Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps
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Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Bachelorarbeit Eingereicht von: Vela, Gianfranco Studiengang: Medien- und Kommunikationsinformatik B.Sc. Matrikelnummer: 23444 Betreuer: Prof. Dr. Ido Iurgel Bearbeitungszeit: von 23.04.2021 bis 14.08.2021 Hochschule Rhein-Waal Fakultät Kommunikation und Umwelt Friedrich-Heinrich-Allee 25, 47475 Kamp-Lintfort
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Zusammenfassung Ziel der vorliegenden Abschlussarbeit war es, ausgewählte Multibankingapps anhand des von Yu-Kai Chou entworfenen Gamification Frameworks Octalysis (Y.-k. Chou, 2019) zu analysie- ren, um daraufhin eine Aussage über die Anwendbarkeit des Frameworks auf Multibankingapps treffen zu können. Mithilfe des Design Pattern Canvas (Žavcer u. a., 2015) wurde ein Arte- fakt geschaffen, welches Entwicklern solcher Apps erlaubt, die im Framework beschriebenen Core Drives auf die Anwendung abzustimmen. Die Anwendbarkeit des Frameworks wurde zwar durch die Analyse bestätigt, jedoch ergaben sich weitere Abhängigkeiten, welche grundlegend für eine erfolgreiche Anwendung sind. Darunter zählt beispielsweise die Offenheit der Nutzer gegenüber Finanzthemen. Zusammenfassung i
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abstract This thesis aim was to review the aplicability of Yu-Kai Chou’s gamification framework Octa- lyis (Y.-k. Chou, 2019) on existing multibanking applications. To create an artifact which could be used by future developers of such applications the proposed Design Pattern Canvas (Žavcer u. a., 2015) was used and applied onto the Core Drives of the Octalysis Framework. Therefore developers can evaluate the usage of such Core Drives specifically to the applications context. The resulting analyis approved the applicability of the Octalysis Framework, but yielded depen- dencies for future research, such as acceptance and openeness of users towards gamifying their finances. Abstract ii
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung i Abstract ii Abbildungsverzeichnis v Abkürzungsverzeichnis vi 1 Einleitung 1 2 Forschungsgrundlagen 2 2.1 Gamification und entsprechende Frameworks im Allgemeinen . . . . . . . . . 2 2.2 Octalysis Core Drives . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2.1 Epic Meaining and Calling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2.2 Development and Accomplishment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2.3 Empowerment of Creativity and Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2.4 Ownership and Possesion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.5 Social Influence and Relatedness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.6 Scarcity and Impatience . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.7 Unpredictalbility and Curiosity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.8 Loss and Avoidance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.3 Aktueller Stand von Multibankingapps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3 Aufbau und Analyse 8 3.1 Design Science Research Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.2 Analyseverfahren der Multibankingapps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.3 Design Pattern Canvas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.4 Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3.4.1 Kriterium 1: Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3.4.2 Kriterium 2: Definition der Zielgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.4.3 Kriterium 3: Funktionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.5 Aufschlüsselung Multibankingapps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.6 Anwenden des Octalysis Tools auf die Multibankingapps . . . . . . . . . . . . 13 3.6.1 Development and Accomplishment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.6.2 Empowerment of Creativity and Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.6.3 Scarcity and Impatience . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.6.4 Loss and Avoidance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3.6.5 Ownership and Possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.6.6 Epic meaning and Calling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.6.7 Curiosity and Unpredictability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.6.8 Social Influence and Relatedness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4 Anwendbarkeit des Design Pattern Canvas auf Octalysis Core Drives 21 4.1 Ziel und Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4.2 Anwendung des Design Pattern Canvas auf die Core Drives des Octalysis Frame- works . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Inhaltsverzeichnis iii
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps 4.3 Ergebnisse der Fokusgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.4 Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 5 Ausblick 26 Literaturverzeichnis 27 Anhang 33 5.1 Anhang A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 5.1.1 Erstellte Bildschirmaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 5.1.2 Bewertungen der Multibankingapps mit dem Octalysis Tool . . . . . . 39 5.1.3 Design Pattern Canvas angewandt auf Core Drives . . . . . . . . . . . 40 5.2 Anhang B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 5.2.1 Auswertung der Multibankingapps mithilfe des Octalysis Tools . . . . 43 Inhaltsverzeichnis iv
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Octalysis Framework mit Core Drives und Unterteilung in Left Brain und Right Brain Quelle: A. Y.-k. Chou (2015) . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Abbildung 2: Anteil der Bevölkerung in Deutschland, die das Internet für Online-Banking nutzen, in den Jahren 2006 bis 2020 Quelle: Eurostat (2021) . . . . . . . 6 Abbildung 3: Die sieben Guidelines des Design Science Research Quelle: (Hevner u. a., 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Abbildung 4: Octalysis Tool Quelle: (Octalysis Tool 2021) . . . . . . . . . . . . . . . 9 Abbildung 5: Design Pattern Canvas Quelle: (Žavcer u. a., 2015) . . . . . . . . . . . . 11 Abbildung 6: Vergleich der Marktanteile von Android und iOS Quelle: (Kantar, 2021) 12 Abbildung 7: Missionsübersicht in der iOS-Anwendung Finanzguru . . . . . . . . . . 14 Abbildung 8: Positive Rückmeldung nach Hinzufügen eines Budgets in der Multiban- kingapp Zuper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Abbildung 9: Abonnement-Optionen nach abgelaufenem Abonnement . . . . . . . . . 16 Abbildung 10: Auswertungsübersicht finanzblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Abbildung 11: Einlademöglichkeit von Freunden via Link . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Abbildung 12: Teilnehmer der Fokusgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Abbildung 13: Feedback nach abgeschlossener Mission in der App Finanzguru . . . . . 34 Abbildung 14: Kontoüberziehungswarnung in der App Zuper . . . . . . . . . . . . . . 35 Abbildung 15: Überschreitungswarnung in der App Finanzguru . . . . . . . . . . . . . 36 Abbildung 16: Einnahmen gegenüber Ausgaben mit Ausgabenüberschuss in der App fi- nanzblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Abbildung 17: Bereich mit Finanztipps in der App treefin . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Abbildung 18: Bewertungen der Core Drives nach Multibankingapp . . . . . . . . . . 39 Abbildung 19: Design Pattern Canvas des Core Drives Scarcity and Impatiance . . . . . 40 Abbildung 20: Design Pattern Canvas des Core Drives Social Influence and Relatedness 41 Abbildung 21: Design Pattern Canvas des Core Drives Loss and Avoidance . . . . . . . 42 Abbildung 22: Durschnittsbewertung der Multibankingapps dargestellt im Octalysis Tool 44 Abbildung 23: Auswertung von finanzguru . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Abbildung 24: Auswertung von zuper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Abbildung 25: Auswertung von treefin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Abbildung 26: Auswertung von numbrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Abbildung 27: Auswertung von outbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Abbildung 28: Auswertung von finanzblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Abbildungsverzeichnis v
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abkürzungsverzeichnis MA Multibankingapps OF Octalysis Framework DPC Design Pattern Canvas Abkürzungsverzeichnis vi
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps 1 Einleitung „Gamification is just one of many persuasive architectures. However, like all other persuasive design patterns, gamification has merit when used in the right way, under the right circumstan- ces (Cugelman, 2013)“, so beschreibt Cugelman Gamification als eine von vielen Methoden, die Nutzer zur Interaktion mit einem System zu motivieren. Dabei spielt die psychologische Per- spektive laut Mora et al. bei den meisten Frameworks eine Schlüsselrolle (vgl. Mora u. a., 2015). Eines dieser Frameworks ist das von Yu-Kai Chou entworfene Octalysis Framework (OF). Er selbst beschreibt sein Framework als „[...] primarly focused on psychological motivators instead of physical ones ((Y.-k. Chou, 2019, Seite 34)“. Bestimmte Spielelemente können verschiedene Motivationen hervorrufen. So fungieren Punkte beispielsweise als direkte, positive Verstärker (vgl. Sailer u. a., 2013). Procopie et al. stellen Gamification als eine innovative Methode dar, um vor allem die „Generation Y“ anzusprechen, und beschreiben Gamification darüber hinaus als Denkweise dieser Generation (vgl. Procopie u. a., 2015). Eine Erhebung der GfK zeigt, dass in Deutschland der Anteil der Online-Banking-Nutzer bei 50 Prozent liegt (vgl. Banken, 2021). Daraus ergibt sich ein großes Potenzial für Drittanbieter von Finanzapplikationen. Wittkamp und Schmitz zufolge ist der „[...] Fin-Tech Markt bereits relativ gesättigt und umkämpft, wo- durch sich die Konkurrenz um Kunden und Zugang zu Finanzlösungen verstärkt (Wittkamp und Schmitz, 2020, Seite 12)“. Daher müssen existierende Anbieter von Finanzlösungen neue innovative Methoden implementieren, um marktrelevant bleiben zu können. Die Motivation zur Bearbeitung dieses Forschungsthemas ist meine persönliche Erfahrung als Software-Entwickler einer Multibankingapp. Die geringe Nutzerbasis von circa siebenhundert aktiven Nutzern und sehr starken direkten Konkurrenten erforderte ein großes Maß an Inno- vation. So untersuchte das Unternehmen auch Gamification, um sich von der Konkurrenz ab- zuheben. Dies wurde nicht weiter verfolgt, da hier die Unsicherheit zu groß schien, ob Nut- zer im Bereich von Finanzlösungen gamifizierte Techniken akzeptieren und nutzen würden. Dementsprechend ergab sich die Forschungsfrage der Anwendbarkeit des OF auf MA, um ab- schätzen zu können, inwiefern sich Multibankingapps (MA) gamifizieren lassen. Der Fokus der Forschungsfrage liegt zudem auf dem Entwurf eines Unterstützenden Frameworks, welches Un- ternehmen zur Entwicklung von Spielelementen verwenden können. In dieser Abschlussarbeit wird erörtert, ob sich Chou’s Framework auf existierende MA anwenden lässt und inwiefern diese bereits zum Framework passende Techniken implementieren. Einleitung 1
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps 2 Forschungsgrundlagen 2.1 Gamification und entsprechende Frameworks im Allgemeinen Der Term „Gamification“ wird als Oberbegriff für verschiedene Arten von spielerisch angepass- ten Anwendungen verwendet. Schon in den früheren Jahren der Human Computer Interaction wird vorgeschlagen, Arbeitsprozesse in „metaphorische Cover Stories“ zu integrieren, um diese intrinsisch motivierender zu gestalten (vgl. Deterding u. a., 2011). Die in der Studie von Hamari et. al. untersuchte Literatur tendiert zu einer positiven Aussage gegenüber Gamification. Jedoch beschreibt er, dass qualitative Studien das Phänomen als breit gefächerter als zuvor angenommen identifizieren und dass der Kontext der Gamifizierung eine grundlegende Rolle spielt (vgl. Ha- mari u. a., 2014). Ein Bereich des großen Spektrums der Gamification sind die „serious games“. Diese umfassen solche Softwareanwendungen, deren primäres Ziel nicht die reine Unterhaltung des Nutzers ist, sondern zu Zwecken wie Wissensvermittlung, Schulung und weiteren Zwecken eingesetzt werden (vgl. Susi u. a., 2007). Linehal et. al. argumentieren, dass es notwendig ist, spielerische Anwendungen vor dem Hintergrund der Verhaltenspsychologie zu betrachten (vgl. Linehan u. a., 2015). Es wird außerdem angeführt, dass Videospiele nicht mehr unabhängige Programme sind, sondern diese immer mehr mit der alltäglichen Realität verwoben sind und so- mit zu Lifestyleveränderungen aufgrund der erlernten Fähigkeiten führen können (vgl. Linehan u. a., 2015). So werden verhaltenspsychologische Motivatoren auch in dieser Arbeit themati- siert, um potenzielle Verhaltensänderungen im Umgang mit Finanzen antizipieren zu können. Ein Beispiel für eine App, welche alltägliche Kontexte gamifiziert ist „Waze“. Diese App er- möglicht Verkehrsteilnehmern, sich gegenseitig über Baustellen, Hindernisse oder Ähnlichem zu warnen, um so Punkte oder Dankesnachrichten zu sammeln (vgl. B. Kim, 2015). Laut Kim ist es nicht die Integration von Spiele-Mechanismen in die Apps, sondern die fließende Integra- tion in alltägliche Kontexte, was Gamification zu einer beliebten Erfahrung für Nutzer macht. In einer Studie von Mora et al. wurden 18 Gamification Design Frameworks überprüft. Diese werden in zwei Kategorien eingeteilt: Generische- und Business-Spezifische-Frameworks. Laut den Autoren zählt das OF zu den generischen Frameworks. Diese zentrieren im Gegensatz zu Business-Spezifischen-Frameworks den Nutzer, seine sozialen Einflüsse und Motivationen, die App zu verwenden (vgl. Mora u. a., 2015). Framworks, wie beispielsweise jenes definiert von Marache-Francisco und Brangier, beschreiben einen Designprozess, von der Analyse des Kon- textes und der Definition der Zielgruppe bis zur iterativen Implementierung und Evaluierung (vgl. Marache-Francisco und Brangier, 2013). In der Arbeit wird das OF verwendet, da es eine Auswertung existierender Apps ermöglicht, und auf Basis dieser Optimierungs- und Innovati- onsmöglichkeiten erfasst werden können. Forschungsgrundlagen 2
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps 2.2 Octalysis Core Drives In diesem Abschnitt wird das OF mit seinen acht „Core Drives“ kurz erläutert. Dabei wird auf jeden von Chou angebrachten Drive eingegangen. Die Grundlage der folgenden Aussagen und Darstellungen bildet das Buch „Actionable Gamification“. Daher basiert dieser Abschnitt wei- testgehend aus darin befindlichen Aussagen. Laut Chou werden durch den OF acht grundlegen- den Motivationsfaktoren berücksichtigt. Diese sollen sowohl intrinsische als auch extrinsische Motivationsfaktoren aufzeigen. Abbildung 1: Octalysis Framework mit Core Drives und Unterteilung in Left Brain und Right Brain Quelle: A. Y.-k. Chou (2015) So unterteilt Chou sein Modell in der vertikalen Ebene in die „Left Brain“ und „Right Brain“ Drives, wie in Abbildung 1 zu sehen ist. Dabei handelt es sich um analytische, materielle, meist extrinsische Motivationsfaktoren auf der linken Hälfte des Modells und kreative, soziale, meist intrinsische Motivationsfaktoren demgegenüber (vgl. Y.-k. Chou, 2019). Intrinsische Motiva- tion ist laut Ryan und Deci eine von Geburt aus sehr stark ausgeprägte Motivation und für die Entwicklung von kognitiven, sozialen und physischen Fähigkeiten ein grundlegender Faktor für die menschliche Entwicklung (vgl. Ryan und Deci, 2000). Demgegenüber steht die extrinsische Motivation, bei der Nutzer mithilfe von Belohnungen zum Abschließen von Aufgaben moti- viert werden. Laut einer Untersuchung von Lepper et al. zeigen einige Studien einen negativen Effekt von überflüssiger extrinsischer Motivation auf die intrinsische Motivation der Proban- den (vgl. Lepper u. a., 1997). Des Weiteren unterscheidet Chou in seinem Modell „White Hat“ und „Black Hat“ Core Drives. Laut Chou beschreibt Erstes die obere Hälfte des Modells, also die positiv ausgeprägten Motivationsfaktoren. Diese beschäftigen sich größtenteils mit dem er- folgreichen Absolvieren von Missionen und der daraus resultierenden Belohnung. So definiert Forschungsgrundlagen 3
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps er „Empowerment“ als eine Art Selbstunterhaltung des Gehirns, bei der Nutzer immer wieder neue Kombinationen ausprobieren können und dementsprechend Feedback bekommen. Solche ständigen Verstärker sind in der Verhaltenspsychologie gut dokumentiert und ein wichtiger Be- standteil, um Verhalten langfristig beeinflussen zu können (vgl. Linehan u. a., 2015). Zweites, die „Black Hat Drives“ , sind Mechanismen, welche auf negative Emotionen der Nutzer ab- zielen. Chou definiert „Scarcity and Impatience“ als einen solchen Drive. Dabei bringt er das Beispiel des mobilen Spiels „Geomon“ auf. In diesem Spiel musste der Nutzer - ähnlich wie bei „Pokémon Go“.- Kreaturen in Abhängigkeit seines physischen Aufenthaltsortes fangen. Einige Kreaturen konnten also nur an bestimmten Orten auf der Welt gefangen werden. Diese Rarität war laut Chou der Auslöser für die Beliebtheit des Spiels. Dieses Phänomen ist wissenschaft- lich hinreichend dokumentiert und findet sich auch bei anderen Videospielen oder Sammelkarten wieder. Donahue beschreibt im Falle des Pokemon Franchises die „Scarcity Hypothisis“ als sol- ches, dass Nutzer oder Sammler mehr Freude an einer gewissen Sammelkarte besitzen, wenn sie der Meinung sind, dass es nur wenige Personen in ihrer Peergroup mit derselben Karte gibt (vgl. Donahue, 2017). Die Seltenheit von Produkten und das Einzigartigkeitsgefühl hängen mitein- ander zusammen. Laut Snyder sind Personen mit einem hohen Verlangen nach Einzigartigkeit anfällig für künstliche Rarität von Produkten oder Dienstleistungen (vgl. Snyder, 1992). 2.2.1 Epic Meaining and Calling Chou beschreibt diesen Core Drive als Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein. So bringt er das Beispiel der Wikipedia Editoren an, welche freiwillig Artikel verfassen, um den menschlichen Wissensschatz zu wahren. Kuzentsov beschreibt die Zusammenarbeit der Mitwirkenden als eine Art „Community“ welche auf das gleiche Ziel hinarbeitet (vgl. Kuznetsov, 2006) 2.2.2 Development and Accomplishment In dem Buch „Actionable Gamification“ wird dieser Drive als Trieb beschrieben, Fortschrit- te zu machen und Missionen zu meistern. Trophäen oder Auszeichnungen ohne zuvor erfüllte Aufgaben werden als wertlos beschrieben. Jedoch ist es laut Richter et al. auch wichtig, nicht ausschließlich Belohnungen auszuschütten, da es negative Effekte auf die intrinsische Motiva- tion der Nutzer haben könnte, dementsprechend ist eine Kombination von Belohnungen und beispielsweise Bestenlisten eine Möglichkeit, langfristige Motivation hervorzurufen (vgl. Rich- ter u. a., 2015). 2.2.3 Empowerment of Creativity and Feedback Wie oben bereits beschrieben ist es grundsätzlich wichtig, die intrinsische Motivation des Nut- zers aufrecht zu erhalten. Kreativität spielt laut Chou bei diesem Drive eine Schlüsselrolle für langfristige Motivation. So sollte der Nutzer die Möglichkeit besitzen, dieselbe Aufgabe auf Forschungsgrundlagen 4
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps verschiedene Art und Weise zu lösen, sodass er seine Leistung fortlaufend steigern kann. Chou beschreibt diesen Mechanismus als Selbstunterhaltung des Gehirns. So ist Neugierde ein effek- tiver Weg, intrinsische Motivation zu fördern und Informationen langfristig zu verarbeiten (vgl. Oudeyer u. a., 2016). 2.2.4 Ownership and Possesion Laut einer Studie von Trepte und Reinecke besteht eine Korrelation zwischen individueller An- passbarkeit des Avatars und Vergnügen des Nutzers, das Spiel zu spielen (vgl. Trepte und Rei- necke, 2010). Dieser Core Drive wird, so ist es in dem Buch beschrieben, ausgelöst, wenn der Nutzer ein Eigentumsgefühl über seinen eigenen Avatar besitzt. 2.2.5 Social Influence and Relatedness Der fünfte Core Drive beinhaltet soziale Motivatoren wie soziale Akzeptanz, Konkurrenz, aber auch soziales Feedback. Procopie et al. zufolge ist dies vor allem in der Generation Y ein wich- tiger Aspekt, da diese Zielgruppe eine ausgeprägte Internetnutzung besitzt, welche größtenteils aus der Nutzung von sozialen Medien besteht. Die Autoren erwarten daher einen sehr starken Trend von Gamification mithilfe von sozialen Motivatoren, um ebendiese Zielgruppe anzuspre- chen (vgl. Procopie u. a., 2015). 2.2.6 Scarcity and Impatience Der folgende Core Drive ist im Bereich der „Black Hat Gamification“ wiederzufinden. Wie am Anfang dieses Kapitels schon beschrieben, handelt es sich hierbei um einen Mechanismus, welcher als selten vermarktete Produkte beliebt machen soll (vgl. Snyder, 1992). Ein Weiterer, in der Wissenschaft untersuchter zusammenhängender Mechanismus ist die „Fear of missing out“. Dieses Phänomen betrifft vor allem die jüngere Generation, welche durch soziale Netzwerke im ständigen Kontakt zu anderen Personen stehen und wird durch Features wie das Teilen von Beiträgen oder „Likes “ verstärkt (vgl. Abel u. a., 2016). 2.2.7 Unpredictalbility and Curiosity Dieser Core Drive setzt laut Chou dann ein, wenn der Nutzer etwas Unerwartetes ausführt, was er nicht kennt. Die Neugierde zu beobachten was passiert, und ob etwas passiert, motiviert den Nut- zer gewisse Aktionen durchzuführen, ohne das Resultat vorher zu kennen. Als Beispiel bringt er das Skinner Box Experiment an. Bei diesem Experiment von B.F.Skinner geht es darum, Tieren in einer geschlossenen Box mithilfe von verschiedenen Stimuli ein gewisses Verhalten anzu- eignen. Dabei fand er heraus, dass positive Verstärker gewisses Verhalten wiederholen lassen. So wurde in dem Experiment beobachtet, dass Ratten, welche nur einen Hebel zum Interagieren besitzen, welcher jedes Mal Futter hervorbringt, weniger Neugierde zeigen als jene, welche meh- Forschungsgrundlagen 5
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps rere Hebel zum Interagieren hatten, von denen zufällig einer Futter hervorbrachte (vgl. McLeod, 2018). Übertragen auf Gamification definiert Linehan et al. positive Verstärker schon insofern, dass es überraschende in-game Cut-Sequenzen oder spannende Erzählbögen sein können (vgl. Linehan u. a., 2015). 2.2.8 Loss and Avoidance Der letzte Core Drive wird von Chou als Motivation, etwas Negatives zu verhindern, verstan- den. Dabei geht es um Fortschrittsverlust oder „Limited Offers“, welche laut Chou, den Nutzer dazu bewegen sollen, schnell zu handeln, bevor er seine Chance misst. Von Lewis et al. wird diese Beobachtung „Loss aversion“ genannt. Nutzer sind von Verlusten stärker betroffen als von Gewinnen oder Errungenschaften (vgl. Lewis u. a., 2012). 2.3 Aktueller Stand von Multibankingapps Laut einer Untersuchung von Moormann und Schaefer bieten circa 95 % der europäischen Ban- ken eine App an (vgl. Moormann und Schaefer, 2012). Seit 2018 existiert eine EU weite Richt- linie, welche Innovationen fördern und den Wettbewerb steigern sollen (PSD2 | Deutsche Bun- desbank 2020). Laut der Deutschen Bundesbank beinhaltet diese Richtlinie eine Öffnung der Kontoschnittstellen existierender Banken, und ermöglicht somit auch Dritten, innovative Dienst- leistungen anzubieten (vgl. PSD2 | Deutsche Bundesbank 2020). Laut Vives haben Drittanbieter gewisse Vorteile gegenüber traditionellen Banken. Diese haben sich mehr auf das Anbieten von Produkten fokussiert, wohingegen neue Marktmitbewerber kundenzentrierter arbeiten. Zudem existiert ein Misstrauen den Banken gegenüber (vgl. Vives, 2017). Abbildung 2: Anteil der Bevölkerung in Deutschland, die das Internet für Online-Banking nutzen, in den Jahren 2006 bis 2020 Quelle: Eurostat (2021) Forschungsgrundlagen 6
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abbildung 2 zeigt deutlich, dass die Anzahl der Online-Banking-Nutzer um fast 30 % gestiegen ist. Wittkamp und Schmitz zufolge ist der deutsche FinTech-Markt gesättigt, und Neugründun- gen gehen zurück. Dennoch beschreiben sie einen dringenden Innovationsbedarf aufgrund von sich stärker etablierenden BigTechs aus den USA und China (vgl. Wittkamp und Schmitz, 2020). FinTechs stellen dabei inkrementelle Weiterentwicklungen von bestehenden Technologien vor (vgl. Paddags, 2017). Nutzer sollen über ihre Finanzverwaltung aufgeklärt werden und ihnen soll die Finanzhaushaltung erleichtert werden. Das insgesamt verwaltete Vermögen im Teilseg- ment Robo-Advice betrug 2019 knapp 5,3 Milliarden Euro (vgl. Dorfleitner u. a., 2020). Jedoch sind laut einer Untersuchung von Phoon und Koh, viele Robo-Advisor nicht individuell auf den Nutzer zugeschnitten und bietet ihm keine simplen und intuitiven Übersichten über sein Vermö- gen (vgl. Phoon und Koh, 2017). Um einen Konkurrenzvorteil zu erwerben, ist es also wichtig, Innovationen zu fördern, entweder durch eigene Innovationen oder durch Adaptionen bereits existierender Innovationen (vgl. Dereli, 2015). Dies stellt die Grundlage für diese Abschlussar- beit dar. Inwiefern bietet das Octalysis Modell eine Möglichkeit zur Innovation für MA und ist dies überhaupt auf solche Apps anwendbar? Im Rahmen dieser Arbeit wird versucht, zu ana- lysieren, ob das OF ein valides Framework für die Anwendung auf MA sein kann und ob es durch die Anwendung mithilfe des Design Pattern Canvas (DPC) eine hilfreiche Unterstützung für Unternehmen sein kann, welche ihre App gamifizieren möchten. Forschungsgrundlagen 7
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps 3 Aufbau und Analyse Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit der eigentlichen Analyse der MA im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Octalysis Frameworks. Zu Beginn wird auf die Methodik eingegan- gen, welche angewandt wurde, um die Forschungsfragen zu bearbeiten. Daraufhin wird auf die Auswahlkriterien der MA eingegangen und anschließend die implementierten Designelemente kategorisiert. 3.1 Design Science Research Vorgehen Diese Abschlussarbeit verfolgt die Methodik des Design Science Research Verfahrens. Auf- grund der praxisnahen Analyse scheint diese Methodik sinnvoll, das Ziel der Design Science Research ist, Artefakte zu entwickeln und somit einen Ergebnisbeitrag aufzuzeigen (vgl. Benner- Wickner u. a., 2020). Hevner et al. haben sieben Richtlinien für effektive Design Science Rese- arch festgelegt (vgl. Hevner u. a., 2004). Zu sehen in Abbildung 3. Abbildung 3: Die sieben Guidelines des Design Science Research Quelle: (Hevner u. a., 2004) Für rein qualitative Ansätze wie Fallstudien oder Fallstudien bietet das Thema der Abschlussar- beit nur begrenzt literarische Grundlagen. Zudem basiert das Ergebnis der Arbeit auf der Analyse vorhandener MA und unterliegt dementsprechend einem kreativen Prozess. So gestaltet sich die Domäne der Informationstechnologie als schnelllebiger im Vergleich zu anderen wissenschaft- lichen Bereichen. Laut Hevner et al. treffen in dieser Domäne zwei Paradigmen aufeinander, Verhaltensforschung und Designforschung. Ersteres wird als Ansatz beschrieben, welcher ver- sucht, grundlegende Prinzipien oder Theorien aufzustellen, um Phänomene zu beschreiben und erklären, wobei zweiteres ein problemorientierter Ansatz ist, welcher Innovation durch Arte- fakte vorantreibt (vgl. Hevner u. a., 2004). Das Ziel der Abschlussarbeit ist es, ein Artefakt zu erstellen, um dementsprechend die wissenschaftlichen Grundlagen in dieser Domäne voranzu- treiben. Dementsprechend trägt ein Artefakt zur Wissensgrundlage bei und versucht ein vorher Aufbau und Analyse 8
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps definiertes praktisches Problem in einem spezifischen Bereich zu lösen, um zur Wissensbasis für folgende Forschung beizutragen (vgl. Hevner u. a., 2004). Laut Winter fehlt dieser Methodik die wissenschaftliche Strenge anderer Methodiken, da es noch keine standardisierten Praktiken gibt (vgl. Winter, 2008). Um diesen Aspekt zu adressieren, werden in dieser Abschlussarbeit die von Hevner et al. vorgeschlagenen Guidelines herangezogen (siehe Abbildung 3). Diese Guidelines dienen laut Hevner et al., als Hilfestellung für Forscher, Editoren und Leser, um die Anforderungen für effektive Design Science Research leichter nachzuvollziehen. Guideline 1 setzt die Entwicklung eines innovativen und spezifischen Artefakts voraus, wobei nach Guidline 2 das Problem in einer spezifischen Domäne existieren muss. Guideline 3 setzt eine gründliche Evaluation voraus und Guidline 4 besagt, dass ein bisher unbekanntes Problem gelöst werden muss oder ein existierendes Problem in eine effizienteren Art und Weise. Dementsprechend muss laut Guideline 5 das Artefakt in sich konsistent sein, da laut Guidline 6 der Prozess zur Artefakterstellung meist selbst die Lösung des präsentierten Problems darstellt. Die letzte Gui- deline schreibt vor, dass sowohl Leser mit technischem Verständnis als auch Leser ohne, das Artefakt verstehen können müssen, um dieses gegebenenfalls in ihrer Organisation verwenden zu können. Die Abschlussarbeit hält sich an diese Guidelines, jedoch wird das zum Schluss er- arbeitete Artefakt nicht in der Praxis evaluiert und bietet deshalb einen Spielraum für weitere Forschungen. 3.2 Analyseverfahren der Multibankingapps Chou verwendet zur Darstellung der Schaubilder und zur Analyse von Anwendungen das in Abbildung 4 dargestellte Octalysis Tool. Abbildung 4: Octalysis Tool Quelle: (Octalysis Tool 2021) Mithilfe des Tools lässt sich für jeden Core Drive die Ausprägung bestimmen. Da von Chou kei- ne spezifischen Bewertungskriterien vorgegeben werden, besteht ein Freiraum zur Interpretation und dient mehr einer groben Einstufung. Da es in dieser Bachelorarbeit um die Anwendbarkeit Aufbau und Analyse 9
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps des Frameworks auf MA geht, werden die Apps anhand ihrer Auswertung im vorherigen Tool bewertet. Das Tool bemisst jeden Core Drive mit einer Skala von null bis zehn und multipli- ziert diesen Wert mit sechs oder sieben. Die beiden Werte beziehen sich auf keine spezifische Methode. Chou stellt in seinem Buch eine andere Berechnungsmethode vor, indem man jeweils die Punkte der einzelnen Skalen quadriert und zuletzt addiert (vgl. Y.-k. Chou, 2019). Um einen Überblick über die Implementation der Core Drives zu bekommen eignen sich beide Methoden. Das Online Tool ergänzt die Auswertung um einen Text (siehe Abbildung 4 links unten). Der Text dient der kurzen Zusammenfassung der Ausprägung und liefert keine weiteren Informa- tionen. Nach der Analyse werden die Auswertungen verglichen und verallgemeinert. Folglich werden die gewonnenen Erkenntnisse analysiert und in den Kontext der MA und einem Inno- vationspotenzial gesetzt. 3.3 Design Pattern Canvas Die Analyse wird mithilfe dem von Žavcer et al. vorgeschlagenen DPC durchgeführt. Das Model basiert auf dem von Osterwald und Pigneur erstelltem Business Model Canvas (vgl. Osterwalder und Pigneur, 2010). Dieses liefert einen ganzheitlichen Überblick über neue Geschäftsmodel- le und versucht innerhalb von neun Feldern das Konzept verständlich darzustellen (vgl. Ching und Fauvel, 2013). Laut Paul und Wollny liegt ein großer Nutzen darin, dass ein Team, zu- sammengestellt aus unterschiedlichen Disziplinen, gemeinsam an einer verständlichen Version eines Geschäftsmodells arbeitet (vgl. Paul und Wollny, 2020). Dieser Nutzen lässt sich auf das DPC übertragen. Ziel des DPC ist es, Herausforderungen im Bezug auf Game Design herun- terzubrechen und zwischen Stakeholdern, Designern und Entwicklern klare Anforderungen und Grundlagen zu kommunizieren (vgl. Žavcer u. a., 2015). Viele Startups scheitern aufgrund der nicht vorhandenen Kommunikation mit ihren Stakeholdern laut Lim et al. Dabei können Stake- holder aus potenziellen Nutzern, Investoren, Experten etc. bestehen. Der iterative Austausch mit Stakeholdern kann dafür sorgen, dass Unternehmen nicht an der Zielgruppe vorbei entwickeln, sondern Produkte auf den Markt bringen, welche die Erwartungen der Endkunden erfüllen (vgl. Lim u. a., 2020). Im Gesamtkontext liese sich also das OF um das DPC erweitern, sodass ein komplettes Framework für die praktische Anwendung in Unternehmen entsteht. Das Model besteht aus 9 Feldern (siehe Abbildung 5), welche von der Mitte aus unterteilt in zwei verschiedene Bereiche fallen. Laut Žavcer et al. beschäftigt sich die rechte Seite des Canvas mit Design relevanten Fragestellungen. Der Anwender überprüft, welche Zielgruppe angesprochen werden soll und welche Motivationen diese besitzen. Zudem setzt er Regeln und Eingaben fest, wie der Spieler mit den Game Design Pattern interagieren wird. Die beiden anderen Felder beschäftigen sich mit der Fragestellung, welche Endgeräte verwendet werden beziehungsweise welches Feedback gegeben wird. Da in dieser Abschlussarbeit die MA nur auf Smartphones Aufbau und Analyse 10
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abbildung 5: Design Pattern Canvas Quelle: (Žavcer u. a., 2015) getestet werden, ist dieses Feld nicht relevant. Das letzte Feld der rechten Seite legt gewünschte Ergebnisse fest, aber auch mögliche ungewollte Konsequenzen in Bezug auf die Interaktion des Nutzers mit dem System. Die linke Seite befasst sich mit dem analytischen Prozess des Design Patterns. Dabei sind fol- gende wichtige Fragestellungen zu beantworten, „Has the pattern been used in any previous research or serious game? Has the pattern been evaluated and validated?“. Zudem wird fest- gelegt, welche nutzergenerierten Daten gesammelt werden könnten und inwiefern das Design Pattern in das Framework passt beziehungsweise wann es anzuwenden ist. Eine weitere wichtige Fragestellung ist die der Ethik. Dafür besitzt das DPC ein dediziertes Feld, in welchem beant- wortet werden soll, ob es ethische Bedenken gibt oder ob negative Effekte auftreten könnten. Das mittlere Feld „Purpose“ umfasst die Gründe, wieso dieses Pattern genutzt werden sollte. 3.4 Auswahlkriterien Aufgrund des zeitlichen Rahmens der Abschlussarbeit und der hohen Anzahl an FinTechs im Teilsegment „Personal Financial Management“ wurden gewisse Auswahlkriterien getroffen. Im folgenden Teilabschnitt werden diese erläutert und aufgeschlüsselt. 3.4.1 Kriterium 1: Verfügbarkeit In der Abbildung 6 ist erkennbar, dass Stand Oktober 2020, Apples eigens entwickeltes Betriebs- system iOS einen Marktanteil von 25,3% besitzt, das Android Betriebssystem insgesamt aber einen Marktanteil von 74,4%. Dennoch ist ein Auswahlkriterium, dass die MA für iOS verfügbar sein muss. Laut einem Artikel der Zeitschrift Golem waren im Jahr 2015 24.093 Android-Geräte von 1.294 Herstellern registriert (vgl. Android-Fragmentierung 2021). 81% aller iOS-Geräte verwenden iOS 13 als Betriebssystemversion (vgl. Schwuchow, 2020). Bei Android hingegen Aufbau und Analyse 11
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abbildung 6: Vergleich der Marktanteile von Android und iOS Quelle: (Kantar, 2021) existieren mehrere Geräte mit verschiedenen Androidversionen (vgl. Android - Anteile der Ver- sionen Januar 2021 2021). Aufgrund dessen wird sich in dieser Abschlussarbeit auf MA für iOS beschränkt. So kann eine möglichst breite Abdeckung auf den meisten Apple-Geräten garantiert werden. 3.4.2 Kriterium 2: Definition der Zielgruppe Procopie et al. bezeichnet Gamification als ein Denk- und Handlungsprinzip, fest eingebettet in der Generation Y. Diese besitzen die technische Affinität und Offenheit für neue Ansätze in User Interfaces (vgl. Procopie u. a., 2015). In einer Untersuchung bezüglich der Nutzung von sozialen Medien dieser Generation definieren Bolton et al. die Generation Y grob als alle Per- sonen, geboren zwischen 1981 und 1999 (vgl. Bolton u. a., 2013). So lässt sich schlussfolgern, dass diese Generation offener für neue Elemente in Apps ist. 3.4.3 Kriterium 3: Funktionalität Die Segmente, denen einzelne FinTechs zuzuordnen sind, breiten sich dynamisch weiter aus (vgl. Dorfleitner u. a., 2020). MA lassen sich dem Segment der „Personal Financial Manange- ment “ zuordnen, da es darum geht, eine durch Kontenkonsolidierung, einfache Übersicht für den Kunden zu schaffen (vgl. Wachtel, 2015). Dementsprechend werde ich mich in der folgen- den Arbeit lediglich auf Funktionen fokussieren, die diesen Zweck erfüllen. 3.5 Aufschlüsselung Multibankingapps Insgesamt wurden sechs MA aus dem AppStore heruntergeladen, welche die vorher genannten Auswahlkriterien erfüllen. Die folgende Aufschlüsselung zeigt, dass viele der MA einen größe- Aufbau und Analyse 12
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps ren Funktionsumfang besitzen als vorausgesetzt. Dieser Funktionsumfang wird bei der Analyse nicht beachtet. So bezeichnet sich Numbrs als „Smart Wallet“ mit der Möglichkeit, Bankkonten, Crypto Wallets und Kundenkarten zu verwalten (vgl. Numbrs - Smart Wallet 2021). Finanzgu- ru bietet zudem beispielsweise auch die Möglichkeit, Verträge zu analysieren und diese per „Express-Wechsel-Service“ innerhalb der Applikation zu wechseln (vgl. GmbH, 2021). Out- bank bietet im Vergleich zu den vorherigen beiden Applikationen einen eher geringen Funkti- onsumfang an, wirbt aber mit der Anzahl an Anbindungsmöglichkeiten, darunter sowohl Banken als auch Bezahlservices (vgl. Die sichere Banking-App 2021). Ebenso einen geringen Funkti- onsumfang bietet finanzblick der Firma Buhl Data Service GmbH. Auch diese Multibankingapp wirbt mit einer Vielzahl an unterstützten Banken und einer umfangreichen Auswertung (vgl. Sicheres Online-banking für alle Ihre Bankkonten und Kreditkarten 2021). Treefin bezeichnet sich als „digitaler Finanzassistent“ und bietet im Vergleich zu vorherigen Apps die Möglichkeit, Finanz- und Steuerreports zu erhalten und Versicherungen zu verwalten (vgl. Finanzassistent 2021). Die letzte App nennt sich Zuper und ist vom Funktionsumfang vermutlich am besten auf die Auswahlkriterien abgestimmt. Bei dieser App handelt es sich um ein reines, digitalisiertes Haushaltsbuch, welches Transaktionen budgetiert und so die finanziellen Mittel aufschlüsselt. 3.6 Anwenden des Octalysis Tools auf die Multibankingapps Wie in vorherigen Abschnitten schon beschrieben, wurden die MA anhand des Octalysis Online- Tools bewertet. Zu Beginn wurde eine Einstufung jeder einzelnen App vorgenommen. Dabei wurde jede Anwendung mithilfe von realen oder Test-Bankkonten getestet. Generell sind die MA in der Implementierung der Mechaniken sehr ähnlich, weshalb in diesem Abschnitt nur die signifikantesten Merkmale pro Core Drive herausgestellt werden. 3.6.1 Development and Accomplishment In der Bildschirmaufnahme 7 ist die Missionsübersicht der Multibankingapp Finanzguru erkenn- bar. Als einzige Anwendung in der getroffenen Auswahl bietet sie die Möglichkeit, Missionen abzuschließen und somit Punkte zur Erweiterung des „Guru Scores“ zu sammeln. Missionen bestehen weitestgehend aus der Anbindung weiterer Konten oder aus der Kategorisierung nicht kategorisierter Verträge. Der Nutzer wird somit an die Anwendung herangeführt und kann durch das Entdecken der Features Punkte sammeln. In dem OF fallen diese Features unter mehrere Core Drives. Der vom Nutzer erreichbare Fortschritt fällt sowohl unter Core Drive 2 „Deve- lopment and Accomplishment“ als auch unter Core Drive 3 „Empowerment of Creativity and Feedback“ , da der Nutzer für jede abgeschlossene Mission, eingehaltenes Budget oder positive Bilanz eine deutlich sichtbares positives Feedback erhält (siehe Abbildung 13). Die restlichen Apps besitzen keine Möglichkeit, den Fortschritt des Nutzers zu verfolgen oder die Weiterent- Aufbau und Analyse 13
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abbildung 7: Missionsübersicht in der iOS-Anwendung Finanzguru wicklung zu unterstützen. Der Core Drive beschränkt sich bei diesen Anwendungen lediglich auf die hohe Anzahl der Einstellungsmöglichkeiten und das Anbinden individueller Nutzerkonten. Der Nutzer erfährt eine gewisse Motivation, sobald alle seine Daten korrekt angebunden und analysiert werden. So ist die Ausprägung deutlich ausgebauter bei den MA finanzguru (siehe Abbildung 23) und treefin (siehe Abbildung 25). 3.6.2 Empowerment of Creativity and Feedback Wie im vorherigen Abschnitt bereits angedeutet, fokussieren sich die MA Finanzguru und Zuper deutlich auf positives Feedback. Ähnlich dem Feedback bei Finanzguru bekommt der Nutzer bei Zuper nach jeder ausgeführten Aktion eine positive Rückmeldung. Dieser bekommt bereits beim Hinzufügen seines ersten Budgets die in Abbildung 8 dargestellte Nachricht gezeigt. Laut Chou ist dieser Core Drive ausgerichtet auf langfristige positive Emotionen und intrinsi- sche Motivation, jedoch auch schwer zu implementieren. Aufgrund der Tatsache, dass in den MA die realen Bankkonten der Nutzer angebunden werden, besitzt der Nutzer generell wenig Entscheidungsmöglichkeiten. Der Nutzer hat in allen MA lediglich die Möglichkeit, Budgets hinzuzufügen oder zu ändern. Aufgrund dieser eingeschränkten Möglichkeiten werden die Apps durchschnittlich mit lediglich 2 Punkten bewertet (siehe Abbildung 18 und 22). 3.6.3 Scarcity and Impatience Scarcity and Impatience beruht, wie in Kapitel 2 bereits beschrieben, auf dem Phänomen selten angesehene Objekte einen höheren Wert zuzuordnen. Bei den untersuchten Apps findet sich die- Aufbau und Analyse 14
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abbildung 8: Positive Rückmeldung nach Hinzufügen eines Budgets in der Multibankingapp Zuper ses Phänomen als Begrenzung von Features wieder. Bei Finanzguru lassen sich gewisse Ana- lysen nur mit Finanzguru Plus durchführen. Das Upgrade wird prominent in der Anwendung beworben und der Nutzer erhält sogar nach Abschluss einer Testphase Punkte für seinen Guru Score (siehe Abbildung 7). Des Weiteren kann er gesonderte Auszeichnungen erhalten, die ein Nutzer ohne Finanzguru Plus nicht erhalten kann. So wird den Abzeichen ein gewisser künst- licher Wert zugerechnet. Jedoch existiert keine Möglichkeit, weitere Auszeichnungen zu sam- meln, mit oder ohne Finanzguru Plus. Ein ähnliches Konzept implementiert numbrs. Der Nutzer besitzt die Möglichkeit, die App herunterzuladen und zu öffnen, jedoch sind alle Features erst verwendbar, sobald ein Abonnement abgeschlossen wurde. Für erstmalige Nutzer besteht eine kostenlose zehntägige Testphase. Diese Ausprägung ist auch im Vergleich der Auswertungen ersichtlich, in Abbildung 23 ist eine deutlich größere Ausprägung als in Abbildung 26 zu erken- nen. Wo hingegen bei den restlichen Schaubildern (Abbildung 28, 25, 27, 24) keine Ausprägung zu erkennen ist. Dies stimmt mit der Analyse überein, da diese Apps ihre Features kostenlos und ohne Restriktionen anbieten. So lassen diese den Core Drive „Scarcity and Impatience “ voll- kommen unberührt. Hat der Nutzer innerhalb dieser Testphase seine Konten angebunden und seine Gehaltsanalysen durchgeführt und steht nun vor der Option, die Anwendung erst wieder verwenden zu können, sobald er ein Abonnement abgeschlossen hat (siehe Abbildung 9). Dies führt zu Angst vor dem Verlust des Fortschritts und lässt sich durch den folgenden Abschnitt beschreiben. Aufbau und Analyse 15
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps Abbildung 9: Abonnement-Optionen nach abgelaufenem Abonnement 3.6.4 Loss and Avoidance Wie in dem vorherigen Abschnitt bereits erwähnt, kann dieser Mechanismus unter dem Core Drive „Loss and Avoidance “ eingeordnet werden. Der Nutzer möchte seine individuellen Fi- nanzanalysen nicht verlieren und ist deshalb motiviert, ein Abonnement abzuschließen. Die Aus- wertung ergab, dass numbrs diesen Core Drive am gezieltesten implementiert (siehe Abbildung 26). Diese Motivation lässt sich erheblich verstärken, indem innerhalb der Testphase weitere Möglichkeiten zur Individualisierung angeboten werden, wie öffentliche Profile oder selbster- stellte Charaktere. Finanzguru und Zuper verwenden sehr häufig Warnungen, um den Nutzer auf eine mögliche Kontoüberziehung aufmerksam zu machen (siehe Abbildung 14). Da der Nutzer eine finanzi- elle Notlage vermeiden möchte, wäre es denkbar, dass er die von der App vorgeschlagenen Schritte durchführt. Leider werden keine Maßnahmen vorgeschlagen und so wird der Nutzer mit dieser Information alleine gelassen. Mit Bezug auf Chou’s Aussage „[..] if a loss-focused message is simply there by itself, but it is not intuitively obvious what the user needs to do, it of- ten backfires [...] and the user goes into denial mode ((Y.-k. Chou, 2019, Seite 326)“, ist dies ein deutlicher negativer Aspekt, was den Nutzer eventuell sogar zu einer Abneigung gegenüber der Nutzung der App bewegen könnte. Da jedoch die MA keinen direkten Einfluss auf die Finanzen haben können, abgesehen von automatischen Überweisungen und Vertragskündigungen, lässt sich dieser Core Drive durchaus durch Fortschrittsverlust ansprechen, falls der Nutzer sein Bud- get überzieht oder seine letzte Analyse veraltet ist. Durchschnittlich ist dieser Core Drive mit am wenigsten ausgeprägt, wie in Abbildung 22 deutlich zu sehen ist. Aufbau und Analyse 16
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps 3.6.5 Ownership and Possession Ownership and Possession ist bei allen MA sehr ähnlich ausgeprägt und beschränkt sich ledig- lich auf das Anbinden der Konten und das individuelle Verwalten von Verträgen und Budgets. Hat der Nutzer einige Zeit mit der Individualisierung und Anpassung verbracht, so fühlt er einen gewissen Besitztum darüber und möchte diesen weiter ausbauen (vgl. Y.-k. Chou, 2019). Tree- fin besitzt im Vergleich zu den anderen MA das größte Angebot und ist deshalb im Vergleich zu den anderen Apps in diesem Core Drive am stärksten ausgeprägt (siehe Abbildung 25). In der App hat der Nutzer die Möglichkeit, seine Konten anzubinden, seine Verträge zu verwalten, sei- ne Versicherungen zu vergleichen und zu wechseln sowie Kapitalanlagen hinzuzufügen. Diese Vielfalt sorgt beim Nutzer für ein Eigentumsgefühl, insofern er alle dort verfügbaren Features verwendet. Je mehr Features verwendet werden und ein tieferer Überblick aggregiert wird, desto eher steigt das Verbundenheitsgefühl, welches der Nutzer zur App empfindet. Nichtsdestotrotz sind die getesteten Apps in diesem Core Drive auf die bereits erwähnte Individualisierung be- schränkt. Es gibt keine oder nur wenige Auszeichnungen und keine individuellen Profile. Vor allem in Anbetracht auf die Nutzung der sozialen Medien und im vernetzten Zeitalter kann es durchaus Sinn machen, öffentliche Profile zu verwenden, auf welchen Errungenschaften zur Schau gestellt werden können. 3.6.6 Epic meaning and Calling Wie in Kapitel 2 bereits beschrieben, versteht Chou unter diesem Core Drive das Zugehörigkeits- gefühl des Nutzers zu einem größeren Ziel, welches über die eigentliche Intention der Software hinausgeht. Da in den MA kein allgemeines Ziel mehrerer Personen verfolgt wird, versteht sich dieser Core Drive eher darin, ob der Nutzer Sinn in der Anwendung sieht und ihm die Wichtig- keit seines Finanzhaushalts deutlich gemacht wird. Dies erfolgt bei den Apps überwiegend durch graphische Darstellung des Kontosaldos oder einprägende Warnungen (siehe Abbildungen 14, 15, 16). Keine der getesteten Anwendungen geht beispielsweise auf die Relevanz positiver Fi- nanzhaushaltung ein oder gibt dem Nutzer weitere Tipps. Lediglich bei treefin gibt es eine Sek- tion Tipps (siehe Abbildung 17). In dieser wurden aber während des gesamten Testzeitraumes keine Tipps bereitgestellt. Aufgrund dessen gestaltet sich die Ausprägung durchschnittlich sehr mager. In Abbildung 22 ist deutlich zu erkennen, dass dieser Core Drive mitunter am wenigs- ten ausgeprägt ist und das, obwohl Finanzhaushaltung sowie finanzielles Wissen eine wichtige Rolle spielen. 3.6.7 Curiosity and Unpredictability Laut Griffiths ähneln Loot Boxen einer Form von Glückspiel (vgl. Griffiths, 2018). Dennoch werden diese in vielen Spielen verwendet. So beschreibt Chou, dass diese zu einer gewissen Mechanik zählen, welche die Aufregung des Spielers steigern, bis er eine zufällige Belohnung Aufbau und Analyse 17
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps erhält, obwohl er nicht weiß, was diese beinhaltet (vgl. Y.-k. Chou, 2019). Diese Mechanik wird in keiner der getesteten Apps verwendet. Die Neugierde des Nutzers beschränkt sich auf den großen Funktionsumfang und das anfängliche Entdecken dieser. So bietet finanzblick eine große Auswahl an Auswertungen mit wechselnden Grafiken (siehe Abbildung 10). Anfangs ist der Nutzer neugierig, seine Finanzen aufgeschlüsselt zu sehen. Fraglich ist, ob neue Auswertun- gen hinzugefügt werden, um die Motivation des Nutzers aufrecht zu erhalten. Auch hier wären weitere Maßnahmen denkbar, wie beispielsweise Grafiken, welche zeigen, wie der Kontosaldo sich bei Investitionen, Sparplänen oder Vertragswechsel verhalten könnte. Abbildung 10: Auswertungsübersicht finanzblick 3.6.8 Social Influence and Relatedness „Social Influence“ ist ein Design Pattern, welches vor allem soziale Netzwerke wie beispielswei- se Facebook oder YouTube verwenden. Dies soll den individuellen Nutzer bewegen, bestimmte Aktionen durchzuführen, aufgrund des ausgeübten Drucks anderer Mitglieder (vgl. Bedjaoui, 2021). Keine der getesteten Apps implementiert größere soziale Features (siehe Abbildung 22). Lediglich Zuper bietet dem Nutzer die Möglichkeit, weitere Freunde via Link auf Zuper auf- merksam zu machen, wie in Abbildung 11 dargestellt wird. Jedoch wird dem Nutzer keine wei- tere Belohnung in Aussicht gestellt. Des Weiteren ist es auch nicht möglich, sich innerhalb der App mit den eingeladenen Freunden zu vernetzen. Lediglich der Core Drive „Epic meaning and Calling“ wird zusätzlich verwendet. Mithilfe einer auffordernden, selbstlosen Botschaft soll der Nutzer dazu bewegt werden, Freunde einzuladen. Wie in Abbildung 18 zu sehen ist, wurde dieser Core Drive am wenigsten angesprochen. Auf mögliche Gründe wird in folgenden Abschnitten Aufbau und Analyse 18
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps eingegangen. Abbildung 11: Einlademöglichkeit von Freunden via Link 3.7 Zusammenfassung Die formulierte Forschungsfrage „Ist das OF anwendbar auf MA?“ lässt sich zusammenfassend bejahen. Die Anwendung des Frameworks und dem dazugehörigen Online-Tool hat wichtige Er- kenntnisse in Bezug auf die getesteten MA hervorgehoben. Die Klassifizierung der Apps stimmt mit der ersten Wahrnehmung dieser überein. In Abbildung 18 ist anhand des vom Octalysis Online-Tools berechneten Gesamtscores zu sehen, welche App die meisten oder am ausgegli- chensten Core Drives anspricht. So erzielt Finanzguru den höchsten Score von 106 Punkten. Dahingegen erzielt finanzblick einen sehr niedrigen Score, was mit der subjektiven Nutzerer- fahrung übereinstimmt. Der Nutzer findet eine Vielzahl von Features und ein veraltetes Design wieder. Zudem werden keine untersuchten Core Drives direkt angesprochen. Wie in Abbildung 22 zu sehen ist, existiert ein Ungleichgewicht zwischen den Core Drives. So sprechen die un- tersuchten Apps vermehrt die „Left Brain “ Core Drives an wie „Ownership and Posession “ und „Development and Accomplishment “. Es werden soziale Mechaniken komplett außer acht gelassen, wobei diese im Zusammenhang mit Gamification einen großen Trend widerspiegeln (vgl. Procopie u. a., 2015). Anhand der Auswertung lässt sich formulieren, dass die Core Drives ausbaufähig sind und es noch unberührte Core Drives gibt, in denen ein innovatives Spielelement die Nutzerbindung verstärken könnte. Es lässt sich jedoch spekulieren, dass die Entwickler der Apps keine Risiken eingehen wollen und deshalb vorsichtig mit der Implementation neuer, noch nicht in diesem Genre erprobten Mechaniken sind. Zudem ist das Reden über Finanzen heutzuta- Aufbau und Analyse 19
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps ge immer noch ein Tabuthema, über das nicht gerne mit Dritten gesprochen wird (vgl. Sauerland und Höhs, 2019). In Kombination mit Game Design Elementen wie zufälligen Auszeichnung oder eventuell sogar Glückspielelementen wäre es denkbar, dass Dienstleister nicht als seriös betrachtet werden und somit ihre Nutzerbasis verlieren. Da das Ziel der Abschlussarbeit ist, sich mit der Anwendbarkeit des OF zu befassen, wurden keine Nutzerevaluationen durchge- führt. Dies ist jedoch ein wichtiger Bestandteil der Evaluierung von Gamification-Maßnahmen und besitzt eine Aussagekraft über die Nutzung der Apps. Jent und Jannick haben in einer Be- fragung gezeigt, dass demografische Unterschiede bei verschiedenen Mechaniken existieren, so beschreiben sie in ihren Ergebnissen, dass „[...]sich die jüngere Gruppe mehr durch Gami- ficationelemente motivieren lassen würde als die ältere Gruppe (Jent und Janneck, 2016)“. Die Analyse mithilfe des Octalysis Tool bietet den Entwicklern eine Möglichkeit, ihre App im Ge- samtkontext des Frameworks zu betrachten. So lassen sich Unausgewogenheiten herausstellen. Aufbau und Analyse 20
Anwendbarkeit des Gamification Frameworks Octalysis auf Multibankingapps 4 Anwendbarkeit des Design Pattern Canvas auf Octalysis Core Drives Zur Entwicklung eines Artefakts und zur Evaluierung der Anwendbarkeit des Octalysis Frame- works auf MA, wird das in Abschnitt 3.2. beschriebene DPC verwendet. In diesem Abschnitt wird darauf eingegangen, welche die zu untersuchende Aussage ist. Daraufhin werden die Er- gebnisse der Untersuchung der Aussage diskutiert. Zuletzt werden die Ergebnisse kritisch re- flektiert und zusammengefasst. 4.1 Ziel und Aussage Im vorherigen Abschnitt wurde die Anwendbarkeit des Octalysis Frameworks auf MA demons- triert. Nach den Design Science Research Guidelines nach Hevner et al. schreibt Guideline 3 vor, die Wirksamkeit, Qualität und Nützlichkeit anhand von Evaluationsmethoden zu demonstrieren (siehe Abbildung 3). Somit soll folgender Abschnitt evaluieren, inwiefern die Anwendung vom OF neue Features in MA begünstigen könnte. 4.2 Anwendung des Design Pattern Canvas auf die Core Drives des Octa- lysis Frameworks Die Core Drives des Octalysis Frameworks angewendet auf das DPC, lassen sehr schnell er- kennen, inwiefern sich der Core Drive in den Kontext der MA implementieren lässt. Wird das DPC angewandt auf den Core Drive Scarcity & Impatience lassen sich Beispiele für Mechani- ken in existierenden Apps finden (siehe „Related Research, References “ in Abbildung 19). Die begrenzte Anzahl an „Likes“ bei der Dating-App Tinder ist ein Beispiel für solche. Die Funkti- on dieser Mechaniken sind durch Studien mehrfach belegt. Eine Studie von Worchel et al. legt nahe, dass Gebäck, welches als selten angesehen worden sind, beliebter bei den Probanden wa- ren (vgl. Worchel u. a., 1975). Mithilfe des DPC lassen sich als Belege für die Funktionsweise des Core Drives finden und geben dem Anwender somit eine Hilfestellung. Des Weiteren lassen sich die Absicht (im mittleren Bereich „Purpose“) und die Mechaniken (im Bereich „Mechanics, Tasks, Gameplay, Rules“) festhalten. Im Kontext von Mutlibankingapps lassen sich so wichtige Ziele herausfiltern und Mechaniken identifizieren. Als Beispiel fällt vor allem das Ziel des Core Drives Social Influence and Relatedness ins Auge. Wie in Chou’s Buch beschrieben, zielt dieser Core Drive vor allem auf intrinsische Motivation ab. So soll eine langfristige Nutzererfahrung aufgebaut werden. Die Nutzerinteraktionen haben ein Zusammengehörigkeitsgefühl als Grund- lage und es wird versucht, eine Community zu schaffen. Mithilfe der beschriebenen Felder kann der Anwender des DPC Mechaniken ableiten, wie in den Feldern „Purpose; Mechanics, Tasks, Gameplay “ in Abbildung 20 zu sehen ist. Da bei der Anwendung das Framework Octalysis be- Anwendbarkeit des Design Pattern Canvas auf Octalysis Core Drives 21
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