Angebotsskizze Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau

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Angebotsskizze Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau
Angebotsskizze
Niederwasserprognose für die Schifffahrt
auf der österreichischen Donau

        Fraunhofer Institut
        Intelligente Analyse- und Informationssysteme
        Abteilung KD

        Schloss Birlinghoven
        53754 Sankt Augustin

        Kontakt:
        Dr. Hans-Ulrich Kobialka   Telefon   (02241) 14 2446
                                   E-Mail    hans-ulrich.kobialka@iais.fraunhofer.de

       Sankt Augustin, 18. März 2020
Angebotsskizze Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau
Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau

1         Überblick
                         In dieser Angebotsskizze gibt einen ersten Überblick über das Fraunhofer-
                         Institut IAIS, bisherige Projekte zum Erstellen von Prognosen auf der Basis von
                         Zeitreihen, und einen initialen Ansatz für die Realisierung einer Niederwasser-
                         prognose. Diese Ausführungen basieren auf dem Kenntnisstand der Ausschrei-
                         bung und wären in Absprache mit dem Auftragsgeber weiter zu konkretisieren.

2         Referenz und Unternehmensstruktur

2.1       Kurzbeschreibung des Unternehmens

                         Das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS
                         mit Sitz in Sankt Augustin bei Bonn ist eines der führenden Wissenschaftsinsti-
                         tute auf den Gebieten Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Big Data
                         in Deutschland und Europa. Mit seinen rund 300 Mitarbeitenden unterstützt
                         das Institut Unternehmen bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen,
                         Prozessen und Strukturen sowie bei der Entwicklung neuer digitaler Geschäfts-
                         modelle. Damit gestaltet das Fraunhofer IAIS die digitale Transformation unse-
                         rer Arbeits- und Lebenswelt.

                         Seit 2014 koordiniert das Fraunhofer IAIS als geschäftsführendes Institut die
                         Fraunhofer-Allianz Big Data und Künstliche Intelligenz, welche die branchen-
                         übergreifende Expertise von über 30 Fraunhofer-Instituten in Big Data und
                         Künstlicher Intelligenz bündelt. Es ist ferner ein wichtiger Treiber der Initiative
                         zum International Data Space mit dem Ziel, einen sicheren Datenraum zu schaf-
                         fen, der Unternehmen verschiedener Branchen und aller Größen die souveräne
                         Bewirtschaftung ihrer Datengüter ermöglicht. An der Initiative beteiligen sich
                         inzwischen rund 100 Unternehmen und Organisationen. Weiterhin leitet das
                         Fraunhofer IAIS die Geschäftsstelle der Kompetenzplattform KI.NRW, ist ge-
                         meinsam mit der TU Dortmund führender Partner im Kompetenzzentrum Ma-
                         schinelles Lernen Rhein-Ruhr (ML2R) – einem von vier bundesweiten Knoten-
                         punkten für Spitzenforschung und Transfer im Maschinellen Lernen, und hat
                         eine tragende Rolle innerhalb der EU-Initiative »A European AI On-Demand
                         Platform and Ecosystem« (AI4EU) inne.

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Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau

2.2       Referenzprojekte mit Schwerpunkt auf längerfristigen Prognosen

                         Die Prognose des zukünftigen Verhaltens von Prozessen, der Qualität der durch
                         sie erstellten Produkte, und die Wahrscheinlichkeit von Produktionsstörungen
                         (Predictive Maintenance) wird und wurde in zahlreichen Projekten am Fraun-
                         hofer IAIS behandelt. Diese Projekte sind/waren meist im industriellen Sektor
                         angesiedelt. Technisch geht es darum, aus den Zeitreihen der Einflussgrößen
                         auf das zukünftige Verhalten eines Prozesses zu schließen.

                         Fraunhofer IAIS setzt für die Erstellung der Prognose-Modelle Rekurrente Neu-
                         ronale Netze (RNNs) ein, insbesondere a) die vom IAIS patentierte „Echo State
                         Networks“-Technologie, wie auch b) tiefe Neuronale Netze (Deep Neural Net-
                         works).

                         Prognose der in das Stromnetz eingespeisten Windleistung
                         Im Auftrag des Übertragungsnetzbetreibers
                         Amprion erstellt das Fraunhofer IAIS Winder-
                         tragsprognose-Modelle mit einem Prognoseho-
                         rizont für die nächsten 8 Stunden. Prognostiziert
                         werden die Windleistung a) für Deutschland
                         sowie für die 4 deutschen Regelzonen (Ampri-
                         on, Tennet, 50herz und Transnet BW), und b)
                         für 120 Netzknoten in der Regelzone Amprion.
                         Prognosen über die in das Stromnetz eingespeis-
                         te Windleistung sind von großer Wichtigkeit
                         sowohl für die Gewährleistung der Netz- und
                         Systemsicherheit des Stromnetzes wie auch für
                         die Integration Erneuerbarer Energien.

                         Die Windertragsprognosen werden basierend auf Messdaten viertelstündlich
                         aktualisiert. Die Prognose-Modelle werden bei Amprion in deren Netzleitsystem
                         berechnet und durch das Fraunhofer IAIS periodisch auf Basis neuer Daten trai-
                         niert, d.h. aktualisiert. Die Zusammenarbeit mit Amprion besteht seit 2011.

                         Operationelle Wasserstandsvorhersage am Rhein
                         Im Auftrag des Bundesamtes für Gewässerkunde (BfG) erstellt das Fraunhofer
                         IAIS Modelle für die Simulation und Prognose von Wasserständen am Rhein und
                         an seinen Nebenflüssen. Die Zusammenarbeit mit dem BfG besteht seit 2012
                         und betraf in der Vergangenheit auch einige Pegel an der Donau.

                         Die Prognose von Wasserständen erfolgt für die nächsten 10 Tage mit einer
                         stündlichen Auflösung. Sie wird jeweils morgens um 6 Uhr bei Eintreffen der
                         Wetterprognosen berechnet. Zurzeit wird die Zahl der zu prognostizierenden
                         Pegel auf insgesamt 13 ausgebaut. Wie auch bei der Windertragsprognose
                         werden die Modelle für die Wasserstandsvorhersage periodisch auf Basis neuer
                         Daten trainiert.

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Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau

2.3       Operationeller Betrieb von 24/7 online Systemen

                         Das Fraunhofer IAIS betreibt für einige Kunden 24/7 online Systeme. Als Beispiel
                         sei hier das System SPR+ MobNat genannt, mit dem online für die Schweiz ge-
                         ografisch maßgeschneiderte Plakat-Kampagnen geplant werden können.
                         Fraunhofer IAIS hat im Auftrag von SPR+ den Technologiekern dieses Systems
                         entwickelt und hostet die Server für diese Applikation. Die Zusammenarbeit mit
                         SPR+ besteht seit dem Jahre 2006.

                         Die meisten 24/7-Systemen, an denen Fraunhofer IAIS mitwirkt, werden von
                         den jeweiligen Kunden betrieben (zum Beispiel bei den oben genannten Koope-
                         rationen mit Amprion und dem BfG). Fraunhofer IAIS liefert hier den Technolo-
                         giekern (z.B. trainierte Modelle und die Software, um diese zu betreiben) und
                         den Support. Oft von Auftraggebern genannte Gründe für die Präferenz dieses
                         Modells sind a) der Aufwand für den Online-Export von Kundendaten an das
                         Fraunhofer IAIS, und b) der Umstand, dass vom Kunden bei Dritten eingekaufte
                         Daten (z.B. Wetterprognosen) nicht an das Fraunhofer IAIS weitergegeben wer-
                         den können.

2.4       Erfahrungen in der Kundenbetreuung

                         Die adäquate Umsetzung von Kunden-Anforderungen und Fachwissen in an-
                         gemessene technische Lösungen ist entscheidend für den Erfolg eines Projektes
                         und die vielleicht wichtigste Kompetenz des Fraunhofer IAIS.

                         Im Dialog mit dem Kunden stellt sich oft heraus, dass die initiale Leistungsbe-
                         schreibung den Bedarf des Kunden nicht zufriedenstellend abdeckt. Beispiels-
                         weise mag statt eines Prognosewertes, der im Mittel den kleinsten Fehler auf-
                         weist, besser eine Worst-Case-Schätzung gewünscht sein, oder eine Wahr-
                         scheinlichkeitsverteilung, die auch die Unsicherheit der aktuellen Prognose wi-
                         derspiegelt. Oder die Anforderung an die Prognose-Genauigkeit mag in ver-
                         schiedenen Teilen des Wertebereiches unterschiedlich sein; beispielsweise kann
                         eine Abweichung von 20 cm für eine Niedrigwasser-Situation kritischer sein als
                         für eine Normalwasser-Situation. Dies kann man durch Anpassung der Fehler-
                         funktion bei dem Trainieren von Neuronalen Netzen berücksichtigen.

                         Fachliches Wissen eines Kunden kann die Lösung einer Aufgabe vereinfachen
                         (z.B. die Zerlegung in Teil-Aufgaben) und den Suchraum für technische Parame-
                         ter reduzieren. Auch stellt sich oft im Dialog mit dem Kunden heraus, dass es
                         sinnvoll ist weitere Daten einzubeziehen bzw. bekannte Daten anders aufzube-
                         reiten.

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Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau

3         Niederwasserprognose

3.1       Mögliche Ausgestaltung der Zielsetzung

                         Variante A
                         Die Prognose liefert für jeden zu prognostizierenden Zeitschritt einen Wasser-
                         stands-Wert.

                         Variante B
                         Die Prognose liefert für jeden zu prognostizierenden Zeitschritt einen Wasser-
                         stands-Wert (Variante A). Zusätzlich wird für jeden Zeitschritt eine Wahrschein-
                         lichkeitsverteilung erstellt, d.h. für festgelegte Intervalle von Pegelständen wird
                         ermittelt, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Pegel zu diesem Zeitpunkt in die-
                         sem Intervall liegen wird, ähnlich wie in Abbildung 1.

                         Abbildung 1: Wahrscheinlichkeitsverteilungen von prognostizierten Pegelstän-
                         den (Quelle BfG).

3.2       Methodik/Lösungsansatz/Datenaufbereitung

                         Basierend auf in der Vergangenheit aufgezeichneten Messdaten (Trainingsdaten
                         = Menge von Zeitreihen) werden Rekurrente Neuronale Netze (RNNs) trainiert.
                         Ein RNN kann die in den Trainingsdaten dokumentierten nicht-linearen tempo-
                         ralen Wirkzusammenhänge zwischen Einflussparametern und zu prognostizie-
                         renden Werten lernen. Ein trainiertes RNN erstellt seine Prognosen auf der Basis
                         der Zeitreihen der aktuell vorliegenden Messwerte.

                         Um die Genauigkeit in der Niedrigwasserprognose zu erhöhen, wird pro Pegel
                         ein Prognose-Modell (RNN) speziell zur Minimierung des Prognosefehlers in
                         Niedrigwasser-Situationen trainiert. Ein weiteres Prognose-Modell (RNN) wird

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Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau

                         für die Prognose von Normal- und Hochwasser-Situationen trainiert. Zur Lauf-
                         zeit werden die Prognosen dieser beiden Modelle dann situationsabhängig zu
                         einer Prognose fusioniert.

                         Vor einem Training müssen die von dem Auftraggeber zur Verfügung gestellten
                         Trainingsdaten untersucht werden. Dies beinhaltet die Suche nach unplausiblen
                         Werten (sog. „Ausreißer“) und Situationen, in denen sich das zu prognostizie-
                         rende System anders als sonst verhält. Diese Untersuchungen (inkl. fachlicher
                         Rücksprachen mit den Auftraggebern) finden verstärkt zu Beginn des Projektes
                         statt, aber auch später während der gesamten Projektlaufzeit. Dies ist meist mit
                         signifikanten Zeit-Aufwänden verbunden.

                         Es empfiehlt sich auch in Rücksprachen mit dem Auftraggeber wichtige, aber in
                         den Trainingsdaten nur selten vorkommende Situationen (z.B. verursacht durch
                         seltene Wetterkonstellationen) zu identifizieren. Damit diese in den Trainingsda-
                         ten nicht „untergehen“ (d.h. statistisch angesichts häufig vorkommenden Nor-
                         malwasser-Situationen keine Rolle spielen) muss dies bei der Aufbereitung der
                         Trainingsdaten berücksichtigt werden.

                         Weiterhin ist mit den hydrologischen Experten des Auftragsgebers zu klären, ob
                         die Einbeziehung von Wetterdaten (Messungen und Prognosen) einen wesentli-
                         chen Einfluss auf die 5Tages-Prognose der Pegel Kienstock und Wildungsmauer
                         haben könnte. Es ist anzunehmen, dass dies insbesondere für die Prognose der
                         Tage 3 bis 5 der Fall sein könnte. Dem gegenüber stehen die Kosten für den
                         Bezug von Wetterdaten, deren Ungenauigkeit bei längerfristigen Prognosen,
                         und erhöhte Aufwände bei Erstellung und Betrieb der Niederwasserprognose.

3.3       Aufbereitung der Prognose-Ergebnisse für die Schifffahrt auf der Donau

                         Die Prognosen könnten periodisch bei Eintreffen neuer Messdaten (stündlich
                         oder täglich) auf einer Web-Seite oder als PDF-Datei (z.B. wie auf
                         https://www.elwis.de/DE/Service/10-Tages-Wasserstandsvorhersage-
                         Rhein/Rheinpegel-page.html ) dargestellt werden.

                         Darüber hinaus gehende Darstellungen und Interaktionsmöglichkeiten können
                         problemlos durch das Fraunhofer IAIS realisiert werden. Der hierzu für die
                         Schifffahrt nützliche Funktionsumfang müsste noch bestimmt werden.

3.4       Anpassung an sich ändernde Randbedingungen (z.B. Klima, Bodenversiegelung)

                         Prognose-Modelle müssen angepasst werden, wenn das zu prognostizierende
                         System sich ändert. Im Falle von auf Daten trainierten Modellen, wie RNNs, soll-
                         ten diese Modelle periodisch (zum Beispiel jährlich) durch Einbeziehen neuster
                         Daten nach-trainiert werden.

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Niederwasserprognose für die Schifffahrt auf der österreichischen Donau

                           Hierbei ist zu beachten, ob und wie man zeitlich weit zurückliegende Daten zum Training verwendet. Auf der
                           einen Seite ist das Training robuster, wenn hierfür möglichst viele Daten verwendet werden, d.h. es auf einer
                           breiten statistische Basis („einem reichen Erfahrungsschatz“) aufbaut. Auf der anderen Seite können Daten
                                                                                                                         1
                           veralten, d.h. die in neueren Trainingsdaten dokumentierten Wirkzusammenhänge verwässern . Dieser Trade-
                           off kann, je nachdem wie stark bzw. schnell sich das zu prognostizierende System sich ändert, zu erhöhten
                           Aufwänden führen, um hier eine optimale Balance zu finden bzw. um dies durch Datenassimilation zu kom-
                           pensieren.

                           Zur Erkennung von signifikanten Änderungen ist der Austausch mit Hydrologen wichtig. Dies kann ergänzt
                           werden durch statistische Vergleiche von Zeiträumen (z.B. Kalenderjahren).

                           Wir gehen davon aus, dass im vorliegenden Fall sich die Randbedingungen für
                           die Niedrigwasserprognose nur langsam ändern und dass deswegen Trainings-
                           daten aus einem genügend großes Zeitfenster verwendet werden können. Zur
                           Berücksichtigung langsamer Änderungen werden wir bei der Aufbereitung der
                           Trainingsdaten (siehe 3.2) den Einfluss neuerer Trainingsdaten gegenüber alten
                           erhöhen.

1   Während des Trainings wird ein Modell so angepasst, dass die Summe der Trainingsfehler für alle Trainingsdaten (alt wie neu) mini-
     miert wird.

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