Amyloplasten in Pollen von Betula pubescens - Pollen-Wiki
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Mikroskopie, Jahrgang 8, Nr. 1/2021, S. 20–23 Originalarbeit Original paper T. Stebler Amyloplasten in Pollen von Betula pubescens Schlüsselwörter Amyloplasten in Pollen von Betula pu- Einleitung Pollen – Granula – bescens Amyloplasten – Stärke In Pollen von Betula pubescens (Moor- – Birkenpollen – Betula Anfangs April 2020 war in Basel die Birke) wurden große Ansammlungen von Blütezeit der Birken in vollem Gange. Ich pubescens – Allergie – Granulen beobachtet. Diese Granulen lie- Heuschnupfen – Bet V1 hatte darum die Pollen von Betula pube- ßen sich mit wässriger Kaliumjodid-Lösung dunkelbraun bis schwarz anfärben. Es han- scens (Moor-Birke, Betulaceae, Abb. 1) für Key words Pollen – granula – delte sich dabei also um Stärkekörnchen, so- das Pollen-Wiki [1] gesammelt und für die amyloplasts – starch genannte Amyloplasten. Diese waren etwa 3 weitere mikroskopische Untersuchung auf- – birch pollen – Betula (1,7 – 4,4) µm groß. Die Pollen selbst hat- bereitet. pubescens – allergies – ten einen äquatorialen Durchmesser von Bet V1 27 (21,7 – 32,2) µm. Die Pollen mit vielen Die Pollen der Birken (Abb. 2) zeigen im Amyloplasten waren etwa 29 (24,4 – 34,6) Lichtmikroskop ein sehr charakteristisches µm groß. Birken wirken bei Allergikern Aussehen und definieren gemäss der Klassi- stark allergen. Das Hautpallergen Bet V 1 fizierung nach Beug [2], eine eigene Pollen- ist hauptsächlich an die Stärkekörnchen ge- klasse „Betula“. Die Pollen sind je nach Art bunden. Im Cytosol oder in der Pollenwand etwa zwischen 20 – 33 µm groß, sind sphäro- kommt es nur wenig vor. Offen ist, ob Pollen mit vielen Amyloplasten auch mehr Allerge- id, besitzen drei Poren (triporat) und zeigen ne enthalten und ob die granulären Birken- im Lichtmikroskop kaum Skulpturen auf der pollen damit für Allergiker potentiell lästiger Pollenwand: Sie sind also meist psilat bis sind als Pollen ohne bzw. mit wenig Granula sehr fein scabrat [1, 2]. Typisch für Betula ist auch das Vorhandensein eines sogenann- Amyloblasts in pollen from Betula ten Vestibulums hinter den Poren. Dabei löst pubescens sich dort die innere Pollenwand von der äu- Large accumulations of granules have ßeren und bildet so eine Art kleinen Vorhof been observed in pollen from Betula pube- (Abb. 3, Pfeil). scens. The granules could be stained dark brown to black with aqueous potassium io- dine solution which confirms that these gra- nules are made out of starch (amyloplasts). They were approximately 3 (1.7 – 4.4) µm in size. The pollen itself had an equatorial dia- meter of 27 (21.7 – 32.2) µm. Those pollen with many amyloplasts were about 29 (24.4 – 34.6) µm in size. Birch trees are highly al- lergenic for hay fever patients. The top al- lergic protein, Bet V 1, is mainly bound to the starch granules. There are only small amounts in the cytosol or pollen wall. It is open whether pollen with many amyloplasts also contain more allergens and whether the granular birch pollen is potentially more © 2021 troublesome for allergy sufferers than pollen Hachinger Verlag without or with low amounts of granules. ISSN 2197-4543 (print) Abb. 1. Betula pubescens (Moor-Birke) [1]. ISSN 2197-4551 (online) DOI 10.5414/MKX00266
Amyloplasten in Pollen von Betula pubescens 21 Abb. 2. Pollen von Betula pubescens im Lichtmikroskop [1]. und etwas vom verbleibenden Pollenpul- ver mit einer stecknadelkopfgrossen Menge fuchsingefärbter Glycerin-Gelatine (0,007%) nach Kaiser betupft. Diese Glyceringelatine wurde dann auf einen Objektträger über- führt und auf einem USB-Tassenwärmer geschmolzen, mit einem Deckglas versehen und mit der Deckglasseite nach unten bis zum Erkalten gelagert. Bei weiteren Präpa- raten wurde der Pollen zum Nachweis von Stärke zuerst mit einer Lanzette mit wenig Abb. 3. Pollen von Betula species: Vestibulum wässriger Kaliumjodid-Lösung [4] betupft (siehe Pfeil). Aus [12]. und dann entweder in der Fuchsin-Glycerin- Gelatine oder in einer nicht gefärbten Glyce- rin-Gelatine eingeschlossen. Bei der Durchsicht der Präparate sind mir Die so verarbeiteten Pollen wurden neben den üblichen „Betula“-Pollen sofort mit einem Lichtmikroskop „Weso BM Pro auch die optisch leicht größer wirkenden 1100“, Vergrößerung 400x (Okular WF 10x; und sehr granulären Birkenpollen aufgefal- Objektiv SP 40/0.65) und 600x (Okular WF len (Abb. 4). Gemäss einem Hinweis von 10x; Objektiv SP 60/0.85) untersucht, mit ei- Frau Professor Dr. Weber (Universität Wien) ner „Moticam 1000“ fotografiert und mit der könnte es sich bei diesen Granulen um Amy- Software „Motic Images V 2.0“ [5] vermes- loplasten bzw. stärkehaltige Plastiden han- sen. Allen berechneten Daten liegen min- deln. Die Amyloplasten sind Reservespeicher destens 25 Einzelmessungen verschiedener und oft in sehr reifen Pollen zu beobachten, Pollenkörner zu Grunde. Für die Größenbe- die kurz vor dem Auskeimen stehen. Diese stimmung der Amyloplasten wurden 50 der Energiereserve wird unter anderem auch für mit wässriger Kaliumjodid-Lösung gefärb- die Entwicklung und Ausbildung des Pollen- ten Stärkekörnchen aus verschiedenen, gro- schlauchs bei der Keimung benötigt [3]. Ich ßen Pollenkörnern vermessen. wollte nun diesem Phänomen der granulären Pollen etwas näher auf den Grund gehen. Ergebnissee und Diskussion Methoden Bei der Durchsicht der Präparate fal- len die vielen stark granulären Pollen auf Mehrere männliche Blütenstände der (Abb. 4). Die Granulen selbst erscheinen im Moor-Birke wurde in einem kleinen Film- Mikroskop in den Präparaten ohne Färbung döschen gesammelt und anschliessend im mit wässriger Kaliumjodid-Lösung als klei- verschlossen Döschen kräftig geschüttelt. ne Bläschen. Die gefärbten Granulen wirken Danach wurden die Blütenkätzchen entfernt eher kantig und leicht netzartig.
Stebler 22 Stärkekörnchen. Bei den großen, ausgeprägt granulären Pollen liegt die Größe der einzel- nen eingefärbten Stärkekörnchen bei etwa 3 (1,7 – 4,4) µm. In der Literatur wird die Größe der Amyloplasten generell mit etwa 2 µm angegeben [6]. Bei Reispollen fand man Amyloplasten in der Größe von 3 – 8 µm [7]. Es war mir nicht möglich, die Ge- samtzahl der Amyloplasten pro Pollenkorn zu schätzen, da meist nur eine Art großes, dunkles, schlecht ausdifferenziertes, dreidi- mensionales Geflecht in den Pollen sichtbar ist. Gemäß Literatur wurden in Gräserpollen bis über 800 Amyloplasten pro Pollenkorn gezählt [8]. Generell nimmt die Menge und die Größe der Stärkekörnchen meist mit der Größe bzw. der Reife des Pollenkorns zu. Bei der Pollengrösse gibt es kleine Un- Abb. 4. Grosse, stark granuläre Pollen von Be- terschiede. Berücksichtigt man bei der Mes- tula pubescens. Eingebettet in Fuchsin-Glycerin- sung alle Pollen unbesehen, ob Granulen Gelatine [1]. vorhanden sind oder nicht, dann liegt der äquatoriale Durchmesser bei etwa 27 (21,7 – 32,2) µm. Misst man nur die Pollen mit vie- len und großen Amyloplasten (also die reife- ren Pollen), dann liegt der Durchmesser etwa bei 29 (24,4 – 34,6) µm; also etwa 7% größer als der Gesamtdurchschnitt. Das heisst, dass Pollen mit vielen und großen Amyloplasten leicht größer sind. In der gleichen Periode wurde auch noch der Pollen einer Roten Chinabirke (Betula al- bosinensis) und einer Schwarzbirke (Betula nigra) gesammelt. Die Rote Chinabirke zeig- te ebenfalls Pollen mit vielen und grossen Granulen. Hier war optisch kein Unterschied zwischen der durchschnittlichen Pollengrös- se mit und ohne bzw. wenig Granula vorhan- den. Die Pollen sind ca. 32 (27,8 – 36,2) μm groß. Die Größe der mit Kaliumjodid-Lö- sung gefärbten Amyloplasten liegt bei etwa 3 (2,0 – 4,4) μm. Die Schwarzbirke hingegen Abb. 5. Pollen von Betula pubescens mit hat etwas kleinere Pollen (24; 22,0 – 27,3 sichtbaren Amyloplasten. Angefärbt mit wässriger Kaliumjodid-Lösung und eingebettet in fuchsinge- μm) und diese besitzen nur sehr feine oder färbter Glycerin-Gelatine (1. Reihe) und in unge- gar keine Granulen. Ob diese Unterschiede färbter Glycerin-Gelatine (2. und 3. Reihe) [1]. durch ein unterschiedliches Reifestadium der Pollen bedingt sind oder ob einige Birken- arten generell mehr Amyloplasten enthalten, kann zur Zeit nicht beurteilt werden. Die Granulen färbten sich mit der wäss- Neben den Birken wurde auch beim rigen Kaliumjodid-Lösung dunkelbraun bis Hartriegel (Cornus, Cornaceae) großgranu- schwarz und bestätigen die Vermutung, dass lärer Pollen gefunden. Die Grösse der mit es sich dabei um Stärkekörnchen handelt Kaliumjodid-Lösung angefärbten Amylo- (Abb. 5). In den kleineren Birkenpollen fin- plasten lag beim Rundblättrigen Hartriegel det man meist nur wenige bzw. sehr kleine (Cornus rugosa) bei etwa 4 (1,9 – 5,1) μm.
Amyloplasten in Pollen von Betula pubescens 23 Birkenpollen sind starke Allergene und [5] Moticam. Software Motic Images V 2.0, http:// www.motic.com (2020). neben dem Hasel und den Gräsern bei All- [6] Starch: Basic science to biotechnology, physi- ergikern gefürchtet. Es ist nun interessant zu cochemical structure of the starch granule. In: wissen, dass das Hauptallergen von Betula Advances in food and nutrition research. Vol 41. pendula (Protein Bet V 1) und auch von Loli- London: Academic Press; 1998. p. 13-32. [7] Matsushima R, Hisano H. Imaging amyloplasts um perenne (Englisches Raygras, Protein Lol in the developing endosperm of barley and rice. p 5) zur Hauptsache in den Amyloplasten, Sci Rep. 2019; 9: 3745, https://doi.org/10.1038/ gebunden an die Stärkekörnchen, zu finden s41598-019-40424-w. [8] Pacini E. et al. Development of plastids in pol- ist. Nur wenig Allergenmaterial findet man len and tapetum of rye-grass. Lolium perenne. im Cytosol und in der Pollenwand [3, 9]. Ge- Annals of Botany. 1992; 70: 179-188. https://doi. mäss Biedermann und Mitarbeitern [10] ent- org/10.1093/oxfordjournals.aob.a088455. halten alle Pollen der Birken- und Buchenge- [9] Gamal El-Ghazaly et al. Localization of the Major Allergen Bet V 1 in Betula pollen using monoclo- wächse (wie Hasel, Erle etc.) dieses Allergen nal antibody labelling. Grana. 1996; 35: 369-374, Bet V 1 und man darf annehmen, dass auch https://doi.org/10.1080/00173139609429095. die räumliche Allergenverteilung im Pollen- [10] Biedermann T et al. Birch pollen allergy in Eu- rope. Allergy. 2019; 74: 1237-1248. https://doi. korn bei diesen Familien ähnlich ist. org/10.1111/all.13758. Für das Gras Lolium perenne konnte ge- [11] Taketomi EA et al. Pollen allergic disease: pollens zeigt werden, dass das Auftreten von allergi- and its major allergens, Rev. Bras. Otorrinolarin- schem Asthma mit dem Vorhandensein von gol. 2006; 72: 562-567. https://doi.org/10.1590/ S0034-72992006000400020. kleinsten Stärkekörnchen aus Graspollen in [12] Halbritter H et al. Illustrated pollen terminology, der Umgebungsluft korreliert [3, 11]. Aber 2nd ed. Basel: Springer Nature, Switzerland; 2018. Graspollen sind (im Gegensatz zu den Bir- p. 220. Ausschnitt und Messbalken wurden verän- dert. https://doi.org/10.1007/978-3-319-71365-6 kenpollen) meist gross und platzen leicht. Open Access CC BY 4.0 https://creativecom- Es stellt sich nun die Frage, ob Pollen mit mons.org/licenses/by/4.0/ vielen Amyloplasten/Granulen auch mehr Allergene enthalten und ob die granulären Dr. Thomas Stebler Birken-Pollen für Allergiker potentiell lästi- Bergalingerstrasse 12 4058 Basel ger sind als Pollen ohne bzw. mit wenig Gra- Schweiz nula. Für die Birkengewächse fehlt meines mail@tstebler.ch Wissens zur Zeit noch der Nachweis dieses möglichen Zusammenhanges. Danksagung Vielen Dank an André und Vreni Lüdi für das Sammeln der Pollen und das Fotografie- ren der Pflanzen. Literatur [1] Stebler Th. Betula pubescens, Pollen-Wiki, https://pollen.tstebler.ch/MediaWiki/index. php?title=Betula_pubescens (06.04.2020). [2] Beug HJ. Leitfaden der Pollenbestimmung für Mitteleuropa und angrenzende Gebiete. München: Verlag Dr. Friedrich Pfeil; 2004. p. 433 ff. [3] Clément C, Pacini E. Anther plastids in angio- sperms. Botanical Review. 2001; 67: 54-73. https://www.jstor.org/stable/4354384. [4] Kremer BP. Das grosse Kosmos-Buch der Mik- roskopie. Stuttgart: Franckh-Kosmos; 2002. p. 271.
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