-Lehre während der COVID-19-Pandemie: Die studentische Perspektive - DHBW
Hochschulforschung an der DHBW
                                                                                    Studienverlaufspanel 2019-2023

Abbildung 3: Vergleichende Bewertung des Verhaltens der Lehrenden

Abbildung 4: Vergleichende Bewertung des Verhaltens der Lehrenden – Mittelwerte der Studienbereiche

                                                          9
7/2021 Online-Lehre während der COVID-19-Pandemie: Die studentische Perspektive - DHBW
Hochschulforschung an der DHBW
Studienverlaufspanel 2019-2023

zu motivieren ist jenes Verhaltensmerkmal von Lehrenden,                    Auf Grundlage der Berechnung von Effektstärken werden
bei dem die Studierenden den stärksten Qualitätsvorteil                     insgesamt drei substanziell relevante Gruppenunterschiede
auf Seite der Präsenzlehre wahrnehmen. Insgesamt 63%                        bei der vergleichenden Bewertung des Verhaltens der
der Studierenden geben an, dass die Umsetzung dieses                        Lehrenden identifiziert (vgl. Abb. 4). Der Studienbereich
Elements von Lehrqualität mindestens leicht besser in der                   Sozialwesen ist in allen Fällen ein Element dieser Unter-
Präsenzlehre gelingt. Auch die Realisierung der Qualitäts-                  schiede. Bei dem Item zur Bewertung der Betreuung von
merkmale „Erklären komplizierter Sachverhalte“ und                          Studierenden bei der Anfertigung von Prüfungsleistungen
„Ermutigen zum Fragenstellen“ bewerten 47% bzw. 44%                         zeigen sich substanzielle Unterschiede zwischen den Studi-
der Studierenden als mindestens leicht besser in der                        enbereichen Sozialwesen und Technik sowie Sozialwesen
Präsenzlehre. Diese drei Items verbindet inhaltlich, dass sie               und Wirtschaft. Bei dem Item zur Fähigkeit der Lehrenden,
Aspekte der didaktischen Gestaltung der Lehr- und Lern-                     Studierende zur aktiven Mitarbeit zu motivieren, zeigt sich
prozesse in den Lehrveranstaltungen beschreiben. Dieser                     ein substanzieller Unterschied zwischen den Studien-
Befund korrespondiert mit der Feststellung aus Abschnitt                    bereichen Sozialwesen und Gesundheit. In allen drei Paar-
3.1.1, dass Studierende insbesondere bei der didaktischen                   vergleichen haben die Studierenden des Studienbereichs
Gestaltung des Ablaufs der Lehrveranstaltungen Qualitäts-                   Sozialwesen jeweils eine stärkere Tendenz, das Verhalten
vorteile in der Präsenzlehre wahrnehmen.                                    der Lehrenden als etwas besser in der Präsenzlehre zu
                                                                            bewerten.
In Abbildung 4 wird die vergleichende Bewertung des
Verhaltens der Lehrenden in Online- und Präsenzlehre
differenziert nach Studienbereichen dargestellt. Für jeden                  3.1.3 lern- und Arbeitsverhalten der Studierenden
Studienbereich wird das arithmetische Mittel als Kennzahl
für die Verteilung der studentischen Antworten abgebildet.4)                In Abbildung 5 wird für jedes Item zur Messung des Lern-
Die studienbereichsspezifischen Mittelwerte befinden sich                   und Arbeitsverhaltens der Studierenden die prozentuale
überwiegend zwischen den Skalenpunkten 0 („kein Unter-                      Häufigkeitsverteilung der studentischen Antworten ab-
schied zwischen Online- und Präsenzlehre“) und 1 („leicht                   gebildet. Bei sechs von sieben Items ist „kein Unterschied
besser in der Präsenzlehre“). Auch bei diesem Element der                   zwischen Online- und Präsenzlehre“ die am häufigsten
akademischen Lehrqualität ist im Rahmen der Mittelwert-                     gewählte Antwortkategorie der Studierenden. Eine Aus-
vergleiche teilweise das Muster erkennbar, dass Studierende                 nahme stellt das Item zum Austausch mit anderen Studie-
des Studienbereichs Sozialwesen die Lehrqualität – hier das                 renden über Studieninhalte dar: Hier umfasst die Antwort-
Verhalten der Lehrenden – im Vergleich zu Studierenden der                  kategorie „kein Unterschied“ lediglich 24% der studen-
Studienbereiche Gesundheit, Technik und Wirtschaft im                       tischen Antworten, während mit 30% die meisten der
Durchschnitt in der Präsenzlehre etwas besser bewerten.                     studentischen Antworten auf den Extrempol „viel besser in
Keiner der studienbereichsspezifischen Mittelwerte befindet                 der Präsenzlehre“ entfallen.
sich in dem Skalenbereich „eher besser in der Online-Lehre“.
Das arithmetische Mittel mit der stärksten Tendenz zum                      Von den Befragten, die Unterschiede in ihrem persönlichen
Extrempol „viel besser in der Präsenzlehre“ zeigt sich im                   Lern- und Arbeitsverhalten in Online- und Präsenzlehre
Studienbereich Sozialwesen bei dem Item zur Fähigkeit der                   wahrnehmen, tendiert bei allen Items ein erheblich größe-
Lehrenden, Studierende zur aktiven Mitarbeit zu motivieren                  rer Anteil dazu, im direkten Vergleich das persönliche
(M = 1,5). Darüber hinaus ist diese Fähigkeit auch jenes Ver-               Verhalten in der Präsenzlehre als besser zu bewerten. Der
haltensmerkmal der Lehrenden, bei dem die Befragten aller                   Austausch mit anderen Studierenden über Studieninhalte
Studienbereiche im Durchschnitt den stärksten Lehrquali-                    ist jenes persönliche Verhaltensmerkmal, bei dem die
tätsunterschied zwischen Online- und Präsenzlehre wahr-                     Studierenden den größten Realisierungsvorteil in der
nehmen – mit einem Qualitätsvorteil in der Präsenzlehre.                    Präsenzlehre wahrnehmen. Insgesamt 63% der Studieren-
_______________________________________________________
                                                                            den geben an, dass sie sich mindestens leicht besser in der
 Vgl. Anhang 2 für eine tabellarische Zusammenfassung arithmetischer
4)                                                                          Präsenzlehre mit anderen Studierenden über Studieninhalte
 Mittel und Standardabweichungen nach Studienbereichen.                     austauschen können. Auch bei der aktiven Beteiligung an

                                                                       10
Hochschulforschung an der DHBW
                                                                                   Studienverlaufspanel 2019-2023

Abbildung 5: Vergleichende Wahrnehmung des persönlichen Lern- und Arbeitsverhaltens in Online- und Präsenzlehre

Abbildung 6: Vergleichende Wahrnehmung des persönlichen Lern- und Arbeitsverhaltens in Online- und Präsenzlehre –
             Mittelwerte der Studienbereiche

                                                         11
Hochschulforschung an der DHBW
Studienverlaufspanel 2019-2023

Lehrveranstaltungen, dem gemeinsamen Lernen mit an-                         lerne gemeinsam mit anderen Studierenden für die Klausu-
deren Studierenden für Klausuren sowie dem aktiven                          ren“ und „Ich beteilige mich produktiv an der Arbeit in
persönlichen Nachfragen bei Verständnisschwierigkeiten                      Arbeitsgruppen“. Der Studienbereich Sozialwesen ist in
geben jeweils über 50% der Studierenden an, dass sie diese                  allen Fällen ein Element dieser Unterschiede. In allen sieben
Verhaltensweisen in der Präsenzlehre mindestens leicht                      Paarvergleichen haben die Studierenden des Studien-
besser realisieren können. Die Gemeinsamkeit dieser vier                    bereichs Sozialwesen jeweils eine stärkere Tendenz die Ver-
Items besteht darin, dass sie allesamt Formen des direkten                  wirklichung der entsprechenden Verhaltensweisen als
kommunikativen Austausches mit anderen Studierenden                         etwas besser in der Präsenzlehre zu bewerten.
oder den Lehrenden beschreiben.

In Abbildung 6 wird die vergleichende Wahrnehmung des                       3.1.4 Fachwissen- und Kompetenzerwerb
persönlichen Lern- und Arbeitsverhaltens in Online- und                           der Studierenden
Präsenzlehre differenziert nach Studienbereichen darge-
stellt. Für jeden Studienbereich wird das arithmetische                     In Abbildung 7 wird für jedes Item zur Messung des studen-
Mittel als Kennzahl für die Verteilung der studentischen                    tischen Lernerfolgs (d.h. des Erwerbs von Fachwissen und
Antworten abgebildet.5) Die studienbereichsspezifischen                     Kompetenzen) die prozentuale Häufigkeitsverteilung der
Mittelwerte befinden sich überwiegend zwischen den                          studentischen Antworten abgebildet. Bei allen Items ist
Skalenpunkten 0 („kein Unterschied zwischen Online- und                     „kein Unterschied zwischen Online- und Präsenzlehre“ die
Präsenzlehre“) und 1 („leicht besser in der Präsenzlehre“).                 am häufigsten gewählte Antwortkategorie der Studieren-
                                                                            den.
Der Studienbereich Sozialwesen fällt hier erneut dadurch
auf, dass dessen Studierende die Umsetzung der abgefrag-                    Im Vergleich zu den anderen drei Elementen von Lehrqua-
ten Qualitätsmerkmale im Durchschnitt in der Präsenzlehre                   lität ist der Anteil an Studierenden, die keine Unterschiede
etwas besser bewerten. Keiner der studienbereichsspezifi-                   zwischen den zwei Lehrformaten wahrnehmen, hier deut-
schen Mittelwerte befindet sich in dem Skalenbereich „eher                  lich größer: Das arithmetische Mittel zur Häufigkeit der
besser in der Online-Lehre“. Das arithmetische Mittel mit                   Antwort „kein Unterschied zwischen Online- und Präsenz-
der stärksten Tendenz zum Extrempol „viel besser in der                     lehre“ über alle sieben Items zum Lernerfolg beträgt 63%.
Präsenzlehre“ zeigt sich im Studienbereich Sozialwesen bei                  Bei den anderen drei Elementen von akademischer Lehr-
dem Item zum Austausch mit anderen Studierenden über                        qualität liegt dieser Wert lediglich zwischen 40% und 46%.
Studieninhalte (M = 1,7). Darüber hinaus ist der Austausch                  Bei dem Item zur Fähigkeit zum Theorie-Praxis-Transfer zeigt
mit anderen Studierenden auch jener Aspekt des persön-                      sich im Vergleich der größte Anteil an Studierenden, der
lichen Verhaltens, bei dem die Befragten aller Studien-                     keinen Qualitätsunterschied wahrnimmt: 77% der Studie-
bereiche im Durchschnitt den stärksten Qualitätsunter-                      renden antworten, dass Online- und Präsenzlehrveranstal-
schied zwischen Online- und Präsenzlehre wahrnehmen –                       tungen sie gleichermaßen (gut oder schlecht) in die Lage
mit einem Qualitätsvorteil in der Präsenzlehre.                             versetzen, ihre Erfahrungen aus der Praxis einzuordnen und
                                                                            zu reflektieren. 74% der Studierenden antworten zudem,
Auf Grundlage der Berechnung von Effektstärken werden                       dass Online- und Präsenzlehrveranstaltungen sie gleicher-
insgesamt sieben substanziell relevante Gruppenunter-                       maßen (gut oder schlecht) dazu befähigen, die Anforderun-
schiede bei der vergleichenden Wahrnehmung des persön-                      gen in der Praxis besser zu verstehen.
lichen Lern- und Arbeitsverhaltens identifiziert (vgl. Abb. 6).
Diese Unterschiede zeigen sich bei den Items „Ich bin gut                   Die Fähigkeit zum selbstständigen Vertiefen von Lerninhal-
auf die Lehrveranstaltungen vorbereitet“, „Ich tausche mich                 ten ist das einzige Lernerfolgs-Item, bei dem mehr Studie-
mit anderen Studierenden über Studieninhalte aus“, „Ich                     rende einen Qualitätsvorteil in der Online-Lehre gegenüber
_______________________________________________________
                                                                            der Präsenzlehre wahrnehmen. Somit sind die Fähigkeit
 Vgl. Anhang 3 für eine tabellarische Zusammenfassung arithmetischer
5)                                                                          zum selbstständigen Vertiefen von Lerninhalten sowie die
 Mittel und Standardabweichungen nach Studienbereichen.                     rechtzeitige Verfügbarkeit von Lernmaterialien (vgl. Abb. 1)

                                                                       12
Hochschulforschung an der DHBW
                                                                                   Studienverlaufspanel 2019-2023

Abbildung 7: Vergleichende Wahrnehmung des persönlichen Lernerfolgs in Online- und Präsenzlehre

Abbildung 8: Vergleichende Wahrnehmung des persönlichen Lernerfolgs in Online- und Präsenzlehre –
             Mittelwerte der Studienbereiche

                                                         13
Hochschulforschung an der DHBW
Studienverlaufspanel 2019-2023

die einzigen zwei Merkmale akademischer Lehrqualität (von                   Auf Grundlage der Berechnung von Effektstärken werden
insgesamt 28 Lehrqualitäts-Items), bei denen mehr Studie-                   insgesamt elf substanziell relevante Gruppenunterschiede
rende antworten, dass die Umsetzung in der Online-Lehre                     bei der vergleichenden Wahrnehmung des persönlichen
besser gewährleistet ist als die Umsetzung in der Präsenz-                  Lernerfolgs identifiziert (vgl. Abb. 8). Diese Unterschiede zei-
lehre. Bei den übrigen sechs Items in Abbildung 7 gilt, dass                gen sich bei allen Items mit Ausnahme der Aussage: „Ich er-
Befragte, die Unterschiede in ihrem Fachwissen- und Kom-                    werbe neues Fachwissen in den Lehrveranstaltungen.“ Der
petenzerwerb in Online- und Präsenzlehre wahrnehmen, in                     Studienbereich Sozialwesen ist in allen Fällen ein Element
größerer Anzahl dazu tendieren, im direkten Vergleich ihren                 dieser Unterschiede. In allen elf Paarvergleichen haben die
Lernerfolg in der Präsenzlehre als besser zu bewerten. Die                  Studierenden des Studienbereichs Sozialwesen jeweils eine
Fähigkeit, nach den Lehrveranstaltungen komplizierte Lern-                  stärkere Tendenz ihren Fachwissen- und Kompetenzerwerb
inhalte anschaulich darstellen zu können, ist jener Aspekt                  in der Präsenzlehre als besser zu bewerten.
des persönlichen Lernerfolgs, bei dem Studierende den größ-
ten Qualitätsvorteil in der Präsenzlehre wahrnehmen. Insge-
samt 38% der Studierenden geben an, dass sie diese Fähig-                   3.1.5 Zwischenfazit
keit mindestens leicht besser in der Präsenzlehre erwerben.
                                                                            In der Gesamtschau der empirischen Befunde zur verglei-
In Abbildung 8 wird die vergleichende Wahrnehmung des                       chenden Bewertung akademischer Lehrqualität in Online-
persönlichen Lernerfolgs in Online- und Präsenzlehre diffe-                 und Präsenzlehre fällt auf, dass die Antwortkategorie „kein
renziert nach Studienbereichen dargestellt. Für jeden Studi-                Unterschied zwischen Online- und Präsenzlehre“ bei 26 von
enbereich wird das arithmetische Mittel als Kennzahl für die                28 Items die am häufigsten gewählte Antwortkategorie der
Verteilung der studentischen Antworten abgebildet.6) Die                    Studierenden darstellt. Dennoch nehmen zahlreiche Studie-
studienbereichsspezifischen Mittelwerte befinden sich über-                 rende Lehrqualitätsunterschiede wahr. Ihr Anteil variiert
wiegend zwischen den Skalenpunkten 0 („kein Unterschied                     über die 28 Items hinweg zwischen 23% und 76%. Die
zwischen Online- und Präsenzlehre“) und 1 („leicht besser                   stärksten Qualitätsunterschiede erkennen die Studierenden
in der Präsenzlehre“), wobei die Tendenz zu der mittleren                   bei ihrem persönlichen Lern- und Arbeitsverhalten sowie
Antwortkategorie hier deutlicher ausgeprägt ist als in den                  den strukturellen Qualitätsmerkmalen von Lehrveranstal-
vorherigen Abschnitten. Dies bedeutet inhaltlich, dass die                  tungen. Dahingegen nehmen Studierende die geringsten
Befragten aller Studienbereiche hinsichtlich ihres persönli-                Qualitätsunterschiede zwischen Online- und Präsenzlehre
chen Lernerfolgs im Durchschnitt geringere Qualitätsunter-                  bei ihrem persönlichen Erwerb von Fachwissen und Kom-
schiede zwischen Online- und Präsenzlehre wahrnehmen als                    petenzen wahr. In der Wahrnehmung dieser Unterschiede
bei den anderen Elementen akademischer Lehrqualität.                        tendiert bei 26 von 28 Items ein größerer Anteil der Studie-
Auch in Abbildung 8 fällt der Studienbereich Sozialwesen                    renden dazu, die Lehrqualität in der Präsenzlehre als
dadurch auf, dass seine Studierenden die Realisierung der                   mindestens leicht besser zu bewerten. Die stärksten Quali-
abgefragten Qualitätsmerkmale im Durchschnitt in der Prä-                   tätsvorteile der Präsenzlehre gegenüber der Online-Lehre
senzlehre etwas besser bewerten. Das arithmetische Mittel                   erkennen die Studierenden bei der lernförderlichen didak-
mit der stärksten Tendenz zum Extrempol „viel besser in                     tischen Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse in den Lehr-
der Online-Lehre“ befindet sich im Studienbereich Wirtschaft                veranstaltungen sowie ihrem kommunikativen Austausch
bei dem Item zum eigenständigen Vertiefen von Lerninhal-                    mit anderen Studierenden oder den Lehrenden. Lediglich bei
ten (M = -0,4). Das arithmetische Mittel mit der stärksten                  der Fähigkeit zum selbstständigen Vertiefen von Lernin-
Tendenz zum Extrempol „viel besser in der Präsenzlehre“                     halten sowie der rechtzeitigen Verfügbarkeit von Lernmate-
zeigt sich im Studienbereich Sozialwesen bei dem Item zur                   rialien, ist der Anteil an Studierenden, der Qualitätsvorteile
Fähigkeit, komplizierte Lerninhalte anschaulich darzustellen                in der Online-Lehre wahrnimmt, größer als der Anteil der-
(M = 0,8).                                                                  jenigen, der Qualitätsvorteile in der Präsenzlehre erkennt.
_______________________________________________________

 Vgl. Anhang 4 für eine tabellarische Zusammenfassung arithmetischer
6)                                                                          Im Rahmen der vergleichenden Analyse nach Studienberei-
 Mittel und Standardabweichungen nach Studienbereichen.                     chen wird deutlich, dass der Studienbereich Sozialwesen bei

                                                                       14
Hochschulforschung an der DHBW
                                                                                              Studienverlaufspanel 2019-2023

allen substanziellen Gruppenunterschieden hinsichtlich der          Wahrnehmung dieser Anpassungsfähigkeit wird anhand von
Wahrnehmung von Lehrqualität ein Element der Paar-                  sechs Items gemessen. In Abbildung 9 wird für jedes Item
vergleiche darstellt. Zwischen den Studienbereichen Ge-             die prozentuale Häufigkeitsverteilung der studentischen
sundheit, Technik und Wirtschaft besteht dahingegen bei             Antworten abgebildet. Während die ersten drei Items die
keinem der 28 Items ein substanzieller Unterschied in der           studentische Wahrnehmung ihrer persönlichen technik-
Bewertung der Lehrqualität zwischen Online- und Präsenz-            bezogenen Anpassungsfähigkeit messen, erheben die nach-
lehre. Somit ist Sozialwesen der einzige Studienbereich, der        folgenden drei Items die studentische Bewertung der tech-
sich – gemessen anhand der Effektstärke von Gruppen-                nikbezogenen und didaktischen Anpassungsfähigkeit ihrer
unterschieden – geringfügig von den anderen Studienberei-           Lehrenden. In den Klammern werden die arithmetischen
chen unterschiedet. Die substanziellen Gruppenunter-                Mittel der prozentualen Häufigkeitsverteilung der studen-
schiede zwischen Sozialwesen und den anderen Studien-               tischen Antworten zu jedem Item ausgewiesen.
bereichen zeichnen sich ausnahmslos dadurch aus, dass
Studierende des Studienbereichs Sozialwesen stärker dazu            Aus den Antworten der Studierenden geht hervor, dass
tendieren, die betreffenden Aspekte der Lehrqualität in der         sie ihre persönliche Anpassungsfähigkeit deutlich besser
Präsenzlehre als besser zu bewerten.                                bewerten als die Anpassungsfähigkeit ihrer Lehrenden.
                                                                    Dieser Befund stützt sich auf den Vergleich der arithmeti-
                                                                    schen Mittel (M) sowie die prozentuale Häufigkeitsverteilung
3.2 Anpassungsfähigkeit an die online-lehre                         der studentischen Antworten in Abbildung 9: 87% der
                                                                    Studierenden geben an, dass sie relativ schnell gelernt
Bei dem Wechsel von Präsenz- zu Online-Lehre sind die tech-         haben, digitale Lern-Tools anzuwenden (Summe der drei zu-
nikbezogene und die didaktische Anpassungsfähigkeit an              stimmenden Merkmalsausprägungen). 77% der Studieren-
die neuen Rahmenbedingungen wichtige Bestimmungsfak-                den antworten, dass sie digitale Kollaborations-Tools relativ
toren für die Qualität der digitalen Lehre. Die studentische        zügig gewinnbringend für sich nutzen konnten. Vor dem Hin-

Abbildung 9: Anpassungsfähigkeit an den Kontext der Online-Lehre

                                                               15
Hochschulforschung an der DHBW
Studienverlaufspanel 2019-2023

tergrund ihrer Erfahrungen in der Online-Lehre nehmen               3.3 Zukünftige Wunschformate der lehre
zudem 50% der Studierenden an, dass sie auch nach der
COVID-19-Pandemie stärker digitale Medien zur Unterstüt-            Auf die Frage, welche Lehrformate sie zukünftig für ihr
zung ihres Lernprozesses verwenden. Diese Teilbefunde               Studium in den Theoriephasen bevorzugen würden, antwor-
sind ein Hinweis darauf, dass die veränderte Gestaltung der         tet eine absolute Mehrheit von 57% der Studierenden, dass
Lehr- und Lernprozesse während der Pandemie bleibende               entweder alle Lehrveranstaltungen oder die Mehrheit der
Auswirkungen auf das Lernverhalten zahlreicher Studieren-           Lehrveranstaltungen als Präsenzlehre stattfinden sollten
der haben könnte.                                                   (vgl. Abb. 10).

Die kumulierte positive Bewertung der Anpassungsfähigkeit           Dahingegen wünschen sich nur 19% der Befragten zukünf-
der Lehrenden an die Erfordernisse der Online-Lehre über-           tig entweder alle oder die Mehrheit der Lehrveranstaltungen
steigt dahingegen nie den Wert von 50%. Nur 34% der                 in Form von Online-Lehre. Ein knappes Viertel der Studie-
Befragten finden, dass es den Lehrenden gelungen ist, die           renden bevorzugt eine paritätische Aufteilung der akade-
Inhalte und die Menge des Lehrstoffs an die veränderten             mischen Lehre in Online- und Präsenzlehrformate. Abbil-
Rahmenbedingungen anzupassen (Summe der drei zustim-                dung 10 zeigt deutlich, dass insbesondere die Extremposi-
menden Merkmalsauspräg). 42% der Studierenden geben                 tion „ausschließlich Online-Lehre“ auf sehr geringe Zustim-
an, dass es die Lehrenden geschafft haben, sie in den               mung unter den Studierenden trifft. Allerdings stimmen
Online-Lehrveranstaltungen angemessen zu beteiligen.                auch der entgegengesetzten Extremposition – „ausschließ-
Und nur 25% der Befragten finden die Aussage unzutref-              lich Präsenzlehre“ – nur 16% der Befragten zu. Folglich
fend, dass die Lehrenden wenig innovativ in der Gestaltung          wünschen sich 84% der Studierenden keine Rückkehr zu
ihrer Online-Lehrveranstaltungen waren. Diese Antworten             einem reinen Präsenzlehrbetrieb wie vor der COVID-19-Pan-
zeigen, dass aus studentischer Perspektive Verbesserungs-           demie. Stattdessen befürworten 79% der Befragten, dass
potenzial in der didaktischen und technikbezogenen Gestal-          die Lehrveranstaltungen in den Theoriephasen sowohl in
tung der Online-Lehre besteht.                                      Präsenzlehre als auch in Online-Lehre stattfinden. Tenden-
                                                                    ziell sollte der Anteil an Präsenzlehre allerdings höher sein
Die Analyse des studentischen Antwortverhaltens nach                als der Anteil an Online-Lehre.
Studienbereichen zeigt, dass Studierende im Studienbereich
Sozialwesen ihre persönliche Anpassungsfähigkeit an                 In Abbildung 11 wird die Frage nach den zukünftigen
die Rahmenbedingungen der Online-Lehre substanziell                 Wunschformaten der Lehre getrennt nach Studienbereichen
schlechter einschätzen als Studierende in den Studienbe-            dargestellt. Der Vergleich zeigt, dass sowohl Unterschiede
reichen Technik und Wirtschaft (gemessen anhand nicht-              als auch Ähnlichkeiten zwischen den Studienbereichen be-
parametrischer Tests für Gruppenunterschiede – Mann-                stehen. Die Studierenden der Studienbereiche Sozialwesen,
Whitney-U-Test – und der Berechnung von Effektstärken               Technik und Wirtschaft wünschen sich mit absoluter Mehr-
nach Cohens d). Konsistent mit diesem Befund möchten                heit zukünftig einen größeren Anteil an Präsenzlehre als
Studierende im Studienbereich Sozialwesen auch zu einem             Online-Lehre. Von diesen drei Studienbereichen hat der
substanziell geringeren Anteil als Studierende in den Studi-        Studienbereich Sozialwesen die höchste Zustimmung für
enbereichen Technik und Wirtschaft in der Zeit nach der             einen Fokus auf dem Präsenzlehrformat (insgesamt 67%)
COVID-19-Pandemie digitale Medien als Unterstützung ihrer           und damit die geringste Zustimmung für eine Schwerpunkt-
Lernprozesse verwenden. Ein weiterer substanzieller Grup-           verlagerung auf das Format der Online-Lehre (insgesamt
penunterschied zeigt sich bei der Bewertung der Innovati-           14%). Diese Präferenz für die Präsenzlehre befindet sich im
onsfreudigkeit der Lehrenden in der Online-Lehre. Hier be-          Einklang mit dem Befund, dass Studierende im Studien-
werten die Studierenden des Studienbereichs Gesundheit              bereich Sozialwesen größere Anpassungsschwierigkeiten an
die Innovationsfreudigkeit ihrer Lehrenden substanziell             die Rahmenbedingungen der Online-Lehre haben als die
höher als alle anderen Studienbereiche.                             Studierenden der anderen Studienbereiche (vgl. Abschnitt
                                                                    3.2). Die Befragten der Studienbereiche Technik und Wirt-
                                                                    schaft sind sich in ihren Präferenzen über zukünftige Lehr-

                                                               16
Hochschulforschung an der DHBW
                                                                                           Studienverlaufspanel 2019-2023

Abbildung 10: Wunschformate der Lehre

Abbildung 11: Wunschformate der Lehre (nach Studienbereich)

formate sehr ähnlich: Unter Studierenden im Studienbereich         lich geringere Präferenz für das Lehrformat Präsenzlehre:
Technik ist die Präferenz für ausschließlich oder mehrheit-        Nur 43% der Befragten im Studienbereich Gesundheit wün-
lich Präsenzlehre mit 59% etwas höher als unter Studieren-         schen sich zukünftig ausschließlich oder mehrheitlich Prä-
den im Studienbereich Wirtschaft mit 54%. In beiden Stu-           senzlehre. Stattdessen fällt dieser Studienbereich dadurch
dienbereichen haben allerdings jeweils 21% der Befragten           auf, dass sich die Studierenden mit 35% deutlich häufiger
eine Präferenz für einen Schwerpunkt auf der Online-Lehre.         eine Balance zwischen Online- und Präsenzlehre wünschen
Im Vergleich zu den anderen drei Studienbereichen haben            als die Studierenden der anderen Studienbereiche.
die Studierenden im Studienbereich Gesundheit eine deut-

                                                              17
Hochschulforschung an der DHBW
Studienverlaufspanel 2019-2023

Abbildung 12: Präferenzen zu E-Learning in Theorie- und Praxisphasen nach Ende der COVID-19-Pandemie

Insgesamt wird aus der Analyse von Wunschformaten                     ablehnen. So beträgt die kumulierte Zustimmung zu einem
der Lehre nach Studienbereichen deutlich, dass es keine               verstärkten Einsatz von E-Learning in den Theoriephasen
One-size-fits-all-Lösung für die Gestaltung des Verhältnisses         49% und in den Praxisphasen 42%. Dahingegen beträgt
zwischen Online- und Präsenzlehre nach Ende der COVID-                die kumulierte Ablehnung eines verstärkten Einsatzes von
19-Pandemie geben sollte. Stattdessen sollten Entschei-               E-Learning in den Theoriephasen 34% und in den Praxis-
dungsspielräume geschaffen werden, damit Lösungen für                 phasen 38%. Darüber hinaus zeigt der Vergleich der pro-
das Verhältnis zwischen Online- und Präsenzlehre gefunden             zentualen Häufigkeitsverteilungen und der arithmetischen
werden können, die zum einen den spezifischen Erforder-               Mittel, dass die Zustimmung zu einem verstärkten Einsatz
nissen und Umsetzungsmöglichkeiten der verschiedenen                  von E-Learning für die Theoriephasen etwas höher ausfällt
Studiengänge entsprechen und zum anderen auch den                     als für die Praxisphasen. Insbesondere bei der maximalen
Präferenzen der Studierenden aus unterschiedlichen                    Zustimmung für den verstärkten Einsatz von E-Learning
Studienbereichen und Studiengängen Rechnung tragen.                   nach Ende der COVID-19-Pandemie gibt es einen erheb-
                                                                      lichen Unterschied zwischen Theorie- und Praxisphasen:
                                                                      Während 25% der Befragten voll und ganz dem zukünftig
3.4 Präferenzen zum Einsatz von E-learning                            verstärkten Einsatz von E-Learning in den Theoriephasen
    im dualen Studium                                                 zustimmen, befürworten dieses Szenario nur 16% der
                                                                      Befragten für die Praxisphasen. Insgesamt sehen die
Nach den pandemiebedingten Erfahrungen der Studieren-                 Studierenden somit ein größeres Potenzial für den Einsatz
den mit der Verlagerung von Lern- und Arbeitsprozessen                von E-Learning in den Theoriephasen als in den Praxis-
auf digitale Formate, stellt sich die Frage, inwiefern Studie-        phasen. Diese ungleichgewichtige Bewertung der Potenziale
rende auch in den Praxisphasen Potenzial für die Nutzung              für den Einsatz von E-Learning könnte darin begründet sein,
von E-Learning sehen. Die Items in Abbildung 12 erlauben              dass in den Theorie- und Praxisphasen unterschiedliche
eine vergleichende Auswertung der studentischen Präferen-             Typen von Wissen vermittelt bzw. erworben werden. Wäh-
zen für den Einsatz von E-Learning in Theorie- und Praxis-            rend in den Theoriephasen der Erwerb von akademischem
phasen nach Ende der COVID-19-Pandemie. In den Klam-                  Wissen im Vordergrund steht, dienen die Praxisphasen ins-
mern werden jeweils Fallzahl und arithmetisches Mittel der            besondere dem Erwerb von beruflichem Erfahrungs-
prozentualen Häufigkeitsverteilung studentischer Ant-                 wissen.7) Da Erfahrungswissen während des praktischen
worten ausgewiesen.                                                   Handelns im Berufskontext erworben wird und zahlreiche
                                                                      _______________________________________________________
Für die Zeit nach dem Ende der COVID-19-Pandemie wün-
                                                                      7)   Das Konzept „Erfahrungswissen“ besteht aus vier Teilelementen:
schen sich im Vergleich etwas mehr Befragte einen verstärk-
                                                                           Inhaltswissen (deklaratives Wissen), Handlungswissen (prozedurales
ten Einsatz von E-Learning in den Theorie- und Praxis-                     Wissen), Netzwerkswissen (Wissen um Personen), Ziel- und werte-
phasen, als Befragte den verstärkten Einsatz von E-Learning                bezogenes Wissen (Erlach et al. 2013: 52)

                                                                 18
Hochschulforschung an der DHBW
                                                                                           Studienverlaufspanel 2019-2023

Abbildung 13: Präferenzen zu E-Learning in Theoriephasen nach Ende der COVID-19-Pandemie (nach Studienbereich)

Abbildung 14: Präferenzen zu E-Learning in Praxisphasen nach Ende der COVID-19-Pandemie (nach Studienbereich)

berufsbezogene Tätigkeiten nicht digital durchgeführt wer-         Die Befragten aus den Studienbereichen Gesundheit und
den (können), ist E-Learning für den Erwerb von beruf-             Wirtschaft stimmen mit 52% bzw. 53% einem tendenziell
lichem Erfahrungswissen nur bedingt geeignet.                      stärkeren Einsatz von E-Learning nach Ende der COVID-19-
                                                                   Pandemie in den Theoriephasen zu. Im Studienbereich So-
Bei der Auswertung der studentischen Präferenzen über den          zialwesen beträgt die kumulierte Zustimmung zu dieser
Einsatz von E-Learning in den Theoriephasen werden studi-          Aussage dahingegen nur 36%. Das stärkste Gegensatzpaar
enbereichsspezifische Unterschiede deutlich (vgl. Abb. 13).        bilden die Studienbereiche Gesundheit und Sozialwesen

                                                              19
Hochschulforschung an der DHBW
Studienverlaufspanel 2019-2023

                                                                    4. ZuSAMMEnFASSunG unD DISKuSSIon
(gemessen anhand nicht-parametrischer Tests für Gruppen-            Im Zuge der COVID-19-Pandemie erfolgte im Frühjahr 2020
unterschiede und dem Effektstärkenmaß Cohens d): Stu-               eine abrupte Umstellung des traditionellen Präsenzlehr-
dierende im Studienbereich Gesundheit stimmen dem                   betriebs der DHBW auf unterschiedliche Formen der On-
verstärkten Einsatz von E-Learning nach Ende der COVID-             line-Lehre. Über ein halbes Jahr nach dieser grundlegenden
19-Pandemie in den Theoriephasen substanziell stärker               Veränderung der Rahmenbedingungen der Lehr- und Lern-
zu als Studierende im Studienbereich Sozialwesen. Auch zu           prozesse in den Theoriephasen des dualen Studiums,
den Studienbereichen Technik und Wirtschaft weist der               wurden die DHBW-Bachelorstudierenden zu ihrer Wahr-
Studienbereich Sozialwesen substanzielle Unterschiede auf:          nehmung und Bewertung der Online-Lehre befragt. Im
Studierende in den Studienbereichen Technik und Wirt-               vorliegenden Forschungsbericht wurden die Daten aus
schaft stimmen der Aussage jeweils substanziell stärker zu          dieser Studierendenbefragung deskriptiv ausgewertet. Dies
als Studierende im Studienbereich Sozialwesen.                      ermöglicht einen empirisch fundierten Einblick in die
                                                                    studentischen Erfahrungen mit der Online-Lehre während
Bei der Auswertung der studentischen Präferenzen über               der COVID-19-Pandemie sowie eine darauf basierende Iden-
den Einsatz von E-Learning in den Praxisphasen zeigen sich          tifikation von Verbesserungspotenzialen bei der Gestaltung
ebenfalls studienbereichsspezifische Unterschiede (vgl.             der Online-Lehre.
Abb. 14). Allerdings sind diese Unterschiede weniger stark
ausgeprägt als bei den Präferenzen zu E-Learning in den             Im Rahmen der vergleichenden Bewertung der Lehrqualität
Theoriephasen.                                                      in Online- und Präsenzlehre wird insgesamt deutlich, dass
                                                                    sich in der Wahrnehmung der Studierenden einige Elemente
Das stärkste Gegensatzpaar bilden hier die Studienbereiche          der Lehrqualität als unabhängiger gegenüber einer Verän-
Technik und Wirtschaft (gemessen anhand nicht-parame-               derung des Lehrformats erweisen als andere Elemente: So
trischer Tests für Gruppenunterschiede und dem Effektstär-          erkennen Studierende die stärksten Unterschiede in der
kenmaß Cohens d): Studierende im Studienbereich Wirt-               Realisierung von Qualitätsmerkmalen zwischen Online- und
schaft stimmen dem verstärkten Einsatz von E-Learning               Präsenzlehre bei ihrem persönlichen Lern- und Arbeitsver-
nach Ende der COVID-19-Pandemie in den Praxisphasen                 halten sowie der didaktischen Gestaltung der Lehr- und
substanziell stärker zu als Studierende im Studienbereich           Lernprozesse. Der persönliche Lernerfolg wird dahingegen
Technik. Auch die Studienbereiche Wirtschaft und Sozial-            als deutlich stabiler gegenüber einer Veränderung des Lehr-
wesen weisen einen substanziellen Gruppenunterschied                formats wahrgenommen. Bei den meisten Qualitätsmerk-
auf: Studierende im Studienbereich Wirtschaft stimmen der           malen von akademischer Lehre zeigt sich, dass relativ viele
Aussage substanziell stärker zu als Studierende im Studi-           Studierende keine Unterschiede zwischen Online- und Prä-
enbereich Sozialwesen.                                              senzlehre wahrnehmen. Sofern Studierende jedoch Lehr-
                                                                    qualitätsunterschiede bemerken, tendieren sie eher dazu,
Insgesamt weisen die Befunde aus Abschnitt 3.4 darauf hin,          Qualitätsvorteile in der Präsenzlehre zu erkennen. Die
dass Studierende ein größeres Potenzial für die Digitalisie-        stärksten Qualitätsvorteile der Präsenzlehre gegenüber der
rung der Lehr- und Lernprozesse in den Theoriephasen er-            Online-Lehre identifizieren die Studierenden bei der lern-
kennen als in den Praxisphasen. Allerdings sollte auch bei          förderlichen didaktischen Gestaltung der Lehr- und Lern-
dem zukünftigen Einsatz von E-Learning in den Theoriepha-           prozesse in den Lehrveranstaltungen sowie ihrem kommu-
sen eine studienbereichsspezifische Differenzierung ermög-          nikativen Austausch mit anderen Studierenden oder den
licht werden, da insbesondere Studierende im Sozialwesen            Lehrenden. Lediglich bei der Fähigkeit zum selbstständigen
diese Digitalisierung etwas skeptischer bewerten als die            Vertiefen von Lerninhalten sowie der rechtzeitigen Verfüg-
Studierenden der anderen drei Studienbereiche.                      barkeit von Lernmaterialien, ist der Anteil an Studierenden,
                                                                    der Qualitätsvorteile in der Online-Lehre wahrnimmt, größer
                                                                    als jener Anteil, der Qualitätsvorteile in der Präsenzlehre
                                                                    wahrnimmt. In Reaktion auf diese Befunde – und mit dem
                                                                    Ziel der Optimierung von Online-Lehre – könnten zum Bei-
                                                                    spiel organisatorisch und inhaltlich strukturierte digitale

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