BIRGIT FRANZ Australien "Moving from world class to world best" 39 - Institut für Angewandte Trainingswissenschaft
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BIRGIT FRANZ Australien „Moving from world class to world best“ [39] 1 Ausgangsposition und Bilanz Die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016 galten in den Sommersportarten als erster Test und Zwischenbilanz der australischen staatlichen Spitzensportstrategie 2012-2022, Australia’s Winning Edge (AWE; ausführlich siehe Abschnitt 5), deren Ziel im Erreichen von Platz 5 in der Länderwertung bestand. Diese Zielstellung wurde deutlich verfehlt. 2012 in London, dem bisherigen Tiefpunkt des australi- schen Spitzensports, gewannen australische Athleten Medaillen in 11 Sportarten, davon 8 x Gold in fünf Sportarten und mehrere Medaillen in sechs Sportarten, was am Ende einen unbefriedigenden 8. Rang ergab1. In Rio, den ersten Olympischen Spielen seit der Verabschiedung der neuen Spitzensportstrategie, wurden mit 29 Medaillen in 12 Sportarten noch weniger Medaillen gewonnen als in London, da- runter lediglich acht goldene (17 waren für Platz 5 erforderlich) in sechs Sportarten und mehrere Medaillen in nur fünf Sportarten. Dies reichte für Australien am Ende nur zu Platz 10, weit entfernt vom Ziel der australischen Sportführung. Auch die Prognose des australischen NOK (AOC) von 13 x Gold, 14 x Silber und 10 x Bron- ze wurde verfehlt [96]. Allerdings errangen australische Athleten neben den Medail- len 70 weitere Finalplatzierungen (Platz 4-8), die darauf hinweisen, dass in vielen Fällen der Anschluss an die Weltspitze vorhanden ist (Tab. 1). Bezüglich verpasster Goldmedaillen enttäuschten insbesondere die Sportarten, auf denen die größten Hoffnungen ruhten: Schwimmen mit nur 3 x Gold, Rudern (1 x Gold) und Radsport (lediglich 1 x Gold und 1 x Silber), Australien ist jedoch – wie die erfolgreichen Jah- re zeigen – auf mehr Goldmedaillen gerade in diesen Sportarten angewiesen. Auch Triathlon, die Mannschaftssportarten und die Leichtathletik konnten nicht wie erhofft zum Medaillenspiegel beitragen (Tab. 2). Aus 14 Entscheidungen in den Spiel- sportarten nahm Australien nur eine einzige Medaille mit, eine Negativentwicklung, die sich bereits 2012 in London abzeichnete. Der seit 2004 bestehende Abwärtstrend bezüglich der Anzahl der Medaillen, der Goldmedaillen und des Rankings in der Nationenwertung, dem mit der AWE- Strategie begegnet werden soll, konnte somit in Rio nicht gestoppt werden. Die Medaillenbilanz ist aktuell weiter negativ – Rio bedeutet das schwächste Abschnei- den Australiens seit Barcelona 1992. Vor allem in der zweiten Hälfte der Spiele konnte das Team kaum noch punkten (22 Medaillen in der 1. Hälfte, sieben in der 2.) [101]. 1 Die Medaillenwertung wurde infolge der Doping-Disqualifikation von S. Kirdjapkin über 50 km Gehen nachträglich korrigiert, wodurch Australien von ursprünglich Platz 10 auf Platz 8 vorrückte. Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 157
Tab. 1. Medaillen und Platzierungen Australiens 2016 im Vergleich zu 2012, 2008 und 2004 [46] Platz Medaillen gesamt 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Rio 2016 10 29 8 11 10 12 18 11 18 11 London 2012 8 35 8 15 12 11 19 10 13 9 Peking 2008 6 46 14 15 17 11 16 19 10 9 Athen 2004 4 50 17 16 17 19 12 15 8 10 Tab. 2. Medaillenverteilung nach Sportarten (in Klammern 2012; Pfeile: Tendenz vs. 2012) Medaillen gesamt Sportart Gold Silber Bronze Ist Ziel Badminton − − − − − − − − − Basketball − − − − − (1) − (1) 1 Beachvolleyball − − − − − − − − − Bogenschießen − − − − 1 (−) 1 (−) 0-1 Boxen − − − − − − − − − Fechten Keine Teilnahme Fußball − − − − − − − − − Gerätturnen − − − − − − − − 0-1 Gewichtheben − − − − − − − − − Golf − − − − − − − − 0-2 Handball Keine Teilnahme Hockey − − − − − (1) − (1) 0-1 Judo − − − − − − − − 0-1 Kanurennsport − (1) − (−) 1 (−) 1 (1) 2-4 Kanuslalom − (−) − (1) 1 (−) 1 (1) Leichtathletik − (2) 1 (1) 1 (−) 2 (3) 2-4 Mod. Fünfkampf 1 (−) − − − − 1 (−) − Radsport Straße − − − − − − − − Bahn − (1) 1 (1) 1 (−) 2 (2) 5-7 Mountainbike − − − − − (3) − (3) BMX − − − (1) − − − (1) Reiten − − − − 1 (−) 1 (−) 1-2 Ringen Freistil, Gr.-römisch − − − − − − − − − Rhythmische − − − − − − − − − Sportgymnastik Rudern 1 (−) 2 (3) − (2) 3 (5) 3-6 Rugby 7 1 (−) − − − − 1 (−) 0-1 Schießen 1 (−) − − − − 1 (−) 1-2 Pistole, Gewehr, Flinte Schwimmen 3 (1) 4 (6) 3 (3) 10 (10) 9-11 Becken, Freiwasser Segeln 1 (3) 3 (1) − − 4 (4) 3-5 Synchronschwimmen − − − − − − − − − Taekwondo − − − − − − − − 0-1 Tennis − − − − − − − − − Tischtennis − − − − − − − − − Trampolin − − − − − − − − − Triathlon − − − − − (1) − (1) 0-1 Volleyball Keine Teilnahme Wasserball − − − − − (1) − (1) 0-1 Wasserspringen − − − (1) 1 (−) 1 (1) 1-2 Gesamt 8 (8) 11 (15) 10 (12) 29 (35) 28-54 158 FRANZ: Australien
Leistungsentwicklung Australien 70 1 2 60 3 Medaillen Gesamt/Gold 50 Platz Länderwertung 4 5 40 6 30 7 20 8 9 10 10 58 4 16 50 4 17 46 6 14 35 8 8 29 10 8 0 11 Sydney 2000 Athen 2004 Peking 2008 London 2012 Rio 2016 Medaillen Gesamt Goldmedaillen Platz Länderwertung Abb. 1. Leistungsentwicklung Australien 2000-2016 Von den 29 Medaillen gewannen die Frauen 12 (41,4 %), die Männer 16 (55,2 %), eine wurde von einem Mixed Team gewonnen. Von den acht Goldmedaillen gingen fünf an die Frauen, drei an die Männer. Insgesamt kehrten 71 der 422 australischen Athleten mit einer Medaille nach Hause zurück (16,8 %), von denen 41 Olympianeu- linge waren. Das mittlere Alter der Medaillengewinner lag bei 25,7 Jahren [130]. Tab. 3. Australische Medaillen nach Geschlecht Gold Silber Bronze Medaillen gesamt Frauen 5 3 4 12 Männer 3 7 6 16 Mixed Team 1 1 Trotz der insgesamt verfehlten Zielstellung registrierte Chef de Mission Kitty Chiller „mit Stolz“ auch viele positive Ergebnisse der australischen Mannschaft: So wurden in Rio von australischen Athleten insgesamt 23 persönliche Bestleistungen erzielt (11 im Schwimmen, 11 in der Leichtathletik, eine im Bogenschießen) sowie ein Welt- rekord (Schwimmen), drei Juniorenweltrekorde und drei olympische Rekorde auf- gestellt. Die Segler zeigten mit vier Medaillen eine hervorragende Leistung − sieben der 11 Teammitglieder fuhren mit einer Medaille zurück. Drei Sportarten gewannen Medaillen, die in London medaillenlos geblieben waren (Moderner Fünfkampf, Bo- genschießen, Schießen). Zudem gewann Australien das olympische Rugby-Debüt der Frauen und noch nie erzielten so viele junge australische Athleten (U24) so vie- le Top-Acht-Platzierungen wie in Rio. Der Kampf um die Medaillen sei oft sehr knapp gewesen (Basketball, Wasserball, Fußball), weshalb Chiller „Platz 5 oder 6“ in der Nationenwertung nach wie vor für realistisch hält: „Ich habe keinen Zweifel Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 159
daran, dass wir das Potenzial haben“ [101; 113]. Dass Olympische Spiele etwas Besonderes sind und ein Sieg keineswegs selbstverständlich, bittet auch Schwim- merin Bronte Campbell zu beachten, die das Podium knapp verfehlt hat: „Bei Olympischen Spielen geht es nicht darum zu gewinnen, sondern darum, zu versuchen zu gewinnen“ [149]. Bereits vor den Spielen hatte jedoch die australische Sportführung alles als „extre- me Enttäuschung“ eingestuft, was „keine Verbesserung der Platzierung von Lon- don“ bedeutet [52]. Dementsprechend breit gefächert fallen auch die ersten Ein- schätzungen des Abschneidens Australiens aus (siehe auch Abschnitt 5.8), sie rei- chen von „solide“ über „Stagnation in vielen Sportarten und besorgniserregende Rückentwicklung in anderen“ bis hin zu „Desaster“ [106; 117]. Während in den Verbänden die genauen Analysen noch im Gange sind, wurden in ersten kritischen Reaktionen unmittelbar nach den Wettkämpfen bereits einige Gründe für die schwachen Leistungen angeführt. Dazu zählen: Die unzureichende Konzentration und Fokussierung auf die Olympischen Spiele mit absoluter Unterordnung von WM etc. [108]. Die Unfähigkeit der Mannschaftssportarten, insbesondere Hockey, sich im Tur- nierverlauf zu steigern [105]. Ein falscher (zu früher) Zeitpunkt für die Nominierung, z. B. die Trials im Schwimmen (Bill Sweetenham) [110]. Zu großer psychischer Druck auf die Athleten, insbesondere in Sportarten und Disziplinen mit Medaillenhoffnungen (Michael Maroney, früherer Triathlet und Direktor Triathlon Australia) [109]. 2 Mannschaft und Altersstruktur Australien wurde durch 422 Athletinnen und Athleten (214 Frauen und 208 Männer) bei den Olympischen Spielen in Rio vertreten (London 410, Peking 435), davon wa- ren 273 Olympianeulinge (64,8 %). Australien beschickte bis auf Fechten, Handball und Volleyball alle Sportarten. Bei den Frauen fehlten zudem Ringerinnen, die Männer konnten sich im Beachvolleyball, Fußball und Gerätturnen nicht qualifizie- ren. Die Athleten wurden von mehr als 300 Offiziellen begleitet, darunter einer fünfköpfi- gen Mannschaftsleitung, den Teamleitern der Sportarten und den Verantwortlichen für die Funktionsbereiche Leistung, Athletenservice, Service und Support, operati- ves Geschehen, Medien und Medizin. Zu letzterem gehörte auch das australische Recovery Centre vor Ort in Rio, in dem den Athleten rund um die Uhr sowohl de- zentral in den größeren Mannschaften als auch zentral im australischen Headquar- ter für die kleineren Mannschaften medizinisches Personal, Psychologen und Phy- siotherapeuten zur Verfügung standen. 160 FRANZ: Australien
Das Durchschnittsalter der australischen Athleten lag bei 26 Jahren (Tab. 4). 178 Athleten (42,5 %) waren jünger als 25 Jahre (und wären damit 2020 im besten Hochleistungsalter), jüngstes Mannschaftsmitglied war die 16-jährige Fußballerin Ellie Carpenter, ältestes die Reiterin Mary Hanna, die in Rio mit 61 ihre 5. Olympi- schen Spiele erlebte [45; 89; 143]. Tab. 4. Anzahl und Alter der australischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Sportarten [45] Teilnehmer Ø-Alter Sportart Frauen Männer Gesamt Frauen Männer Gesamt Badminton 2 3 5 24 25 24 Basketball 12 12 24 27 28 28 Beachvolleyball 4 - 4 26 - 26 Bogenschießen 1 3 4 23 23 23 Boxen 1 2 3 28 24 25 Fechten Keine Teilnahme Fußball 18 - 18 24 - 24 Gerätturnen 1 - 1 24 24 Gewichtheben 1 1 2 23 33 28 Golf 2 2 4 20 40 30 Handball Keine Teilnahme Hockey 16 16 32 25 28 26 Judo 3 4 7 22 21 22 Kanurennsport 3 10 13 24 30 29 Kanuslalom 1 2 3 22 27 25 Leichtathletik 31 30 60 26 26 26 Moderner Fünfkampf 1 1 2 24 19 22 Radsport Straße 4 3 7 31 29 30 Bahn 7 9 16 27 23 25 Mountainbike 1 2 3 24 26 25 BMX 2 3 5 25 23 24 Reiten 5 7 12 49 42 45 Ringen Freistil - 2 3 34 34 Griechisch-römisch 1 30 30 Rhythmische Sportgymnastik 1 1 24 24 Rudern 16 13 29 25 27 26 Rugby 7 12 12 24 25 25 25 Schießen 6 12 18 29 32 31 Pistole, Gewehr, Flinte Schwimmen 20 19 39 22 23 23 Becken + Freiwasser Segeln 4 7 11 23 27 26 Synchronschwimmen 9 9 - - Taekwondo 2 2 4 31 28 30 Tennis 4 6 10 29 26 27 Tischtennis 3 3 6 31 25 28 Trampolin - 1 1 24 24 Triathlon 3 3 6 29 26 27 Volleyball Keine Teilnahme Wasserball 13 13 26 26 27 26 Wasserspringen 5 4 9 22 24 23 Gesamt 214 208 422 26 27 26 Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 161
3 Die australische Spitzensportpolitik und -struktur Der Staat fördert und organisiert den Sport in Australien auf allen Ebenen vom Brei- ten- bis zum Spitzen- und Behindertensport. Dabei spiegelt sich die föderale Struk- tur Australiens auch im Sportsystem wider. Die Dachorganisation der Regierung für den Bereich Sport ist die Australian Sports Commission (ASC), die dem Gesund- heitsministerium (Health Department) angegliedert ist, in dem die ministeriellen Verantwortungsbereiche Gesundheit, Altersfürsorge und Sport gebündelt sind. Der Spitzensport wird durch das Australian Institute of Sport (AIS) und die mit ihm über ein kooperatives Netzwerk (National Elite Sports Council, NESC) verbundenen Sportministerien sowie Sportinstitute und -akademien (SIS/SAS) der Bundesstaa- ten und Territorien2 verantwortet. Weitere Akteure im australischen Sportsystem sind das Nationale Olympische Komitee (AOC), das Paralympische Komitee (APC) und die Australische Vereinigung der Commonwealth Games (ACGA) [42]. Abb. 2. Struktur des australischen Spitzensportsystems [42] Die Australische Sportkommission (ASC) Die ASC wurde 1985 als staatliche Einrichtung für die Entwicklung, Leitung und Fi- nanzierung des australischen Sports gegründet und vereint als nationale Sportinsti- tution seit ihrer Neustrukturierung 2012 drei Bereiche unter einem Dach: das für den Spitzensport verantwortliche Australian Institute of Sport (AIS; Direktor 2 In Australien gibt es sechs Bundesstaaten und drei kontinentale Territorien, gemeint ist im Folgenden der besseren Lesbarkeit halber beides, wenn von Bundesstaaten gesprochen wird. 162 FRANZ: Australien
Matthew Favier – früherer Mittelstreckenläufer und bis 2011 in leitender Position bei UK Sports), den Bereich Breitensport und zukunftsfähiger Sport (Leitung Michael Thomson – vielfältige Erfahrungen in Sport- und Wirtschaftsfunktionen) und den Bereich Corporate Operations (Leitung Steve Jones – Leitungserfahrungen in Ar- mee und Wirtschaft). ASC-Geschäftsführer war im Olympiazyklus 2012-2016 der frühere Hürdenläufer und politikerfahrene Simon Hollingsworth3. Aufgaben und Ar- beitsweise der ASC sind grundsätzlich im Australian Sports Commission Act von 1989 geregelt. Die Leitung der ASC obliegt einem durch die Regierung benannten Vorstand unter Vorsitz von John Wylie, der – wie die anderen neun Vorstandsmit- glieder auch – über zahlreiche Erfahrungen und Verbindungen in der Wirtschaft, im Sport und in gesellschaftspolitischen Gremien verfügt. Die ASC trägt einerseits Verantwortung für internationale sportliche Erfolge australischer Athleten als auch für eine stärkere Sportbeteiligung der Bevölkerung. Sie arbeitet eng mit den natio- nalen Sportverbänden (NSOs) und den nationalen Sportverbänden für Menschen mit Behinderungen (NSODs) zusammen [1]. Die ASC kooperiert aber traditionell auch mit namhaften australischen und internationalen Wirtschaftsunternehmen, z. B. Nestlé, Pepsi, Unilever (Gatorade), 2XU (Thermoskin), Beiersdorf u. a. [52]. Neben der zentralen Leitung des australischen Sports gibt es in den Bundesstaaten und Territorien weitere acht mit der ASC kooperierende staatliche und regionale Sportministerien, Sportinstitute und -akademien (SIS/SAS) mit entsprechenden un- tergeordneten Einrichtungen und Institutionen für die Belange des Sports auf bun- desstaatlicher Ebene und für die „bessere Unterstützung der Athleten durch natio- nal abgestimmte Hochleistungspläne“ [28, S. 1). Diese Einrichtungen bilden ein ko- operatives institutionelles Netzwerk mit dem Australian Institute of Sport (AIS). Zu diesem Zweck haben 2011 bis auf New South Wales alle Bundesstaaten und Terri- torien das kooperative sogenannte National Institute System Intergovernmental Ag- reement mit dem AIS abgeschlossen [28]. Die ASC verfügt über eine Personalkapazität von 513,1 Stellen an 16 Standorten (Stand Oktober 2015), davon die Mehrheit (420,3) am 66 ha großen Hauptsitz in Canberra. Viele der Mitarbeiter sind ehemalige Aktive, Trainer oder selbst sportlich aktiv [52; 126]. Zu den wichtigsten Arbeitsergebnissen der ASC 2014/15 zählt CEO Hollingsworth: Die Initiierung der Breitensportinitiative Play.Sport.Australia. zur Gewinnung von noch mehr Australiern für das regelmäßige Sporttreiben. Leitungsreformen und strukturelle Veränderungen in den Sportverbänden. Ein Sportförderprogramm in Zusammenarbeit mit Schulen („Sporting Schools“), für dessen Unterstützung innerhalb von sechs Monaten 30 Sportverbände ge- wonnen und 10 Pilotprogramme erfolgreich gestartet werden konnten. Insge- samt waren 3.600 Grundschulen und 1.200 Trainer daran beteiligt [52]. 3 Nach den Spielen von Rio gab Hollingsworth diese Position ab und orientierte sich beruflich neu als Vize- Finanzminister des Staates Victoria. Während der Suche nach einem neuen CEO wird AIS-Chef Favier diese Position kommissarisch bekleiden [122]. Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 163
Abb. 3. Organisationsstruktur der Australian Sports Commission (Stand 30. Juni 2015) [52] 4 Das Australian Institute of Sport (AIS) Die Belange des Leistungssports in Australien werden durch das Australian Institu- te of Sport vertreten und gelenkt, das die „strategische Spitzensporteinrichtung“ der Australian Sports Commission (und damit der Regierung) verkörpert und „verant- wortlich für internationale Erfolge“ ist. Das AIS bietet den Spitzenathleten „Expertise und Service auf Weltspitzenniveau“ und ist dafür zuständig, dass die Athleten „auf ihrem Weg an die Weltspitze jederzeit die richtige Unterstützung zum richtigen Zeitpunkt“ erhalten [6]. Diese Unterstützung umfasst die Bereiche Training, Sport- wissenschaft, Medizin, Trainingsplanung, Laufbahnberatung und Ausbildung [42]. 164 FRANZ: Australien
Das AIS, das über 197 Vollzeitstellen verfügt, arbeitet dabei eng mit den nationalen Spitzensportverbänden, den Sportinstituten und -akademien in den Bundeslän- dern/Territorien sowie dem NOK, dem Paralympischen Komitee und der Australi- schen Vereinigung für Commonwealth Games zusammen [9; 42]. Die Gründung des AIS im Januar 1981 bezeichnet sein heutiger Direktor als „Revo- lution des australischen Sports“ [9]. Katalysator für diesen Schritt war das schlechte Abschneiden Australiens bei den Olympischen Sommerspielen 1976 (1 x Silber, 4 x Bronze, Platz 32). Veränderungen in Richtung eines „professionelleren Herange- hens an den Spitzensport“ wurden jedoch bereits 1973 eingeleitet. Nach Analysen erfolgreicher Spitzensporteinrichtungen Europas empfahl der Sportwissenschaftler John Bloomfield der föderalen Regierung Australiens die Schaffung eines ver- gleichbaren nationalen Sportinstituts. Ein Umsetzungsplan dafür wurde 1974/75 von Dr. Allan Coles vorgelegt, der allerdings erst im Januar 1981 mit der Eröffnung des AIS realisiert wurde, die der australische Ministerpräsident Fraser persönlich vornahm. Erster Institutsdirektor war der erfolgreiche Schwimmtrainer Don Talbot. Die Aufgabe des Instituts war und ist die „Entwicklung des Spitzensports in Austra- lien durch die Bereitstellung von besten Trainingsbedingungen, Serviceeinrichtun- gen und finanziellen Mitteln für Sportverbände und potenzielle Spitzenathleten“. Be- reits bei den Olympischen Spielen 1984 waren die ersten Erfolge der Arbeit des In- stituts sichtbar, das sich zu Beginn auf nur acht Sportarten konzentrierte. AIS- Athleten gewannen in Los Angeles sieben der 12 Medaillen im Schwimmen, die Turner erreichten ihre beste Leistung im Vergleich zu allen Spielen zuvor und die Leichtathleten beendeten die Wettbewerbe in den Top Sechs. Daraufhin wurden vier weitere Sportarten in die direkte Betreuung des AIS in Canberra aufgenom- men, das Budget des Instituts 1985/86 wurde um 60 % erhöht. Bis 1985 arbeitete das Institut als private Einrichtung, der Status wurde dann in einen staatlichen um- gewandelt, u. a. um die Arbeit für das Parlament durchsichtiger zu machen. Zudem wurde der Vorstand stärker in die alltägliche Arbeit und strategische Entscheidun- gen des Instituts einbezogen. 1987 wurde das AIS der Australian Sports Commission unterstellt [7]. Die Serviceleistungen des AIS wurden später auf insgesamt 35 Ver- bände, darunter auch paralympische, ausgeweitet, die sowohl zentral in Canberra als auch an ausgewählten dezentralen Trainingsstandorten angeboten werden [7]. Heute ist das Institut in Canberra ein sportartübergreifendes „Exzellenzzentrum“, das sowohl von einheimischen wie auch von ausländischen Athleten genutzt wird. Es erfüllt drei Hauptaufgaben: Strategische Führung und Lenkung des Hochleistungssports, Vorbereitung und „Rundum“-Unterstützung der Spitzenathleten, Förderung einer nationalen angewandten Trainingswissenschaft [7; 9]. Zum Führungsstab neben Direktor Matthew Favier und seinem Stellvertreter Andrew Logan (Bereich Training) gehören die Leiter der Bereiche Biomechanik, Bewegungswissenschaft, Leistungssportstrategie, Leistungsbetrieb, Aus- und Wei- terbildung von Trainern und Führungskräften, Kraft & Konditionierung, Sportpsy- Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 165
chologie, Laufbahnberatung/Ausbildung, Innovation, Forschung & Entwicklung, Physiotherapie, Ernährungsberatung, Physiologie, Angewandte Sensortechnologie, Sportmedizin sowie der Leiter des Europäischen Trainingszentrums im italieni- schen Gavirate. Der Campus in Canberra ist der Kern des AIS, 11 Sportarten haben dort ihr natio- nales Trainingszentrum etabliert. Das Training an diesem Standort findet entweder ganzjährig oder in Form von Trainingslehrgängen statt und wird von AIS-betreuten und -finanzierten nationalen Trainingszentren für ausgewählte Sportarten in ande- ren Städten ergänzt (z. B. Hockey in Perth, Radsport im High Performance Unit des australischen Radsportverbands in Adelaide, Segeln in Sydney, Wasserspringen in Brisbane oder Kanurennsport und Triathlon in Gold Coast). 2015 zählte das AIS 45.000 Übernachtungen in seinem Hochleistungscamp, was einen Anstieg um 10 % und 120 Übernachtungen pro Tag (davon ca. 40 Dauerbewohner) bedeutet [9]. Für ein hochwertiges Training sind ca. 75 Trainer direkt am AIS angestellt. Etwa 700 Athleten erhalten derzeit finanzielle Unterstützung, beste Trainingsbedingun- gen und Zugang zu den hochmodernen Sportanlagen inklusive Unterkunft, Verpfle- gung, Reisekostenzuschüsse aber ebenso Unterstützung bei ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung durch das Institut [7]. Das AIS kann im Rahmen von Führungen (geleitet durch AIS-Mitarbeiter oder im Rahmen offizieller Sightseeingtours) von der Öffentlichkeit besichtigt werden. 2015 haben 115.900 Menschen an einer solchen Tour teilgenommen, insgesamt haben bereits mehr als 515.000 Menschen das AIS besucht [52]. 4.1 Arbeitsbereiche und Aufgaben des AIS Die Betreuungs- und Serviceleistungen des AIS für Athleten, Trainer und Verbände erfolgen in vier Hauptbereichen: Performance Support (sportwissenschaftliche und medizinische Unterstützung), Technology & Innovation (Forschung und Entwicklung), Personal Excellence (Persönlichkeitskompetenzen, duale Karriere), Nutrition (Ernährungsberatung). 4.1.1 Performance Support Im Rahmen des Performance Support Program des AIS erhalten die Spitzenathle- ten breite wissenschaftliche und medizinische Unterstützung und eine umfassende Betreuung ihrer Trainings- und Wettkampftätigkeit. Dieser Service beinhaltet: Sportwissenschaft Bewegungswissenschaft (Biomechanik/Leistungsdiagnostik/motor. Lernen), Physiologie und Wiederherstellung, Informationswissenschaft, Datenbanksystem. Klinische Leistungen Sportmedizinische Betreuung, Physiotherapie, 166 FRANZ: Australien
Kraft- und Konditionstraining, Ernährungsberatung, Psychologische Betreuung. Qualitätssicherung (z. B. Absicherung von Teststandards) [30]. Bewegungswissenschaft Der 2010 gebildete Bereich Movement Science arbeitet interdisziplinär sowohl pra- xisorientiert als auch forschend und in Kooperation mit den Trainern und Betreuern der Athleten und mit Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen auf den Ge- bieten Leistungs-, Trainings- und Wettkampfanalyse, Biomechanik und motorisches Lernen in zahlreichen Sommer- und Wintersportarten (olympisch und paralym- pisch). Ergebnisse aus den aktuellen Analysen wie auch Längsschnittuntersuchun- gen von Sportlern sind Leistungsstrukturaufhellungen, Trainingsempfehlungen und Hinweise für die Verletzungsprävention. Im Bereich Bewegungswissenschaft, in dem ca. 32 Mitarbeiter beschäftigt sind, da- runter Sportwissenschaftler und Biomechaniker, werden gemeinsam mit Partnern aus dem akademischen Bereich und über Graduierungsprojekte zahlreiche For- schungsprojekte realisiert, bei denen auch jeweils der nationale oder internationale Sportverband beteiligt ist. Beispiele aus der Forschungstätigkeit des Fachbereichs sind neben anderen: der Einfluss des Wellenwiderstands auf Leistung und Bilderkennung im Schwimmen, Biomechanische Analyse und Lerndesign für Spitzenleistungen im Speerwerfen, Analysetechniken zur Identifizierung von Spielstrategien, Trends, Verhaltens- weisen und Taktiken in den Sportspielen, der Einfluss von Technologien und des Rollstuhldesigns auf die Leistung, die Entwicklung von Sensortechnologien zur Echtzeit-Belastungssteuerung in verschiedenen Sportarten, Entwicklung von Echtzeittechnologien für die Wettkampf- und Technikanalyse, Biomechanik von Rückenverletzungen im Cricket und in anderen Sportarten [31]. Physiologie Zum 1981 etablierten AIS Department of Physiology gehören das Hämatologie-/Biochemielabor zur Analyse von Blut-, Speichel-, Schweiß- und Urinproben auf physiologische Auffälligkeiten und zur Erkennung der An- passungsreaktion an Trainings- und Wettkampfbelastungen, die technische Werkstatt für die Herstellung speziellen Equipments (darunter waren in den letzten Jahren z. B. ein automatisiertes Atemgasanalysesystem, ein modernes Laufbandsteuerungssystem, ein System zur Vermessung von Ru- derkursen, ein Fahrradergometer entsprechend der kinetischen Bedingungen im Straßenradsport oder das Höhenhaus in Canberra für bis zu 12 Sportler [32]. Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 167
Auch dieser Bereich arbeitet interdisziplinär und in Kooperation sowohl mit akade- mischen Einrichtungen als auch mit Partnerunternehmen in der Wirtschaft. Haupt- anliegen der etwa 40 Mitarbeiter (darunter erfahrene Physiologen, aber auch zahl- reiche Doktoranden) ist die direkte sportwissenschaftliche Unterstützung des Athle- ten, beispielsweise durch die Aufhellung und Beeinflussung der leistungsbestim- menden physiologischen Parameter. Das AIS Recovery Centre im Bereich Physiologie wurde eingerichtet, um einerseits die Mechanismen um die belastungsinduzierte Ermüdung und das breite Spektrum der Wiederherstellung aufzuklären und optimale Wiederherstellungsstrategien für die Athleten zu finden und diese andererseits direkt vor Ort anzubieten. Unter an- derem erfolgen Weiterbildungen von Athleten und Trainern zum Thema Ermüdung und Wiederherstellung und ggf. die Bereitstellung dafür notwendigen Equipments, Schlafanalysen von Athleten, die Analyse von Trainingsreaktionen, die Entwicklung von Reiseempfehlungen, die Einflussnahme auf die räumliche und bauliche Gestal- tung von Arealen zur Wiederherstellung sowie Forschungen zum Thema belas- tungsinduzierte Ermüdung und Wiederherstellung. Zum Recovery Centre gehören ein Nass- und ein Trockenbereich mit einer Vielzahl regenerativer Möglichkeiten. Ein aktueller Forschungsschwerpunkt dieses Bereichs ist die akute und langfristige Auswirkung sportlicher Belastung auf das Immunsystem und Krankheiten bei Spit- zen- und Nachwuchsleistungssportlern [32]. Sportpsychologie Die Arbeit des Bereichs Performance Psychology bietet durch acht direkt angestell- te Psychologen (einer davon z. B. ausschließlich für den Radsport) und über exter- ne Partner vielfältige Serviceleistungen für Sportler, Trainer und Verbandsfunktio- näre an. Im Vordergrund stehen Methoden zur Leistungssteigerung. Weitere Ziele sind die Effektivierung der organisatorischen Strukturen, die Erhaltung der psychi- schen Gesundheit, die Schaffung eines produktiven Mannschaftsumfelds und einer gesunden Kommunikation oder das Bewältigen von Leistungstiefs, persönlichen Krisen und Verletzungen. Psychologische Hilfe wird den Athleten auch zur Erlan- gung einer gesunden Work-Life-Balance oder bei der Bewältigung des Übergangs vom Leistungssport ins „Leben danach“ angeboten. Zum Einsatz kommen u. a. die systematische Selbstregulation von kognitivem Denken, Emotionen, Achtsamkeit und Energie sowie Weiterbildungs- und Trainingsmaßnahmen [33]. Eine Sonderleistung des Bereichs Sportpsychologie am AIS ist die Initiative „Brain- waves“ – speziell für Sportler entwickelte Merkblätter mit praktischen Informationen zu psychologischen Fertigkeiten im Sport. Schwerpunkte darin sind Zielsetzung, Konzentration, Motivation, Imagination, Wettkampfroutinen, Selbstregulation, Selbst- vertrauen, Verletzungsmanagement und Wiederherstellung [33]. Eine weitere Initiative ist das Onlineprojekt „High Performance Mental Skills Online“ (HPMS Online) zur Unterstützung des Verständnisses und Einsatzes von mentalen Fertigkeiten in Training und Wettkampf. HPMS Online umfasst sechs Module (Ziel- 168 FRANZ: Australien
setzung, Motivation, Konzentration, Imagination, Getting in the zone, Wettkampf- routinen) für Sportler aller Leistungsebenen, die kostenfrei über die Lernplattform der Australia Sports Commission angeboten werden. Jedes Modul enthält Informa- tionen über die jeweilige Fertigkeit sowie darüber, wie sie eingesetzt und entwickelt werden kann [33]. Die sportpsychologische Betreuung der Spitzenathleten ist in Australien „integraler Teil der sportwissenschaftlichen Serviceleistungen“. Speziell ausgebildete, erfahre- ne Sportpsychologen standen den australischen Athleten nicht nur in der Vorberei- tung auf die Olympischen Spiele, sondern auch vor Ort in Rio 24 Stunden am Tag sowohl zentral im olympischen Dorf als Bestandteil des australischen Medical Headquarter als auch dezentral in den Mannschaften zur Verfügung. Die Überzeu- gung der Psychologen ist: „Die psychische Stärke entscheidet über den Platz auf dem Podium“ [94]. Sportmedizin und Physiotherapie Der Bereich Sportmedizin beschäftigt Ärzte und Krankenschwestern, betreut eine AIS-eigene Apotheke und arbeitet eng mit den anderen Performance-Support- Bereichen des AIS zusammen. Der Bereich Sportmedizin betreut und behandelt die Spitzenathleten, führt aber auch zunehmend eigene Forschungen zu sportrelevan- ten Themen durch. Zu den aktuellen Forschungsthemen gehören z. B. die Behand- lung von Eisenmangelzuständen, Gehirnerschütterungen, Achillessehnenproble- men, Verletzungen der ischiokruralen Muskulatur oder – in Zusammenarbeit mit Partnern aus Sportwissenschaft und Forschung – die Bedeutung genetischer Fak- toren für Verletzungen von Knochen und Bändern [34]. Im Projekt „Stay healthy“ wurden die potenziellen Olympiaathleten und WM-Starter 2016 im Sinne der umfassenden Gesundheitsfürsorge und Krankheitsprävention betreut [34]. Die Abteilung Physiotherapie bietet den australischen Spitzenathleten mit 19 Mitar- beitern einen „Weltklasseservice“, einmal direkt am AIS, zum anderen durch die Begleitung und Betreuung der Athleten auf Trainings- und Wettkampfreisen [35]. Kraft und Konditionierung Ein weiterer Part des Performance Support des AIS für die Athleten ist das Kraft- und Konditionstraining, für das ein eigener Bereich mit einem eigenen 13-köpfigen Mitarbeiterpool zur Verfügung steht. Für jeden Athleten wird von den Trainingswis- senschaftlern in Kooperation mit Sportmedizinern und Trainern ein individuell auf seine spezifischen Bedürfnisse zugeschnittenes Trainingsprogramm zur Entwick- lung und Optimierung der konditionellen, koordinativen und technischen Fähigkei- ten und zur Schaffung bestmöglicher komplexer Leistungsvoraussetzungen erar- beitet. Der Athlet muss dieses Training dokumentieren, um Trainingswirkung und Leistungsfortschritte ersehen und gegebenenfalls Korrekturen im Training vorneh- men zu können. Das Feedback an die Sportler und Trainer erfolgt mittels moderner Kommunikationstechnologien. Der Bereich AIS Strength and Conditioning stellt al- Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 169
len Athleten im Rahmen von Australias Winning Edge – sowohl am Zentrum in Canberra als auch dezentral an anderen Standorten – individuelle Trainingspro- gramme zur Verfügung [36]. Auch der Bereich AIS Strength and Conditioning führt eigene In-House-Forschung durch. Bearbeitete Forschungsprojekte waren beispielsweise: Die Grundlagen gut machen: Verständnis des Coaching-Prozesses im Hoch- leistungssport durch effektives Planen, Beobachten und Überprüfen. Kontrolle der Kraftentwicklung bei Basketballspielern im Juniorenbereich. Ermittlung „optimaler“ Belastungen für Spitzensportler zur Maximierung des indi- viduellen Transfers von Trainingswirkungen für die sportartspezifische Leistung. Verständnis und Quantifizierung akkumulierter anaerober Ermüdung. Untersuchung ein- und beidseitigen Krafttrainings der unteren Extremitäten und Auswirkung auf die Leistung [36]. Eine übergreifende Leistung im Rahmen des AIS Performance Support ist die Qua- litätssicherung über das National Sport Science Quality Assurance Program (NSSQA). Dieses Programm des AIS dient der Schaffung einheitlicher, zertifizierter nationaler Teststandards in der australischen Sportwissenschaft, so wie es auch in anderen Bereichen wie Pathologie, Hämatologie oder Materialprüfung üblich ist, und deren stetiger Verbesserung. In die Evaluationen sind sowohl das AIS als auch die regionalen Sportinstitute und -akademien einbezogen, sie betreffen das Perso- nal ebenso wie die Dokumentation, die Kalibrierung und den Zustand der Untersu- chungstechnik, die Testdurchführung und die Darstellung der Untersuchungser- gebnisse. Untersuchungslabore und Sporteinrichtungen können so über das NSSQA zertifiziert werden [37]. Abb. 4. Leistungsangebot des Bereichs Performance Support [31-37] 170 FRANZ: Australien
4.1.2 Technology & Innovation Unter der Überschrift AIS Innovation Research and Development findet die (techno- logieorientierte) Forschung für den Hochleistungssport statt. Dieser Punkt wird im Bei- trag als eigener Abschnitt im Gesamtkontext Sportforschung behandelt (siehe 6.1). 4.1.3 Personal Excellence – Persönlichkeitskompetenzen und duale Karriere Auf die Persönlichkeitsentwicklung sowie die berufliche/schulische Ausbildung ne- ben dem Sport (duale Karriere) wird bei allen am AIS betreuten Athleten großer Wert gelegt. Die Work-Life-Balance wird als notwendiger Faktor sportlicher Spitzen- leistungen betrachtet. Personal Excellence (früher: Athlete Career and Education Network ACE) ist eine Initiative des AIS, die den Athleten in ihrer Gesamtentwick- lung und bei der Entscheidungsfindung für den Sport und das Leben neben dem Sport helfen soll. Den Athleten werden verschiedene Ratgeber und Bildungsmög- lichkeiten angeboten. Eine davon ist die Initiative myAISplaybook für Spitzenathle- ten, eine nur für die Athleten zugängige interaktive virtuelle Kommunikations- und Lernplattform zum sportartübergreifenden Erfahrungsaustausch. Trainer und Sport- verbände haben keinen Zugang zu diesem Portal. Das AIS hat die Möglichkeit, über diesen Weg aktuelle Themen und Inhalte im Rahmen von Personal Excellence an die Sportler heranzutragen. Es arbeitet dazu auch mit den Sportver- bänden sowie den Sportinstituten und -akademien der Bundesländer zusammen. Für Athleten unter 16 Jahren und deren Eltern wurde ein separater Bereich einge- richtet. Ende 2015 waren 1.811 Sportler bei myAISPlaybook registriert [13; 14; 52]. Für die Unterstützung australischer Spitzensportler bei der Erlangung einer akade- mischen Ausbildung bei Fortsetzung der leistungssportlichen Karriere wurde das Elite Athlete Friendly University Network (EAFU) geschaffen, in dem sich spitzen- sportfreundliche Universitäten zusammengeschlossen haben, die den Wert der „Kombination von Sport und höherer Bildung für einen größeren Lebenserfolg“ so- wie die spezifischen Anforderungen der Kombination von Studium und Trai- ning/Wettkampf anerkennen. Momentan gehören diesem Bündnis 39 Universitäten und Hochschulen aus allen Teilen Australiens an. Gemeinsam werden Wege und Möglichkeiten gesucht und praktiziert, Spitzensportler trotz des durch den Sport dominierten Umfelds zu einem akademischen Abschluss zu führen. Im Rahmen des EAFU-Projekts wird den studierenden Athleten beispielsweise neben der Un- terstützung durch das AIS eine Kontaktperson der Hochschule zur Seite gestellt, das Studium wird flexibilisiert (z. B. Flexibilisierung der Seminare, Vorlesungen und Praktika, Kursverlängerungen, Möglichkeit von Studienunterbrechungen und -ver- längerungen z. B. im Olympiajahr, externes Schreiben von Prüfungen unter Prü- fungsbedingungen), es wird Unterstützung bei der Immatrikulation oder bei Zugän- gen zu bestimmten Kursen gewährt. Dabei wird betont, dass trotz aller Sportler- freundlichkeit „die akademischen Standards rigoros angewandt werden“. In den Genuss des EAFU-Programms kommen Athleten, die vom AIS, den SIS/SAS oder einigen Ligavereinigungen in Spielsportarten als Spitzensportler anerkannt sind. Im Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 171
Falle des Fehlens dieser Anerkennung kann sich der Sportler auch selbst direkt bei der Universität um diese Anerkennung bewerben [15; 16]. Ein weiteres Modell der Unterstützung von Spitzenathleten in der Ausbildung und einer allseitigen Persönlichkeitsentwicklung ist das „Job Opportunities Program“. Im Rahmen dieses Programms sind einige Athleten bei großen australischen Unter- nehmen angestellt, wo sie Fertigkeiten erwerben und Geld verdienen können, den- noch aber ausreichend freie Zeit für Training und Wettkampf haben. Auch die ASC bietet eigene Ausbildungsprogramme an [7]. AIS Personal Excellence ist auch Mitglied im Career Industry Council of Australia (CICA), einem Zusammenschluss nationaler, bundesstaatlicher und territorialer Or- ganisationen zur Unterstützung und Förderung der beruflichen Karriere aller Aus- tralier. Im Rahmen dieser Mitgliedschaft werden Spitzenathleten bei Ausbildung und beruflicher Entwicklung beraten und unterstützt [17]. Zur Personal Excellence-Initiative des AIS gehört auch ein „Sportlervermietungsbü- ro“, über das Organisationen, Schulen, Vereine, Sportklubs u. ä. Nachwuchs- und Spitzensportler als Redner oder Gast für bestimmte Aktionen, von der Durchfüh- rung von Siegerehrungen bis hin zu Motivationskursen, „buchen“ können. Je nach Art der Veranstaltung und des Leistungsniveaus des Athleten nimmt das AIS dafür 65-1.360 €4 pro Event ein [18]. Eine weitere Bildungsleistung bietet das AIS gemeinsam mit der ASC in einem so- genannten „Learning Portal“ an. Trainer, Führungskräfte, Athleten und Eltern kön- nen hier freie Onlinekurse zu verschiedenen (Leistungs-)Sportinhalten belegen. 4.1.4 Nutrition Die Ernährungsberatung ist der vierte große Servicebereich des AIS. Ziel ist die Bereitstellung eines „Sporternährungsservice auf Weltklasseniveau für die AIS- Sportler und die Nationalmannschaften“ [38]. Dies geschieht über die direkte Arbeit von Ernährungsberatern mit den Athleten (Einzelberatungen und Gruppenveran- staltungen), die Bereitstellung von Informationsblättern zu wichtigen Ernährungs- themen, wie z. B. Ernährung auf Reisen, Flüssigkeitshaushalt, Ernährung im Trai- ning und im Wettkampf usw., die Sensibilisierung und Aufklärung der Athleten und Trainer für Ernährungsthemen (Theorieveranstaltungen wie auch spezielle Koch- kurse), Publikationen (z. B. AIS Sports Supplement Program) u. a. Die Athleten können sich bei Bedarf an die Ernährungsberater wenden, diese aber auch auf Empfehlung beispielsweise des Trainers oder Arztes aufsuchen. Zudem verfügt das AIS über eine eigene Mensa mit eigener Küche zur Versorgung der Athleten. Mitunter begleiten die Ernährungsberater Athleten und Mannschaften auf Wett- kampfreisen oder in Trainingslager oder arbeiten für diese Fälle spezielle Ernäh- rungspläne aus. 4 Alle Angaben in diesem Beitrag wurden von australischen Dollar mittels www.oanda.com in Euro umge- rechnet. Die Zahlen unterliegen Kursschwankungen und wurden auf den letzten Ziffern gerundet. 172 FRANZ: Australien
Wie die anderen Bereiche des AIS bestreitet auch der Bereich Ernährung vielfältige eigene Forschungen im Bereich Sporternährung, oft interdisziplinär in Kooperation mit den anderen AIS-Bereichen (insbesondere Sportmedizin und Physiologie) oder externen Universitäten, insbesondere der Deakin University Melbourne, und mit dem Ziel, „praktische Ernährungsstrategien für die Athleten [zu finden], um optimale Leistungen zu erreichen“. Wenn es die AIS-internen Verpflichtungen erlauben, bie- tet das AIS seine Serviceleistungen und sein Know-how auf kommerzieller Basis auch Interessentengruppen außerhalb des Spitzensports, z. B. an Schulen oder Hochschulen, in Profisportgruppen oder für Geschäftsleute, an. Außerdem werden Weiterbildungen für Sporternährungsexperten durchgeführt [38]. 4.2 Sportanlagen und Trainingszentren des AIS Neben der vielfältigen wissenschaftlichen Expertise und gut ausgebildeten Trainern verfügt das AIS auch über eine Reihe eigener Sportanlagen, die sowohl den Spit- zenathleten zur Verfügung stehen als auch von anderen Sportlern gemietet werden können. Dazu gehören fünf Rasenplätze (insbesondere für Fußball und Rugby), ein Kunstrasenplatz, ein Leichtathletikkomplex, ein Zentrum für Spielsportarten (Bas- ketball, Netball, Volleyball, Badminton, Handball, Tischtennis, Futsal), ein Zentrum für Gerätturnen, ein Schwimmkomplex mit zwei 50- und einem 25-m-Becken, ein Fitnesskomplex, ein Kraft- und Konditionsraum sowie ein Zentrum zur Wiederher- stellung mit vielfältigen Möglichkeiten der Physiotherapie, Wärme- oder Kälteappli- kation in einem Trocken- und einem Nassbereich [11]. Das AIS Combat Centre 2013 wurde das AIS Combat Centre, ein Exzellenzzentrum für die vier olympischen Kampfsportarten Boxen, Judo, Taekwondo und Ringen geschaffen, das auch von anderen Kampfsportarten genutzt werden kann. Das Zentrum, möglicherweise der Versuch, die Anzahl an Sportarten mit Medaillenpotenzial zu erhöhen, verfügt über moderne Sportstätten und ein junges engagiertes Wissenschaftlerteam, das den Athleten und Teams mit vielfältigen Serviceleistungen und Initiativen zur Verfügung steht. Ein Aufsichtsrat überwacht für das AIS und die vier vertretenen Sportverbän- de die Finanzen, die strategischen Entscheidungen und die operative Arbeit des Zentrums. Geleitet wird das Gremium vom stellvertretenden Direktor des Bereichs Athlete, Coaching and Leadership des AIS [142]. Das European Training Centre Ein wichtiger Stützpfeiler des AIS ist dessen European Training Centre in Italien, das ein ganzjähriges Training australischer Athleten vieler Sportarten, inklusive sportwissenschaftlicher und sportmedizinischer Betreuung, in Europa absichert. Der Anspruch an das Zentrum in Gavirate (Provinz Varese) ist der gleiche wie der des „Mutterzentrums“ in Canberra, es will den Athleten insbesondere in der Vorbe- reitung auf wichtige Wettkämpfe in Europa ein Stück „Zuhause weit weg von zu Hause“ bieten und Nachteile durch lange Anreise, Zeit- und Klimaumstellung etc. vermeiden. Neben den verschiedenen Sportstätten gehören voll ausgestattete Un- Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 173
terkünfte, Versorgungseinrichtungen, Lern- und Studienräume, Physiotherapie, Sportmedizin, Labore für die wissenschaftliche Arbeit und weitere Serviceeinrich- tungen zum Zentrum. Alle Einrichtungen sind auch für Behinderte zugängig. Hinzu kommen weitere Sportanlagen und Trainingsmöglichkeiten der Provinz Varese oder privater Anbieter in der Region, die über Kooperationsverträge mit der Australian Sports Commission genutzt werden [12]. 4.3 Das Olympic Winter Institute of Australia Das Olympic Winter Institute of Australia (OWIA) wurde nach den Olympischen Winterspielen 1998 vom AOC zur Unterstützung der australischen Athleten in den Wintersportarten gegründet. Die Finanzierung des Instituts erfolgt durch das AOC und die australische Regierung. Das AIS unterstützt das Institut, indem es bei- spielsweise seine umfangreiche Expertise bereitstellt. Die Aufgaben des OWIA werden kooperativ durch rund 50 Mitarbeiter erfüllt, von denen 15 direkt am OWIA angestellt sind, andere wiederum (wie z. B. Trainer, Physiotherapeuten oder Wis- senschaftler) bei den Sportinstituten und -akademien in den Bundesländern, bei den Sportverbänden oder am AIS. Das Institut arbeitet bei speziellen Fragen zu- dem mit renommierten Wirtschaftsunternehmen zusammen. Der Fokus des OWIA ist aktuell auf die Disziplinen gerichtet, von denen Medaillen bei den OWS 2018 erwartet werden. Eine zweite Ausrichtung ist die langfristige Erweiterung der Me- daillenchancen im kommenden Olympiazyklus bis 2022. Die geförderten Winter- sportarten sind in erster Linie Freestyle (Sprung, Akrobatik, Slopestyle, Halfpipe) und Snowboard (Cross, Slopestyle, Halfpipe), die sogenannten „Foundation Sports“. Für die individuelle Förderung der Athleten (momentan 29) gelten leicht modifiziert die Kriterien analog den Sommersportarten. Die Förderung von Athleten mit möglicherweise langfristiger Perspektive ohne aktuelle Spitzenleistungen entfällt in den „Non-Foundation“-Sportarten (Schnee- wie Eissportarten) [63; 64; 65]. 2015 verfügte das OWIA über Einnahmen in Höhe von insgesamt 3,01 Mio. €, die wichtigsten Posten bei den Ausgaben waren die Finanzierung der Sportartenpro- gramme in den Sportverbänden inklusive Australia’s Winning Edge (1,76 Mio. €) sowie die Kosten für Administration, Servicepersonal usw. (1,09 Mio. €). Dem Insti- tut blieb am Jahresende ein Plus von 195.500 € [65]. 4.4 Die Sportinstitute und -akademien in den Bundesstaaten und Territorien Neben dem AIS und dem Olympic Winter Institute of Australia gibt es in den austra- lischen Bundesstaaten acht weitere staatliche Sportinstitute bzw. -akademien (SIS/SAS), die von den Regierungen der Bundesländer, den Sportverbänden der Bundesländer und teilweise von Sponsoren finanziert werden und über das Natio- nal Institute Network mit dem AIS kooperieren. Ihre Ziele sind die Erhöhung der Zahl von Athleten ihrer Bundesstaaten in den australischen Nationalmannschaften, die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der australischen Teams und die Ausbildung von Weltspitzenathleten. 174 FRANZ: Australien
Die Einrichtungen mit insgesamt ca. 120 Mitarbeitern unterstützen die Athleten im Rahmen von Förderprogrammen für ausgewählte Sportarten am jeweiligen Institut sowie individuelle Programme für Athleten außerhalb dieser Sportartenprogramme. Für die Betreuung der Sportartenprogramme stehen interdisziplinäre Experten- teams mit Wissenschaftlern und Praktikern verschiedenster Wissenschaftsdiszipli- nen zur Verfügung. Für die individuelle Betreuung werden die Athleten analog der Betreuung am AIS in fünf leistungsabhängige Kategorien eingeteilt. Die Institute sind ausgestattet mit modernen Sportstätten und Forschungseinrichtungen, den Athleten stehen damit im Rahmen des High Performance Service Weltklasse- Trainingsbedingungen, Weltklasse-Know-how und Expertise zur Verfügung. Die Serviceleistungen umfassen dieselben Bereiche wie die am AIS: Training, Ausbil- dung/duale Karriere, Persönlichkeitsentwicklung, Sportmedizin, Kraft und Konditi- onstraining, Antidoping, Sportwissenschaft (Biomechanik, Physiologie, Sportpsy- chologie, Ernährung) – inklusive LD, Trainingssteuerung etc. Neben der Betreuung der Athleten betreiben die Institute eigene angewandte Forschung. Tab. 5. Die Sportinstitute in den Bundesländern – Übersicht Aktuell Anzahl Sportarten- Institut Ort betreute Betreute Sportarten/Sportartenprogramme Mitarbeiter programme Sportler Aktuell Radsport, Hockey, Fußball, Netball, Rudern und individuelle Programme. Unterstützt wurden auch bereits Leichtathletik, Baseball, Basketball, Rugby, Australian Capital Canberra 5 Kricket, Orientierungslauf sowie Einzelsportler im Bo- Academy of Sport genschießen, Triathlon, Judo, Boxen, Ringen, Squash, Tischtennis, Powerlifting, Reiten und Volley- ball. Leichtathletik, Basketball, Kanu (Rennsport und Sla- lom), Radsport, Wasserspringen, Hockey, Gerättur- New South Wales Sydney 12 nen Männer, Netball, rudern, Schwimmen, Wasser- Institute of Sport ball, Wintersport sowie individuelle Förderung ein- schließlich Behindertensportler. Kricket, Hockey, Netball, Rugby League, Fußball, Schwimmen, Squash, Basketball, Triathlon, Golf. Northern Territory Trainerweiterbildungsprogramme u. a. in den Berei- Darwin 10 Institute of Sport chen strategisches Management, Finanzen, Jahres- trainingsplanung, Wettkampfplanung, Zielsetzung u. - abrechnung, individuelle Trainingsplanung. Gerätturnen, Leichtathletik, Baseball, Basketball, Ka- nu, Kricket, Radsport, Wasserspringen, Fußball, Golf, Queensland Nathan 20 < 600 Hockey, Netball, Rudern, Rugby League, Rugby Uni- Academy of Sport (Brisbane) on, Segeln, Softball, Schwimmen, Tennis, Volleyball, Wasserball und individuelle Programme. Adelaide/ Kanurennsport, Radsport, Wasserspringen, Hockey, South Australia 21 MA + Kidman 9 Netball, Rudern, Schwimmen, Volleyball, Wasserball Sports Institute 21 Trainer und individuelle Programme. Park Tasmanian Launcetown Leichtathletik, Basketball, Radsport, Fußball, Hockey, 6 130 Institute of Sport Und Hobart Rudern. Budget: ca. 1,8 Mio. €. 13-Levwel-1-Sportarten: Leichtathletik, Radsport, Golf, Gerätturnen, Hockey, Netball, Rudern, Schwimmen, Triathlon, Wasserspringen, Segeln, Wasserball, Freestyle Skiiing sowie acht betreute Be- Victorian Melbourne 32 300-400 hindertensportarten. Neben der aktuellen sportlichen, Institute of Sport medizinischen und wissenschaftlichen Betreuung er- halten die Athleten lebenslang Unterstützung in ihrer Ausbildung über ein Athlete and Career Education Program. Drei performance Enhancement Teams: 40 Vollzeit- Spielsportarten (Hockey, Netball, Wasserball), Western Australia Mt. und zahlr. Technische Sportarten (Leichtathletik, Wassersprin- 13 2002-250 Institute of Sport Claremont Teilzeit- bzw. gen, Gerätturnen, Schwimmen und individuelle För- Honorar-MA derung), Rennsportarten (Kanu, Radsport, Rudern, Segeln). Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 175
5 Spitzensportstrategie Australia‘s Winning Edge Ende 2012 initiierte das AIS ein neues, langfristiges Spitzensportprogramm – „Aus- tralia‘s Winning Edge“5 (AWE) – das aktuell die gesamte Arbeit des Instituts und die Aktivitäten im Spitzensport (olympisch und paralympisch) bestimmt. Anspruch dieses 10-Jahres-Programms (2012-2022) ist die Entwicklung von der Weltklasse zur Weltspitze („Moving from world class to world best“), für die durch AWE der entsprechende Rahmen, konkrete Ziele und die finanziellen Mittel vorge- geben werden [39]. Das Programm soll „den Spitzensportverbänden und Athleten helfen, sich zu verbessern und ihre Ziele zu erreichen“ [52]. AWE wird als „grundlegende Veränderung im australischen Spitzensport“ kommu- niziert. Die Umsetzung des Programms soll den von 2004-2012 durchlaufenen Ab- wärtstrend des australischen Spitzensports stoppen und Australien in die Erfolgs- spur zurückführen. AIS-Direktor Matt Favier bezeichnet AWE als „die größte strate- gische Veränderung seit der Gründung des AIS“. Die Entscheidung sei klar gewe- sen zu einem Zeitpunkt, an dem es die Wahl zwischen zwei Wegen gab: „ … entweder Führungsstärke zeigen und die Dinge neu ordnen, so wie 1981, oder hinter den Rest der Welt zurückfallen ... Es musste etwas geschehen, bevor die Dinge noch schlechter wer- den“ [9]. Er betont aber auch, dass AWE „kein undurchdachter Schnellschuss“ war, sondern eine wohlüberlegte, langfristige Strategie [9]. 5.1 Charakter, Anliegen und Ziele Das übergreifende Ziel der AWE-Strategie ist „eine noch gezieltere und effektivere Arbeit und Unterstützung der Spitzensportverbände und die Schaffung der erforder- lichen administrativen Rahmenbedingungen für eine noch bessere Betreuung und Förderung von noch mehr aktuellen Spitzenathleten bei optimaler Ausnutzung und gezielter Verwendung der zur Verfügung stehenden Ressourcen“ (in erster Linie Steuergelder). Mit Blick auf die Absicherung der sportlichen Erfolge für die Zukunft gehört aber auch die Unterstützung der Talente zum Inhalt von Australia’s Winning Edge [42; 52]. Die Zielstellung soll durch vier Hauptaktionsrichtungen erreicht werden: 1. Einführung eines schärferen, „robusteren“ Finanzierungs- und Abrechnungs- modells im Spitzensport: Neue Investitionsprinzipien. Leistungs-/ziel- und zwischenzielgebundene Finanzierung der Verbände. Jährlicher Leistungs- und Finanzbericht der Sportarten. 2. Reduzierung der Kosten in den Verbänden und Erhöhung ihrer Leistungsfähig- keit durch optimale Verbandsführung: 5 Winning Edge: Der gewisse Vorteil, der den Erfolg ausmacht. 176 FRANZ: Australien
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