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Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form Auszug aus: Handlungs- und produktionsorientierte Stationenarbeit zur Lyrik Baudelaires Das komplette Material finden Sie hier: School-Scout.de © Copyright school-scout.de / e-learning-academy AG – Urheberrechtshinweis Alle Inhalte dieser Material-Vorschau sind urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, bei school-scout.de / e- learning-academy AG. Wer diese Vorschauseiten unerlaubt kopiert oder verbreitet, macht sich gem. §§ 106 ff UrhG strafbar.
II.A.3.7 Chansons et poésie De la passante à la belle inconnue – Handlungs- und produktionsorientierte Stationenarbeit zur Lyrik Baudelaires (5. Lernjahr) Kathrin Penk © Standbild aus: À une passante, Thomas Raymond et Roger Gafari © RAABE 2021 La ville de l’amour, la Ville Lumière – Paris wird im Französischunterricht nicht selten zu einem Klischee verklärt. Charles Baudelaire rückt in seinem Gedicht À une passante (1855) nahezu gegensätzliche Eindrücke seiner Stadt in den Mittelpunkt, die die Modernität seiner Texte deut- lich machen. Mit der Geschichte einer verpassten Liebesbeziehung in einer als laut und anonym wahrgenommenen Metropole präsentiert er ein Großstadtbild, das zur Zeit der Industrialisierung genauso aktuell war, wie es heute ist. Im Rahmen einer handlungs- und produktionsorientierten Stationenarbeit setzen sich die Lernenden in der Einheit mit Großstadteindrücken in Baudelaires Lyrik und im Chanson des 21. Jahrhunderts auseinander. KOMPETENZPROFIL Klassenstufe/Lernjahr: 11/12 (G8), 12/13 (G9) Dauer: 5 Unterrichtsstunden Kompetenzen: 1. Leseverstehen: Begegnung mit und Analyse zweier fiktionaler Texte; 2. Interkulturelles Lernen: Paris als Metropole in der Literatur; Begegnung mit einem bekannten französischen Autor des 19. Jahrhunderts; 3. Textproduktion: Erstellung kreativer Texte Thematische Bereiche: Lyrik, Chanson, literarisches Schreiben Medien: Texte, Video, Audio Zusatzmaterialien: fächerübergreifendes Material zur Zusammenarbeit mit dem Fach Deutsch
2 von 20 II.A.3 Chansons et poésie Beitrag 7 Stationenarbeit zu Baudelaires Lyrik Sachanalyse Zu den Autoren und ihren Werken Charles Baudelaire (1821–1867) gilt als einer der bekanntesten französischen Dichter und ist zwischen Romantik und Moderne zu verorten. Er führte ein Leben zwischen Kunst und Wahn, lebte nahezu sein ganzes Leben als Lebemann, als Dandy, in Paris: Drogen, Krankheit und Ver- schwendungssucht begleiteten ihn ebenso wie die Auseinandersetzung mit Kunst und Literatur. Sowohl diese Lebenserfahrung als auch die Eindrücke des Lebens in einer immer anonymeren und industrialisierten Metropole verarbeitete Baudelaire in seinen Texten, die stets die Nähe und zeitgleiche Diskrepanz von Schönheit und Verfall, Auf- und Abschwung vergegenwärtigen. So ist er es, der den Begriff der modernité prägte und ihn zugleich als etwas Flüchtiges und Unend- liches beschrieb. Diese Zerrissenheit wird auch in seinem bekanntesten Werk, dem Gedichtband Les Fleurs du Mal deutlich, welcher sie bereits als Oxymoron im Titel trägt. Er teilt die Gedichte in Unterkapitel, die einer inneren Logik folgen, welche in den ersten beiden Kapiteln, Spleen et Idéal und Tableaux parisiens, die Ausgangssituation des als Kontrast wahrgenommen Pariser Lebens beschreiben. Daraufhin werden in den folgenden Kapiteln unterschiedliche Reaktionen auf dieses Leben durchgespielt, die aber alle aussichtslos bleiben und zuletzt nur den Tod als Ausweg bieten. Das Gedicht À une passante ist dabei Teil des zweiten Kapitels. Les Yeux d’la Tête (LYDLT) ist eine französische Band, die auf sehr „tanzbare Weise“ klassische Chansoninstrumente und -melodien mit modernen Texten und Rhythmen kombiniert. Das erste Album der sechsköpfigen Gruppe erschien 2008, Danser sur les étoiles, und es folgten bis heute vier weitere: Madones (2012), I don’t speak English (2014), Liberté chérie (2016) und Murcielago © RAABE 2021 (2019). LYDLT begannen als Bar- und Métromusiker und spielten sich immer weiter in die Herzen des Publikums, sodass sie 2010 Gewinner des Festivals France Ô Folies wurden und heute in ganz Europa touren. Ganz besonders in Deutschland kommt ihre Mischung aus modernen Beats und französischen Klischees hervorragend an. La belle inconnue ist auf ihrem zweiten Album, Madones, zu finden. Zu den zentralen Themen und Motiven der Lyrik Baudelaires Die Großstadterfahrung zur Zeit der immer präsenteren Industrialisierung ist eines der zentralen Motive Baudelaires, auf das viele weitere Bezug nehmen. Es wundert daher nicht, dass er das Kapitel Tableaux parisiens, zu dem auch À une passante gehört, in eine Gattungstradition stellte, welche sich bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert etablierte. Zu Beginn stand Merciers Werk Le Tableau de Paris (1782–1788). Hier erschien die Seine-Stadt zum ersten Mal als Ort der Wider- sprüche, an dem Fremdheit die dominierende Erfahrung der Städter war. Mercier schrieb aus der Perspektive des Beobachters und schuf so eine neue distanziertere Erzählform. Im Gegensatz zu einem pompösen Paris, wie es sich während des Second Empire präsentierte, wurde die Metropole in dieser Darstellungsform in Momentaufnahmen als moderne Stadt beschrieben, ohne große aus- schmückende Elemente, woran sich auch Baudelaire in À une passante orientiert. Aus diesem Blick auf die Metropole entspringt auch der Blick des Autors auf Schönheit: In An- lehnung an die Theorie des Grotesken (Diderot) ist das Hässliche und der Verfall nicht mehr das Gegenteil von Schönheit, sondern besitzt einen Eigenwert und sollte daher auch in der Literatur gezeigt werden. So ist die passante immer zugleich schön, aber auch voll Trauer, da perfekte Schön- heit in der modernen Welt nicht mehr möglich ist. Zuletzt gehört zur modernen Großstadterfahrung auch das Gefühl der Anonymität. Die Menschen- masse wird zum zentralen Motiv der Großstadtlyrik, auch wenn die Sprecher der Gedichte Baude- laires Teil davon sind und sie so nie explizit erwähnen (« La rue … hurlait », v. 1). 111 RAAbits Französisch September 2021
II.A.3 Chansons et poésie Beitrag 7 Stationenarbeit zu Baudelaires Lyrik 3 von 20 Die Menschen werden deindividualisiert und zu passants, zu Gesichtern in der Masse, ein Aus- druck, der zum geflügelten Wort wird. Bibliografische Angaben Diese Unterrichtseinheit stützt sich auf die folgenden Medien: f Textausgabe: Baudelaire, Charles (1999): Les Fleurs du Mal, hg. von John E. Jackson. Paris : Les livres de Poche Classiques, p. 145. f Lied: Les Yeux d‘la Tête (2012) : « La belle inconnue », Madones, Fais et Ris. f Deutsches Gedicht: Wolfenstein, Alfred: « Städter ». In: Menschheitsdämmerung. Symphonie jüngster Dichtung, hg. von Kurt Pinthus. Hamburg: Rowohlt Verlag, S. 12. Zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema, zum Beispiel im Rahmen einer Seminararbeit, kann folgende Sekundärliteratur empfohlen werden, die auch für die Erstellung der Unterrichts- einheit zentral war: f Benjamin, Walter (1969): Charles Baudelaire. Ein Lyriker im Zeitalter des Hochkapitalismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. f Richter, Mario (2001): Baudelaire. Les Fleurs du Mal. Lecture intégrale. Genf: Slatkine. f Stierle, Karlheinz (1993): Der Mythos von Paris. Zeichen und Bewusstsein der Stadt. München/ Wien: Carl Hanser Verlag. f Weinrich, Harald (1971): „Baudelaire-Lektüre“. In: Literatur für Leser. Essays und Aufsätze zur Literaturwissenschaft, Harald Weinrich (Hrsg.). Stuttgart: Kohlhammer, S. 85–108. Weiterführende Internetseiten © RAABE 2021 f https://fleursdumal.org Onlineversion aller Gedichte aus „Les Fleurs du Mal“, teilweise mit englischen Übersetzungen f https://www.projekt-gutenberg.org/autoren/namen/baudelai.html Deutsche Übersetzung des Gedichtbandes f https://www.poetica.fr/biographie-charles-baudelaire/ Biografie Charles Baudelaires f https://www.deutschlandfunk.de/buch-der-woche-gedichte-von-baudelaire-blumen-des- boesen.700.de.html?dram:article_id=393907 Ausführliche Abhandlung zum Gedichtband „Les Fleurs du Mal“ https://www.youtube.com/watch?v=B812TIZO4To Video zu Baudelaire und „Les Fleurs du Mal“ für das bac de français f www.lesyeuxdlatete.fr / https://www.instagram.com/lesyeuxdlatete/?hl=de Website und Instagram-Seite von LYDLT mit besonders aktuellen Informationen zu Touren etc. Didaktisch-methodisches Konzept Zur Lerngruppe und den curricularen Vorgaben Die Unterrichtssequenz richtet sich an Französischlernende in der Oberstufe, sollte also auf- grund der sprachlichen Herausforderungen ab Klasse 11 und nicht vor dem 5. Lernjahr (Niveau B2 GER) eingesetzt werden. Inhaltlich verlangt der bayrische Lehrplan die Auseinandersetzung mit mindestens zwei Beispielen der Lyrik des 19./21. Jahrhunderts und des modernen französischen Chansons, nicht aber eine genauere, schriftliche Lyrikanalyse, welche auch nicht Teil des Abiturs oder eines großen Leistungsnachweises sein sollte. So bietet es sich an, die für Nichtmuttersprachler fremde Sprache französischer Lyrik in einem kreativeren Rahmen zu er- arbeiten und in einen thematischen Zusammenhang zu stellen, der einen Teil des interkulturellen 111 RAAbits Französisch September 2021
4 von 20 II.A.3 Chansons et poésie Beitrag 7 Stationenarbeit zu Baudelaires Lyrik Lernens in vielen Facetten beleuchtet: Paris. Daneben können auf methodischer Ebene das Text- verständnis, die Textproduktion und natürlich die Textanalyse (Stilmittel, …) vertieft werden. Ganz nebenbei lernen die Schüler und Schülerinnen einen bekannten Vertreter und zentrale Motive der modernen französischen Literatur kennen. Zur handlungs- und produktionsorientierten Vorgehensweise Diese aus der Deutschdidaktik stammende Methode wird die Idee zugrunde gelegt, dass die traditionelle Textanalyse um kreative Formen der Textbegegnung ergänzt werden sollte, um auch nicht analytischen Schülertypen eine Partizipation zu erleichtern und positive Erfahrungen mit Literatur zu ermöglichen. Die Prämisse des handlungs- und produktionsorientierten Unter- richts ist es, sich die Texte erst produktiv zu erschließen und darauf eine Analyse aufzubauen. Gerade für den Fremdsprachenunterricht eignet sich die handlungs- und produktionsorientierte Methode besonders, da nebenbei auch die Sprech- und Schreibkompetenz geschult wird. Dafür sollte man allerdings darauf achten, dass die Produkte solcher ersten Erschließungsprozesse nicht benotet werden, da es hier um die individuelle Vorarbeit der Texterschließung geht. Die Ateliers der Stationenarbeit sind alle gleich aufgebaut und am Prinzip des handlungs- und produktions- orientierten Unterrichts ausgerichtet: Mit der ersten Aufgabe machen sich die Lernenden ihre eigene Meinung und/oder Erwartungen zu ihrem Thema klar. In der zweiten Aufgabe soll das Gedicht hinsichtlich eines Motivs genau gelesen werden. Diese © RAABE 2021 explizite Aufforderung sichert die Rückbindung an das Werk und verlangt konkrete analytische Elemente. Die letzte Anweisung der Handouts arbeitet auf eine erweiterte Analyse hin und fordert einen kreativen Umgang mit den analytischen Ergebnissen aus dem zweiten Teil. Durch sie werden die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, ihre in Aufgabe 1 erarbeiteten Erwartungen mit den Ergeb- nissen ihrer Textarbeit aus Aufgabe 2 zu vergleichen und auszubauen. Mögliche Alternativen oder Erweiterungsmöglichkeit Sollte eine schriftliche Lyrikanalyse angestrebt werden, kann natürlich im Anschluss an die Stationenarbeit mithilfe der Tabellen aus den Ateliers B–D eine gemeinsame Ausarbeitung erfolgen. Um das fächerübergreifende Lernen zu fördern, hält das Zusatzmaterial einen Ver- gleich mit deutscher Großstadtlyrik bereit. Darstellungen von der Stadt als bedrohlicher Ort traten zwar in unserem Kulturkreis auch bereits in der Romantik auf, die Dichter fokussierten sich aber eher auf die Flucht in die Natur oder ins Innere. Baudelaires Erfahrungen wurden vor allem mit dem Expressionismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ähnlich populär, aber so lässt sich die große Modernität seiner Werke herausarbeiten und die Anonymität und der Ich-Zerfall als Großstadterfahrung werden als universelles Zeitgefühl begriffen. Da die Lyrik der Moderne in Deutschland in der 12. Klasse Deutsch eine große Rolle spielt, böte es sich an, die Einheiten zu parallelisieren, um Synergieeffekte zu nutzen. Zuletzt soll ein Projekt vorgestellt werden, das eine größere fächerübergreifende Arbeit einleiten könnte. 111 RAAbits Französisch September 2021
II.A.3 Chansons et poésie Beitrag 7 Stationenarbeit zu Baudelaires Lyrik 5 von 20 Auf einen Blick 1./2. Stunde Thema: Einstieg in Gedicht- und Liedtext M1 Faire la connaissance des deux femmes inconnues / Audiovisueller Ein- stieg in die Stimmung der Texte und erste Textbegegnung zu À une passante und La belle inconnue Benötigt: £ Beamer/Whiteboard zur Präsentation des Videos £ evtl. Audio-CD £ wenn möglich: zwei separate Räume £ Folienkopie oder PDF-Fassung von M 1 £ zwei unterschiedlich farbige Plakate 3./4. Stunde Thema: Handlungsorientierte Stationenarbeit: De la passante à la belle inconnue M2 Atelier A : Charles Baudelaire et son œuvre Les Fleurs du Mal / Kennen- lernen des Autors und der Konzeption seines Werkes M3 Atelier B : La passante / HPO-Station mit Erweiterung um Baudelaires © RAABE 2021 Schönheitskonzept M4 Atelier C : La rencontre / HPO-Station mit Erweiterung um Baudelaires Modernitätsbegriff M5 Atelier D : La métropole / HPO-Station mit Erweiterung um das Motiv der Großstadterfahrung M6 À vos plumes ! / Verfassen eines Gedichts über die eigene Stadt Benötigt: £ OH-Projektor bzw. Beamer/Whiteboard £ ausreichend (laminierte) Kopien von M 2–M 5 5. Stunde Thema: Vergleich französischer und deutscher Großstadtlyrik M7 Bienvenue à … Berlin / HPO-Erschließung eines deutschen Gedichts und kreative Auseinandersetzung mit dem Motiv der Großstadtlyrik bei Baudelaire und Wolfenstein Erklärung zu Differenzierungssymbolen Finden Sie dieses Symbol in den Lehrerhinweisen, so findet Differenzierung statt. Es gibt drei Niveaustufen und ein Sternsymbol, das für Zusatzaufgaben steht. einfaches Niveau mittleres Niveau schwieriges Niveau Zusatzaufgabe 111 RAAbits Französisch September 2021
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