Masterarbeit - Ausprägungen, Herausforderungen und Potentiale des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums - eine wirtschaftspädagogische ...

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Ausprägungen, Herausforderungen und Potentiale des
      ausbildungsintegrierenden dualen Studiums
       – eine wirtschaftspädagogische Diskussion

                               Theresa Jacobi
                                 11731483
                            Wirtschaftspädagogik

                            Masterarbeit

      zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science (MSc.)
der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik an der Fakultät für Betriebswirtschaft
                 der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
            eingereicht bei Frau Univ.-Prof. Dr. Annette Ostendorf
                     Institut für Organisation und Lernen

                         Innsbruck, September 2019
Zusammenfassung

Das ausbildungsintegrierende duale Studium stellt eine Verbindung zwischen Berufsbildung
und Hochschulbildung dar. Die Studierenden erhalten die Möglichkeit, das in der Theorie
gelernte direkt im Praxisbetrieb während dem Studium anzuwenden. Dabei erwerben die
Studierenden zwei Abschlüsse, einen Kammerabschluss und einen Hochschulabschluss. Nach
dem Abschluss werden ihnen in den meisten Fällen Karriereoptionen im Ausbildungsbetrieb
aufgezeigt. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den einzelnen Ausprägungen,
Herausforderungen und Potentialen des Studienformats in Deutschland, speziell in Bayern und
Baden-Württemberg. Die Ausprägungen werden analysiert und systematisiert, um eine
Übersichtlichkeit herzustellen, die bisher in der Literatur noch nicht existiert. Im Rahmen eines
Vergleichs der systematisierten Ausprägungen stellt sich heraus, dass es kein „Best Practice“
Modell in der Umsetzung gibt und dass verschiedene Ausprägungen, begründet durch
fachspezifische Anforderungen, angeboten werden. In einer wirtschaftspädagogischen
Diskussion wird analysiert, welche Voraussetzungen in Österreich gegeben sein müssen, um
dort eine Umsetzung zu ermöglichen. Das Ergebnis wird mit einem Ländervergleich zwischen
Deutschland (Bayern, Baden-Württemberg) und Österreich erarbeitet. Daraus resultiert, dass in
Österreich Potential vorhanden ist, das erfolgreiche Modell aus Deutschland zu adaptieren. Die
Umsetzung könnte durch unterschiedliche Maßnahmen, wie bspw. die Gründung eines
Gremiums oder die Erstellung bundesweiter Handbücher für Unternehmen, unterstützt werden.
Eine Analyse des Bedarfs von Seiten der Praxispartner und der Nachfrage von Seiten der
Absolventen/innen sollte Gegenstand zukünftiger Forschung sein, um die Planung der
Umsetzung beginnen zu können.

Schlüsselbegriffe: ausbildungsintegrierendes duales Studium, Praxisbezug, Berufsbildung,
Hochschulbildung, Ländervergleich
Inhalt
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................... III

Tabellenverzeichnis ............................................................................................................... III

Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... IV

1 Einleitung ............................................................................................................................... 1

   1.1       Problemstellung und Relevanz .................................................................................... 2

   1.2       Aufbau und Ziel der Arbeit ......................................................................................... 3

   1.3       Vergleichende Perspektive der Arbeit ......................................................................... 4

2 Das Berufsbildungssystem .................................................................................................... 9

   2.1 Das Bildungssystem ......................................................................................................... 9

   2.2 Die Rolle der dualen Berufsausbildung .......................................................................... 11

3 Das duale Hochschulsystem................................................................................................ 12

   3.1 Definition und Abgrenzung ............................................................................................ 12

   3.2 Entwicklung und Geschichte .......................................................................................... 14

   3.3 Stakeholder ..................................................................................................................... 18

      3.3.1 Hochschule ............................................................................................................... 18

      3.3.2 Unternehmen ............................................................................................................ 19

      3.3.3 Auszubildende/ Studierende .................................................................................... 19

      3.3.4 Berufliche Schulen ................................................................................................... 20

      3.3.5 Kammern & Gremien .............................................................................................. 21

      3.3.6 Weitere Institutionen der Berufsbildung .................................................................. 22

   3.4 Kooperationen ................................................................................................................ 23

      3.4.1 Kooperation Betrieb - Hochschule........................................................................... 23

      3.4.2 Kooperation Betrieb - Berufliche Schule ................................................................. 24

      3.4.3 Kooperation Betrieb - Lernende .............................................................................. 24

4 Typen und Ausprägungen des dualen Studiums .............................................................. 26

   4.1 Hintergrund ..................................................................................................................... 26

   4.2 Darstellung der Systematisierung ................................................................................... 28
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4.3 Erläuterungen.................................................................................................................. 30

   4.4 Interpretation .................................................................................................................. 32

   4.5 Vergleichskriterien ......................................................................................................... 34

   4.6 Vergleich ........................................................................................................................ 36

5 Potentiale des ausbildungsintegrierenden Modells .......................................................... 43

   5.1 Sichtweise der Hochschule ............................................................................................. 43

   5.2 Sichtweise der Betriebe .................................................................................................. 43

   5.3 Sichtweise der Lernenden ............................................................................................... 44

6 Herausforderungen des ausbildungsintegrierenden Modells ......................................... 46

   6.1 Sichtweise der Hochschulen ........................................................................................... 46

   6.2 Sichtweise der Betriebe .................................................................................................. 47

   6.3 Sichtweise der Lernenden ............................................................................................... 47

7 Wirtschaftspädagogische Diskussion – Österreich im Vergleich mit Deutschland ...... 49

   7.1 Berufsbildungssystem in Österreich ............................................................................... 49

      7.1.1 Das Bildungssystem ................................................................................................. 49

      7.1.2 Die Rolle der dualen Berufsausbildung ................................................................... 51

      7.1.3 Die Relevanz des dualen Studiums .......................................................................... 52

   7.2 Wirtschaftspädagogischer Rahmen ................................................................................ 55

   7.3 Deutschland und Österreich im Vergleich...................................................................... 57

      7.3.1 Analyse der Berufsbildungs- und Hochschulsysteme in DE und AT ...................... 57

      7.3.2 Vergleichskriterien ................................................................................................... 61

      7.3.3 Ländervergleich ....................................................................................................... 62

   7.4 Möglichkeiten zur Umsetzung des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums in
   Österreich.............................................................................................................................. 67

   7.5 Limitationen.................................................................................................................... 70

8 Schlussfolgerung und Ausblick .......................................................................................... 72

Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 74

Eidesstattliche Erklärung ...................................................................................................... 82

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kubus für vergleichende erziehungswissenschaftliche Analysen (Bray und
Thomas 1995: 475)..................................................................................................................... 4
Abbildung 2: Modell für vergleichende Untersuchungen nach Bereday (Bereday 1964: 28) ... 6
Abbildung 3: Entwicklung der Anfänger/innenzahlen in Sektoren des (Aus-)
Bildungsgeschehens (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2019: 24)................... 10
Abbildung 4: Klassifizierung der Studienformate in der Erstausbildung; eigene Darstellung
(vgl. Wissenschaftsrat 2013) .................................................................................................... 13
Abbildung 5: Überblick über das Bildungssystem in Österreich; eigene Darstellung (vgl. Aff
2006: 126) ................................................................................................................................ 50
Abbildung 6: Sekundarstufe II Österreich; eigene Darstellung (vgl. Aff 2006: 127) .............. 58

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Entwicklung von Kooperationsunternehmen und Studierendenzahlen in dualen
Studiengängen von 2004 bis 2016 (Hofmann u. a. 2017:9) ..................................................... 16
Tabelle 2: Verteilung der Studierenden in der Erstausbildung nach Anbieter und
Organisationsform 2016 (Hofmann u. a. 2017:17) .................................................................. 16
Tabelle 3: Systematisierung ausbildungsintegrierender dualer Studiengänge in Bayern und
Baden-Württemberg (eigene Darstellung) ............................................................................... 29
Tabelle 5: Vergleich dualer Studiengänge (eigene Darstellung) ............................................. 37
Tabelle 6: Merkmale dualer Studiengänge an österreichischen Hochschulen; eigene
Darstellung (vgl. Fidler u. a. 2019) .......................................................................................... 53
Tabelle 7: Duale Studienmöglichkeiten in Österreich (eigene Darstellung)
(*PU=Partnerunternehmen, SP=Studienplätze) ....................................................................... 54

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Abkürzungsverzeichnis
AHS      Allgemeinbildende Höhere Schule
AQ       Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria
BBiG     Berufsbildungsgesetz
BGJ      Berufsgrundschuljahr
BHS      Berufliche Höhere Schule
BIBB     Bundesinstitut für Berufsbildung
BMBF     Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMBWF    Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
BMS      Berufliche Mittlere Schule
BVJ      Berufsvorbereitungsjahr
DHBW     Duale Hochschule Baden-Württemberg
ECTS     European Credit Transfer and Accumulation System
FH       Fachhochschule
FOM      Fachhochschule für Ökonomie und Management
HwO      Handwerksordnung
HWK      Handwerkskammer
IAQ      Institut Arbeit und Qualifikation
IBW      Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft
IHK      Industrie- und Handelskammer
KMK      Kultusministerkonferenz
NMS      Neue Mittelschule
PTS      Polytechnische Schule
SPO      Studien- und Prüfungsordnung
VHB      Virtuelle Hochschule Bayern
VWA      Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie

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1 Einleitung

1 Einleitung
Schüler/innen werden in Deutschland ab der 9. Schulstufe mit der Berufswahl konfrontiert.
Dabei können sie sich entscheiden, ob sie nach der 10. Schulstufe eine Lehre absolvieren oder
ob sie die Schule mit dem Abitur oder der Fachhochschulreife abschließen wollen. Im
Anschluss können die Absolventen/innen die Universität oder die Fachhochschule besuchen
und zwischen einem dualen und einem regulären Studium wählen. Zusätzlich gibt es die
Möglichkeit, eine Lehre kombiniert mit einem dualen Studium zu absolvieren. Dabei ist es den
Absolventen/innen möglich, einen Ausbildungsberuf praxisnah zu erlernen und gleichzeitig
theoretisches Wissen an einer Fachhochschule oder einer Universität zu erwerben. Mit dieser
besonderen Kombination, dem ausbildungsintegrierenden dualen Studium, können die
Studierenden das in der Theorie gelernte Wissen direkt im Ausbildungsbetrieb anwenden. Das
ausbildungsintegrierende duale Studium wird in unterschiedlichen Ausprägungen von vielen
Hochschulen in Deutschland angeboten. In Bayern und Baden-Württemberg sind die
ausbildungsintegrierenden Studienangebote besonders zahlreich. Deshalb fokussiert sich die
Arbeit auf diese beiden deutschen Bundesländer.
Bisher existiert keine übersichtliche Darstellung und kaum ein einheitliches Modell der dualen
Studiengänge, welche die Studienanfänger/innen in ihrer Entscheidung der Studienwahl
unterstützen. Gleichzeitig beeinflussen die Herausforderungen und Potentiale aus Sicht der
Beteiligten (Hochschule, Betrieb, Studierende) die Kooperationen und die Studienwahl. Im
Vergleich zu Deutschland wird in Österreich aktuell kein ausbildungsintegrierendes duales
Studium angeboten. Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit auf Basis der Ergebnisse in Bayern
und Baden-Württemberg eine mögliche Anpassung des Systems an das Berufsbildungs- und
Hochschulsystem in Österreich diskutiert. Aus diesen Faktoren entwickeln sich die
Forschungsfragen wie folgt:

„Welche Ausprägungen des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums gibt es?“

„Welche Herausforderungen und Potentiale sind aus wirtschaftspädagogischer Sicht mit
dem ausbildungsintegrierenden dualen Studium verbunden?“

„Welche Voraussetzungen müssen in Österreich gegeben sein, damit das System an die
Rahmenbedingungen angepasst werden kann?“

Die Forschungsfragen sollen aufzeigen, dass es unterschiedliche Ausprägungen des
ausbildungsintegrierenden dualen Studiums gibt. Diese können systematisiert werden und jedes
Modell kann auf seine Art funktionieren. Jedoch stellt sich die Frage, ob ein einheitliches „Best

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1 Einleitung

Practice“ Modell für alle Hochschulen sinnvoll wäre. Die zweite Forschungsfrage soll zeigen,
dass das ausbildungsintegrierende duale Studium neben Potentialen auch Herausforderungen
mit sich bringt. Die Potentiale und Herausforderungen des Systems in Deutschland sind für die
dritte Forschungsfrage, die Diskussion im Hinblick auf die Anpassung in Österreich, von
Bedeutung.

1.1 Problemstellung und Relevanz

Das duale Hochschulstudium ist auf Grund seiner Entwicklung in den letzten Jahren ein
wichtiger Gegenstand der wirtschaftspädagogischen Forschung. Es wird unter anderem
diskutiert, ob das duale Studium die duale Ausbildung ersetzen könnte (vgl. Heisler 2018;
Kuhlee und Irmscher 2018). Dies resultiert daraus, dass es einen deutlichen Anstieg sowohl auf
der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite gibt. Die Studierendenzahlen im dualen Studium
haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt und das Angebot der Studiengänge hat sich
verdreifacht (vgl. Hofmann u. a. 2017: 8). Aufgrund dieser steigenden Entwicklung und eines
geringen Rückgangs der Nachfrage an Lehrstellen, ergibt sich eine Veränderung im
Bildungsangebot. Akademische und nicht-akademische Bildungsangebote nähern sich
zunehmend an, speziell durch den Studientyp „duales Studium“ (vgl. Hofmann u. a. 2017: 9).
Langfristig könnte sich die berufliche zur akademischen Bildung hin entwickeln. Dabei wird
die Verschiebung in Richtung Hochschule oft kritisiert und als negativ interpretiert. Das duale
Studium und dessen verschiedene Modelle gehen mit ihren Potentialen positiv daraus hervor.
Besonders aufgrund der engen Verzahnung der theoretisch-praktischen und den damit
verknüpften akademisch-beruflichen Ausbildungsanteilen, gewinnt der Studientyp zunehmend
an Bedeutung (vgl. Kuhlee und Irmscher 2018). Dies verschärft die Relevanz des Themas und
den Bedarf zur Diskussion aus wirtschaftspädagogischer Sicht. Die unterschiedlichen Modelle
innerhalb des Studientyps lassen sich anhand unterschiedlicher Charakteristika unterscheiden
und vergleichen. In der Literatur gibt es noch keine Übersicht der einzelnen
ausbildungsintegrierenden Modelle und kein „Best Practice“ Modell, welches von mehreren
Hochschulen einheitlich angeboten wird. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf den Ausprägungen
des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums und deren Vergleichbarkeit, um eine
Diskussionsbasis im Hinblick auf die Anpassung des Modells an das Berufsbildungssystem in
Österreich zu schaffen.

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1 Einleitung

1.2 Aufbau und Ziel der Arbeit

Im ersten Teil der Arbeit wird das Berufsbildungssystem in Deutschland allgemein
beschrieben. Dabei wird die Rolle der dualen Ausbildung näher erläutert, da diese einen Teil
des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums darstellt. Im Folgenden wird das duale
Hochschulsystem erläutert, die wichtigsten Begriffe werden definiert und der thematische
Umfang der Arbeit wird eingegrenzt. Des Weiteren werden die Entwicklung und Geschichte
aufgezeigt, um den Hintergrund des dualen Studiums hinsichtlich der Entwicklung zum
heutigen Status Quo zu verdeutlichen. Die unterschiedlichen Stakeholder des dualen Studiums
werden mit ihren einzelnen Rollen beschrieben. Anschließend werden die Kooperationen
zwischen den wichtigsten Stakeholdern, dem Betrieb, der Hochschule, der beruflichen Schule
und den Studierenden erläutert, da das Verständnis dieser Kooperationen für die
Systematisierung der Ausprägungen von Bedeutung ist. Auf Grundlage der vorherigen Kapitel
wird im Anschluss die Systematisierung der Ausprägungen vorgenommen. Diese werden
beschrieben und anhand zuvor definierter Kriterien aus wirtschaftspädagogischer Sicht
miteinander verglichen. Nach diesem Vergleich folgt die Beschreibung der Potentiale und der
Herausforderungen des ausbildungsintegrierenden Modells. Für die Erstellung dieser beiden
Kapitel wurden Studien und Dokumente systematisch recherchiert, die bereits Potentiale und
Herausforderungen dieses Studienformats analysiert haben. Nach einer grundlegenden Analyse
des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums in Deutschland, bzw. in Bayern und Baden-
Württemberg, wird aus wirtschaftspädagogischer Sicht diskutiert, inwiefern das Modell an das
Berufsbildungssystem in Österreich angepasst werden kann. Zu Beginn des Kapitels wird das
Berufsbildungssystem in Österreich grundlegend erläutert und die Relevanz der dualen
Ausbildung und des dualen Studiums in Österreich beschrieben. Es folgt ein Vergleich der
Berufsbildungs- und Hochschulsysteme der Länder Deutschland (speziell Bayern und Baden-
Württemberg) und Österreich, mit dem Ziel, Möglichkeiten zur Umsetzung des dualen
Studiums in Österreich herauszuarbeiten. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit
zusammengefasst und kritisch diskutiert.

Das Ziel der Arbeit ist es, die Ausprägungen des erfolgreichen Systems des
ausbildungsintegrierenden dualen Studiums in Deutschland zu systematisieren und zu
vergleichen. Zudem sollen die Herausforderungen und Potentiale, die mit diesem System
verbunden sind, aus Sicht der wichtigsten Stakeholder aufgezeigt werden. Ein weiteres Ziel der
Arbeit ist es, die über das duale System in Deutschland gewonnen Erkenntnisse mit Österreich

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1 Einleitung

zu vergleichen und Möglichkeiten zur Umsetzung des dualen Systems angepasst an das
Berufsbildungssystem in Österreich zu finden. Dieses Thema ist insofern für die
Wirtschaftspädagogik relevant, als dass das duale Hochschulstudium sowohl in der
Hochschulpädagogik als auch in der Betriebspädagogik verankert ist. Besonders von
Bedeutung ist dabei die Verknüpfung der Lernorte Hochschule, Betrieb und ggf. der
Berufsschule.

1.3 Vergleichende Perspektive der Arbeit

In den vorherigen Kapiteln wird bereits erwähnt, dass diese Arbeit zwei Vergleiche enthält. In
diesem Kapitel werden die Vergleiche und das methodische Vorgehen beschrieben. Die
Vergleiche werden in einen Rahmen für vergleichende erziehungswissenschaftliche Analysen
eingeordnet. Hierfür wird der dreidimensionale Kubus von Bray & Thomas (1995) als Modell
verwendet, mit dem der Vergleich klassifiziert werden kann (s. Abbildung 1). Die erste
Dimension umfasst die geographische Ebene: „World Regions, Countries, States, Districts,
Schools,    Classrooms,        Individuals“.       Die     zweite      Dimension         bezieht      sich    auf
regionalunabhängige demographische Gruppen: „Ethnic Groups, Age Groups, Religous
Groups, Gender Groups, Other Groups, Entire Population“. In der dritten Dimension werden
Kriterien der Bildung und der Gesellschaft aufgezeigt: „Curriculum, Teaching Methods,
Educational Finance, Management Structure, Political Change, Labor Market, Other Aspects“
(vgl. Bray und Thomas 1995: 473).

      Abbildung 1: Kubus für vergleichende erziehungswissenschaftliche Analysen (Bray und Thomas 1995: 475)

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1 Einleitung

Der erste Vergleich bezieht sich auf Hochschulen (Schools), inkludiert Studierende im Alter
von ca. 18-30 Jahren (Other Groups) und analysiert die Curricula (s. Abbildung 1). Der zweite
Vergleich umfasst die Länder Österreich und Deutschland (Countries), bezieht Studierende im
Alter von ca. 18-30 Jahren (Other Groups) mit ein und betrachtet die Strukturen und
Institutionen (Management Structures) des Berufsbildungssystems in den beiden Ländern.
Der   systematische     Vergleich      trägt        zur    Erkenntnisgewinnung       bei.   Durch     die
Nebeneinanderstellung von Daten hilft der Vergleich Ähnlichkeiten und Unterschiede im
Material aufzuzeigen. Es werden Hypothesen formuliert und Ergebnisse interpretiert.
Gleichzeitig kann mit einem Vergleich die Entwicklung von Klassifikationen und Typologien
gefördert werden (vgl. Parreira do Amaral 2015: 108).

Des Weiteren werden in der Literatur verschiedene Funktionen eines Vergleichs diskutiert, die
wechselseitig abhängig sein können und sich aus vier verschiedenen Achsen ergeben. Die
Achsen sind „theoretisches Interesse“, „Universalität“, „praktisches Interesse“ und
„Besonderheit“.     Daraus     resultieren     die    Idealtypen    vergleichender     Forschung:     die
ideographische, die melioristische, die evolutionistische und die nomothetische Funktion. Die
ideographische Funktion beschreibt Besonderheiten und Einmaligkeiten, wie z.B. die duale
Ausbildung in Deutschland. Die melioristische Funktion unterstützt die Suche nach dem
besseren   Modell,     bspw.     im       Vergleich       beruflicher   Erstausbildungsmodelle.      Die
evolutionistische    Funktion     sucht      nach     Entwicklungstrends.     Dabei     können      bspw.
Flexibilisierungstrends in der beruflichen Bildung in Europa verglichen werden. Die
nomothetische Funktion bezieht sich auf den Vergleich allgemeiner Strukturen und Regeln.
Meist werden mehrere Funktionen in einer Forschung miteinander verbunden, da sie sich nicht
strikt trennen lassen (vgl. Hörner 1997: 70). Die Vergleiche in dieser Arbeit bewegen sich
zwischen der ideographischen und der melioristischen Funktion. Einerseits wird Besonderheit
und Einmaligkeit miteinander verglichen und andererseits liegt die Übertragungsidee des
Modells aus Deutschland nach Österreich im Fokus.

Die Vergleiche werden in dieser Arbeit unter Zuhilfenahme der Methode von George Bereday
(1964) durchgeführt. Diese Methode beinhaltet die folgenden vier Schritte: Beschreibung und
Datenerhebung, Interpretation, Juxtaposition und Vergleich (s. Abbildung 2) (vgl. Bereday
1964). Mit der vergleichenden Methode nach Bereday können zwei Länder oder andere
Untersuchungsgegenstände und Sachverhalte miteinander verglichen werden. Im ersten Schritt
werden die Daten erhoben und beschrieben. Hierbei wird der Stand der Forschung dargestellt
und verschiedene Daten in Bezug auf die Untersuchungsgegenstände werden gesammelt. Diese

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1 Einleitung

Daten werden deskriptiv dargestellt und dienen als Informationsquelle für den späteren
Vergleich. Im zweiten Schritt werden die Daten vor dem Hintergrund der politischen,
historischen, sozioökonomischen und kulturellen Traditionen, Strukturen und Faktoren
analysiert. Hierbei kann ein Rahmen gesetzt werden, um den Kontext zu bewahren aber
dennoch auf das Wesentliche fokussiert zu bleiben. Im dritten Schritt, Juxtaposition, werden
die Kriterien für den Vergleich erstellt und Unterschiede sowie Ähnlichkeiten der
Untersuchungsgegenstände werden festgehalten. Im vierten Schritt folgt der Vergleich, welcher
zu einer Bewertung der Hypothesen und einer Schlussfolgerung führt (vgl. Bereday 1964).
Ebenso wird ein tertium comparationis, ein von den Ländern bzw. Untersuchungsgegenständen
losgelöstes Vergleichskriterium, geschaffen, um die Vergleichbarkeit herzustellen (vgl.
Parreira do Amaral 2015: 127).

            Abbildung 2: Modell für vergleichende Untersuchungen nach Bereday (Bereday 1964: 28)

                                                                                                             6
1 Einleitung

Allgemein wird unterschieden, ob der Ansatz auf eine „total analysis“ oder ein „problem
approach“ abzielt (vgl. Pilz 2011: 14). In dieser Arbeit wird im ersten Vergleich ein einzelner
„Problemfall“, die Ausprägungen des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums, und nicht
das gesamte Bildungssystem analysiert. Im zweiten Vergleich wird mit einem weiteren
„problem approach“ das duale Hochschulsystem und das Berufsbildungssystem in Deutschland
und in Österreich in den Vergleich miteinbezogen.

Für die Vergleiche ist es wichtig, das Berufsbildungssystem in seinen Ebenen darzustellen.
Koch (1991) bspw. beschreibt drei Ebenen des Berufsbildungssystems wie folgt: die
Makroebene, die Mesoebene und die Mikroebene. Die Makroebene umschließt die
institutionelle Struktur von Berufsbildungssystemen und beinhaltet die ökonomischen, sozialen
und politischen Rahmenbedingungen. Die Mesoebene umfasst die Konzepte und Modelle der
organisatorischen, didaktischen und methodischen Gestaltung beruflicher Bildung. Die
Mikroebene enthält die konkrete Gestaltung von Lehr-/Lernsituationen und Bildungsprozessen
(vgl. Koch 1991). In der vorliegenden Arbeit sind die beiden erstgenannten Ebenen, die Makro-
und die Mesoebene, relevant. Eine Untersuchung auf Mikroebene setzt eine qualitative oder
eine quantitative Forschung voraus, um Ergebnisse zu erzielen und zu interpretieren. Dies
würde das Ausmaß der vorliegenden Arbeit übersteigen und somit wird die Mikroebene nicht
berücksichtigt.

Der erste Vergleich wird auf der Mesoebene innerhalb Deutschlands, speziell Bayern und
Baden-Württemberg, gebildet. Dabei werden die unterschiedlichen Ausprägungen des
ausbildungsintegrierenden dualen Studiums in Bayern und Baden-Württemberg anhand
verschiedener Kriterien miteinander verglichen. Die Vergleichskriterien wurden angelehnt an
die Merkmale eines Vergleichs von Bachelor-Studiengängen erstellt (vgl. Gensch und
Schindler 2003: 43–44). Die Merkmale wurden in Kriterien für den Vergleich umgewandelt
und angepasst. Die folgenden fünf Kriterien werden mit einzelnen Unterkategorien für den
Vergleich herausgearbeitet: Struktur, Studieninhalte und didaktisches Konzept, Praxis- und
Berufsbezug, Internationalität, Studieneingangsvoraussetzungen. Diese Kriterien umschließen
die wichtigsten Merkmale für den Vergleich von Studiengängen auf der Mesoebene. Der
Vergleich wird mit zuvor gebildeten Unterkategorien detailliert durchgeführt. Die
Unterkategorien werden in Kapitel 4.5 näher erläutert. In der Wirtschaftspädagogik lässt sich
der Vergleich auf der Mesoebene den Forschungs- und Praxisfeldern der Hochschulpädagogik
und der Betriebspädagogik zuordnen (vgl. Ostendorf 2017:9). Beide Forschungsfelder sind

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1 Einleitung

gleichermaßen betroffen, da das ausbildungsintegrierende duale Studium an beiden Lernorten
stattfindet.

Der zweite Vergleich findet auf der Makroebene statt. Auf dieser Ebene werden die
Voraussetzungen der Umsetzung des dualen Studiums in Deutschland, speziell in Bayern und
Baden-Württemberg, mit Österreich verglichen. Hierfür werden die Strukturen der
Berufsbildungs- und Hochschulsysteme der beiden Länder betrachtet. Der erste Schritt der
vergleichenden   Methode nach       Bereday wird      bereits   mit   der Beschreibung des
Berufsbildungssystems und des dualen Hochschulsystems in Deutschland (Bayern, Baden-
Württemberg) in Kapitel 2 und 3 vollzogen. Das Berufsbildungssystem in Österreich wird in
Kapitel 7 beschrieben. Im zweiten Schritt werden die Daten vor dem Hintergrund der
politischen, historischen, sozioökonomischen und kulturellen Traditionen, Strukturen und
Faktoren analysiert. Hierbei wird ein Rahmen gesetzt, um das Wesentliche zu erfassen. Im
dritten Schritt werden die Kriterien für den Vergleich erstellt und Unterschiede sowie
Ähnlichkeiten der Untersuchungsgegenstände werden festgehalten. Die Vergleichskriterien
wurden angelehnt an Merkmalsdimensionen von Berufsbildungssystemen in Harris &
Deissinger (2003) und Deissinger (2004, 2008) erstellt (vgl. Deissinger 2004, 2008; Harris und
Deissinger 2003). Die beiden Länder werden anhand folgender Kriterien miteinander
verglichen: Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung, Wertschätzung
beruflicher Bildung gegenüber tertiärer Bildung, Institutionen des ausbildungsintegrierenden
dualen Studiums, Kosten des Studienformats, Transparenz und Zugang zu Informationsquellen,
Art der Qualitätssicherung. Diese Kriterien stellen wichtige Aspekte auf der Makroebene dar.
Im vierten Schritt erfolgt der Vergleich, welcher zu einer Bewertung der Hypothesen und einer
Schlussfolgerung führt (vgl. Bereday 1964). Das tertium comparationis wird berücksichtigt, um
die Vergleichbarkeit herzustellen. Im Anschluss wird die dritte Forschungsfrage beantwortet,
indem die Möglichkeiten zur Umsetzung des dualen Studiums in Österreich erarbeitet werden.

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2 Das Berufsbildungssystem

2 Das Berufsbildungssystem
Das folgende Kapitel zur Berufsbildung in Deutschland stellt die Grundlage dieser Arbeit dar.
Das Berufsbildungssystem wird zuerst allgemein beschrieben und im Anschluss wird die Rolle
der dualen Ausbildung als Teil des Berufsbildungssystems und des ausbildungsintegrierenden
dualen Studiums erläutert. Da das duale Studium noch keine eigenständige Kategorie im
Berufsbildungssystem darstellt, wird dies in Kapitel 3 analysiert.

2.1 Das Bildungssystem

Laut Berufsbildungsgesetz (BBiG) besteht die Berufsbildung in Deutschland aus der
Berufsausbildungsvorbereitung, der Berufsausbildung, der beruflichen Fortbildung und der
beruflichen Umschulung (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2015: 6). Diese
Arbeit konzentriert sich auf die Berufsausbildung. In diesem Zusammenhang wird das
Bildungssystem grundlegend erläutert.

Das Bildungssystem in Deutschland wird in verschiedene Stufen unterteilt. Nach dem
Elementarbereich folgt der Primarbereich mit den ersten vier verbindlichen Schuljahren in der
Grundschule (vgl. Schanz 2010: 8). Der Sekundarbereich I umfasst die allgemeine
Grundbildung in verschiedenen Bildungsgängen bis zur 10. Schulstufe im Anschluss an die
Primarstufe. Dieser Bereich kann in einer Mittelschule, einer Realschule, einem Gymnasium
oder in einer Gesamtschule absolviert werden. In der Mittelschule kann nach Absolvieren der
Jahrgangsstufe 5 bis 9 der Mittelschulabschluss, eine grundlegende allgemeine Bildung,
erworben werden. Der Realschulabschluss, Jahrgangsstufe 5 bis 10, stellt eine erweiterte
allgemeine Bildung dar. Im Anschluss an den Realschulabschluss, kann eine duale Ausbildung
angetreten werden, eine weiterführende Schule besucht werden oder bei sehr guten schulischen
Leistungen in das Gymnasium gewechselt werden. Danach folgt die Sekundarstufe II, die neben
dem Gymnasium in der beruflichen Bildung absolviert werden kann. Das Gymnasium wird mit
dem Abitur, einer vertieften allgemeinen Bildung, abgeschlossen. Mit dem Abitur wird die
allgemeine Hochschulreife erworben, mit welcher der Zugang zur dualen Berufsausbildung und
zur Hochschule im tertiären Bereich möglich ist (vgl. Hippach-Schneider u. a. 2007: 24–25).
Die Sekundarstufe II und der tertiäre Bereich können in vier verschiedene Sektoren mit jeweilig
verschiedenen Bildungszielen unterteilt werden. Der Sektor I stellt die Berufsausbildung dar,
welche einen vollqualifizierten Berufsabschluss zum Ziel hat. Im Sektor II befinden sich

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2 Das Berufsbildungssystem

Jugendliche im sogenannten Übergangsbereich, welcher auf die Vorbereitung und Integration
in die Berufsausbildung abzielt. Der Sektor III umfasst Ausbildungsmöglichkeiten für
Jugendliche, die den Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung anstreben. Der Sektor IV stellt
die Studienmöglichkeiten für Studieninteressierte mit dem Ziel des Erwerbs eines
akademischen Abschlusses dar. Dieser Sektor integriert die dual Studierenden. Der Sektor
Berufsausbildung verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von 10.271
Anfänger/innen auf gesamt 722.684 Anfänger/innen und ist somit der größte Sektor.
Dahingegen sind die Anfänger/innenzahlen im Studium gegenüber dem Vorjahr um 2.048
leicht gesunken (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2019: 23–24).

Abbildung 3: Entwicklung der Anfänger/innenzahlen in Sektoren des (Aus-) Bildungsgeschehens
(Bundesministerium für Bildung und Forschung 2019: 24)

Im Berufsbildungsbericht bekommt das duale Studium bisher noch keine Aufmerksamkeit. Im
aktuellen Bericht 2019 wird das duale Studium erstmals erwähnt. In einer Stellungnahme der
Gruppe der Beauftragten der Arbeitnehmer zum Entwurf des Berichts 2019 wird gefordert, dass
das duale Studium auf Grund der wachsenden Bedeutung, mit mittlerweile mehr als 100.000
Studierenden, zukünftig in den Berufsbildungsbericht integriert werden sollte. Es werden
arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen sowie die curriculare Verzahnung von Studien- und
Praxisphasen gefordert (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2019: 186).

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2 Das Berufsbildungssystem

2.2 Die Rolle der dualen Berufsausbildung

Die Berufsausbildung ist, wie in Abbildung 3 ersichtlich, ein wesentlicher Teil des
Sekundärbereichs II. Im Jahr 2017 hatten 42% der 516.000 angehenden Auszubildenden einen
mittleren Schulabschluss, 29% die Fachhochschul- oder Hochschulreife und 24% einen
Hauptschulabschluss. Derzeit werden in Deutschland 470 Ausbildungsberufe angeboten (vgl.
DESTATIS 2019). Die Berufsausbildung lässt sich unterteilen in die duale Ausbildung und die
vollzeitschulische Ausbildung. Duale Ausbildung bedeutet, dass zwei Lernorte, die
Berufsschule und der Betrieb, zusammenarbeiten und die Auszubildenden an beiden Lernorten
lernen. Bei der vollzeitschulischen Ausbildung besuchen die Auszubildenden nur den Lernort
Berufsschule (vgl. Hippach-Schneider u. a. 2007: 26). Laut Berufsbildungsgesetz §1 hat die
Berufsausbildung „die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich
wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten
(berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat
ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrung zu ermöglichen.“ (Bundesministerium
für Bildung und Forschung 2015: 6)
Der berufliche Abschluss befähigt den/die Auszubildende/n den erlernten Beruf als qualifizierte
Fachkraft auszuüben. Als Voraussetzung für den Start einer dualen Ausbildung muss die
Vollzeitschulpflicht erfüllt sein und ein Ausbildungsvertrag mit einem Betrieb vorliegen. Ein
Betrieb ist als Ausbildungsbetrieb geeignet, wenn dieser die nötigen Qualifikationen erfüllt und
die laut Ausbildungsordnung vorgesehenen beruflichen Handlungskompetenzen durch
geeignetes Ausbildungspersonal vermittelt werden können. Die Schüler/innen bewerben sich
noch während der Schulzeit bei einem oder mehreren Ausbildungsbetrieben und werden nach
unterschiedlichen Auswahlverfahren von einem Betrieb eingestellt. Die Kammern, IHK und
HWK, unterstützen die Betriebe die nötigen Voraussetzungen zu erfüllen. In der Berufsschule
wird, neben der betrieblichen Ausbildung, eine Grund- und Fachbildung vermittelt und die
bereits erworbene allgemeine Bildung wird vertieft (vgl. Hippach-Schneider u. a. 2007: 26–
28). Das ausbildungsintegrierende duale Studium kombiniert die duale Ausbildung mit einem
Hochschulstudium. Dabei wechseln die Lernenden zwischen einem theoretischen Studium an
einer Hochschule und praktischen Phasen im Ausbildungsbetrieb. Mit der zusätzlichen
Integration der beruflichen Schulen besuchen die Lernenden drei Lernorte (vgl. Hippach-
Schneider u. a. 2007: 34). Das ausbildungsintegrierende duale Studium wird in verschiedenen
Ausprägungen angeboten und für die Beteiligten entstehen Herausforderungen und Potentiale
bei der Umsetzung, welche im Anschluss an dieses Kapitel genauer erläutert und analysiert
werden.

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3 Das duale Hochschulsystem

3 Das duale Hochschulsystem

Wie im vorherigen Abschnitt bereits beschrieben, wird das duale Studium als separate
Studienform gesehen. Im folgenden Abschnitt wird das duale Studium definiert und der Bereich
dieser Arbeit wird eingegrenzt. Zudem werden die Entwicklung und die Geschichte des dualen
Studiums näher erläutert und die Rollen der einzelnen Stakeholder werden aus wirtschaftspä-
dagogischer Sicht analysiert.

3.1 Definition und Abgrenzung

In der Literatur gibt es kaum eine einheitliche Definition zum dualen Studium, da es durch
unterschiedliche Formen, Strukturen und Institutionen beeinflusst wird. Es finden sich in der
Literatur unterschiedliche Bezeichnungen für das duales Studium, wie z.B. Kooperative
Studiengänge, Studium im Praxisverbund oder Verbundstudium (vgl. Krone 2015b: 15). Das
Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) bezeichnet das duale Studium als „ein Studium an
einer Hochschule oder Berufsakademie mit integrierter Berufsausbildung bzw. Praxisphasen in
einem Unternehmen (…). Von klassischen Studiengängen unterscheidet es sich durch einen
höheren Praxisbezug, kennzeichnend sind außerdem die beiden Lernorte Hochschule und
Betrieb. Berufspraxis und Studium sind organisatorisch und curricular eng miteinander
verzahnt.“ (BIBB 2019) Die Definition umfasst die wichtigsten Elemente des dualen Studiums.
Diese bestehen aus der curricular verzahnten Lernortkooperation der Hochschule und des
Betriebs, sowie ggf. der berufsbildenden Schule oder der Lehrwerkstätte und dem allgemein
sehr hohen Praxisbezug.

Der Wissenschaftsrat (2013) hat in seinem Positionspapier „Empfehlungen zur Entwicklung
des dualen Studiums“ den Begriff duales Studium definiert. Das duale Studium wird dabei in
berufspraktische und akademische Elemente aufgeschlüsselt. Die beiden Elemente werden in
dieser Studienform als gleichwertig angesehen. Wesentlich ist dabei, dass die Dualität eine
Abstimmung von mindestens zwei Lernorten umfasst und dass das Studium gleichzeitig seine
Wissenschaftlichkeit beibehält. Es wird unter anderem empfohlen, dass das duale Studium von
ähnlichen praxisnahen Studienmodellen mithilfe dieser Definition klar abgegrenzt wird, wenn
sie die oben genannten Kriterien nicht erfüllen. Beispielweise kann ein Studium, das
berufsbegleitend oder ausbildungsbegleitend durchgeführt wird, durch eine alleinige zeitliche
Vereinbarung nicht als dual angesehen werden (vgl. Wissenschaftsrat 2013: 22).

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3 Das duale Hochschulsystem

In der Definition des dualen Studiums wird zwischen verschiedenen Typen unterschieden,
welche sich auf die Erstausbildung oder auf die Weiterbildung beziehen. In der Erstausbildung
wird zwischen dem Studienformat mit Berufsausbildung, das ausbildungsintegrierende duale
Studium, auf der einen Seite und dem Studienformat mit Praxisanteilen, das praxisintegrierende
duale Studium, auf der anderen Seite unterschieden. In der Weiterbildung wird zwischen dem
Studienformat mit Berufstätigkeit, das berufsintegrierende duale Studium, und dem
Studienformat mit Praxisanteilen, das praxisintegrierende duale Studium, unterschieden (vgl.
Wissenschaftsrat 2013: 23). Die studienbegleitenden Formate werden hier nicht aufgeführt, da
sie den Mindestanforderungen der Dualität nicht gerecht werden und dabei unter anderem keine
inhaltliche oder organisatorische Verzahnung der verschiedenen Lernorte besteht. In dieser
Arbeit liegt der Fokus auf dem ausbildungsintegrierenden dualen Studium in der
Erstausbildung.

                                                          Beziehung der Lernorte
          Individueller
        Bildungsabschnitt
                                               verzahnt                                  parallel

                     mit Berufs-      ausbildungsintegrierend                   ausbildungsbegleitend
    Erstausbildung

                     ausbildung              (Bachelor)                               (Bachelor)

                                         praxisintegrierend                         praxisbegleitend
                     mit Praxis-            (Bachelor)                                 (Bachelor)
                      anteilen     gestalteter Ausbildungsanteil beim          mit obligatorischen Praktika in
                                               Praxispartner                            Unternehmen

 Abbildung 4: Klassifizierung der Studienformate in der Erstausbildung; eigene Darstellung (vgl. Wissenschaftsrat 2013)

Das ausbildungsintegrierende duale Studium setzt sich aus einer Berufsausbildung und einem
Studium zusammen. Die Berufsausbildung wird mit einer staatlich anerkannten Prüfung
abgeschlossen, welche von der IHK, der HWK oder durch eine „Externen Prüfung“
abgenommen wird. Die Besonderheit des Studienformates ist, dass der Absolvent mit dem
Studium zwei Abschlüsse, einen akademischen und einen berufsbezogenen Abschluss, erwirbt
(vgl. Krone 2015b: 16). Das duale Studium wird in verschiedenen Zeitmodellen angeboten.
Dabei haben sich das Blockmodell, das Rotationsmodell, das Fernlernmodell und das
teilseparierte Blockmodell entwickelt. Das Blockmodell besteht aus Monatsblöcken, in
welchen sich gleich lange Phasen im Betrieb und an der Hochschule abwechseln. Beim
Rotationsmodell ist der/die Teilnehmer/in an unterschiedlichen Tagen innerhalb einer Woche
im Betrieb, in der Hochschule und ggf. in der Berufsschule. Das Fernlernmodell integriert nur

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3 Das duale Hochschulsystem

selten Präsenzphasen an der Hochschule und basiert hauptsächlich auf Selbststudium. Das
teilseparierte Blockmodell wird im ausbildungsintegrierenden Studium am häufigsten
angeboten. Dabei ist der Start der Berufsausbildung dem Studienstart zwischen 6 und 18
Monaten vorgelagert. Dieser Abschnitt wird in den meisten Fällen mit einer Zwischenprüfung
im Ausbildungsberuf abgeschlossen. Im Gesamten dauert das ausbildungsintegrierende
Studium sieben bis zehn Semester (vgl. Hofmann u. a. 2017: 12–13). Für die zeitliche Abfolge
und die Verzahnung der Lernorte auf inhaltlicher und organisatorischer Ebene gibt es kein
einheitliches Modell, das von den Hochschulen adaptiert wird. Viele Hochschulen bieten
individuelle Modelle an, welche mit den Unternehmen und den beruflichen Schulen
abgestimmt sind. Dennoch gibt es sog. Dachmarken als Ausnahmen, wie den Verbund
„hochschule dual“ in Bayern, in welchem die mitwirkenden Hochschulen einheitliche Modelle
anbieten. Die unterschiedlichen Typen des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums werden
in Kapitel 4 analysiert.

3.2 Entwicklung und Geschichte

Das duale Studium wurde ursprünglich von den, im Jahr 1974 gegründeten, Berufsakademien
in Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Mit dem sogenannten „Stuttgarter Modell“ haben
die Firmen Bosch, Daimler-Benz und SEL einen beruflichen Ausbildungsweg angeboten,
welcher eine Alternative zum Hochschulstudium darstellen sollte. Es wurde eine Kombination
aus Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) und praktischen
Ausbildungsphasen im Betrieb angeboten. Diese Phasen haben sich in einem sechsmonatigen
Rhythmus abgewechselt. Die ersten Ausbildungsbereiche waren in den Fachrichtungen
Wirtschaft und Technik angesiedelt. Anschließend wurde das Modell auf das Sozialwesen
erweitert. Im Laufe der nächsten 15 Jahre hat sich das Modell der Berufsakademien in Baden-
Württemberg ausgebreitet (vgl. Wissenschaftsrat 1994: 6). Das Ziel der Berufsakademie war
es, das System der dualen Berufsausbildung auf den tertiären Bereich zu übertragen und somit
ein praxisnahes Studium zu ermöglichen (vgl. Wissenschaftsrat 1994: 13). Die
Berufsakademien wurden von der Kultusministerkonferenz (KMK) als „(…) Einrichtungen des
tertiären Bildungsbereichs außerhalb der Hochschule (.)“ bezeichnet, deren Ausbildung „(…)
Abiturienten/innen in Stufen zu einem wissenschaftlichen und berufsqualifizierenden
Abschluss [führt], der mit einem Hochschulabschluss vergleichbar ist.“ (Konferenz der
Kultusminister 1975: 4) Dennoch hatte die Berufsakademie einen schweren Stand, da der
Abschluss zwar dem der Fachhochschule gleichgestellt wurde, aber nicht als derselbe

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3 Das duale Hochschulsystem

Abschluss anerkannt wurde (vgl. Wissenschaftsrat 1994: 42). Mit der Bologna Reform konnte
die Berufsakademie seit dem Jahr 2000 Bachelor Abschlüsse vergeben. Seit 2004 werden die
Abschlüsse der Berufsakademie den Abschlüssen der Hochschule gleichgesetzt und den
Absolventen ist es möglich im Anschluss ein Masterstudium an der Universität zu besuchen.
Erst seit der Überführung der Berufsakademien in die Duale Hochschule Baden-Württemberg
(DHBW), welche staatlich gefördert wird, wird der Abschluss akademisch anerkannt (vgl.
Waltzek-Schmidtko 2014).

Acht Jahre nach Gründung der Berufsakademie ist der erste ausbildungsintegrierende duale
Studiengang an einer Fachhochschule entstanden. Das „Krefelder Modell“ der Fachhochschule
Niederrhein ist als „Kooperative Ingenieursausbildung“ in den Fachrichtungen Maschinenbau,
Verfahrenstechnik   und    Chemie    bekannt   geworden.    Die   Nachfrage     nach   dualen
Studienangeboten war sehr hoch, weshalb zunehmend Fachhochschulen das duale Studium in
ihr Programm aufnahmen. Dennoch war das Angebot anfangs auf Studiengänge in den
Bereichen Wirtschaft und Technik beschränkt (vgl. Wissenschaftsrat 1994: 50).

Aktuell hat sich die Zahl der dualen Studiengänge von 500 im Jahr 2004 auf 1.592 im Jahr 2016
mehr als verdreifacht (s. Tabelle 1). Das Angebot an Studiengängen wächst zunehmend und
immer mehr unterschiedliche Studienfächer werden im dualen Format angeboten. Dennoch
bilden die Fachrichtungen Ingenieurwesen mit 38% und Wirtschaftswissenschaften mit 34%
die Spitze. Dahinter liegt mit 12% die Fachrichtung Informatik, gefolgt von Sozialwesen,
Erziehung, Gesundheit und Pflege mit 11%. Die restlichen 5 % fallen auf sonstige
Studienfächer. Für das Jahr 2016 lassen sich 565 Studiengänge dem ausbildungsintegrierenden
Studienformat und 805 Studiengänge dem praxisintegrierenden Format zuordnen. Die
restlichen 222 Studiengänge werden als Mischform ausgewiesen, da sie sich weder dem
ausbildungsintegrierenden noch dem praxisintegrierenden Format zuordnen lassen. Seit 2011
hat sich die Zahl der praxisintegrierenden Studiengänge von 395 auf 805 mehr als verdoppelt.
Die ausbildungsintegrierenden Studiengänge sind von 447 auf 565 hingegen nur leicht
angestiegen. Die ausbildungsintegrierenden Studiengänge werden am häufigsten mit den
Lehrberufen Industriemechaniker/in, Mechatroniker/in, Fachinformatiker/in, Industriekauf-
mann/-frau und Elektroniker/in kombiniert. Danach folgen weitere kaufmännische Lehrberufe
wie Kaufmann/-frau für Büromanagement, Bankkaufmann/-frau und Kaufmann/-frau im Groß-
und Außenhandel (vgl. Hofmann u. a. 2017: 11–16). Die Zahl der kooperierenden
Unternehmen ist von 18.168 auf 47.458 angestiegen und die Zahl der Studierenden hat sich von
40.982 auf 100.739 mehr als verdoppelt.

                                                                                            15
3 Das duale Hochschulsystem

Diese Zahlen zeigen, dass die Nachfrage nach dem dualen Studium von Unternehmensseite und
Studierendenseite sehr hoch ist. Die Zahlen in Tabelle 1 beziehen sich ab 2011 nur noch auf
duale Studiengänge in der Erstausbildung. Zudem könnten die Zahlen tatsächlich noch höher
ausfallen, da die Datenerfassung der Datenbank „AusbildungPlus“ auf Freiwilligkeit der
Selbstauskunft der Hochschulen basiert und somit nicht alle Daten erfasst sind (vgl. Hofmann
u. a. 2017: 8–9).

                        Anzahl dualer
    Jahr                                              Kooperationsunternehmen                    Studierende
                        Studiengänge
    2004                       512                                  18.168                            40.982
    2005                       545                                  18.911                            42.467
    2006                       608                                  22.003                            43.536
    2007                       666                                  24.246                            43.220
    2008                       687                                  24.572                            43.991
    2009                       712                                  26.121                            48.796
    2010                       776                                  27.900                            50.764
    2011                       879                                  40.555                            59.628
    2012                       910                                  45.630                            64.093
    2013                      1.014                                 39.622                            64.358
    2014                      1.505                                 41.466                            94.723
    2015                      1.553                                 42.951                            95.240
    2016                      1.592                                 47.458                           100.739

Tabelle 1: Entwicklung von Kooperationsunternehmen und Studierendenzahlen in dualen Studiengängen von 2004 bis 2016
(Hofmann u. a. 2017:9)

Duale Studiengänge werden zum größten Teil von staatlichen Institutionen angeboten. Die
Fachhochschulen bieten mit 1.100 Studiengängen das größte Angebot an. Danach folgt die
Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) mit 211 Studiengängen. Trotz der geringen
Anzahl der Studiengänge an der DHBW im Vergleich zur Fachhochschule, studieren ein Drittel
aller dual Studierenden in Deutschland an der DHBW (s. Tabelle 2) (vgl. Hofmann u. a. 2017:
17).

    Duale       Fach-                                   Berufs-
                                         DHBW                   Universität                Sonstige        Gesamt
 Studiengänge hochschule                               akademie
    Staatlich            28.780           33.326          7.411             1.182            1.823         72.522
     Privat              18.535                           6.373             2.279            1.030         28.217
Tabelle 2: Verteilung der Studierenden in der Erstausbildung nach Anbieter und Organisationsform 2016 (Hofmann u. a.
2017:17)

In den letzten Jahren haben sich in mehreren Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg,
Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen) Dachverbände für das duale Studium
entwickelt. Da sich diese Arbeit im Folgenden auf die Angebote in Bayern und Baden-

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3 Das duale Hochschulsystem

Württemberg fokussiert, werden die anderen Bundesländer nicht näher beleuchtet. Es werden
speziell die Entwicklungen dieser beiden Bundesländer analysiert, da sie eine große Variation
an dualen Studienformaten, die für den ersten Vergleich relevant sind, anbieten und eine
räumliche Nähe zu Österreich, für den zweiten Vergleich, darstellen. Der Freistaat Bayern
bietet seit 2014 die meisten dualen Studiengänge an und steht mit 321 Angeboten (2016)
bundesweit an erster Stelle. Baden-Württemberg folgt mit 275 Angeboten nach Nordrhein-
Westfahlen (311). Obwohl Bayern die meisten Studienangebote bietet, gibt es in Baden-
Württemberg mit 36.529 Studierenden mehr Teilnehmer/innen am dualen Studium.
In Bayern absolvieren 6.475 Studierende ein duales Studium. 2006 wurde die Dachmarke
„hochschule dual“ gegründet. Die mitwirkenden Hochschulen haben gemeinsam u.a.
Qualitätsstandards entwickelt, die Studiengangdauer geregelt und den Praxisumfang für die
praxisintegrierenden Studiengänge festgelegt. Aktuell bieten in Bayern 17 staatliche
Hochschulen, zwei kirchliche Hochschulen und die Hochschule Ulm duale Studiengänge an.
Dabei überwiegt die Nachfrage nach dem ausbildungsintegrierenden Format im Vergleich zum
praxisintegrierenden dualen Studium. In Baden-Württemberg wurde im Jahr 2009 die DHBW
gegründet, welche die ehemaligen Berufsakademien unter einem Dach vereint. Aktuell werden
an 12 Standorten und drei Campus ca. 20 duale Studiengänge in den Bereichen Wirtschaft,
Technik und Sozialwesen angeboten. Dabei überwiegt das praxisintegrierende Format stark
(vgl. Hofmann u. a. 2017: 19–22).

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3 Das duale Hochschulsystem

3.3 Stakeholder

Es gibt verschiedene Stakeholder, die am Modell des dualen Studiums beteiligt sind. Als
Stakeholder werden in diesem Zusammenhang Personen oder Gruppen bezeichnet, die das
duale Studium anbieten, koordinieren, durchführen oder nachfragen. Die wichtigsten
Stakeholder sind die Hochschulen, die Unternehmen, die beruflichen Schulen, die Studierenden
und Kammern sowie Gremien. In den folgenden Kapiteln werden die Stakeholder und ihre
Aufgaben beschrieben und analysiert.

3.3.1 Hochschule

„Der Wissenschaftsrat regt die Hochschulen und mögliche Kooperationspartner aus
verschiedenen Praxisbereichen dazu an, das Potential dieses Studienformats für neue Fächer
und Berufe zu erkennen sowie für einige bereits angebotene Fächer stärker auszuschöpfen.“
(Wissenschaftsrat 2013: 36)

Die große Nachfrage nach dem dualen Studium zeigt, dass alle Hochschultypen duale
Studiengänge anbieten könnten. Die Hochschulen profitieren von den Unternehmenskontakten
des dualen Studiums im Bereich der Forschung, aber auch von einem Studierendenklientel mit
hohen Studienerfolgsquoten (vgl. Wissenschaftsrat 2013: 40). Im Jahr 2016 wurden von den
deutschen Hochschulen 565 Studiengänge im ausbildungsintegrierenden Format, 805
Studiengänge im praxisintegrierenden Format und 222 Studiengänge als Mischformen
angeboten. Somit werden in Deutschland insgesamt 1.592 duale Studiengänge angeboten,
wovon 275 in Baden-Württemberg und 321 in Bayern sind (vgl. Hofmann u. a. 2017: 11). Wie
bereits erwähnt, werden die meisten Studiengänge im Fachbereich Ingenieurwissenschaften
und Wirtschaftswissenschaften angeboten. Die Studiengänge werden am häufigsten mit den
Ausbildungsberufen Industriemechaniker/in (129) und Mechatroniker/in (116) kombiniert. Im
Anschluss folgen die Berufe Fachinformatiker/in (89), Industriekaufmann/frau (86),
Kaufmann/frau für Büromanagement (64) und Bankkaufmann/frau (53) (vgl. Hofmann u. a.
2017: 16). Durch die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten von Studiengängen und
Ausbildungsberufen entsteht ein sehr großes Angebot für die Studierenden. Dies erhöht den
Zulauf an Studierenden zu Hochschulen. Wenn eine Hochschule einen dualen Studiengang
anbieten möchte, müssen verschiedene Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Die
Regelstudienzeit   sollte   acht   Semester   nicht   überschreiten,     mit    Ausnahme      bei
ausbildungsintegrierenden Studiengängen, die auf Grund eigener Verpflichtungen, wie bspw.

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