Auszug aus: Spielen, lernen, ausprobieren - Warum spielen wir? - School-Scout
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Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form Auszug aus: Spielen, lernen, ausprobieren - Warum spielen wir? Das komplette Material finden Sie hier: School-Scout.de © Copyright school-scout.de / e-learning-academy AG – Urheberrechtshinweis Alle Inhalte dieser Material-Vorschau sind urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, bei school-scout.de / e- learning-academy AG. Wer diese Vorschauseiten unerlaubt kopiert oder verbreitet, macht sich gem. §§ 106 ff UrhG strafbar.
I.A.19 Ich und die anderen Spielen, lernen, ausprobieren – Warum spielen wir? Frederike Jesse © RAABE 2020 © Getty Images Keine Spezies spielt so intensiv wie der Mensch. Gesellschaftsspiele, Computerspiele, Glücksspie le, ob in Gemeinschaft oder allein – auf der ganzen Welt, in jeder Kultur wird gespielt. Wer spielt, agiert ohne Zweck, aber nicht ohne Sinn. Denn es ist der Spieltrieb, der es Menschen und Tieren ermöglicht, zu lernen. Kinder stellen sich im Spiel Herausforderungen, schulen ihre motorischen Fähigkeiten und konkretisieren ihre Vorstellung von der Welt. Im Spiel gewinnen sie Selbstbewusst sein, schulen ihre emotionale Intelligenz und auch ihre Fähigkeit zur Konfliktlösung. Warum auch Erwachsene spielen und wie sich das menschliche Spielverhalten über die Jahrhunderte hinweg ver ändert hat, darüber informiert diese Unterrichtseinheit. KOMPETENZPROFIL Klassenstufe: Klasse 5/6 Dauer: 5 Doppelstunden bzw. 10 Einzelstunden Kompetenzen: Philosophische Fragen formulieren; Texte verstehen; Medien kompetenz; Informationen eigenständig strukturieren Thematische Bereiche: Anthropologie, Mensch sein, Mensch werden Medien: Texte, Farbseiten, Film
2 von 30 I.A.19 In der Gemeinschaft leben Ich und die anderen Spiel Fachwissenschaftliche Orientierung Der Mensch als Homo ludens – Das Menschenbild Johan Huizingas Der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga (1872–1945) erweiterte die Beschreibung des Menschen als Homo sapiens. Seines Erachtens zeichnet nicht nur das Denken und Handeln unsere Spezies aus, sondern auch das Entwickeln von Kulturen. Die maßgebliche Kraft aber, die das Her ausbilden einer Kultur vorantreibt, ist das Spiel. Das Spiel ist eine mit Leidenschaft verfolgte Tätigkeit, die zunächst kein Ziel vor Augen hat. Es erfordert Kreativität und fördert Geschicklichkeit. Es setzt Energien frei, die uns helfen, persönliche Grenzen zu überwinden oder an ihnen zu wachsen. Aus dieser zunächst unreflektierten Betätigung entwickeln sich Regeln, an die sich schon Kleinkinder zu halten wissen. Die jedem Spiel zugrunde liegende und zu respektierende Ordnung gilt Huizinga als wesentliches Merkmal und Voraussetzung für das Entstehen einer Kultur. Aber nicht nur der Mensch spielt. Auch im Tierreich erkennen wir Formen des Spiels. Scheinbar sinnlose Bewegungsabfolgen wie das Jagen nach einem Ball oder der Kampf um ein Wollknäuel zeigen, dass Tiere einen Spieltrieb haben wie Menschen. Im Spiel schulen sie überlebenswichtige Fähigkeiten. Was bedeutet „Spiel“? – Eine Definition Wer spielt, tut dies freiwillig. Zwar wird vor jedem Spiel ein zeitlicher und räumlicher Rahmen fest gelegt. Diesen aber setzen die Spielenden sich selbst. Auch die Regeln, denen das Spiel unterliegt, sind zwar bindend, werden aber freiwillig akzeptiert. Spielen erfüllt keinen bestimmten Zweck. Viel © RAABE 2020 mehr ist das Ziel dem Spiel immanent. Wer spielt, empfindet Spannung und Freude. Er weiß, dass er sich in einer fiktiven Wirklichkeit bewegt, die selbst entworfenen Regeln unterliegt. Dem Spielenden eröffnen sich neue Welten, fernab alltäglicher Aufgaben und Anforderungen. Das Spiel lädt uns ein, etwas auszuprobieren, und ist an genehm nutzlos. Es bietet Raum für Kreativität. Warum und was spielen wir? – Arten des Spielens Was spielt man zu welchem Zwecke? Um diese Frage zu beantworten, untersuchte der französische Philosoph und Soziologe Roger Caillois verschiedene Spiele. Aus seinen Beobachtungen leitete er Kategorien ab und bestimmte die damit verbundene Geisteshaltung der Spielenden. Caillois benannte vier Kategorien: agon, alea, mimicry und ilinx. agon ist eine Spielform mit Wettbewerbscharakter. Zu Beginn sind alle Chancen gleich verteilt. Die Spieler suchen ihre Überlegenheit zu demonstrieren und – geschickt agierend oder die eigenen Kräfte gegeneinander ausspielend – zu gewinnen. Man spielt, weil man Vergnügen empfindet am fairen Kräftemessen und an der Darstellung der eigenen Fähigkeiten. Sport und Wettbewerbe aller Art gehören in diese Kategorie. Bei alea geht es nicht um Kampf oder Sieg. Der Spielende liefert sich fremden Kräften aus, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Das Spiel mit dem Schicksal versetzt den Spielenden in Spannung. Ist er vom Glück begünstigt, fühlt er sich auserwählt. Unter diese Form des Spielens fallen alle Glücksspiele (Würfeln, Lotto, Bingo …). mimicry geht aus dem Bedürfnis des Menschen hervor, die eigenen Grenzen zu überschreiten und in andere Rollen zu schlüpfen. Es resultiert aus der Freude am Vergessen und Verschleiern der eigenen Persönlichkeit. Dabei muss die Maskierung oder Rolleneinnahme nicht aktiv vom Spielenden ausge hen. Auch wer ein Theaterstück betrachtet, versetzt sich in andere Rollen und taucht in eine fiktive 21 RAAbits Ethik Mittlere Schulformen November 2020
I.A.19 In der Gemeinschaft leben Ich und die anderen Spiel 3 von 30 Wirklichkeit ein. Zu dieser Kategorie zählen alle Rollenspiele, die darstellende Kunst und jede Form kindlicher Nachahmung. Die vierte Form des Spiels, ilinx, resultiert aus unserem Bedürfnis nach Schrecken, Lust und Adrenalin. Dieser Spielform geben wir uns hin aus Freude am Nervenkitzel. Alle vier Formen des Spiels bewegen sich nach Caillois zwischen zwei Extremen: paida und ludus. paida ist regelfrei, improvisiert und entsteht durch spontane Freude an einer Betätigung. ludus zeichnet sich durch explizite Regeln und strukturierte Aktivitäten aus, in denen man sich durch Übung und Training verbessern kann. Das kindliche Spiel bereitet auf das Erwachsenenleben vor. Im Puppenspiel wird die Rolle der Mutter/des Vaters eingeübt, sportliche Betätigung stärkt den Körper und bereitet ihn auf künftige Belastungen vor. Das Kräftemessen in Wettbewerben schult den Umgang mit späteren Konkur renzsituationen in Ausbildung und Berufsleben. Dieser spielerische Drang, sich mit der Welt aus einanderzusetzen, ist eine der ältesten Kulturtechniken des Menschen. Warum spielen Tiere? – Das tierische Spiel Auch Säugetiere spielen. Forschungen ergaben, dass Tiere spielen, um ihre jungen Körper zu trai nieren und überlebensnotwendige Bewegungsabläufe einzustudieren. Auch das spielerische Ent decken ihres Lebensraumes bereitet Tiere auf das Leben vor. Sie lernen, ihre Umwelt einzuschätzen und mit unerwarteten Situationen umzugehen. Das Sozialspiel bereitet die Jungtiere auf erwachsene Verhaltensweisen vor. Das spielerische Er proben des Balzverhaltens dient der Vorbereitung auf den späteren Geschlechtsakt. Soziale Regeln werden im Kampfspiel, wie es häufig zwischen Rüden zu beobachten ist, erlernt. So wird das Revier © RAABE 2020 abgesteckt. Jungtiere lernen früh, wie sie sich zu verhalten haben. Interessant zu beobachten ist auch, dass Tiere, die vermehrt unfair spielen und andere verletzen, aus dem Rudel verbannt werden. Didaktisch-methodische Überlegungen Welche Ziele verfolgt die Reihe? Das Thema „Spielen“ trifft bei den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 5 und 6 auf Interesse. Schließlich erleben sie sich selbst noch als „spielende Wesen“. Die Einheit hilft ihnen dabei, sich in dieser Rolle zu reflektieren. Dabei wird das Spiel nicht nur als Freizeitbeschäftigung wahrgenommen, sondern die Lernenden erkennen darin einen zentralen Wesenszug des Menschen. Sie betrachten Beispiele aus ihrem Alltag von einer Metaebene aus und lernen, philosophische Fragen zu erörtern. Wie ist die Reihe aufgebaut? Ausgehend von ihrer eigenen Lebenswelt erkennen die Schülerinnen und Schüler, wie präsent das Spiel im Alltag ist. Mithilfe eines Zitats des Kulturhistorikers Johan Huizinga definieren sie den Begriff „Spiel“ und beantworten die Frage, warum Menschen überhaupt spielen. Im Fokus der nächsten Doppelstunde steht die Frage nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen menschlichem und tierischem Spiel. Im nächsten Schritt untersuchen die Lernenden die Regelhaftigkeit des Spiels als dessen wesentliches Merkmal. Abschließend entwickeln sie eigene Spiele. Dabei verinnerlichen sie, wie wichtig Regeln für ein Spiel sind, und erarbeiten Kriterien, wann ein Spiel Sinn macht, wann nicht und ab wann man ein Spiel nicht mehr als Spiel bezeichnen kann. 21 RAAbits Ethik Mittlere Schulformen November 2020
4 von 30 I.A.19 In der Gemeinschaft leben Ich und die anderen Spiel Welche methodischen Schwerpunkte setzt die Reihe? Die Schülerinnen und Schüler lernen, Problemfragen zu entwickeln und Alltagsphänomene zu hin terfragen. Die Einheit schult insbesondere den Schritt vom konkreten Beispiel zur Metaebene. Die Lernenden üben sich darin, ethische Fragen zu formulieren, Textinhalte zu verstehen, kritisch Stellung zu nehmen und Kriterien geleitet Lernprodukte zu bewerten. Ergänzende Materialien I Literatur für Lehrerinnen und Lehrer ffCaillois, Roger: Die Spiele und die Menschen. Maske und Rausch. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2017. Der französische Philosoph und Soziologe Roger Caillois geht in seinem Buch auf verschiedene Arten des Spiels ein und legt die damit verbundenen Spielmotivationen dar. Dabei gibt er eine Antwort auf die Frage, welches Spiel man aus welchem Grund spielt. II Internetlinks ffhttps://www.unicef.de/blob/10560/bc863992e19de55ce81c1d967e583791/spiele-rund-um-die- welt-2009-pdf-data.pdf In dieser PDF-Datei, erstellt von UNICEF, finden Sie eine Sammlung verschiedener Spiele aus aller Welt. Die Spiele werden anschaulich beschrieben und können teilweise im Unterricht nachge baut werden. © RAABE 2020 ffhttps://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13400602/Warum-wilde-Tiere-spielen.html Unter diesem Link findet sich ein Artikel über das Spielverhalten wilder Tiere. Die Autorin geht auf tierische Formen des Spiels ein und auf die Motivation, die dahintersteckt. III Film ffSpieltrieb – Warum spielen wir? Erstausstrahlung 2015. ARD-Mediathek. http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/spiel-130.html Dieser Film beschreibt anschaulich, warum Menschen und Tiere spielen und was passiert, wenn man in jungen Jahren nicht die Möglichkeit hat, sich im Spiel auszuleben. Der Film dauert nur 6 Minuten und ist auch für jüngere Lerngruppen leicht verständlich. 21 RAAbits Ethik Mittlere Schulformen November 2020
I.A.19 In der Gemeinschaft leben Ich und die anderen Spiel 5 von 30 Auf einen Blick Spielen, was ist das? – Gemeinsam eine Definition entwickeln Stunde 1 und 2 M 1 Warum spielen wir? – Dem menschlichen Spieltrieb auf der Spur / Warum spielen Menschen? Zu Beginn der Einheit setzen sich die Lernenden mit dem Phänomen des Spielens auseinander. M 2 Was bedeutet „spielen“ für mich? – Eine Mindmap erstellen / Die Ler nenden erstellen eine Mindmap und leiten daraus eine erste Definition des Begriffs „Spiel“ ab. M 3 Was bedeutet der Begriff „Spiel“? – Eine Definition erarbeiten / In Partnerarbeit führen die Schülerinnen und Schüler ein fiktives Interview mit dem Kulturhistoriker Johan Huizinga und lernen so seine Definition des Spiels kennen. Vorzubereiten: Für die Mindmap bunte Kärtchen und Magnete Warum spielen wir? – Motive erforschen Stunde 3 und 4 © RAABE 2020 M 4 Warum spielen wir was? – Spielzeug philosophisch untersuchen / Was spielen wir mit welcher Motivation? In Gruppen untersuchen die Lernenden Spielzeuge und füllen einen Fragebogen aus. M 5 Wer untersucht welches Spielzeug? – Farbkarten zur Gruppenbildung / Sieben bunte Abbildungen helfen den Schülerinnen und Schülern dabei, Gruppen zu bilden und M 4 zu bearbeiten. Vorzubereiten: Mitzubringen sind folgende Spielzeuge: eine Puppe, ein Videospiel, ein Sudoku- Heft, ein Rubbellos, ein Fußball, ein „Mensch ärgere Dich nicht“-Spiel, ein Bild von einem Freifallturm, unbeschriebene Kärtchen, Eddings Menschliches und tierisches Spiel – Gemeinsamkeiten und Unterschiede Stunde 5 und 6 M 6 Warum spielen Tiere? – Ein Bild beschreiben / Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen zwischen menschlichem und tierischem Spiel? Mit dieser Frage beschäftigen sich die Lernenden anhand eines Bildes spie lender Fuchskinder. M 7 Unfug, der Sinn macht – warum auch Tiere spielen / Mithilfe eines Textes erfahren die Schülerinnen und Schüler Genaueres über das tierische Spiel. M 8 Wir vergleichen menschliches und tierisches Spiel / Die Schülerinnen und Schüler schauen sich einen Film über das tierische Spielverhalten an und füllen in Gruppenarbeit einen Fragebogen zum Film aus. 21 RAAbits Ethik Mittlere Schulformen November 2020
6 von 30 I.A.19 In der Gemeinschaft leben Ich und die anderen Spiel M 9 Was habe ich heute gelernt? – Ein Brief an den Filmproduzenten / In einem fiktiven Brief an den Filmproduzenten festigen die Lernenden ihre Erkenntnisse aus dem Film. Sie stärken ihre Medienkompetenz und üben sich darin, Informationen zu strukturieren. Vorzubereiten: Beamer oder Smartboard. Stunde 7 und 8 Warum sind Regeln wichtig? – Einen Dialog umschreiben M 10 Wozu sind eigentlich Spielregeln da? / Die Lernenden lesen eine Spielan leitung und verstehen, weshalb Anleitungen wichtig für das Spielen sind. M 11 Welche Voraussetzungen muss ein Spiel erfüllen? / Wie verläuft ein Spiel ganz ohne Regeln? Die Schülerinnen und Schüler beantworten diese Frage, indem sie sich ein alternatives Ende für eine Geschichte ausdenken. Stunde 9 und 10 Wir basteln uns ein Spiel – Erlerntes kreativ umsetzen M 12 Herausforderung gesucht! – Wir erstellen ein Spiel / Die Schülerinnen und Schüler werden selbst kreativ und erstellen in Gruppenarbeit ein eigenes Spiel. © RAABE 2020 Vorzubereiten: Bastelmaterialien zum Basteln der Spiele (einfarbiges Tonpapier, Tonkarton, Kleber, Schere) 21 RAAbits Ethik Mittlere Schulformen November 2020
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